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Kaum ein anderes Raubtier übt auf den Menschen soviel Faszination und Angst gleichzeitig aus, wie der Wolf. In diesem Buch stellt die Autorin einen Vergleich zwischen Hunden und Wölfen an. Sie stellte sich die Frage, wieviel Wolf steckt noch in unseren Haushunden? Während der Recherchen kamen verblüffende Erkenntnisse zu Tage, die die Autorin Evi Huter in diesem Buch zusammen gestellt hat. Für Hundebesitzer könnte diese Lektüre sehr aufschlussreich sein, und das Verständnis mancher Verhaltensweisen unseres vierbeinigen Freundes werden klarer. Ein Wolf bleibt ein Wolf, in all seinem Erscheinungsbild. Er bleibt scheu, und wild. Aber dennoch hat der Hund vieles von ihm geerbt.
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Seitenzahl: 189
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Evi Huter
Der Wolf in meinem Haus
Vom Wolf zum Hund - und die Geschichte der ältesten Freundschaft der Welt
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Danksagungen
-Kapitel 1-
-Kapitel 2-
-Kapitel 3-
-Kapitel 4-
-Kapitel 5-
-Kapitel 6-
-Kapitel 7-
-Kapitel 8-
-Kapitel 9-
-Kapitel 10-
-Kapitel 11-
-Kapitel 12-
-Kapitel 13-
-Kapitel 14-
-Kapitel 15-
-Kapitel 16-
-Kapitel 17-
-Kapitel 18-
-Kapitel 19-
-Kapitel 20-
-Kapitel 21-
-Kapitel 22-
-Kapitel 23-
-Kapitel 24-
-Kapitel 25-
-Kapitel 26-
-Kapitel 27-
-Kapitel 28-
-Kapitel 29-
-Kapitel 30-
-Kapitel 31-
-Kapitel 32-
-Kapitel 33-
- Kapitel 34-
-Kapitel 35-
-Kapitel 36-
-Kapitel 37-
-Kapitel 38-
-Kapitel 39-
-Kapitel 40-
-Kapitel 41-
-Kapitel 42-
Impressum neobooks
Dieses Buch zu schreiben, war mir ein großes Anliegen. Seit mehr als 20 Jahren bin ich Hundebesitzerin, und das mit großer Freude und Stolz. Seit ich zum ersten mal auf den Hund gekommen bin, hat sich mein Leben für immer verändert. Durch meine Hunde bekam ich ganz neue Perspektiven auf das Leben im Ganzen. Mir begegneten im Laufe der letzten 20 Jahre Menschen, die ich bestimmt ohne Nero, Angel und Katie niemals kennengelernt hätte. Einige dieser Menschen sind nun seit langem meine besten Freunde, die mich auf eine besondere Art und Weise berührt, und auch gefördert haben. Meine beste Freundin Irmi, ich hoffe sie verzeiht es mir, hab ich in diesem Buch erwähnt, sowie auch andere Freunde, die ich nicht namentlich erwähnt habe, sind ein Teil mancher Geschichten, was auch wichtig war, da sie maßgeblich dazu beigetragen haben, dass ich meine Erfahrungen als Hundetrainerin und Hundeführerin machen konnte. Sie sind die guten Engel, die stets nur das beste für mich wollten. Ohne sie wäre ich heute nicht da wo ich jetzt bin.
Was Sie nun vor sich haben, ist kein Erziehungsratgeber für Hunde. Es ist auch kein Buch über Wölfe. Es sind zum einen Erfahrungswerte die ich über die Jahre hinweg gesammelt habe, und zum anderen handelt es sich um Internetrecherchen über die unterschiedlichsten Studien, die an Wölfen und Hunden durchgeführt wurden. Mein Bestreben lag darin, dass wir unsere Hunde in einem neuen Blickwinkel betrachten können, und vielleicht auch ein bisschen das wölfische Verhalten in ihnen wieder erkennen. Zudem hab ich in diesem Buch auch ein heikles Thema, den Auslandstierschutz, angesprochen. Für diese Menschen, die ihr Leben den armen Straßenhunden in den südlichen Ländern widmen, möchte ich an dieser Stelle eine Lanze brechen. Sie kämpfen seit vielen Jahren unermüdlich dafür, dass sich die Lebenssituation der Tiere vor Ort verbessert. Obwohl es unter diesen Tierschutzorganisationen auch schwarze Schafe gibt, so sind die meisten doch sehr seriös, und handeln zum Wohle der Hunde. Sie kämpfen für bessere Tierschutzgesetze, und sind meist nur auf Spenden von Tierfreunden angewiesen. Generell Menschen die sich für den Schutz der Tiere einsetzen, gebührt meine ganze Hochachtung, egal ob sie das im Ausland, oder auch bei uns praktizieren. Diese Menschen sind dabei die Welt zu einem besseren Ort zu machen, und wir alle, jeder einzelne von uns, kann ebenfalls etwas dazu beitragen. Wenn wir Tierschutz mit Herz und Verstand betreiben, und auch den Mut haben, aufzustehen und dort hinzusehen wo Unrecht geschieht, sind wir auf dem richtigen Wege unsere wahre Menschlichkeit zu zeigen.
Diese Menschen inspirierten mich:
Als erstes möchte ich mich beim Verein der Hundefreunde Bregenz bedanken. Im Jahre 1997 bin ich diesem Verein beigetreten, und ich habe in dieser Zeit sehr viel über den Umgang mit dem Hund, aber auch über mich selbst gelernt. Speziell geht mein Dank an unsere Obfrau Manuela Künstner, die diesen Verein mit Leib und Seele führt, und mir, sowie auch meinen Kollegen und Kolleginnen großes Vertrauen entgegen bringt.
Mein weiterer persönlicher Dank gilt meiner langjährigen Trainerin Grete Tscholl. Obwohl sie es mit Katie und mir nicht immer leicht hatte, gab sie uns niemals auf, suchte gemeinsam mit mir nach Problemlösungen, war stets gerecht und fair, und versuchte immer so wie es ihr möglich war, auf uns einzugehen. Danke Grete, für Deine Energie, Liebe und Geduld, die Du für uns immer wieder aufgebracht hast.
Ein großes Dankeschön geht auch an meine beste Freundin Irmi Dür. Sie ist immer für mich da. Sie gibt mir immer wieder die Kraft, das Leben positiv zu sehen, auch wenn es mal nicht so rund läuft. Ihre Lebenseinstellung inspiriert mich immer wieder, meine Potenziale zu erkennen. Sie lehrte mich mehr Vertrauen in die Menschen zu haben, die mich umgeben, und dass aus allem negativen, auch etwas positives heraus kommt. Danke Irmi, für Dein Vertrauen, Deine unerschütterliche Freundschaft, die Du mir entgegen bringst.
Einem Menschen möchte ich hier auch noch meinen Dank aussprechen, obwohl er in meinen Geschichten in diesem Buch nicht vorkommt. Und das ist Thomas Tscholl. Thomas ist der Sohn meiner Trainerin Grete. Ihn lernte ich schon als kleiner Junge kennen. Mich faszinierte es schon damals, wie er mit seinen ihm anvertrauten Hunden umging. Trotz seines großen Ehrgeizes etwas zu erreichen, nahm er immer Rücksicht auf die Bedürfnisse und Gefühle seiner Gefährten. Heute ist er ein junger Mann, der sehr einfühlsam und mit viel Liebe, mit seinen beiden Hundemädels Afra und Kasha lebt und arbeitet. Er predigt seinen Schülern nicht nur den humanen, artgerechten Umgang mit Hunden, sondern er lebt ihn uns allen auch vor. Danke lieber Thomas, dass du so bist, wie du bist.
Ganz wichtig für mich ist auch meine Freundin Anja Hampel. Ohne sie wäre ich bestimmt nicht den Weg gegangen, der für mich bestimmt war. Sie ist mein Coach, meine Freundin, die mich immer wieder ermutigt, in mich hinein zu sehen, und das richtige zu tun. Sie inspirierte mich, meine Geschichten so zu erzählen, wie ich es hier getan habe. Danke, liebe Anja, dass du so eine tolle Freundin bist, und mich so nimmst wie ich bin. Ich kann manchmal ganz schön schwierig sein, deshalb rechne ich Dir Deine Loyalität sehr hoch an.
Zu guter Letzt danke ich all meinen Freunden und auch meiner Familie, die ich hier nicht alle namentlich erwähnen kann, da dies der Rahmen dieses Vorwortes und des Buches sprengen würde. Ich habe das große Glück von Menschen umgeben zu sein, die ein reines Herz haben, und immer um mich bemüht sind. Dank eures Verständnisses, eurer Toleranz und eurer Liebe zu mir, habt ihr es mir ermöglicht, das zu tun, wozu ich geboren wurde. Vielleicht sollte ich meine Eltern noch erwähnen. Wenn sie mir vor 20 Jahren nicht erlaubt hätten, meinen Nero zu mir zu holen, hätte ich nie die Erfahrungen gemacht, die ich gemacht habe. Ohne diese Ereignisse wäre dieses Buch nie zustande gekommen. Ja, liebe Mama, und lieber Papa, dafür danke ich euch von ganzem Herzen.
Eure Evi Huter
Minutenlang starrt mich Katie an. Sie steht vor mir, und ich würde vieles darum geben, wenn ich wüsste was sie in diesem Augenblick gerade denkt. Denn eines ist klar, sie führt was im Schilde. Ich gehe einen Schritt zurück, mein Blick ist immer noch bei ihr. Ihre Ohren gehen hoch, und jeder Muskel in ihrem Körper ist angespannt. Vorsichtig, und ohne hastige Bewegungen erkunde ich die Gegend, und halte Ausschau nach dem Objekt ihrer Begierde.
Und da, plötzlich springt eine getigerte Katze direkt neben mir aus dem Gebüsch, und schon war es geschehen. Mit vollem Elan und Entschlossenheit die Beute zu fassen, jagt Katie der Katze hinterher. Wie der Blitz rast sie an mir vorbei, immer die Beute im Visier und ohne Rücksicht auf Verluste. Gerade noch kann ich mein Knie in Sicherheit bringen, in dem ich mit einem Satz zur Seite springe.
Die leidenschaftliche Jägerin ist eine 9jährige Hündin mit einem geschmeidigen und zierlichen Körperbau. Mit einem Lebendgewicht von 20 kg ist es ihr möglich eine atemberaubende Geschwindigkeit zu erreichen, welche ich noch nicht zu messen vermochte. Sie ist eine wunderschöne, aber auch sehr prikäre Mischung aus einem Appenzeller Sennenhund und einem bayrischen Gebirgsschweißhund. Auf der einen Seite ist der Appenzeller Sennenhund ein Trieb-, Hüte-, Wach-, Haus und Hofhund, wobei dieser heute mehr als Familienhund gehalten wird. Er gilt als leicht misstrauisch Fremden gegenüber, was bei Katie absolut zutrifft.
Auf der anderen Seite steckt in ihr auch der bayrische Gebirgsschweißhund, welcher von den Leit- und Schweißhunden bzw. von den Bracken abstammt. Er ist sehr beweglich, und hat einen sehr muskulösen Körperbau. Alle Leit- und Schweißhunde stammen von den Urjagdhunden ab. Alle reinen Bracken haben feinste Nase auf Spur und Fährte, und einen lockeren Fährtenlaut beim jagen. Die Rasse des bayrischen Gebirgsschweißhundes wird meist für die Nachsuche auf der Jagd eingesetzt, und ausschließlich nur für die Jäger und die Jagd gezüchtet. Nun, manchmal passieren eben "Unfälle", und zwei nicht für die Zucht bestimmte Tiere verpaaren sich. So war es wohl auch bei den Eltern meiner Katie. Der Vater war ein reinrassiger bayrischer Gebirgsschweißhund, und die Mutter eine Appenzeller Sennenhündin.
Die Mischung nenne ich deshalb prekär, da der Treibhund sowie der Jagdhund aufeinander trafen. Und beides ist in meiner Katie vereint.
Ein paar Meter hinter mir steht ein Baum, den die Katze blitzschnell und gekonnt erklimmt , um ihr Leben in Sicherheit zu bringen. Doch Katie gibt nicht auf. Sie bellt aufgeregt die auf dem Baum sitzende Katze an, in der Hoffnung dass sie ihre Beute doch noch zur weiteren Jagd auffordern kann.
Weder ein Pfiff, noch ein energisches Rufen führen dazu, dass Katie ihren Traum von der Beute aufgibt, und zu mir zurück kommt. Genervt gehe ich zu ihr hin, und beende das Szenario, in dem ich sie an die Leine nehme, und mit ihr weg gehe. Erst als die Katze und der Baum außer Sichtweite sind, hört sie auf zu bellen, und geht wieder ruhig neben mir her, als wäre nichts gewesen. Mittlerweile hab auch ich mich wieder beruhigt. Nun werden sie sich fragen, was ich während dieser Jagd gemacht habe. Ich bin ehrlich zu Ihnen. Ich tat nichts, außer beobachten. Jegliches hinterher rufen hätte zu keinem Erfolg geführt, da ihre Gehörgänge für meine Kommandos geschlossen waren. Eine Kommunikation war in dieser Situation schlichtweg unmöglich.
Die eben beschriebene Szene spielte sich vor ca. 8 Jahren ab. Katie war damals knapp ein Jahr alt. Vor ihrer Zeit hatte ich bereits zwei Hunde, und im Grunde war mir daher die Situation nicht neu. Der Jagdtrieb ist ein angeborener Instinkt des besten Freundes des Menschen. Sehr oft wurde ich schon gefragt, wie man dem Hund das jagen abgewöhnen kann. Darauf lautet meine Antwort immer. Gar nicht. Ein angeborenes Verhalten bzw. Trieb ist tief verankert, und wird immer von Generation zu Generation weitergegeben, und dient der Arterhaltung.
Was bedeutet das für uns Menschen? Wir müssen lernen unsere Hunde anhand der Körpersprache zu lesen. Das heißt, wir müssen zu Beobachtern werden. Wie in einem Wolfsrudel, kündigt auch der Hund seine Handlung an.
Wenn ein Welpe in sein neues zuhause einzieht, untersucht er sein Umfeld auf das genaueste. Sehr schnell findet er durch Beobachtungen heraus, wie sein Herrchen oder Frauchen funktioniert. Meist nach ein paar Tagen kennt der Hund seinen Menschen sehr gut. Auch wenn ihm manche Körperhaltungen des Menschen spanisch vorkommen, speichert er diese in Verbindung mit einer anderen Handlung, und ist dann in der Lage diese Information immer wieder abzurufen, oder gar nachzuahmen. Ja, Hunde können nachahmen. Hierzu möchte ich gern eine Geschichte aus meiner Erfahrung erzählen.
Meine Husky/ Schäfermischlingshündin Angel war eine sehr kluge Hündin. Sie war pechschwarz mit Stehohren, und hatte eine Größe von stolzen 62cm. Eines Tages, Angel war etwa 8 Monate alt, da stand sie frech vor mir, und zeigte mir ihre schneeweißen Zähne. Entsetzt tadelte ich das pubertierende Hundemädel mit einem scharfen NEIN! und schickte sie auf ihren Platz. Empört über dieses Verhalten erzählte ich meiner damaligen Trainerin davon. Auch sie war der Meinung, dass so was absolut nicht zu dulden wäre, und dass ich sie wiederum tadeln sollte, falls sie die Zähne nochmal zeigt.
Ein paar Tage später, spielte ich ausgiebig mit ihr. Ich warf ihr ihren Ball, und voller Freude brachte sie ihn mir zurück. Als ich das ganze wiederholen wollte, zeigte sie mir wieder die Zähne. Ich holte gerade Luft um sie auszuschimpfen, da fiel mir etwas an ihr auf. Die Ohren waren gestellt, und den Kopf hielt sie aufrecht wie ein stolzes Pferd. Nachdem ich ihr ganzes Verhalten sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das Vorzeigen der Zähne hatte keinen aggressiven Hintergrund. Im Gegenteil! Meine Angel konnte lachen.
Diese Mimik lernte sie von mir durch Beobachtung. Wenn wir Menschen etwas lustig finden, lachen wir. Beim Lachen kommen unsere Zähne zum Vorschein, was in der Tierwelt eigentlich bedeutet: Sieh her was ich für Waffen habe. Da aber unser Lachen keine negative Komponente hat, und vor allem weil von unserem Gegenüber dann weder Angriff noch Flucht erfolgt, ist das Zeigen der Zähne in dieser Kombination nicht bedrohlich.
Als ich zu dieser Erkenntnis kam, dass Angel mich anlachte ( vielleicht auch manchmal auslachte, wer weiß? ) fand ich das amüsant und interessant zugleich. Natürlich stellte sich die Tatsache, dass ich einen lachenden Hund hatte auch als problematisch dar.
Angel war überaus aufgeschlossen und freundlich den Menschen gegenüber. Sie freute sich immer sehr, wenn sie Menschen begegnete. Auch fremden Menschen war sie sehr freundlich gesonnen. Na ja, was macht man wenn man sich freut jemanden zu sehen? Richtig! Man lacht um seiner Freude Ausdruck zu verleihen. Das tat meine pechschwarze, 62cm große Schäfermischlingshündin auch. Fremde Menschen, die Angel nicht kannten, fühlten sich verständlicherweise bedroht. Ich musste die Leute dann immer aufklären, und sagen, dass mein Hund ihnen eben ein Lächeln geschenkt hat.
Aus dieser lustigen Begebenheit lernte ich aber auch, dass ich das Verhalten des Hundes als ganzes betrachten muss. So fing ich an mich selbst zu hinterfragen, wie kam es dazu, dass mein Hund sich so oder so verhielt. Meistens lag die Antwort bzw. die Ursache bei mir. Denn Hunde haben eine große Gabe. Sie können beobachten, und sind Meister im kombinieren und widerspiegeln unserer Gemütslage.
Meine Katie ist hierfür ein absolutes Paradebeispiel. Ließ meine Selbstdisziplin mal zu wünschen übrig, in dem ich beim Training unkonzentriert und nicht ganz bei der Sache war, so bekam ich die Rechnung ohne Umweg sofort präsentiert. Entweder verweigerte Katie ein Kommando, oder sie verweigerte eine ganze Übung. Die Ursache des Problems liegt immer am Hundeführer, und niemals beim Hund. Denn mit meiner Undiszipliniertheit sagte ich nichts anderes als: Ich bin unsicher in dem was ich von dir möchte. Und wenn ich nicht weiß was ich vom Hund möchte, wie soll es dann der Hund wissen, der doch auf meine Führung angewiesen ist?
Es ist nie ratsam mit dem Hund zu arbeiten, wenn man selbst den Kopf dafür nicht frei hat. Negative Emotionen durch Sorgen, Ärger oder gar Depressionen nimmt der Hund wahr, durch unsere veränderte Körperhaltung, und Tonlage in der Stimme. Dies kann dazu führen, dass der Hund verunsichert wird, da er im Gegensatz zu uns Menschen, die gefühlten Emotionen nicht einordnen kann. Bei ganz sensiblen Hunden kann das im schlimmsten Falle zu Depressionen oder gar Paranoia führen, wenn wir sie dauerhaft unseren Gefühlslagen aussetzen.
Um noch einmal auf die anfängliche Katzenjagd zurück zu kommen: Katie zeigte mir bevor sie startete, ganz eindeutig was sie vor hatte. Durch ihre starre Körperhaltung, ihre Augen zielgerichtet auf die sich noch im Gebüsch befindliche Mietzekatze, gab sie mir zu verstehen, dass sie für die Jagd bereit war. In diesem Moment hätte ich noch eine geringe Chance gehabt sie zu erreichen. Doch auch ich stand wie starr da, nur meine Augen zaghaft bewegend, in der Hoffnung ich würde die Beute noch vor ihr erspähen können. Was ich nicht bedachte, obwohl ich es hätte wissen müssen, dass Hunde nicht nur mit den Augen etwas sehen können, sondern dass sie zu aller erst die Witterung der Beute über ihre Nase wahrnehmen. Und damit sind uns Hunde weit aus überlegen.
Die Nase des Hundes ist schon äußerst faszinierend. Während die Riechschleimhaut des Menschen eine Größe von 5 Quadratzentimeter besitzt, ist es beim besten Freund des Menschen 150 Quadratzentimeter groß. Auf dieser Riechschleimhaut befinden sich rund 200 Millionen Riechzellen, auf der kleineren Fläche des Menschen gerade mal 5 Millionen. Hinzu kommt, dass Hunde ihre Sinne ganz anders vernetzen als Menschen. Die Nase an sich ist schon ein kleines Wunderwerk, hinzu kommt jedoch noch die optische Verbindung, die der Hund zu dem herstellt, was er gerade erschnüffelt.
Deshalb ist aber für uns Menschen um so wichtiger, die Körpersprache unserer Hunde zu lesen, denn nur so können wir die darauf folgende Handlung einschätzen, und entgegen wirken.
Unsere Hunde kommunizieren mit uns sehr viel. Und sie stellen uns viele Fragen. Doch sehr selten bekommen sie eine Antwort. Wenn wir auf Dauer diese Fragen unbeantwortet lassen, dann hören die Hunde irgendwann damit auf, und verselbstständigen sich. Was dann oft zur Folge hat, dass wir nur noch schwer einwirken können, wenn sie ein Fehlverhalten zeigen.
Ich erlebe es sehr oft, wenn ich mit meiner Katie unterwegs bin, dass sie manchmal plötzlich inne hält, und zu mir zurück sieht. Dabei fragt sie mich immer wieder, ob ich noch da bin. Oft genügt dann ein Blickkontakt, und zwischen uns ist alles klar.
In meiner jahrelangen Erfahrung als Hundetrainerin, sind mir schon viele verschiedene Menschen mit ihren Hunden begegnet. Interessant war dabei immer; je unterschiedlicher die Menschen auch waren, eines hatten viele gemeinsam: Sie redeten mit ihren Hunden als wären sie kleine Kinder. Dabei beobachtete ich immer wieder die Hunde. Die einen schlossen ihre Gehörgänge und schnüffelten desinteressiert herum, und die anderen sahen ihren Zweibeiner nur ratlos an. Die Monologe der Menschen lauteten in vielen Fällen in etwa so: Na, mach brav Sitz. Wenn du Sitz machst, bekommst du ein Leckerli. Aber nur dann. Also mach brav Sitz....
So wurden die Hunde ständig zu getextet, mit mäßigem bis keinem Erfolg.
Wenn ich den Besitzern dann erklärte, dass ihr Hund gerade nur Bahnhof versteht, erntete ich nicht selten ungläubige Blicke. Hunde brauchen klare Kommandos. Wenn ich wünsche, dass der Hund sich hinsetzt, dann gebe ich nur das Kommando "Sitz". Denn das ist es was der Hund verbal wahrnehmen kann. Bekommt er nach der Ausführung seine Bestätigung, dann war das eine klare Kommunikation.
Was passiert im Hund, wenn wir ihn zu texten? Ganz klar, er ist überfordert, und weiß nicht was wir von ihm wollen. Das klingt für ihn wie eine Fremdsprache. Stellen Sie sich einmal vor, sie treffen jemanden, der eine komplett andere Sprache spricht, und Sie diese Sprache nicht beherrschen. Er erzählt und erzählt, gestikuliert mit seinen Händen, und es scheint eine interessante Geschichte zu sein, und Sie wollen ihn verstehen, können es aber nicht, da Sie seine Sprache nicht sprechen. Was für Emotionen könnten da in Ihnen entstehen? Ich wäre ziemlich überfordert, und frustriert. Denn eigentlich möchte ich mit dem andern in Kommunikation treten, aber ich kann es nicht. Genauso geht es dem Hund, wenn wir mit ihm sprechen, als wäre er ein Mensch.
Deshalb brauchen wir eine Kommunikation die Hund und Mensch versteht. Vorhin hab ich ja von meiner Hündin Angel erzählt, die gelernt hatte zu lächeln.
Meine Lehre die ich daraus gezogen habe, war die, dass die Hunde uns Menschen in der Körpersprache regelrecht studieren. Und dass sie Gestik und Mimik mit der dazu gehörigen Emotion verbinden können. Da ich ein sehr humorvoller Mensch bin, und gerne lache, hatte Angel auch sehr viel die Gelegenheit mich dabei zu beobachten.
Auch Katie liest mich jeden Tag. Manchmal guckt sie mich mit einem Blick an, der zum dahin schmelzen ist. Wenn das nicht Liebe ist, denke ich mir immer wieder.
Doch nicht immer war unsere Beziehung harmonisch. Es gab Zeiten, da wandte sich Katie regelrecht von mir ab. Sie nahm jede Gelegenheit wahr, reiß aus zu nehmen. Auch wenn wir zuhause waren, wählte sie lieber einen Schlafplatz weit weg von mir aus. Ich machte mir große Sorgen, denn ihr Blick wirkte sehr traurig. Was war nur mit ihr los? Diese Frage stellte ich mir immer wieder. Beim spazieren gehen war es unmöglich sie von der Leine zu lassen. Kaum war sie frei, war sie auch schon weg. Das Heranrufen, was sie eigentlich immer liebte, überhörte sie, und ging weiter ihres Weges. Erst nach langer Zeit, trottete sie, eher missmutig als freudig, wieder zu mir, und ließ sich nur widerwillig an die Leine nehmen. Was hatte sich verändert? Was habe ich falsch gemacht? Ich wusste mir keinen Rat mehr. So wie sich Katie im Alltag verhielt, so war es auch beim Training.
Sie verweigerte viele meiner Kommandos. Übungen, die sie früher mit Freude machte, führte sie entweder lustlos oder gar nicht mehr aus. Ich war mehr als nur verzweifelt. Grete, meine Trainerin, versuchte alles was sie nur konnte, um das Problem zu lösen. Sie sah Katie´s Traurigkeit, und meine Ratlosigkeit. Die Situation schien hoffnungslos zu sein.
Eher durch Zufall ( wobei die Sache mit den Zufällen sehe ich mit gewissen Zweifeln) erkannte ich parallelen zwischen dem Verhalten meines Hundes, und meiner damaligen Lebenssituation. Mir ging es nicht so gut, und ich hatte große Schwierigkeiten meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Schlaflosigkeit und Unruhe machte sich in mir breit. Mein allgemeiner Gemütszustand tagsüber war dementsprechend schlecht. Die kleinste Kleinigkeit konnte mich bereits aus der Fassung bringen, wo ich sonst eher ruhig und gelassen reagiere.
Die Sorge ob ich meine Miete noch bezahlen kann, nahm sehr viel Raum ein. All meine Gedanken kreisten nur noch um dieses eine Thema. Irgendwann vertraute ich meine Probleme meiner Trainerin an. Daraufhin meinte sie, dass meine Lebenssituation eine Erklärung dafür sein könnte, warum Katie sich in letzter Zeit so eigenartig verhält. Außerdem wies mich meine Trainerin darauf hin, dass ihr aufgefallen wäre, dass in meiner Wohnung kein einziges Bild von der Katie an der Wand hing, dafür aber jede Menge Bilder von meiner Angel, die viel zu früh gehen musste.
Sie fragte mich, ob ich über den Verlust von Angel noch nicht hinweg gekommen wäre. Ich dachte eigentlich schon, dass ich Angel´s Tod verarbeitet hätte. Aber mir war nicht bewusst, dass ich beinahe die ganze Wohnung mit Bildern von ihr dekoriert hatte. Erst als meine Trainerin mich darauf angesprochen hatte, wurde es mir wieder bewusst, und vieles wurde mir danach klar.