Der Untergang - Die 13te Okergeschichte - Hardy Crueger - E-Book

Der Untergang - Die 13te Okergeschichte E-Book

Hardy Crueger

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Unter dem Kommando von Kapitän Jonas Tiefensee fährt das Ausflugsschiff "MS AquaMarin" mit vielen Gästen an Bord gemächlich über die glatte Oberfläche des Okerstausees. An Bord ist auch Steven, der vierjährige Sohn von Dr. Susan Doyle, die zur gleichen Zeit mit einem Arbeitskollegen und dessen Bekannten einen Tauchgang in der Talsperre unternimmt. Im Keller eines in dem Stausee versunkenen Hauses entdecken sie einen verborgenen Stollen. Liegt hier der Nazischatz, von dem die Alten immer noch erzählen? Beherzt schwimmen sie hinein und machen eine grausame Entdeckung. Eine Legende wird wahr - und eine Katastrophe biblischen Ausmaßes erschüttert das Land. Auch die Menschen an Bord der "AquaMarin" werden in den Sog der Geschehnisse hineingerissen. Kann Kapitän Tiefensee die Passagiere, Steven und sein Schiff retten? Mit dem Kurzroman "Der Untergang - Die 13te Okergeschichte" führt der Autor Hardy Crueger den Okergeschichten-Zyklus um den kleinen Fluss Oker fort, der vom Harz kommend gemächlich bis in die Heide fließt. Bisher erschienen zwei Storysammlungen mit je 12 Crime-Stories und Psychothrillern, die der Autor regelmäßig auch auf Flößen direkt auf dem Wasser vorliest.

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Seitenzahl: 67

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Hardy Crueger

Der Untergang - Die 13te Okergeschichte

Katastrophenthriller

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Frühjahr 2013

2. Mai 1945

crueger ebooks

Impressum neobooks

Wenn Legenden wahr werden

Berge zerbrechen

Und Seen sich in Täler ergießen

Wenn der Himmel schwarz wird

Und Zyklopen die Wälder zerschlagen

Wenn die Erde erbebt

Und Ozeane das Land fressen

Dann glauben die Menschen

dass die Welt

untergeht

Die Frau warf sich hin und her. Das blonde Haar war schweißnass verklebt. Ihre Beine strampelten, als würde sie laufen, rennen, flüchten. Die Bettdecke rutschte zu Boden. Abwechselnd stöhnte sie auf und schnappte nach Luft. Der Förderkorb schwankte hin und her, aber er fuhr nicht nach oben. Das Wasser stieg, und bald würde es ihre Füße umspülen. Voller Panik schlug sie auf die Knöpfe des Bedienfeldes ein. Aber der Förderkorb bewegte sich nicht. Sie schlug zu, und schlug zu und schrie, und schrie ... und erwachte endlich mit rasendem Herzen.

Doktor Susanne – Susan – Doyle, Expertin für Strahlenschutz und Reaktorsicherheit, lebte seit knapp zwei Jahren wieder in Deutschland. Sie wohnte mit ihrem vierjährigen Sohn Steven in Wolfenbüttel und arbeitete für das Bundesamt, das das Endlager im Salzstock unter der Asse überwachte. Und seit knapp zwei Jahren litt sie unter einem Albtraum: Wassereinbruch im Schacht.

Susan schüttelte den Kopf, um die düsteren Gedanken los zu werden. Sie stieg aus dem Bett, warf sich den Morgenmantel über, band das schulterlange Haar zusammen und betrat die von der Morgensonne durchflutete Küche. Als Kaffee und Kakao fertig waren, ging sie in das Kinderzimmer und weckte Steven.

„Ahoi, little seaman“, sagte sie und strich dem Jungen über die Wange. „Reise, Reise. Der Kapitän ist schon an Bord, das Schiff legt bald ab.“

Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Kaum hatte Steven die Augen auf, sprang er auch schon aus dem Bett und hopste im Zimmer herum. „Ahoi! Ahoi! Ahoi!“, rief er. „Ahoi! Ahoi!“ Seine Mutter musste ihm beim Anziehen helfen, so aufgeregt war er über den Ausflug, den er heute mit der Kindergartengruppe unternehmen würde.

Am Küchentisch sagte er es zu der Kakaotasse, zum Brötchen, zum Käse, zum Joghurt und zum Apfel: „Ahoi!“

„Du freust dich sehr auf die Schiffstour, nicht wahr?“

Der Junge nickte mit glänzenden Augen und strahlte über den Rand des Bechers hinweg seine Mutter an. Kakao kleckerte ihm auf den Pullover und perlte zu Boden. Aber es war nicht schlimm. Wenn Susan ihren Sohn so glücklich sah, wenn seine strahlenden Augen ihr schweres Herz ein wenig erleichterten, dann verzieh sie ihm alles. Denn seit dem Tod seines Vaters waren diese Augenblicke sehr selten geworden.

Nach dem Frühstück brachte sie Steven in den Kindergarten. Sie küsste ihn auf die Stirn und sagte: „Bis gleich, mein Schatz.“ Denn während er mit den anderen Kindern und den Erzieherinnen auf der MS AquaMarin über den Okerstausee fahren würde, ging sie endlich mal wieder Tauchen. Nils, ein Arbeitskollege, der seit ein paar Monaten meinte, sich um sie kümmern zu müssen, hatte sie eingeladen, kurz nachdem er von ihrer Leidenschaft für das Tauchen erfahren hatte.

Sie hatten sich einen Tag Urlaub genommen und waren an der Stelle verabredet, an der auch die Kinder an Bord des Schiffes gehen würden. Direkt an der Staumauer, neben dem Café Okerterrasse würde Nils mit dem Equipment warten, für das er hatte sorgen wollen. Die knapp fünfzig Kilometer bis zum Treffpunkt an der Okertalsperre im Harz fuhr sie gemütlich und brauchte keine Stunde dafür.

Als sie auf den Parkplatz einbog, sah sie schon von weitem den grünen Transporter mit der schwarzen Silhouette eines Tauchers darauf. Nils stand neben der geöffneten Schiebetür des Wagens. Aber er war nicht alleine. Ein zweiter Mann stand neben ihm. Groß, kräftig, dunkelhaarig. Er lächelte sie an, als sie aus ihrem Auto stieg.

„Guten Morgen, Susan“, sagte Nils und zeigte auf den Mann neben ihm. „Das ist Hektor von Tellheim. Er ist Polizeitaucher und Tauchlehrer – und geschieden. Ohne sich selbst als Zugabe wollte er uns die Ausrüstung nicht ausleihen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?“

„Hallo Susan“, sagte von Tellheim und streckte eine gepflegte, feingliedrige Hand aus. „Ich darf doch Susan sagen?“ Mit einem bübischen Lächeln strahlte er sie an.

Susan ergriff seine Hand. Warm, trocken, zart, aber auch fest und solide. Sie schaute ihm in die dunklen Augen und in ihrem Bauch schlüpfte ein kleiner, grauer Schmetterling aus einer steinharten, lang verschlossenen Puppe, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.

„Dürfen Sie. Guten Morgen“, sagte sie. „Hektor ... das ist aber ein ungewöhnlicher Name.“

„Leider bin ich nur Tauchlehrer und kein Held“, sagte er lachend und ließ eine Reihe perlweißer Zähne aufblitzen. „Hast du dein Logbuch mitgebracht? Nicht, dass ich dir nicht glaube, dass du tauchen kannst. Aber es kann viel passieren. Unter Wasser schwebt man immer in Lebensgefahr.“

„Natürlich.“ Susan nickte, kramte in ihrer Tasche und gab dem Tauchlehrer das Logbuch, in dem all ihre Tauchgänge verzeichnet waren.

Hektor blätterte es kurz durch, murmelte: „Aha ... Hawaii, Kuba, Malediven, schön, schön. Wracks und Höhlen hast du auch betaucht ...“, verweilte dann aber beim letzten Eintrag. „Dein letzter Tauchgang ist über zwei Jahre her. Glaubst du ...“

„Natürlich“, unterbrach Susan ihn barsch und zog die Augenbrauen zusammen. „Ich habe nicht vergessen, wie das geht.“

„Aber warum diese lange Pause? Tauchen macht so viel Spaß. Wenn ich mal eine Woche nicht tauchen kann, werde ich unruhig“, sagte er und gab ihr das Logbuch zurück.

„Mein Mann ist gestorben. Wir waren immer zusammen unten. Heute ist es das erste Mal ohne ihn ...“ Energisch schob sie das Buch in ihre Tasche zurück.

„Oh, das tut mir leid“, sagte er ernst und senkte den Blick.

Nils klatschte in die Hände. „Na kommt, Kinder. Das wird ein schöner Tauchgang. Ich habe das im Urin. Und seht euch an, wie hoch der Wasserstand ist. Ich würde mal sagen – die Wanne ist voll.“ Er zeigte auf den glänzenden Wasserspiegel, der bis zu den Kiefern reichte. Der Bewuchs begann erst oberhalb der Wasserlinie, die den höchsten Stand der Talsperre anzeigte. An der vorgewölbten, von Spaziergängern belebten Staumauer reichte das Wasser bis fast an die Überlaufschächte heran.

Hektor gab Susan aus dem Fundus einen Taucheranzug, der ihr eine Nummer zu klein war. Bald hatten sie den richtigen gefunden und Susan stand im Badeanzug an der offenen Tür des Transporters. Sie versuchte in den Anzug zu steigen, aber das Neopren war trocken und störrisch und sie musste sich bücken, um die Füßlinge in die richtige Stellung zu ziehen.

„Na, ditte nenn ick doch ma 'n echt klasse Arsch‚ wa, Hotte? Kick dir das ma an. Ick werd irre ...“

Susan schnellte hoch, drehte sich um und funkelte die beiden Männer wütend an. Ein dicker und ein dünner, beide in Wanderstiefeln, Goldwäscherpfannen am Gürtel und Klappspaten auf dem Rücken. Aber da hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Den Dünnen umschlackerte blaue Ballonseide. Unter der schiefen Nase saß ein Schnauzbart und am Hinterkopf ein schütterer Pferdeschwanz. Der Dicke trug Bundeswehrklamotten und einen Strohhut auf dem Kopf. „Unverschämtheit“, zischte Susan und angelte nach einem Handtuch. Die beiden Männer standen nur drei, vier Meter von ihr entfernt und gafften sie an. Der Dünne leckte mit der Zunge in der Luft herum und der andere grinste frech mit der Hand im Schritt.

„Was soll denn das!“, rief Susan. „Müssen Sie mich so anstarren?“

„Na logo“, sagte der dicke Hotte. „Oder is das etwa verboten? Siggi, is das verboten?“