Der Schutzgeist - August von Kotzebue - E-Book

Der Schutzgeist E-Book

August von Kotzebue

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Beschreibung

Von Kotzebues dramatische Legende in sechs Akten wurde 1817 uraufgeführt. Im Vorspiel sitzt ein Ehepaar klagend am Leichnam eines Knaben, der eben vom Blitz erschlagen wurde. Plötzlich erhebt sich dieser Knabe, breitet die Arme gen Himmel aus und erklärt, daß er ein Engel sei, durch Gottes Gnade in diesen Körper gekleidet, um der italienischen Königin Adelheid zu Hilfe zu kommen, die von dem Usurpator Berengar verfolgt werde. Er macht merkwürdige Bemerkungen über das Land der schwülen Träume, über das Licht, das Element der Geister, und entschwebt dann in schnellem Flug, um zunächst als Edelknabe der Königin zu "erscheinen". Er "erscheint" noch in verschiedenen Gestalten und tut zu Gunsten der verfolgten Adelheid verschiedene Wunder, aber niemals, ohne vorher im brünstigen Gebet von Gott die Erlaubnis zu erflehen.

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Der Schutzgeist

 

AUGUST VON KOTZEBUE

 

 

 

 

 

 

 

Der Schutzgeist, A. von Kotzebue

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661441

 

Druck: Bookwire GmbH, Voltastr. 1, 60486 Frankfurt/M.

 

Der Originaltext dieses Werkes, der so überarbeitet wurde, dass die wichtigsten Wörter und Begriffe der aktuellen Rechtschreibung entsprechen, entstammt dem Deutschen Textarchiv DTA (Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/25>, abgerufen am 19.11.2021).

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Personen. 1

Das Vorspiel. 2

Erster Akt. 10

Zweiter Akt. 31

Dritter Akt. 42

Vierter Akt. 62

Fünfter Akt. 89

Sechster Akt. 117

 

 

Personen.

 

Otto der Große, deutscher Kaiser.

Berengar, König von Italien.

Adelheid, verwitwete Königin von Italien, (die später unter die Heiligen versetzt worden.)

Der Geist des ermordeten Königs Lothar.

Markgraf Azzo von Este, Burggraf zu Canossa.

Oswald, sein alter Knappe.

Astulf, dessen Vater.

Eugenia, dessen Mutter.

Antonio, ein alter Fischer.

Margarethe, seine Tochter.

Herrmann Willing, Herzog der Sachsen.

Conrad der Welse, Herzog der Franken.

Heinrich, Herzog in Bayern, Ottos Bruder.

Ludolf, Herzog in Schwaben, Ottos Sohn.

Harald, ein Dänenkönig.

Der Burgvogt des festen Schlosses zu Como.

Der Schultheiß von Pavia.

Gesandter der Westfranken.

Tribut bringende Slaven.

Burgundische Frauen der Königin.

Lombardische Frauen der Königin.

Reiter.

Wächter.

Trabanten.

Fischer und Fischerinnen.

Der Bischoff von Pavia

Der Stadtgraf,

Geistlichkeit und Bürger

(Die Zeit fällt in die Mitte des zehnten Jahrhunderts.)

 

 

Das Vorspiel.

 

(Die Straße nach Pavia, an derselben ein Grabmal. Auf einer Bahre liegt der tote Guido. Der alte Vater steht vor ihm mit gefalteten Händen, wehmütig den Leichnam betrachtend.)

Astulf.

Gehab dich wohl mein schöner Traum!

Die herrliche Blüte — sie ist gefallen!

Entwurzelt steht der alte Baum —

Mir soll kein Kind den Vaternahmen lallen!

Sind es doch fünfzehn Jahre kaum,

Noch tönt der Ruf in meine Ohren:

Astulf! dir ist ein Knabe geboren!

Da fühlt' ich plötzlich in Mark und Bein

Die Glut der Freude strömend ergossen —

Ich sah der Mutter Haupt umflossen

Von einem milden Heilgenschein —

Ich sah vertilgt auf blassen Wangen

Die Schmerzens-Spur — mit Himmels-Lust

Hielt sie den Knaben lächelnd umfangen,

Und drückt' ihn lächelnd an ihre Brust!

Und als er sich lebendig regte,

Und als im rötenden Morgenstrahl,

Die Mutter das Kind zum ersten Mal

Auf meine Vaterarme legte —

Da wurde mir das Herz so groß!

Da lebt' ich stolz in diesem Sohne!

Und nicht um eine Königskrone

Vertauscht' ich meiner Armut Los!

Die Erdennot sie war verschwunden,

Verschwunden die enge Gegenwart

Und alle des Lebens Feierstunden

Mir für die Zukunft aufgespart — —

Sie ist gekommen im schwülen Gewitter —

Ein Blitz durchzuckte den jungen Baum —

Mein Kelch ist leer — die Hefe bitter! —

Gehab dich wohl mein schöner Traum!

 

Die Mutter (wankt heran mit einem Korbe voll Blumen.)

Hier bring ich Blumen zur letzten Weihe,

Gepflückt von bebender Mutterhand —

Betaut mit Tränen — Nimm sie und streue

Sie auf der Lieb' entseeltes Pfand!

 

Astulf. (den Leichnam mit Blumen bestreuend.)

Mir bricht das Herz indem ich scheide

Von meines Alters Hoffnungsstab!

Eugenia.

Mit ists gebrochen! jede Freude —

Fällt mit den Blumen in dies Grab?

Astulf.

Noch gestern in schöner Jugendfülle,

Der Eltern Hoffnung — Freude — Trost—

Eugenia.

Und heute nur eine kalte Hülle,

Erstarrt in ew'gem Todesfrost!

Astulf.

Du wirst nicht mehr die Stirn mir kühlen

Am heißen Tag auf lechzender Flur!

Eugenia.

Wirst nicht mehr um die Mutter spielen,

Du Kind der Unschuld und Natur!

Astulf.

Genug! — wir segnen den schlummernden Knaben,

Wir scheiden von ihm mit nassem Blick —

Lass unsern Toten uns begraben —

Dem Staube geben wir Staub zurück.

Eugenia.

O lass, eh mich die Tränen ersticken,

Nur einmal noch der Trennung Kuss

Auf die erblassten Lippen drücken!

O gönne mir den letzten Genuss!

(sie wirft sich auf den Leichnam.)

Astulf.

Was auch ein trauernd Vaterherz empfinde,

Die ihn geboren nagt ein and'rer Schmerz;

Denn von dem heißgeliebten Kinde

Reißt auch der Tod kein Mutterherz!

Eugenia (auffahrend und zurückbebend.)

Er lebt!

Astulf.

Verwirrt der Gram ihre Sinne?

Eugenia.

Des Lebens Wärme hab' ich verspürt —

Astulf.

Hinweg du quälende Täuschung! zerrinne!

Eugenia.

Dein Atem hat mich sanft berührt —

Astulf.

Lass dein Gebet den eitlen Wahn zerstreuen.

Eugenia.

Woher der Schauder, der mich durchbebt?

Ists nicht mein Kind? was darf ich scheuen?

Ich bin seine Mutter! er lebt! er lebt!

(sie wirft sich wieder auf ihn.)

Astulf. (hinzutretend und bittend)

Eugenia! — — Ihr himmlischen Mächte!

Täuscht mich die gaukelnde Hoffnung nicht?

Gott! Gott! du gehest mit deinem Knechte

In ein erbarmendes Gericht!

Eugenia.

Aus dem erstarrten Busen windet

Ein leiser Atem sich herauf —

Astulf.

Des Todes bleiche Farbe schwindet —

Eugenia.

Er lächelt —

Astulf.

Er seufzt —

Eugenia.

Er schlägt die Augen auf;

Beide stürzen auf ihre Knie.

Wir beugen uns vor dir im Staube!

Wir jauchzen und preisen dich für und für!

Beschämt empfängt der schwache Glaube

Der Allmache Wunder-Geschenk von Dir!

Guido (die Arme gen Himmel breitend)

Gott! ich gehorche.

Eugenia.

Wir haben dich wieder?

Astulf.

An jener Eiche traf dich ein Blitz.

Guido (ohne auf sie zu achten)

Auf Strahlen deines Lichts schwebt' ich hernieder

Und nahm von diesem Leichnam still Besitz.

Astulf.

Guido besinne dich, du bist genesen.

Eugenia.

Warum entziehst du dich der Mutter Kuss?

Guido.

Ihr seid auf Erden Guidos Eltern gewesen,

Ich kenn' Euch wohl. Empfangt des Sohnes Gruß.

Astulf.

Du lebst! wir leben im erwachten Sohne!

Eugenia.

Durch dich so plötzlich arm, und wieder reich!

Guido.

Ja, Euer Guido lebt vor Gottes Throne,

Doch ich — was hab' ich zu schaffen mit Euch?

Astulf.

Seltsame Rede —

Eugenia.

Heimlich Grauen

Befällt mich dieser Schmuck — so fremd —

Das Silber mit dem Ätherblaue

So flimmernd gemischt, war nicht sein Totenhemd

Astulf.

Und diese Gestalt — wie so erhaben —

In seinem Auge ein strahlend Licht!

Eugenia.

Sind das die Blicke des scheuen Knaben?

Nein das ist Guidos fromme Einfalt nicht!

Guido.

Wo sich der Allmacht Wunder offenbaren,

Die keines Sterblichen Zunge lallt;

Wo ew'ger Lobgesang der Engelscharen

Aus einem Lichtmeer wiederhallt,

Stand ich vor Gott, als Eurem Erdenstaube

Die Seele Guidos sich entwand.

Und keiner Unschuld kindlich frommer Glaube

Am Thron des Richters Gnade fand.

Doch kaum ist ihm das Urteil zugewogen.

Als fernes Stöhnen die Wolken zerreißt —

Und sieh' es schwebt herauf am Sternenbogen

Ein bleicher, Wehe rufender Geist!

Es ist Lothar, der Lombardei Gebieter,

Den weder Tugend, seiner Krone Zier,

Noch die gezückten Waffen treuer Hüter

Geschützt vor Mord und Herrschbegier.

Auf Erden blüht ihm eine schöne Blume,

Ein Weib, hienieden schon verklärt,

In dem die Nachwelt einst zu Gottes Ruhme

Die heil'ge Adelheid verehrt.

Doch jeder Willkür, jeder Schmach zum Raube

Erbebt sie jetzt im Lasterschlund!

In Geyers Krallen eine weiße Taube,

Die edle Königstochter von Burgund.

Und ihre Seufzer stiegen aus der matten,

Von Angst gequälten Brust empor,

Und schmiegten sich an das Gebet des Gatten,

Und drangen zu des Richters Ohr.

Da winkte Gott — ich lauschte seinem Winke,

Vernahm in Demut das Gebot:

„Hinab zu der entweihten Erde sinke,

„Wo Unschuld weint, Gewalt ihr droht;

„Beseele dort den Körper dieses Knaben,

„Den noch der Eltern Schmerz umgibt;

„Sie mögen an dem Himmels-Trost sich laben:

„Er ist nun mein, den sie geliebt.

„Du aber, zu der edlen Fürstin eilend

„Sei du ihr Schutzgeist in der kalten Welt,

„Bis einem höherem Geist', auf Erden weilend,

„Sie mein Verhängnis zugesellt.

„Nur mit beschränkter Macht sollst du vollziehen,

„Gleich Sterblichen, was Hilfe schafft;

„Doch sei der Täuschung Gabe dir verliehen

„Und des Gebetes Wunderkraft,

„Bis du bekämpft des Lasters freche Hyder, —

„Dann löse sich das lockre Erdenband,

„Und schwinge dich mit luftigem Gefieder

„Herauf zu mir!” — Er sprachs — ich schwand.

Im Nu durchflattert' ich die Himmelsräume

Mich senkend in die Erden-Nacht

Hinab ins düstre Land der schwülen Träume —

Und Euer Guido ist erwacht.

Astulf und Eugenia (die ihm staunend zugehört, jetzt scheu zurückweichend.)

Nicht unser Guido —

Guido.

Doch! denn keine Schranke

Trennt Geister — wo ist hoch? wo tief?

Was lebt und webt ist doch nur Ein Gedanke

Der Allmacht, die das Werde rief.

Schaut über Euch auf zahllos funkelnde Sterne,

Aus ihrem Kreis scheint ihr gebannt,

Und doch, in unermesslich weiter Ferne

Sind durch das Licht sie Euch verwandt.

Im All nichts fremdes wo das Licht erscheinet,

Von ihm umflossen, nichts getrennt;

Im ew'gen Lichte wir Alle vereinet,

Licht ist der Geister Element!

Drum nenne mich Sohn, ich will dich Mutter nennen;

(zu Astulf.)

Dich Vater begrüßen nach Erdenbrauch,

Bis wir uns dort am Thron des Lichts erkennen

Als Eines Geistes einz'gen Hauch.

Eugenia.

O Guido! sei mir Sohn — nicht Engel!

Sei wieder in kindlicher Einfalt mein!

Was kümmern die Mutter des Kindes Mängel?

Sie will nur lieben — geliebt nur sein!

Astulf.

Lass ihn! wer mag ins Dunkel dringen,

Wenn die geweihte Lippe spricht? —

Berufen ist er zu hohen Dingen,

Mög' er mit Gott das Göttliche vollbringen!

Wir scheiden von ihm und murren nicht.

Wächst doch leicht wieder die Weidenrute,

Vom Stamme gelöst, für sich allein;

Und ob des Stammes Wunde blute,

Wird es dem Däumchen kümmernd sein? —

So lösen sich auch vom Vaterherzen,

Vom Mutterbusen die Kinder ab.

Das Schicksal spart der Trennung Schmerzen

Den Eltern nicht bis an das Grab!

In der Erinnerung kaltem Lohne

Ruft eng beschränkt des Alters Glück;

Der Eltern Blicke folgen dem Sohne,

Doch vorwärts nur schweift Sohnes Blick. —

Drum ziehe hin! das ist die Straße,

Die nach Pavia führt — Leb wohl!

Bald ruhen die Herzen unter dem Grase,

Die jetzt noch seufzen: Lebe wohl!

Guido.

Ja, nach Pavia fühl' ich mich gezogen!

Es trotzt mein freier Geist des Körpers Haft,

Und in des Erdenlebens blutige Wogen

Stürz' ich hinab mit rettender Himmelskraft!

Dort fordert einst, hoch über dem Sternenbogen,

Der mich gesandt die hohe Rechenschaft!

Dann werf' ich von mir die entlehnte Hülle

Und stammle: Herr! es ist vollbracht dein Wille!

(Er eilt fort. Astulf und Eugenia mit ausgebreiteten Armen ihm nach, doch als sie den Fliehenden nicht erreichen können, sinken beide auf ihre Knie und heben ihre Hände segnend empor!)

Der Vorhang fällt.

 

 

Erster Akt.

 

Gemach der Königin Adelheid.

(Über einem Sessel hängt ein Pilger-Gewand; Auf der Tafel liegt ein Pilgerhut.)

 

Erste Szene.

 

(Eine Kammerfrau in Trauer bringt einige Schmuckkästchen, welche sie seufzend auf die Tafel stellt und sich wieder entfernen will, Markgraf Azzo tritt herein.)

 

Azzo.

Melde der Königin, Markgraf Azzo wolle

Von ihr beurlaubt sein.

(Die Kammerfrau geht.)

Ja besser so!

Ich tauge nicht für eine Höflings-Rolle;

Und nimmer werd' ich hier des Lebens froh.

Mag, wem es g'nügt, um eitlen Prunk sich mühen,

Mir ekelt vor der schalen Gleisnerei;

In meine alten Mauern will ich fliehen,

In meinen Wäldern atm' ich wieder frei!

Hier, wo ich stets mit Hass und Liebe ringe,

Ist mir die muntre Lebenslust verscheucht,

Doch wenn ich meinen Jagd-Spieß wieder schwinge,

So wird auch wohl das Herz mir wieder leicht. —

Nur einmal noch verbirg das wilde Feuer!

Ehrfurcht gebietend ist ihr stummer Schmerz.—

Sie kommt! — so rührend schön im Witwenschleier!

Bewache dich du ungestümes Herz!

 

 

Zweite Szene.

 

Adelheid., Azzo.

 

Adelheid.

Herr Markgraf, wie? auch Ihr wollt mich verlassen?

Hier, wo mein Fuß den Rand des Abgrunds streift,

Muss ich den letzten Freund mit Angst umfassen!

Den letzten — fühlt, wie mich das Wort ergreift!

Azzo.

Ja, Euer Freund, ich bin's und werd' es bleiben;

Weiß Gott ich bleib's! Nah oder fern, gleichviel.

Adelheid.

Was kann Euch plötzlich aus Pavia treiben?

Azzo.

Frau Königin, die Luft ist mir zu schwül.

Ich könnte Vorwand in Geschäften suchen,

Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt;

Ich möchte unbelauscht dem Schicksal fluchen —

Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht?

Ich bin ein freier, stolzer Mann geboren.

Darin ist Freiheit der Gesundheit gleich:

Erkannt wird erst ihr Wert, wenn sie verloren,

Und arm ist nur, der glücklich war und reich.

Seit Herrschgier uns den milden König raubte,

Ist Sklaverei uns auf die Stirn geprägt,

Da Berengar auf fluchbelad'nem Haupte

Die alte Krone der Lombarden trägt.

Ich mag nicht länger sehen, wie geschändet

Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm leckt,

Und, wenn er die geraubten Schätze spendet,

Wie Jeder dann die Hände gierig streckt.

Ich mag nicht länger hören laut gepriesen

Verhöhntes Recht und Missbrauch der Gewalt;

Ich will mich fest in meine Burg verschließen

Auf dass mein eigner Seufzer dort verhallt.

Wenn in der Brust die letzte Kraft verglommen,

Entwichen ist der Freiheit Genius,

Dann gute Nacht! dann ist die Zeit gekommen,

Wo sich der Redliche verbergen muss.

Adelheid.

Ihr geht — ich tadl' es nicht — doch ich, der Frauen

Unglücklichste! ich bleib allein zurück!

Mir öffnet sich kein Busen mit Vertrauen,

Kein Auge schenkt mir einen nassen Blick!

Wo darf hinfort des Jammers Träne rinnen,

Wenn mir der letzte Freund Lothars entwich?

Denn wisst, auch meine treuen Dienerinnen,

Mir aus Burgund gefolgt, verlassen mich!

Noch heute, noch in dieser bangen Stunde,

Trennt des Tyrannen Wille sie von mir,

Und ich mit meiner tiefen Herzens-Wunde

Steh' unter Fremden eine Fremde hier!

Azzo.

Ha! wie? er wagt — ?

Adelheid.

Was darf der Mann nicht wagen,

Der mit des Glückes bunter Wimpel schifft?

Er hat das Grässlichste gewagt! — muss ich noch sagen,

Wie mein Gemahl — ?

Azzo.

Ich weiß — er starb an Gift.

Adelheid.

An Gift! in seines Lebens Jugendfülle!

Man log, er sei durch Zauberei verdorrt;

Allein die Flecken der entseelten Hülle

Verrieten deutlich den verfluchten Mord.

Der Undankbare! dem mein edler Gatte

Ein warnender Freund, ein rettender Engel war,

Als König Hugo schon beschlossen hatte,

Sich zu befrei'n von diesem Berengar;

Der ihm den Pass gezeigt in den Gebirgen,

Dass er nach Deutschland unverfolgt entwich;

Den konnt' er nun mit kaltem Blute würgen!

Und täglich mordet seine Hand auch mich!

Azzo.

So flieht und suchet Schutz im Vaterlande,

Wo Euch die Mutter-Arme offen stehn?

Adelheid.

Gewahrt Ihr nicht, dass mich zum Unterpfande

Von seiner Macht der Wüterich ausersehn?

Mich liebt das Volk, das weiß er — meine Güter —

Sie haben schnöde Habsucht angefacht —

Darum bewachen tausend feile Hüter

Den kleinsten meiner Schritte Tag und Nacht.

Wenn ich die Schwelle des Palasts betrete,

Steht schon bereit ein lauernder Trabant;

Wenn ich am Grabe meines Gatten bete,

Wird mir der Seufzer von der Lipp' entwandt;

Wenn ich der Armut stille Hilfe bringe,

Schleicht bis zur Hütte mir ein Lauscher nach,

Und horcht, und zahlt genau die Silberlinge,

Und wiegt die Worte, die ich tröstend sprach.

In stiller Nacht hör' ich den Fußtritt knistern,

Der an die Tür des Lauschers Ohr mir trägt;

Zu meinem Gott darf ich nur leise flüstern,

Ich bebe, wenn zu laut mein Herz mir schlägt.

Azzo.

Ha! es soll anders werden! los und ledig

Sind wir des Schwurs, den er von uns erzwang;

Wir stehn bereit — so wahr ein Gott uns gnädig! — —

Mit Gut und Blut zu seinem Untergang!

Schon gärt es überall in den Gemütern

Und Gottes Rache-Schwert ist schon gezückt!

Vergriffen hat er sich an Kirchengütern

Und Mailands frommen Erzbischof gedrückt;

Und der von Como seufzt — und Wehe rufen

Die Edlen, die gebeugt am Joche stehn;

Und an des deutschen Kaiserthrones Stufen

Beschlossen alle, Rettung zu erflehn.

Wenn Einer nur von Allen, die sich rüsten,

Nur einen günst'gen Augenblick ersah,

Des Wüterichs Wachsamkeit zu überlisten.

Vertrauet mir, dann ist die Hilfe nah,

Dann sind gezählt die Tränen, die hier fließen,

Denn Deutschlands mächt'ger Kaiser schwingt den Speer.

Adelheid.

So hat auch mir ein Traumbild jüngst verhießen

Ich nenn es Traum — es war wohl mehr.

Ich lag ermattet durch Wachen und Weinen,

Am Grabe Lothars — ich schlummerte nicht —

In halber Ohnmacht lag ich auf den Steinen,

Die Grabes-Lampe warf ein düstres Licht