Der Ursprung der Gürteltiere - Rudyard Kipling - E-Book

Der Ursprung der Gürteltiere E-Book

Rudyard Kipling

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Der Ursprung der Gürteltiere Rudyard Kipling - Dieses, o Meistgeliebte, ist eine weitere Geschichte aus den Erhabenen und Lang-Vergangenen Zeiten. Genau in der Mitte dieser Zeiten gab es einen stachlig-pieksigen Igel, und der lebte an den Ufern des schlammigen Amazonas, wo er schalige Schnecken und so was fraß. Und er hatte einen Freund, eine bedächtig-solide Schildkröte, die an den Ufern des schlammigen Amazonas lebte und sich von grünem Salat und so was ernährte. Und so weit war alles in Ordnung, Meistgeliebte. Verstehst du? Aber außerdem, und zur gleichen Zeit, in jenen Erhabenen und Lang-Vergangenen Zeiten nämlich, gab es da einen Scheckigen Jaguar, und der lebte auch an den Ufern des schlammigen Amazonas; und er fraß alles, was er kriegen konnte. Wenn er keine Hirsche oder Affen kriegen konnte, fraß er Frösche und Käfer; und wenn er keine Frösche und Käfer kriegen konnte, ging er zu seiner Jaguarmutter, und sie erklärte ihm, wie man Igel und Schildkröten frißt. Sie sagt es ihm so vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte: »Mein Sohn, wenn du einen Igel findest, mußt du ihn ins Wasser werfen, dann wird er sich auseinanderrollen, und wenn du eine Schildkröte fängst, mußt du sie mit deiner Pfote aus ihrem Panzer kratzen.« Und damit war das in Ordnung, Meistgeliebte.

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Rudyard Kipling
Der Ursprung der Gürteltiere

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Der Ursprung der Gürteltiere

Übersetzt von Erich Ferdinand

Dieses, o Meistgeliebte, ist eine weitere Geschichte aus den Erhabenen und Lang-Vergangenen Zeiten. Genau in der Mitte dieser Zeiten gab es einen stachlig-pieksigen Igel, und der lebte an den Ufern des schlammigen Amazonas, wo er schalige Schnecken und so was fraß. Und er hatte einen Freund, eine bedächtig-solide Schildkröte, die an den Ufern des schlammigen Amazonas lebte und sich von grünem Salat und so was ernährte. Und so weit war alles in Ordnung, Meistgeliebte. Verstehst du?

Aber außerdem, und zur gleichen Zeit, in jenen Erhabenen und Lang-Vergangenen Zeiten nämlich, gab es da einen Scheckigen Jaguar, und der lebte auch an den Ufern des schlammigen Amazonas; und er fraß alles, was er kriegen konnte. Wenn er keine Hirsche oder Affen kriegen konnte, fraß er Frösche und Käfer; und wenn er keine Frösche und Käfer kriegen konnte, ging er zu seiner Jaguarmutter, und sie erklärte ihm, wie man Igel und Schildkröten frißt.

Sie sagt es ihm so vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte: »Mein Sohn, wenn du einen Igel findest, mußt du ihn ins Wasser werfen, dann wird er sich auseinanderrollen, und wenn du eine Schildkröte fängst, mußt du sie mit deiner Pfote aus ihrem Panzer kratzen.« Und damit war das in Ordnung, Meistgeliebte.

In einer wunderschönen Nacht an den Ufern des schlammigen Amazonas fand Scheckiger Jaguar den stachlig-pieksigen Igel und die bedächtig-solide Schildkröte, wie sie unter einem umgefallenen Baumstamm saßen. Sie konnten nicht weglaufen, also rollte Stachlig-Pieksig sich zu einem Ball zusammen, weil er ein Igel war, und Bedächtig-Solide zog den Kopf und die Füße unter den Panzer, so weit es ging, weil er eine Schildkröte war; und damit war das in Ordnung, Meistgeliebte. Verstehst du?

»Nun hört mir mal zu,« sagte Scheckiger Jaguar, »weil das jetzt sehr wichtig ist. Meine Mutter sagte mir, dass, wenn ich einen Igel treffe, ich ihn ins Wasser werfen soll, dann wird er sich auseinanderrollen, und wenn ich eine Schildkröte antreffe, soll ich sie mit der Pfote aus dem Panzer kratzen. Nun, welcher von euch ist der Igel, und welcher ist die Schildkröte? – denn, bei meinen Flecken, ich kann's nicht sagen.«

»Weißt du genau, was deine Mama gesagt hat?« sagte Stachlig-Pieksiger Igel. Bist du ganz sicher? Vielleicht hat sie ja auch gesagt, dass du, wenn du eine Schildkröte auseinanderrollst, sie mit einem Kratzer aus dem Wasser panzern sollst, und wenn du einen Igel anfaßst, mußt du ihn auf den Panzer fallen lassen.«

»Weißt du genau, was deine Mama gesagt hat?« sagte Bedächtig-Solide Schildkröte. »Bist du ganz sicher? Vielleicht hat sie ja auch gesagt, dass du einen Igel in die Pfote fallen lassen musst, wenn du ihn ins Wasser tust, und dass du eine Schildkröte, wenn du sie antriffst, panzern mußt, bis sie sich auseinanderrollt.«

»Ich glaube, es war überhaupt nicht so,« sagte der Scheckige Jaguar, aber er war ein wenig verwirrt; »bitte, sagt das doch noch einmal etwas deutlicher.«

»Wenn du mit der Pfote Wasser kratzst, rollst du es mit einem Igel auseinander,« sagte Stachlig-Pieksig. »Vergiß das nicht, denn es ist wichtig.«

»Aber,« sagte die Schildkröte, »wenn du dein Fleisch in die Pfote nimmst, mußt du es mit einem Kratzer in die Schildkröte fallen lassen. Warum kannst du das nicht verstehen?«

»Von eurem Gerede tun mir die Flecken weh,« sagte Scheckiger Jaguar; »und nebenbei, ich wollte eure Ratschläge überhaupt nicht. Ich wollte nur wissen, wer von euch Igel ist und wer Schildkröte.«

»Ich werd's dir nicht sagen,« sagte Stachlig-Pieksig. »Aber du kannst mich aus meinem Panzer kratzen, wenn du möchtest.«

»Aha!« sagte Scheckiger Jaguar. Jetzt weiß ich, dass du Schildkröte bist. Du dachtest, ich würde es nicht tun! Aber jetzt tu ich's.« Scheckiger Jaguar schlug pfeilschnell mit seiner Patschpfote zu, gerade, als Stachlig-Pieksig sich einrollte, und natürlich war Jaguars Patschpfote sofort voller Stacheln. Was noch schlimmer war, er hatte Stachlig-Pieksig einen Schubs gegeben, so dass der wegrollte, weiter und weiter, in das Unterholz und die Büsche, wo es zu dunkel war, um ihn wiederzufinden. Dann steckte er sich die Patschpfote ins Maul, und natürlich taten die Stacheln nun noch mehr weh. Sobald er wieder sprechen konnte, sagte er: »Jetzt weiß ich, dass er auf keinen Fall Schildkröte ist. Aber«- und er kratzte sich mit der nicht-bestachelten Pfote am Kopf – »woran kann ich erkennen, dass dieser andere Schildkröte ist?«

»Aber ich bin Schildkröte,« sagte Bedächtig-Solide. »Deine Mutter hatte ganz recht. Sie sagte, du solltest mich mit der Pfote aus dem Panzer kratzen. Fang an.«

»Vor einer Minute hast du nicht gesagt, dass sie das gesagt hat,« sagte Scheckiger Jaguar, wobei er an den Stacheln in seiner Pfote saugte. »Du sagtest, sie habe etwas ganz anderes gesagt.«

»Gut, angenommen, du sagst, dass ich sagte, dass sie etwas ganz anderes gesagt habe, dann weiß ich aber nicht, worin der Unterschied bestehen soll; denn wenn sie gesagt hat, was du sagtest, dass ich gesagt habe, sie habe es gesagt, ist das ganz dasselbe, als wenn ich gesagt hätte, dass sie gesagt habe, was sie gesagt hat. Andererseits, wenn du meinst, dass sie gesagt habe, dass du mich mit einem Kratzer entrollen sollst, anstatt mich mit einem Panzer ins Wasser zu patschen, kann ich doch nichts dafür, oder?«

»Aber du sagtest, du wolltest mit meiner Pfote aus dem Panzer gekratzt werden,« sagte Scheckiger Jaguar.

»Wenn du noch einmal nachdenkst, wirst du erkennen, dass ich nichts dergleichen gesagt habe. Ich sagte, dass deine Mutter sagte, dass du mich aus dem Panzer kratzen solltest,« sagte Bedächtig-Solide.

»Was wird geschehen, wenn ich das tue?« fragte der Jaguar sehr verächtlich und sehr vorsichtig.

»Ich weiß es nicht, weil ich noch niemals aus dem Panzer gekratzt worden bin; aber ich sag's dir ganz ehrlich, wenn du mich wegschwimmen sehen willst, mußt du mich nur ins Wasser werfen.«

»Das glaube ich nicht,« sagte Scheckiger Jaguar. »Du hast alles, was meine Mutter mir gesagt hat, mit dem durcheinandergeworfen, was du mich gefragt hast, ob ich sicher wäre, dass sie sie nicht gesagt hat, so dass ich nicht mehr weiß, ob ich auf dem Kopf oder auf meinem scheckigen Schwanz stehe, und jetzt kommst du an und erzählst mir Sachen, die ich verstehen kann, und es verwirrt mich noch mehr. Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich einen von euch ins Wasser werfen muß, und weil du anscheinend so heiß darauf bist, geworfen zu werden, glaube ich, dass du nicht geworfen werden willst. Also spring' in den schlammigen Amazonas, und zwar ein bißchen plötzlich.«

»Ich mache dich darauf aufmerksam, dass deine Mami nicht erfreut sein wird. Sag ihr nicht, dass ich's dir nicht gesagt hätte,« sagte Bedächtig-Solide.

»Wenn du noch ein Wort darüber verlierst, was meine Mutter gesagt hat-« antwortete der Jaguar, aber er hatte den Satz noch nicht ausgesprochen, als Bedächtig-Solide geräuschlos in den schlammigen Amazonas tauchte, eine weite Strecke unter Wasser schwamm und auf dem Ufer herauskam, wo Stachlig-Pieksig auf ihn wartete.

»Das war sehr knapp,« sagte Stachlig-Pieksig. »Ich hänsele den Scheckigen Jaguar nicht. Was hast du ihm gesagt, wer du wärst?«

»Ich habe ihm aufrichtig gesagt, dass ich eine wahrheitsliebende Schildkröte bin, aber er wollte es nicht glauben, und er ließ mich in den Fluß springen, um zu sehen, was ich bin, und das tat ich, und er ist erstaunt. Jetzt ist er weg, um es seiner Mami zu erzählen. Hör ihn dir an!«

Sie konnten Scheckiger Jaguar zwischen den Bäumen und Büschen längs des schlammigen Amazonas auf und ab brüllen hören, bis seine Mami kam.

»Sohn, Sohn,« sagte seine Mutter vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte, »was hast du getan, das du nicht hättest tun sollen?«

»Ich habe versucht, etwas mit der Pfote aus seinem Panzer zu kratzen, das sagte, es wolle aus dem Panzer gekratzt werden, und meine Pfote ist voller Sta-hacheln,« sagte Scheckiger Jaguar.

»Sohn, Sohn,« sagte seine Mutter vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte, »an den Stacheln in deiner Patschpfote sehe ich, dass das ein Igel gewesen sein muß. Den hättest du ins Wasser werfen sollen.«

»Das habe ich mit dem anderen Ding getan; und der sagte, er sei eine Schildkröte, und ich habe ihm nicht geglaubt, aber es war ganz wahr, und er ist in den schlammigen Amazonas getaucht, und er kam nicht wieder rauf, und ich habe überhaupt nichts zu essen, und ich glaube, wir sollten lieber woandershin umziehen. Die hier am schlammigen Amazonas sind zu schlau für mich Ärmsten!«

»Sohn, Sohn,« sagte seine Mutter vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte, »nun hör mir zu und merk dir, was ich sage. Ein Igel rollt sich zu einem Ball zusammen, und seine Stacheln stehen in alle Richtungen auf einmal heraus. Daran kannst du den Igel erkennen.«

»Ich mag diese alte Dame kein kleines bißchen,« sagte Stachlig-Pieksig im Schatten eines großes Blattes. »Möchte mal wissen, was sie noch alles weiß?«

»Die Schildkröte kann sich nicht zusammenrollen,« fuhr Mutter Jaguar fort, wobei sie vielmals graziös mit dem Schwanz wedelte. »Sie zieht nur den Kopf und die Beine in den Panzer. Daran kannst du die Schildkröte erkennen.«

»Ich mag diese alte Dame gar nicht – gar nicht, sagte Bedächtig-Solide Schildkröte. Nicht einmal Scheckiger Jaguar kann diese Hinweise vergessen. Es ist sehr schade, dass du nicht schwimmen kannst, Stachlig-Pieksig.«

»Erzähl mir nichts,« sagte Stachlig-Pieksig. »Stell dir vor, wie viel besser es wäre, wenn du dich zusammenrollen könntest. Das ist ein Schlamassel! Hör dir Scheckigen Jaguar an.«

Scheckiger Jaguar saß am Ufer des schlammigen Amazonas, saugte Stachel aus seiner Pfote und sagte sich vor-

»Kann nicht rollen, aber schwimmt- Bedächtig-Solide bestimmt! Rollt sich auf, wird nicht gern nass- Stachlig-Pieksig ist das!«

»Das wird er nicht vergessen, solange die Sonne scheint,« sagte Stachlig-Pieksig. »Halt mein Kinn hoch, Bedächtig-Solide. Ich werde schwimmen lernen. Es könnte nützlich sein.«

»Ausgezeichnet!« sagte Bedächtig-Solide; und er hielt Stachlig-Pieksigs Kinn, während Stachlig-Pieksig in den Wassern des schlammigen Amazonas strampelte.

»Du wirst noch ein hervorragender Schwimmer,« sagte Bedächtig-Solide. »Wenn du jetzt meine Rückenplatten ein wenig aufschnüren könntest, will ich mal versuchen, wie weit ich es im Zusammenrollen bringe. Es könnte nützlich sein.«

Stachlig-Pieksig half, die Rückenplatten der Schildkröte ein wenig aufzuschnüren, so dass Bedächtig-Solide es mit viel Drehen und Zerren tatsächlich schaffte, sich ein winziges kleines bißchen zusammen zu rollen.

»Ausgezeichnet!« sagte Stachlig-Pieksig. »Aber ich sollte es damit erstmal genug sein lassen. Du wirst schon ganz blau im Gesicht. Führ mich freundlicherweise noch einmal ins Wasser, und ich werde den Seitenschlag üben, den du so leicht findest.« Und so übte Stachlig-Pieksig, und Bedächtig-Solide schwamm nebenher.

»Ausgezeichnet!« sagte Bedächtig-Solide. »Noch ein bißchen üben, und du wirst ein richtiger Wal. Wenn ich dich jetzt noch einmal bitten dürfte, meine Bauch- und Rückenplatten um zwei weitere Löcher aufzuschnüren, werde ich diese faszinierende Krümmung versuchen, die du so einfach findest. Wird der Scheckige Jaguar staunen!«

Dieses Bild zeigt die ganze Geschichte von dem Jaguar und dem Igel und der Schildkröte und dem Gürteltier auf einem Haufen. Es sieht ziemlich gleich aus, egal, wie du es drehst. Die Schildkröte ist in der Mitte und übt gerade, sich zusammenzurollen, darum sind die Teile ihres Panzer so auseinander gespreizt. Sie steht auf dem Igel, der wartet, bis er mit den Schwimmübungen anfangen kann. Der Igel ist ein Japanischer Igel, weil ich unsere eigenen Igel im Garten nicht finden konnte, als ich sie zeichnen wollte. (Es war heller Tag, und sie waren in ihren Betten unter den Dahlien.) Gescheckter Jaguar schaut um die Ecke, mit seiner Patschpfote, die seine Mami behutsam verbunden hat, weil er sich gestochen hat, als er den Igel auskratzen wollte. Er staunt sehr über das, was die Schildkröte da macht, und seine Pfote tut ihm weh. Das rüsselige Ding mit dem kleinen Auge, über das der Gescheckte Jaguar zu klettern versucht, ist das Gürteltier, in welches die Schildkröte und der Igel sich verwandeln werden, sobald sie mit ihrem Zusammenrollen und Schwimmen fertig sind. Es ist ein ganz magisches Bild, und das ist einer der Gründe, warum ich dem Jaguar keinen Backenbart gezeichnet habe. Der andere Grund ist, dass er noch so jung war, dass ihm noch kein Backenbart wachsen konnte. Der Kosename, mit dem seine Mami den Jaguar rief, war ›Stoffel‹.

»Ausgezeichnet!« sagte Stachlig-Pieksig, ganz nass von dem schlammigen Amazonas. »Ich konstatiere, dass ich dich nicht von einem aus meiner eigenen Familie unterscheiden könnte! Zwei Löcher hast du, glaube ich, gesagt? Ein bißchen mehr Ausdruck, bitte, und grunze nicht so sehr, der Scheckige Jaguar könnte uns hören. Wenn du fertig bist, möchte ich die lange Tauchstrecke versuchen, die du so einfach findest. Wird der Scheckige Jaguar staunen!«

Und so tauchte Stachlig-Pieksig, und Bedächtig-Solide tauchte nebenher.

»Ausgezeichnet!« sagte Bedächtig-Solide. »Ein bisken mehr darauf achten, dass du den Atem anhältst, und du wirst am Grunde des schlammigen Amazonas deinen Haushalt führen können. Jetzt werde ich versuchen, meine Hinterbeine um die Ohren zu wickeln, was du ja so besonders gemütlich findest. Wird der Scheckige Jaguar staunen!«

»Ausgezeichnet!« sagte Stachlig-Pieksig. »Aber es überdehnt deine Rückenplatten ein wenig. Sie überlappen einander, statt Seite an Seite zu liegen.«

»Oh, das macht die Übung,« sagte Bedächtig-Solide. »Ich habe auch bemerkt, dass deine Stacheln miteinander zu verschmelzen scheinen, und dass du anfängst, ziemlich wie ein Kiefernzapfen auszusehen, und nicht mehr so sehr wie eine Kastanienfrucht.«

»Tatsächlich?« sagte Stachlig-Pieksig. »Das kommt davon, dass das Wasser mich so aufgeweicht hat. Oh, wird der Scheckige Jaguar staunen!«

Sie fuhren mit ihren Übungen fort, halfen sich gegenseitig, bis der Morgen herankam; und als die Sonne hoch stand, ruhten sie aus und trockneten sich. Da sahen sie, dass sie sich beide sehr verändert hatten.

»Stachlig-Pieksig,« sagte die Schildkröte nach dem Frühstück, »ich bin nicht mehr, was ich gestern noch gewesen bin, aber ich glaube, dass ich für Scheckigen Jaguar immer noch sehr amüsant sein kann.«

»Das war genau, was ich gerade dachte,« sagte Stachlig-Pieksig. »ich glaube, dass Schuppen gegenüber Stacheln eine ungeheure Verbesserung darstellen – ganz zu schweigen von der Befähigung zum Schwimmen. Oh, wird der Scheckige Jaguar staunen! Laß uns gehen und ihn suchen.«

Nach einiger Zeit fanden sie Scheckigen Jaguar, der immer noch seine Patschpfote pflegte, die in der vorigen Nacht verletzt worden war. Er war so überrascht, dass er dreimal rückwärts ohne anzuhalten über seinen scheckigen Schwanz purzelte.

»Guten Morgen!« sagte Stachlig-Pieksig. »Und wie geht's heute deiner lieben graziösen Mami?«

»Es geht ihr ganz gut, danke,« sagte Scheckiger Jaguar; »aber ihr müßt entschuldigen, wenn ich mich im Moment nicht ganz genau an eure Namen erinnere.«

»Das ist herzlos von dir,« sagte Stachlig-Pieksig, »wenn man bedenkt, das du mich gestern um diese Zeit mit der Pfote aus meinem Panzer kratzen wolltest.«

»Aber du hattest keinen Panzer. Es waren alles Stacheln,« sagte Scheckiger Jaguar. »Ich weiß es. Guck dir nur meine Pfote an!«

»Du hast mir befohlen, mich in den schlammigen Amazonas zu werfen und zu ertrinken,« sagte Bedächtig-Solide. »Warum bist du heute so grob und vergeßlich?«

»Kannst du dich nicht mehr erinnern, was deine Mutter dir gesagt hat?« sagte Stachlig-Pieksig.

»Kann nicht rollen, aber schwimmt – Stachlig-Pieksig bestimmt! Rollt sich auf, wird nicht gern nass – Bedächtig-Solide ist das!«

Dann rollten sie sich beide zusammen und rollten immer um Scheckiger Jaguar herum, bis ihm seine Augen wirklich wie Wagenräder im Kopf herumgingen.

Dann ging er und holte seine Mutter.

»Mutter, sagte er, »es gibt heute zwei neue Tiere in den Wäldern, und der eine, wo du sagtest, der kann nicht schwimmen, schwimmt doch, und der andere, wo du sagtest, der kann sich nicht zusammenrollen, rollt sich doch zusammen; und sie haben sich ihre Stacheln geteilt, glaube ich, weil sie beide über und über geschuppt sind, statt dass der eine glatt und der andere sehr stachlig ist; und außerdem rollen sie immer im Kreis herum, und mir geht's nicht gut.«

»Sohn, Sohn,« sagte seine Mutter vielmals, wobei sie graziös mit dem Schwanz wedelte, »ein Igel ist ein Igel, und kann nichts anderes sein als ein Igel; und eine Schildkröte ist eine Schildkröte, und kann niemals irgendetwas anderes sein.«

»Aber es ist kein Igel und keine Schildkröte. Es ist etwas von beidem, und ich weiß seinen richtigen Namen nicht.«

»Unsinn!« sagte Mutter Jaguar. »Alles hat einen richtigen Namen. Ich würde es ›Gürteltier‹ nennen, bis ich den richtigen herausgefunden hätte. Und ich würde die Pfoten davon lassen.«

Und der Scheckige Jaguar beherzigte, was ihm geraten wurde, besonders das mit dem Pfoten-davon-lassen; aber das Seltsame ist, das von jenem Tage an bis heute, o Meistgeliebte, niemand an den Ufern des schlammigen Amazonas für Stachlig-Pieksig und Bedächtig-Solide jemals einen anderen Namen benutzt hat als ›Gürteltier‹. Es gibt anderswo natürlich Igel und Schildkröten (einige sogar in meinem Garten); aber die echte alte und listige Sorte, die ihre Schuppen überlapp-lipp-lappend eine über der anderen liegen hat, wie Kiefernzapfen, die in den Erhabenen und Lang-Vergangenen Zeiten an den Ufern des schlammigen Amazonas lebte, wird immer Gürteltier genannt, weil sie so listig war.

Nun ja; na gut, Meistgeliebte. Verstehst du?

Ich reiste nie am Amazon, erreichte nie Brazil; Doch der Don und Magdalena die fahren dauernd hin!

Ja, täglich von South-Ampton, die Dampfer, weiß und Gold, Roll'n runter bis nach Rio, (Roll' hin – roll' hin nach Rio!) Und ich möcht' so gern nach Rio Noch bin ich nicht zu alt!

Ich sah noch nie den Jaguar, das Gürteltier noch nie das Tier mit einem Gürtel 'rum, das fehlt mir irgendwie.

Darum will ich nach Rio zu Wundern mannigfalt – Roll' hin, roll' hin nach Rio – Roll' wirklich bis nach Rio! O, so gern rollt' ich nach Rio Bevor ich werd' zu alt !

Die Katze, die frei umherstreifte

Übersetzt von Erich Ferdinand

Höre und merke auf und lausche; denn dieses geschah und ereignete sich und wurde und war, O meine Meistgeliebte, als die zahmen Tiere noch wild waren. Der Hund war wild, und das Pferd war wild, und die Kuh war wild, und das Schaf war wild, und das Schwein war wild – so wild wie es nur sein konnte – und sie streiften wild und im Alleingang in den Weiten Wilden Wäldern umher. Aber das wildeste aller wilden Tiere war die Katze. Sie streifte frei umher, und sie fühlte sich überall zu Hause.

Natürlich war auch der Mann noch wild. Er war schrecklich wild. Er wurde erst zahm, als er der Frau begegnete, die ihm sagte, dass sie so eine wilde Lebensweise nicht leiden konnte. Anstatt eines feuchten Blätterhaufens als Schlafstelle suchte sie eine nette trockene Höhle aus; und sie bestreute den Boden mit sauberem Sand; und hinten in der Höhle zündete sie ein nettes Holzfeuer an; und sie hängte ein getrocknetes Wildpferdfell mit dem Schwanz nach unten vor den Eingang der Höhle; und sie sagte: »Wisch dir die Füße ab, wenn du reinkommst, Lieber, und jetzt wohnen wir.«