Der Triumph des 19. Jahrunderts - Jules Verne. - E-Book

Der Triumph des 19. Jahrunderts E-Book

Jules Verne.

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Beschreibung

Dies ist die illustrierte Version dieses Klassikers. Jules Vernes meisterhafte Abhandlung über die Entdeckungen und Reisen seines Jahrzehnts - spannend und lehrreich zugleich. Inhalt: Erster Band. Erstes Capitel. Das Morgenroth eines Jahrhunderts der Entdeckungen. Zweites Capitel. Die Erforschung und Kolonisirung Afrikas. Drittes Capitel. Die wissenschaftlichen Bestrebungen im Orient und die Forschungen in Amerika. Zweiter Band. Erstes Capitel. Erdumsegler aus verschiedenen Nationen. Zweites Capitel. Die französischen Erdumsegler. Drittes Capitel. Die Polar-Expeditionen.

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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Jules Verne

Inhalt:

Jules Verne – Biografie und Bibliografie

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Erster Band.

Erstes Capitel. Das Morgenroth eines Jahrhunderts der Entdeckungen.

Zweites Capitel. Die Erforschung und Kolonisirung Afrikas.

Drittes Capitel. Die wissenschaftlichen Bestrebungen im Orient und die Forschungen in Amerika.

Zweiter Band.

Erstes Capitel. Erdumsegler aus verschiedenen Nationen.

Zweites Capitel. Die französischen Erdumsegler.

Drittes Capitel. Die Polar-Expeditionen.

Der Triumph des 19. Jahrhunderts, Jules Verne

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849613877

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Cover Design: © Can Stock Photo Inc. / Angelique

Jules Verne – Biografie und Bibliografie

Franz. Schriftsteller, geb. 8. Febr. 1828 in Nantes, gest. 24. März 1905 in Amiens, studierte in Paris die Rechte, muß sich aber schon früh auch den Naturwissenschaften zugewandt haben, denn gleich sein erster Roman, der die Reihe jener originellen, eine völlig neue Gattung begründenden Produkte Vernes eröffnete: »Cinq semainesen ballon« (1863), zeugt von jenem Studium. Der Erfolg, dessen sich diese Schöpfung erfreute, bestimmte ihn, die dramatische Laufbahn, mit der er sich bereits durch mehrere »Comédies« und Operntexte vertraut gemacht hatte, zu verlassen und sich ausschließlich dem phantastisch-naturwissenschaftlichen Roman zu widmen. V. führt seine Leser auf den abenteuerlichsten, stets aber physikalisch motivierten Fahrten nach dem Monde, um den Mond, nach dem Mittelpunkte der Erde, »20,000 Meilen« unter das Meer, auf das Eis des Nordens, auf den Schnee des Montblanc, durch die Sonnenwelt etc., und man kann nicht leugnen, daß er es verstand, die ernste Lehre, wenigstens die große Fülle seiner realen Kenntnisse, mit dem Faden der poetischen Fiktion geschickt zu verweben und dem unkundigen Leser eine gewisse Anschauung von naturwissenschaftlichen Dingen und Fragen spielend beizubringen. Wir nennen hier seine »Aventures du capitaine Hatteras« (1867), »Les enfants du capitaine Grant«, »La découverte de la terre« (1870), »Voyage autour du monde en 80 jours« (1872), »Le docteur Ox« (1874), »Un hivernage dans le glâces«, »Michel Strogoff (Moscou, Ireoutsk)«, »Un capitaine de 15 aus«, »Les Indes noires« (1875), »La maison à vapeur«, »Mathias Sandorf« (1887), »Claudius Bombarnai«, »Le Château des Carpathes« (1892), alle bereits in vielen Ausgaben erschienen und von der Lesewelt verschlungen, auch meist ins Deutsche übersetzt und in Form von Ausstattungsstücken mit nicht geringem Erfolg auf die Bühne gebracht (vgl. »Les voyages an théâtre« von V. und A.Dennery). Die »Œuvres complètes« Vernes erschienen 1878 in 34 Bänden (illustrierte Ausg. 15 Bde.).

Romane:

    Fünf Wochen im Ballon. 1875

    Reise zum Mittelpunkt der Erde. 1873

    Von der Erde zum Mond. 1873

    Abenteuer des Kapitän Hatteras. 1875

    Die Kinder des Kapitän Grant. 1875

    Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer. 1874

    Reise um den Mond. 1873

    Eine schwimmende Stadt. 1875

    Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika. 1875

    Das Land der Pelze. 1875

    Reise um die Erde in 80 Tagen. 1873

    Die geheimnisvolle Insel. 1875 und 1876

    Der Chancellor. 1875

    Der Kurier des Zaren. 1876

    Reise durch die Sonnenwelt. 1878

    Die Stadt unter der Erde. 1878

    Ein Kapitän von 15 Jahren. 1879

    Die 500 Millionen der Begum. 1880

    Die Leiden eines Chinesen in China. 1880

    Das Dampfhaus. 1881

    Die „Jangada“. 1882

    Die Schule der Robinsons. 1885

    Der grüne Strahl. 1885

    Keraban der Starrkopf. 1885

    Der Südstern oder Das Land der Diamanten. 1886

    Der Archipel in Flammen. 1886

    Mathias Sandorf. 1887

    Ein Lotterie-Los. 1887

    Robur der Sieger. 1887

    Nord gegen Süd. 1888

    Zwei Jahre Ferien. 1889

    Die Familie ohne Namen. 1891

    Kein Durcheinander. 1891

    Cäsar Cascabel. 1891

    Mistress Branican. 1891

    Das Karpatenschloss. 1893

    Claudius Bombarnac. 1893

    Der Findling. 1894

    Meister Antifers wunderbare Abenteuer. 1894

    Die Propellerinsel. 1895

    Vor der Flagge des Vaterlandes. 1896

    Clovis Dardentor. 1896

    Die Eissphinx. 1897

    Der stolze Orinoco. 1898

    Das Testament eines Exzentrischen. 1899

Erstes Capitel. Das Morgenroth eines Jahrhunderts der Entdeckungen.

Verminderung der Zahl der Entdeckungen während der Kämpfe der Republik und des Kaiserreichs. – Seetzen's Reisen in Syrien und Palästina. – Haouran und die Umschiffung des Todten Meeres. – Décapole. – Reise durch Arabien. – Burkhardt in Syrien. – Ausflüge in Nubien zu beiden Seiten des Nils. – Pilgerfahrt von Mekka nach Medina. – Die Engländer in Indien. – Webb an den Quellen des Ganges. – Bericht über eine Reise im Pendschab. –

Christie und Pottinger in Sindh. – Dieselben auf dem Wege durch Beludschistan bis nach Persien. – Elphistone in Afghanistan. – Persien nach Gardanne, Ad. Dupré, Morier, Macdonald. – Kinair, Price und Ouseley. – Güldenstädt und Klaproth im Kaukasus. – Lewis und Clarke in den Felsengebirgen. – Raffles in Sumatra und in Java.

Das Ende des 18. und der Anfang des 19. Jahrhunderts weisen eine auffallende Abnahme in der Zahl großer Entdeckungen auf. Wir haben früher gesehen, daß die französische Republik eine Expedition zur Aufsuchung La Pérouse's ausrüstete und Kapitän Baudin seine ergebnißreiche Kreuzfahrt an den Küsten Australiens durchführte. Das sind aber auch die einzigen Gelegenheiten, bei welchen die von den entfesselten Leidenschaften der Menge und durch brudermörderische Kämpfe gelähmte Regierung ihr Interesse für die Erweiterung der Erdkunde an den Tag zu legen vermochte.

Erst später umgab sich Bonaparte in Egypten mit einem Generalstabe von Gelehrten und hervorragenden Künstlern. Damals sammelte man auch die Unterlagen zu jenem großen und schönen Werke, das zum ersten Male eine verläßliche, freilich noch lückenhafte Vorstellung von der Civilisation des Landes der Pharaonen im Alterthum verbreitete. Nachdem aus Bonaparte aber erst Napoleon geworden war, wollte der souveräne Egoist, der seiner Leidenschaft, dem Moloch des Krieges, alles Andere opferte, von Forscherzügen, Reisen und anzustrebenden Entdeckungen nichts mehr hören; das hätte ihm ja Geld und Leute gekostet. Sein Verbrauch an letztern Beiden war schon zu groß, als daß er sich jenen geringen Aufwand noch hätte erlauben können.

Beweis dafür ist es, daß er sogar den letzten Rest des französischen Colonialgebietes in Amerika für einige Millionen den Vereinigten Staaten überließ.

Glücklicher Weise lastete diese Eisenfaust nicht ebenso schwer auf anderen Völkern. Beschäftigte sie auch der Kampf gegen Frankreich, so fanden sich bei ihnen doch noch Freiwillige, welche das Feld der Erdkunde bebauten, die Archäologie auf wirklich wissenschaftlichen Grundlagen errichteten und die ersten linguistischen und ethnographischen Forschungen anstellten.

Der gelehrte Geograph Malte-Brun (ein Däne von Geburt) schildert in einem Aufsatze, den er im Jahre 1817 in den »Nouvelles Annales des Voyages« veröffentlichte, eingehend und treffend den Stand des geographischen Wissens zu Anfang des 19. Jahrhunderts und die zahlreichen »frommen Wünsche« dieses Faches. Er hebt dabei die schon errungenen Fortschritte in der Schifffahrtskunde, der Astronomie und der Linguistik gebührend hervor. Weit entfernt, ihre Entdeckungen zu verheimlichen, wie die Hudsonbay-Compagnie das aus Eifersucht zu thun beliebte, begründet die Indische Compagnie dagegen Akademien, veröffentlicht sie Berichte und unterstützt die Reisenden. Selbst aus dem Kriege sucht man Nutzen zu ziehen, wie z. B. die französische Armee in Egypten das Material zu einem umfangreichen (geographischen) Werke sammelte.

Wir werden später sehen, daß sich aller Völker bald ein löblicher Wetteifer bemächtigte. Ein Land aber vor allen, Deutschland nämlich, war es, das sich zu Anfang des Jahrhunderts durch die wichtigen Entdeckungen seiner Reisenden auszeichnete. Seine ersten Forscher gehen mit so großer Sorgfalt zu Werke und bekunden einen so bestimmten Willen und ein so sicheres Vorgefühl, daß sie den Nachfolgern nur die Bestätigung, höchstens die Weiterführung ihrer Entdeckungen übrig lassen.

Als der Erste derselben ist Ulrich Jasper Seetzen zu betrachten. Geboren im Jahre 1767 zu Sophiengroden in der Herrschaft Jever (Ostfriesland), trat Seetzen, nach Vollendung seiner Studien in Göttingen, zuerst mit einigen Abhandlungen über Statistik und Naturwissenschaften, zu welchen ihn natürliche Neigung hinwies, an die Oeffentlichkeit. Diese Arbeiten erwarben ihm die Aufmerksamkeit der Regierung und veranlaßten seine Ernennung zum Hofrath in der Herrschaft Jever.

Seetzen's Zukunftstraum war, wie auch später der Burkhardt's, eine Reise in Inner-Afrika; er wollte jedoch mit einer Erforschung Palästinas und Syriens beginnen, Länder, auf welche die im Jahre 1805 in London gegründete »Palestine association« auch die öffentliche Aufmerksamkeit hinlenkte. Seetzen wartete diese Anregung nicht ab, sondern reiste, mit zahlreichen Empfehlungen versehen, schon 1802 nach Constantinopel ab.

So viele Pilger und Reisende das Heilige Land und Syrien auch früher durchstreift hatten, so besaß man doch nur sehr unzuverlässige Kundschaft von jenen Gebieten. Die physische Geographie stand noch auf einem zu niedrigen Standpunkte, eigentliche Beobachtungen wurden nicht angestellt, und manche Theile, wie der Libanon und das Todte Meer, waren überhaupt noch nicht erforscht worden. Die vergleichende Geographie existirte noch gar nicht. Es bedurfte der unablässigen Bemühungen der genannten englischen Gesellschaft und der tieferen Kenntnisse der Reisenden, sie in's Leben zu rufen. Der nach verschiedenen Seiten gründlich vorgebildete Seetzen erschien deshalb besonders befähigt, jenes Land zu durchforschen, das, so oft es bereist war, doch noch als neu und kaum bekannt gelten konnte.

Nachdem er durch ganz Anatolien gezogen, gelangte Seetzen im Mai 1804 nach Aleppo. Hier verweilte er, beschäftigt mit dem praktischen Studium der arabischen Sprache, ein ganzes Jahr, fertigte Auszüge aus den Werken der Historiker und Geographen des Morgenlandes, bestimmte astronomisch die Lage Aleppos, widmete sich naturgeschichtlichen Studien, sammelte alte Handschriften und übersetzte eine große Zahl von Volksliedern und Sagen, welche für die eingehende Kenntniß einer Nation ja stets von höchstem Werthe sind.

Im April 1805 reiste Seetzen von Aleppo nach Damaskus ab. Sein erster Zug führte ihn durch die im Südosten jener Stadt gelegenen Bezirke von Haouran und Djolan, welche bisher noch kein Reisender besucht hatte. Dieselben spielten übrigens zur Zeit der Römerherrschaft unter den Namen Auranitis und Gaulonitis in der Geschichte der Israeliten eine hervorragende Rolle. Seetzen war also der Erste, der ihre geographischen Verhältnisse kennen lehrte.

Weiter nahm der kühne Reisende den Libanon und Baalbek in Augenschein, drang südlich über Damaskus vor, stieg nach Judäa hinab und erforschte den östlichen Theil von Hermon (das ist der südlichste Theil des Anti-Libanon), den Jordan und das Todte Meer. Hier war der Sitz der zur Zeit der Juden wohl bekannten Völker, der Ammoniter, Moabiter, Galaditer, Bataneer u. a. m. Der südliche Theil dieser Gegend führte zur Zeit der Besitznahme durch die Römer den Namen Peräa, und hier bestand die berühmte Dekapolis, oder der Bund der zehn Städte. Noch hatte kein europäischer Reisender dieses Gebiet besucht; für Seetzen ein hinreichender Grund, hier seine eigentlichen gelehrten Forschungen zu beginnen.

Seine Freunde in Damaskus versuchten zwar ihm diese Reise zu verleiden, indem sie die Schwierigkeiten und Gefahren des von Beduinen stark besuchten Weges schilderten, doch vermochte nichts, seinen Vorsatz zu erschüttern. Bevor er sich nach der eigentlichen Dekapolis wandte und die Städte-Ruinen dieses Bundes aufsuchte, durchstreifte Seetzen das Ländchen Ladscha, das in Damaskus wegen der Beduinen, die es bewohnten, in sehr üblem, aber daneben auch in dem Rufe stand, wichtige Alterthümer zu bergen.

Am 12. December 1805 brach Seetzen, der sich vorsorglich mit einem Passe des Paschas versehen hatte, mit einem armenischen Führer von Damaskus auf; Letzterer verirrte sich aber schon am ersten Tage, und Seetzen ließ sich durch einen bewaffneten Reiter von Dorf zu Dorf führen.

»Der Theil von Ladscha, den ich gesehen habe, sagt der Reisende in seinem, in den alten »Annales des Voyages« aufbewahrten Berichte, zeigt sich, wie Haouran, mit einem, meist sehr porösen Basalt erfüllt, der an manchen Stellen wirkliche Steinwüsten bildet. Die verfallenen Dörfer liegen gewöhnlich am Abhange von Felsen. Die schwarze Farbe der Basalte, die zusammengestürzten Häuser, Kirchen und Thürme, der gänzliche Mangel an Bäumen und Buschwerk – Alles verleiht diesen Gegenden ein düsteres, melancholisches Aussehen das die Seele mit Grauen erfüllt. Fast in jedem Dorfe findet man entweder griechische Inschriften, Säulen oder andere Ueberreste aus dem Alterthum. (Ich habe unter Anderem eine Inschrift des Kaisers Marc Aurel copirt.) Die Thürflügel sind hier, wie in Haouran, gewöhnlich aus Basalt gefertigt.«

Kaum war Seetzen in dem Dorfe Gerata angekommen und pflegte einige Augenblicke der Ruhe, als ihm eine Anzahl Berittener ankündigte, daß sie beauftragt seien, ihn im Namen des Gouverneurs von Haouran zu verhaften. Ihr Herr, Omar Aga, hatte vernommen, daß der Reisende sich schon im vorhergehenden Jahre im Lande aufgehalten habe, und in der Meinung, daß jener falsche Pässe bei sich führe, befohlen, ihn vorzuführen.

An Widerstand war nicht zu denken. Ohne hierüber besonders zu erschrecken, zog Seetzen, der die ganze Sache nur als einen widrigen Zufall auffaßte, anderthalb Tage durch Haouran, bis er Omar Aga auf der Straße nach Mekka antraf.

Er wurde von diesem wider Erwarten gut empfangen und konnte schon am nächsten Tage wieder weiter reisen; das Zusammentreffen mit mehreren Arabertruppen auf der Straße aber, denen er nur durch seine unerschrockene Haltung Respect einflößte, bewies ihm doch, daß Omar Aga ihn wohl hatte ausplündern lassen wollen.

Nach Damaskus zurückgekehrt, hatte Seetzen große Mühe, einen Führer zu finden, der erbötig gewesen wäre, ihn längs des östlichen Ufers des Jordans und um das Todte Meer zu begleiten. Endlich erklärte sich ein gewisser Yusuf al Milky, von Religion ein Grieche, der schon seit dreißig Jahren mit den arabischen Stämmen Handel getrieben und die Gegenden, welche Seetzen besuchen wollte, durchreist hatte, bereit, auf dessen Wünsche einzugehen.

Am 19. Januar 1806 verließen die beiden Reisenden Damaskus. Als Gepäck führte Seetzen nur einige Bündel mit sich, welche die unentbehrlichsten Bücher, Papier zum Trocknen von Pflanzen und einen Vorrath von Droguen enthielten, den er, um als Arzt, für den man ihn überall hielt, zu gelten, unbedingt besitzen mußte. Er trug dabei die Kleidung eines Scheikh zweiter Classe.

Seetzen durchforschte zuerst die beiden Districte von Rascheia und Hasbela, am Fuße des Berges Hermon, dessen Gipfel damals mit Schnee bedeckt erschien, weil jene von ganz Syrien noch am wenigsten bekannt waren.

An der anderen Seite des genannten Berges besuchte der Reisende zunächst Ascha, ein von Drusen bewohntes Dorf; Rascheia, die Residenz eines Emirs, und Hasbela, wo er bei dem gelehrten Bischof von Szur oder Sceida, an den er einen Empfehlungsbrief besaß, einkehrte. Am meisten erregte die Aufmerksamkeit des Reisenden in diesem Lande eine Asphaltgrube, »deren Product man hier dazu benutzte, die Weinberge vor Insecten zu schützen«.

Von Hasbela wandte sich Seetzen nach Baniaß, dem alten Cäsarea Philippi, jetzt ein elender Flecken von zwanzig Hütten. Fanden sich auch noch Spuren der Umfassungsmauern der ehemaligen Stadt, so war doch nicht das Geringste mehr von dem prächtigen Tempel übrig, den Herodes einst zu Ehren des Augustus errichten ließ.

Der Fluß Baniaß galt bei den Alten als Quelle des Jordan, während der Hasbeny, als weitaus längster Arm jenes Stromes, diesen Namen gewiß weit eher verdient hätte. Seetzen nahm diesen in Augenschein, gleich wie den See Merom oder Samachonitis der Alten.

Hier verließen ihn gleichzeitig seine Maulthiertreiber, die ihm um nichts in der Welt bis zur Brücke von Dschir Behat Jacub gefolgt wären, und sein Führer Yusuf, den er auf der Hauptstraße nach Tiberias schickte, um dort zu warten, während er zu Fuß und in Begleitung eines einzigen Arabers nach der gefürchteten Brücke zu aufbrach.

In Dschir Behat Jacub konnte Seetzen aber Niemand finden, der ihn am östlichen Ufer des Jordan hätte führen sollen, als ein Eingeborner, welcher gehört hatte, daß Jener Arzt sei, ihn bat, seinen an Ophtalmie leidenden, an der Westküste des Tiberiassees wohnenden Scheikh zu besuchen.

Seetzen ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen, sondern willigte sofort ein, denn sie gestattete ihm, den Tiberiassee und den Fluß Wady Szemmak kennen zu lernen, obwohl er dabei Gefahr lief, von seinem Führer geplündert, vielleicht am Ende gar ermordet zu werden. Endlich kam er aber glücklich in Tiberias, dem Tabaria der Araber, an, wo Yusuf ihn schon seit mehreren Tagen erwartete.

»Die Stadt Tiberias, sagt Seetzen, liegt unmittelbar am Ufer des gleichnamigen Sees und ist nach der Landseite zu von einer ansehnlichen Mauer aus behauenem Basalt umschlossen; dennoch verdient sie kaum den Namen einer befestigten Stadt. Kaum irgendwo zeigt sich eine Spur ihres früheren Glanzes, dagegen erkennt man noch die Ruinen der alten Stadt, die sich bis zu den, eine Stunde weiter östlich gelegenen warmen Bädern erstrecken. Der berühmte Djezar Pascha hat über der Hauptquelle einen Badesaal errichten lassen Lägen diese Bäder in Europa, so würden sie wahrscheinlich vielen, daselbst bekannten vorgezogen werden. Das Thal, in welchem der See liegt, begünstigt durch die Concentration der Wärme das Gedeihen der Datteln, Citronen- und Orangenbäume, sowie der Indigopflanze, während das höher gelegene Land die Erzeugnisse der gemäßigten Klimate liefern könnte.«

Westlich von der Südspitze des Sees findet man die Trümmer der alten Stadt Tarichäa. Hier beginnt zwischen zwei Bergzügen die schöne Ebene El Ghor, leider wenig angebaut und durch nomadisirende Araber unsicher gemacht.

Ohne bemerkenswerthen Zwischenfall setzte Seetzen seine Reise durch das Gebiet der Dekapolis weiter fort, nur mußte er sich als Bettler verkleiden, um der Habgier der Eingebornen zu entgehen.

»Ueber das Hemd, so berichtet er, zog ich einen alten Kambas oder Hausrock und darüber ein altes zerrissenes blaues Frauenhemd; den Kopf bedeckte ich mit einem Fetzen und trug ganz abgenutzte Pantoffeln an den Füßen. Ein zerlumpter, über die Schultern geworfener »Abbaje« schützte mich gegen Kälte und Regen, und ein Zweig diente mir als Stock. Mein Führer, ein griechischer Christ, trug ziemlich das nämliche Costüm, und in diesem Aufzuge durchwanderten wir zehn volle Tage das Land, oft aufgehalten durch kalte Regenschauer, welche uns bis auf die Haut durchnäßten. Einen ganzen Tag mußte ich sogar barfuß durch den Schmutz waten, da es unmöglich war, mit Pantoffeln auf dem lehmigen und von Regen durchweichten Boden fortzukommen.«

Draa, das man unsern von hier antrifft, ist nur ein Haufen verlassener Ruinen, ohne eine Spur der Baudenkmäler, denen es früher seine Berühmtheit verdankte.

Der Bezirk von El Botthin, der hierauf folgt, enthält mehrere Tausend im Felsen ausgearbeitete Höhlen, in welchen dessen frühere Bewohner hausten; doch war das auch zu Seetzen's Zeiten zum großen Theile noch der Fall.

Mkes war ehemals eine reiche und bedeutende Stadt, worauf noch die zahlreichen Reste von Säulengängen und Grabdenkmälern hinweisen. Seetzen hält dasselbe für identisch mit Gadara, einer der Städte zweiter Classe im Bunde der Dekapolis.

Wenige Stunden von hier liegen die Ruinen von Abil, dem Abila der Alten. Seetzen vermochte seinen Führer Aoser nicht zu bestimmen, mit dahin zu gehen, da jenen mancherlei über die Araber von Beni Spohar umlaufende Gerüchte zu sehr erschreckten. Er mußte also allein dahin wandern.

»Abil ist gänzlich zerstört und verlassen, berichtet der Reisende; von keinem Hause steht heute ein Stein auf dem andern, aber die Ruinen und Trümmer verrathen noch den früheren Glanz. Man findet hier schöne Ueberreste der alten Umfassungsmauer und eine Menge Wölbungen und Säulen aus Marmor, Basalt und grauem Granit. Außerhalb der Mauern entdeckte ich viele Säulen, darunter zwei von außerordentlicher Größe, was die Vermuthung nahe legt, daß hier ein umfangreicher Tempel gestanden haben möge.«

Von dem Bezirk von El Botthin aus besuchte Seetzen den von Edschinn. Hier fand er bald die Ruinen von Dscherrasch, welche sogar den Vergleich mit denen von Palmyra und Baalbek aushalten.

»Es erscheint ganz unerklärlich, sagt Seetzen, wie diese, früher so berühmte Stadt der Aufmerksamkeit der Alterthumsforscher und Liebhaber hat entgehen können. Sie liegt in einer fruchtbaren und gut bewässerten Ebene. Bevor ich jene betrat, fielen mir mehrere Sarkophage mit recht schönen Basreliefs in die Augen, darunter einer dicht am Wege mit griechischer Inschrift. Die Mauern der Stadt sind zwar völlig verfallen, doch erkennt man noch ihre Ausdehnung, welche drei Viertel bis eine Meile betragen haben mag. Die Mauern selbst bestanden durchweg aus behauenem Marmor. Der Raum innerhalb derselben ist uneben und senkt sich nach einem Flusse zu. Von Privathäusern ist kein einziges erhalten, dagegen fand ich noch mehrere öffentliche Gebäude, welche sich durch sehr schöne Architektur auszeichneten; unter anderen zwei prächtige Amphitheater, vollständig aus Marmor, mit vielen Säulen, Nischen und dergleichen, Alles noch wohl erhalten, einige Paläste und drei Tempel, davon einen mit einem Peristyl aus zwölf Säulen von korinthischer Ordnung, von denen elf noch aufrecht standen. In einem anderen Tempel fand sich eine umgestürzte Säule aus dem schönsten egyptischen Granit. Ich entdeckte auch noch ein recht gut erhaltenes Stadtthor, aus drei mit Pilastern geschmückten Bogen bestehend. Das schönste Baudenkmal, welches ich jedoch fand, war eine lange, von einer anderen gekreuzte Straße, deren beide Seiten je eine Reihe korinthischer Säulen aus Marmor zierte, und welche in der Richtung nach einem halbkreisförmigen, von sechzig jonischen Säulen. eingefaßten Platze lief... Am Kreuzungspunkte der beiden Straßen bemerkte man an den vier daselbst gebildeten Ecken je ein großes Piedestal von bearbeiteten Steinen, die früher offenbar Statuen getragen haben... Noch erkennt man einen Theil des früheren Pflasters aus großen, zugeschnittenen Steinen. Ich zählte etwa zweihundert Säulen, welche noch heute ihr Simswerk trugen; die Zahl der am Boden liegenden ist freilich eine weit größere, denn ich sah eigentlich nur die Hälfte der Stadt, und es dürfte sich wohl in der andern Hälfte, jenseits des Flusses, noch eine Menge merkwürdiger Alterthümer finden.«

Nach Seetzen's Ansicht kann Dscherrasch nur das alte Gerasa sein, eine Stadt, deren Lage in den Karten bis dahin stets unsicher bezeichnet war.

Der Reisende zog hierauf nach Serka, den Bezirk Jabok der hebräischen Geschichtsschreiber, der die Nordgrenze des Landes der Ammoniter bildet, und weiter durch El Belka, ein ehemals blühendes Land, das jetzt vollkommen verwildert und öde liegt, und in dem man nur einen einzigen Flecken, Szalt, das alte Amathusa, findet. Seetzen besuchte ferner Amman, ehedem das berühmte Philadelphia der zehn Städte, noch jetzt ein Fundort seltener Alterthümer; Eleala, eine alte Stadt der Amoriter; Madaba, das zu Moses' Zeiten Madba hieß; den Berg Nebo, Diban, die Landschaft von Karrak, die Heimat der Moabiter; die Ruinen von Robba (Rabbath), der Sitz der früheren Könige des Landes, und er gelangte so nach vielen Mühen und Beschwerden durch ein bergerfülltes Gebiet nach der am Südende des Todten Meeres gelegenen Gegend, welche Gor es Szophia genannt wird.

Unter starker Hitze mußte der Reisende über ausgedehnte Salzwüsten ziehen, welche jeder Bewässerung entbehrten. Am 6. April gelangte Seetzen dann nach Bethlehem und bald darauf nach Jerusalem, gepeinigt zwar von den Qualen entsetzlichen Durstes, aber mit der Befriedigung, Landschaften kennen gelernt zu haben, die noch kein Reisender vor ihm betreten hatte.

Gleichzeitig sammelte er schätzbare Beobachtungen über die Natur des Wassers im Todten Meere, widerlegte so manche darüber verbreitete Fabel, verbesserte verschiedene Irrthümer in den sonst besten Kartenwerken, identificirte mehrere heutige Städte mit solchen des alten Peräa und bestätigte das Vorhandensein zahlreicher Ruinen, welche für den blühenden Zustand dieser Gegend zur Zeit der Römerherrschaft Zeugniß ablegen. Am 25. Juni verließ Seetzen Jerusalem und kehrte auf dem Meere nach Akka (St. Jean d'Acre) zurück.

»Diese Reise bildet einen wirklichen Entdeckungszug,« sagt Vivien de St. Martin in einem Artikel der »Revue Germanique« von 1858.

Seetzen wollte seine Entdeckungen jedoch nicht lückenhaft lassen. Zehn Monate später unternahm er eine zweite Reise um den Asphaltsee und vervollständigte seine früheren Beobachtungen nach vielen Seiten hin.

Später ging der Reisende nach Kairo, wo er zwei volle Jahre verweilte. Ebenda erwarb er die größte Zahl orientalischer Handschriften, welche den Reichthum der Bibliothek von Gotha bilden, und sammelte alle möglichen Nachrichten über das Innere des Landes, von denen er, durch vortrefflichen Instinct geleitet, aber nur diejenigen aufbewahrte, welche die Kennzeichen fast absoluter Verläßlichkeit an sich trugen.

Diese verhältnißmäßige Ruhe, so weit sie auch von eigentlicher Unthätigkeit entfernt war, konnte doch Seetzen's unersättlichen Durst nach weiteren Entdeckungen nicht lange unterdrücken. Im April 1809 verließ er die Hauptstadt Egyptens und begab sich nach Suez und der Halbinsel des Sinai, den er näher besichtigen wollte, bevor er in Arabien eindrang. Im Ganzen sehr wenig bekannt, war Arabien bisher nur von Kaufleuten aus St. Malo besucht worden, die dahin kamen, um »die Bohne von Mekka« einzukaufen. Bis zu Niebuhr's Zeit wurde auch keine wissenschaftliche Expedition ausgesendet, um die Geographie des Landes und die Sitten der Einwohner desselben zu studiren.

Professor Niebuhr, dem zur Erklärung mehrerer Bibelstellen einige Unterlagen fehlten, war die Veranlassung zu dieser Expedition, deren Kosten König Friedrich V. von Dänemark bestritt.

Bestehend aus dem Mathematiker von Haven, dem Naturforscher Forskaal, dem Arzte Doctor Kramer, dem Maler Bauernfeind und dem Genie-Officier Niebuhr, erfüllte diese Gesellschaft strebsamer, gelehrter Männer die auf sie gerichteten Hoffnungen in wahrhaft glänzender Weise.

Von 1762 bis 1764 besuchten sie Egypten, den Berg Sinaï, Djedda, segelten nach Loheia und drangen in das Innere des Glücklichen Arabiens ein, wobei Jeder das Land vom Gesichtspunkte seines Faches aus erforschte. Anstrengungen und Krankheiten lähmten aber die Kräfte der unerschrockenen Reisenden, und bald war Niebuhr nur allein übrig, die von ihm und seinen Gefährten gesammelten Beobachtungen zu ordnen und zu verwerthen. Seine Arbeit stellt eine unerforschliche Fundgrube dar, die man noch heute mit Vortheil ausbeutet.

Man sieht, daß es Seetzen nicht leicht gemacht war, diese Reise seines Vorgängers in Schatten zu stellen. Zur Erreichung dieses Zieles wich er vor keinem Mittel zurück. Nachdem er sich am 21. Juni öffentlich zum Islam bekannt, schiffte er sich in Suez nach Mekka ein, in welcher Stadt er als Pilger Eintritt zu erlangen hoffte. Vor seinem Einzug in die heilige Stadt kam er noch nach Tor und Djedda. Er erstaunte übrigens gewaltig über den Zufluß von Gläubigen und den Charakter dieser Stadt, die für den und von dem Cultus lebte.

Das Ganze, sagt der Reisende, erregte in mir eine so ungewohnte Empfindung, wie ich sie nirgends vorher kennen gelernt hatte.«

Es wäre zwecklos, uns bei dieser Reise und bei dem Ausfluge nach Medina länger aufzuhalten. Wir entlehnen später die Beschreibung der heiligen Orte der knappen und trefflichen Schilderung Burkhardt's. Dazu besaß man lange Zeit von den Arbeiten Seetzen's nur die in den »Annales des Voyages« und in der »Correspondenz« des Barons Zach enthaltenen Auszüge. Erst im Jahre 1858 wurden die Reisetagebücher Seetzen's, und auch da noch lückenhaft, in deutscher Sprache veröffentlicht.

Von Medina kehrte der Reisende nach Mekka zurück, wo er sich eifrig, doch ohne Aufsehen, damit beschäftigte, die Stadt selbst und die Ceremonien des Cultus kennen zu lernen, auch die nöthigen astronomischen Beobachtungen anstellte, um die Lage dieser Hauptstadt des Islams genau zu bestimmen.

Am 23. März 1810 traf Seetzen wieder in Djedda ein und ging von hier aus mit dem Araber, der ihm noch in Mekka als Religionslehrer gedient hatte, zu Schiffe nach Hodeida, einem der bedeutendsten Häfen von Yemen. Nachdem er durch Beith el Fakih, einen Bergdistrict, in dem viel Kaffee gebaut wird, gekommen, und in Doran durch Krankheit nahezu einen Monat zurückgehalten worden war, erreichte Seetzen am 2. Juni Saana, die Hauptstadt von Yemen, die er die schönste Stadt des Morgenlandes nennt. Am 22. Juli reiste er wieder nach Aden und traf im November in Mekka ein, von wo aus man die letzten Briefe von ihm erhalten hat. Nach Yemen zurückgekehrt, wurde er, wie Niebuhr, seiner Sammlungen und Gepäcksstücke unter dem Vorwande beraubt, daß er Thiere sammle, um daraus einen Extract zur Vergiftung der Quellen zu bereiten.

Seetzen wollte sich aber nicht widerspruchslos berauben lassen, er begab sich auf der Stelle nach Saana, wo er bei dem Imam seine Reclamation anzubringen hoffte. Das war im December 1811. Wenige Tage später verbreitete sich das Gerücht von seinem in Taes eingetretenen Tode und kam bald zu den Ohren der Europäer, welche die arabischen Häfen besuchten.

Es ist heute ohne Bedeutung, zu fragen, wem die Schuld seines Todes beizumessen sei, ob dem Imam, oder Denen, die den Forscher ausplünderten, zu bedauern ist es aber, daß ein so gelehrter Reisender, der sich schon in die Sitten und Gebräuche der Araber eingelebt hatte, seine Forschungen nicht weiter fortsetzen konnte und daß der größte Theil seiner Tagebücher und Beobachtungen für immer verloren gegangen ist.

»Seetzen, sagt Vivien de Saint Martin, war seit Ludovico Barthema (1503) der erste Reisende, der bis Mekka gelangte und die, dem Grabe des Propheten geweihte Stadt Medina gesehen hat.«

Es erhellt daraus, welchen Werth der Bericht dieses unparteiischen, kenntnißreichen und wahrheitsliebenden Reisenden hätte haben müssen.

Eben als ein unerwarteter Tod dem Streben Seetzen's ein Ziel setzte, folgte Burkhardt seiner Fährte und bereitete sich, wie Jener, durch einige Züge in Syrien zu einer weit ausgedehnten und eingehenden Erforschung Arabiens vor.

»Es ist eine Seltenheit in der Geschichte der Wissenschaft, bemerkt Vivien de Saint Martin, zwei Männer von gleich hohem Werthe einander folgen, oder sich gewissermaßen ergänzen zu sehen. Burkhardt schlug nämlich häufig den von Seetzen früher eröffneten Weg ein, und es gelang ihm, lange Zeit durch besonders glückliche Umstände begünstigt, sehr verschiedenartige Züge auszuführen und den schon bekannten Entdeckungen seines Vorgängers manche wichtige und neue hinzuzufügen.«

Obgleich Burkhardt nicht eigentlich Engländer ist, da seine Wiege in Lausanne stand, so ist er doch unbedingt den Reisenden Großbritanniens zuzurechnen, denn er verdankt es nur seinen Beziehungen zu Sir Josef Banks, dem Naturforscher und Begleiter Cook's, dem Grafen Hamilton, Secretär der Afrikanischen Gesellschaft, und der warmen Empfehlung dieser Beiden, daß er in den Stand gesetzt wurde, mit Nutzen zu reisen.

Nach eingehenden Studien, zuerst an den Universitäten zu Leipzig und Göttingen, wo er Blumenbach's Vorlesungen hörte, und später in Cambridge, wo er die arabische Sprache lernte, schiffte sich Burkhardt am 24. Februar 1809 nach dem Orient, und zwar zunächst nach Malta ein. Als Vorbereitung auf die Beschwerden des Lebens eines Reisenden unterzog er sich freiwillig längerem Fasten, ertrug auch den brennendsten Durst und nahm Londoner Pflastersteine als Kopfkissen oder schlief gleich im Staube der Straße.

Um wieviel blieben aber diese knabenhaften Uebungen im Entbehren gegen die Anforderungen zurück, welche an ihn als begeisterten Jünger der Wissenschaft herantraten?

Von London nach Syrien abgereist, wo er sich in der arabischen Sprache vervollkommnen wollte, dachte Burkhardt sich sofort nach Kairo zu begeben und auf dem früher von Hornemann eingeschlagenen Wege nach Fezzan vorzudringen. Wenn er hierher gekommen, wollte er den Umständen überlassen, zu bestimmen, welchem Wege er weiter folgen sollte.

Burkhardt nahm nun den Namen eines Scheich Ibrahim Ibn Abdallah an und gab sich für einen indischen Muselman aus. Um seine Verkleidung glaubhaft erscheinen zu lassen, mußte er wiederholt zur List seine Zuflucht nehmen. Eine nekrologische Notiz in den Annales des Voyages meldet, daß Burkhardt, als man ihn ersucht hatte, indisch zu sprechen, ohne Zögern deutsch gesprochen habe. Ein italienischer Dolmetscher, der ihn im Verdacht hatte, ein Giaur zu sein, ging so weit, ihn am Barte zu zupfen, eine Beleidigung, wie man sie schwerer einem Muselman nicht anthun kann. Burkhardt war so mit Fleisch und Bein in seiner Rolle aufgegangen, daß er auf der Stelle mit einem gewaltigen Faustschlag antwortete, der den verwegenen Dolmetscher zehn Schritte weit hintaumeln ließ, die Lacher auf seine Seite brachte und sie von seiner Echtheit überzeugte.

Vom September 1809 bis zum Februar 1812 verweilte Burkhardt in Aleppo und unterbrach seine Studien der Sprache und Sitten Syriens nur durch eine zehnmonatliche Reise nach Damaskus, Palmyra und nach Haouran – das Land, welches vor ihm nur Seetzen allein besichtigt hatte.

Es wird erzählt, daß Burkhardt bei einem Ausfluge nach Zor, einem nördlich von Aleppo, am Ufer des Euphrat gelegenen Districte, des Gepäcks und der Kleider beraubt wurde. Es blieb ihm nur noch seine Hofe übrig, als ihm die Frau eines Anführers, die keinen Beuteantheil bekommen hatte, auch noch dieses unentbehrliche Kleidungsstück wegnehmen wollte.

»Diese Züge, heißt es in der »Revue Germanique«, lieferten eine Menge Nachrichten über Länder, von denen man außer den unvollständigen Mittheilungen Seetzen's keinerlei Kenntniß besaß. Selbst in häufiger besuchten Gegenden wußte Burkhardt's Beobachtungstalent viel interessante Einzelheiten aufzufinden, die dem gewöhnlichen Reisenden meist entgehen... Dieses werthvolle Material gab später der Oberst Martin William Bake heraus, der sich auch selbst als Reisender, kenntnißreicher Geograph und tiefgebildeter Gelehrter auszeichnete.«

Burkhardt hatte Palmyra und Baalbek, den Abhang des Libanon, das Thal des Orontes, den See Hhuleh und die Quellen des Jordan in Augenschein genommen und dabei zuerst über eine große Anzahl alter Städte berichtet. Seinen Hinweisungen verdanken wir die sichere Bestimmung der Lage des berühmten Apamäa, obwohl er selbst und sein Herausgeber sich über die Bedeutung ihrer eigenen Angaben getäuscht hatten. Endlich sind seine Züge durch Auranitis, selbst nach denen Seetzen's, allseitig reich an geographischen und archäologischen Nachrichten, welche den heutigen Zustand des Landes kennen lehren und helle Streiflichter auf die vergleichende Geographie aller Epochen werfen.

Im Jahre 1812 verließ Burkhardt Damaskus, besuchte das Todte Meer, das Thal von Acaba und den alten Hafen Aziongaber, lauter Gegenden, welche heutzutage ganze Gesellschaften von Engländern, den Murray, Cook oder Bädeker in der Hand, durchstreifen, in die man sich aber damals nur mit Lebensgefahr wagen durfte In einem Seitenthale entdeckte der Reisende die umfänglichen Ruinen von Peträa, der alten Hauptstadt des Steinichten Arabiens, wieder.

Gegen Ende des Jahres befand sich Burkhardt in Kairo. Es schien ihm nicht an der Zeit, sich der eben nach Fezzan ziehenden Karawane anzuschließen. Dagegen zog es ihn weit mehr nach Nubien als dem für Geschichtsschreiber, Geographen und Archäologen weit merkwürdigeren Lande. Seit dem Portugiesen Alvares war diese Wiege der egyptischen Cultur nur von den Franzosen Poncet und Lenoir Duroule, gegen Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts, besucht worden, ferner von Bruce, dessen Bericht so vielfach angezweifelt worden ist, und endlich von Norden, der aber über Derr nicht hinauskam.

Im Jahre 1813 durchforschte Burkhardt das eigentliche Nubien, das Gebiet von Kennour und Mohaß. Dieser Ausflug kostete ihm nur zweiundvierzig Francs, freilich eine bescheidene Summe im Vergleiche zu dem Aufwand, den jetzt die kürzesten Reisen in Afrika verursachen. Burkhardt wußte sich aber auch als Mahlzeit mit einer Handvoll Durrah (Hirse) zu begnügen, und seine ganze Begleitung bestand aus zwei Dromedaren.

Gleichzeitig mit ihm durchstreiften das Land zwei Engländer, die Herren Leph und Swelt, die ihren Weg mit Gold und Geschenken bestreuten und ihren Nachfolgern alle späteren Unternehmungen wesentlich vertheuerten.

Burkhardt überschritt die Katarakten des Nils.

»Unsern von hier, heißt es in dem Berichte, nahe einer Ortschaft mit Namen Djebel Lamule, haben die arabischen Führer die Gewohnheit, von dem, den sie geleiten, eine Extrabelohnung zu beanspruchen. Sie verfahren dabei wie folgt: sie machen Halt, steigen zur Erde herab und errichten aus Sand und Kieselsteinen einen kleinen Haufen, ähnlich dem, den die Nubier auf den Gräbern anzubringen pflegen, das nennen sie »das Grab des Reisenden herstellen«. An diese Demonstration schließt sich eine ziemlich ungestüme Forderung. Als Burkhardt seinen Führer diese Arbeit vornehmen sah, that er ganz ruhig das Gleiche. Dann wendete er sich an jenen mit den Worten: »Hier ist auch Dein Grab und da wir Brüder sind, ist es nicht mehr als billig, daß wir zusammen unter die Erde gebracht werden!« Der Araber mußte unwillkürlich lachen; dann zerstörte man gegenseitig die unheimlichen kleinen Hügel und bestieg in ungestörter Freundschaft die Kameele wieder. Der Araber citirte einen Vers aus dem Koran, welcher sagt: »Kein Sterblicher weiß, wo ihm einst seine Ruhestätte gegraben wird.«

Burkhardt wäre auch gerne nach Dongolah vorgedrungen, er mußte sich aber damit begnügen, verschiedene, übrigens sehr interessante Mittheilungen über das Land und über die Mameluken zu sammeln, die sich nach dem Blutbade jener mächtigen Miliz, der Arnauten, damals die Werkzeuge des Paschas von Egypten, geflüchtet hatten.

Ruinen von Tempeln und alten Städten veranlaßten den Reisenden, wiederholt Halt zu machen; unter diesen gab es keine merkwürdigeren, als die von Ibsambul.

»Vor dem Tempel, so lautet sein Bericht, der unmittelbar am Ufer des Stromes (des Nils) liegt, stehen sechs kolossale Figuren, die vom Boden bis zu den Knieen sechseinhalb Fuß messen; sie stellen Isis und Osiris in verschiedenen Lagen vor... Alle Mauern und Säulenköpfe sind mit Malereien oder hieroglyphischen Skulpturen bedeckt, aus deren Styl Burkhardt auf ein sehr hohes Alter derselben schließt. Alles ist aus dem natürlichen Felsen gemeißelt. Die Gesichter scheinen gelb, die Haare der Figuren schwarz gefärbt zu sein. Gegen zweihundert Yards von diesem Tempel entfernt, findet man die Reste eines noch riesigeren Monuments; es besteht aus vier ungeheuren, fast ganz im Sande vergrabenen Figuren, so daß man nicht unterscheiden kann, ob diese eine stehende oder sitzende Lage haben...«

Wozu sollen wir uns aber bei den Beschreibungen von Denkmälern aufhalten, welche heutzutage genau bekannt, gemessen, gezeichnet, meist auch photographirt sind? Die Reiseberichte aus jener Zeit bieten ja eigentlich nur das Interesse, den Zustand von Ruinen zu schildern und die Veränderungen beurtheilen zu können, welche der Vandalismus der Araber später hervorgebracht hat.

Die von Burkhardt bei diesem ersten Ausfluge durchreiste Strecke umfaßt nur die Uferlandschaften des Nils, also einen sehr schmalen Streifen, und eine Reihe kleiner Thäler, welche sich nach dem Strome zu öffnen. Er schätzt die Bevölkerung dieses Gebietes auf etwa hunderttausend Menschen, die auf einem culturfähigen Erdstreifen von vierhundertfünfzig Meilen Länge und einer Viertelmeile Breite zerstreut wohnen.

»Die Männer hier sind sehr wohl gebaut, stark und muskelkräftig, an Wuchs den Egyptern etwas nachstehend, und ohne Backen- oder Schnurrbart, nur mit einem Anflug von Flaum unter dem Kinn. Ihr Gesicht besitzt einen angenehmen Ausdruck, und sie übertreffen die Egypter entschieden an Muth und Intelligenz. Neugierig und gern über Alles fragend, kennen sie doch den Diebstahl nicht. Zuweilen sammeln sie durch fleißige Arbeit in Egypten ein kleines Vermögen, dagegen mangelt es ihnen völlig an Handels- und Unternehmungsgeist. Die Frauen theilen jene körperlichen Vorzüge; es giebt darunter recht hübsche, und alle sind gut gebaut; ihre Züge sind sehr zart und von wohlthuendem züchtigen Ausdruck.

Denon hat die Nubier offenbar zu gering geschätzt, wenn auch zuzugeben ist, daß ihre Natur von Bezirk zu Bezirk wechselt; da, wo das anbaufähige Terrain von größerer Breite ist, scheinen sie meist wohlgebildet, während in den Gegenden, wo der fruchtbare Boden sich auf einen schmalen Landstrich beschränkt, die Einwohner kraftloser erscheinen und manchmal wirklich wandelnden Skeleten gleichen.«

Das Land seufzte unter dem despotischen Joche der Kachefs, der Abkömmlinge eines Anführers der Bosniaken, die an Egypten nur einen unbedeutenden jährlichen Tribut entrichten. Dennoch dient derselbe ihnen zum Vorwand, die unglücklichen Fellahs auf jede Weise zu unterdrücken. Burkhard erzählt ein Beispiel von der frechen Rücksichtslosigkeit, mit der die Kachefs bei ihren Razzias verfahren.

»Hassan Kachef, sagte er, brauchte Hafer für seine Pferde; er geht deshalb, von vielen Sklaven begleitet, durch die Felder; bei einem hübschen Stück Hafer trifft er den Eigenthümer desselben.

Ihr benutzt Euer Feld sehr schlecht, herrscht er diesen an; Ihr besäet das Feld mit Hafer, wo Ihr vortreffliche Wassermelonen anbauen könntet, welche den doppelten Ertrag liefern würden. Nun, hier habt Ihr Melonenkerne (er giebt dabei dem Bauer eine Handvoll), säet sie auf Euer Feld, und Ihr Sklaven, mäht diesen gewöhnlichen Hafer ab und schafft ihn zu mir.«

Nachdem er bis zum März 1814 der Ruhe gepflegt, unternahm Burkhardt einen neuen Zug, diesmal aber nicht längs der Ufer des Nils, sondern in die eigentliche nubische Wüste. Da er wußte, daß die Armuth die wirksamste Leibwache bildet, schickte der vorsichtige Reisende seinen Diener zurück, verkaufte sein Kameel und schloß sich, nur einen Esel mit sich führend, einer Karawane kleinerer Kaufleute an.

Die Karawane brach nach Daru, einem zur Hälfte von Fellahs, zur Hälfte von Ababden bewohnten Dorfe auf. Ueber die Ersteren hatte der Reisende bittere Klage zu führen, nicht weil sie ihn als Europäer erkannt hätten, sondern weil sie ihn im Gegentheil für einen Türken aus Syrien ansahen, der in der Absicht gekommen wäre, ihnen einen Theil des Sklavenhandels, dessen Monopol sie gewissermaßen besaßen, zu entreißen.

Es wäre nutzlos, hier die Namen der Brunnen, Hügel und Thäler jener Wüsten aufzuzählen. Wir ziehen es vor, nach dem Berichte des Reisenden die physikalischen Verhältnisse der Gegend zu schildern.

Bruce, der hier gewesen war, malt dieselbe mit zu düsteren Farben und übertreibt, um seine Verdienste mehr hervorzuheben, auch die Schwierigkeiten des Weges. Wenn man Burkhardt Glauben schenkt, so wäre dieser sogar minder trostlos, als der Weg von Aleppo nach Bagdad, oder von Damaskus nach Medina. Die nubische Wüste besteht keineswegs aus einer grenzenlosen Sandsteppe, deren tödtliches Einerlei nirgends unterbrochen scheint. Sie enthält da und dort sogar Felsen, manchmal von zwei- bis dreihundert Fuß Höhe, und wohl auch von ausgedehnten Doums-oder Akazienhainen beschattet. Die so durchsichtige Belaubung dieser Bäume bietet freilich nur einen trügerischen Schutz gegen die fast lothrechten Strahlen der Sonne. Daher auch das arabische Sprichwort: »Rechnen auf den Schutz eines Großen und auf den Schatten der Akazie.«

In Ankheyre oder Uadù Berber erreichte die Karawane den Nil, nachdem sie über Schiggre gezogen, wo sich inmitten der Berge die schönsten Quellen finden. Die einzige mit einem Zuge durch diese Wüste verbundene Gefahr liegt darin, den Brunnen von Nedjeym ausgetrocknet zu treffen, und wenn man sich sonst nicht vom Wege verirrt, was mit guten Führern kaum vorkommen kann, so hat man ernsthaftere Hindernisse nicht zu fürchten.

Die Schilderung der Leiden, welche Bruce hier erduldet haben will, muß also wesentlich abgeschwächt werden, obgleich der Bericht des schottischen Reisenden sonst meist der Wahrheit die Ehre giebt.

Die Bewohner des Berberlandes scheinen die Barbarins Bruce's, die Berabras d'Anville's und die Barauras Poncet's zu sein. Ihre Formen sind schön und ihre Gesichtszüge unterscheiden sich wesentlich von denen der Neger. Sie erhalten sich diese Reinheit des Blutes, indem sie nur Töchter ihres Stammes oder eines anderen arabischen Volkes zu Frauen wählen. Die Schilderung, welche Burkhardt von den Sitten und dem Charakter dieses Volkes entwirft, ist zwar recht merkwürdig, aber keineswegs erbaulicher Art.

Nur schwer könnte man eine Idee von der Corruption und Versunkenheit der Bewohner von Berber geben.Als Mittelpunkt lebhaften Handels, als Sammelplatz der Karawanen und als Sklavendepoi vereinigt diese kleine Stadt Alles, um sie zu einem Lieblingsplatz von Banditen zu machen. Die Handelsleute aus Daoron, auf deren Schutz Burkhardt bisher sehr mit Unrecht gezählt hatte, während sie ihn nur auszubeuten suchten, schlossen ihn, als sie Berber verließen, von ihrer Gesellschaft aus, und der Reisende mußte nun Aufnahme bei den Führern und Eseltreibern suchen, die ihm bereitwillig entgegenkamen.

Am 10. April wurde die Karawane, wenig südlich von einem Nebenflusse des Mogrea (dem Mareb Bruce's), durch den Mek von Damer gebrandschatzt.

Letzteres ist ein Fakir-Dorf, welches reinlich und gut erhalten, recht vortheilhaft gegen den Schmutz und die Ruinen von Berber absticht. Diese Fakirs treiben Hexerei in jeder Richtung, von der einfachen Magie bis zur schamlosesten Charlatanerie. Einer derselben, sagt man, hatte sogar ein Lamm in dem Magen eines Mannes blöken lassen, das dieser geraubt und verzehrt hatte. Die höchst unwissenden Völker nehmen derlei für baare Münze, und man muß leider gestehen, daß das nicht wenig zur Erhaltung der Ordnung und Ruhe in der Stadt, wie zum Gedeihen des ganzes Landes beiträgt.

Von Damer aus gelangte Burkhardt nach Schendy, wo er einen ganzen Monat verweilte, ohne daß Jemand in ihm den Ungläubigen argwöhnte. Unbedeutend zur Zeit der Reise Bruce's, zählte Schendy später nicht weniger als tausend Häuser. Daselbst wurde lebhafter Handel getrieben, bei dem die Durrah (Hirse), Sklaven und Kameele die Stelle der Zahlungsmittel vertraten. Die gesuchtesten Artikel waren Gummi, Elfenbein, Gold in Stangen und Straußenfedern.

Die Zahl der jährlich in Schendy verkauften Sklaven erreichte nach Burkhardt wenigstens fünftausend, davon zweitausendfünfhundert für Arabien, vierhundert für Egypten, tausend für Dongola und die Küsten des Rothen Meeres.

Der Reisende benutzte seinen Aufenthalt nahe der Grenze von Sennaar, um auch über dieses Königreich Kenntnisse zu erwerben. Man erzählt unter anderen Eigenthümlichkeiten, daß der König eines Tages den Gesandten Mehemed Ali's eingeladen habe, einer Musterung seiner Reiterei, die er für unüberwindlich hielt, beizuwohnen; der Gesandte bat ihn darauf, auch einmal das Exerciren der türkischen Artillerie in Augenschein zu nehmen. Bei dem ersten Krachen der kleinen, von Kameelen getragenen Feldgeschütze ergriffen da die Reiterei, das Fußvolk, die Zuschauer, der ganze Hof und der König mit eiligst die Flucht!

Burkhardt verkaufte seinen kleinen Waarenvorrath; der Nergeleien der egyptischen Kaufleute, seiner Reisegesellschafter, überdrüssig, schloß er sich nun an eine Karawane von Suakim in der Absicht an, das bis dahin gänzlich unbekannte Land, welches sich bis über die letzte Stadt Schendy hinaus erstreckte, zu durchstreifen. Von Suakim aus hoffte er sich nach Mekka einschiffen zu können, wo er von den Hadjis für seine weiteren Projecte eine wirksame Unterstützung erwartete.

»Die Hadjis, sagt er, bilden eine geschlossene Körperschaft, und Niemand wagt, ein Mitglied derselben anzugreifen, aus Furcht, sich der Rache aller Uebrigen auszusetzen.«

Die Karawane, der sich Burkhardt anschloß, bestand aus hundertfünfzig Kaufleuten und dreihundert Sklaven. Zweihundert Kameele trugen schwere Lasten Tabak und »Dammur«, das ist ein in Sennaar fabricirter Stoff.

Das erste, unserem Reisenden in die Augen fallende interessantere Object war der Atbara, dessen mit großen Bäumen bedeckte Ufer nach einem Zug durch verlassene Wüsten einen erquickenden Anblick gewährten.

Dem Laufe des Flusses folgte man nun bis zu dem fruchtbaren Bezirke von Taka. Die weiße Haut des Scheich Ibrahim – wir wissen, daß Burkhardt sich diesen Namen beigelegt hatte – entlockte in den meisten Dörfern der weiblichen Bewohnerschaft, welche Araber viel seltener zu Gesicht bekamen, gar manchen Schreckensschrei.

»Eines Tages, erzählt der Reisende, erklärte mir ein Landmädchen, der ich Zwiebeln abgekauft hatte, sie werde mir noch mehr geben, wenn ich ihr meinen entblößten Kopf zeige. Ich verlangte dafür acht Stück, die sie mir sofort einhändigte. Als sie aber, nachdem ich den Turban abgenommen, einen ganz weißen, glatt geschorenen Schädel sah, wich sie voller Entsetzen zurück und erwiderte auf meine im Scherz gestellte Frage, ob sie sich einen Mann mit solchem Kopfe wünschte, unter allen Zeichen des Abscheus, daß sie lieber den häßlichsten, von Darfur hergeschleppten Sklaven wählen würde.«

Kurz vor Goz Radjel bemerkte Burkhardt ein Bauwerk, das man ihm als Kirche oder Tempel bezeichnete, denn das Wort hat diese zwei Bedeutungen. Er ging schon darauf zu, als ihn seine Gefährten zurückriefen.

»Die ganze Umgebung steckt voller Räuber; Du kannst keine hundert Schritte gehen, ohne angefallen zu werden!«

War jenes nun ein egyptischer Tempel oder vielleicht ein aus der axumitischen Herrschaft herrührendes Bauwerk? Darüber vermochte der Reisende keine Gewißheit zu erlangen.

Die Karawane kam endlich nach dem Lande Taka oder El Gasch, eine große, im Juni und Juli von austretenden kleinen Flüssen überschwemmte Ebene, welche durch den abgesetzten Schlamm ungemein fruchtbar wird. So steht auch der hier gewachsene und in Djedda zu Markte gebrachte Durrah im Preise um zwanzig Percent höher als die egyptische Hirse.

Die Bewohner, Hadendoas genannt, sind verrätherisch, diebisch, blutdürstig, und ihre Weiber fast ebenso sittenlos wie die Frauen von Schendy und Berber.

Will man von Taka aus nach Suakim und dem Ufer des Rothen Meeres gehen, so muß man eine Kette von Kalkbergen übersteigen, in der man Granit nur bei Schinterab findet. Der Weg über die Gebirge bietet übrigens keine besonderen Schwierigkeiten. Der Reisende gelangte auch ohne Unfall am 26. Mai nach Suakim.

Burkhardt sollte aber noch keineswegs aller Mühsal enthoben sein. Der Emir und der Aga hatten sich verständigt, ihn zu berauben, und er sah sich schon einer Behandlung wie der geringste Sklave ausgesetzt, als der Anblick der Fermans, die er von Mehemed Ali und Ibrahim Pascha besaß, die Scene vollkommen veränderte. Statt in's Gefängniß zu wandern, wovon er bedroht war, wurde der Reisende nun zu dem Hause des Aga geführt, der ihm Wohnung geben und eine junge Sklavin zum Geschenk machen wollte.

»Diese zwanzig bis zweiundzwanzig Tage dauernde Fahrt zwischen dem Nil und dem Rothen Meere war die erste, welche ein Europäer ausgeführt hat. Ihr verdankte das Abendland die erste verläßliche Kunde über die theils nomadisirenden, theils seßhaften Völkerstämme jener Gegend. Burkhardt's Beobachtungen sind von bleibendem Interesse, so daß es kaum eine lehrreichere und gleichzeitig ansprechendere Lectüre geben dürfte.«

Burkhardt ging am 7. Juli an Bord eines einheimischen Schiffes und erreichte nach elf Tagen Djeddah, das den Hafen Mekkas bildete.

Djeddah ist am Ufer des Meeres erbaut und mit Mauern umgeben, welche, wenn auch gegen Artillerie ohnmächtig, doch hinreichen mögen, die Stadt gegen die Wahabiter zu vertheidigen. Die Letzteren, die sogenannten »Puritaner des Islam«, bilden eine Dissidentensecte, deren Hauptaufgabe in der Zurückführung der mohammedanischen Religion zu ihrer ursprünglichen Einfachheit besteht.

»Eine Batterie, sagt Burkhardt, schützt den Eingang von der Seeseite und beherrscht den ganzen Hafen. Da sieht man auf seiner Laffette ein außergewöhnlich großes Geschütz, welches Kugeln von fünfhundert Pfund Gewicht schleudert und im ganzen arabischen Golf so berühmt ist, daß schon das Ansehen, in dem es steht, Djeddah einen gewissen Schutz verleiht.«

Eine der größten Unannehmlichkeiten der Stadt beruht in ihrem Mangel an Trinkwasser, das aus etwa zwei Meilen entfernten Brunnen herbeigeschafft werden muß. Ohne Gärten, ohne Grün, ohne Dattelpalmen und trotz einer Bevölkerung von zwölf- bis fünfzehntausend Seelen – eine Zahl, die sich zur Zeit der Pilgerfahrten mehr als verdoppelt – bietet Djeddah einen ganz absonderlichen Anblick. Seine Bevölkerung ist keineswegs eine ortseingeborne; sie besteht vielmehr aus Eingebornen von Hadramazt, Yemen, oder aus Indiern von Surate und Bombay, endlich aus Malayen, die, auf Pilgerfahrten hierher gekommen, den Stamm der Stadtbewohner bildeten.

Mitten unter sehr eingehenden Schilderungen der Sitten, Lebensweise, Waarenpreise und der Anzahl der Kaufleute, begegnet man in Burkhardt's Bericht mehr als einer interessanten Anekdote.

Bei Erwähnung der eigenthümlichen Gewohnheiten der Bewohner Djeddahs, sagt der Reisende:

»Fast Jedermann pflegt des Morgens eine Kaffeetasse voll »Ghi«, das ist zerlassene Butter, zu sich zu nehmen. Nachher trinkt man Kaffee, der als hervorragendes Stärkungsmittel angesehen wird, und daran haben sich die Leute von frühester Jugend an so sehr gewöhnt, daß sie sich sehr unwohl fühlen würden, wenn sie diesen Gebrauch aussetzten. Leute aus besseren Ständen begnügen sich, die Tasse flüssiger Butter zu trinken. Die unteren Classen fügen jener aber noch eine halbe Tasse hinzu, die sie durch die Nasenlöcher einsaugen, in der Meinung, dadurch der schlechten Luft den Eintritt in den Körper durch diese Oeffnung zu verschließen.«

Am 24. August verließ der Reisende Djeddah, um sich nach Taïf zu begeben. Der Weg zieht sich durch eine Kette von Bergen, durch Thäler mit romantischen Landschaften und überraschend üppigem Grün dahin. Burkhardt wurde hier für einen englischen Spion gehalten und scharf überwacht. Trotz des scheinbar wohlwollenden Empfangs seitens des Paschas, konnte er sich doch nicht frei bewegen und mußte fast auf alle Beobachtungen verzichten.

Taïf ist, wie es scheint, berühmt durch die Schönheit seiner Gärten; Rosen und Weintrauben werden von hier nach allen Theilen von Hedjaz ausgeführt. Die Stadt betrieb überhaupt beträchtlichen Handel und erfreute sich des besten Gedeihens, bis sie von den Wahabitern geplündert wurde.

Die Ueberwachung, der sich Burkhardt ausgesetzt sah, beschleunigte seine Abreise, und schon am 7. September schlug er den Weg nach Mekka ein. Sehr bewandert im Koran und vertraut mit den Vorschriften des Islam, war Burkhardt vollkommen befähigt, die Rolle eines Pilgers zu spielen. Die erste darauf bezügliche Maßregel seinerseits bestand darin, sich, wie es das Gesetz dem nach Mekka ziehenden Pilger vorschreibt, mit dem »Ihram« zu bekleiden, das sind mehrere Stücke Kattun ohne Naht, deren eines um die Hüften geschlungen, das andere um Hals und Schultern geworfen wird. Des Pilgers erste Pflicht in Mekka ist es, nach dem Tempel zu gehen, selbst bevor er sich um Obdach bekümmert. Burkhardt versah das ebenso wenig wie die Einhaltung aller für diesen Fall bestehenden Riten und Ceremonien, lauter Sachen von speciellem, aber eben deshalb zu beschränktem Interesse, um hier länger dabei zu verweilen.

»Mekka, sagt Burkhardt, darf eine hübsche Stadt genannt werden. Ihre Straßen sind breiter als sonst die Straßen im Morgenlande. Die Häuser sind hoch und aus Steinen gebaut; die zahlreich nach der Straße zu liegenden Fenster verleihen ihnen ein freundlicheres und mehr europäisches Ansehen, als das der Häuser in Egypten und Syrien, welche nach außen zu nur sehr wenig Fenster zeigen... Jedes Haus hat seine Terrasse, deren cementbelegter und etwas geneigter Boden das Wasser durch Rinnen nach der Straße zu abführt. Diese Plattformen sind durch eine Mauer abgeschlossen; im ganzen Orient ist es nämlich für jeden Mann verpönt, sich daselbst zu zeigen; man würde ihn beschuldigen, die Weiber zu belauschen, welche auf der Terrasse den größten Theil ihrer Zeit mit dem Trocknen des Getreides oder der Wäsche und anderen häuslichen Verrichtungen zubringen. Der einzige, öffentliche Platz der Stadt ist der Hof der Moschee. Bäume giebt es nur wenig, kein Garten erquickt das Auge, dagegen ist die Scene während der Pilgerfahrten durch eine Menge wohlversehener Verkaufsstände belebt, die man überall aufgeschlagen sieht. Außer fünf bis sechs umfänglicheren, dem Sherif gehörigen Gebäuden, zwei Medressen oder Gelehrtenschulen, welche aber, jetzt als Kornmagazine dienen, und der Moschee selbst, nebst einigen dazu gehörigen Bauwerken und Schulen, kann sich Mekka keines öffentlichen Gebäudes rühmen und steht hierin gegen andere orientalische Städte von gleichem Umfange wesentlich zurück.«

Die Straßen sind nicht gepflastert, und da man Schleußen hier nicht kennt, so bilden sich gelegentlich Wasserlachen und Schmutztümpel, welche jeder Beschreibung spotten.

Zum Genuß verwendet man nur Regenwasser, denn dasjenige, welches die Senkbrunnen liefern, ist so salzhaltig, daß es fast zu nichts brauchbar erscheint.

Da, wo sich das Thal in der Mitte der Stadt am meisten verbreitert, erhebt sich die Beithu'llah oder El Haram genannte Moschee, ein Bauwerk, das seine Berühmtheit nur dem Umstande verdankt, daß es die heilige Kaaba enthält, denn in anderen Städten des Morgenlandes giebt es mindestens ebenso große und oft weit schönere Moscheen.

Dieselbe liegt auf einem länglichen, nach Osten zu von vierfacher, nach den anderen Seiten von dreifacher Colonnade eingeschlossenen Platze; die Säulen sind unter einander durch Bogenwölbungen verbunden; je vier und vier tragen eine mit Mörtel beworfene und geweißte Kuppel. Einige Säulen bestehen aus weißem Marmor, andere aus Granit oder Porphyr, die meisten aber aus gewöhnlichem, in den Bergen bei Mekka gebrochenem Stein.

Die Kaaba selbst ist so häufig zerstört und wieder hergestellt worden, daß an ihr eigentlich nichts von hohem Alter ist. Sie war übrigens schon vor der Moschee, die sie heute umschließt, vorhanden.

»Die Kaaba selbst, schreibt der Reisende, ist auf einem zwei Fuß hohen und stark geneigten Unterbau angebracht. Mit ihrem platten Dache bietet sie aus gewisser Entfernung ganz das Bild eines Würfels. Die einzige in dieselbe führende, und nur zwei oder dreimal des Jahres geöffnete Pforte befindet sich an der Nordseite und etwa sieben Fuß über der Erde, so daß man nur über eine hölzerne Treppe hinein gelangen kann... An der nordöstlichen Ecke, nahe der Thür, ist der berühmte »schwarze Stein« eingesetzt, der, etwa vier oder fünf Fuß über dem Boden, einen Theil der Wandecke selbst bildet... Die Natur dieses Steines läßt sich nur schwer feststellen, so sehr ist heutzutage die Oberfläche desselben durch die Küsse und Berührungen von nach Millionen zählenden Pilgern abgeschliffen. Die Kaaba hüllt ein großes, schwarzes Stück Seidenstoffes vollständig ein, so daß nur das Dach frei bleibt. Diese Decke oder Vorhang heißt »Kesua«, wird jährlich zur Zeit der Pilgerfahrten erneuert und von Kairo, wo man denselben auf Kosten des Großherrn herstellt. hierher geschafft.«

Bisher besaß man noch keine genaue Beschreibung von Mekka und seinem Heiligthum. Deshalb theilten wir hier einige Auszüge aus dem Originalwerke mit, welche leicht zu vermehren wären, denn es enthält z. B. eine eingehende Schilderung des heiligen Brunnens, Zemzem benannt, dessen Wasser als unfehlbares Heilmittel gegen allerlei Gebrechen gilt, der Pforte des Heils, des Makan-Ibrahim, ein Denkmal mit dem Stein, auf welchem Abraham ausruhte, als er die Kaaba baute, und der noch den Eindruck seiner Kniee zeigt, sowie endlich aller Gebäude, welche die Umfassungsmauer des Tempels einschließt.

Seit der so eingehenden und vollständigen Beschreibung Burkhardt's haben diese Orte ihr Aussehen nicht geändert. Noch immer stimmt die große Menge von Pilgern hier dieselben Lobgesänge an. Nur die Menschen haben gewechselt. An die Darstellung der Festlichkeiten bei den Pilgerfahrten und der religiösen Begeisterung der Gläubigen schließt sich ein anderes Bild, das die Folgen dieser großen Menschenansammlungen, die aus allen Theilen der Erde herbeiströmen, mit sehr düsteren Farben zeichnet.

»Das Ende der Pilgerfahrten, sagt er, giebt der Moschee freilich ein wesentlich anderes Aussehen; Krankheiten und eine große Sterblichkeit, die Folgen der oft unerhörten Beschwerden der Reise, und begünstigt durch den geringen Schutz, den der Ihram bietet, ebenso wie die ungesunden Wohnstätten in Mekka, die schlechte Nahrung, manchmal wohl gar der vollständige Mangel an solcher, füllen den Tempel mit Leichen an, die man dahin schleppt, um der Gebete des Imam theilhaftig zu werden; oder es lassen sich auch viele Kranke hierher, und wenn ihre letzte Stunde naht, unter die Colonnaden bringen, um durch den Anblick der Kaaba geheilt zu werden, oder doch des Trostes zu genießen, ihr Leben an dem heiligen Orte zu beenden. Da sieht man arme, von Hunger und Krankheiten hart mitgenommene Pilger ihren siechen Leib unter den Colonnaden hinschleppen, und wenn ihnen die Kraft ausgeht, die Hand auszustrecken, um ein Almosen zu erbetteln, stellen sie neben eine Matte, auf der sie liegen, einen Napf, um zu empfangen, was das Mitleid ihnen vielleicht spendet. Fühlen sie ihre letzten Augenblicke herannahen, so bedecken sie sich mit ihren zerfetzten Kleidern, und nicht selten vergeht noch ein ganzer Tag, bevor der Tod sie erlöst.«

Wir schließen unsere Citate aus Burkhardt's Arbeit mit dem Urtheile, das er über die Bewohner Mekkas fällt.

»Wenn die eigentlichen Einwohner Mekkas besondere Eigenschaften besitzen, so beschränkt sich das darauf, daß sie zuvorkommend, gastfrei, heiter und stolz sind, aber trinkend, spielend und rauchend die Vorschriften des Koran ganz öffentlich übertreten. Betrug und Meineid gelten bei ihnen kaum noch als Verbrechen, obwohl darüber stets ein großes Geschrei erhoben wird. Jeder ereifert sich über den Verfall der Sitten, aber Keiner geht zur Verbesserung derselben mit gutem Beispiele voran.«

Am 15. Januar 1815 reiste Burkhardt mit einer kleinen Pilgerkarawane zum Besuche des Grabes des Propheten ab. Der Weg nach Medina, wie der zwischen Djeddah und Mekka wird gewöhnlich in der Nacht, also zur ungünstigsten Zeit für Beobachtungen, und im Winter zurückgelegt, wodurch er weit beschwerlicher wird, als er wohl am hellen Tage wäre. Man zieht dabei durch ein mit Gesträuch und Dattelbäumen erfülltes Thal, dessen recht gut angebauter östlicher Ausgang Uadi Fatme heißt, aber mehr unter der einfachen Bezeichnung El Uadi bekannt ist. Etwas weiter hin findet sich das Thal Es Ssafra berühmt durch seine umfangreichen Dattelpflanzungen und als Hauptmarkt für alle benachbarten Volksstämme.

»Die Dattelpalmenhaine, sagt der Reisende, haben eine Ausdehnung von nahezu vier Meilen; sie gehören theils den Bewohnern von Ssafra, theils den Beduinen der Umgegend, welche zum Begießen des Bodens Taglöhner halten und erst zur Zeit der Fruchtreife selbst dahin kommen. Die Dattelpalmen gehen durch Handel oft von einer Person zur andern über; man verkauft sie einzeln... Der an den Vater, dessen Tochter man heiratet, zu zahlende Preis besteht gewöhnlich in drei Dattelbäumen. Alle sind in tiefem Sande gepflanzt, den man in der Mitte des Thales sammelt und um die Wurzeln der Bäume aufhäuft; derselbe muß jährlich erneuert werden, denn gewöhnlich führen ihn wilde Sturzwässer mit sich fort. Jeder kleine Garten ist mit einer Lehm- oder Steinmauer eingefaßt. Die Besitzer wohnen in Weilern oder einzelnen, unter den Bäumen verstreuten Häusern. Der bedeutendste Bach des Thales entspringt in einem Haine in der Nähe des Marktplatzes, und an seiner Quelle erhebt sich eine kleine Moschee. Einige große Kastanienbäume beschatten diese; ich habe dergleichen in Hedjaz nirgends wieder gesehen...«

Dreizehn Tage brauchte Burkhardt, um von Mekka nach Medina zu gelangen. Diese lange Reise war für ihn aber nicht verloren, denn er sammelte dabei viele Nachrichten über die Araber und die Wahabiter. Wie in Mekka ist es auch hier des Pilgers erste Pflicht, das Grab und die Moschee Mohammed's zu besuchen. Doch sind alle Ceremonien bequemer und kürzer und der Reisende braucht nur eine Viertelstunde, um Alles abzumachen.

Schon der Aufenthalt in Mekka hatte auf Burkhardt ziemlich nachtheilig eingewirkt. In Medina wurde er nun vom kalten Fieber befallen, das erst täglich auftrat, dann unter Hinzutritt von Erbrechen dreitägig wurde. Bei der ungeschickten Hilfe seines Sklaven – »ein armer Teufel, der sich besser zur Abwartung eines Kameels als zur Pflege seines geschwächten hilflosen Herrn eignete« – wäre er bald dahin gekommen, sich nicht mehr von seinem Teppich erheben zu können.

Ueber drei Monate an Medina gefesselt durch ein Fieber, das er dem ungesunden Klima, dem abscheulichen Wasser und den vielen, zur Zeit herrschenden Krankheiten verdankte, mußte Burkhardt auf seinen früheren Plan verzichten, nach dem er durch die Wüste bis Akaba ziehen wollte, um von hier aus auf nächstem Wege Yambo zu erreichen, von wo aus er sich nach Egypten einzuschiffen gedachte.