Devil's Daughter 2: Thron der Verdammnis - Lilyan C. Wood - E-Book

Devil's Daughter 2: Thron der Verdammnis E-Book

Lilyan C. Wood

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Beschreibung

Band 2 des düsteren Prinzessinnenromans… **Tritt ein durch das Tor der Hölle** Seit Lucia und Fero ihr menschliches Dasein hinter sich gelassen haben und gemeinsam in die Unterwelt hinabgestiegen sind, sieht die Höllenprinzessin die Welt mit ganz anderen Augen. Umringt von Ritualen und Geheimnissen erfährt sie von ihrem Vater alles über das teuflische Königreich, das sie einmal führen soll. Doch als ein Anschlag auf Lucias Vater das Tor zur Hölle öffnet und die gefangenen Seelen befreit, entbrennt ein Feuer der Verdammnis, das nicht nur die Unterwelt, sondern auch die Menschenwelt bedroht… //Dies ist ein Roman aus dem Carlsen-Imprint Dark Diamonds. Jeder Roman ein Juwel.// //Alle Bände der teuflischen Fantasy-Reihe: -- Devil's Daughter 1: Königreich der Unterwelt -- Devil's Daughter 2: Thron der Verdammnis -- Sammelband der teuflischen Fantasy-Reihe Devil's Daughter//

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Dark Diamonds

Jeder Roman ein Juwel.

Das digitale Imprint »Dark Diamonds« ist ein E-Book-Label des Carlsen Verlags und publiziert New Adult Fantasy.

Wer nach einer hochwertig geschliffenen Geschichte voller dunkler Romantik sucht, ist bei uns genau richtig. Im Mittelpunkt unserer Romane stehen starke weibliche Heldinnen, die ihre Teenagerjahre bereits hinter sich gelassen haben, aber noch nicht ganz in ihrer Zukunft angekommen sind. Mit viel Gefühl, einer Prise Gefahr und einem Hauch von Sinnlichkeit entführen sie uns in die grenzenlosen Weiten fantastischer Welten – genau dorthin, wo man die Realität vollkommen vergisst und sich selbst wiederfindet.

Das Dark-Diamonds-Programm wurde vom Lektorat des erfolgreichen Carlsen-Labels Impress handverlesen und enthält nur wahre Juwelen der romantischen Fantasyliteratur für junge Erwachsene.

Lilyan C. Wood

Devil's Daughter 2: Thron der Verdammnis

**Tritt ein durch das Tor der Hölle** Seit Lucia und Fero ihr menschliches Dasein hinter sich gelassen haben und gemeinsam in die Unterwelt hinabgestiegen sind, sieht die Höllenprinzessin die Welt mit ganz anderen Augen. Umringt von Ritualen und Geheimnissen erfährt sie von ihrem Vater alles über das teuflische Königreich, das sie einmal führen soll. Doch als ein Anschlag auf Lucias Vater das Tor zur Hölle öffnet und die gefangenen Seelen befreit, entbrennt ein Feuer der Verdammnis, das nicht nur die Unterwelt, sondern auch die Menschenwelt bedroht …

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Vita

Danksagung

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© Stefanie Blaumeiser

Lilyan C. Wood wurde 1985 in Saarbrücken geboren und lebt nach einem Zwischenstopp in Baden-Württemberg wieder im beschaulichen Saarland. Hauptberuflich bringt sie als Grundschullehrerin Kindern u. a. das Rechnen, Lesen und Schreiben bei. Seit ihrer Kindheit denkt sie sich fantastische Geschichten und Figuren aus und traute sich 2015 endlich, ihre Fantasie auch zu Papier zu bringen. Seitdem geht sie in jeder freien Minute ihrer größten Leidenschaft, dem Schreiben, nach.

PROLOG

Bereits seit Anbeginn der Zeit erzählen Legenden, Religionen und Schauermärchen von einem sagenumwobenen Ort, der weit über unsere Vorstellungskraft hinausgeht.

Ein Ort, der den Lebenden verborgen bleibt und allein den Toten vorherbestimmt ist.

Ein Königreich, das von einem unbeschreiblichen Wesen regiert wird, das seinesgleichen sucht und seit Anbeginn der Menschheit das Schicksal des Throns der Verdammnis bestimmt.

Eine Welt, die von Schreien erfüllt ist, die jedem das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Ein Reich, das aus Feuer geboren wurde. In den tiefsten Abgründen brechen Qualen den Willen jedes Wesens, das dazu verdammt ist dort auszuharren.

Von Generation zu Generation tragen die Menschen die Legenden weiter und warnen vor dem Ort, an dem das Unvorstellbare herrscht.

Mögen die Tore zu dieser Welt aus Feuer und Schwefel auf ewig verschlossen bleiben. Möge das Böse, das dort sein Unwesen treibt, niemals in unsere Welt vordringen. Verdammte Seelen, die so dunkel sind, dass sie die schwärzeste Nacht noch übertreffen. Erfüllt von Hass, der jegliches Gute im Menschen verschlingt. Möge das Böse auf ewig in den Tiefen unseres Planeten eingeschlossen bleiben.

Ist deine Seele rein? Wohin wird dein Weg dich weisen, wenn deine Seele deinen Körper einst verlässt? Möge dich dein Weg nie in das Königreich der Unterwelt und zu seinem Herrscher führen!

1. KAPITEL

Juli 2078

Eine sanfte Brise spielt mit meinem langen Haar, das sich dunkel vor dem strahlend blauen Himmel absetzt. Ich greife nach einzelnen Strähnen, die sich seidig und glatt an meine makellose Haut schmiegen, und betrachte sie fasziniert. Noch vor drei Tagen waren sie grau und spröde. Die Haare einer alten Frau. Meine Haut war von Altersflecken bedeckt, die durch den Zauber dieser Welt verblasst sind.

Meine Finger gleiten zu den kleinen, rauen Hörnern empor, die oberhalb meiner Stirn aus der Haut ragen und auf die ich so lange verzichten musste. Das Symbol meiner Volljährigkeit, das allen zeigt, wer und was ich bin: ein Teufel.

Befreit lache ich auf. Meine jugendliche Stimme lässt meinen Körper vibrieren und ich drehe mich mit ausgestreckten Armen um meine eigene Achse, sodass mir das schwarzrote Kleid um die Beine weht. Unter meinen nackten Füßen spüre ich das kühle Gras, das den vertrauten Hügel einkleidet. Kein Gebrechen lässt mich innehalten. Keine müden Knochen hindern mich an der schwungvollen Bewegung. Ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen! Pure Energie fließt durch meine Adern und vermischt sich mit dem Feuer, das so viele Jahrzehnte eingeschlossen in meiner Seele ruhen musste. Rauschend erfüllt es meinen Körper und sendet Hitzewellen bis in meine kribbelnden Fingerspitzen.

Wie konnte ich bloß sechzig Jahre lang auf dieses unbeschreibliche Gefühl verzichten? Auf diese Macht, die in mir schlummert und mit der ich alles und jeden bezwingen könnte.

Erschrocken darüber, welche Richtung meine Gedanken einschlagen, halte ich inne und lasse mich in die farbenprächtige Blumenwiese sinken. Grashalme kitzeln mich an der Wange, während ich mich seufzend nach hinten fallen lasse. Ich versinke im hohen Grün meiner Heimat. Meiner neuen und gleichzeitig alten Heimat. Hellia – das Königreich der Unterwelt.

Nachdenklich blicke ich in den Himmel, der mich beinahe vergessen lässt, dass ich mich nicht mehr auf der Erdoberfläche befinde. Woher kommen diese Gedanken, die meine düstere Seite hervorbringen und so gar nicht zum Geist einer Achtzigjährigen passen mögen?

Sechzig Jahre lang war es Fero und mir vergönnt gewesen ein menschliches Leben ohne Kämpfe und Ängste zu genießen. Einen Alltag ohne Waffen und flammendes Feuer. Ein Leben ohne den Drang meine Macht ausleben zu wollen. Wir konnten eine Familie gründen, an die ich mit Stolz und Tränen in den Augen zurückdenke. Sie fehlen mir. Meine Tochter, mein Sohn und meine Enkelkinder. Auch wenn ihre Gesichter immer mehr vor meinem geistigen Auge verschwimmen.

Drei Tage sind nun vergangen, seitdem Fero und ich die Stufen zur Unterwelt hinabgestiegen sind. Drei Tage, in denen es mir noch immer schwerfällt, mein menschliches Sein hinter mir zu lassen. Als Achtzigjährige stieg ich die ersten Stufen hinunter – als Zwanzigjährige fand ich mich am Fuße der Treppe wieder.

Die Erinnerungen an mein Dasein als Lucile Marx, geborene Bann, scheinen mit dem Verrinnen der Zeit zu verblassen, als wären sie nie real gewesen. Im Gegenzug werden die Bilder aus meiner Zeit als Prinzessin des Königreiches Hellia immer lebendiger. Ich spüre den alten Kampfgeist in mir erwachen. Meine Seele strebt nach mehr, will die Macht spüren und genießen, die mit meinem Wesen einhergehen. Ich bin die Tochter eines Königs, gesegnet mit dem Teufelsfeuer, mit dessen Hilfe ich die gesamte Menschheit unterwerfen könnte, wenn ich es nur wollte. Ich wurde geboren, um eine Königin zu werden, und auserkoren, um die Nachfolgerin des mächtigsten Wesens in unserer Sphäre zu sein. Ich bin Prinzessin Lucia von Hellia, Tochter des Teufels. Lucile Marx existiert nicht mehr.

***

Hinter meinen geschlossenen Augenliedern tanzen kleine Lichtpunkte. Wolken müssen sich vor die Sonne geschoben haben, die Minuten zuvor noch am klaren Himmel thronte. Das Zwitschern vieler Vögel dringt an mein Ohr und mit einem tiefen Brummen fliegt ein Käfer über meinen Kopf hinweg. Der Duft nach Wildblumen steigt mir in die Nase und Bilder meiner Kindheit in Hellia erfüllen meine Gedanken. Das Lachen von Kindern hallt in der Ferne, wird immer lauter, als würden sich die Stimmen nähern. Vor meinem inneren Auge sehe ich meine Freundin Telra und Fero in ihrer Jugend über diesen Hügel laufen, dicht gefolgt von mir. Unser unbeschwertes Lachen erfüllt mein Herz, nur um mir kurz darauf bewusst zu machen, dass diese Zeit längst vorüber ist. Alles, was mich umgibt, existiert nicht mehr. Es ist lediglich eine Täuschung, hervorgerufen durch die Macht meines Vaters.

»Ach, hier bist du«, lacht eine dunkle Stimme plötzlich und ich öffne die Augen, nur um sie sofort mit der Hand abzuschirmen, da mich die gleißende Sonne blendet.

»Wo sollte ich denn sonst sein?«, entgegne ich mit einem Grinsen und setze mich auf, während sich Fero neben mir niederlässt. Ich betrachte meinen Ehemann, dessen Anblick mein Herz höher schlagen lässt. Ich verließ die Erde mit einem alten Greis und kam mit einem durchtrainierten und anziehenden jungen Mann in der Unterwelt an.

Nicht die schlechteste Wendung, denke ich und bemerke, dass ich meine Lippen sehnsüchtig aneinanderreibe und sie mit meiner Zunge befeuchte. Ein Ziehen in meinem Unterleib lässt meinen Körper erzittern.

Fero scheint meinen schmachtenden Blick bemerkt zu haben, denn ein Mundwinkel hebt sich anzüglich, was meinen Puls explosionsartig in die Höhe treibt. Seine zerzausten dunkelbraunen Haare wehen zart im Wind und rahmen die grauen Teufelshörner ein, die auch ihm vor drei Tagen gewachsen sind. Eingehend mustert er mich.

Ich liebe seine grün-braunen Augen, in denen goldene Funken zu tanzen scheinen, wenn er mich ansieht. Wie ein Strudel ziehen mich die Farben in ihren Bann und lassen mich in Feros Seele versinken.

»Ich dachte, du wärst vielleicht bei deinem Vater«, reißt er mich aus meinen Gedanken.

Ich rupfe einzelne Grasbüschel aus, um sie in die Luft zu werfen und zuzusehen, wie sie davongeweht werden und in Richtung des Schlosses streben, dessen Steine hellgrau im Sonnenlicht aufleuchten. Sanft weht die Fahne unseres untergegangenen Königreiches an der Spitze eines runden Türmchens im Wind. Eine rote Flamme, eingerahmt von einer goldenen Krone, ziert den schwarzen Hintergrund.

»Er hat zu tun«, antworte ich knapp, nachdem ich mich vom Anblick des Gemäuers losgerissen habe.

»Er hat immer zu tun.« Feros Hand tastet nach meiner und als er sie findet, verweben sich seine Finger mit meinen.

»Eine viel gefragte Persönlichkeit hat keine Freizeit«, ahme ich die tiefe und ernste Stimme meines Vaters nach, bevor ich prustend loslache. »Vater neigte schon immer zur Dramatik. Er will mir übrigens später sein Reich zeigen.«

»Das hat er bereits gestern und, wenn ich mich recht entsinne, auch vorgestern gesagt«, wirft Fero kopfschüttelnd ein. »Wenn ich bedenke, dass du irgendwann an seinen Platz treten sollst, wird mir angst und bange. Ich werde meine eigene Frau nie zu Gesicht bekommen«, jammert er theatralisch. Er hebt meine Hand zu seinen Lippen empor, um einen Kuss auf meinen Handrücken zu hauchen. Mit einem leidenden Blick drückt er sie danach an die Stelle seines Herzens, welches kraftvoll in seiner Brust schlägt. »Das wird mein altes Herz nicht ertragen.«

»Du bist ein Spinner«, lache ich und schubse ihn mit der Schulter an. »Irgendjemand muss sich schließlich um die Belange der Menschen kümmern und den Laden hier am Laufen halten«, erkläre ich und hole mit einer Geste aus, um unsere Umgebung einzubeziehen. »Vater braucht die Seelen, um all das hier, diese Illusion, aufrechtzuerhalten. Ansonsten würden wir uns in dieser schwefelverseuchten Hölle wiederfinden und nicht auf den grasbewachsenen Hügeln Hellias.«

»Ich lasse mich ja gern belehren, aber dennoch haben wir deinen Vater in den letzten drei Tagen kaum gesehen.«

»Ich weiß«, gebe ich ihm recht und lasse betrübt den Kopf sinken. Das Wissen, das ich bisher über die Unterwelt erlangen konnte, habe ich von meiner Freundin Marie, die bereits seit sechzig Jahren hier lebt. Seitdem sie von Gabriel ermordet wurde.

Schnell verdränge ich das Bild des groß gewachsenen Engels mit der grünen Haut, den schwarzen Flügeln und der widerlichen Fratze. Noch immer schwelt in mir der Hass auf ihn und seinen Bruder Uriel, die mir und meiner Familie so viel Leid beschert haben. Dafür mussten sie vor sechzig Jahren büßen, als mein Teufelsfeuer die Kontrolle übernahm und ich die beiden mächtigsten Engel auf unserem Planeten tötete. Als ich diese grenzenlose Macht spürte, die noch immer in mir schlummert.

»Was beschäftigt dein hübsches Köpfchen?«, fragt Fero und erst jetzt bemerke ich, dass er dichter an mich herangerückt ist. Mit schief gelegtem Kopf betrachtet er mich eingehend.

»Meine Gedanken sind wieder einmal zu diesem Tag im Jahre 2018 gewandert. Noch immer erschrecke ich mich über mich selbst. Wenn du und Vater mich nicht zurückgeholt hätten, hätte ich meine Kraft genauso entfesselt wie Vater die seine vor Millionen von Jahren. Womöglich hätte ich alles Leben von der Erde getilgt, so, wie er es damals getan hat.«

»Das warst nur du allein, die deine Kräfte wieder gebannt hat. Dein Wille ist stärker als der deines Vaters. Du hängst mehr an der Erde und ihren Bewohnern.«

»Weshalb aber vergesse ich sie dann bereits? Weshalb kann ich mich an vieles aus meinem Leben als Lucile nicht mehr erinnern?«, frage ich und schmiege mich an Feros starke Schulter.

»Bei mir ist es ähnlich. Meine Erinnerungen als Fero überdecken die als Felix. In der Unterwelt können unsere Seelen anscheinend ihr altes Sein ausleben. Wir werden zu dem, was wir schon immer waren. Wir sind Teufel, die Herrscher über die Unterwelt.«

»Und dennoch will ich unsere Familie nicht vergessen. Nur weil wir wieder jung sind, heißt das nicht, dass unsere Kinder und Enkelkinder nicht existieren.«

»Es geht ihnen gut, Luci. Sie wissen, dass wir in der Unterwelt weilen und nicht ohne Grund haben wir uns für immer von ihnen verabschiedet.« Beruhigend streicht mir Fero über den Rücken und ich seufze genussvoll.

Wie eine Katze strecke ich mein Rückgrat durch und lasse dabei meine Hand über seinen Oberschenkel gleiten. Ich spüre, wie sich sein Körper anspannt und sich die Stimmung augenblicklich verändert. Als würde sich die Luft erhitzen, liegt ein Knistern zwischen uns. Feros Augen färben sich dunkler und ich erkenne das Verlangen darin. Es bringt mich beinahe um den Verstand. Sechzig Jahre und noch immer fühle ich mich, als wäre ich frisch verliebt wie am ersten Tag. Dabei liebt ihn meine Seele bereits seit Millionen von Jahren.

Feros Hand gleitet zu meiner Wange und zart streichen seine Fingerkuppen über meine Lippen. Seine Augen bohren sich in meine, als würde er meine Seele ergründen können. »Ich liebe deine roten Augen. So lange musste ich auf dieses Feuer in deinem Blick verzichten«, raunt er und ich beiße ihm in den Finger. Dunkel lacht er und zieht mich mit einem Ruck an sich. »Wir sollten es ausnutzen, dass unsere Körper wieder jung und ausdauernd sind«, setzt er nach und ich lache anzüglich.

»Immer und immer wieder«, hauche ich und ziehe Fero mit mir ins hohe Gras.

2. KAPITEL

Stunden später stehe ich in einem düsteren, steinernen Gang des Schlosses und lasse meinen Blick über die riesige Gestalt vor mir gleiten, die mich um mehrere Köpfe überragt. Die ledrige tiefrote Haut dünstet den Geruch nach Rauch aus, der mich einhüllt und wie eine schützende Glocke umschließt. Beginnend mit dem rechten Pferdehuf fahre ich die beeindruckende Statur mit den Augen nach, betrachte die muskulösen Beine und die breite Brust, bis ich am grimmig dreinblickenden Gesicht mit den stechenden dunkelroten Augen hängen bleibe. Im Augenwinkel sehe ich den Teufelsschwanz an der Kehrseite hin- und herschlagen. Spitz zulaufende, dunkle Hörner, die so gewaltig sind, dass dieses uralte Wesen damit problemlos Menschen aufspießen könnte, ragen aus dem glatzköpfigen Schädel.

Für einen flüchtigen Moment denke ich an das Erscheinungsbild meines Vaters, bevor seine Macht vor so langer Zeit entfesselt worden war und seinen Körper zerfressen hat. Nichts ist mehr von dem König mit dem tiefschwarzen Haar und dem stoppeligen Dreitagebart geblieben. Nichts erinnert mehr an den gutaussehenden Mann, der wie ein verruchter Räuber gewirkt und gleichzeitig so viel Liebe und Fürsorge ausgestrahlt hat.

Dem äußeren Erscheinungsbild zum Trotz schlägt mein Herz für dieses monströse Wesen. Die Liebe für dieses sagenumwobene Geschöpf, das in der Literatur, in der Religion, in zahlreichen Legenden und in den Albträumen der Menschen seinen Platz fand, ist unendlich.

»Ich werde mich wohl nie an deinen Anblick gewöhnen«, sage ich kopfschüttelnd und nehme das verhaltene Grinsen meines Vaters wahr.

»Nur so kennt mich die Menschheit«, erwidert er schulterzuckend. »Zumal ich mein altes Erscheinungsbild auch nicht zurückerhalten könnte, wenn ich wollte. Ich kann mir für kurze Zeit ein anders Aussehen geben, jedoch nie für einen längeren Zeitraum. Dies ist der Preis für die Entfesselung meiner Macht, als du damals auf dem Schlachtfeld gestorben bist.«

»Erinnere mich bloß nicht daran«, unterbreche ich ihn und wische Gabriels Bild mit einer wirschen Handbewegung davon. »Ich muss aber nicht so aussehen, oder?«, frage ich und weise dabei mit meinem Finger auf seinen Körper. »Außerdem läufst du immer nackt herum«, füge ich hinzu. Ich versuche ein Grinsen zu unterdrücken und stattdessen eine ernste Miene aufzusetzen.

Vater bricht in schallendes Gelächter aus, während ich ihn belustigt betrachte. »Nein«, bringt er gepresst hervor, als er wieder Luft bekommt und sich eine Träne aus dem Augenwinkel streicht, »du musst dein hübsches Gesicht nicht opfern. Außerdem habe ich nichts zu verbergen. Weshalb also sollte ich meinen Körper in Kleidung hüllen?«

»Es mutet dennoch etwas seltsam an, dich ständig unbekleidet herumlaufen zu sehen«, beharre ich mit einem schiefen Grinsen im Gesicht.

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