Der Sieg des Islams - Edward Gibbon - E-Book

Der Sieg des Islams E-Book

Edward Gibbon

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Beschreibung

Edward Gibbons gehört nach wie vor zu den bedeutendsten Historikern England. Sein erstmals 1837 erschienenes Werk über die Entstehung und Geschichte des Islams gehört heute - mehr denn je - zu den Standardwerken, die man gelesen haben muss, um den Islam zu verstehen. Unvoreingenommen und sachlich stellt Gibbon vieles plastisch dar, was sonst im Verborgenen schlummert.

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Ähnliche


Der Sieg des Islams

Edward Gibbon

Inhalt:

Der Sieg des Islams

Zeittafel

Erstes Kapitel - Umwälzungen in Persien

Zweites Kapitel - Die Spaltung der orientalischen Sekten

Drittes Kapitel - Die griechischen Kaiser

Viertes Kapitel - Die Franken

Fünftes Kapitel - Mohammed

Sechstes Kapitel - Die Eroberungszüge der Araber

Siebentes Kapitel - Verfall des arabischen Reiches

Achtes Kapitel - Innerer Zustand des morgenländischen Reiches

Neuntes Kapitel - Religionswirren

Zehntes Kapitel - Die Barbaren Osteuropas

Elftes Kapitel - Die Normannen

Der Sieg des Islam, E. Gibbon

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN: 9783849646707

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Cover Design: basierend auf einem Flickr-Bild Happy Ramadan von rana ossama, lizenziert unter Creative Commons Lizenz Attribution-ShareAlike 2.0 Generic

Der Sieg des Islams

Zeittafel

395 n.Chr.    Teilung des römischen Weltreiches. Nach Theodosius' Tod Regierungsantritt seiner zwei Söhne: Arkadius im Osten, Honorius im Westen. Der oströmische Teil umfaßt Vorderasien, die griechischen Inseln und den Balkan.

408–450    Theodosius II., Sohn des Arkadius, gründet die Universität von Byzanz. Unter ihm erfolgt der Bau der theodosianischen Mauer und die Abwehr der Hunnen.

450–457    Marcian, Gatte der Pulcheria, Schwester Theodosius' II. Mit ihr erlischt die spanische Dynastie.

457–491   Erste isaurische Herrschaft: Leo I., Leo II., Zeno. Unter diesem Belehnung Theoderichs und Odoakers mit der Herrschaft über Italien.

518–565    Justinian und Theodora. Gotenkrieg. Vandalenkrieg. Das Reich unter einem Kaiser reicht wieder vom Atlantik bis nach Persien. Justinianische Gesetzgebung. Theodoras Versöhnungspolitik mit den Monophysiten.

570    Geburt Mohammeds in Mekka.

602–610    Nach Ermordung des Mauricius Usurpation durch Phocas.

610    Erstes Auftreten Mohammeds.

610–717    Die Herakliden. Armenische Dynastie. Heraklius schlägt die Avaren; sein Monotheletismus ist der letzte vergebliche Versuch, mit den Monophysiten einen Ausgleich zu finden.

622    Übersiedlung Mohammeds nach Medina.

624    Mohammed besiegt die Koraischiten in der Schlacht bei Bedr.

627    Heraklius vernichtet das Sassanidenreich der Perser in der Schlacht bei Ninive.

630    Mohammed erobert Mekka.

632    Tod Mohammeds.

633    Erster Einbruch des Islams.

632–634    Nachfolger (Kalif) Mohammeds: Abubeker.

634–656    Die Kalifen Omar und Othman. Islamische Heere dringen weit über die arabische Halbinsel hinaus.

651    Ausdehnung des islamischen Reiches vom Oxus bis zur großen Syrte.

657    Begründung der Dynastie der Ommijaden mit Residenz in Damaskus.

717–843    Der Bilderstreit.

717–820    Zweite isaurische Dynastie. Leo III., der Isaurier, erobert Teile Kleinasiens.

749    Sturz dieser Dynastie durch Abul Abbas es-Saffach, Stifters der Dynastie der Abbassiden mit dem Sitz in Bagdad.

711    Die Abbassiden zerstören das Westgotenreich, übersetzen nach Spanien und dringen in Frankreich ein.

732    Niederlage durch Karl Martell.

820–867    Phrygische Dynastie mit Michael II.

843    Theodora führt die Bilderverehrung wieder ein.

860    Erster Angriff der Russen auf Konstantinopel.

867–1056    Mazedonische Dynastie. Kleinasien und Syrien wird zurückerobert, Vernichtung des Bulgarenreiches unter Basilius II.

842–867    Michael III.

867–886    Basilius I., Gründer der mazedonischen Dynastie.

919–947    Regierung seines Enkels Konstantin VII., »Porphyrogenetos«. Bekehrung der Russen zur Orthodoxie.

963–969    Regierung des Nicephorus Phocas und Gemahlin Theophano, deren gleichnamige Tochter mit dem deutschen Kaiser Otto II. vermählt ist. Phocas besiegt die Araber und erobert Kreta wieder im Namen des minderjährigen Basilius' II.

969–976    Regierung Johann Zimizes im Namen Basilius' II.

976–1025    Basilius II., »Bulgarocrator«, Vernichter der Bulgaren. Seine Regierung ist der Höhepunkt byzantinischer Macht und Wohlfahrt.

1027    Eroberung von Unteritalien und Sizilien.

1054    Trennung von Ost- und Westkirche.

1056    Ende der mazedonischen Dynastie mit dem Tode Theodoras.

1056–1204    Dynastie der Komnenen.

1056–1081    Zeit der Unruhen unter Isak Komnenos, Konstantin X., Ducas, Romanus Diogenes, Michael VII., Ducas, Botaniates.

1071    Schlacht bei Manzikert, Sieg der Seldschuktürken, Verlust der kleinasiatischen Provinzen.

1081    Alexius I., Komnenus wird gekrönt. Es folgt das »Jahrhundert der Komnenen« mit vier Kaisern aus diesem berühmten Haus.

1097    Der erste Kreuzzug.

1118    Johann II., »Kalos«, folgt seinem Vater Alexius I. auf den Thron.

1130    Roger II., König beider Sizilien.

1143    Tod Johanns II. Sohn Manuels I. wird gekrönt. Er regiert 1143–1180.

1147    Zweiter Kreuzzug.

1185    Ende der Komnenen unter Andronikus. Die Dynastie der Angeli beginnt mit Isak II.

1189    Das Normannenreich in Unteritalien wird staufisch.

1190    Dritter Kreuzzug unter Friedrich Barbarossa.

Erstes Kapitel - Umwälzungen in Persien

Absetzung des Tyrannen Hormuz. – Usurpation Bahrams. – Flucht und Wiedereinsetzung Chosroes II. – Seine Dankbarkeit gegen die Römer. – Der Chagan der Avaren. – Empörung des Heeres gegen Mauritius. – Sein Tod. – Tyrannei des Phocas. – Erhebung des Heraklius. – Der persische Krieg. – Chosroes unterjocht Syrien, Ägypten und Kleinasien. – Belagerung von Konstantinopel durch die Perser und Avaren. – Feldzüge gegen Persien. – Sieg und Triumph des Heraklius

Der Kampf zwischen Rom und Persien verlängerte sich vom Tode des Crassus bis zur Regierung des Heraklius. Siebenhundertjährige Erfahrung hätte die eifersüchtigen Nationen von der Unmöglichkeit überzeugen sollen, ihre Eroberungen jenseits der ihnen vom Schicksal bestimmten Grenzen des Tigris und des Euphrats zu behaupten. Aber der Wetteifer Trajans und Julians wurde durch die Trophäen Alexanders angestachelt, und die Beherrscher von Persien hegten die ehrgeizige Hoffnung, das Reich des Cyrus wiederherzustellen. So außerordentliche Anstrengungen der Macht und des Mutes werden stets die Aufmerksamkeit der Nachwelt fesseln; aber die Ereignisse, durch die das Schicksal der Nationen nicht wesentlich verändert wird, hinterlassen nur einen schwachen Eindruck in der Geschichte und die Geduld des Lesers würde durch die Wiederholung des Einerleis von Feindseligkeiten ermüdet werden, die ohne Ursache begonnen, ohne Ruhm fortgesetzt und ohne Wirkung beendet wurden. Die dem einfach denkenden Senate und der Größe der Cäsaren unbekannten Künste der Unterhandlung wurden von den byzantinischen Fürsten emsig gepflegt. Ihre Denkschriften über die Gesandtschaften reden gleichförmig immer nur mit Falschheit und Schönrednerei von dem Übermut der Barbaren und dem knechtischen Charakter der zinspflichtigen Griechen. Ich habe mich bestrebt, die Darstellung dieser uninteressanten Vorgänge zusammenzudrängen. Der gerechte Nushirwan wird zwar noch immer als das Muster orientalischer Könige gepriesen, doch die Ehrsucht seines Enkels Chosroes bereitete die Umwälzung des Morgenlandes vor, die durch die Waffen und die Religion der Nachfolger Mohammeds schleunigst bewerkstelligt wurde.

Griechen und Barbaren warfen einander in unnützen Wortstreitigkeiten gegenseitig die Verletzung des Friedens vor, der ungefähr vier Jahre vor dem Tode Justinians zwischen den beiden Reichen geschlossen worden war. Der Souverän von Persien und Indien strebte die Provinz Yemen oder Arabia Felix unter seihe Herrschaft zu bringen, das Land der Myrrhen und des Weihrauchs, das den Eroberern des Orients zu entlegen war, als daß es den gleichen Widerstand geleistet hätte. Nach der Niederlage Abrahahs unter den Mauern von Mekka verschaffte die Zwietracht seiner Söhne und Brüder den Persern leicht Eingang; sie jagten die Fremdlinge aus Abessinien über das Rote Meer zurück, und ein eingeborener Fürst der alten Homeriten wurde als Vasall oder Vizekönig des großen Nushirwan wieder auf den Thron gesetzt. Aber der Neffe Justinians erklärte seinen Entschluß, die Unbilden seines christlichen Verbündeten, des Fürsten von Abessinien, zu rächen, weil ihm dies einen Vorwand gab, die Zahlung des jährlichen, durch den Namen eines Gehaltes nur zu armselig verschleierten Tributes, einzustellen. Die Kirchen von Persarmenien wurden durch die unduldsamen Magier unterdrückt; sie riefen insgeheim den Beschützer der Christen an, und nach dem als fromm angesehenen Morde an ihren Satrapen wurden die Empörer offen als Brüder und Untertanen des römischen Kaisers anerkannt und unterstützt. Die Klagen Nushirwans blieben von dem byzantinischen Hofe unbeachtet, Justinus gab dem Drängen der Türken nach, die ein Bündnis gegen den gemeinsamen Feind antrugen, und zu gleicher Zeit wurde die persische Monarchie von den vereinten Streitkräften von Europa, Skythien und Äthiopien bedroht. Als achtzigjähriger Greis würde der Souverän des Ostens vielleicht den friedlichen Genuß seines Ruhmes und seiner Größe vorgezogen haben; sobald der Krieg aber unvermeidlich geworden, zog er mit der frischen Kraft der Jugend ins Feld, während der Angreifer im Palaste von Konstantinopel zitterte. Nushirwan oder Chosroes leitete in Person die Belagerung von Dara, und obwohl diese wichtige Festung von Truppen und Vorräten entblößt worden war, widerstanden doch die tapferen Einwohner über fünf Monate den Bogenschützen, Elefanten und Kriegsmaschinen des Großkönigs. Inzwischen rückte sein Feldherr Adarman von Babylon vor, durchzog die Wüste, ging über den Euphrat, griff die Vorstädte von Antiochien an, verwandelte die Stadt Apamea in Asche und brachte die Beute von Syrien seinem Gebieter, dessen Beharrlichkeit mitten im Winter endlich das Bollwerk des Ostens stürzte. Aber diese Verluste, welche die Provinzen und den Hof in Bestürzung versetzten, brachten eine heilsame Wirkung, die Reue und Abdankung des Kaisers Justinus, hervor; ein neuer Geist belebte den byzantinischen Rat und durch die Klugheit des Tiberius kam ein dreijähriger Waffenstillstand zustande. Diese willkommene Ruhezeit wurde zu Kriegsrüstungen benutzt und es lief das Gerücht durch die Welt, daß aus den fernen Ländern jenseits der Alpen und des Rheins, aus Skythien, Mösien, Pannonien, Illyrien und Isaurien die kaiserliche Reiterei um hundertfünfzigtausend Krieger verstärkt worden sei. Der König von Persien aber beschloß, ohne Furcht oder ohne Worttreue dem Angriffe seines Feindes zuvorzukommen, ging abermals über den Euphrat und gebot hochmütig den Gesandten des Tiberius, indem er sie fortschickte, seine Ankunft in Cäsarea, der Hauptstadt der kappadozischen Provinzen, zu erwarten. Die beiden Heere trafen in der Schlacht von Melitene aufeinander. Die Barbaren, die Luft mit einem Pfeilregen verdunkelnd, verlängerten ihre Linie und dehnten ihre Flügel über die Ebene aus, während die Römer in tiefen und gedrängten Haufen im Handgemenge durch die Wucht ihrer Schwerter und Lanzen die Oberhand zu behalten hofften. Ein skythischer Anführer, der ihren rechten Flügel befehligte, schwenkte plötzlich um die Flanke des Feindes, griff dessen Nachhut im Angesichte Chosroes an, drang in die Mitte des Lagers, plünderte das königliche Zelt, entweihte das ewige Feuer und belud einen Zug Kamele mit der Beute Asiens. Dann brach er sich Bahn durch die persischen Scharen und kehrte mit Siegesgesängen zu seinen Freunden zurück, die den Tag in Einzelgefechten oder unerheblichen Scharmützeln hingebracht hatten. Die Finsternis der Nacht und die getrennte Aufstellung der Römer gaben dem persischen Monarchen Gelegenheit zur Rache und eines ihrer Lager wurde durch einen schnellen und ungestümen Angriff vernichtet. Aber der Verlust und das Bewußtsein der Gefahr veranlaßten Chosroes zu einem schleunigen Rückzuge; er verbrannte auf seinem Marsche die leere Stadt Melitene und schwamm, ohne für die Sicherheit seiner Truppen Sorge zu tragen, auf dem Rücken eines Elefanten sitzend, kühn über den Euphrat. Nach diesem unglücklichen Feldzuge zwang ihn der Mangel an Lebensmitteln und vielleicht auch ein Einbruch der Türken, seine Streitkräfte aufzulösen oder zu teilen. Die Römer blieben Meister des Feldes. Ihr Feldherr Justinian zog den persarmenischen Rebellen zu Hilfe und pflanzte seine Fahne an den Ufern des Araxes auf. Der große Pompejus hatte drei Tagemärsche vom Kaspischen Meere Halt gemacht; dieses Binnenmeer wurde zum ersten Male von einer feindlichen Flotte befahren und siebzigtausend Gefangene wurden aus Hyrkanien nach der Insel Zypern geschafft. Bei Wiederkehr des Frühlings stieg Justinian in die fruchtbaren Ebenen von Assyrien nieder, der Krieg näherte sich der Residenz Nushirwans. Der entrüstete Monarch starb bald darauf (579). Sein letztes Gesetz verbot seinen Nachfolgern, ihre Person in einer Schlacht gegen die Römer auszusetzen.

Den Thron des Chosroes Nushirwan bestieg Hormuz oder Hormisdas, der älteste oder bevorzugteste seiner Söhne. Mit den Königreichen Persien und Indien erbte er den Ruhm und den Mut seines Vaters und erlangte die Dienste erfahrener und tapferer Beamten jedes Ranges und ein allgemeines Verwaltungssystem, das Zeit und politische Klugheit in jeder Weise festgefügt hatten, um das Glück des Fürsten und des Volkes zu fördern. Aber der junge König erfreute sich eines noch wertvolleren Schatzes, nämlich der Freundschaft eines Weisen, der seine Erziehung geleitet hatte und stets die Ehre dem Interesse seines Zöglings und dieses seiner Neigung vorzog. In einem Streite mit den griechischen und indischen Philosophen hatte Buzurg einst behauptet, daß größte Unglück im Leben sei ein hohes Alter ohne Erinnerung an ein tugendhaftes Leben, und wir dürfen mit Grund annehmen, daß ihn dieser Grundsatz antrieb, drei Jahre hindurch die Angelegenheiten des persischen Reiches zu leiten. Sein Eifer wurde durch die Gelehrigkeit und Dankbarkeit des Hormuz belohnt, der selbst gestand, daß er seinem Lehrer mehr verpflichtet sei als seinem Vater. Als aber Alter und Anstrengung seine körperlichen und vielleicht auch seine geistigen Fähigkeiten geschwächt hatten, zog sich der kluge Ratgeber vom Hofe zurück und überließ den jungen Monarchen seinen eigenen Leidenschaften und denen seiner Günstlinge. Infolge des unheilschwangeren Wechsels menschlicher Triebe erneuerten sich zu Ktesiphon dieselben Szenen, die sich in Rom nach dem Tode des Marcus Antonius ereigneten. Die von dem Vater verbannten Schmeichler und sittenlosen Kreaturen wurden von dem Sohne zurückberufen und geliebt, die Ungnade und Verweisung der Freunde Nushirwans befestigte ihre Tyrannei und die Tugend wurde allmählich aus der Seele des Hormuz, aus seinem Palaste und aus der Regierung des Staates vertrieben. Die treuen Kundschafter, die Augen und Ohren des Königs, setzten ihn von den Fortschritten der Unordnung in Kenntnis und berichteten, daß sich die vornehmsten Statthalter wie Löwen und Adler auf ihre Beute stürzten und daß ihre Raubtaten und Ungerechtigkeiten auch die treuesten Untertanen dahin brächten, Namen und Macht ihres Souveräns zu verabscheuen. Diese aufrichtigen Mitteilungen wurden mit dem Tode bestraft, das Gemurre der Städter verachtet und der Aufruhr durch ein kurzes Militärverfahren unterdrückt. Die vermittelnden Behörden zwischen Thron und Volk wurden abgeschafft, und kindische Eitelkeit ließ Hormuz, der die Tiara alltäglich trug, häufig sagen, er allein wolle ebenso der Richter wie der Herr seines Reiches sein. In jedem Worte, jeder Handlung wich Nushirwans Sohn von der Art seines Vaters ab. In seiner Habsucht betrog er die Truppen und in launenhafter Eifersucht setzte er die Satrapen ab. Der Palast, die Gerichtshöfe, die Gewässer des Tigris waren von dem Blute Unschuldiger befleckt, und der Tyrann freute sich der Leiden und über die Hinrichtung von dreizehntausend Opfern. Er ließ sich zuweilen, um seine Grausamkeit zu entschuldigen, zu der Bemerkung bewegen, daß die Besorgnisse der Perser Haß erzeugen und ihr Haß mit Empörung enden müsse; aber er vergaß, daß seine eigene Schuld und Torheit die Gefühle eingeflößt hatten, die er beklagte und das Ereignis vorbereiteten, das er mit so viel Recht fürchtete. Durch lange Tyrannei erbittert, hißten die Provinzen Babylonien, Susa und Carmanien die Fahne des Aufruhrs und die Fürsten von Arabien, Indien und Skythien verweigerten Nushirwans unwürdigem Nachfolger den gewöhnlichen Tribut. Die Römer suchten durch langsame Belagerungen und häufige Einfälle die Grenzen von Mesopotamien und Assyrien heim; einer ihrer Feldherren gebärdete sich als Schüler Scipios und die Soldaten wurden durch ein Bild Christi zum Kriege gereizt, dessen mildes Antlitz vor einer Schlachtlinie nicht hätte gezeigt werden sollen. Zu gleicher Zeit ging der Großkhan an der Spitze von drei- oder vierhunderttausend Türken über den Oxus und überzog die östlichen Provinzen mit Krieg. Der unkluge Hormuz nahm ihre treulose und furchtbare Hilfe an. Die Städte von Khorasan oder Baktrien erhielten Befehl, ihre Tore zu öffnen. Der Marsch der Barbaren gegen die Gebirge von Hyrkanien war also ein Beweis für das Einverständnis der Türken und Römer, deren Vereinigung den Thron des Hauses Sassan hätte stürzen müssen.

Persien war von einem Könige ins Verderben gestürzt worden, es wurde von einem Helden gerettet. Varanes oder Bahram wurde nach seiner Empörung von dem Sohne des Hormuz ein undankbarer Sklave genannt, ein hochmütiger und ungerechter Vorwurf des Despoten, da er in der Tat von den alten Fürsten von Rei abstammte, eine der sieben Familien, deren glänzende und wertvolle Vorrechte sie über die Häupter des persischen Adels erhoben. Bei der Belagerung von Dara hatte sich Bahram durch Tapferkeit unter Nushirwan ausgezeichnet, und er war sowohl vom Vater als vom Sohne nacheinander zum Kommando von Armeen, zur Statthalterschaft von Medien und zur Oberaufsicht des Palastes befördert worden. Die im Volke umlaufende Prophezeiung, die ihn als den Retter Persiens bezeichnete, mochte wohl durch seine früheren Taten und durch seine außerordentliche Gestalt eingegeben worden sein. Der Beiname Giubin drückt die Eigenschaft des trockenen Holzes aus; er besaß Stärke und Wuchs eines Riesen und man liebte es, sein grimmiges Antlitz mit dem einer wilden Katze zu vergleichen. Während das Volk zitterte, während Hormuz seinen Schreck durch das Wort Verdacht verschleierte und seine Diener ihre Abneigung unter der Maske der Furcht verbargen, zeigte Bahram allein seinen unerschrockenen Mut und seine scheinbare Treue, und als er sah, daß ihm nur zwölftausend Soldaten gegen den Feind folgen wollten, erklärte er kühn, daß der Himmel dieser geweihten Anzahl den Sieg vorbehalten habe. Die steilen und engen Abhänge des Pule Rudbar oder hyrkanischen Felsens sind der einzige Paß, durch den ein Heer in das Gebiet von Rei und die Ebenen von Medien dringen kann. Von den beherrschenden Höhen konnte ein Häuflein entschlossener Männer durch Steine und Pfeile die Myriaden der türkischen Heerscharen überwältigen; ihr Kaiser und sein Sohn wurden von Pfeilen durchschossen, und die Flüchtlinge blieben ohne Rat und Mundvorräte der Rache eines beleidigten Volkes überlassen. Der Patriotismus des persischen Feldherrn wurde aus Vorliebe für die Stadt seiner Altvordern angeregt. In der Stunde der Gefahr war jeder Bauer ein Soldat und jeder Soldat ein Held, und ihr Eifer wurde noch durch den prächtigen Anblick von Betten, Thronen und Tischen aus massivem Gold, die Beute Asiens und die Üppigkeit des feindlichen Lagers entzündet. Auch ein Fürst von minder bösartigem Charakter hätte seinem Wohltäter nicht leicht verzeihen können. Der geheime Haß des Hormuz aber wurde noch durch den boshaften Bericht vergiftet, daß Bahrain insgeheim die kostbarsten Früchte des Sieges über die Türken für sich behalten habe. Allein das sich von der Seite des Araxes nähernde römische Heer zwang den unversöhnlichen Tyrannen zu freundlichem Lobe, und die Mühen Bahrains wurden durch die Erlaubnis belohnt, einem neuen durch Kriegskunst und Heereszucht furchtbareren Feinde, als es die skythischen Scharen gewesen waren, entgegen zu ziehen. Durch seinen noch frischen Sieg stolz gemacht, schickte er einen Herold mit einer trotzigen Herausforderung in das Lager der Römer und verlangte, daß sie einen Tag zur Schlacht bestimmen und wählen sollten, ob sie selbst über den Fluß gehen oder den Streitkräften des Großkönigs freien Übergang gestatten wollten. Der Feldherr des Kaisers Mauritius zog das für ihn Vorteilhaftere vor, und dieser Umstand, der den Sieg der Perser hätte erhöhen sollen, machte ihre Niederlage nur umso blutiger und entscheidender. Aber die Schmach seines persönlichen Feindes überwog den Verlust an Untertanen und die Gefahr des Reiches in der Seele des Hormuz, und kaum hatte Bahram seine Streitkräfte wieder gesammelt und gemustert, so empfing er durch einen königlichen Boten das schimpfliche Geschenk einer Spindel, eines Spinnrades und eines vollständigen Frauenanzuges. Gehorsam dem Willen seines Souveräns zeigte er sich den Soldaten in dieser unwürdigen Vermummung. Sie empfanden die Schmach als ihre eigene, der Ruf der Empörung lief durch die Reihen und sie schworen ihrem Feldherrn Treue und dem König Rache. Ein zweiter Bote, der den Befehl hatte, den Rebellen in Ketten zu bringen, wurde von einem Elefanten zertreten. Man setzte emsig Manifeste in Umlauf, welche die Perser aufforderten, ihre Freiheit gegen einen hassenswerten und verächtlichen Tyrannen zu verteidigen. Der Abfall ging schnell vor sich und war allgemein; seine treuen Sklaven wurden der Volkswut geopfert, die Truppen gingen zu Bahrams Fahne über und die Provinzen begrüßten ihn abermals als Befreier seines Vaterlandes.

Da die Pässe treu bewacht wurden, konnte Hormuz die Zahl seiner Feinde nur nach seinem Gewissen und dem täglichen Abfalle derjenigen berechnen, die in den Stunden seiner Bedrängnis ihre Unbilden rächten oder ihre Verpflichtungen vergaßen. Er entfaltete stolz die Abzeichen der königlichen Würde, aber Stadt und Land von Modain waren bereits den Händen des Tyrannen entwunden. Unter den Opfern seiner Grausamkeit war Bindoes, ein sassanidischer Fürst, in den Kerker geworfen worden. Er brach mit Hilfe seines mutigen Bruders seine Fesseln und stand an der Spitze jener nun ihm treuen Wachen, die zu seinen Kerkermeistern, vielleicht zu seinen Henkern gewählt worden waren. Durch das plötzliche Eindringen und die kühnen Vorwürfe des Gefangenen in Bestürzung versetzt, suchte Hormuz Rat und Beistand in seiner Umgebung, aber umsonst; er entdeckte endlich, daß seine Macht im Gehorsam gegen andere bestand und folgte geduldig Bindoes, der ihn vom Throne in denselben Kerker schleppte, den er noch vor so kurzer Zeit innegehabt hatte. Während der ersten Wirren entfloh Chosroes, der älteste von Hormuz Söhnen, aus der Stadt; er ließ sich aber durch die dringende und freundliche Aufforderung Bindoes, der versprach, ihn auf den Thron seines Vaters zu erheben, zur Rückkehr bewegen. In der gerechten Zuversicht, daß seine Mitschuldigen weder selbst verzeihen, noch auf Verzeihung hoffen könnten, und daß man jedem Perser als dem Richter und Feinde des Tyrannen trauen dürfe, hielt er ein öffentliches in den Annalen des Ostens sowohl vorher als nachher unerhörtes Gericht. Der Sohn Nushirwans, der gebeten hatte, zu seiner eigenen Verteidigung sprechen zu dürfen, wurde als Verbrecher in die Versammlung der Edlen und Satrapen geführt. Man hörte ihm mit Aufmerksamkeit zu, solange er sich über die Vorteile der Ordnung und des Gehorsams, die Gefahr der Neuerungen und die unvermeidliche Zwietracht derjenigen verbreitete, die sich gegenseitig aufgemuntert hatten, ihren rechtmäßigen und erblichen Souverän abzusetzen. Durch eine pathetische Berufung auf ihre Menschlichkeit nötigte er ihnen jenes Mitleid ab, das einem gefallenen König nur selten versagt wird, und als sie die herabwürdigende Stellung und das schmutzige Aussehen des Gefangenen, seine Tränen, seine Ketten und die Spuren schimpflicher Schläge sahen, konnten sie nicht umhin sich zu erinnern, vor wie kurzer Zeit sie noch den göttlichen Glanz seines Diadems und Purpurs angebetet hatten. Ein zürnendes Gemurmel erhob sich aber in der Versammlung, als er es wagte, sein Benehmen zu rechtfertigen und die Siege seiner Regierung zu preisen. Er setzte die Pflichten eines Königs auseinander, und die persischen Großen hörten mit verächtlichem Lächeln zu. Entrüstung überkam sie, als er sich erdreistete, den Charakter Chosroes herabzusetzen und durch das unkluge Anerbieten auf das Zepter zugunsten seines zweiten Sohnes Verzicht leisten, unterzeichnete er seine eigene Verdammung und opferte das Leben eines unschuldigen Kindes. Die verstümmelten Leichen des Knaben und seiner Mutter wurden öffentlich zur Schau gestellt, die Augen des Hormuz mit einem glühenden Drahte ausgebrannt, und auf die Bestrafung des Vaters folgte die Krönung seines ältesten Sohnes. Chosroes hatte den Thron ohne Schuld bestiegen und er bestrebte sich mitleidig, das Elend des abgesetzten Monarchen zu erleichtern. Er ließ Hormuz aus dem Kerker in den Palast bringen, sorgte freigebig für seine sinnlichen Vergnügungen und ertrug mit Geduld die wütenden Ausbrüche seines Zornes und seiner Verzweiflung. Den Zorn eines blinden und verhaßten Tyrannen konnte er allerdings verachten, aber die Tiara schwankte auf seinem Haupte, solange es ihm nicht gelang, die Macht des großen Bahram, der unbeugsam die Rechtmäßigkeit einer Umwälzung, wobei er und seine Soldaten, Persiens echte Stellvertreter, gar nicht zu Rate gezogen worden waren, in Abrede stellte, entweder zu stürzen oder seine Freundschaft zu erwerben. Dem Anerbieten einer allgemeinen Amnestie und des zweiten Ranges im Königreich antwortete in einem Schreiben Bahram, der Freund der Götter, Besieger der Menschen, Feind der Tyrannen, Satrap der Satrapen, Feldherr der persischen Heere und eines mit den elf Tugenden geschmückten Fürsten. Er gebot Chosroes, dem Sohne des Hormuz, das Beispiel und Schicksal seines Vaters zu vermeiden, die Verräter, die von ihren Ketten befreit wurden, wieder einzukerkern, an irgendeinem heiligen Orte das Diadem, das er usurpiere, niederzulegen und von seinem gnadenreichen Wohltäter Verzeihung seiner Fehler und die Statthalterschaft einer Provinz anzunehmen. Der Rebell war nicht stolz und der König gewiß nicht demütig; aber jener handelte im Bewußtsein seiner Macht, dieser fühlte seine Schwäche und selbst die bescheidene Sprache in seiner Antwort ließ noch Raum zur Unterhandlung und Versöhnung. Chosroes führte die Sklaven des Palastes und den Pöbel der Hauptstadt ins Feld; sie erblickten mit Entsetzen die Banner eines alterprobten Heeres, wurden durch die schnellen Bewegungen des Feldherrn eingeschlossen und überrumpelt, und die Satrapen, die Hormuz abgesetzt hatten, empfingen die Strafe für ihre Empörung oder sühnten ihren ersten Verrat durch ein noch größeres Verbrechen der Treulosigkeit. Leben und Freiheit des Chosroes wurden geschont, aber er sah sich in die Notwendigkeit versetzt, in einem fremden Lande um Hilfe oder einen Zufluchtsort zu flehen. Der unversöhnliche Bindoes kehrte in dem Bestreben, sich unwiderruflich Anspruch auf den Thron zu erwerben, eilig in den Palast zurück und machte (590) durch einen Bogenschuß dem elenden Dasein des Sohnes Nushirwans ein Ende.

Während Chosroes die Vorbereitungen zu seinem Abzuge beschleunigte, beratschlagte er mit seinen noch übrigen Freunden, ob er in den Tälern des Kaukasusgebirges ein Versteck suchen oder zu den Zelten der Türken fliehen oder den Kaiser um Schutz anflehen sollte. Der lange Kampf der Nachfolger des Artaxerxes und Konstantin erhöhte sein Widerstreben an einem nebenbuhlenden Hofe als Bittender zu erscheinen. Er schätzte einigermaßen die Streitkräfte der Römer nach ihrer Stärke und bedachte klug, daß die Nähe von Syrien sein Entkommen erleichtern und ihre Hilfe wirksamer machen müsse. Nur von seinen Haremsfrauen und dreißig Soldaten der Leibwache begleitet, verließ er heimlich die Hauptstadt, folgte den Ufern des Euphrat, durchzog die Wüste und machte in einer Entfernung von zehn Meilen vor Circesium Halt. Um die dritte Nachtwache wurde der römische Präfekt von seiner Annäherung unterrichtet und geleitete den königlichen Fremden mit Anbruch des Tages in die Festung. Von da wurde der König von Persien nach der Residenz Hierapolis geführt, und Mauritius zeigte sich bei Empfang des Schreibens und der Gesandten des Enkels Nushirwans weder stolz noch hart, sondern bewies ihm sein Wohlwollen. Sie stellten ihm demütig die Wechselfälle des Glückes und das gemeinsame Interesse der Fürsten vor, übertrieben die Undankbarkeit Bahrams, des Werkzeugs des bösen Geistes, und machten mit glänzenden Gründen geltend. daß es im Interesse der Römer selbst liege, die beiden Monarchien zu stützen, welche die Welt im Gleichgewichte halten, die beiden großen Lichtkörper, durch deren heilsamen Einfluß sie belebt und geschmückt werde. Die peinliche Ungewißheit Chosroes wurde bald durch die Zusicherung behoben, daß der Kaiser die Sache der Gerechtigkeit und des Königtums zur seinigen gemacht habe. Mauritius lehnte aber kluger Weise der großen Ausgabe wegen seinen nutzlosen Besuch in Konstantinopel ab. Dem flüchtigen Fürsten wurde im Namen seines edelmütigen Wohltäters ein reiches Diadem und ein unschätzbares Geschenk an Juwelen und Gold übergeben; ein zahlreiches Heer wurde an den Grenzen von Syrien und Armenien unter dem Befehle des tapferen und getreuen Narses zusammengezogen. Dieser Feldherr, der sich selbst erboten hatte und vom Volke bestätigt worden war, wurde angewiesen, über den Tigris zu gehen und sein Schwert nicht eher in die Scheide zu stecken, als bis er Chosroes wieder auf den Thron seiner Ahnen gesetzt hätte. Die Unternehmung war trotz ihres Glanzes minder schwierig als es scheinen mochte. Persien bereute bereits die verderbliche Unbesonnenheit, die den Erben des Hauses Sassan einem ehrgeizigen, rebellischen Untertanen verraten hatte, und die kühne Weigerung der Magier, seine Usurpation zu heiligen, zwang Bahrain, das Zepter, ohne Rücksicht auf die Gesetze oder Vorurteile der Nation, zu ergreifen. Der Palast wurde bald durch Verschwörung, die Stadt und die Provinzen durch Aufruhr zerrüttet, und die grausame Hinrichtung der Schuldigen und Verdächtigen diente mehr zur Steigerung als zur Dämpfung der öffentlichen Unzufriedenheit. Kaum hatte der Enkel Nushirwans jenseits des Tigris seine eigenen und die römischen Fahnen entfaltet, als jeden Tag stets zunehmende Scharen der Edlen und des Volkes zu ihm stießen. Wie er vorrückte, empfing er von allen Seiten das willkommene Anerbieten zur Auslieferung der Schlüssel der Städte und der Häupter seiner Feinde. Sowie Modain von der Gegenwart des Usurpators befreit war, gehorchten die treuen Einwohner der ersten Aufforderung des Mebodes an der Spitze von nur zweitausend Reitern. Chosroes empfing den geheiligten und kostbaren Schmuck des Palastes als Pfand ihrer Aufrichtigkeit und als Zeichen seines herannahenden Triumphes. Nach der Vereinigung der kaiserlichen Truppen, die Bahram vergeblich zu hindern bestrebt gewesen war, wurde der Kampf in zwei Schlachten an den Ufern des Zab und an den Grenzen von Medien entschieden. Die Römer waren mit den getreuen Untertanen von Persien sechzigtausend Mann stark, während die Streitmacht des Usurpators sich nur auf vierzigtausend belief; die beiden Feldherren bewiesen ihre Geschicklichkeit und Tapferkeit, der Sieg wurde aber zuletzt durch das Übergewicht der Zahl und Heereszucht entschieden. Mit dem Reste einer geschlagenen Armee floh Bahram nach den östlichen Provinzen am Oxus. Die Feindschaft der Perser versöhnte ihn mit den Türken; aber seine Tage waren durch Gewissensbisse und Verzweiflung und durch das Andenken verlorenen Ruhmes vergiftet, vielleicht das schrecklichste aller Gifte, die das Leben verkürzen. Die jetzigen Perser preisen indes noch heute Bahrains Taten- und einige treffliche Gesetze haben seine stürmische und kurze Regierung überdauert.

Die Wiedereinsetzung Chosroes (591) wurde durch Feste und Hinrichtungen gefeiert und die Musik des königlichen Bankettes häufig durch das Stöhnen sterbender und verstümmelter Verbrecher gestört. Eine allgemeine Amnestie hatte zwar Trost und Ruhe über ein Land, das durch die neuerlichen Umwälzungen erschüttert worden war, gebracht. Bevor man aber den blutdürstigen Charakter Chosroes tadelt, sollte man zuerst untersuchen, ob die Perser nicht gewohnt waren, die Strenge ihres Souveräns zu fürchten oder seine Schwächen zu verachten. Die Empörung Bahrams und die Verschwörung der Satrapen wurden durch den rächenden oder gerechten Sieger ohne Unterschied bestraft; selbst Bindoes Verdienste vermochten seine Hand von der Schuld, königliches Blut vergossen zu haben, nicht zu reinigen und der Sohn des Hormuz wollte seine eigene Unschuld erhärten und die Heiligkeit der Könige kräftigen. Während der römischen Herrschaft waren mehrere Fürsten durch die Waffen und die Macht der ersten Kaiser auf den persischen Thron gesetzt worden. Ihre neuen Untertanen wurden aber immer bald der Laster oder Tugenden überdrüssig, die sie im Auslande eingesogen hatten, und die Untätigkeit ihrer Herrschaft gab zu dem Sprichworte Veranlassung, daß die Wahl Roms von dem launenhaften Leichtsinne der orientalischen Sklaven mit gleichem Eifer gesucht und verworfen würde. Aber der Ruhm des Mauritius leuchtete während der langen und glücklichen Regierung seines Sohnes und Bundesgenossen. Eine Schar von tausend Römern, welche Chosroes zu bewachen fortfuhren, bewies sein Vertrauen auf die Treue der Fremden; seine zunehmende Macht setzte ihn in den Stand, diese unpopuläre Hilfe aufzugeben, aber er bekannte unwandelbare Dankbarkeit und Ehrfurcht für seinen Adoptivvater, und bis zum Tode des Mauritius wurde der Frieden und das Bündnis zwischen den beiden Reichen treulich bewahrt. Die Söldlingsfreundschaft des römischen Fürsten jedoch war durch kostspielige und gewichtige Geschenke erkauft worden. Die festen Städte Martyropolis und Dara wurden zurückgegeben, ebenso wie die Gebiete der Persarmenier, willige Untertanen des Reiches, dessen östliche Grenzen sich weiter als in früheren Zeiten bis an die Ufer des Araxes und die Nähe des Kaspischen Meeres ausdehnten. Man hatte sich der frommen Hoffnung überlassen, daß sowohl die Kirche als der Staat bei dieser Umwälzung triumphieren würden. Wenn aber auch Chosroes den christlichen Bischöfen aufrichtig Gehör geschenkt hatte, so wurde der Eindruck durch den Eifer und die Beredsamkeit der Magier verwischt. War er dagegen mit philosophischer Gleichgültigkeit bewaffnet, so modelte er seinen Glauben oder vielmehr seine Bekenntnisse nach den verschiedenen Einstellungen eines Verbannten und eines Souveräns um. Die eingebildete Bekehrung des Königs von Persien beschränkte sich auf eine lokale und abergläubische Verehrung für Sergius, einen der Heiligen von Antiochia, der seine Gebete erhörte und ihm im Traume erschien; er bereicherte dessen Schrein mit Dankopfern in Gold und Silber und schrieb seinem unsichtbaren Beschützer den Erfolg seiner Waffen und die Schwangerschaft der Sira, einer frommen Christin und der geliebtesten seiner Frauen, zu. Die Schönheit der Sira oder Schirin, ihr Verstand und ihre musikalischen Talente sind noch in der Geschichte oder vielmehr in den Dichtungen der Orientalen berühmt; ihr Name drückt in der persischen Sprache Lieblichkeit und Anmut aus, und der Beiname Parviz spielt auf die Schönheit ihres königlichen Anbeters an. Sira teilte jedoch nie die Leidenschaft, die sie einflößte, und das Glück Chosroes wurde durch den eifersüchtigen Zweifel gemartert, daß sie, während er ihre Person besaß, ihre Neigung einem geringeren Geliebten zugewendet habe.

Während die Macht der Römer im Osten wieder auflebte, bietet Europa ein minder erfreuliches und minder rühmliches Schauspiel dar. Durch den Abzug der Langobarden und die Vernichtung der Gepiden war das Gleichgewicht der Macht an der Donau zerstört. Die Avaren dehnten ihre bleibende Herrschaft vom Fuße der Alpen bis an die Küste des schwarzen Meeres aus. Die Regierung Bajans ist die schönste Epoche ihrer Monarchie; ihr Chagan, der den einfachen Palast Attilas bewohnte, scheint dessen Charakter und Politik nachgeahmt zu haben; da sich aber dieselben Szenen in einem kleineren Kreise wiederholten, würde eine ausführliche Beschreibung der Größe und Neuheit des Originals entbehren. Der Stolz des zweiten Justinus, des Tiberius und Mauritius wurde durch einen Barbaren gedemütigt, der schneller zur Hand war, die Gewalttaten des Krieges auszuüben, als er selbst von ihnen erreicht werden konnte; und so oft die persischen Waffen Asien bedrohten, wurde Europa durch die gefährlichen Einfälle oder die kostspielige Freundschaft der Avaren unterdrückt. Wenn die römischen Gesandten sich der Residenz des Chagans näherten, erhielten sie Befehl, vor dem Throne seines Zeltes zu harren, bis es ihm vielleicht nach zehn oder zwölf Tagen gefiel, sie vorzulassen. So oft das Wesen oder die Abfassung der Botschaft ihn beleidigte, beschimpfte er mit wirklicher oder verstellter Wut ihre eigene Würde und die ihres Fürsten; ihr Gepäck wurde geplündert, und sie kamen mit dem Leben nur durch das Versprechen eines reicheren Geschenkes oder einer ehrfurchtsvolleren Anrede davon. Seine geheiligten Gesandten aber genossen und mißbrauchten in Konstantinopel eine grenzenlose Freiheit; sie drangen mit ungestümem Geschrei auf Erhöhung des Tributes oder auf Auslieferung der Gefangenen und Ausreißer, und die Majorität des Reiches wurde fast in gleichem Grade durch niedrige Nachgiebigkeit oder durch die falschen und furchtsamen Entschuldigungen geschändet, womit man ihren hochmütigen Forderungen auswich. Der Chagan hatte noch nie einen Elefanten gesehen. Die fremdartige, ja vielleicht fabelhafte Abbildung dieses wundervollen Tieres machte seine Neugier rege. Auf seinen Befehl wurde einer der größten Elefanten der kaiserlichen Ställe auf das stattlichste aufgezäumt und von einer zahlreichen Begleitung nach der königlichen Residenz in die Ebenen Ungarns geführt. Er betrachtete das ungeheure Tier mit Erstaunen, Ekel, vielleicht mit Entsetzen und lachte über den nichtigen Fleiß der Römer, die um solcher nutzlosen Seltenheiten willen die äußersten Grenzen des Landes und Meeres durchforschten. Er wünschte auf Kosten des Kaisers in einem goldenen Bette zu ruhen. Der Reichtum von Konstantinopel und die Geschicklichkeit und der Fleiß seiner Künstler wurden sogleich zur Befriedigung seiner Laune herangezogen; als aber das Werk vollendet war, wies er mit Verachtung ein der Majestät eines großen Königs so unwürdiges Geschenk zurück. Das waren zufällige Launen seines Stolzes. Die Habsucht des Chagans jedoch war eine größere Leidenschaft. Seidene Gewänder, Hausrat und Silbergeschirr, reiche und regelmäßige Lieferungen bewirkten es, daß in den Zelten der Skythen Kunst und Luxus zu herrschen begann. Ihr Appetit wurde durch den Pfeffer und den Zimt Indiens gereizt, die jährliche Summe der Hilfsgelder oder des Tributes von achtzig- bis hundertzwanzigtausend Pfund Goldes erhöht und nach jedem feindlichen Einbruch die Bezahlung der Rückstände nebst außerordentlich hohen Zinsen stets zur ersten Bedingung eines neuen Friedensvertrages gemacht. Der Avarenfürst klagte in der Sprache der Barbaren ohne Arg und Falsch über die Unaufrichtigkeit der Griechen, indessen stand er den meisten zivilisierten Nationen in der verfeinerten Verstellung und Treulosigkeit nicht nach. Als Nachfolger der Langobarden machte der Chagan auf die wichtige Stadt Sirmium, das alte Bollwerk der illyrischen Provinzen, Anspruch. Die Ebenen von Niederungarn bedeckten sich mit der Reiterei der Avaren, und eine Flotte großer Boote wurde in dem herkynischen Walde gebaut, um die Donau herabzufahren und die Materialien zu einer Brücke in die Save zu schaffen. Da aber die starke Besatzung von Singidunum, das den Zusammenfluß der beiden Ströme beherrscht, ihre Fahrt hätte hindern und seine Pläne vereiteln können, verscheuchte er ihre Besorgnis durch den feierlichen Eid, daß er keine feindlichen Absichten gegen das Reich hege. Er schwor bei seinem Schwerte, dem Symbole des Kriegsgottes, daß er nicht als Roms Feind eine Brücke über die Save baue. »Wenn ich meinen Eid breche«, fuhr der unerschrockene Bajan fort, »so möge ich selbst mit den Letzten meines Volkes durch das Schwert umkommen! Möge der Himmel und das Feuer, die Gottheit des Himmels, auf unsere Häupter fallen! Mögen die Wälder und Berge uns unter ihren Trümmern begraben und die Save gegen das Gesetz der Natur zu ihrer Quelle zurückkehren und uns mit ihren zornigen Wassern bedecken!« Nach dieser barbarischen Verwünschung fragte er ruhig, welcher Eid bei den Christen der heiligste und höchstgehaltene sei, welche Schuld des Meineides auf sich zu laden am gefährlichsten wäre. Der Bischof von Singidunum reichte ihm das Evangelium dar und der Chagan empfing es mit frommer Ehrfurcht. »Ich schwöre«, sagte er, »bei dem Gotte, der in diesem heiligen Buche gesprochen hat, daß weder Falschheit auf meiner Zunge noch Verrat in meinem Herzen ist.« Sowie er sich von seinen Knien erhoben hatte, beschleunigte er die Arbeiten an der Brücke und entsendete einen Boten, um zu verkünden, was er nicht länger zu verheimlichen wünschte. »Meldet dem Kaiser«, sprach der treulose Bajan. »daß Sirmium von allen Seiten eingeschlossen ist. Ratet ihm, die Bürger und ihre Habe wegzuschaffen und eine Stadt aufzugeben, deren Entsatz und Verteidigung jetzt gleich unmöglich ist.« Ohne Hoffnung auf Entsatz wurde aber die Verteidigung von Sirmium über drei Jahre ausgedehnt. Die Mauern standen noch unberührt, aber der Hunger war in die Stadt eingekehrt, bis eine gnädig gewährte Kapitulation den von allem entblößten und ausgemergelten Einwohnern abzuziehen gestattete. Das fünfzig Meilen davon entfernt liegende Singidunum erfuhr ein grausameres Schicksal. Die Gebäude wurden der Erde gleichgemacht und die besiegte Bevölkerung zur Sklaverei und Verbannung verdammt. Nichtsdestoweniger sind nicht einmal die Ruinen von Sirmium noch sichtbar. Die vorteilhafte Lage von Singidunum dagegen zog bald eine neue Kolonie Slaven herbei. Der Zusammenfluß der Sau und Donau wird durch die Befestigungen von Belgrad oder der weißen Stadt bewacht, um welche die Türken und Christen so oft und so hartnäckig gekämpft haben. Von Belgrad bis Konstantinopel mißt die Luftlinie sechshundert Meilen; diese Linie war mit Flammen und Blut bezeichnet. Die Pferde der Avaren badeten abwechselnd im Schwarzen und im Adriatischen Meere. Der römische Papst sah sich daher, aus Furcht vor der Annäherung eines noch wilderen Feindes veranlaßt, die Langobarden als die Beschützer von Italien zulieben. Die Verzweiflung eines Gefangenen, den sein Vaterland auszulösen sich weigerte, verriet den Avaren die Anfertigung und den Gebrauch der Kriegsmaschinen. Aber bei den ersten Versuchen waren sie noch roh gebaut und wurden ungeschickt gehandhabt. Der Widerstand der Bewohner und Soldaten von Diokletianopolis und Beröa, von Philippopolis und Adrianopel erschöpfte bald Kunst und Geduld der Belagerer. Bajan führte den Krieg als Barbar, nichtsdestoweniger war sein Herz empfänglich für menschliche und edle Gefühle. Er verschonte Anchialus, dessen Heilwasser die Gesundheit der geliebtesten seiner Frauen hergestellt hatte, und die Römer selbst gestehen ein, daß ihre hungernde Armee durch den großmütigen Feind mit Lebensmitteln versehen und entlassen worden war. Sein Reich dehnte sich über Ungarn, Polen und Preußen, von der Mündung der Donau bis zur Oder aus. Seine neuen Untertanen wurden durch die eifersüchtige Politik des Eroberers getrennt und in ein anderes Land versetzt. Die östlichen Länder Deutschlands, welche durch die Auswanderung der Vandalen fast unbewohnt waren, wurden von slavischen Kolonisten besetzt; man gewahrt dieselben Stämme in der Nachbarschaft des Adriatischen Meeres wie der Ostsee, und nebst dem Namen Bajans selbst findet man die illyrischen Städtenamen Neyss und Lissa im Herzen von Schlesien wieder. Bei Verteilung seiner Truppen und Provinzen setzte der Chagan die Vasallen, deren Leben er geringschätzte, dem ersten Angriff aus, und das Schwert des Feindes war schon abgestumpft, wenn es die angestammten Avaren selbst traf.

Das Bündnis mit Persien gestattete den Truppen des Ostens, zur Verteidigung von Europa wegzuziehen und Mauritius, der zehn Jahre lang den Übermut des Chagan ertragen hatte, erklärte seinen Entschluß, selbst gegen die Barbaren zu marschieren. Im Laufe von zwei Jahrhunderten war keiner der Nachfolger des Theodosius im Felde erschienen. Ihr Leben verging in träger Ruhe im Palaste von Konstantinopel, Die Griechen vermochten nicht mehr zu begreifen, daß der Titel Imperator in seinem ursprünglichen Sinne Oberhaupt der Heere der Republik bedeutete. Der würdevolle, schmeichelnde Senat, der furchtsame, abergläubische Patriarch und die in Tränen schwimmende Kaiserin Konstantina widersetzten sich seinem kriegerischen Eifer; sie alle beschworen ihn, die Beschwerden und Gefahren eines skythischen Feldzuges irgend einem Anführer von geringerem Range zu übertragen. Taub gegen ihren Rat und ihre Bitten rückte der Kaiser kühn bis auf sieben Meilen von der Hauptstadt vor; das heilige Kreuzzeichen erglänzte vor der Front, und Mauritius musterte mit stolzem Selbstbewußtsein die Waffen und die Scharen der Veteranen, die jenseits des Tigris gefochten und gesiegt hatten. Anchialus sah das Ziel seines Zuges zu Wasser und zu Land; er flehte ohne Erfolg um ein Wunder in seinen nächtlichen Gebeten; seine Seele wurde durch den Tod eines Lieblingspferdes, durch die Begegnung mit einem wilden Eber, einen Sturmwind mit Platzregen und die Geburt eines mißgestalteten Kindes in Schrecken gesetzt, und er vergaß, daß es das beste Vorzeichen ist, wenn man das Schwert zur Verteidigung des Vaterlandes zieht. Unter dem Vorwande, die Gesandten von Persien zu empfangen, kehrte er nach Konstantinopel zurück, vertauschte die Kriegsgedanken mit Andachtsübungen und täuschte die Erwartung des Volkes durch seine Abwesenheit wie durch die Wahl seiner Stellvertreter. Blinde Parteilichkeit brüderlicher Liebe mochte die Beförderung seines Bruders Petrus entschuldigen, der schmachvoll vor den Barbaren, vor seinen eigenen Soldaten und vor den Einwohnern einer römischen Stadt floh. Wenn wir der Ähnlichkeit des Namens und Charakters trauen dürfen, so war diese Stadt das berühmte Azimuntium, das allein den Weltstürmer Attila zurückgetrieben hatte. Das Beispiel, das ihre kriegerische Jugend gab, feuerte die nachfolgenden Geschlechter an. Ihr wurde durch den ersten oder zweiten Justin das ehrenvolle Vorrecht zuteil, daß ihre tapferen Bewohnet stets für die Verteidigung ihrer Vaterstadt aufgespart werden sollten. Der Bruder des Mauritius versuchte es, dieses Recht zu verletzen und eine Patriotenschar unter die Söldlinge seines Lagers zu mengen; jene zogen sich in die Kirche zurück, diese schreckte die Heiligkeit des Ortes nicht. Da erhob sich das Volk für ihre Sache. Die Tore wurden geschlossen, die Mauern bemannt und die Feigheit Peters kam seinem Hochmute und seiner Ungerechtigkeit gleich. Der kriegerische Ruf des Commentiolus ist mehr Gegenstand der Satire oder des Lustspiels als ernster Geschichte, denn es fehlte ihm sogar an der armseligen und allgemeinen Eigenschaft des persönlichen Mutes. Seine feierlichen Kriegsratversammlungen, seltsamen Hin- und Herzüge und geheimen Befehle dienten ihm stets zum Vorwand für irgendeine Verzögerung oder Flucht. Wenn er gegen den Feind rückte, waren ihm die schönen Täler des Hämusgebirges stets eine unübersteigliche Schranke, auf dem Rückzuge aber erforschte er die schwierigsten und unbetretensten Pfade, die kaum der älteste Eingeborene mehr kannte. Das einzige Blut, das er je verloren, wurde ihm während einer wirklichen oder erheuchelten Krankheit mit der Lanzette durch einen Wundarzt abgezapft. Er war so empfindlich, daß er, sobald die Barbaren sich näherten, krank wurde. Aber die Ruhe und Sicherheit der Winterquartiere stellten seine Gesundheit sofort wieder her. Ein Fürst, der diesen unwürdigen Günstling befördern und halten konnte, darf sich aus dessen Amtsgenossen Priscus zufälligem Verdienste keinen Ruhm zuschreiben. In fünf aufeinander folgenden, mit Geschicklichkeit und Entschlossenheit gekämpften Schlachten wurden siebzehntausendzweihundert Barbaren gefangen genommen und nahe an sechzigtausend nebst vier Söhnen des Chagan getötet. Der römische Feldherr überrumpelte einen friedlichen Bezirk der Gepiden, die unter dem Schutze der Avaren schliefen und errichtete seine letzten Siegeszeichen an den Ufern der Donau und Theiß. Seit Trajans Tode waren die Streitkräfte des Reiches niemals so tief in das alte Dazien eingedrungen. Aber der Erfolg des Priscus war vorübergehend und unfruchtbar, und er wurde bald infolge der Besorgnis zurückberufen, daß Bajan mit unerschrockenem Mute und verstärkter Heeresmacht sich anschicke, seine Niederlage unter den Mauern von Konstantinopel zu rächen.

Man war mit der Theorie des Krieges in den Lagern Cäsars und Trajans nicht vertrauter als in denen Justinians und Mauritius. Das Eisen von Toskana oder Pontus wurde noch immer von byzantinischen Arbeitern gehärtet. Die Magazine waren mit allen Arten von Angriffs- und Verteidigungswaffen reichlich gefüllt. In Bau und Handhabung der Schiffe, Maschinen und Befestigungen bewunderten die Barbaren die überlegene Einsicht eines Volkes, das sie so oft im Felde besiegten. Die Wissenschaft der Taktik, der Ordnungen und der Kriegslisten des Altertums fand sich in den Büchern der Griechen und Römer und wurde aus ihnen studiert. Aber die Verödung und Entartung der Bewohner der Provinzen konnte kein Geschlecht mehr liefern, um diese Waffen zu führen, diese Mauern zu bewachen, diese Schiffe zu steuern und die Theorie des Krieges in kühne und erfolgreiche Praxis zu verwandeln. Das Gebiet des Belisar und Narses war, ohne daß diese Lehrer gehabt hatten, erobert worden und ging verloren ohne Schüler. Weder Ehre, noch Vaterlandsliebe, noch hochherziger Glaube konnten die schlaffen Körper der Sklaven und Ausländer beleben, die den Legionen in ihren Auszeichnungen gefolgt waren; nur im Lager hätte der Kaiser despotisch herrschen sollen, nur im Lager gehorchte man seiner Macht nicht, sondern höhnte sie. Er beschwichtigte und entflammte mit Gold die Zügellosigkeit der Truppen; aber ihre Laster waren eingefleischt, ihre Siege zufällig und ihre kostspielige Unterhaltung erschöpfte das Mark eines Staates, den sie zu verteidigen unfähig waren. Nach langer und verderblicher Nachsicht unternahm Mauritius die Heilung dieses eingewurzelten Übels; aber der unbesonnene Versuch, der das Verderben auf sein eigenes Haupt niederzog, verschlimmerte nur den Zustand. Ein Reformator soll vom Verdachte des Eigennutzes frei sein und muß die Achtung und das Vertrauen derjenigen besitzen, die er bessern will. Die Truppen des Mauritius hätten vielleicht auf die Stimme eines siegreichen Anführers gehört; sie verachteten die Ermahnungen von Staatsmännern und Sophisten, und als ihnen ein Edikt kundgemacht wurde, das von ihrem Solde den Preis der Waffen und Kleidung abzog, verwünschten sie die Habsucht eines gegen die Beschwerden und Gefahren, denen er selbst entflohen war, unempfindlichen Fürsten. Die Lager sowohl Asiens wie Europas wurden durch häufige und wütende Aufstände erschüttert. Die rasenden Soldaten von Edessa verfolgten mit Vorwürfen und Drohungen ihre bebenden Anführer, brachten ihnen Wunden bei, stürzten die Statuen des Kaisers um, warfen Steine nach dem wundertätigen Bilde Christi und warfen entweder das Joch aller Zivil- und Militärgesetze ab oder führten die gefährliche freiwillige Subordination ein. Der Monarch, stets fern und häufig getäuscht, war nie imstande, den Erfordernissen des Augenblickes durch Nachgeben oder Standhaftigkeit gerecht zu werden. Aber die Furcht vor einer allgemeinen Empörung verleitete ihn zu leicht, die nächste tapfere Tat oder irgendeinen Beweis von Treue als Sühne für das Verbrechen der Menge gelten zu lassen. Er schaffte die neue Reform ebenso eilig ab, als er sie begonnen hatte, und statt Strafe und Einschränkung zugesprochen zu erhalten, wurden die Truppen durch eine gnadenreiche Ankündigung von Vorrechten und Belohnungen angenehm überrascht. Die Soldaten nahmen jedoch ohne Dank die verspäteten und unwillig gebotenen Geschenke des Kaisers an; ihr Hochmut wurde durch die Entdeckung seiner Schwäche und ihrer eigenen Stärke gesteigert, und ihr Haß überstieg jeden Wunsch nach Verzeihung und jede Hoffnung auf Aussöhnung. Die Geschichtsschreiber jener Zeiten huldigen der Meinung des Volkes, daß Mauritius damit umging, die Truppen aufzureiben, die er zu reformieren versucht hatte; das falsche Verhalten und die Gunst des Comentiolus werden diesem unheilvollen Plane zugeschrieben. Jedes Zeitalter muß die Unmenschlichkeit oder Habsucht eines Fürsten verdammen, der durch das geringe Lösegeld von sechstausend Goldstücken die Niedermetzelung von zwölftausend in der Gewalt des Chagans befindlichen Gefangenen hätte verhindern können. Als es auf dem Höhepunkte seiner gerechten Entrüstung angelangt war, erhielt das Heer an der Donau Befehl, die Magazine der Provinz zu schonen und Winterquartiere in dem feindlichen Lande der Avaren aufzuschlagen. Das Maß der Unbilden war voll. Die Soldaten erklärten Mauritius für unwürdig zu regieren, vertrieben seine getreuen Anhänger oder metzelten sie nieder und kehrten unter dem Befehle des Phocas, eines bloßen Centurio, in Eilmärschen in die Nachbarschaft von Konstantinopel zurück (Oktober 602). Nach einer langen Reihe rechtmäßig zum Throne gelangter Herrscher wurden die militärischen Unordnungen des dritten Jahrhunderts wieder aufgefrischt; so groß war aber die Neuheit eines solchen Beginnens, daß die Aufrührer durch ihre eigene Verwegenheit eingeschüchtert wurden. Sie zögerten, ihren Liebling mit dem Purpur zu bekleiden, und während sie alle Unterhandlungen mit Mauritius selbst zurückwiesen, unterhielten sie einen freundschaftlichen Verkehr mit seinem Sohne Theodosius und mit Germanus, dessen Schwiegervater Phocas bisher eine so untergeordnete Stellung eingenommen hatte, daß der Kaiser nicht einmal den Namen und Stand des Nebenbuhlers kannte; als er aber erfuhr, daß der Centurio, obschon ein kühner Anführer, furchtsam angesichts der Gefahr wäre, rief der verzweifelte Fürst aus: »Ach! Wenn er ein Feigling ist, wird er sicher ein Mörder sein!«

Wenn indessen Konstantinopel fest und treu geblieben wäre, hätte der Mörder seine Wut gegen die Mauern auslassen können und das rebellische Heer würde durch die Klugheit des Kaisers allmählich aufgerieben oder zur Pflicht zurückgebracht worden sein. Bei den Zirkusspielen, die Mauritius mit ungewöhnlicher Pracht feierte, verbarg er seine Angst unter zuversichtlichem Lächeln und versuchte, um den Beifall der Parteien zu werben. Er schmeichelte ihrem Stolze, indem er von ihren Tribunen eine Liste von neunhundert Blauen und fünfzehnhundert Grünen annahm, die er als die festeste Stütze seines Thrones zu ehren vorgab. Seine Schwäche wurde durch ihre verräterische oder laue Unterstützung offenbar und beschleunigte nur seinen Fall; die grüne Partei stand insgeheim mit den Rebellen im Bunde und die blaue empfahl Milde und Mäßigung in einem Kampfe mit ihren römischen Brüdern. Die strengen Tugenden und die karge Lebensweise des Mauritius hatten ihm seit langer Zeit die Herzen seiner Untertanen entfremdet. Bei einem religiösen Umzüge, bei dem er barfuß mitging, wurde er mit Steinen beworfen, und die Leibwachen mußten zu ihren eisernen Streitkolben greifen, um seine Person zu verteidigen. Ein fanatischer Mönch rannte mit einem gezogenen Schwerte durch die Straßen und lud Gottes Zorn und Strafgericht auf das Haupt des Kaisers. Ein gemeiner Plebejer, der ihn und seine Tracht nachahmte, wurde auf einem Esel durch die Straßen geführt und von den Verwünschungen der Menge verfolgt. Der Kaiser sah mit Argwohn die Beliebtheit des Germanus bei Soldaten und Bürgern. Er zitterte, drohte, aber er verschob es immer wieder, den Staatsstreich zu wagen. Der Patrizier flüchtete in das Asyl einer Kirche, und das Volk erhob sich zu seiner Verteidigung. Die Wachen verließen die Mauern und gaben die Stadt den Flammen und der Plünderung preis. In einer kleinen Barke floh der unglückliche Mauritius mit seiner Gattin und neun Kindern nach der asiatischen Küste. Aber die Heftigkeit des Windes zwang ihn, bei der Kirche des heiligen Autonomus in der Nähe von Chalcedon zu landen. Von dort entsandte er seinen ältesten Sohn Theodosius zu dem persischen Monarchen, um Dankbarkeit und Freundschaft zu erbitten. Er selbst weigerte sich zu fliehen. Ischias folterte seinen Körper und sein Geist ward durch den Aberglauben geschwächt. Er erwartete geduldig den Ausgang der Revolution und richtete ein inbrünstiges und öffentliches Gebet zu dem Allmächtigen, ihn für seine Sünden lieber in dieser als in jener Welt zu strafen. Nach der Abdankung des Mauritius rechteten die beiden Parteien bei der Wahl eines Kaisers; aber der Liebling der Blauen unterlag der Eifersucht ihrer Gegner und Germanus selbst wurde von den Scharen mit fortgerissen, die nach dem sieben Meilen von der Stadt entfernten Palaste strömten, um dem Centurio Phocas zu huldigen. Dem bescheidenen Wunsche des Phocas, den Purpur dem verdienstvollen Germanus zu überlassen, widersprach dessen hartnäckigere und aufrichtigere Entschlossenheit, ihn anzunehmen. Senat und Geistlichkeit gehorchten seiner Aufforderung und sobald der Patriarch sich von seiner Rechtgläubigkeit überzeugt hatte, krönte er den glücklichen Usurpator in der Kirche des heiligen Johannes des Täufers. Am dritten Tage hielt Phocas unter den Jubelrufen des leichtsinnigen Volkes in einem mit vier weißen Pferden bespannten Wagen seinen öffentlichen Einzug. Er belohnte die Empörung der Truppen mit einem verschwenderischen Geschenk, und nachdem der neue Souverän den Palast besichtigt hatte, sah er von seinem Throne aus den Spielen im Hippodrom zu. In einem Streite über den Vorrang zwischen beiden Parteien neigte sich sein parteiisches Urteil zugunsten der Grünen. »Gedenke, daß Mauritius noch am Leben ist«, erscholl es von der entgegengesetzten Seite und dieses unkluge Geschrei nährte und stachelte die Grausamkeit des Tyrannen. Die Henker wurden nach Chalcedon entsandt; sie schleppten den Kaiser aus dem Heiligtume, und vor den Augen des schmerzdurchwühlten Vaters wurden die fünf Söhne des Mauritius nacheinander ermordet (27. November). Bei jedem Streiche, den er im tiefsten Herzen fühlte, fand er Kraft genug, den frommen Ausruf zu wiederholen: »Du bist gerecht, o Gott, und weise sind deine Gerichte!« So groß war noch im letzten Augenblick seine Wahrheit und Gerechtigkeit, daß er den Soldaten den frommen Betrug einer Amme entdeckte, die ihr eigenes Kind mit dem kaiserlichen Säugling vertauscht hatte. Das tragische Schauspiel schloß endlich mit der Hinrichtung des Kaisers selbst im zwanzigsten Jahre seiner Regierung und im dreiundsechzigsten seines Lebens. Die Leichen des Vaters und seiner fünf Söhne wurden ins Meer geworfen, ihre Häupter in Konstantinopel den Beschimpfungen oder dem frommen Mitleid der Menge ausgesetzt, und erst als die Fäulnis eintrat, gestattete Phocas ein stilles Begräbnis der Reste. Die Fehler und Irrtümer des Mauritius sanken mit ihm ins Grab. Bloß seines unglücklichen Schicksals gedachte man, und zwanzig Jahre danach wurde bei Vorlesung der Geschichte des Theophylact die traurige Erzählung von den Tränen der Zuhörer begleitet.

Unter der Regierung des Phocas, der in den Provinzen des Ostens und des Westens anerkannt wurde, mußten solche Tränen insgeheim fließen und dort wäre ein solches Mitleid verbrecherisch gewesen. Die Bilder des Kaisers und seiner Gemahlin Leontia wurden im Lateran und dem Senate von Rom zur Verehrung und später im Palaste der Cäsaren zwischen jenen Konstantins und des Theodosius aufgestellt. Als Untertan und Christ war es Gregors Pflicht, sich der bestehenden Regierung zu fügen. Aber der freudige Beifall, mit dem der Heilige das Glück des Mörders begrüßte, hat seinen Charakter mit unauslöschlicher Schmach bedeckt. Der Nachfolger der Apostel konnte mit geziemender Festigkeit auf die Blutschuld und auf die Notwendigkeit der Reue aufmerksam machen. Er begnügte sich, die Befreiung des Volkes und den Sturz des Unterdrückers zu feiern, sich zu freuen, daß der fromme und milde Phocas von der Vorsehung auf den kaiserlichen Thron erhoben worden war. Er betete, daß sein Arm gegen alle seine Feinde gestärkt werde. Außerdem wünschte und hoffte er zuversichtlich, daß er nach einer langen und siegreichen Regierung von dem zeitlichen in ein ewiges Königreich versetzt werden möge. Ich habe bereits den Verlauf einer nach Gregors Meinung dem Himmel und der Erde gleich wohlgefälligen Umwälzung erzählt. Phocas erscheint bei der Ausübung der Macht nicht minder hassenswert als bei ihrer Erwerbung. Der Griffel eines unparteiischen Geschichtsschreibers hat ihn folgendermaßen beschrieben: winzige ungestalte Figur, Ineinanderlaufen seiner buschigen Augenbrauen, rotes Haar, bartloses Kinn und eine durch eine furchtbare Narbe entstellte und entfärbte Wange. Der Wissenschaften, der Gesetze, sogar der Handhabung der Waffen unkundig, sah er in dem höchsten Range nur ein ausgedehnteres Vorrecht für Wollust und Völlerei, und seine viehischen Vergnügungen waren ebenso schmachvoll für ihn, als gefährlich für seine Untertanen. Ohne das Amt eines Fürsten zu übernehmen, verzichtete er auf den Beruf eines Kriegers. Die Regierung des Phocas brachte Europa schimpflichen Frieden und Asien verheerenden Krieg. Sein wilder Charakter wurde durch Leidenschaften entflammt, durch Furcht verhärtet und durch Widerstand oder Vorwürfe erbittert. Schnelle Verfolgung oder Betrug vereitelte die Flucht des Theodosius an den persischen Hof; er ward in Nizäa enthauptet und die letzten Stunden des jungen Fürsten wurden durch den Trost der Religion und das Bewußtsein seiner Unschuld gelindert. Aber sein Phantom störte die Ruhe des Thronräubers: im Osten lief das heimliche Gerücht um, der Sohn des Mauritius sei noch am Leben. Das Volk erwartete seinen Rächer, und die Witwe und die Töchter des verstorbenen Kaisers würden den Geringsten aller Sterblichen als Sohn und Bruder anerkannt haben. Bei der Niedermetzelung der kaiserlichen Familie hatte Phocas aus Erbarmen oder vielmehr aus Klugheit diese unglücklichen Frauen verschont. Sie wurden in einem anständigen Privathaus in Gefangenschaft gehalten. Aber die Kaiserin Konstantina, ihres Vaters, ihres Gatten, ihrer Söhne eingedenk, dürstete nach Freiheit und Rache. In tiefer Mitternacht entfloh sie zu dem Heiligtum der St. Sophienkirche. Aber weder ihre Tränen noch das Gold ihres Genossen Germanus vermochten einen Aufruhr zu erregen. Ihr Leben war der Rache, ja sogar den Gerichten verfallen. Der Patriarch erwirkte ihre Begnadigung und leistete eidliche Bürgschaft für sie; ein Kloster wurde ihr zum Gefängnisse bestimmt. Die Witwe des Mauritius nahm die Gnade seines Mörders an und mißbrauchte sie. Die Entdeckung oder der Argwohn einer zweiten Verschwörung entband Phocas seiner Verpflichtung und entfachte von neuem seine Wut. Eine Matrone, die auf die Achtung und das Mitleid der Menschen Anspruch hatte, die Tochter, Gattin und Mutter von Kaisern, wurde wie der gemeinste Verbrecher gefoltert, um ihr ein Bekenntnis ihrer Pläne und ihrer Mitschuldigen abzuzwingen. Hierauf wurde die Kaiserin Konstantina mit ihren drei schuldlosen Töchtern zu Chalcedon auf demselben Platze enthauptet, der mit dem Blute ihres Gemahls und ihrer fünf Söhne befleckt war. Nach einem solchen Vorgange ist es überflüssig, die Namen und Leiden der geringeren Schlachtopfer aufzuzählen. Ihrer Verurteilung ging selten ein förmlicher Prozeß voraus, und ihre Strafe wurde durch raffinierte Grausamkeit verschärft: man durchbohrte ihre Augen, riß ihnen die Zunge bei der Wurzel aus, schnitt ihnen Hände und Füße ab. Einige kamen unter der Geißel, andere in den Flammen um oder wurden mit Pfeilen erschossen. Ein einfacher, schneller Tod war eine nur selten zu erlangende Gnade. Der Hippodrom, die geheiligte Stätte der Vergnügungen und der Freiheit der Römer, wurde durch Häupter und Gliedmaßen und verstümmelte Leichen entehrt. Am meisten empfanden es die den Phocas umgebenden Personen, daß weder seine Gunst, noch Verdienste sie vor einem Tyrannen, dem würdigen Nebenbuhler eines Caligula oder Domitian der ersten Zeit des Kaiserreiches, zu schützen vermochten.