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Es ist nicht nur ein Gefühl: Gender Pay Gap, Gender Data Gap und Gender Care Gap legen offen, dass Frauen systematisch Kraft geraubt wird. Wie Frauen diesen Kreislauf durchbrechen können, ohne gleich alles hinzuschmeißen und trotzdem zu mehr Lebenszufriedenheit und Selbstermächtigung gelangen, zeigt das neue Buch von Success-Coach Nathalie Karré. Bewusst und provokant rückt sie das ungleiche Paar Disziplin und Leichtigkeit in den Fokus, um mit Tiny Habits Schritt für Schritt Potenziale zu entfalten.
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Seitenzahl: 195
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Für alle Frauen.
Für Frauen, die gerade Kraft brauchen.Für Frauen, die Kraft haben.Und für Frauen, die Kraft geben wollen.
Ich bin eine davon.
Geleitwort Antje Traue
Vorwort Nathalie Karré
Erfolg in weiblich
Stereotype begleiten uns ein Leben lang
Die Kosten patriarchaler Strukturen
Die vielen Facetten weiblichen Erfolgs
Wenn Frauen systematisch Kraft geraubt wird
Frauen werden aus der Geschichte geschrieben
Unsichtbar im öffentlichen Raum
Gestaltungsarme Rollen: Frauen in den Medien
Unterrepräsentiert und verborgen: Frauen in der Musik
Tief erschüttertes Vertrauen: Frauen in der Medizin
Frauen und Kinder zuletzt: fehlende Daten in Technologie und bei Künstlicher Intelligenz
Der unbedankte Spagat in der Arbeits- und Familienwelt
Frauen und Geld – über den fairen Anteil
Wer auf Frauen setzt, setzt auf Erfolg
Ein gutes Leben für dich
Die Verantwortung für dein gutes Leben liegt bei dir
DER 5-STEP-POWER-PLAN
Step 1: Ausatmen. Bereit für dein selbstbestimmtes Leben
Innehalten. Die Kraft der Stille nutzen
Reflexion. Gute Fragen stellen
Zeit. Freiräume schaffen
Befreien. Stereotype Zuschreibungen abstreifen
Step 2: Auftanken. Aktiviere deine Kräfte
Im Dialog mit dir selbst. Wähle achtsame Worte
Die vollen Scheunen. Blicke auf deine erreichten Erfolge
Wertvolle Werte. Lerne die Autopilotin deines Lebens kennen
Step 3: Ausrichten. Gestalte deinen Platz in dieser Welt
Säule 1: Ein gutes Leben gibt Klarheit
Säule 2: Ein gutes Leben ist vielfältig und in Balance
Säule 3: Ein gutes Leben erfüllt Träume
Säule 4: Ein gutes Leben hat einen tieferen Sinn
Step 4: Ankommen. Du bist dein Antrieb
Konkrete Ziele setzen. Bestimme deine Richtung
Einfach machen! Jeder Erfolg beginnt mit einem ersten Schritt
Selbstvertrauen. Vertraue dir und deinen Gefühlen
Selbstverantwortung. Sei die Chefin deines Lebens
Step 5: Abheben. Dein neuer Alltag gelingt
Routinen festlegen. Dein neuer Alltag nimmt Gestalt an
Routinen einbetten. Klug geplant und weise umgesetzt
Routinen ausführen. Die besten Routinehacks für deinen Alltag
Routinen prüfen. Deine Erfolge absichern
Routinen feiern. Bestärke dich und genieße deine Erfolge
Authentisch fordern für dich
Sag es auf deine Art! Kommunikationsstrategien, um authentisch für dich einzustehen
Fordere deinen gerechten finanziellen Anteil
Sorge für deine Sichtbarkeit
Sisterhood. Jetzt bist du stark – stärke auch die anderen
Unterstützung geben – Unterstützung nehmen
Wir wollen Frauen sehen. Immer und überall!
Sprache schafft gesellschaftliche Realität
Gesellschaft gemeinsam gestalten
Dein Power-Effekt
Quellen
Impressum
DIESES BUCH IST EINE BEGLEITERIN, DIE DIR HILFT
den Blick auf dein individuelles Potenzial und deine Lebensträume zu lenken.
Stereotype, die unser Leben als Frauen unbemerkt beeinflussen, zu erkennen.
deine persönliche Ausrichtung zu finden.
deinen Erfolg in weiblich kraftvoll und selbstbestimmt zu gestalten und in deinem guten Leben anzukommen.
eine aktive Kultur der Unterstützung mit anderen Frauen zu entwickeln.
ERFOLG IN WEIBLICH BEDEUTET,
… dich von Fesseln, Fallen und Hindernissen zu befreien.
… deine persönlichen Stärken tatkräftig zu nutzen.
… mehr von deinem eigenen Leben zu haben.
… an der Seite anderer Frauen zu stehen.
… eine bessere Welt zu gestalten.
Buchbonus:
Mit spannendem Zusatzmaterial
Antje Traue
Wenn ich noch vor einiger Zeit von meinem Leben erzählte, hörte ich mich oft sagen, »Das hätte ich mir nicht träumen lassen«. Aber stimmt das? Wenn ich in meine Kindheit zurücksegele und meinen Träumen von damals lausche, war alles schon da. Mit neun Jahren sah ich »Die unendliche Geschichte«. Ich erinnere mich genau, wie mich ein Schauer durchfuhr und ich weinte, als das Pferd Artax im »Sumpf der Traurigkeit« versank. Der Film war wie eine Initiation. Ich wollte Teil von Geschichten werden. Ohne darüber nachzudenken, mit kindlicher Unbeschwertheit, Neugier und Fantasie. Mit viel Tatkraft und Mut bin ich diesem Gefühl gefolgt.
Ich begann, Filme in den USA zu drehen, mit Oscar-Preisträger:innen zu arbeiten und das Leben eines internationalen Filmstars zu leben. Ein Traum, der wahr wurde. Oder nicht? Plötzlich sah ich mich mit Dingen konfrontiert, die in meinen Träumen nicht vorgekommen waren.
Ich lebte weit weg von zu Hause, ohne schützendes Umfeld, und war plötzlich aufgefordert, zu kämpfen. Für Rollen, die zu mir passen und Frauen in ihrer Kraft darstellen, ohne sie auf ihre Stereotype zu reduzieren. Und vor allem dafür, gehört zu werden. Ich erlebte immer wieder, wie meine Sicht auf einzelne Rollen und die Filmbranche insgesamt ignoriert wurde. Nicht nur als Europäerin, sondern insbesondere meine Meinung als Frau. Ich lernte, mich Widerständen zu stellen.
Heute weiß ich, dass all diese Begegnungen, Hindernisse und Umwege der Weg selbst sind. Es war wichtig, Annahmen aufzugeben und meinen erlernten Gehorsam an den Nagel zu hängen. Nur so konnte ich meine Individualität entwickeln und lernen, lebendig zu sein.
Es war ein wichtiger Wendepunkt in meinem Leben, für die Frau in mir einzustehen. Meine eigene Entschlossenheit, Anmut, Furchtlosigkeit und Weitsicht kennenzulernen ist ein wundervoller Prozess. Gespräche mit Menschen wie Nathalie Karré unterstützen diesen Prozess und ermöglichen, in die Tiefe zu gehen, sich der eigenen Potenziale bewusst zu werden und den großen Schatz persönlicher Stärken zu erfahren.
Nathalie schreibt in diesem Buch vom Innehalten und Träumen, davon, den Mut zu haben, Neuanfänge zu wagen und – auf den eigenen Stärken bauend – im eigenen Leben anzukommen. Sie zeigt Schritt für Schritt den Weg, immer mehr Kraft als Frau zu entwickeln. Vor allem aber vermittelt sie, dass es unumgänglich ist, uns als Frauen gegenseitig zu unterstützen.
Wie Nathalie, möchte ich, dass Sisterhood nicht nur ein Wort ist, sondern dazu beiträgt, gesellschaftlich ein tieferes Verständnis über die wahre Qualität weiblichen Miteinanders herzustellen. Bist du gut zu dir – tust du auch mir gut. Tust du dir weh – verletzt du auch mich. Wenn wir uns diese Haltung zu Herzen nehmen und uns davon leiten lassen, wird sie als leise tönende Melodie wegweisend sein.
Nathalie Karré
Ich weiß, dass Frauen erfolgreicher sein könnten. In ihrem persönlichen Wachstum. In ihrer beruflichen Karriere. Im Finden ihrer Berufung. Im Einstehen für sich. Im Verhandeln ihrer Freiräume, ihres Gehalts, ihrer Chancen. In der Entfaltung ihres individuellen Potenzials. Im Leben ihres eigenen Lebens.
Es tut mir weh, zu sehen, dass strukturelle Benachteiligungen nach wie vor existieren, antiquierte Geschlechterzuschreibungen wirksam sind, Frauen in Vorurteilen und Stereotypen gefangen bleiben und ihnen immer noch systematisch Kraft geraubt wird.
Als Unternehmerin, People & Culture Managerin, Business Angelina und Women4-Women-Gründerin fällt mir vielfach auf, dass Frauen sich dadurch den Erfolg, den sie haben könnten, versagen und oftmals an ihrem Leben vorbeileben. Dem Wunsch folgend, Dinge gut und richtig zu tun und an sie gestellte Anforderungen zu erfüllen, tappen Frauen in Fallen, die ihnen ein Stück weniger gutes Leben zugestehen. Ich erlebe tagtäglich, wie stark die Sehnsucht vieler Frauen ist, mehr ihres eigenen Potenzials zu verwirklichen, ihren Kurs zu korrigieren oder einen anderen Weg einzuschlagen.
Dieses Buch ist all jenen Frauen gewidmet, die sich an veralteten Strukturen die Nase blutig schlagen, die mutloser werden, müder und verzagt. Es ist für jene Frauen, die einen starken inneren Ruf spüren, etwas zu verändern, die wissen, dass sie hier sind, um etwas zu bewegen, und die die Welt als einen besseren Ort zurücklassen wollen. Und es ist für all jene Frauen, die anderen Frauen zur Seite stehen und eine aktive Kultur der Unterstützung in Bewegung setzen wollen.
Mit dem Power-Effekt möchte ich beitragen, dass Frauen einen klareren Blick auf Einschränkungen und Vorurteile gewinnen, Gender Biases und Ungerechtigkeiten schneller entlarven und Strategien entwickeln, für ihre Träume und ihr gutes Leben einzustehen. Weil es mir ein Herzensanliegen ist. Als Frau. Als Mensch.
Ich will mit diesem Buch explizit Frauen darin bestärken, in ihre Kraft zu kommen, ihre Talente und Bestimmung zu finden und ihr eigenes Leben nach ihrer Façon zu gestalten. Hier bekommen sie Rückenwind, Anregungen und Kraft. Damit lässt es sich leichter vorangehen.
DER PFAD DURCHS BUCH
Ich erzähle dir von mir. | Du erfährst mehr aus meiner Women4Women-Praxis.
Hier findest du wichtige Fakten. | Buchbonus zum Download auf S. 144
Mehr vom eigenen Leben zu haben ist das Ziel. Doch für uns Frauen ist das nicht immer so leicht, denn wir werden häufig in Rollen gedrängt und unser wahres Ich gerät dabei in den Hintergrund.
Wie oft hast du selbst schon erlebt, dass dir als Frau Steine in den Weg gelegt worden sind? Einfach nur deshalb, weil du eine Frau bist. Wie oft hast du dich schon darüber geärgert, dass du dich selbst von Rollenklischees beeinflussen hast lassen und weniger gewagt oder dir weniger zugetraut hast, als es dir eigentlich entsprechen würde? Und wie wäre dein Leben insgesamt verlaufen, wenn es keine geschlechterspezifischen Erwartungen gäbe?
Als Frau darüber nachzudenken, wie das Leben ohne diese Klischees sein würde, eröffnet die Möglichkeit, gesellschaftliche Erwartungen und Rollenzuschreibungen für einige Momente abzustreifen und neu zu denken.
Diese Fragen für mich selbst zu beantworten, finde ich spannend. Vielleicht hätte ich eine Konzernkarriere angestrebt oder ich wäre ins Ausland übersiedelt. Wahrscheinlich wäre die Entfaltung breiter Netzwerke leichter möglich gewesen. Vielleicht wäre ich auch Ausnahmesportlerin geworden. Ich merke, dass es keine richtige Antwort darauf gibt. Doch allein die Überlegung macht deutlich, dass ich ohne Rollenklischees andere und vielfältigere Möglichkeiten gehabt hätte. Geschlechtsspezifische Erwartungen auszublenden zeigt mir auch, dass vieles fehlen würde, was mich und mein Leben ausmacht. Mein Beruf, der auch meine Berufung ist. Beste Freundinnen, die Teil meiner Familie sind. Meine Female Community und Women4Women, mit dieser besonderen Kultur der Unterstützung. All das hätte ich vermutlich nicht realisiert, weil ich andere Prioritäten, Wünsche und Bedürfnisse gehabt hätte. Und das, obwohl ich doch der gleiche Mensch bin. In jedem Fall macht die Frage deutlich, dass stereotype Vorstellungen unser Leben prägen und dazu führen, dass wir aufgrund unseres Geschlechts unterschiedlich handeln und behandelt werden.
Geschlechterstereotype – auch Gender Biases genannt – sind gesellschaftlich geteilte Annahmen darüber, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen Männer oder Frauen »typischerweise« haben oder haben sollten. Als fester Bestandteil unseres Denkens sind sie in unserem Unterbewusstsein gespeichert. Sie werden automatisch aktiviert, meist unreflektiert angewendet und sorgen dafür, dass sich Menschen sozial erwünscht – im Rahmen der jeweiligen Geschlechterrolle – verhalten.
Kinder werden vom ersten Tag an – sowohl bewusst als auch unbewusst – in diese Geschlechterrollen gedrängt. Dies führt dazu, dass sich Mädchen »typisch« weiblich und Jungen »typisch« männlich verhalten – auch wenn es gar nicht ihrem Naturell entspricht. Die Psychologin Sherry Irani fasst in ihrer Studienarbeit »Angeboren oder anerzogen?« zusammen, dass die Prägung der weitgehend kulturell anerzogenen, »typisch« weiblichen Eigenschaften Emotionalität, Empathie, soziale Kompetenz, Zurückhaltung und Mütterlichkeit bereits in den ersten Lebenstagen beginnt.
So schenken Eltern weiblichen Säuglingen mehr Körperkontakt und Zuneigung, wohingegen Jungen mehr Aktivierung und Zutrauen erfahren. Ebenso überschätzen Eltern von Beginn an die Fähigkeiten ihrer männlichen Nachkommen – vom Krabbeln bis zu Eigenschaften wie der Selbstständigkeit. Mädchen greifen sie dafür ab Tag eins häufiger unter die Arme und helfen ihnen schneller und öfter. Damit wird die vermeintliche Unterstützungswürdigkeit von Mädchen und die angeblich größere Selbstständigkeit von Jungen stetig gefördert.
Auch das angeborene Verhalten von Jungen als Säuglinge und Vorschulkinder häufiger zu weinen als Mädchen, wird – so die Beobachtungsstudien des Psychologen John Nicholson – in den folgenden Lebensjahren abtrainiert. Weinende Jungen werden zu alternativen, stereotyp männlichen Gefühlsäußerungen angeregt. Umgekehrt erhalten weinende Mädchen Trost und Zuneigung, erfahren jedoch Sanktionen, wenn sie Emotionen wie Wut, Ärger oder Zorn zeigen. Diese Korrektur ihres angeborenen emotionalen Ausdrucks führt dazu, dass Mädchen, um Erfolg zu haben, in weiterer Folge eher weinen, als sich wütend zu verhalten. Bei Jungen ist es genau umgekehrt. Sie verlernen zu weinen und kommen mit aggressiveren Durchsetzungsstrategien weiter. So wird das angeborene Verhalten beider Geschlechter über die Lebensjahre verändert. Je stärker Kinder nun die vermeintlich passenden Geschlechterstereotype an den Tag legen, umso eindeutiger erscheinen die jeweiligen Verhaltensweisen als »typisch« männlich oder weiblich. Ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Gerade weil er so früh im Leben beginnt, als angeboren erscheint und weil wir glauben, dass er wahr ist.
Stereotypes Verhalten wird zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung
Geschichten, Filme, Bücher und Medien, die wir ab unserer Kindheit konsumieren, sind eine weitere Quelle für prägende Geschlechterstereotype. Darüber hinaus wird geschlechterkonformes Verhalten in der Familie, im Freundeskreis, in Schule und Beruf und jeglichen sozialen Situationen gefördert, indem gewünschte Eigenschaften und Verhaltensweisen verstärkt und unerwünschte sanktioniert werden. So begleiten uns Geschlechterzuschreibungen bis ins hohe Alter. Frauen und Männer denken unterschiedlich, verhalten sich unterschiedlich, fühlen unterschiedlich. Nur ist dies nicht angeboren, sondern Folge von geschlechterspezifischer Erziehung und daraus resultierenden Lebensbedingungen. Wir werden nicht als Frauen (oder Männer) geboren, sondern dazu gemacht, wie es die französische Philosophin Simone de Beauvoir bereits 1949 auf den Punkt gebracht hat. Die aktuelle Geschlechterforschung ergänzt, dass nicht nur Frauen von den Strukturen und Dynamiken des Patriarchats betroffen sind. Auch Männer bezahlen einen Preis für die Auswirkungen, die Stereotype auf ihr Leben haben.
Der Wirtschaftswissenschaftler Boris von Heesen beziffert die Kosten des Patriarchats – allein in Deutschland – mit jährlich 63 Milliarden Euro. Diese Kosten resultieren daraus, dass Männer auf Durchsetzungsstärke, Härte und Wettbewerbsorientierung geprägt werden und dadurch stärker zu Gewalt- und Suchtverhalten tendieren. Männer begehen die meisten Straftaten, belegen 94 Prozent der Plätze in deutschen Gefängnissen, machen 75 Prozent der Alkoholtoten aus und 80 Prozent der häuslichen Gewalt gehen auf das Konto von Männern – um nur einige der analysierten Kostentreiber zu nennen.
Die Ursachen für diese gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch stereotyp männliches Verhalten entstehen, sieht von Heesen vor allem darin, dass Männer aufgrund ihrer Sozialisation wenig Zugang zu den eigenen Gefühlen haben und sich über Dominanzgehabe, Homophobie, Sexismus und andere ungesunde geschlechter-spezifische Verhaltensweisen definieren. Daraus folgend sprechen Männer seltener über Probleme und verzichten eher darauf, Psycholog:innen oder Ärzt:innen zu konsultieren. Das führt wiederum dazu, dass Männer in Problemsituationen Suizid als einen naheliegenderen Ausweg sehen, denn Hilfe bei anderen Menschen zu suchen. So führen Männer die Selbstmord-Statistik mit mehr als 75 Prozent an – und das, obwohl Depressionen bei Frauen mehr als doppelt so häufig diagnostiziert werden.
Angesichts dieser dramatischen Zahlen und der massiven Auswirkungen patriarchaler Strukturen müssen wir ein echtes Interesse daran haben, die ungesunden Dynamiken des Patriarchats aufzubrechen, um zu einer besseren Welt für uns alle zu gelangen. Der Geschlechterforscher Jens van Tricht diagnostiziert in diesem Zusammenhang, dass die patriarchale Sozialisierung beide Geschlechter einschränkt, Mädchen jedoch noch stärker als Jungen in ihren potenziellen Fähigkeiten reduziert, in ihrer Autonomie gebrochen und real benachteilig werden.
Umso wichtiger ist es, dass gerade wir Frauen noch bewusster die Auswirkungen einschränkender Stereotype wahrnehmen, um die mit ihnen verbundenen Fallen zu umgehen.
Auch wenn wir erfolgreich und im Leben bereits weit gekommen sind, schränken uns Stereotype an vielen Stellen ein. Sie zu erkennen, die eigenen Stärken zu nutzen und das Leben zu finden, das zu uns passt, sind aus meiner Sicht wesentliche Grundlagen, um den ganz persönlichen Erfolg in weiblich zu realisieren.
Auch wenn wir erfolgreich und im Leben bereits weit gekommen sind, schränken uns Stereotype an vielen Stellen ein. Sie zu erkennen, die eigenen Stärken zu nutzen und das Leben zu finden, das zu uns passt, sind aus meiner Sicht wesentliche Grundlagen, um den ganz persönlichen Erfolg in weiblich zu realisieren.
Erfolg in weiblich bedeutet,
Indem Frauen jene Rollenklischees, die ihnen den Zugang zu ihrer vollen Kraft verwehren, entlarven, können sie Strategien entwickeln, diese Stereotype zu überwinden und das eigene Potenzial zu entfalten.
Frauen sitzen häufig auf einem Schatz persönlicher Stärken, Talente und Erfahrungen. Trotzdem stellen viele Frauen ihr Licht unter den Scheffel. Sie erwähnen eher das, was sie nicht können, wo noch etwas fehlt oder was nicht ganz perfekt ist, als dass sie ihre Talente in den Vordergrund rücken. Auf diese Weise verlieren sie Kraft vor sich selbst und auch vor anderen. Erfolg in weiblich heißt, die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Talente sichtbar zu machen und zu nutzen.
Auch wenn Frauen auf vielen Ebenen Steine in den Weg gelegt werden – es gilt, aus diesen Steinen etwas Schönes zu bauen oder sich an anderen Wegen zu orientieren. Erfolg in weiblich heißt, sich den persönlichen Anteil am Erfolg in allen Bereichen des Lebens zu sichern. Dazu gehört, seine Wünsche und Träume zu kennen, den eigenen Weg einzuschlagen und ihm konsequent zu folgen. Ziel ist es, am Ende des Lebens auf mehr Gutes als auf zu Bedauerndes zurückzublicken.
Wenn die richtigen Dynamiken genährt werden, leben Frauen eine besondere Kultur des Miteinanders und der Unterstützung. Das stärkt jede einzelne Frau und führt dazu, dass Frauen sich gegenseitig voranbringen. Erfolg in weiblich heißt, zu wissen, wie kraftspendende und unterstützende weibliche Allianzen und Netzwerke gebaut und gepflegt werden.
Ich bin überzeugt davon – und viele Studien belegen das: Die Welt wäre eine bessere, wenn mehr Frauen erfolgreicher, also sichtbarer, wirksamer und gestaltungsmächtiger wären. Dann wäre unsere Gesellschaft kooperativer, unsere Welt friedlicher, unser Klima gesünder, unsere Natur geachteter. Frauen denken systemischer, Frauen fördern Kooperation, Frauen fangen keine Kriege an und produzieren insgesamt weniger gesamtgesellschaftliche Kosten. Es ist für uns alle sinnvoll, eine geschlechtergerechte Welt zu fördern, in der Frauen mehr gestalten, als dies bis jetzt der Fall ist.
Um Frauen zu unterstützen, ihren individuellen Erfolg in weiblich zu realisieren und kraftvoller in der Gesellschaft zu agieren, habe ich den Power-Effekt entwickelt. Er hilft, Hindernisse zu erkennen, die Frauen systematisch Kraft rauben und Strategien zu erarbeiten, um den persönlichen Weg ins gute Leben konsequent zu beschreiten.
Nun folgend geht es darum, mehr Bewusstheit darüber zu erlangen, auf welchen Ebenen und in welcher Dimension Stereotype wirken und Frauen systematisch Kraft geraubt wird. Darauf aufbauend können wir diese strukturellen Hindernisse umschiffen und die eigenen Potenziale entfalten.
Frauen haben oft das Gefühl, mehr als eine Extrameile gehen zu müssen – und das zu Recht, denn es wird uns tatsächlich in vielen Bereichen systematisch Kraft geraubt. Wir tun gut daran, uns mit diesen Einschränkungen vertraut zu machen, um gegenzusteuern und die Welt konstruktiver für uns selbst und andere Frauen zu gestalten.
Frauen sind nach wie vor in zahlreichen Lebensbereichen benachteiligt. Das Ausmaß dieser strukturellen Ungleichbehandlung ist vielen nicht bekannt. Begriffe wie Gender Pay Gap, Gender Pension Gap, Gender Data Gap, Gläserne Decke und Gläserne Klippe machen deutlich, dass die Benachteiligungsphänomene so umfassend sind, dass dafür sogar eigene Bezeichnungen nötig sind. Laut Global Gender Gap Index des World Economic Forums wird es bei der derzeitigen Fortschrittsgeschwindigkeit noch 131 Jahre dauern, bis eine Gleichstellung der Geschlechter in den Bereichen »Wirtschaftliche Teilhabe & Chancengleichheit«, »Bildung, Gesundheit & Überleben« sowie »Politische Ermächtigung« weltweit erreicht wird.
Es muss aufhören, dass Frauen immer noch so auf vielen Ebenen Kraft geraubt wird. Mit dem Power-Effekt möchte ich mehr Bewusstheit für jene Bereiche schaffen, in denen weibliches Leben durch Stereotype beeinträchtigt wird. Um mehr Erfolg in weiblich zu fördern, will ich uns Frauen bestärken, die Welt nicht einfach so zu akzeptieren, wie sie ist, sondern das eigene Leben in die Hand zu nehmen und aktiv zu mehr Gerechtigkeit für uns Frauen beizutragen.
Ein wesentlicher Aspekt, der uns Frauen Kraft raubt, ist die Tatsache, dass wir in vielen Bereichen ausgeblendet, übersehen oder ignoriert werden. Das nimmt uns weibliche Vorbilder, Sichtbarkeit und Wirkmacht. Ich werde dies anhand von sieben
Lebenswelten illustrieren, in denen das Ausblenden oder Ignorieren von Frauen besonders deutlich wird: in der Geschichtsschreibung, im öffentlichen Raum, in den Medien, in Unternehmen, in der Medizin, in der Technologie sowie im Spagat zwischen Familien- und Erwerbsleben.
Den Geschichtsunterricht meiner Schulzeit habe ich noch in lebhafter Erinnerung. Ich war fasziniert von den abenteuerlichen Berichten großer Krieger und den Einblicken in die Geheimnisse aller Herren Länder. Rückblickend blieben ein schaler Beigeschmack und einige offene Fragen: War das alles? Sind all die Kriege, Staatsmänner und Feldherren tatsächlich das, was unsere Vergangenheit ausmacht? Wo sind die kraftvollen, gestaltenden Frauen unserer Geschichte?
Heute weiß ich es besser: Sie sind da. Es waren nur selektive Ausschnitte der Welt, die unsere Schulbücher vermittelten. Ausschnitte, die jene wählten, die Geschichte schreiben ließen. Die weibliche Perspektive der Geschichte wurde weitgehend ausgeblendet, verdreht oder auch einfach gelöscht. Die Frage ist eben nicht, wer Geschichte gemacht, sondern wer sie geschrieben hat. Erfreulicherweise gibt es mittlerweile immer mehr Publikationen, die auch die prägende Rolle von Frauen in der Geschichte beleuchten.
Einen guten Einblick in die Dimension unerwähnt gebliebener Frauen geben Kerstin Lücker und Ute Daenschel in ihrer »Weltgeschichte für junge Leserinnen«, wo sie auf rund 600 Seiten die fehlende Perspektive von Frauen in der Geschichte ergänzen. Wir lesen von Kaiserin Theodora von Byzanz, Valentina Tereschkowa, der ersten Frau im Weltraum, von Sitt-al-Mulk, die das Amt des Kalifen von Kairo übernahm, von Malintzin, die eine maßgebliche Rolle bei der Eroberung Mexikos durch die Spanier spielte, von Wu-Zetian, die als »chinesischer Kaiser« dazu beitrug, den Buddhismus in China zu verbreiten, und von Ada Lovelace, die Mitte des 17. Jahrhunderts das erste Computerprogramm schrieb und damit das digitale Zeitalter einläutete.
Mit Beiträgen wie diesen wird die Rolle von Frauen in der Geschichte korrigiert und ihnen die Bedeutung gegeben, die sie tatsächlich hatten. Immer mehr Menschen interessieren sich für einen wirklichkeitsnahen Blick auf unsere Vergangenheit. So wird unser Verständnis für die gestaltende Rolle von Frauen schärfer und damit gelangen immer mehr prägende Frauen der Vergangenheit in den Fokus.
Mehr als Mutter und Schutzheilige
Dieser realistischere Blick auf unsere Geschichte bringt mit sich, dass auch das historische Frauenbild der Kirche langsam einen Wandel erfährt. Die Journalistin Monika Konigorskis weist darauf hin, dass es in der Geschichtsforschung als überholt gilt, dass Frauen in der Antike vom politischen und sozialen Leben ausgeschlossen waren. Inschriften belegen Geschäftsfrauen, Synagogenvorständinnen und städtische Amtsträgerinnen zur Zeit Jesu. Auch Pfarrerin Angela Wäffler unterstreicht diese Tatsache: »Es ist für Paulus selbstverständlich: Frauen traten öffentlich auf, waren im Gottesdienst beteiligt, übernahmen Diakoninnen-Aufgaben und galten als Prophetinnen, Beschützerinnen, Helferinnen, Apostelinnen – das steht alles bei Paulus überhaupt nicht infrage.«
Männlich dominierte Sprache leistet ihren Beitrag
Ein weiterer Aspekt förderte das Fehlen von Frauen in der Geschichtsschreibung: die Verwendung von Sprache. Sabine Bieberstein, Professorin für Theologie an der Universität Eichstätt, erklärt dieses Phänomen mit der Androzentrik vieler Sprachen. Gruppen, die aus Männern und Frauen bestehen, werden im Plural mit einem männlichen Wort bezeichnet – wie es auch im Deutschen üblich ist. Für Bieberstein ist dies ein Grund dafür, dass auch die Anfänge des Christentums männerdominiert erscheinen. Die griechischen Wörter für Apostel und Jünger bezeichnen Männer und Frauen gleichermaßen und legen nahe, dass beide als Apostel gewirkt haben, jedoch nur eines der beiden Geschlechter tradiert wurde. Das Verschwinden von Frauen aus der Geschichte liegt demnach auch daran, dass wir Sprache nicht präzise verwenden und nur ein Geschlecht nennen, auch wenn mehrere Geschlechter gestaltend tätig sind. Forschungsergebnisse wie diese zeigen, dass es zwei Hauptgründe für die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen in der Geschichte gibt: das (bewusste) Nicht-Erwähnen von Frauen und weiblichen Leistungen sowie das Verwenden einer männerzentrierten Sprache. An beiden Gründen können wir einfach ansetzen.
WAS WIR TUN KÖNNEN …
unser gelerntes Geschichtsverständnis reflektieren und gestaltende Frauen stärker ins Blickfeld rücken.
hinterfragen, welche Geschichte erzählt wird – und welche Aspekte keine Berücksichtigung finden.
uns für Frauen in der Geschichte interessieren.
die Geschichte und Leistungen von Frauen weitererzählen.
Sprache achtsam verwenden und Frauen den Platz geben, der ihnen zusteht.
Darüber hinaus können wir Frauen auf Wikipedia nominieren, denn auch auf Wikipedia wird die Gestaltungskraft von Frauen in geringerem Ausmaß beleuchtet. Aktuell behandeln nur 17,55 Prozent der Wikipedia-Biografien Frauen.