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Vor mehr als 50 Jahren ist die bedeutende historisch-kritische Trakl-Ausgabe von Walther Killy und Hans Szklenar erschienen. Mittlerweile ist die zweibändige HKA vergriffen, ebenso die Taschenbuch-Ausgabe des ersten Bandes, was nicht nur bei Trakl-Freunden als Mangel empfunden wird. Vorliegende Neuausgabe der "Dichtungen und Briefe" von Georg Trakl macht erstmals völlig unbekannte Texte des Lyrikers zugänglich, die in letzter Zeit gefunden wurden. Dazu zählen 15 Gedichte der "Sammlung Richard Buhlig", die Marty Bax (Amsterdam) im Archiv der California State University Long Beach bei Recherchen entdeckt hat, oder das Gedicht "Hölderlin", das von einem Wiener Antiquariat angeboten wurde. Literarische Texte, die erst nach dem Erscheinen der ersten Taschenbuchausgabe veröffentlicht worden sind, werden ebenfalls in diesen Band aufgenommen. Dass Trakl sich auch mit dem literarischen Leben seiner Zeit beschäftigt hat, wird an der Rezension eines Gedichtbandes deutlich. Ein weiterer, bisher unbekannter Brief an Adolf Loos belegt das freundschaftliche Verhältnis zu dem Wiener Architekten. Mit dieser aktuellen Überarbeitung liegt nun eine repräsentative Ausgabe vor, die das dichterische Werk und die wichtigsten Briefe des großen Lyrikers des 20. Jahrhunderts in ansprechender Form vereint.
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Seitenzahl: 352
DICHTUNGEN
UND
BRIEFE
Herausgegeben von Hans Weichselbaum
IMPRESSUM
Die Drucklegung dieses Buches wurde gefördertdurch die Kulturabteilungen von Stadt und Land Salzburg.
www.omvs.at
ISBN 978-3-7013-1282-5
eISBN 978-3-7013-6282-0
© 2020 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG – WIEN
Alle Rechte vorbehalten.
Satz und Umschlaggestaltung: wir sind artisten
Druck und Bindung: Euro PB
GEDICHTE
SEBASTIAN IM TRAUM
VERÖFFENTLICHUNGEN IM BRENNER 1914/1915
SONSTIGE VERÖFFENTLICHUNGEN ZU LEBZEITEN
Gedichte
Prosa
Rezensionen
NACHLASS
Die Sammlung 1909
Gedichte 1909–1912
Sammlung Richard Buhlig
Gedichte 1912–1914
Doppelfassungen zu Teil I–III
Gedichtkomplexe
Fragmente
Dramen
Aphorismen und Widmungen
BRIEFE
LEBENSCHRONIK
NACHWORT
ALPHABETISCHES VERZEICHNIS DER GEDICHTÜBERSCHRIFTEN, PROSATEXTE UND DRAMEN
INHALTSVERZEICHNIS
GEDICHTE
Die Raben
Die junge Magd
Romanze zur Nacht
Im roten Laubwerk voll Guitarren
Musik im Mirabell 2. Fassung
Melancholie des Abends
Winterdämmerung
Rondel
Frauensegen
Die schöne Stadt
In einem verlassenen Zimmer
An den Knaben Elis
Der Gewitterabend
Abendmuse
Traum des Bösen 1. Fassung
Geistliches Lied
Im Herbst
Zu Abend mein Herz
Die Bauern
Allerseelen
Melancholie (I) 3. Fassung
Seele des Lebens
Verklärter Herbst
Winkel am Wald
Im Winter (I)
In ein altes Stammbuch
Verwandlung 2. Fassung
Kleines Konzert
Menschheit
Der Spaziergang
De Profundis (II)
Trompeten
Dämmerung (II)
Heiterer Frühling 2. Fassung
Vorstadt im Föhn
Die Ratten
Trübsinn
In den Nachmittag geflüstert
Psalm (I) 3. Fassung
Rosenkranzlieder
An die Schwester
Nähe des Todes 2. Fassung
Amen
Verfall (II)
In der Heimat
Ein Herbstabend
Menschliches Elend (= MENSCHLICHE TRAUER2. Fassung)
Im Dorf
Abendlied
Drei Blicke in einen Opal
Nachtlied (III)
Helian
SEBASTIAN IM TRAUM
SEBASTIAN IM TRAUM
Kindheit (II)
Stundenlied
Unterwegs (II)
Landschaft 2. Fassung
An den Knaben Elis
Elis 3. Fassung
Hohenburg 2. Fassung
Sebastian im Traum
Am Moor 3. Fassung
Im Frühling (II)
Abend in Lans 3. Fassung
Am Mönchsberg 2. Fassung
Kaspar Hauser Lied
Nachts
Verwandlung des Bösen
DER HERBST DES EINSAMEN
Im Park
Ein Winterabend 2. Fassung
Die Verfluchten
Sonja
Entlang
Herbstseele 2. Fassung
Afra
Der Herbst des Einsamen
SIEBENGESANG DES TODES
Ruh und Schweigen
Anif
Geburt (II)
Untergang 4. Fassung
An einen Frühverstorbenen
Geistliche Dämmerung 2. Fassung
Abendländisches Lied
Verklärung
Föhn
Der Wanderer 2. Fassung
Karl Kraus
An die Verstummten
Passion 3. Fassung
Siebengesang des Todes
Winternacht
GESANG DES ABGESCHIEDENEN
In Venedig
Vorhölle
Die Sonne
Gesang einer gefangenen Amsel
Sommer
Sommersneige
Jahr
Abendland 3. Fassung
Frühling der Seele (II)
Im Dunkel 2. Fassung
Gesang des Abgeschiedenen
TRAUM UND UMNACHTUNG
Traum und Umnachtung
VERÖFFENTLICHUNGEN IM BRENNER 1914/1915
In Hellbrunn
Das Herz
Der Schlaf 2. Fassung
Das Gewitter
Der Abend
Die Nacht
Die Schwermut
Die Heimkehr 2. Fassung
Klage (I)
Nachtergebung 3. Fassung
Im Osten
Klage (II)
Grodek
Offenbarung und Untergang
SONSTIGE VERÖFFENTLICHUNGEN ZU LEBZEITEN
GEDICHTE
Aufforderung
Das Morgenlied
Traumwandler
Die drei Teiche von Hellbrunn (= DIE DREI TEICHE IN HELLBRUNN1. Fassung)
Die drei Teiche in Hellbrunn 2. Fassung
St.-Peters-Friedhof
Ein Frühlingsabend (II)
In einem alten Garten
<Abendlicher Reigen> 1. Fassung
Abendlicher Reigen 2. Fassung
Nachtseele Letzte Fassung
PROSA
Traumland. Eine Episode
Aus goldenem Kelch
Barrabas. Eine Phantasie
Maria Magdalena. Ein Dialog
Verlassenheit
REZENSIONEN
Familie
Salome
Oberregisseur Friedheim
Alt Heidelberg
Gustav Streicher
<Vom Lichtquell>
<Jakobus und die Frauen>
NACHLASS
DIE SAMMLUNG 1909
Drei Träume
Von den stillen Tagen
Dämmerung (I)
Herbst (= VERFALL II)
Das Grauen
Andacht
Sabbath
Gesang zur Nacht
Das tiefe Lied
Ballade (I)
Ballade (II)
Ballade (III)
Melusine (II)
Verfall (I)
Gedicht
Nachtlied (I)
An einem Fenster
Farbiger Herbst (= MUSIK IM MIRABELL1. Fassung, Sammlung 1909)
Die drei Teiche in Hellbrunn 1. Fassung
Auf den Tod einer alten Frau
Zigeuner
Naturtheater
Ermatten
Ausklang
Einklang
Crucifixus
Confiteor
Schweigen
Vor Sonnenaufgang
Blutschuld
Begegnung
Vollendung
Metamorphose
Abendgang
Der Heilige
Einer Vorübergehenden
Die tote Kirche
GEDICHTE 1909–1912
Melusine (I)
Die Nacht der Armen
Nachtlied (II)
De Profundis (I)
Am Friedhof
<Grüngolden geht …>
Sonniger Nachmittag
Zeitalter
Der Schatten
Wunderlicher Frühling
Der Traum eines Nachmittags
Sommersonate
Leuchtende Stunde
Kindheitserinnerung
Ein Abend
Jahreszeit
Im Weinland
Das dunkle Tal
Sommerdämmerung
Im Mondschein
Märchen
Ein Frühlingsabend (I)
Klagelied
Frühling der Seele (I)
Westliche Dämmerung
Die Kirche
An Angela 1. Fassung
An Angela 2. Fassung
<In Milch und Öde …>
Träumerei am Abend
Hölderlin
Wintergesang in a-Moll
Immer dunkler
Unterwegs (I) 1. Fassung
Unterwegs (I) 2. Fassung
Dezember (= DEZEMBERSONETT1. Fassung)
Dezembersonett 2. Fassung
SAMMLUNG RICHARD BUHLIG (RB, 1912)
An Mauern hin
Psalm
Der Mittag
Der sterbende Wald
Die Elenden
Die schöne Stadt
Einsamkeit
Empfindung
Ein Frühlingsabend
Mitternacht
Die Raben
Sommerdämmerung
Traumsonett
Trübsinn
<Immer wieder …>
GEDICHTE 1912–1914
<Ein Teppich …>
<Rosiger Spiegel …>
<Dunkel ist das Lied …>
<Gestalt die lange …>
Delirien
Delirium
Am Rand eines alten Wassers (= AM RAND EINES ALTEN BRUNNENS1. Fassung)
Am Rand eines alten Brunnens 2. Fassung
<Es geht ein alter Weg …> (= <AN MAUERN HIN (I)>)
<Ein Blasses, ruhend im Schatten …>
<Die Stille der Verstorbenen …>
<Mit rosigen Stufen …>
<Die blaue Nacht …>
<O das Wohnen …>
Am Abend (I)
Gericht
Schwesters Garten 1. Fassung
Schwesters Garten 2. Fassung
<Wind, weiße Stimme, …> 1. Fassung
<Wind, weiße Stimme, …> 2. Fassung
<So leise läuten>
<Der Tau des Frühlings …>
<O die entlaubten Buchen …>
An Novalis 1. Fassung
<An Novalis> 2. Fassung
<An Novalis> 3. Fassung
An Novalis 4. Fassung
Stunde des Grams
<Nächtliche Klage> 1. Fassung
Nächtliche Klage 2. Fassung
An Johanna
Melancholie (II)
Bitte (= AN LUZIFER1. Fassung)
Bitte (= AN LUZIFER2. Fassung)
An Luzifer 3. Fassung
<Nimm blauer Abend …>
<Am Abend (II)> 1. Fassung
Am Abend (II) 2. Fassung
Beim jungen Wein 1. Fassung
Beim jungen Wein 2. Fassung
<Rote Gesichter …>
Heimkehr
Träumerei 2. Fassung
Träumerei 3. Fassung
Träumerei 4. Fassung
Psalm (II)
<Herbstliche Heimkehr> 1. Fassung (b)
Herbstliche Heimkehr 2. Fassung
Herbstliche Heimkehr 3. Fassung
<Neige> 1. Fassung
Neige 2. Fassung
Lebensalter
<Ihr goldenen Sonnenblumen …>
<So ernst …>
DOPPELFASSUNGEN ZU TEIL I–III
Farbiger Herbst (= MUSIK IM MIRABELL1. Fassung)
Traum des Bösen 2. Fassung
Traum des Bösen 3. Fassung
Leise (= MELANCHOLIE1. Fassung)
Melancholia (= MELANCHOLIE2. Fassung)
<Verwandlung> 1. Fassung
Heiterer Frühling 1. Fassung
<In Schenken träumend …> (Vorstufe zu TRÜBSINN)
Psalm (I) Vorstufeund1. Fassung
Psalm (I) 2. Fassung
<Nähe des Todes> 1. Fassung
Im Spital (= MENSCHLICHE TRAUER1. Fassung)
Menschliche Trauer 3. Fassung
<Landschaft> 1. Fassung (= 2. Strophe von WIND, WEISSE STIMME)
Elis 1. Fassung
Elis 2. Fassung
<Hohenburg> 1. Fassung
Dezember (= AM MOOR1. Fassung)
<Am Moor> 2. Fassung
Am Moor 2. und 3. Strophe (4. Fassung)
Sommer (= ABEND IN LANS1. Fassung)
Sommer (= ABEND IN LANS2. Fassung)
Am Mönchsberg 1. Fassung
Erinnerung [Fragment; mit Motiven der Prosa VERWANDLUNG DES BÖSENund des Gedichtes AN JOHANNA]
<Im Winter> (= EIN WINTERABEND1. Fassung)
<Herbstseele> 1. Fassung
Abendspiegel [Motiv-Parallelen zum Gedicht AFRA]
<Untergang> Vorstufe
<Untergang> 1. Fassung
<Untergang> 2. Fassung
Untergang 3. Fassung
Am Hügel (= GEISTLICHE DÄMMERUNG1. Fassung)
Wanderers Schlaf (= DER WANDERER1. Fassung)
Passion 1. Fassung
Passion 2. Fassung
<Vorhölle> 1. Fassung der 1. Strophe
Abendland (I) [später in ABENDLAND II eingefügt]
Wanderschaft [später in ABENDLAND II eingefügt]
Abendland (II) 1. Fassung
Abendland (II) 2. Fassung
An Mauern hin (= IM DUNKEL1. Fassung)
<Der Schlaf> 1. Fassung
An (= DIE HEIMKEHR1. Fassung, HERBSTLICHE HEIMKEHR1. Fassung a)
Im Schnee ( WINTERNACHT, DEZEMBERNACHT)
Anblick [mit Motiven des Gedichtes NACHTERGEBUNG]
An die Nacht (= NACHTERGEBUNG1. Fassung)
An die Nacht (= NACHTERGEBUNG2. Fassung)
GEDICHTKOMPLEXE
<Lange lauscht der Mönch …>
<Wo an schwarzen Mauern …>
<Durch schwarze Stirne geht …>
<Jene singen den Untergang …>
<Mit Schnee und Aussatz …>
<Sommer. In Sonnenblumen gelb …>
[Entwurf. Einzelne Motive im Gedicht SEBASTIAN IM TRAUMverwendet.]
FRAGMENTE
1 Kindheit (I)
2 <Ein Kreuz ragt Elis …>
3 Geburt (I)
4 Im Frühling (I)
5 Nachtwandlung, Tod und Seele
6 <Da der Tag dahinsank …>
7 <Es kehret der Heimatlose …>
8 <Gegen Abend erwachte Münch …>
9 <Im Frühling; ein zarter Leichnam …>
10 <Nächtliche Buchen …>
11 <Schneeige Nacht! …>
DRAMEN
Don Juans Tod. <Eine Tragödie in 3 Akten>. Fragment
Prolog
Der Tragödie dritter Akt. 1. Fassung
Der Tragödie dritter Akt. 2. Fassung
Blaubart. Ein Puppenspiel. Fragment.
Vorausnahme
1. Szene, 1. Fassung
1. Szene, 2. Fassung
1. Szene, 3. Fassung, Fragment
2. Szene
Fragmentarische Szene
<Dramenfragment> 1. Fassung
<Dramenfragment> 2. Fassung
APHORISMEN UND WIDMUNGEN
Aphorismen und Widmungen
BRIEFE
1. An Maria Trakl (jun.) und Hermine Trakl in Neuveville, {24. 11. 1897}
2. An Maria Trakl (jun.) in Hannover, {24. 4.}[1899]
3. An Maria Geipel in Graz, 16. 7. 1903
4. An Karl von Kalmár in Wien, [erste Hälfte August 1905]
5. An Hugo Greinz in Wien, 19. 8. [1906]
6. An Karl von Kalmár in Wien, 30. 9. 1906
7. An August Brunetti-Pisano in Salzburg, [Ende Dezember 1906]
8. An Hermine Trakl in Salzburg, {5. 10. 1908}
9. An Maria Geipel in Salzburg, [Ende Oktober 1908]
10. An Gustav Streicher in Wien, [November 1908] [nicht abgeschickt]
11. An Karl von Kalmár in Wien, {8. 4. 1909}
12. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [Ende Mai/Anfang Juni 1909]
13. An Erhard Buschbeck in Salzburg, 11. 6. [19]09
14. An Erhard Buschbeck in Wien, [Anfang Oktober 1909]
15. An August Brunetti-Pisano in Salzburg, {29. 10. 1909}
16. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [9.–15. 7. 1910]
17. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [16.–24.7. 1910]
18. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [18.–24. 7. 1910]
19. An Anton Moritz in Attersee, {29. 8. 1910}
20. An Maria Geipel in Salzburg, {15. 11. 1910}
21. An Friedrich Trakl in Rovereto, [Spätherbst 1910]
22. An Erhard Buschbeck in Salzburg, {20. 5. 1911}
23. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [27. 6. 1911]
24. An Anton Moritz in Attersee, {8.}[8. 1911]
25. An Erhard Buschbeck in Wien, {3. 10. 1911}
26. An Irene Amtmann in Wien, [erste Hälfte Oktober 1911]
27. An Erhard Buschbeck in Wien. [Mitte Jänner 1912]
28. An Erhard Buschbeck in Wien, [Ende Jänner 1912]
29. An Erhard Buschbeck in Wien, [vor dem 21. 4. 1912]
30. An Erhard Buschbeck in Wien, {24. 4. 1912}
31. An Erhard Buschbeck in Wien, [erste Hälfte Mai 1912]
32. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [Anfang Oktober 1912]
33. An Ludwig Ullmann in Wien, [etwa 24./26. Oktober 1912]
34. An Erhard Buschbeck in Wien, [Anfang November 1912]
35. An Erhard Buschbeck in Wien, [Anfang November 1912]
36. An Karl Kraus in Wien, {9. 11. 1912}
37. An Erhard Buschbeck in Wien, [erste Hälfte November 1912]
38. An Erhard Buschbeck in Wien, [erste Hälfte November 1912]
39. An Erhard Buschbeck in Wien, [Mitte November 1912]
40. An Erhard Buschbeck in Wien, [16.–22. 11. 1912]
41. An Karl Röck in Innsbruck, {3. 12. 1912}
42. An Erhard Buschbeck in Wien, [Anfang Dezember 1912]
43. An Erhard Buschbeck in Wien, [3.–8. 12. 1912]
44. An Ludwig v. Ficker in Innsbruck, [3.–8. 12. 1912]
45. An Erhard Buschbeck in Salzburg, {2. 1. [1913]}
46. An Erhard Buschbeck in Salzburg, {4. 1. 1913}
47. An Erhard Buschbeck in Wien, [23.–26. 1. 1913]
48. An Erhard Buschbeck in Wien, {[27.] 1. 1913}
49. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [5.–7. 2. 1913]
50. An Karl Borromaeus Heinrich in Igls bei Innsbruck, {18. 2. 1913}
51. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {23. 2. 1913}
52. An Erhard Buschbeck in Wien, {28. 2. 1913}
53. An Erhard Buschbeck in Wien, [zweite Hälfte März 1913]
54. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {23. 3. 1913}
55. An Erhard Buschbeck in Wien, {1. 4. 1913}
56. An Erhard Buschbeck in Wien, {2. 4. 1913}
57. An Kurt Wolff in Leipzig, [5. 4. 1913]
58. An Erhard Buschbeck in Wien, {5. 4. 1913}
59. An Erhard Buschbeck in Wien, [erste Hälfte April 1913]
60. An Kurt Wolff in Leipzig, [Mitte April 1913]
61. An den Kurt Wolff Verlag in Leipzig, 27. 4. 1913
62. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [Anfang Mai 1913]
63. An Erhard Buschbeck in Salzburg, [24. 5.–5. 6. 1913]
64. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [9.–Mitte Juni 1913]
65. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {26. 6. 1913}
66. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {8. 7. 1913}
67. An Erhard Buschbeck in Salzburg, {17. 7. 1913}
68. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {[17./18.] 7. 1913}
69. An Franz Zeis in Wien, {14. 8. 1913}
70. An Erhard Buschbeck in Salzburg, {15. 8. 1913}
71. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [erste Hälfte Oktober 1913]
72. An Franz Zeis in Wien, [20.–25. 10. 1913]
73. An Arthur Zeiller in Hall bei Innsbruck, {3. 11. 1913}
74. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {11. 11. 1913}
75. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {12. 11. 1913}
76. An Rudolf v. Ficker in Wien, {12. 11. 1913}
77. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {17. 11. 1913}
78. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {[19.] 11. 1913}
79. An Hans Brecka-Stiftegger in Wien, [13./14. 12. 1913]
80. An Karl Kraus in Wien, [21. 12. 1913]
81. An Karl Borromaeus Heinrich in Paris [2. – 10. 1. 1914]
82. An Kurt Wolff in Leipzig, 6. 3. 1914
83. An Karl Borromaeus Heinrich in Mühlau bei Innsbruck, 19. 3. 1914
84. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, {21. 3. 1914}
85. An Karl Kraus in Wien, 27. 3. 1914
86. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [1./2. 4. 1914]
87. An Kurt Wolff in Leipzig, [7. 4. 1914]
88. An Kurt Wolff in Leipzig, 16. 4. 1914
89. An Maria Geipel in Salzburg, {26. 5. 1914}
90. An das Niederländische Kolonialamt in ’s-Gravenhage, 8. 6. 1914
91. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [10. 6. 1914]
92. An Adolf Loos in Wien, [20.–26. 6. 1914], [nicht abgeschickt]
93. An Adolf Loos in Wien, [28. 6.–7. 7. 1914], [nicht abgeschickt].
94. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [Mitte Juli 1914]
95. An Ludwig Wittgenstein in Wien, [23. 7. 1914]
96. An Arthur Seiffhart in Leipzig, [29.–31. 7. 1914]
97. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, 26. 8. [19]14
98. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [1./2. 9. 1914]
99. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [2./3. 9. 1914]
100. An Maria Geipel in Salzburg, [7. – 10. 9. 1914]
101. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [3./4. 10. 1914]
102. An Adolf Loos in Wien, [3./4. 10. 1914]
103. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [12./13. 10. 1914]
104. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, [21./22. 10. 1914]
105. An den Kurt Wolff Verlag in Leipzig, [25. 10. 1914]
106. An Ludwig Wittgenstein in Krakau, [25./26. 10. 1914]
107. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, 27. 10. 1914
108. An Ludwig v. Ficker in Mühlau bei Innsbruck, 27. 10. 1914
Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.
5O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören
Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
10Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.
LUDWIG VON FICKER ZUGEEIGNET
1
Oft am Brunnen, wenn es dämmert,
Sieht man sie verzaubert stehen
Wasser schöpfen, wenn es dämmert.
Eimer auf und nieder gehen.
5In den Buchen Dohlen flattern
Und sie gleichet einem Schatten.
Ihre gelben Haare flattern
Und im Hofe schrein die Ratten.
Und umschmeichelt von Verfalle
10Senkt sie die entzundenen Lider.
Dürres Gras neigt im Verfalle
Sich zu ihren Füßen nieder.
2
Stille schafft sie in der Kammer
Und der Hof liegt längst verödet.
15Im Hollunder vor der Kammer
Kläglich eine Amsel flötet.
Silbern schaut ihr Bild im Spiegel
Fremd sie an im Zwielichtscheine
Und verdämmert fahl im Spiegel
20Und ihr graut vor seiner Reine.
Traumhaft sing ein Knecht im Dunkel
Und sie starrt vor Schmerz geschüttelt.
Röte träufelt durch das Dunkel.
Jäh am Tor der Südwind rüttelt.
3
25Nächtens übern kahlen Anger
Gaukelt sie in Fieberträumen.
Mürrisch greint der Wind im Anger
Und der Mond lauscht aus den Bäumen.
Balde rings die Sterne bleichen
30Und ermattet von Beschwerde
Wächsern ihre Wangen bleichen.
Fäulnis wittert aus der Erde.
Traurig rauscht das Rohr im Tümpel
Und sie friert in sich gekauert.
35Fern ein Hahn kräht. Übern Tümpel
Hart und grau der Morgen schauert.
4
In der Schmiede dröhnt der Hammer
Und sie huscht am Tor vorüber.
Glührot schwingt der Knecht den Hammer
40Und sie schaut wie tot hinüber.
Wie im Traum trifft sie ein Lachen;
Und sie taumelt in die Schmiede,
Scheu geduckt vor seinem Lachen,
Wie der Hammer hart und rüde.
45Hell versprühn im Raum die Funken
Und mit hilfloser Geberde
Hascht sie nach den wilden Funken
Und sie stürzt betäubt zur Erde.
5
Schmächtig hingestreckt im Bette
50Wacht sie auf voll süßem Bangen
Und sie sieht ihr schmutzig Bette
Ganz von goldnem Licht verhangen,
Die Reseden dort am Fenster
Und den bläulich hellen Himmel.
55Manchmal trägt der Wind ans Fenster
Einer Glocke zag Gebimmel.
Schatten gleiten übers Kissen,
Langsam schlägt die Mittagsstunde
Und sie atmet schwer im Kissen
60Und ihr Mund gleicht einer Wunde.
6
Abends schweben blutige Linnen,
Wolken über stummen Wäldern,
Die gehüllt in schwarze Linnen.
Spatzen lärmen auf den Feldern.
65Und sie liegt ganz weiß im Dunkel.
Unterm Dach verhaucht ein Girren.
Wie ein Aas in Busch und Dunkel
Fliegen ihren Mund umschwirren.
Traumhaft klingt im braunen Weiler
70Nach ein Klang von Tanz und Geigen,
Schwebt ihr Anlitz durch den Weiler,
Weht ihr Haar in kahlen Zweigen.
Einsamer unterm Sternenzelt
Geht durch die stille Mitternacht.
Der Knab’ aus Träumen wirr erwacht,
Sein Antlitz grau im Mond verfällt.
5Die Närrin weint mit offnem Haar
Am Fenster, das vergittert starrt.
Im Teich vorbei auf süßer Fahrt
Ziehn Liebende sehr wunderbar.
Der Mörder lächelt bleich im Wein,
10Die Kranken Todesgrausen packt.
Die Nonne betet wund und nackt
Vor des Heilands Kreuzespein.
Die Mutter leis’ im Schlafe singt.
Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind
15Mit Augen, die ganz wahrhaft sind.
Im Hurenhaus Gelächter klingt.
Beim Talglicht drunt’ im Kellerloch
Der Tote malt mit weißer Hand
Ein grinsend Schweigen an die Wand.
20Der Schläfer flüstert immer noch.
Im roten Laubwerk voll Guitarren
Der Mädchen gelbe Haare wehen
Am Zaun, wo Sonnenblumen stehen.
Durch Wolken fährt ein goldner Karren.
5In brauner Schatten Ruh verstummen
Die Alten, die sich blöd umschlingen.
Die Waisen süß zur Vesper singen.
In gelben Dünsten Fliegen summen.
Am Bache waschen noch die Frauen.
10Die aufgehängten Linnen wallen.
Die Kleine, die mir lang gefallen,
Kommt wieder durch das Abendgrauen.
Vom blauen Himmel Spatzen stürzen
In grüne Löcher voll Verwesung.
15Dem Hungrigen täuscht vor Genesung
Ein Duft von Brot und herben Würzen.
2. Fassung
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.
5Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
10Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.
Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
15Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.
– Der Wald, der sich verstorben breitet –
Und Schatten sind um ihn, wie Hecken.
Das Wild kommt zitternd aus Verstecken,
Indes ein Bach ganz leise gleitet
5Und Farnen folgt und alten Steinen
Und silbern glänzt aus Laubgewinden.
Man hört ihn bald in schwarzen Schlünden –
Vielleicht, daß auch schon Sterne scheinen.
Der dunkle Plan scheint ohne Maßen,
10Verstreute Dörfer, Sumpf und Weiher,
Und etwas täuscht dir vor ein Feuer.
Ein kalter Glanz huscht über Straßen.
Am Himmel ahnet man Bewegung,
Ein Heer von wilden Vögeln wandern
15Nach jenen Ländern, schönen, andern.
Es steigt und sinkt des Rohres Regung.
AN MAX VON ESTERLE
Schwarze Himmel von Metall.
Kreuz in roten Stürmen wehen
Abends hungertolle Krähen
Über Parken gram und fahl.
5Im Gewölk erfriert ein Strahl;
Und vor Satans Flüchen drehen
Jene sich im Kreis und gehen
Nieder siebenfach an Zahl.
In Verfaultem süß und schal
10Lautlos ihre Schnäbel mähen.
Häuser dräu’n aus stummen Nähen;
Helle im Theatersaal.
Kirchen, Brücken und Spital
Grauenvoll im Zwielicht stehen.
15Blutbefleckte Linnen blähen
Segel sich auf dem Kanal.
Verflossen ist das Gold der Tage,
Des Abends braun und blaue Farben:
Des Hirten sanfte Flöten starben
Des Abends blau und braune Farben
5Verflossen ist das Gold der Tage.
Schreitest unter deinen Frau’n
Und du lächelst oft beklommen:
Sind so bange Tage kommen.
Weiß verblüht der Mohn am Zaun.
5Wie dein Leib so schön geschwellt
Golden reift der Wein am Hügel.
Ferne glänzt des Weihers Spiegel
Und die Sense klirrt im Feld.
In den Büschen rollt der Tau,
10Rot die Blätter niederfließen.
Seine liebe Frau zu grüßen
Naht ein Mohr dir braun und rauh.
Alte Plätze sonnig schweigen.
Tief in Blau und Gold versponnen
Traumhaft hasten sanfte Nonnen
Unter schwüler Buchen Schweigen.
5Aus den braun erhellten Kirchen
Schaun des Todes reine Bilder,
Großer Fürsten schöne Schilder.
Kronen schimmern in den Kirchen.
Rösser tauchen aus dem Brunnen.
10Blütenkrallen drohn aus Bäumen.
Knaben spielen wirr von Träumen
Abends leise dort am Brunnen.
Mädchen stehen an den Toren,
Schauen scheu ins farbige Leben.
15Ihre feuchten Lippen beben
Und sie warten an den Toren.
Zitternd flattern Glockenklänge,
Marschtakt hallt und Wacherufen.
Fremde lauschen auf den Stufen.
20Hoch im Blau sind Orgelklänge.
Helle Instrumente singen.
Durch der Gärten Blätterrahmen
Schwirrt das Lachen schöner Damen.
Leise junge Mütter singen.
25Heimlich haucht an blumigen Fenstern
Duft von Weihrauch, Teer und Flieder.
Silbern flimmern müde Lider
Durch die Blumen an den Fenstern.
Fenster, bunte Blumenbeeten,
Eine Orgel spielt herein.
Schatten tanzen an Tapeten,
Wunderlich ein toller Reihn.
5Lichterloh die Büsche wehen
Und ein Schwarm von Mücken schwingt.
Fern im Acker Sensen mähen
Und ein altes Wasser singt.
Wessen Atem kommt mich kosen?
10Schwalben irre Zeichen ziehn.
Leise fließt im Grenzenlosen
Dort das goldne Waldland hin.
Flammen flackern in den Beeten.
Wirr verzückt der tolle Reihn
15An den gelblichen Tapeten.
Jemand schaut zur Tür herein.
Weihrauch duftet süß und Birne
Und es dämmern Glas und Truh.
Langsam beugt die heiße Stirne
20Sich den weißen Sternen zu.
Elis, wenn die Amsel im schwarzen Wald ruft,
Dieses ist dein Untergang.
Deine Lippen trinken die Kühle des blauen Felsenquells.
Laß, wenn deine Stirne leise blutet
5Uralte Legenden
Und dunkle Deutung des Vogelflugs.
Du aber gehst mit weichen Schritten in die Nacht,
Die voll purpurner Trauben hängt
Und du regst die Arme schöner im Blau.
10Ein Dornenbusch tönt,
Wo deine mondenen Augen sind.
O, wie lange bist, Elis, du verstorben.
Dein Leib ist eine Hyazinthe,
In die ein Mönch die wächsernen Finger taucht.
15Eine schwarze Höhle ist unser Schweigen,
Daraus bisweilen ein sanftes Tier tritt
Und langsam die schweren Lider senkt.
Auf deine Schläfen tropft schwarzer Tau,
Das letzte Gold verfallener Sterne.
O die roten Abendstunden!
Flimmernd schwankt am offenen Fenster
Weinlaub wirr ins Blau gewunden,
Drinnen nisten Angstgespenster.
5Staub tanzt im Gestank der Gossen.
Klirrend stößt der Wind in Scheiben.
Einen Zug von wilden Rossen
Blitze grelle Wolken treiben.
Laut zerspringt der Weiherspiegel.
10Möven schrein am Fensterrahmen.
Feuerreiter sprengt vom Hügel
Und zerschellt im Tann zu Flammen.
Kranke kreischen im Spitale.
Bläulich schwirrt der Nacht Gefieder.
15Glitzernd braust mit einem Male
Regen auf die Dächer nieder.
Ans Blumenfenster wieder kehrt des Kirchturms Schatten
Und Goldnes. Die heiße Stirn verglüht in Ruh und Schweigen.
Ein Brunnen fällt im Dunkel von Kastanienzweigen –
Da fühlst du: es ist gut! in schmerzlichem Ermatten.
5Der Markt ist leer von Sommerfrüchten und Gewinden.
Einträchtig stimmt der Tore schwärzliches Gepränge.
In einem Garten tönen sanften Spieles Klänge,
Wo Freunde nach dem Mahle sich zusammenfinden.
Des weißen Magiers Märchen lauscht die Seele gerne.
10Rund saust das Korn, das Mäher nachmittags geschnitten.
Geduldig schweigt das harte Leben in den Hütten;
Der Kühe linden Schlaf bescheint die Stallaterne.
Von Lüften trunken sinken balde ein die Lider
Und öffnen leise sich zu fremden Sternzeichen.
15Endymion taucht aus dem Dunkel alter Eichen
Und beugt sich über trauervolle Wasser nieder.
1. Fassung
Verhallend eines Gongs braungoldne Klänge –
Ein Liebender erwacht in schwarzen Zimmern
Die Wang’ an Flammen, die im Fenster flimmern.
Am Strome blitzen Segel, Masten, Stränge.
5Ein Mönch, ein schwangres Weib dort im Gedränge.
Guitarren klimpern, rote Kittel schimmern.
Kastanien schwül in goldnem Glanz verkümmern;
Schwarz ragt der Kirchen trauriges Gepränge.
Aus bleichen Masken schaut der Geist des Bösen.
10Ein Platz verdämmert grauenvoll und düster;
Am Abend regt auf Inseln sich Geflüster.
Des Vogelfluges wirre Zeichen lesen
Aussätzige, die zur Nacht vielleicht verwesen.
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.
Zeichen, seltne Stickerein
Malt ein flatternd Blumenbeet.
Gottes blauer Odem weht
In den Gartensaal herein,
5Heiter ein.
Ragt ein Kreuz im wilden Wein.
Hör’ im Dorf sich viele freun,
Gärtner an der Mauer mäht,
Leise eine Orgel geht,
10Mischet Klang und goldenen Schein,
Klang und Schein.
Liebe segnet Brot und Wein.
Mädchen kommen auch herein
Und der Hahn zum letzten kräht.
15Sacht ein morsches Gitter geht
Und in Rosen Kranz und Reihn,
Rosenreihn
Ruht Maria weiß und fein.
Bettler dort am alten Stein
20Scheint verstorben im Gebet,
Sanft ein Hirt vom Hügel geht
Und ein Engel singt im Hain,
Nah im Hain
Kinder in den Schlaf hinein.
Die Sonnenblumen leuchten am Zaun,
Still sitzen Kranke im Sonnenschein.
Im Acker mühn sich singend die Frau’n,
Die Klosterglocken läuten darein.
5Die Vögel sagen dir ferne Mär’,
Die Klosterglocken läuten darein.
Vom Hof tönt sanft die Geige her.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Da zeigt der Mensch sich froh und lind.
10Heut keltern sie den braunen Wein.
Weit offen die Totenkammern sind
Und schön bemalt vom Sonnenschein.
Am Abend hört man den Schrei der Fledermäuse.
Zwei Rappen springen auf der Wiese.
Der rote Ahorn rauscht.
Dem Wanderer erscheint die kleine Schenke am Weg.
5Herrlich schmecken junger Wein und Nüsse.
Herrlich: Betrunken zu taumeln in dämmernden Wald.
Durch schwarzes Geäst tönen schmerzliche Glocken.
Auf das Gesicht tropft Tau.
Vorm Fenster tönendes Grün und Rot.
Im schwarzverräucherten, niederen Saal
Sitzen die Knechte und Mägde beim Mahl;
Und sie schenken den Wein und sie brechen das Brot.
5Im tiefen Schweigen der Mittagszeit
Fällt bisweilen ein karges Wort.
Die Äcker flimmern in einem fort
Und der Himmel bleiern und weit.
Fratzenhaft flackert im Herd die Glut
10Und ein Schwarm von Fliegen summt.
Die Mägde lauschen blöd und verstummt
Und ihre Schläfen hämmert das Blut.
Und manchmal treffen sich Blicke voll Gier,
Wenn tierischer Dunst die Stube durchweht.
15Eintönig spricht ein Knecht das Gebet
Und ein Hahn kräht unter der Tür.
Und wieder ins Feld. Ein Grauen packt
Sie oft im tosenden Ährengebraus
Und klirrend schwingen ein und aus
20Die Sensen geisterhaft im Takt.
AN KARL HAUER
Die Männlein, Weiblein, traurige Gesellen,
Sie streuen heute Blumen blau und rot
Auf ihre Grüfte, die sich zag erhellen.
Sie tun wie arme Puppen vor dem Tod.
5O! wie sie hier voll Angst und Demut scheinen,
Wie Schatten hinter schwarzen Büschen stehn.
Im Herbstwind klagt der Ungebornen Weinen,
Auch sieht man Lichter in der Irre gehn.
Das Seufzen Liebender haucht in Gezweigen
10Und dort verwest die Mutter mit dem Kind.
Unwirklich scheinet der Lebendigen Reigen
Und wunderlich zerstreut im Abendwind.
Ihr Leben ist so wirr, voll trüber Plagen.
Erbarm’ dich Gott der Frauen Höll’ und Qual,
15Und dieser hoffnungslosen Todesklagen.
Einsame wandeln still im Sternensaal.
3. Fassung
Bläuliche Schatten. O ihr dunklen Augen,
Die lang mich anschaun im Vorübergleiten.
Guitarrenklänge sanft den Herbst begleiten
Im Garten, aufgelöst in braunen Laugen.
5Des Todes ernste Düsternis bereiten
Nymphische Hände, an roten Brüsten saugen
Verfallne Lippen und in schwarzen Laugen
Des Sonnenjünglings feuchte Locken gleiten.
Verfall, der weich das Laub umdüstert,
Es wohnt im Wald sein weites Schweigen.
Bald scheint ein Dorf sich geisterhaft zu neigen.
Der Schwester Mund in schwarzen Zweigen flüstert.
5Der Einsame wird bald entgleiten,
Vielleicht ein Hirt auf dunklen Pfaden.
Ein Tier tritt leise aus den Baumarkaden,
Indes die Lider sich vor Gottheit weiten.
Der blaue Fluß rinnt schön hinunter,
10Gewölke sich am Abend zeigen;
Die Seele auch in engelhaftem Schweigen.
Vergängliche Gebilde gehen unter.
Gewaltig endet so das Jahr
Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
Rund schweigen Wälder wunderbar
Und sind des Einsamen Gefährten.
5Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
Gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.
Es ist der Liebe milde Zeit.
10Im Kahn den blauen Fluß hinunter
Wie schön sich Bild an Bildchen reiht –
Das geht in Ruh und Schweigen unter.
AN KARL MINNICH
Braune Kastanien. Leise gleiten die alten Leute
In stilleren Abend; weich verwelken schöne Blätter.
Am Friedhof scherzt die Amsel mit dem toten Vetter,
Angelen gibt der blonde Lehrer das Geleite.
5Des Todes reine Bilder schaun von Kirchenfenstern;
Doch wirkt ein blutiger Grund sehr trauervoll und düster.
Das Tor blieb heut verschlossen. Den Schlüssel hat der Küster.
Im Garten spricht die Schwester freundlich mit Gespenstern.
In alten Kellern reift der Wein ins Goldne, Klare.
10Süß duften Äpfel. Freude glänzt nicht allzu ferne.
Den langen Abend hören Kinder Märchen gerne;
Auch zeigt sich sanftem Wahnsinn oft das Goldne, Wahre.
Das Blau fließt voll Reseden; in Zimmern Kerzenhelle.
Bescheidenen ist ihre Stätte wohl bereitet.
15Den Saum des Walds hinab ein einsam Schicksal gleitet;
Die Nacht erscheint, der Ruhe Engel, auf der Schwelle.
Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.
5Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
Ein Wild verblutet sanft am Rain
10Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
Immer wieder kehrst du Melancholie,
O Sanftmut der einsamen Seele.
Zu Ende glüht ein goldener Tag.
Demutsvoll beugt sich dem Schmerz der Geduldige
5Tönend von Wohllaut und weichem Wahnsinn.
Siehe! es dämmert schon.
Wieder kehrt die Nacht und klagt ein Sterbliches
Und es leidet ein anderes mit.
Schaudernd unter herbstlichen Sternen
10Neigt sich jährlich tiefer das Haupt.
2. Fassung
Entlang an Gärten, herbstlich, rotversengt:
Hier zeigt im Stillen sich ein tüchtig Leben.
Des Menschen Hände tragen braune Reben,
Indes der sanfte Schmerz im Blick sich senkt.
5Am Abend: Schritte gehn durch schwarzes Land
Erscheinender in roter Buchen Schweigen.
Ein blaues Tier will sich vorm Tod verneigen
Und grauenvoll verfällt ein leer Gewand.
Geruhiges vor einer Schenke spielt,
10Ein Antlitz ist berauscht ins Gras gesunken.
Hollunderfrüchte, Flöten weich und trunken,
Resedenduft, der Weibliches umspült.
Ein Rot, das traumhaft dich erschüttert –
Durch deine Hände scheint die Sonne.
Du fühlst dein Herz verrückt vor Wonne
Sich still zu einer Tat bereiten.
5In Mittag strömen gelbe Felder.
Kaum hörst du noch der Grillen Singen,
Der Mäher hartes Sensenschwingen.
Einfältig schweigen goldene Wälder.
Im grünen Tümpel glüht Verwesung.
10Die Fische stehen still. Gotts Odem
Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem.
Aussätzigen winkt die Flut Genesung.
Geist Dädals schwebt in blauen Schatten,
Ein Duft von Milch in Haselzweigen.
15Man hört noch lang den Lehrer geigen,
Im leeren Hof den Schrei der Ratten.
Im Krug an scheußlichen Tapeten
Blühn kühlere Violenfarben.
Im Hader dunkle Stimmen starben,
20Narziß im Endakkord von Flöten.
Menschheit vor Feuerschlünden aufgestellt,
Ein Trommelwirbel, dunkler Krieger Stirnen,
Schritte durch Blutnebel; schwarzes Eisen schellt,
Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen:
5Hier Evas Schatten, Jagd und rotes Geld.
Gewölk, das Licht durchbricht, das Abendmahl.
Es wohnt in Brot und Wein ein sanftes Schweigen
Und jene sind versammelt zwölf an Zahl.
Nachts schrein im Schlaf sie unter Ölbaumzweigen;
10Sankt Thomas taucht die Hand ins Wundenmal.
1
Musik summt im Gehölz am Nachmittag.
Im Korn sich ernste Vogelscheuchen drehn.
Hollunderbüsche sacht am Weg verwehn;
Ein Haus zerflimmert wunderlich und vag.
5In Goldnem schwebt ein Duft von Thymian,
Auf einem Stein steht eine heitere Zahl.
Auf einer Wiese spielen Kinder Ball,
Dann hebt ein Baum vor dir zu kreisen an.
Du träumst: die Schwester kämmt ihr blondes Haar,
10Auch schreibt ein ferner Freund dir einen Brief.
Ein Schober flieht durchs Grau vergilbt und schief
Und manchmal schwebst du leicht und wunderbar.
2
Die Zeit verrinnt. O süßer Helios!
O Bild im Krötentümpel süß und klar;
15Im Sand versinkt ein Eden wunderbar.
Goldammern wiegt ein Busch in seinem Schoß.
Ein Bruder stirbt dir in verwunschnem Land
Und stählern schaun dich deine Augen an.
In Goldnem dort ein Duft von Thymian.
20Ein Knabe legt am Weiler einen Brand.
Die Liebenden in Faltern neu erglühn
Und schaukeln heiter hin um Stein und Zahl.
Aufflattern Krähen um ein ekles Mahl
Und deine Stirne tost durchs sanfte Grün.
25Im Dornenstrauch verendet weich ein Wild.
Nachgleitet dir ein heller Kindertag,
Der graue Wind, der flatterhaft und vag
Verfallne Düfte durch die Dämmerung spült.
3
Ein altes Wiegenlied macht dich sehr bang.
30Am Wegrand fromm ein Weib ihr Kindlein stillt.
Traumwandelnd hörst du wie ihr Bronnen quillt.
Aus Apfelzweigen fällt ein Weiheklang.
Und Brot und Wein sind süß von harten Mühn.
Nach Früchten tastet silbern deine Hand.
35Die tote Rahel geht durchs Ackerland.
Mit friedlicher Geberde winkt das Grün.
Gesegnet auch blüht armer Mägde Schoß,
Die träumend dort am alten Brunnen stehn.
Einsame froh auf stillen Pfaden gehn
40Mit Gottes Kreaturen sündelos.
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.
Wie traurig dieser Abend.
5Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.
Bei der Heimkehr
10Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.
Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
15Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz,
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.
Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
20Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.
Unter verschnittenen Weiden, wo braune Kinder spielen
Und Blätter treiben, tönen Trompeten. Ein Kirchhofsschauer.
Fahnen von Scharlach stürzen durch des Ahorns Trauer,
Reiter entlang an Roggenfeldern, leeren Mühlen.
5Oder Hirten singen nachts und Hirsche treten
In den Kreis ihrer Feuer, des Hains uralte Trauer,
Tanzende heben sich von einer schwarzen Mauer;
Fahnen von Scharlach, Lachen, Wahnsinn, Trompeten.
Im Hof, verhext von milchigem Dämmerschein,
Durch Herbstgebräuntes weiche Kranke gleiten.
Ihr wächsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten,
Erfüllt von Träumerei und Ruh und Wein.
5Ihr Siechentum schließt geisterhaft sich ein.
Die Sterne weiße Traurigkeit verbreiten.
Im Grau, erfüllt von Täuschung und Geläuten,
Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun.
Formlose Spottgestalten huschen, kauern
10Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden.
O! trauervolle Schatten an den Mauern.
Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden;
Und nächtens stürzen sie aus roten Schauern
Des Sternenwinds, gleich rasenden Mänaden.
2. Fassung
1
Am Bach, der durch das gelbe Brachfeld fließt,
Zieht noch das dürre Rohr vom vorigen Jahr.
Durchs Graue gleiten Klänge wunderbar,
Vorüberweht ein Hauch von warmem Mist.
5An Weiden baumeln Kätzchen sacht im Wind,
Sein traurig Lied singt träumend ein Soldat.
Ein Wiesenstreifen saust verweht und matt,
Ein Kind steht in Konturen weich und lind.
Die Birken dort, der schwarze Dornenstrauch,
10Auch fliehn im Rauch Gestalten aufgelöst.
Hell Grünes blüht und anderes verwest
Und Kröten schliefen durch den jungen Lauch.
2
Dich lieb ich treu du derbe Wäscherin.
Noch trägt die Flut des Himmels goldene Last.
15Ein Fischlein blitzt vorüber und verblaßt;
Ein wächsern Antlitz fließt durch Erlen hin.
In Gärten sinken Glocken lang und leis
Ein kleiner Vogel trällert wie verrückt.
Das sanfte Korn schwillt leise und verzückt
20Und Bienen sammeln noch mit ernstem Fleiß.
Komm Liebe nun zum müden Arbeitsmann!
In seine Hütte fällt ein lauer Strahl.
Der Wald strömt durch den Abend herb und fahl
Und Knospen knistern heiter dann und wann.
3
25Wie scheint doch alles Werdende so krank!
Ein Fieberhauch um einen Weiler kreist;
Doch aus Gezweigen winkt ein sanfter Geist
Und öffnet das Gemüte weit und bang.
Ein blühender Erguß verrinnt sehr sacht
20Und Ungebornes pflegt der eignen Ruh.
Die Liebenden blühn ihren Sternen zu
Und süßer fließt ihr Odem durch die Nacht.
So schmerzlich gut und wahrhaft ist, was lebt;
Und leise rührt dich an ein alter Stein:
35Wahrlich! Ich werde immer bei euch sein.
O Mund! der durch die Silberweide bebt.
Am Abend liegt die Stätte öd und braun,
Die Luft von gräulichem Gestank durchzogen.
Das Donnern eines Zugs vom Brückenbogen –
Und Spatzen flattern über Busch und Zaun.
5Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut,
In Gärten Durcheinander und Bewegung,
Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,
In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.
Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.
10In Körben tragen Frauen Eingeweide,
Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude,
Kommen sie aus der Dämmerung hervor.
Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut
Vom Schlachthaus in den stillen Fluß hinunter.
15Die Föhne färben karge Stauden bunter
Und langsam kriecht die Röte durch die Flut.
Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt.
Gebilde gaukeln auf aus Wassergräben,
Vielleicht Erinnerung an ein früheres Leben,
20Die mit den warmen Winden steigt und sinkt.
Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen,
Erfüllt von schönen Wägen, kühnen Reitern.
Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen scheitern
Und manchmal rosenfarbene Moscheen.
In Hof scheint weiß der herbstliche Mond.
Vom Dachrand fallen phantastische Schatten.
Ein Schweigen in leeren Fenstern wohnt;
Da tauchen leise herauf die Ratten
5Und huschen pfeifend hier und dort
Und ein gräulicher Dunsthauch wittert
Ihnen nach aus dem Abort,
Den geisterhaft der Mondschein durchzittert
Und sie keifen vor Gier wie toll
10Und erfüllen Haus und Scheunen,
Die von Korn und Früchten voll.
Eisige Winde im Dunkel greinen.
Weltunglück geistert durch den Nachmittag.
Baraken fliehn durch Gärtchen braun und wüst.
Lichtschnuppen gaukeln um verbrannten Mist,
Zwei Schläfer schwanken heimwärts, grau und vag.
5Auf der verdorrten Wiese läuft ein Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Das Gold tropft von den Büschen trüb und matt.
Ein alter Mann dreht traurig sich im Wind.
Am Abend wieder über meinem Haupt
10Saturn lenkt stumm ein elendes Geschick.
Ein Baum, ein Hund tritt hinter sich zurück
Und schwarz schwankt Gottes Himmel und entlaubt.
Ein Fischlein gleitet schnell hinab den Bach;
Und leise rührt des toten Freundes Hand
15Und glättet liebend Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in den Zimmern wach.
Sonne, herbstlich dünn und zag,
Und das Obst fällt von den Bäumen.
Stille wohnt in blauen Räumen
Einen langen Nachmittag.
5Sterbeklänge von Metall;
Und ein weißes Tier bricht nieder.
Brauner Mädchen rauhe Lieder
Sind verweht im Blätterfall.
Stirne Gottes Farben träumt,
10Spürt des Wahnsinns sanfte Flügel.
Schatten drehen sich am Hügel
Von Verwesung schwarz umsäumt.
Dämmerung voll Ruh und Wein;
Traurige Guitarren rinnen.
15Und zur milden Lampe drinnen
Kehrst du wie im Traume ein.
3. Fassung
KARL KRAUS ZUGEEIGNET
Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat.
Es ist ein Heidekrug, den am Nachmittag ein Betrunkener verläßt.
Es ist ein Weinberg, verbrannt und schwarz mit Löchern voll Spinnen.
Es ist ein Raum, den sie mit Milch getüncht haben.
5Der Wahnsinnige ist gestorben. Es ist eine Insel der Südsee,
Den Sonnengott zu empfangen. Man rührt die Trommeln.
Die Männer führen kriegerische Tänze auf.
Die Frauen wiegen die Hüften in Schlinggewächsen und Feuerblumen,
Wenn das Meer singt. O unser verlorenes Paradies.
10Die Nymphen haben die goldenen Wälder verlassen.
Man begräbt den Fremden. Dann hebt ein Flimmerregen an.
Der Sohn des Pan erscheint in Gestalt eines Erdarbeiters,
Der den Mittag am glühenden Asphalt verschläft.
Es sind kleine Mädchen in einem Hof in Kleidchen voll herzzerreißender Armut!
15Es sind Zimmer, erfüllt von Akkorden und Sonaten.
Es sind Schatten, die sich vor einem erblindeten Spiegel umarmen.
An den Fenstern des Spitals wärmen sich Genesende.
Ein weißer Dampfer am Kanal trägt blutige Seuchen herauf.
Die fremde Schwester erscheint wieder in jemands bösen Träumen.
20Ruhend im Haselgebüsch spielt sie mit seinen Sternen.
Der Student, vielleicht ein Doppelgänger, schaut ihr lange vom Fenster nach.
Hinter ihm steht sein toter Bruder, oder er geht die alte Wendeltreppe herab.
Im Dunkel brauner Kastanien verblaßt die Gestalt des jungen Novizen.
Der Garten ist im Abend. Im Kreuzgang flattern die Fledermäuse umher.
25Die Kinder des Hausmeisters hören zu spielen auf und suchen das Gold des Himmels.
Endakkorde eines Quartetts. Die kleine Blinde läuft zitternd durch die Allee,
Und später tastet ihr Schatten an kalten Mauern hin, umgeben von Märchen und heiligen Legenden.
Es ist ein leeres Boot, das am Abend den schwarzen Kanal heruntertreibt.
In der Düsternis des alten Asyls verfallen menschliche Ruinen.
30Die toten Waisen liegen an der Gartenmauer.
Aus grauen Zimmern treten Engel mit kotgefleckten Flügeln.
Würmer tropfen von ihren vergilbten Lidern.
Der Platz vor der Kirche ist finster und schweigsam, wie in den Tagen der Kindheit.