Deutsche Literaturgeschichte für Einsteiger - Christian Möhlenkamp - E-Book

Deutsche Literaturgeschichte für Einsteiger E-Book

Christian Möhlenkamp

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Beschreibung

Dieses Buch richtet sich an Leser, die nach einem Einstieg in die unübersichtliche Vielfalt der deutschen Literatur suchen. Dafür eignet sich die gewählte chronologische Reihenfolge deshalb am besten, weil sie, im Gegensatz zu themen- oder genreorientierten Ordnungsverfahren, eine Genese aufzeigt und die Genealogie der deutschen Literatur nachvollzieht. Dass Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre ohne den Simplicissimus Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens höchstwahrscheinlich vollkommen anders ausgesehen hätte, lässt sich im Rahmen einer chronologisch dargestellten Zeitreise am einfachsten und effektivsten darstellen. Und dies ist nur eines von vielen Beispielen, gerade im Bereich der Lyrik ließen sich noch etliche weitere finden. ,,Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten'', sagte Aldous Huxley einmal. Einige dieser Möglichkeiten soll Ihnen dieses Buch erschließen.

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INHALT

Das erwartet Sie in diesem Buch

Deutsche Literaturgeschichte

Mittelalter

Barock

Aufklärung & Sturm und Drang

Klassik

Romantik

Realismus/Naturalismus

Moderne

Literatur der Weimarer Republik

Exilliteratur

Gegenwartsliteratur

Deutsche Dichter, deutsche Denker: Drei Beispiele

Friedrich Schiller

Rainer Maria Rilke

Daniel Kehlmann

Aus den Wurzeln in die Zukunft – Ein Ausblick

Das erwartet Sie in diesem Buch

Dieses Buch richtet sich an Leser, die nach einem Einstieg in die unübersichtliche Vielfalt der deutschen Literatur suchen. Dafür eignet sich die gewählte chronologische Reihenfolge deshalb am besten, weil sie, im Gegensatz zu themen- oder genreorientierten Ordnungsverfahren, eine Genese aufzeigt und die Genealogie der deutschen Literatur nachvollzieht. Dass Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahreohne den Simplicissimus Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens höchstwahrscheinlich vollkommen anders ausgesehen hätte, lässt sich im Rahmen einer chronologisch dargestellten Zeitreise am einfachsten und effektivsten darstellen. Und dies ist nur eines von vielen Beispielen, gerade im Bereich der Lyrik ließen sich noch etliche weitere finden.

Man könnte also präzisieren: Das Buch ist an Leser adressiert, die sich auf die lange und spannende Reise durch die Welt der Worte begeben möchten, als Helden der eigenen Entwicklungsgeschichte sozusagen, in deren Verlauf sie einen immer besseren Überblick gewinnen und schließlich zu einem Punkt gelangen, an denen es ihnen leichter fällt, aus der Fülle an Werken die zu wählen, die sie wirklich interessieren.

Als Appetizer können die im zweiten Teil exemplarisch vorgestellten Autoren dienen, die durchaus als repräsentativ für die deutsche Literatur gelten können. Bei Schiller werden vor allem jene fündig, die sich für formvollendete, thematisch komplexe und sprachlich schöne Theaterstücke oder Balladen beinahe epischen Ausmaßes begeistern können, während die Texte Rilkes Sie eher ansprechen, wenn Ihnen metrisch durchformte, mit zahlreichen intertextuellen und interkulturellen Bezügen arbeitende Gedichte oder Gedichtzyklen zusagen oder Sie sich für empfindsame, nach innen gekehrte Literatur wie Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und die Briefe an einen jungen Dichter interessieren. Der Brückenschlag zur Gegenwart erfolgt dann mit Daniel Kehlmann, dessen Romane weltweit Erfolge erzielten und Beleg dafür sind, dass man sich auch im deutschen Sprachraum intensiv mit den Literaturen anderer Kulturräume befasst.

„Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten“, sagte Aldous Huxley einmal. Einige dieser Möglichkeiten soll Ihnen dieses Buch erschließen.

Deutsche Literaturgeschichte

Von den Merseburger Zaubersprüchen bis zu komplexen postmodernen Werken wie Slata Roschals 2022 erschienenem 153 Formen des Nichtseins: Die deutsche Literatur hat eine Menge zu bieten, und diese Menge gilt es, Stück für Stück zu durchschreiten, es gilt, sich auf eine Wortwanderung vorzubereiten, bei der es um Ausdauer und nicht um Schnelligkeit geht.

Dieses Buch ist, seiner Länge geschuldet, ein Parforceritt durch die deutsche Literaturgeschichte, kann aber als erster Anhaltspunkt und Leitfaden dienen. Beginnend bei den archaischen frühmittelalterlichen Überlieferungen wird es über die höfische Literaturtradition des Hochmittelalters und des Barocks, die entfesselnden Texte der Aufklärung, die Intensität des Sturm und Drang, die Mannigfaltigkeit des literarischen 19. und frühen 20. Jahrhunderts einen Bogen bis in die Gegenwart spannen.

MITTELALTER

„bên zi bêna, bluot zi bluoda,

lid zi geliden, sôse gelîmida sîn.“

So lautet der vielleicht berühmteste Abschnitt aus den Merseburger Zaubersprüchen, die eines der wenigen althochdeutschen Sprachzeugnisse sind, die überliefert wurden. Überträgt man die fremd wirkenden Wortgebilde in modernes Deutsch, erhält man Folgendes:

„Bein zu Bein, Blut zu Blut,

Glied zu Gliedern, wie geleimt sollen sie sein!“

Diese Übersetzung aus einer Prager Anthologie deutscher Dichtung macht deutlich, wie weit sich die Sprache inzwischen bewegt hat, welche Distanz zwischen uns und einem Text besteht, der vor dem Jahre 1000 entstand. Die beiden Zaubersprüche, die nach ihrem Fundort in einer kirchlichen Bibliothek in Merseburg benannt sind, waren für die praktische Anwendung bestimmt, so sollte etwa der zweite, aus dem hier die letzten Zeilen zitiert sind, dazu dienen, die Götter um die Heilung eines Pferdes zu bitten. Dabei spielt die germanische Tradition eine große Rolle, gerade pantheistische Tendenzen waren trotz Christianisierung noch weit verbreitet.

Die unklare Überlieferungsgeschichte der Zaubersprüche, ihre ungewisse Herkunft, selbst die Unklarheit darüber, aus welchem dialektalen Sprachraum sie stammen: All das zeigt exemplarisch die Problematiken, mit der sich die Mediävistik, die Wissenschaft mittelalterlicher Texte, befassen muss. Selbst aus der Blütezeit der hochmittelalterlichen Literatur, die das 13. und 14. Jahrhundert umfasst, sind nur wenige Handschriften überliefert, und in diesen finden sich häufig Dopplungen, sodass es nicht selten ist, vier oder fünf unterschiedliche Versionen ein und desselben Textes vorzufinden, was die Aufgabe mit sich bringt, diese angemessen zu edieren.

Je weiter man in der Zeit voranschreitet, desto vielfältiger wird die Auswahl an überlieferten Texten. Es wäre unmöglich, all die verschiedenen Gattungen und Kategorien aufzuschlüsseln und zu erläutern, deshalb werden exemplarisch zwei Genres im Vordergrund stehen, die von immenser Bedeutung für die deutsche Literatur sind: zum einen das Heldenepos (oder die Heldendichtung), zum anderen der Minnesang.

Das deutsche Heldenepos beruht, im Gegensatz zur höfischen Ritterepik, zumeist auf germanischen Sagen und Überlieferungen. Diese wurden in festgelegter Form aufgegriffen und in Versen erzählt, nur Einzelheiten wichen von der tradierten Geschichte ab, wenn etwa eine andere Moral gewünscht wurde. Konstitutiv für das Autorverständnis des Mittelalters ist ohnehin, dass diesem wenige Freiräume zugestanden werden und dass die meiste Anerkennung erfährt, wer die großen, kanonisierten Meister am besten nachahmt.

Das klassische Epos schlechthin ist das Nibelungenlied, in seiner heutigen Form zurückgehend auf eine mittelhochdeutsche Handschrift aus dem 13. Jahrhundert. Der Stoff allerdings ist deutlich älter und wird, wie es den Genrekonventionen entspricht, aus dem mündlichen Erzählschatz übernommen. Das umfangreiche Werk rund um Kriemhild von Burgund und den Drachentöter Siegfried ist nicht nur wegen Richard Wagners Opernadaption von enormem kulturellem Wert, sondern auch sein Einfluss auf das Zustandekommen eines deutschen Nationalgefühls – mit all seinen fatalen Folgen – zeigt, welch prägenden Einfluss dieser literarische Meilenstein hinterlassen hat.

Prägend für die hochmittelalterliche Kultur war jedoch nicht nur die eher volkstümliche Epik,