Desaströös bis POMPÖÖS - Harald Glööckler - E-Book

Desaströös bis POMPÖÖS E-Book

Harald Glööckler

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Beschreibung

HARALD GLÖÖCKLER ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten unserer Zeit. Ein Mann, der die Extravaganz und den Glamour liebt, dem nichts pompöös, nichts glanzvoll genug ist. Ein Mann, der unaufhaltsam seinen Weg geht und die Treppen des Ruhmes empor steigt, bis er ganz oben angekommen ist. Er ist der Liebling der Frauen und Diven. Aus jeder Frau macht er eine Prinzessin. 30 Jahre exzentrische Auftritte, gigantische Modepräsentationen mit Weltstars, 37 Jahre pompööse Mode und Lifestyle. Doch was ist seine Motivation, sein Erfolgsgeheimnis und wie geht er mit desaströösen Tiefschlägen um? All dies und noch mehr enthüllt der Stardesigner in seiner Autobiografie.

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Seitenzahl: 189

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Glööckler, Harald

Desaströös bis POMPÖÖS

Autobiografie

ISBN 978-3-948696-66-5

eISBN 978-3-948696-74-0

Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Lektoratsleitung: Dr. Matthias Slunitschek

Coverfoto: LOUJU Management GmbH / Anelia Janeva

Satz und Gestaltung: Molino Verlag GmbH

© 2024 Molino Verlag GmbH, Schwäbisch Hall und Sindelfingen

Alle Rechte vorbehalten.

HARALD GLÖÖCKLER

Desaströös bis POMPÖÖS

Autobiografie

Inhalt

Vorwort

Fabel

Werte

Meine Kindheit

Zufluchtsorte und Missbrauch

Meine Großmutter, die Diva

Pharaonen und eine Kaiserin

Die Marchesa Casati

In der Schule

POMPÖÖS

Showtime

Chaka Khan und Prince

Am Zarenhof

Gina Lollobrigida

Krakau

Jüdisches Museum Berlin

Mein Schloss mit Park

Die Entscheidung

Berlin

Revue

Paläste

»Vive la maîtresse«

St. Moritz so pompöös wie …

Hotel Ritz Carlton Berlin

Angel Award Christmas Gala

Harald Glööckler zieht um

Tanzende Prinzessinnen

Titelseite in New York

Tokio

Katharina die Große

Brüssel

Monte-Carlo

Hongkong

Düsseldorf

Eine Party wie im alten Rom

Kreativ leben

Internet-Boom

Dubai

Café de Paris, London

Bangkok

Kataloge

Der Ritterschlag

Opernball

Schönheitsideale

Resümee

Fabel 2

Vorwort

Als Kind wirkt für viele von uns das Leben wie ein großes, leeres Blatt, welches erst noch beschrieben werden muss. Ich sehe das Leben allerdings inzwischen anders und betrachte es als ein Blatt mit einem bereits vollständigen Text, dessen Schrift und Bedeutung wir erst dann erkennen, wenn wir reif genug sind. Das Blatt ist mit Zitronensaft beschrieben und offenbart eine Geheimschrift, wenn man es über Feuer hält.

Das Leben von uns allen ist bereits vorgeschrieben, allerdings mit verschiedenen Varianten, die noch nicht alle zu erkennen sind. Auf meinem Blatt stehen sämtliche und unterschiedliche Wege und je nachdem, wie rein das Feuer ist, kommt das eine oder andere, das Positive oder Negative zum Vorschein. Da kann das vermeintlich Negative auch das Positive sein, weil es uns eine Erfahrung machen lässt, aus der wir lernen können. Wir machen Erfahrungen, keine Fehler! Alles unterliegt einer Fügung des Schicksals und keinem Zufall. Und wenn wir oftmals denken »Das ist nicht das, was ich wollte«, kann sich daraus etwas Wunderbares ergeben. Das Schicksal kennt nicht immer den direkten Weg, sondern geht oft auch Umwege, die uns aber schließlich doch zum Ziel führen.

Harald Glööckler

Fabel

Es lebte einmal ein Prinz in einem modernen Palast hoch über den Dächern von Berlin. Jener Prinz war Tag und Nacht damit beschäftigt, alle Prinzessinnen des Landes schönzumachen. Er ließ deshalb die großartigsten Roben und schönsten Juwelen anfertigen, denn es war weithin bekannt, dass in seinem Königreich die allerschönsten Prinzessinnen leben würden.

Eines Tages beschloss der Prinz jedoch, aus der Stadt hinaus und auf das Land zu ziehen. Es war ihm nämlich zu Ohren gekommen, dass es dort ein kleines verwunschenes Schloss inmitten eines großen Parks gäbe. Das Schloss und der Park waren seit über 100 Jahren unbewohnt und riesige Dornenhecken überwucherten den Park, sodass das Schloss kaum noch zu erkennen war. Seit Langem hatte kein Mensch mehr diesen Ort betreten. Der Prinz beabsichtigte, das Schloss zu kaufen und machte sich auf den Weg.

Dort angekommen, mussten ihm seine treuen Gefolgsleute mit Mühe eine Schneise schlagen durch all die Dornenhecken und Lianen, welche den Park überwucherten. Seine Berater rieten ihm von dem Kauf ab, da auch das Schloss selbst in einem schrecklich maroden Zustand war. Er aber ließ sich nicht beirren, denn es war ihm von Anfang an klar, dass dies ein besonderer Ort war mit einer sehr guten Energie. Sein bester Freund war ein kleiner Hund namens Billy King. Billy King war ein ganz besonderer Hund, ein Papillon. Die Papillons gelten weltweit als die schönsten Hunde. Der kleine Billy inspizierte den Park sehr genau und entdeckte Eichhörnchen, einen Marder, Bussarde, einen Kauz und allerlei anderes Getier und Vogelarten. Aber er entdeckte auch die Kobolde, Elfen und Naturgeister. Dies alles blieb auch dem Prinzen nicht verborgen. Er kaufte das Schloss und den Park und viele fleißige Handwerker und Gärtner renovierten das Anwesen und setzten seine Visionen um.

Der Park wurde barock angelegt: Überall standen opulente Skulpturen nach antikem Vorbild, es blühte und duftete verführerisch nach Rosen und Jasmin. Aber es gab auch versteckte Ecken und Nischen, an denen sich die Elfen und Schutzgeister aufhalten konnten. Das Schloss wurde eines der Schönsten im Land mit kostbaren Tapeten, dicken Teppichen, in denen man versank, brillanten Kronleuchtern und kostbarem Mobiliar. Alles war vom Prinzen selbst entworfen worden. An diesem wunderschönen Ort lebte der Prinz mit seinem kleinen Hund glücklich und zufrieden.

Auf der ganzen Welt war der Prinz bekannt, doch die Menschen wussten trotzdem sehr wenig über sein Leben. Er hatte die Welt mit Glanz und Schönheit überzogen, nun beschloss er, ihr auch noch das Kostbarste zu schenken, was er besaß: seine Geschichte.

Werte

Schreibt man ein Buch und hält somit sein Leben und seine Momente auf Papier fest, reflektiert man gleichzeitig auch jene Dinge, um die es eigentlich geht im Leben. Welches sind die Attribute, die meinen Charakter ausmachen? Was sind die Parameter, die Säulen, auf denen sich mein Leben stützt, die mich und mein Leben ausmachen? Was ist mir wichtig?

Ich schätze vor allem Treue, Loyalität, Zuverlässigkeit, Disziplin, Pflichtbewusstsein und Integrität. Dies sind die absolut wichtigsten Werte in meinem Leben. Teilweise sind sie sicherlich angeboren, aber ich glaube, ich habe sie mir zu einem anderen Teil auch selbst angeeignet. Man sollte seine Werte pflegen und immer wieder auf den Prüfstand stellen, sie nicht als selbstverständlich ansehen. Es gibt aber noch etwas anderes, durch das ich mich – wie ich denke – wesentlich von so manchem Zeitgenossen unterscheide: meine faszinierende und alles überstrahlende Fantasie. Als Kind wird man dazu erzogen, das Leben als schwer und mühsam empfinden zu müssen. Als Kind bekommt man vermittelt, dass es Gegebenheiten gibt, die so sind, wie sie sind, die man nicht ändern kann, egal, was man tut und wie sehr man sich anstrengt. Man bekommt gesagt, dass man, wenn man aus armen Verhältnissen kommt, immer arm bleiben und niemals eine Chance haben wird, ganz nach oben zu kommen.

Diese Gedanken, die verbunden sind mit einer schlimmen Resignation, waren mir schon immer fremd. Ich konnte noch nie etwas mit beschränktem und geradezu destruktivem Denken anfangen. In meiner Fantasie gibt es weder Begrenzungen noch Einschränkungen, in meinen Gedanken ist alles möglich. Das Leben ist für mich voller Wunder, die es immer wieder neu zu entdecken gilt.

Zum Glück habe ich meine rosarote Brille, die mir angeboren ist. Durch diese Brille sehe ich alles schöner und größer, als es in der Realität ist. Diese Gabe bezeichne ich auch gerne als größtes Geschenk, das ich jemals erhalten habe.

Verborgene Eigenschaften

Wir neigen gerne dazu, Wahrheit und Realität miteinander zu verwechseln, obwohl es sich hierbei um zwei absolute Gegensätze handelt. Ich sage: Die Wahrheit ist stets jenseits der Realität zu finden, denn die Realität ist nur eine Projektion und ein Trugschluss, jeden Moment bereit, jede gewünschte Form anzunehmen. Wir gestalten unsere Realität und damit unsere Zustände und unser Leben ständig neu.

Oft höre ich die Frage: »Herr Glööckler, wie sind Sie der Mensch geworden, der Sie heute sind?« Auf diese Frage kann ich keine Antwort geben, denn es ist falsch, sie so zu formulieren. Ich bin nicht der Mensch geworden, der ich heute bin, ich habe nur gewisse Dinge an mir neu entdeckt und bewusst wahrgenommen. Es ist nicht so, dass man überhaupt etwas zu seiner Person hinzufügen müsste, denn man ist perfekt so, wie man ist. Vielmehr verstehe ich das Entdecken neuer Facetten als eine Art von archäologischer Ausgrabung am eigenen Ich: Je tiefer man buddelt, desto wahrscheinlicher ist es, dass man auf etwas stößt, das man als längst verschollen glaubte und das im Verborgenen lag. Ich habe den Eindruck, dass die einen interessiert daran sind, sich selbst zu erforschen und mehr über sich zu erfahren, dass es aber auch andere gibt, die eben genau das nicht möchten.

Auf das Leben war ich schon als Kind neugierig, ich habe immer versucht, alles aufzuschnappen, was ich nur konnte. Schnell wurde mir klar, dass es gut ist, wenn man zwischen den Zeilen lesen kann und dass man auf das achten sollte, was nicht bereitwillig gesagt wird. Ich ahnte bereits früh, dass in mir nicht nur eine Persönlichkeit schlummert, sondern dass mir viele Wege offenstehen, auf denen ich meine Persönlichkeit so entfalten kann, wie ich möchte.

Es kam mir gar nicht erst in den Sinn, Gegebenheiten einfach stillschweigend hinzunehmen, die Rolle des Opferlamms war definitiv nicht die richtige für mich. Das, was ich von meinem Umfeld angeboten bekam, war nicht zufriedenstellend für mich. Ich wollte nicht ein kleines Stückchen vom großen Kuchen, ich hatte es auf die ganze Bäckerei abgesehen. Meine Träume, Fantasien und Visionen begleiteten mich die ganze Zeit und ich setzte sie einfach um.

Lernen, wie Sie Ihre Träume verwirklichen

Ich möchte Ihnen jetzt mein Leben aus meiner Perspektive aufzeichnen und Sie entführen in meine Welt des erlebten Seins. In meiner Autobiografie geht es vor allem darum, wie und wann ich zum Prince Pompöös wurde. Es geht um meine Träume und Visionen und darum, das Leben auszuschöpfen. In meinem Leben gab es viele Hochs und Tiefs und auch so manche Rückschläge. Aber ich halte mich an die Worte meiner Großmutter: »Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heiteren Stunden nur!« Meine Devise lautet: Immer nach vorne sehen und leben und leben lassen. Man hat mich so erzogen, dass es sich nicht gehört, Menschen zu sezieren, zu kategorisieren, auf sie hinabzuschauen. Das ist meiner Meinung nach ganz schlechter Stil. Ich muss nicht damit konform gehen, was andere machen, aber es geht mich auch nichts an und man sollte es einfach akzeptieren, dass wir alle unterschiedlich sind und das auch gut so ist. Für mich ist jeder Mensch etwas Besonderes, denn ich beurteile niemanden nach seiner Herkunft oder Hülle, sondern nach seiner Seele.

Wir sollten uns verinnerlichen, dass wir am Ende des Tages alle denselben Weg nehmen – eben den zum Friedhof. Und den nehmen wir allein. Aber bis dahin sollten wir das Leben auskosten – mit allen Möglichkeiten und Sinnen. Wir sollten stets versuchen, das Beste und auch noch das allerletzte Tröpfchen aus dem Leben herauszupressen. Ich bin der Meinung, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. Obwohl ich dazu erzogen wurde, das Leben in seiner Mühsal und Qual anzunehmen, sage ich mir, dass das Leben die wunderbarste Reise ist, die wir machen können. Das Leben ist so, wie wir es sehen und es ist alles möglich, wenn wir unsere Kindheitsträume verwirklichen und uns ein Leben lang erhalten. Unsere Lebensreise wird dann eine Reise ins Wunderland.

Ich wünsche Ihnen nun eine gute Reise durch das spannende Leben des Prince POMPÖÖS. Schnallen Sie sich gut an, es wird mitunter sehr aufregend werden.

Meine Kindheit

Ich wurde militärisch sehr streng erzogen. Meine Kindheit war wahrhaftig nicht einfach, denn mein Vater führte ein diktatorisches, fast terroristisches Regime. Ich war ein sehr ruhiges, fügsames Kind, revolutionieren oder sich aufzulehnen war wir fremd. Außerdem war ich ständig damit beschäftigt, mir meine eigene Welt zu erschaffen.

Um es frank und frei zu sagen: Ich habe mich irgendwann komplett ausgeklinkt und begonnen, mein eigenes Ding zu machen. Meine Eltern hatten ein Gasthaus mit großen Gesellschaften.

Schon sehr früh wurde ich dazu angehalten, zu jedem höflich und nett zu sein und meine Honneurs zu machen. Egal, ob es die Gäste waren oder das Personal – ich hatte allen gegenüber immer respektvoll aufzutreten. Obwohl wir auf dem Land lebten, hatten wir aufgrund der guten Küche ein sehr exquisites Publikum und ich lernte die interessantesten Menschen kennen.

Die Ehe meiner Eltern war zerrüttet, mein Vater war jähzornig, aggressiv und brutal. Er war eine wandelnde Zeitbombe. Seine Gewalttätigkeit ging so weit, dass meine Mutter eines Tages, als sie wieder einmal nach einer solchen Attacke ärztlich versorgt werden musste, nicht mehr aus dem Krankenhaus nach Hause kam. Meine ganze Kindheit und Jugend erlebte ich in kriegsähnlichen Zuständen. Schon früh lernte ich, wann die Zeichen schlecht standen und ich wachsam und auf der Hut sein musste.

Tiere, der Schlüssel zum Glück

Es gab aber auch sehr viele schöne Momente, an die ich mich stets gerne zurückerinnere. Ich hatte das große Glück, dass ich meine Kindheit auf dem Land unter sehr vielen verschiedenen Tieren verbringen konnte.

Da war zum Beispiel unsere Rottweiler-Hündin Bella vom Bühlertal. Sie war eine liebe und wunderschöne Hündin, die mich abgöttisch liebte. Ich weiß noch, wie es war, als sie acht Welpen bekam – acht kleine Bellas. Sie waren unglaublich süß und klein, einfach zum Knuddeln. Zeitglich hatten aber auch die Stummenten ihren Nachwuchs bekommen – die Entenmutter war schwarzweiß gefiedert und die kleinen Entlein sonnengelb. Wenn Bella in ihre Nähe kam, griff die Entenmutter todesmutig an.

Wir hatten aber auch Falken, Bussarde, ein Pony, Zwerghühner – fast einen ganzen Zoo. Es war eine heile Welt und wirkte wie aus einem Märchen. Wundervoll war für mich der riesige Birnbaum des Hufschmieds, der seine Schmiede direkt gegenüber unserem Haus neben der Kirche hatte. Die Äste des Baumes bogen sich unter der Last der Birnen. Hunderte, ich glaube Tausende kleiner wohlschmeckender Birnen trugen seine Äste.

Der Geschmack war einfach unvergleichlich. Sie waren sehr klein und hatten eine unglaublich zarte Schale. Und wenn man dann hineinbiss, dann explodierte sogleich ein Genussfeuerwerk. Seither habe ich keine so guten Birnen mehr gegessen – alle, die ich heutzutage kaufe, sind nur ein schlechter Abklatsch der Birnen von damals. Damals war der ganze Boden übersät mit unzähligen kleinen Birnen und es schwirrten unendlich viele Bienen und Wespen um diesen reich gedeckten Tisch. Ich freute mich, dass auch den Insekten dieser Ort gegeben war und betete zu Gott, dass der Baum niemals gefällt würde. Er wurde es tatsächlich nicht.

Wir waren oft beim Schmied in der Nachbarschaft. Er war ein gütiger Mann, der uns Kinder gerne empfing. Nicht selten brachte seine Frau uns eine Tasche, damit wir so viel wie möglich von diesen wunderbaren, wohlschmeckenden Birnen mitnehmen konnten. Das war selbstverständlich. Wenn man etwas hatte bei uns auf dem Land, dann teilte man, ob das nun Birnen waren oder Blumen.

Besonders interessant war es für uns, wenn Pferde zum Schmied gebracht wurden, um neue Hufeisen zu bekommen. Die Pferde standen wiehernd und schnaubend, mit den Hufen scharrend vor der Schmiede, während der Schmied drinnen das Eisen in der heißen Glut des Ofens erhitzte, dass die Funken nur so flogen. Ich betrachtete das Schauspiel immer wieder. Fasziniert sah ich doch in den Funken unzählige Derwische tanzen. Die glühenden Eisen wurden mit einer Zange gebogen, indem er mit dem Hammer auf das Metall schlug, bis es die Form eines Hufes hatte – wie ein maßgeschneiderter Schuh für Pferde. Dann wurden die Hufe ausgeputzt. Mit einem Haken wurden Erde, Dreck und Heureste herausgeschabt.

Als der Schmied dann ansetzte und das rot schimmernde, heiße Eisen an die Hufe des Pferdes legte, hatte ich immer entsetzliche Angst, er könne damit das Pferd verletzen. Doch meine Sorge war unbegründet. Es rauchte zwar wie verrückt und auch das Hämmern war nicht zu überhören, doch den Pferden ging es gut, das versicherte uns der gute Schmied. Die Pferde waren allesamt wohlgenährt, wurden gehegt und gepflegt. Am Schluss wurden die Hufe schwarz eingeschmiert – das Pferd sah fantastisch aus. Noch heute habe ich den Geruch des verbrannten Horns in der Nase, wenn ich daran denke. Es roch sehr gut.

Rosen, Rosen und noch mehr Rosen

Direkt neben meinem Elternhaus befand sich die Dorfkirche. Ich erinnere mich auch daran, dass ich mir als Kind wünschte, die Kirche wäre pompööser. Während des Kindergottesdienstes träumte ich so manches Mal vor mich hin und stellte mir vor, wie sie aussehen könnte, wenn die Fenster und Decken reich bemalt wären, die Wände mit Putten verziert und Kronleuchter von den Decken hängen würden.

Die Mesnerin war eine Frau um die fünfzig und sie versah ihren Dienst bereits sehr lange und mit großer Gewissenhaftigkeit. Alles war immer blitzsauber. Man hätte sogar von dem grauen Steinboden essen können. Sie beobachtete uns Kinder immer argwöhnisch. Wir schienen ihr immer eine latente Gefahr zu sein. Sie dachte wohl, Kinder machen nur Schmutz. Ihre Blumenarrangements waren allerdings eine Sensation. Unsere Kirche war immer so geschmückt, als stünde eine königliche Hochzeit an. Riesige Blumensträuße schmückten den Altar. Je nach Jahreszeit wechselten die Blumen, mal waren es Tulpen, mal Gladiolen.

Die Kirche war umgeben von einer hohen alten Mauer. Diese war bereits in die Jahre gekommen, der Zahn der Zeit nagte unerbittlich an ihr. Sie wirkte zwar morbide, aber dennoch sehr romantisch, nicht zuletzt durch die riesigen Buschrosen in seidigem Karmesinrot und zartem Rosa. Sie dufteten so fruchtig, man konnte sie schon von Weitem riechen und sehen. Die Rosen überwucherten die ganze Mauer und bedeckten sie wie ein farbenfrohes Abendkleid bis zum Boden. Es waren kleine, feine Wildrosen und wirklich eine sehr alte Sorte, wie mir die Pfarrersfrau erklärte. Ich liebte diese Rosen sehr. Genauso stellte ich mir jene Rosen im Märchen von Dornröschen vor. Es waren Prinzessinnenrosen. Doch eines Tages passierte dann das Unglaubliche, womit ich nie gerechnet hätte. Ich war total entsetzt. Es rückten Bagger an und rissen die Mauer ab und mit ihr meine geliebten Rosen. Sie töteten sie einfach.

Völlig teilnahmslos, ja herzlos, so erschien es mir damals, rissen sie diese zarten, empfindlichen Rosen ab. Ich bin mir sicher, die Rosen hätten sich gerne gewehrt, aber ihre einzige Waffe waren ihre Dornen. Diese waren jedoch sehr klein. Was konnten sie also schon gegen einen so grausamen Feind und Zerstörer wie einen Bagger bewirken. Dann errichtete man statt der alten eine neue Mauer. Sie war mit unterschiedlich gehauenen Sandsteinen gebaut. Aber der Zauber fehlte. Sie war eben neu und gleichmäßig. Sie hatte keine Seele. Neben den seltenen Rosen verschwanden auch die unzähligen Schmetterlinge und Bienen, denn auch diese wurden mit der Zerstörung der Rosen ihres Lebensraumes beraubt. Das war schrecklich. Alle ergötzten sich an der neuen Mauer, ich aber hätte weinen können.

Zufluchtsorte und Missbrauch

Mein Geburtsort Zaisersweiher befindet sich ungefähr 4 km entfernt von der Stadt Maulbronn. Maulbronn ist wiederum bekannt durch seine äußerst imposante Klosteranlage, welche im zwölften Jahrhundert erbaut wurde. Das Kloster Maulbronn ist UNESCO Weltkulturerbe und gilt als die wohl am besten erhaltene Klosteranlage nördlich der Alpen.

Maulbronn und Zaisersweiher liegen auf dem Land, und wenn man dort groß wird, ist es völlig normal, dass man auch weitere Strecken zu Fuß zurücklegt. Meine Eltern hatten ein Grundstück, ungefähr in der Mitte zwischen Zaisersweiher und Maulbronn. Dort verbrachte ich viel Zeit inmitten von Obstbäumen. Ich ergriff jede auch nur denkbare Möglichkeit, um von meinem schrecklichen Elternhaus wegzukommen. Draußen auf unserem Grundstück in freier Natur fand ich meine Ruhe und konnte meinen Träumen nachhängen. Neben dem Grundstück befand sich ein kleines Steinhaus, das ich auch gerne Hexenhaus nannte. Man konnte kaum aufrecht stehen darin, aber es entfachte meine Fantasie. Mit diesem Haus verband mit allerdings auch eine unschöne Begebenheit, die ich jedoch sehr lange verdrängt habe. Ehrlich gesagt kann ich bis heute nicht verstehen, weshalb mir dieses Ereignis erst mit 35 wieder ins Gedächtnis kam. Es war ein Sonntag, ich war gerade sechs Jahre alt und meine Eltern hatten mich mal wieder einem Bekannten mitgegeben, der mich mit in den Märchenpark nahm. Das war nichts Ungewöhnliches für mich, da meine Eltern viele Freunde und Angestellte hatten, mit denen ich öfters mitging. Für mich war es klar, dass es seine Richtigkeit haben musste, wenn meine Eltern mich einer fremden Person mitgaben. Zuerst war auch alles in Ordnung.

Wir genossen den Tag im Märchenpark, aber auf dem Heimweg bog der vermeintlich nette Onkel plötzlich mit seinem Auto auf den Feldweg ein, der zu unserem Grundstück führte. Ich wunderte mich zwar, dachte mir aber: »Naja, vielleicht haben meine Eltern ihm gesagt, dass wir noch etwas Obst holen sollen.« Dem war aber nicht so. Plötzlich hielt er an, machte seinen Hosenstall auf, nahm meine Hand und führte sie an sein Glied. Ich war völlig schockiert und wie gelähmt. Ich wusste nicht, was da passierte, ich hatte schreckliche Angst. In dem Moment kam uns ein Traktor entgegen, was wahrscheinlich meine Rettung war.

Er schloss schnell seine Hose und startete den Motor. Wir fuhren nach Hause. Ich habe meinen Eltern nie von diesem Vorfall erzählt, weil ich ihnen nicht davon hätte erzählen können. Es war mir einfach viel zu peinlich. Und zudem fehlte mir schlichtweg das notwendige Vertrauen und die Bindung zu meinem Vater, um ihm so etwas mitteilen zu können. Meine Mutter wollte ich damit nicht auch noch belasten. Außerdem befürchtete ich, dass mein Erlebnis ein noch größeres Ungemach nach sich ziehen konnte und meine Mutter am Ende dann wieder die Leidtragende sein würde. Deshalb hüllte ich mich in Schweigen, verdrängte das Erlebte und vergaß es irgendwann vollständig. Es fiel mir erst wieder ein, als ich Jahrzehnte später Fotos sortierte und mir ein Foto von diesem Mann in die Hände fiel.

Heute haben es sich zum Glück diverse Organisationen zur Aufgabe gemacht, dass alle Kinder eine Anlaufstelle haben, wenn sie Probleme haben oder Opfer sexualisierter Gewalt werden. Kein Kind darf alleine gelassen werden mit schrecklichen Erfahrungen und Nöten, sonst empfindet es das Leid in doppelter Härte.

Kloster Maulbronn

Die Fähigkeit zur Verdrängung war letztendlich auch der entscheidende Auslöser dafür, dass mir mein Lieblingsort nicht genommen wurde. An so manchem Tag lief ich auch noch die zwei Kilometer weiter nach Maulbronn und ging in die Klosteranlage. Das Kloster war für mich ein wahrer Palast, diese faszinierende Architektur, die Eleganz und Großartigkeit der Gotik belebte meinen Geist. Grundsätzlich lag mir zwar schon immer mehr das Barock – diese überschwängliche Opulenz und Darstellung monumentaler Macht und Pracht – jedoch glaube ich, dass das Kloster Maulbronn mich dennoch sehr in meiner Entwicklung geprägt hat: Es wartet mit einer Bauweise auf, die faszinierende, filigrane und nach oben strebende Elemente beinhaltet, welche die gesamte Eleganz der Gotik verströmen. Andererseits kann man ebenso die monumentale, sehr spartanische, aber trotzdem edle Bauweise der Romanik bewundern.

Schon sehr früh entwickelte ich das Bewusstsein dafür, dass Opulentes und sehr Schlichtes sehr gut zusammenpassen, wenn man das Niveau nur hoch genug ansetzt. Überschwängliche Schönheit und einfache Formen: Was sich mir damals eingeprägt hat, setzte ich später in Designs um. Das Brunnenhaus war damals einer meiner liebsten Orte. Die drei Schalen, aus denen Wasser fließt, haben etwas Beruhigendes. Alles ist in Bewegung und in ständiger Verwandlung, doch dennoch strahlt der Brunnen große Ruhe aus.

Man erzählt sich die Legende, dass der Ort Maulbronn und der Brunnen auf einen Esel zurückgehen. Ein Ritter hatte ihm einen Geldsack aufgeladen und ihn losgeschickt. Dort, wo er stehenbleiben würde, wollte der Ritter ein Kloster bauen. Er lief los und brachte mit seinen Hufschlägen eine Quelle hervor. An diesem Ort entstand dann das Kloster.