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Dieses Buch ist ein Begleiter auf dem Weg zu einer immer größeren inneren Freiheit und Tiefe. Wie ein persönlicher Freund begleitet es den Leser durch die verschiedenen Ebenen und Aspekte des Weisheitsweges. Anhand des Sonnenkreises, des Taoistischen Morgengrußes führt die Autorin Janine Bonk auf wunderschöne Weise durch die einzelnen Bewusstseinsschritte. Sie verbindet das Wissen verschiedener Weisheitsströmungen und offenbart einen wahrhaftigen, zeitgemäßen Weg. Das Buch kann zur Vertiefung des eigenen Entwicklungsprozesses verwendet werden, der Sonnenkreis bietet aber auch die besondere Möglichkeit, diese innere Tiefe in einer äußeren Bewegung zu erfahren und so den eigenen Bewusstseinsweg noch umfassender zu erleben. Die dem QiGong verwandte Bewegungsfolge kann dabei zu einer täglichen Unterstützung werden.
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Seitenzahl: 322
Inhalt
Vorwort
Einleitung – Der Kreis öffnet sich
Der Sonnenkreis – Weisheit in Bewegung
Übersicht: Der Sonnenkreis
Kapitelübersicht – Landkarte auf dem Bewusstseinsweg
Kapitel 1: Die Sonne geht auf
Der Beginn – in welcher Haltung begegne ich mir?
Meditation als Haltung im täglichen Leben
Von der Verwicklung zur Entwicklung
Der Sonnenkreis – „Die Sonne geht auf
Bewusstsein des Körpers
Kapitel 2: Zwischen Himmel und Erde
–
Bin ich
„Ich Bin" – Der Weg zu unserem wahren Selbst
Der Sonnenkreis – „Zwischen Himmel und Erde – Bin ich"
Kapitel 3: Ich öffne die Fenster – Herzöffnung
Herzöffnung – Demut & Anfängergeist
Herzöffnung – Der Weg aus der Wertung
Herzöffnung – Staunen: Der Weg aus den Automatismen
Herzöffnung – Wahre Begegnungen
Herzöffnung – Selbstfürsorge und Kräfte schöpfen
Herzöffnung – Selbstverantwortung
Herzöffnung – Dem Ruf folgen zur Berufung
Der Sonnenkreis – „Ich öffne die Fenster"
Kapitel 4: Und schaue mich um
Bewusstseinsarbeit – Arbeit am Weltbild
Weg des Wissenschaftlers
The Work von Byron Katie
Weltbild – bildet die Welt
Der Sonnenkreis – „Und schaue mich um"
Kapitel 5: Feuer und Wasser
Die Schichten des Diamanten
Schattenarbeit – Der Weg der Inneren Schmiede
Weg des Feuers & Weg des Wassers
Werkzeuge der Inneren Schmiede
Die Drei Siebe des Sokrates
Arbeiten mit inneren Aspekten und Anteilen
„Nicht persönlich nehmen"
Das Enneagramm
Der Sonnenkreis – „Feuer und Wasser"
Kapitel 6: Ich nehme, was ich brauche und mische es
Der Sonnenkreis – „Ich nehme, was ich brauche und mische es"
Kapitel 7: Es ist genug für alle da
Der Sonnenkreis – „Es ist genug für alle da"
Kapitel 8: Und ein kleiner Rest für die Blumen
Der Sonnenkreis – „Und ein kleiner Rest für die Blumen"
Kapitel 9: Der Lotus erblüht
Der Sonnenkreis – „Der Lotus erblüht"
Kapitel 10: Ich umarme meinen Tiger
Der Sonnenkreis – „Ich umarme meinen Tiger"
Kapitel 11: Und kehre ganz zu mir zurück
Der Sonnenkreis – „Und kehre ganz zu mir zurück"
Kapitel 12: In Achtung und Dankbarkeit mir und der Welt
Der Sonnenkreis – „In Achtung und Dankbarkeit"
Anhang – Der Kreis schließt sich
Bewegung: Der Sonnenkreis
Tabelle zum Enneagramm
Verzeichnis – Meditationen, Selbst-Erforschungen und Übungen
Literaturverzeichnis
Links & Kontakt
Über die Autorin
Ich möchte dich auf einem Bewusstseinsweg begleiten – einem Weg, der eigentlich kein Weg ist und der doch entsteht, indem du ihn gehst. Ich lade dich ein, dir selbst auf die Spur zu kommen, in eine wirkliche Freiheit hinein zu finden und in ein tiefes Erkennen und Erfahren zu gehen. Der Weg der Sonne, der Sonnenkreis wird dich in diesem Buch führen und du wirst viele persönliche Sonnenaufgänge erleben können.
Auf diesem Weg, den wir in diesem Buch gemeinsam gehen, wirst du all das an die Hand bekommen, was dich befähigt frei und glücklich zu werden. Und du hast die Freiheit, das zu nehmen, was für dich in diesem Moment am hilfsreichsten ist und die Schritte zu gehen, die für dich jetzt an der Zeit sind zu gehen. Es ist deine Wahl. Es gibt kein „Besser/Schlechter". Es geht nur darum, den nächsten Schritt ins Bewusstsein – ins bewusste Sein – zu gehen.
Dieses Buch möchte ich allen Menschen auf dem Weg widmen.
„Was im Ton übereinstimmt,
schwingt miteinander.
Was verwandt ist im Innersten,
das sucht einander."
(I Ging – Buch der Wandlungen)
Jeden Morgen geht die Sonne auf und mit ihr starten wir in unseren Tag. Manchmal etwas verschlafen, manchmal hellwach und in einigen wertvollen Augenblicken sind wir uns des einmaligen Geschenkes, das wir erleben, bewusst – das Geschenk des Lebens.
Wir öffnen die Augen, tauchen aus der Nacht wieder mit unserem Bewusstsein auf, nehmen uns selbst wahr und gehen mit all unseren Anteilen und Geschichten in den Tag. Ist dir schon einmal aufgefallen, welch ein Geschenk das ist? Es ist eben nicht selbstverständlich! Viele Menschen erleben diesen neuen Morgen nicht. Weltweit werden jeden Tag 150.000 Menschen nicht mehr am nächsten Morgen aufwachen. Wie arrogant wären wir, nähmen wir unser Leben als selbstverständlich und achteten es nicht. Aus dieser Perspektive klingt es fast absurd, dieses Geschenk nicht täglich, stündlich zu würdigen und es ganz zu ergreifen und zu gestalten. Wir können jeden Morgen feiern und voller Dankbarkeit und innerem Glück diesen Tag beginnen. Was mag wohl vor uns liegen? Welche Erlebnisse und Begegnungen warten auf uns? Jeder Tag ist wie ein Neuanfang, ja, eigentlich jeder Moment. Es ist, als ob wir die Seite eines Buches umblättern würden und eine neue weiße, unbeschriebene Seite aufschlagen würden, die darauf wartet, von uns beschrieben zu werden.
Blättern wir jetzt gemeinsam eine Seite um.
Jeder Mensch ist einmalig – nur du kannst deine Spur gehen
Die Spur, die wir auf diesen leeren Seiten hinterlassen, ist einzigartig! Sie ist durch niemanden kopierbar. Auch wir selbst können diesen einen Augenblick nicht wiederholen. In ihm liegt das Geheimnis, dass jeder Mensch, jeder Moment einmalig ist. Ja, jeder von uns ist einzigartig, ist seine ganz eigene Art. Nur du kannst deine Spur gehen. Wenn wir das ernst nehmen und zu Ende denken, erleben wir, wie in uns eine innere Achtung vor uns selbst und jedem anderen Menschen entsteht. Wir können einander ähneln, uns nachahmen, gleich anziehen und doch ist jeder einzigartig. Auch wenn uns teilweise suggeriert wird, wir wären alle identisch und leicht austauschbar, wissen wir tief in uns, dass dies nicht stimmt. Jeder Mensch hat einen einzigartigen Klang, der unvergleichbar ist.
Selbst-Erforschung: Klangwelten
Hast du dir schon einmal ein klassisches Musikstück von unterschiedlichen Orchestern und mit verschiedenen Dirigenten angehört? Der Komponist hat ganz exakte Angaben niedergeschrieben. Die Noten und Takte sind für jeden Musiker die gleichen, exakt in ihrer Wertigkeit und Höhe. Eigentlich dürfte es keinen Unterschied geben und doch können Welten zwischen zwei Aufnahmen liegen, sodass diese fast wie zwei unterschiedliche Musikstücke klingen. Wer selbst Musiker ist, weiß aus eigener Erfahrung, dass sich auch kein Instrument exakt gleich anhört und spielen lässt.
Probiere es selber einmal aus. Am besten hörst du dir ein paar unterschiedliche Aufnahmen desselben Musikstückes nacheinander an. Sehr gut eignen sich bekannte Stellen aus klassischen Werken, aber deinem Forscherdrang sind keine Grenzen gesetzt. Mit Hilfe von Streaminganbietern oder Internetvideos ist dies leicht machbar. Erlebe selbst – Dinge, die gleich klingen müssten, haben solch ein Spektrum!
Höre auf, „normal" zu sein und werde ganz du selbst
Vielleicht hast du in deiner Jugend schon einmal probiert, jemanden zu imitieren, versucht, genauso zu sein wie jemand anderes. Mit großer Sicherheit hast du es, wie hoch dein Einsatz auch war, doch nie ganz geschafft und bist gescheitert. Werde dir bewusst, dass es keinem anderen möglich ist, genauso zu sein wie du. Nur du kannst deinen Weg gehen, deine besondere Spur in dieser Welt hinterlassen. Wärst du nicht auf dieser Welt, würde etwas fehlen – es würde deine Spur, dein einmaliger Klang fehlen! Also höre auf, jemand anderes werden zu wollen. Höre auf, „normal" zu sein, anderen zu entsprechen, einem inneren Bild von Perfektion nachzujagen und werde ganz du selbst! Auf diesem Weg zu dir selbst möchte ich dich mit den Impulsen aus diesem Buch begleiten.
Wie du schon bemerkt hast, verwende ich die direkte „Du-Form". Dies tue ich ganz bewusst, da eine Höflichkeitsform nur unnötige Distanz schaffen würde. Im „Du" begegnen wir uns unmittelbarer. Du wirst auch merken, dass es dich viel schneller in ein Fühlen und Spüren führt. Daneben nutze ich häufig die „Wir-Form". Diese setze ich natürlich im Bewusstsein ein, dass kein Mensch dem anderen gleich ist, jeder Weg und jede Wahrnehmung ganz individuell und einzigartig ist. Gleichwohl gibt es Aspekte, die uns alle verbinden und Schritte, die wir alle, auf unsere ganz eigene Art, gehen. Bis dahin, dass wir in der Tiefe unserer Einzigartigkeit alle eins sind.
Dieses Buch soll dir ein Begleiter auf deinem Weg sein
Dieses Buch soll ganz für dich sein. Es soll weniger ein Ratgeber als ein Begleiter sein. Du kannst ganz lebendig mit ihm umgehen, entdecken, was dich inspiriert, aber auch Gedanken begegnen, die dir eher fremd sind oder dich herausfordern. Du kannst querlesen, Punkte herausnehmen, die in deiner aktuellen Lebenslage für dich wichtig sind, oder mit dem Verlauf des Buches wachsen, denn auch die Kapitel wachsen mit jedem weiteren Schritt und vertiefen sich in ihrer Weisheit. Wie bei der Wanderung auf den Berg, wird sich auch mit dem Bewusstseinsweg der Blick verändern und weiten. Es wird auch einen Unterschied machen, wenn du das Buch das erste, zweite oder dritte Mal liest. Bei jedem Lesen werden dir andere Dinge begegnen. Wie auch immer du mit diesem Buch arbeitest, achte beim Lesen auf deine Haltung und erlaube dir, nicht perfekt zu sein (siehe Kapitel 1). Nutze alles für dich. Wenn es dich zum Beispiel stört, dass ich an einer Stelle die „Wir-Form" verwende, dann ist das völlig in Ordnung und du kannst hin spüren, was dies in dir auslöst und weiterforschen, warum dies in dir eine Gegenwehr auslöst und welche Vorstellung, Erfahrung oder Sorge dem zugrunde liegt. Gehst du in dieser Art und Weise in den inneren Prozess, kannst du viel für dich gewinnen (siehe hierzu auch Kapitel 5 – „Innere Schmiede"). Dieses Buch soll ganz für dich sein, ein Begleiter, und dir dienen.
Den Bewusstseinsweg gehen
Was heißt es, den Bewusstseinsweg zu gehen? Das Wort schenkt uns die Antwort. Es ist der Weg zum bewussten Sein. Es ist der Weg, auf dem wir uns immer weiter entwickeln, freier werden, mehr und mehr zu uns selbst kommen, verstehen, wer wir wirklich sind und tiefer in die Weisheiten der Welt und des Kosmos eintauchen. Wir können ihn ebenso Weisheitsweg, Erkenntnisweg oder Entwicklungsweg nennen und an manchen Stellen verwende ich diese Synonyme. Häufig betone ich daher auch die „Erkenntnis". Ein wahres Erkennen ist allerdings viel mehr als ein Verstehen vom Verstand aus. Erkenntnis in diesem Zusammenhang benutzt, soll ein tiefes und allumfassendes Verstehen widerspiegeln. Ein wirkliches Begreifen, dass wir mit unserem Verstand erleben, welches wir fühlen und in jeder unserer Zellen wahrnehmen und spüren können. Erkenntnis ist Einsicht und Erfahrung gleichermaßen. Wir erleben sie in der Lebendigkeit unseres Körpers, im Fühlen und mit unseren bewusst geführten Gedanken. In der Erkenntnis finden sie im „Herz-Denken" zusammen. Vielleicht können wir es auch als spürend-fühlendes Wissen bezeichnen. Für mich ist Erkenntnis ein Ausdruck unserer Bewusstheit und gleichzeitig Werkzeug auf unserem Weg. Es geht darum, die Schritte auf unserem Weg bewusst zu setzen und sie ganz zu durchdringen. Auch der Begriff des „Durchdringens", welchen ich häufig verwende, meint ein lebendiges Denken und Fühlen, ein bewusst geführtes Denken, das durchwärmt ist vom Fühlen und Spüren und sich ganz klar von kalten Gedankenspiralen unterscheidet. Wesentlich ist auch zu verstehen, dass niemand, zu keinem Zeitpunkt, ein größeres oder kleineres Bewusstsein hat. Bewusstsein kann nicht weniger sein, unsere Öffnung und Wahrnehmung hin zum Bewusstsein kann sich allerdings verändern und wir können bewusster werden. Da unsere Bewusstheit und unser Bewusstsein solch ein Schlüssel sind, möchte ich dies mit der Verwendung des Wortes „Bewusstseinsweg" widerspiegeln.
Der Bewusstseinsweg ist ein aktueller Weg – uralt und brandneu. Es ist ein Weg, dessen Ziel es ist, ihn zu gehen. Dessen Ziel eigentlich schon Wirklichkeit ist. Und so gehen wir diesen Weg, um unser innerstes Wesen, unser Sein zu erfahren.
Der Sonnenkreis – Weisheit in Bewegung
Der Sonnenkreis ist eine Bewegungsfolge, die eng mit dem QiGong verwandt ist und teilweise auch dieser Bewegungskunst und Heilmethode zugeordnet wird. An anderen Stellen ist sie als Taoistischer Morgengruß bekannt.
QiGong ist die angewandte Weisheit des Taoismus. Es finden sich aber ebenso Ursprünge im Buddhismus, Konfuzianismus und in der tibetanischen Bön-Religion. Wie der Begriff selbst erklärt – „Qi" bedeutet übersetzt so viel wie Lebenskraft, Lebensenergie und „Gong" Pflege, Arbeit, Üben – arbeiten wir im QiGong mit den Lebenskräften und pflegen diese durch die Übungen. QiGong kann als alte Bewegungskunst oder auch als Präventions- und Heilmethode bezeichnet werden, die entwickelt wurde, um geistige und körperliche Ausgeglichenheit, Stärkung und Klarheit zu erlangen. Im QiGong wird bewusst mit den Lebenskräften und dem feinstofflichen Körper, dem Lebenskräfteleib, auch Qi-Körper oder Ätherkörper genannt, gearbeitet. Elemente des QiGong sind dabei äußere und innere Übungen. Neben den bekannten Bewegungsfolgen (Donggong), gibt es auch das Stehende QiGong und Stille QiGong (Jinggong).
Die innere Alchemie und Meditation haben ebenfalls ihren wichtigen Platz in der QiGong-Praxis. Die drei Ausrichtungen des QiGong – Gesundheitsförderung, Verbesserung der inneren Stärke und geistig-spirituelle Entwicklung – finden sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten in den verschiedenen QiGong-Schulen und QiGong-Folgen wieder. Der genaue Ursprung des QiGong ist unsicher. Erwähnenswert ist, dass es unter dem Begriff „Dao Yin" bereits im 6. Jahr-hundert v. Chr. erscheint und im Tao-te-king (Daodejing), welches Laotse wahrscheinlich im 3. Jahrhundert v. Chr. verfasste, erwähnt wird. Das bekannte Seidentuch mit den 44 abgebildeten Figuren aus dem Grab von König Ma (um 168 v. Chr.) zählt zu den ältesten Darstellungen des „Dao Yin".
Einer Legende zufolge wurden Ärzte am Hof des Gelben Kaisers (Huáng Dì, 2711–2598 v. Chr.) nur bezahlt, solange sie die Gesundheit ihrer Schutzbefohlenen gewährleisten konnten. Ihr Interesse war dementsprechend groß, präventiv und gesundheitsfördernd zu wirken. So entwickelte sich die Grundlage der Chinesischen Medizin mit ihren fünf Säulen, von denen eine das QiGong ist. Während das QiGong über lange Zeit nur vom Meister an seine Schüler weitergegeben und während der Kulturrevolution ganz im Geheimen gehalten wurde, sind heute viele unterschiedliche Formen des QiGong auch im Westen bekannt. In fast allen größeren Städten gibt es mittlerweile Kursangebote.
QiGong wird auch als Meditation in Bewegung bezeichnet. Vielen fällt es leichter über die sanften Bewegungen in eine Ruhe, zu sich und in eine Klarheit zu gelangen als rein über die sitzende Meditation. Für mich persönlich finden in dieser alten Bewegungskunst Weisheit, Meditation und das heilende Element zusammen. Greifen wir diesen Impuls in unserer Zeit bewusst auf und verbinden ihn mit unserem heutigen Wissen und Bewusstsein, so können wir die Qualitäten des QiGong neu erobern und als kraftvollen Begleiter auf unserem Bewusstseinsweg für uns nutzen.
Der Sonnenkreis nimmt bei mir eine besondere Stellung ein, denn für mich ist im Sonnenkreis alles Wesentliche enthalten. Die Bilder beinhalten alle inneren und äußeren Aspekte des Weges zum bewussten, wahren Menschen. Wahrscheinlich ist diese Tatsache auch der Grund dafür, dass der Sonnenkreis viele Menschen tief berührt. Unter all den Meditationen, Übungen, Nebenübungen, QiGong-Folgen, etc., die ich in meiner Praxis, in der Einzelbegleitung, in Kursen und Seminaren lehre, gab und gibt es keine, die so umfassend alle Menschen begeistert und tief berührt. So sehe ich den Sonnenkreis nicht nur als Bewegungsfolge, sondern auch als Meditation, Gebet und Erkenntnisweg. Nehmen wir den Sonnenkreis auf all diesen Ebenen ernst, eröffnet sich uns ein ungeheures Potential und eine wunderschöne Begleitung für unseren ganz eigenen Weisheitsweg.
In diesem Begleiter wirst du durch alle Ebenen des Sonnenkreises geführt. Du lernst den Sonnenkreis mit seinen inneren Aspekten als Bewusstseinsweg kennen sowie die Entwicklungschancen, Weisheiten und Potentiale, die er vereinigt.
DER SONNENKREIS
Die Sonne geht auf
Zwischen Himmel und Erde – Bin ich
Ich öffne die Fenster
Und schaue mich um
Feuer und Wasser
Ich nehme, was ich brauche und mische es
Es ist genug für alle da
Und ein kleiner Rest für die Blumen
Der Lotus erblüht
Ich umarme meinen Tiger
Und kehre ganz zu mir zurück
In Achtung und Dankbarkeit mir und der Welt
Am Ende eines jeden Kapitels stelle ich dir die genauen Bewegungsfolgen vor und gebe dir vertiefende Übungen an die Hand, um die Prinzipien dieser Bewegungskunst zu verstehen und umzusetzen. Die „Selbst-Erforschungen" vervollständigen den Weg des Sonnenkreises mit hilfreichen Impulsen, forschenden Aufgaben und ergänzenden Meditationen. Dieses Zusammenspiel von Bewegung, Erleben und Erkenntnis macht den Sonnenkreis zu einem kraftvollen Begleiter auf deinem eigenen Weg. Drei Symbole leiten dich dabei:
Das Unalome zeigt dir alle „Selbst–Erforschungen"
(mehr zum Symbol des Unalome erfährst du im Kapitel 1)
Der Lotus zeigt dir alle Meditationen
(mehr zum Symbol des Lotus erfährst du im Kapitel 9)
Die Lemniskate zeigt dir alle Bewegungsübungen
(mehr zum Symbol der Lemniskate erfährst du im Kapitel 10)
Jedes Kapitel beschäftigt sich chronologisch mit einem Bild aus dem Sonnenkreis und vertieft diesen Abschnitt. Eine ausführliche Übersicht über die ganze Abfolge des Sonnenkreises findest du am Ende des Buches. Dort findest du auch den Link zu einer Videoaufnahme, mit der du den Sonnenkreis üben kannst.
Übung: Ein erstes Eintauchen
Stelle dich entspannt hin und gehe in ein leichtes Schaukeln – vor und zurück, rechts und links. Du kannst ganz leicht kreisen oder sehr ausgedehnt und den Punkt erleben, kurz bevor du das Gleichgewicht verlierst. Dann pendelst du dich ein und findest deine Mitte. Erlebe, wie sicher, entspannt und kraftvoll du stehst, wenn du in deiner Mitte bist.
Allein diese einfache Übung kann dich Weisheitsvolles lehren. Du kannst erleben, was passiert, wenn du an deine Grenze kommst, wie unsicher dein Stand wird und was passiert, wenn du über diesen Punkt hinaus gehst – du verlierst das Gleichgewicht. Genau das Gleiche passiert uns auch im Alltag. Nehmen wir unsere Grenzen nicht wahr oder beachten diese nicht, haben wir nicht mehr unsere volle Kraft zur Verfügung, werden zittrig bis zu dem Moment, an dem wir unser inneres und äußeres Gleichgewicht verlieren und umfallen. Viele erleben dies in Form einer Krankheit oder eines Burnouts. Genauso können wir in dieser Übung erfahren, welche Kraft, Stabilität und Ruhe wir haben, wenn wir in unserer Mitte sind. Stehen wir außerhalb unserer Mitte instabil, kann uns innerhalb unserer Mitte so schnell nichts umwerfen. Mit der Zeit wird deine Wahrnehmung immer feiner werden, du wirst immer mehr Nuancen spüren und weitere Besonderheiten entdecken.
Diese Gesetzmäßigkeiten, wie zum Beispiel das Handeln aus der eigenen Mitte physisch zu erfahren und in einen Wechsel von Erkenntnis und Erlebnis zu gehen, vertieft und festigt deine inneren Schritte. Das macht den Sonnenkreis so kraftvoll. Wie ein lebendiges Wesen entwickelt er sich mit jeder Erfahrung, mit jedem Bewusstseinsschritt mit und dir werden immer wieder neue Ebenen eröffnet. In diesem lebendigen Wachstum kannst du unendlich viel schöpfen und du wirst den Sonnenkreis immer wieder neu erleben.
Beim Üben des Sonnenkreises kannst du bewusst Schwerpunkte setzen, wie zum Beispiel dich einmal auf den Bewegungsfluss zu konzentrieren, ein anderes Mal mehr die Bewegungsprinzipien zu fokussieren oder auch die Weisheitsaspekte in Bewegung zu erleben. Du kannst den Sonnenkreis als Meditation in Bewegung und als Gebet in deinen Tag integrieren oder eine Sequenz herausnehmen und die Themen und Hintergründe vertiefen. Wie auch immer dein Pfad aussehen mag, lass dich vom Sonnenkreis innerlich und äußerlich bewegen.
Viel Freude!
Übersicht: Der Sonnenkreis in Bewegung
Die Sonne geht auf
Hände steigen nach oben und öffnen über dem Kopf zur Seite
Zwischen Himmel und Erde – Bin ich
rechte Hand steigt nach oben, linke Hand geht nach unten – beide Hände kommen vor dem Herzen zusammen
Ich öffne die Fenster
Arme zur Seite öffnen
Und schaue mich um
Hände wandern vor dem Körper von rechts nach links
Feuer
Hände nach oben führen und über die Seite senken
Und Wasser
Hände heben und senken wie Wellen
Ich nehme, was ich brauche und mische es
Hände von der Seite vor den Körper führen und umeinander drehen
Es ist genug für alle da
Hände im Kreis vor dem Körper halten
Und ein kleiner Rest für die Blumen
Finger bewegend zur Seite nach unten führen
Der Lotus erblüht
Hände steigen und öffnen über dem Kopf
Ich umarme meinen Tiger
Hände kreuzen vor der Brust
Und kehre ganz zu mir zurück
Hände über die Seite nach oben führen, sie treffen sich über dem Kopf und wandern vors Herz
In Achtung und Dankbarkeit mir und der Welt
Betende Hände wandern an die Stirn, leichte Verbeugung
Kapitelübersicht – Landkarte auf dem Bewusstseinsweg
Kapitel 1 – Die Sonne geht auf
Schritt in die Bewusstwerdung, innere Haltung
Der Aufgang der Sonne lässt alles in neuem Licht erscheinen – es ist der Schritt aus der Dunkelheit der Nacht in die Bewusstwerdung, der immer wieder neue erste Schritt. Du erfährst, wie Krisen eine Hilfe sein können und wie du aus der Verwicklung zur Entwicklung kommst. Dabei ist wesentlich, in welcher inneren Haltung du dir selbst begegnest. Meditation bzw. Meditation als Haltung kann dir dabei eine Hilfe sein.
Kapitel 2 – Zwischen Himmel und Erde – Bin ich
Aufrichtung, die eigene Größe einnehmen, das wahre Selbst
Die Aufrichtung zwischen Himmel und Erde, deine eigene wirkliche Größe einzunehmen, ist die Grundlage, um aufgerichtet und aufrichtig den Bewusstseinsweg zu gehen. Das Ziel, deine eigene Größe zu leben und in die Aufrichtung zu finden, verfolgt dieses Kapitel und geht mit dem „Bin ich" auch einen Schritt weiter, indem wir in der Tiefe erkennen und erfahren können, „wer wir wirklich sind".
Kapitel 3 – Ich öffne die Fenster
Herzöffnung, Wertungen, Selbstfürsorge, Berufung
Das Öffnen der Fenster bringt dich in Bezug zu deinem Herzen und deiner Selbstliebe. Du kannst das Leben in all seinen Qualitäten – mit geöffneten Fenstern – sehen und so erkennen, wie du diese Lebendigkeit und wahre Begegnung, jenseits von Wertungen und Automatismen, in dein Leben holen kannst. Du lernst in eine Selbstfürsorge zu kommen, auf deine Kräfte und Ruhezeiten zu achten und auf den Ruf deines Herzens zu hören – den Ruf zu deiner Berufung.
Kapitel 4 – Und schaue mich um
In Bezug gehen, Glaubenssätze, Weltbild
Indem du den Blick weitest und dich umschaust, trittst du in Kontakt mit der Welt und erfährst, wie stark deine Wahrnehmung durch deine Gedanken und Überzeugungen geprägt ist. Gleichzeitig erfährst du, dass diese Prägung nicht statisch ist und der Weg in die Freiheit über Bewusstseinsarbeit bzw. Arbeit am Weltbild führt. Hierzu bekommst du zwei kraftvolle Methoden, den „Weg des Wissenschaftlers" und „The Work" von Byron Katie an die Hand.
Kapitel 5 – Feuer und Wasser
Innere Schmiede – Bewusstseinsarbeit, Licht- und Schattenseiten
Mit „Feuer und Wasser" tauchst du in die Qualitäten der Elemente ein. Die lebendige Kraft des Feuers und Wassers führt dich noch einmal tiefer in die Bewusstseinsarbeit und in die „Innere Schmiede" hinein. Sie unterstützt dich auf dem Weg, dich selbst zu erobern, deine Licht- und Schattenseiten zu erkennen und mit diesen umzugehen. Neben weiteren Werkzeugen der „Inneren Schmiede" lernst du das Enneagramm als Hilfe auf dem Bewusstseinsweg kennen.
Kapitel 6 – Ich nehme, was ich brauche und mische es
Der eigenen Spur folgen, Wünsche, Bedürfnisse, der Mittlere Weg
Das „Nehmen, was du brauchst" fordert von dir, deiner Spur zu folgen und herauszufinden, was du brauchst, deine Wünsche kennenzulernen und zu wissen, was du willst. Indem du dein ganz individuelles Maß und deine Mischung findest, bringst du alles ins Gleichgewicht. Erlaube dir zu nehmen, was du brauchst. Es ist der Mittlere Weg – der Weg des Buddha, der Natur, des Lebens, dem du folgst.
Kapitel 7 – Es ist genug für alle da
Vertrauen, Weisheitsweg, vom Mangel zur Fülle
„Es ist genug für alle da" zeigt dir die Geschichte der Knappheit und Angst auf, die einen Großteil der Gesellschaft beherrscht. Gleichzeitig führt dich der Bewusstseinsweg weiter nach innen, in ein tieferes Erkennen und Vertrauen. Hier wird der Bewusstseinsweg ganz zum Weisheitsweg.
Kapitel 8 – Und ein kleiner Rest für die Blumen
Humor, Leichtigkeit, Freude, der Blick auf den Berg
„Ein kleiner Rest für die Blumen" holt die Leichtigkeit und den Humor auf den Weg und lässt dich freudig den Weg weitergehen und deine Sicht erweitern.
Kapitel 9 – Der Lotus erblüht
Der zweite Sonnenaufgang, Liebe, Erblühen
Im Erblühen des Lotus öffnet sich die Seele und du kannst in eine neue Wahrnehmung und in ein neues Denken hineinfinden. Es ist der zweite Sonnenaufgang, das tiefere Aufwachen, in dem du in der Liebe, dem Lotus gleich, aufgehen und erblühen kannst.
Kapitel 10 – Ich umarme meinen Tiger
Dualität, Annehmen, den Weg gehen
Die Umarmung des Tigers nimmt alle Begebenheiten des Weges, alle Dualität und Pole mit hinein. In dieser kraftvollen Geste kannst du dich erweitern und dich in einem tiefen Annehmen ganz erfahren. Du kannst erkennen, was der Weg ist und worum es wirklich geht. In tiefer Verbundenheit und Liebe kommst du in die Einfachheit.
Kapitel 11 – Und kehre ganz zu mir zurück
Wahres Selbst, Meditation
Die Rückkehr führt dich zu deinem wahren Selbst. Der Weg, der bis hierhin geführt hat, die Worte, die bis hierhin klingen, weisen nun in einer Meditation die Richtung.
Kapitel 12 – In Achtung und Dankbarkeit mir und der Welt
Achtung und Dankbarkeit
Die „Achtung und Dankbarkeit" dir selbst und allen Menschen und der Welt gegenüber schließt den Sonnenkreis.
Die Nacht ist klar, es funkeln unzählige Sterne am Himmel. Stille. Eine wohltuende Ruhe umhüllt diese kristallklare Nacht. Mit einem Mal verändert sich etwas – es fängt an zu grauen. Einen Moment noch hält sich die Nacht, dann brechen die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont. Mit gewaltiger Kraft strahlt das Licht der Sonne über den Rand und vertreibt die Dunkelheit. Das wärmende, rötliche Licht wird immer strahlender und heller – die Sonne geht auf.
Es gibt einen Moment im Leben, in dem wir bemerken, dass das Leben mehr ist als das Spiel des Alltages. Viele erleben diesen Augenblick durch eine Krise oder einen Schicksalsschlag. Sei es im beruflichen Umfeld, in Beziehungen, durch Krankheit, einen Todesfall, tiefe Erschöpfung oder dem Gefühl einer wachsenden Unzufriedenheit. Einige Menschen bekommen auch ganz unabhängig davon, aus sich heraus, den Impuls, tiefer zu gehen, einmal innezuhalten und sich die wesentlichen Fragen zu stellen.
Selbst-Erforschung: Die wesentlichen Fragen
Gehe tiefer und stelle dir die zentralen Fragen im Leben: „Worum geht es im Leben für dich und was bedeutet für dich Leben?". Lass die Fragen in dir entstehen und forsche, was diese auslösen.
Wenn du magst kannst du auch die folgenden Fragen für deine Selbst-Erforschung nutzen:
Wofür renne ich so im Alltag?
Was ist mir wirklich wichtig?
Was will ich im Leben?
Wofür ist das Leben da?
Was ist Leben?
Was ist der Mensch?
Wer bin ich wirklich?
Dieser Moment des tieferen Erkennens begegnet uns immer wieder aufs Neue, in unterschiedlichen Nuancen und Tiefen. Meist ist jedoch der Alltag so dicht und voll, dass wir uns nicht viel Zeit für die wesentlichen Fragen nehmen. Erst die Vollbremsung durch eine Krankheit oder andere Krise „schenkt" uns dann den Raum und die Zeit, uns mit der Tiefendimension des Lebens auseinanderzusetzen. Schenkt? Ja, schenkt! Gerade unsere Krisenzeiten enthalten die wundervolle Möglichkeit, unsere normalen, alltäglichen Strukturen etwas zu lockern oder sogar aufzulösen. Was immer funktioniert hat, greift nun nicht mehr und trägt uns nicht mehr. Es entstehen neue Räume.
Neue Räume – Krise als Chance
Die fehlende Kraft, der Verlust oder die Verdrossenheit über die Lebenssituation lassen unser sonst so gut geöltes Hamsterrad quietschen und nur noch behäbig bewegen. Automatismen und Routinen, denen wir bisher, teilweise träumend gefolgt sind, werden uns bewusst und gewohnte Wege funktionieren nicht mehr.
Mit dieser Entschleunigung fangen wir an zu bemerken, welchen Dingen wir bisher Macht und Bedeutung zugemessen haben, welche unsere Antreiber sind, welche Gesetze wir uns geschaffen und welchen Gesetzen wir unser Leben untergeordnet haben. In diesen Zeiten verlieren viele Kleinigkeiten ihren Sinn, auch manches große Ziel fängt auf einmal an, fraglich zu werden, während anderes in den Vordergrund tritt. Es ist einem Aufwachen ähnlich, bei dem wir anfangen, bewusst wahrzunehmen und uns bewusst zu entscheiden. Es sind Zeiten des Umbruchs, manchmal nur innerlich, manchmal auch im Außen, Zeiten, in denen wir herausgefordert sind, uns neu zu orientieren, uns in der Situation und im Leben neu zu finden.
In diesem Neu-Finden, Neu-Ausrichten ist ein ungeahntes Potential versteckt. Wir haben die Chance, uns die wesentlichen Fragen zu stellen, uns in diese neuen Räume tastend-fühlend hinein zu bewegen, uns in ihnen selbst immer deutlicher zu erkennen und uns mit unserem Urimpuls im Leben wieder neu zu verbinden.
Natürlich können solche Zeiten auch sehr mit Leid und Schmerzen verbunden sein. Es geht nicht darum, diese Belastung zu schmälern oder „schön zu reden". Du würdest dich nur selbst belügen. Die rosarote Brille, die alles in eine heile Welt zaubert, ist nun einmal nur eine Brille und sie kann nur einen farbigen Schein darüber legen. In der Tiefe kann die Brille nichts verändern. Veränderung entsteht, indem du in diesen neuen Raum, der sich durch die Krise eröffnet hat, hineingehst. Du magst die aktuelle Situation – das WAS – vielleicht momentan (noch) nicht ändern können, aber wie groß dein Leid auch sein mag, du kannst deinen Umgang damit – das WIE – bestimmen. Es ist deine Freiheit – deine Entscheidung.
Die Anerkennung der herausfordernden Situation mit dem gleichzeitigen Erkennen deiner Freiheit, eröffnet dir in deinem Leben neue Räume und Möglichkeiten. So kann der Weg zu einem Geschenk werden und ungeahnte Potentiale freilegen.
Der Beginn – in welcher Haltung begegne ich mir?
Beginnen wir diesen Bewusstseinsweg zu gehen, werden uns viele Dinge bewusst. Wir lernen uns selbst und unsere Umgebung immer besser kennen, begegnen unseren Schatten genauso wie unserem einzigartigen Leuchten. Wir verstehen die Zusammenhänge immer mehr und übernehmen die Verantwortung für unseren Weg und unser Leben. Im Innehalten erleben wir, was sich die ganze Zeit im Hintergrund abspielt. Wir spüren und erkennen nun bewusst, was wir über Jahre vermieden, geschluckt, übersehen, unterdrückt, nicht gelebt oder gespürt haben – Automatismen, unterdrückte Gefühle, Strategien, die dahinter liegenden Muster und Mechanismen werden sichtbar. Auf ein solches intensiveres Erleben stößt man auch zu Beginn der eigenen Meditationspraxis. Statt der erwarteten Ruhe erleben die meisten erst einmal eine unerwartete Lautstärke und Anspannung. Wir bekommen bewusst mit, welche Gedanken und Stress-Spiralen durch unseren Verstand ziehen und wie verspannt unser Körper ist.
Ein Trugschluss wäre zu meinen, dass die Themen ohne Krise, ohne Innehalten nicht existieren würden. Schau einmal ganz ehrlich hin und überlege dir, ob die Unruhe, die negativen Gedanken und Gefühle durch das Innehalten entstehen oder ob sie durch das Innehalten nur sichtbar werden. Diese Erkenntnis macht einen feinen und wichtigen Unterschied in deiner Haltung.
Meditation: Die Stille einladen und wahrnehmen
Forsche diesem Phänomen ein wenig nach. Setze dich für zehn Minuten alleine in die Stille. Achte darauf, dass du nicht gestört wirst und vermeide äußere Anregungen wie Musik oder Ablenkung durch Gespräche, Telefon, etc. Beobachte, was passiert. Nimm wie ein Forscher ganz offen wahr und erforsche dein Inneres – welche Gedanken begegnen dir, welche Körperwahrnehmungen hast du, welche Gefühle?
Bleibe in der offenen forschenden Haltung. Fällt es dir leicht, für 10 Minuten einfach einmal in der Stille zu sitzen und wirklich zur Ruhe zu kommen oder tragen dich immer wieder Gedanken fort? Welche Qualität haben diese Gedanken? Sind sie eher träumerisch, inspirierend, stressig oder lassen sie dich bereits den weiteren Tag planen? Wenn du magst, kannst du dies einige Male wiederholen und deine Wahrnehmungen prüfen.
Im zweiten Schritt kannst du deine Forschung ausweiten und herausfinden, ob diese Körperwahrnehmungen, Gefühle und Gedanken durch die Stille entstehen oder in der Stille erkannt werden. Das heißt, waren diese vorher bereits da, und du hast sie nur nicht wahrgenommen, oder sind sie durch diese 10 Minuten Stille entstanden? Zu welchem Schluss kommst du?
Werde dir auch bewusst, welch großen Unterschied die zwei Erkenntnisse in deiner Haltung machen. Was bedeutet es in letzter Konsequenz, wenn du zum einen oder anderen Schluss kommst? Welches Selbstbild und welches Weltbild entstehen dadurch?
Bist du davon überzeugt, dass die Situation oder die Krise daran schuld sind, kämpfst du hart gegen alles, was in dir passiert und die Krisen und Themen werden zum Feind. Oder das Gefühl, betrogen, missverstanden und ungerecht behandelt worden zu sein, wird zu deinem Selbstgefühl. Auch wenn du betrogen worden bist, ist es ein großer Unterschied, ob du dieses Gefühl zu deinem Selbstbild werden lässt oder nicht. Egal, ob du in den Krieg ziehst oder dich als Opfer der äußeren Gegebenheiten ausgeliefert fühlst, in beiden Reaktionen bleibst du in alten Mustern und Denkweisen stecken und versuchst einen vergangenen Status wieder zu erlangen. Allzugerne möchten wir unsere Umgebung, die Gegebenheiten, andere Personen oder das Fehlen eben dieser für unser Leid verantwortlich machen, doch das hält uns nur weiter im Leid.
Bewusstes Sein – Bewusstsein: Schritt in die Selbstverantwortung
Ganz anders kannst du die Situation sehen, wenn du merkst, dass die Unruhe, die Stress-Spiralen, die Leere, etc., die dir im Innehalten begegnen, schon vorher da waren. Wenn du erkennst, dass es für dein Erleben und deine Gefühle zwar äußere Anlässe gibt, es aber doch etwas mit dir und deinem Weg zu tun hat. Umso mehr diese Erkenntnis an Klarheit gewinnt, umso freier und selbstbewusster kannst du die neuen Räume betreten und anders mit der Situation umgehen. Statt unsinnige äußere Kriege gegen „etwas" zu führen oder uns am Vergangenen krampfhaft festzuhalten, kommen wir in eine Aufrichtung und werden der Gestalter. Wir werden König oder Königin und übernehmen die Regentschaft in unserem eigenen Königreich – in unserem Leben. Dieser Schritt ist nicht immer einfach, denn er fordert von dir nicht weniger als die volle Selbstverantwortung für den Umgang mit der Situation und deinem Leben. Das ist bewusstes Sein – Bewusstsein.
Nehmen wir dies ernst, so können wir uns nicht mehr so leicht hinter Ausreden verstecken und Gegebenheiten oder andere Personen für unser Glück (oder Leid) verantwortlich machen. Natürlich gibt es Situationen, die es uns leichter oder schwerer machen und es gibt ebenso Personen, die unterstützend wirken oder uns herausfordern. Auch das gilt es in Achtung anzuerkennen. Und doch, auch wenn wir es im Strudel der Krise nicht sehen können, wir bleiben König, Königin in unserem Königreich. Letztendlich sind wir selbst für unsere Freiheit, für das Maß an Liebe und Frieden, das wir (er)leben verantwortlich. Diese Erkenntnis macht uns unendlich frei – wir können selbst unseren Lebensweg beschreiten. Wir werden zum Gestalter unseres Lebens zu jedem Zeitpunkt – genau jetzt!
Diesen Schritt ins „bewusste Sein", in die Selbstverantwortung kannst nur du selbst tun. Dies kann keiner für dich übernehmen, noch kannst du es für jemanden übernehmen Wir können andere inspirieren, impulsieren, aber wir sollten uns hüten, egal, wie geschult und wahrnehmend wir sind, ungefragt für andere Interpretationen anzustellen. Das steht niemandem zu. Diese Achtung und Achtsamkeit mit dem anderen gehört zum Schritt in die Selbstverantwortung. Der Schritt ins „bewusste Sein" ist gleich einer Krönung, einem Aufwachen, dem Beginn des Tages, einer neuen Zeit – einem Sonnenaufgang.
DIE SONNE GEHT AUF
– Das Licht des Bewusstseins bricht über den Horizont, der Tag beginnt –
Eine der Grundbedingungen, wenn wir beginnen, den Bewusstseinsweg zu gehen, ist, dass wir auf unsere Haltung und unseren Umgang mit uns selbst achten. Niemandem tut ein ungerechter, despotischer Herrscher oder eine Herrscherin gut. Im Gegenteil, es hindert uns eher auf unserem Weg und wir haben den äußeren Krieg nur durch einen inneren Krieg ersetzt. Meistens sind wir sehr streng mit uns selbst oder meiden bestimmte, unangenehme Situationen. An welcher Stelle du auch immer in deinem Leben stehst, begegne dir mit Achtung und werde dein eigener bester Freund. Dein innigster Freund, der dich mit einem ehrlichen und liebevoll-zugewandten Blick auf diesem Weg begleitet. Du wirst die Ehrlichkeit und Klarheit genauso brauchen wie Verständnis und Großzügigkeit. Werde dein eigener wahrer Begleiter.
Sei die aufgehende Sonne und achte auf deine innere Haltung
Erlaube dir selbst, eine aufgehende Sonne zu sein und mit deinem Weg zu wachsen. Erwarte nicht von dir, einer Lampe gleich, sofort mit dem Umlegen des Schalters zu funktionieren. Es heißt „die Sonne geht auf, nicht „drücke die Taste und schalte das Licht an". Eine aufgehende Sonne wächst auf ihrem Weg. Von den ersten, wenigen Lichtstrahlen beginnend, brechen mehr und mehr Strahlen über den Horizont, es wird heller und heller. Auch wenn die Sonne schon ganz zu sehen ist, so wächst ihre Kraft und Stärke weiter auf ihrem Weg. Sei also gnädig und großzügig mit dir selbst. Erlaube dir, Fehler zu machen, hinzufallen, dich wieder in alte Abhängigkeiten verwickeln zu lassen. Wenn du bemerkst, dass du wieder in Projektionen und Opferrollen hängst, lächle dir verständnisvoll zu und kehre in deine Selbstverantwortung, in die Rolle des Gestalters zurück. Es geht nicht darum, alles streng umzusetzen und sofort weise zu sein. All das ist mechanisch. Perfektion ist eine Illusion und hat nichts mit dem Lebendigen zu tun. Raube dir daher nicht unendlich viele Facetten des Weges, indem du versuchst, einen Schalter umzulegen. Du wirst bemerken, wie mit jedem Schritt durch den diese Erkenntnisse tiefer sinken – du sie im Denken durchdringst, sie fühlst und in jeder Zelle deines Körpers spürst – dein innerer Gestalter kraftvoller wird. Gleichzeitig wird der Weg immer leichter und heller. Erlaube dir, den Weg zu gehen: „auf – zu – gehen"!
Dieser Schritt ist zusammen mit dem Schritt in die Selbstverantwortung der zweite wichtige Aspekt und macht einen großen Unterschied in der inneren Haltung.
DIE SONNE GEHT AUF
– Das Licht des Bewusstseins wächst und wächst, es ist Tag –
Meditation als Haltung im täglichen Leben
Die Haltung der Meditation kann dir an dieser Stelle eine hilfreiche Stütze sein. In ihr nehmen wir uns bewusst den Raum, inne zu halten, zur Ruhe zu kommen, zu uns selbst und nach innen zu sinken. Wir nehmen uns wahr, so wie wir in diesem Augenblick sind, ob müde, wach, fröhlich oder traurig, wir nehmen wahr, was ist. Meditation ist ein immerwährendes Wahrnehmen dessen, was ist und eine ständige Vertiefung/Versenkung. Wir erleben unsere Gedanken, Gefühle, Emotionen, unsere Spannungen und Lebendigkeit im Körper. So braucht Meditation auch inneren Mut in dieses Innehalten hinein zu gehen und drinnen zu bleiben. Nehmen wir diese Schwelle, geschieht eine Verwandlung: Wir bemerken, dass die Gedanken und Emotionen doch viel flüchtiger sind als wir dachten und wie wir uns mehr und mehr von diesen lösen, aus der Identifikation, der Verwicklung hinaus gehen können. Das bringt Ruhe und Entspannung. Folgen wir dieser Haltung weiter, kommen wir zu einer neuen Wahrnehmung: Unter all dem Lärm der Oberfläche liegt eine Stille und eine ungeahnte Tiefendimension.
„Schwimmen zwei junge Fische daher und treffen auf einen älteren Fisch,
der in die andere Richtung schwimmt, ihnen zunickt und sagt:
,Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?'
Die beiden jungen Fische schwimmen noch ein bisschen,
bis der eine schließlich zum andern herübersieht und sagt:
,Was zum Teufel ist Wasser?'"
(David Foster Wallace)
Meditation wird von vielen Weisheitslehrern als die einzige Handlung bezeichnet, die wir wirklich aus Freiheit tun. Die meisten Dinge tun wir, um etwas zu bekommen, etwas zu verhindern oder für andere. Meditation können wir nur aus dem Selbstwillen der Meditation heraus tun. Sobald wir Meditieren „um zu" – um etwas zu erreichen, jemand zu sein, einen bestimmten Zustand zu erlangen, verlieren wir die Meditation. Natürlich helfen Erwartungen und Hoffnungen dabei, den Weg zu beginnen und können unsere Starthilfe sein. Setzen wir uns in die Stille, wird Meditation mit der Zeit von einer äußeren Übung zu einem inneren Weg, wir erfahren wahre Meditation. Folgen wir diesem Weg weiter, passiert etwas Wunderbares, die Meditation wächst zu einer inneren Haltung. Die Trennung zwischen einer gesetzten Übung und dem alltäglichen Leben löst sich immer mehr auf. Das Leben ist von Bewusstheit durchzogen, wird selbst zu einer gelebten Meditation – „Meditation als Haltung". Achtsamkeit ist keine gewollte Übung, sondern geschieht aus sich heraus. Wir können aus der Ruhe heraus handeln und gestalten. Man kann diese drei Qualitäten von Meditation als Stufen sehen, doch eigentlich gehören sie zusammen und sind verschiedene Aspekte, Qualitäten und Ebenen des Gleichen:
Meditation als Übung
Meditation als Weg
Meditation als Haltung
Je weiter wir dem Bewusstseinsweg folgen, die Meditation zu einem natürlichen Begleiter, zu einer inneren Haltung wird, je mehr erleben wir das Innehalten, die Verbindung zu unserem Innersten ganz natürlich in unserem täglichen Leben. Zuerst sind es kleine Augenblicke, in denen wir in diese Qualität sinken, mit der Zeit weitet sich diese zu einem übergreifenden Zustand aus.
Ein Vertiefen in uns selbst hinein