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Die vorliegende Übersetzung des Hauptwerkes des Marquis de Sade ist die erste und vollständige Übertragung des von Dr. Eugen Dühren aufgefundenen französischen Originals. Wahrscheinlich gibt es kein umstritteneres Werk der gesamten Literatur. De Sade beschreibt schockierend und schmerzhaft genau wie mehrere sogenannte Männer von Ehre Frauen, Männer, Kinder foltern und unterwerfen. Es werden keine Perversitäten ausgelassen. Marquis de Sade (1740 bis 1814) verfaßte "Die hundertzwanzig Tage von Sodom" während seiner Gefangenschaft in der Bastille. Hier entfaltet er seine Philosophie des Lasters und veranschaulicht sie an 600 Beispielen. So entstand ein "Kompendium sexueller Verirrungen" (Karl von Haverland), das ihm auch den Ruf eines ersten Systematikers der Psychopathia sexualis einbrachte. Null Papier Verlag
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Seitenzahl: 653
Marquis de Sade
Die 120 Tage von Sodom
oder Die Schule der Ausschweifung
Marquis de Sade
Die 120 Tage von Sodom
oder Die Schule der Ausschweifung
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019Übersetzung: Karl von Haverland EV: Privatdruck Leipzig, 1909 3. Auflage, ISBN 978-3-954180-49-3
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Inhaltsverzeichnis
Autor und Werk
Vorwort des Übersetzers
Vorwort zur vorliegenden Auflage
Einleitung
Bestimmungen
Personen des Romans: »Die Schule der Ausschweifung.«
Serail der jungen Mädchen
Serail der jungen Knaben
Acht Ficker
Ende der Einleitung
Erster Band
Erster Tag
Zweiter Tag
Dritter Tag
Vierter Tag
Fünfter Tag
Sechster Tag
Siebenter Tag
Achter Tag
Neunter Tag
Zehnter Tag
Elfter Tag
Zwölfter Tag
Zweiter Band
Dreizehnter Tag
Vierzehnter Tag
Fünfzehnter Tag
Sechzehnter Tag
Siebzehnter Tag
Achtzehnter Tag
Neunzehnter Tag
Zwanzigster Tag
Einundzwanzigster Tag
Zweiundzwanzigster Tag
Dreiundzwanzigster Tag
Vierundzwanzigster Tag
Fünfundzwanzigster Tag
Sechsundzwanzigster Tag
Siebenundzwangzigster Tag
Achtundzwanzigster Tag
Neunundzwanzigster Tag
Dreißigster Tag
Fehler, die ich gemacht habe
Der 120 Tage Zweiter Teil
Der 120 Tage Dritter Teil
Der 120 Tage Vierter Teil
Übersicht aller Bewohner des Schlosses
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»Die 120 Tage von Sodom oder die Schule der Ausschweifung « (orig. franz. Titel: »Les 120 Journées de Sodome ou L’Ecole du Libertinage«) ist ein teils nur skizzenhaft ausgeführter Text (Episodenroman) des französischen Schriftstellers Marquis de Sade, den dieser in der Pariser Bastille als Gefangener auf einer schmalen Papierrolle am 22. Oktober 1785 niederzuschreiben begann und in 37 Tagen fertigstellte. De Sade schildert ausführlich die später nach dem Autor benannten sadistischen Sexualpraktiken von vier während der Regentschaft Ludwigs XIV. durch Steuer-Erpresserei zu Reichtum gelangten Franzosen im Laufe eines von obszönen Erzählungen begleiteten, mehr als viermonatigen Aufenthalts in einem zugemauerten Schloss an einem geheimen abgelegenen Ort Südwestdeutschlands oder der Westschweiz.
Der Text besteht aus einer Einführung, einer Hausordnung, einer Personenbeschreibung, Anmerkungen, einer Ergänzung und vier Hauptteilen; der erste Hauptteil, der einen Zeitraum von 30 Tagen beschreibt, ist in aller Ausführlichkeit ausgeschrieben, die drei weiteren Hauptteile existieren nur im Entwurf.
Diese letzte buchhalterische Abrechnung des Marquis de Sade ist zugleich die Quintessenz des Textes. Sie wurde später von Kritikern als strenger Rationalismus des blanken Irrsinns gebrandmarkt. Obwohl die Form des Textes Bezug auf die Vorbilder »Decamerone« von Giovanni Boccaccio und »Heptaméron« von Margarete von Angoulême nimmt – eine geschlossene Gesellschaft findet sich ein, um in einer limitierten Zeit sich gemeinsam Geschichten zu erzählen – so steht das Werk doch in seiner zynischen Machart unnachahmlich einzigartig da, wie es in kalter rationaler Systematik sexuelle Perversionen schildernd, letztlich zur modellhaften Formulierung einer totalitären Gesellschaft fortschreitet, der das unterworfene Individuum wehrlos und unentrinnbar bis an sein meuchlerisches Ende ausgeliefert ist.
Die Schrift in Form einer 12 Meter langen Rolle von 11 cm Breite, mit teilweise nur mittels einer Lupe lesbaren winzigen Buchstaben, wurde nach dem Sturm auf die Bastille von Armoux de Saint Maximin gefunden und aufbewahrt. De Sade hielt den Text für verloren. Der Sexualforscher Iwan Bloch, der später Kenntnis von dem Text erlangte, setzte sich für die Drucklegung im Jahre 1904 durch Max Harrwitz ein (Erstveröffentlichung auf Deutsch 1909). Eine kritische Ausgabe wurde 1931-35 von Maurice Heine gedruckt. Die Rolle ist wahrscheinlich eine von de Sade abgefasste Kopie des Manuskripts.
Pier Paolo Pasolini verlegt in seiner Adaption des Werks (Die 120 Tage von Sodom) die Ereignisse in die Zeit des italienischen Faschismus in die Ortschaft Salò.
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Die vorliegende Übersetzung des Hauptwerkes des Marquis de Sade ist die erste und vollständige Übertragung des von Dr. Eugen Dühren aufgefundenen französischen Originals. Dieses wurde zuerst in Paris vom »Club des Bibliophiles« im Jahre 1904 als Privatdruck veröffentlicht. Das Manuskript, das den Titel führt: »Les 120 Journeés de Sodome ou l’Ecole du Libertinage par le Marquis de Sade«, galt bis zur sensationellen Auffindung durch Dr. Dühren1 als vernichtet, obwohl der gelehrte Pisanus Fraxi es in seinem »Index librorum prohibitorum« (London 1877) erwähnt. Die erste Erwähnung des Werkes geschah durch de Sades Zeitgenossen Réstif de la Bretonne in dem Buche »Théorie du Libertinage«.
De Sade verfasste dieses Werk während seiner Gefangenschaft in der Bastille, er schrieb es – wie aus einer Notiz auf dem Manuskript selbst hervorgeht – in der Zeit vom 22. Oktober bis 27. November 1785, und zwar stets von sieben bis zehn Uhr abends. Das ungeheure Manuskript entstand also in sechsunddreißig Abenden! Der Marquis schrieb auf lose Blätter, die er dann der Länge nach sorgfältig aneinanderklebte und – da er in der Bastille an stetem Papiermangel litt – auch rückwärts beschrieb. Das Manuskript bildet also einen 12 Meter mal 11 Zentimeter langen, beiderseits mit der fast mikroskopisch kleinen Schrift de Sades bedeckten aufgerollten Streifen. Als der Marquis im Jahre 1789 die Bastille verließ, verblieb diese Handschrift mit anderen dort. Später gelangte sie in den Besitz der Familie Villeneuve-Trans, die es drei Generationen hindurch verwahrte.
Mit den »Hundertzwanzig Tagen von Sodom« wollte de Sade unzweifelhaft sein Hauptwerk schaffen, dies beweist schon die in jeder Hinsicht ins Große zielende Anlage des Werkes. Wäre es nicht ein Torso, wäre es dem erhaltenen, dieser Ausgabe beigegebenen Entwurf entsprechend ausgeführt worden, so würde es den Umfang aller anderen Sade-Schriften um ein Vielfaches übertreffen. Aber auch als Torso – es sind von den hundertzwanzig Tagen (nach einer sehr ausführlichen »Einleitung«, welche die Vorgeschichte der hundertzwanzigtägigen Orgien enthält) nur die ersten dreißig Tage eingehend beschrieben, über die neunzig restlichen Tage berichtet nur ein schlagwörterartiger, sonst aber recht präziser und vollständiger »Plan« – auch als Torso erreicht dieses Werk den Umfang von »Juliette ou les délices du vice«, das bisher als de Sades Hauptwerk galt. In den »Hundertzwanzig Tagen von Sodom« wollte de Sade nicht nur ein vollständiges Kompendium seiner für jeden Psychologen äußerst interessanten Philosophie des Lasters geben, er wollte auch alle sexuelle Perversitäten, deren unheimlich vollständige Kenntnis dem Marquis de Sade wohl von niemandem bestritten werden kann, an sechshundert verschiedenen Beispielen veranschaulichen. Und da er hiebei nach einer bestimmten Einteilung vorgeht und in die Fülle der sexuellen Verirrungen ein psychologisches System bringt, darf de Sade auch den Ruhm des ersten Systematikers der Psychopathia sexualis für sich in Anspruch nehmen.
Der Übersetzer hat sich bemüht, dem Original sinn- und womöglich wortgetreu zu folgen. Einzelne Unklarheiten und Widersprüche sind zum Teil auf die beispiellos schnelle Produktion de Sades, zum Teil auf die Schwierigkeit der Entzifferung des an manchen Stellen unleserlich gewordenen Manuskriptes zurückzuführen. Ferner hat der Übersetzer nach einigem Schwanken sich im Interesse der Echtfärbigkeit seiner Wiedergabe dazu entschlossen, die derben Ausdrücke des französischen Originals durch die entsprechenden deutschen Vulgärausdrücke wiederzugeben. Da diese Ausgabe nicht für die breite Öffentlichkeit berechnet ist und durch die Fürsorge des Verlags nur in berufene Hände gelangen wird, hätte eine Milderung der Sprache, die dann mit dem Inhalt der Darstellung schlecht übereinstimmen würde, keinen Sinn.
BRÜSSEL, im September 1908. Karl von Haverland.
Über die Einzelheiten der Auffindung vergleiche man die Schrift Dr. Eugen Dührens »Neue Forschungen über den Marquis de Sade«. Leipzig 1900. <<<
Der Text der Auflage von 1905 wurde vom Verleger überarbeitet.
1. Die alte, deutsche Rechtschreibung wurde belassen, sofern zweckmäßig. 2. Es wurden lediglich einzelne Wörter der besseren Lesbarkeit wegen angepasst. 3. Einzelne Fußnoten, die nicht vom ursprünglichen Übersetzer Karl von Haverland stammen, wurden ergänzt.
Man wird täglich um 10 Uhr morgens aufstehen; zu dieser Zeit werden jene vier Ficker, welche keinen Nachtdienst hatten, unsern Freunden einen Besuch abstatten und jeder von ihnen wird einen kleinen Knaben mitbringen. Sie werden nacheinander von einem Zimmer ins andere gehen und nach Belieben und Wunsch der Freunde handeln; die jungen Knaben aber, die sie mitbringen, werden anfänglich nur zur Aufgeilung dienen, denn nach Beschluss werden die acht Jungfernschaften der Vötzchen der jungen Mädchen erst im Dezember, die ihrer Popos sowie der Ärsche der jungen Knaben erst im Laufe des Jänners geraubt werden, damit die Wollust durch das Anwachsen einer Begierde unaufhörlich entflammt und niemals gesättigt werde, ein Zustand, der notwendigerweise zu einer gewissen geilen Wut führen muss, in welche die Freunde mit Absicht geraten wollen, da sie einer der lustvollsten Zustände der Geilheit ist. – Um elf Uhr begeben sich die Freunde in das Appartement der jungen Mädchen; hier wird das Frühstück serviert, bestehend aus Schokolade oder Braten oder spanischem Wein oder anderen stärkenden Erfrischungen. Dieses Frühstück wird von den acht jungen Mädchen nackt serviert, unter Führung der zwei Alten, Marie und Luison, welche dem Mädchenserail zugeteilt sind, während die anderen zwei bei den Knaben sind. Wenn die Freunde Lust haben, mit den Mädchen Schamlosigkeiten zu begehen vor dem Frühstück, während des Frühstücks oder nach demselben, werden diese sich dazu mit der Unterwürfigkeit hergeben, die ihnen befohlen ist, und die sie bei schwerer Strafe stets zeigen müssen. Nach Übereinkunft darf dies aber nicht geheim und abgesondert geschehen, und wer zu dieser Zeit einen Moment schweinigeln will, muss es öffentlich vor allen beim Frühstück Anwesenden tun. – Die Mädchen müssen im Allgemeinen jedes Mal niederknien, sobald sie einen der Freunde sehen oder begegnen, und in dieser Stellung verharren, bis man ihnen befiehlt, aufzustehen. Nur sie, die Gattinnen und die Alten sind dieser Bestimmung unterworfen, alle anderen sind davon befreit, doch alle müssen unsere Freunde stets mit »Monseigneur« ansprechen. Vor dem Verlassen des Mädchensaals prüft derjenige der Freunde, dem für den Monat die Aufsicht obliegt (in jedem Monat hat nämlich einer die Aufsicht über alles, und jeder gelangt nach folgender Ordnung einmal daran: Durcet im November, der Bischof im Dezember, der Präsident im Jänner und der Herzog im Februar), prüft also der nach dem Monat die Aufsicht führende Freund alle Mädchen, eine nach der anderen, um nachzusehen, ob sie sich in dem Zustand befinden, in dem zu befinden ihnen befohlen wurde. Es wird ihnen nämlich jeden Morgen durch die Alten mitgeteilt, dass sie sich in dem oder dem Zustand befinden sollen, je nach der Laune der Freunde.1 Ebenso ist es streng verboten, anderswohin auf die Seite zu gehen, als in die Kapelle, die für diesen Zweck bestimmt und hergerichtet ist, und verboten, dorthin ohne besondere Erlaubnis zu gehen, eine Erlaubnis, die sehr oft und aus gewissen Gründen verweigert werden wird. Der Aufsichtsführende des Monats untersucht sogleich nach dem Frühstück aufmerksam die speziellen Garderoben der Mädchen, und im einen oder anderen Fall des Ungehorsams gegen die zwei oben bezeichneten Punkte wird die Schuldige zu einer empfindlichen Strafe verdammt. Von hier begibt man sich ins Appartement der Knaben, um hier dieselbe Untersuchung anzustellen und die Schuldigen gleicherweise zu schwerer Strafe zu verurteilen. Die vier kleinen Knaben, die am Morgen nicht bei den Freunden waren, empfangen sie diesmal, wenn sie in ihren Saal kommen. Sie lassen sich vor ihnen die Höschen herab, während die anderen vier stehen bleiben, ohne etwas zu tun, und die Befehle erwarten, die ihnen gegeben werden. Die Herren begehen mit diesen vier, die sie an diesem Tage noch nicht gesehen haben, Unzüchtigkeiten oder nicht, aber was sie tun, geschieht vor allen Augen: keine Heimlichkeiten zu dieser Stunde! Um ein Uhr begeben sich diejenigen von den Männlein und Weiblein, groß oder klein, welche die Erlaubnis erhalten haben, dringende Bedürfnisse, u. zw. der großen Seite, zu besorgen (diese Erlaubnis wird immer nur sehr schwierig erteilt und höchstens einem Drittel der sich Meldenden), diese, sage ich, begeben sich in die Kapelle, wo alles hiefür und für die analogen Vergnügungen künstlerisch hergerichtet ist; sie treffen hier die vier Freunde, die bis zwei Uhr, niemals länger, auf sie warten, um sie tun zu lassen, was ihnen in Bezug auf Vergnügungen dieser Art angenehm dünkt und was ihnen Lust macht. Von zwei bis drei Uhr wird an zwei Tafeln gleichzeitig diniert, die eine Tafel ist im Mädchensaal, die andere im Knabensaal; die drei Küchenmädchen servieren an beiden Tafeln, deren erste aus den acht kleinen Mädchen und den vier Alten, deren zweite aus den vier Gattinnen, den acht kleinen Knaben und den vier Erzählerinnen besteht. Während dieses Diners begeben die Herren sich in den Gesellschaftssalon, wo sie miteinander plaudern bis drei Uhr. Etwas vor dieser Stunde werden sich die acht Ficker, aufs beste und schönste adjustiert und geschmückt, in diesem Saal einfinden. Um drei Uhr wird das Diner der Herren serviert, und die acht Ficker sind die einzigen, die sich der Ehre erfreuen, beigezogen zu werden. Dieses Diner wird von den vier Gattinnen serviert, die ganz nackt sind, und von den vier als Magierinnen gekleideten Alten unterstützt werden, diese nehmen die Schüsseln aus den Schränken, in die sie von den Dienerinnen von außen gestellt werden, und übergeben sie den Gattinnen, die sie auf den Tisch stellen. Die acht Ficker dürfen während der Mahlzeit die nackten Körper der Gattinnen abgreifen, wie sie wollen, ohne dass diese es verweigern oder sich verteidigen dürfen. Sie dürfen sich sogar Insulten erlauben, und sie, um sich aufzugeilen, mit allen Schimpfwörtern belegen, die ihnen einfallen. Die Tafel wird um 5 Uhr aufgehoben, die Ficker ziehen sich hierauf bis zur Stunde der allgemeinen Versammlung zurück, und die vier Freunde begeben sich allein in den Salon, wo zwei kleine Knaben und zwei kleine Mädchen, die täglich wechseln werden, ihnen nackt Kaffee und Liköre servieren. Auch zu dieser Stunde darf man sich noch immer keine Vergnügungen erlauben, die berauschen könnten, man muss sich mit einfachen Scherzen begnügen. Etwas vor sechs Uhr ziehen sich die vier Kinder, die serviert haben, zurück, um sich rechtzeitig anzukleiden. Punkt sechs Uhr verfügen sich die Herren in das große, für die Erzählung bestimmte und bereits beschriebene Zimmer, und jeder nimmt in seiner Nische Platz. Auf dem erwähnten Thron befindet sich die Erzählerin, auf den Stufen zu Füßen des Thrones halten sich die 16 Kinder auf, in der Weise verteilt, dass immer vier, zwei Mädchen und zwei Knaben, sich gegenüber einer Nische befinden. Jede Nische hat also eine Vierergruppe vor sich, und diese Gruppe ist speziell der Nische zugeteilt, vor der sie sich befindet, ohne dass die Nischen zur Seite Ansprüche darauf erheben dürfen; diese Gruppen werden täglich gewechselt, und niemals wird dieselbe Nische dieselbe Gruppe haben. Jedes Kind der Gruppe ist durch eine um seinen Arm gewundene Kette aus künstlichen Blumen mit der Nische verbunden, sodass der Eigentümer der Nische, wenn er dieses oder jenes Kind seiner Gruppe will, nur an der Guirlande zu ziehen braucht, damit das Kind zu ihm hineilt. Jeder Gruppe ist eine Alte zugeteilt, die den Befehlen des Chefs der betreffenden Nische untersteht. Die drei Erzählerinnen, die nicht vom Monat sind, sitzen auf einer Bank zu Füßen des Thrones, haben nichts zu tun, müssen aber allen eventuellen Befehlen gehorchen. Die vier Ficker, welche bestimmt sind, die Nacht mit den Freunden zu verbringen, dürfen der Versammlung fern bleiben und sich in ihren Zimmern auf diese Nacht vorbereiten, die stets Anstrengungen erfordert. Die vier anderen sind bei den Freunden in ihren Nischen, jeder auf dem Sopha, auf dem der Freund zur Seite einer der Gemahlinnen, an der die Tour ist, sitzt. Die Gattin ist stets nackt, der Ficker trägt ein Gilet und Höschen aus rosafarbenen Taffetas, die Erzählerin ist, wie ihre drei Kolleginnen, als elegante Kourtisane gekleidet, und die kleinen Knaben und Mädchen der Gruppen (sind jedes Mal verschieden und entzückend kostümiert, eine Gruppe asiatisch, eine spanisch, die andere türkisch, die vierte griechisch, am nächsten Tag in anderer Weise; aber alle diese Kleider sind aus Taffetas und Gaze, der Unterleib ist niemals beengt, und eine herausgezogene Stecknadel genügt, um sie nackt zu machen. Die Alten sind abwechselnd als graue Schwestern, Nonnen, Feen, Zauberinnen und manchmal als Witwen gekleidet. Die Türen der an diese Nischen anschließenden Kabinette sind immer offen, und das Kabinett ist durch Öfen stark durchwärmt und mit allen für die verschiedenen Ausschweifungen nötigen Möbeln versehen. Vier Kerzen brennen in jedem dieser Kabinette und fünfzig im Salon. Punkt sechs Uhr beginnt die Erzählerin ihre Geschichte, die die Freunde jeden Augenblick, wenn es ihnen passt, unterbrechen können. Diese Erzählung dauert bis zehn Uhr abends, und da ihr Zweck ist, die Einbildungskraft zu entflammen, sind während dieser Zeit alle Geilheiten erlaubt, diejenigen ausgenommen, welche die Ordnung und das für die Deflorierungen getroffene Arrangement, das immer streng eingehalten wird, stören könnten. Übrigens aber ist sonst alles, was man will, gestattet mit der Gattin, dem Ficker, der Vierergruppe und der Alten der Gruppe, und sogar mit den Erzählerinnen, wenn die Fantasie dazu reizt, und das entweder in seiner Nische oder im anstoßenden Kabinett. Die Erzählung wird suspendiert, solange die Vergnügungen desjenigen dauern, dessen Gelüste sie unterbrochen haben, und wenn er fertig ist, wird sie wieder fortgesetzt. Um zehn Uhr wird das Souper serviert; die Gattinnen, Erzählerinnen und acht Mädchen ziehen sich zurück, um abgesondert zu soupieren, denn zum Souper der Männer werden niemals Frauen zugezogen. Die Freunde soupieren mit den vier Fickern, welche nicht Nachtdienst haben, und vier kleinen Knaben; die anderen vier Knaben unterstützen die Alten beim Servieren. Nach dem Souper begibt man sich in den Versammlungssaal, wo die Orgien gefeiert werden. Hier vereinigt sich alles wieder, sowohl die, welche abgesondert soupiert haben, als auch die, welche mit den Freunden soupiert haben, die vier Ficker vom Nachtdienst immer ausgenommen. Der Saal wird besonders geheizt und durch Lustres beleuchtet. Hier ist alles nackt, Erzählerinnen, Gattinnen, Mädchen, Knaben, Alte, Ficker, Freunde, alles ist durcheinander, alles wälzt sich am Boden, nach Art der Tiere, man wechselt, vermischt sich, treibt Blutschande und Ehebruch, man puseriert und gibt sich, die Defloration immer ausgenommen, allen Exzessen und Ausschweifungen hin, die den Kopf am besten erhitzen können. Die Deflorationen werden zur bestimmten Zeit bei diesen Orgien vorgenommen werden, und ist ein Kind einmal entjungfert, darf es jeder haben, wann und auf welche Weise er will. Punkt zwei Uhr morgens enden die Orgien. Von den vier für den Nachtdienst bestimmten Fickern sucht jeder, in elegantem Nachtkostüm, den Freund auf, bei dem er schlafen soll; dieser nimmt außerdem noch eine der Gattinnen oder eines der deflorierten Subjekte, oder auch eine Erzählerin oder eine der Alten mit sich, um die Nacht mit ihnen und seinem Ficker zu verbringen, und all dies nach seinem Belieben, unter der einzigen Bedingung, sich den weisen Arrangements zu fügen, die es ermöglichen, dass jeder jede Nacht die Subjekte wechselt, wenn er dies will. Dies ist die Ordnung und Einteilung jedes Tages. Unabhängig davon wird jede der siebzehn Wochen, die der Séjour im Schlosse dauern wird, durch ein Fest markiert: das werden zunächst die Verheiratungen sein (es wird davon später noch die Rede sein); da aber die ersten dieser Ehen unter den jüngsten Kindern geschlossen werden, die sie noch nicht wirklich ausüben können, so wird dadurch die beschlossene Reihenfolge der Deflorationen nicht gestört. Die Ehen zwischen Größern werden erst nach der Defloration vollzogen. Ihre Ausübung schadet nicht, da es sich nur um den Genuss von Früchten handelt, die schon gepflückt sind. – Die vier Alten berichten über die Aufführung der Kinder. Wenn diese sich etwas zu schulden kommen lassen, zeigen sie es dem in dem betreffenden Monat die Aufsicht führenden Freund an. Die Bestrafungen erfolgen gewöhnlich jeden Samstag abends zur Zeit der Orgien. Bis dahin wird eine genaue Liste darüber geführt. Die von den Erzählerinnen begangenen Verfehlungen werden nur halb so streng bestraft wie die der Kinder, weil ihr Talent nützlich ist und man Talente immer respektieren muss; die Verfehlungen der Gattinnen oder der Alten werden doppelt so streng bestraft wie die der Kinder. Jedes Subjekt, das irgendetwas verweigert, was ihm befohlen wird, selbst wenn dies unmöglich ist, wird sehr streng bestraft. Denn es war seine Sache, alles vorherzusehen und auf alles vorbereitet zu sein. Das geringste Lachen, der geringste Mangel an Aufmerksamkeit, Respekt oder Unterwürfigkeit ist eine der schwersten und am grausamsten bestraften Verfehlungen. Jeder Mann, der in flagranti mit einer Frau ertappt wird und nicht die Erlaubnis hatte, diese Frau zu ficken, wird mit dem Verlust eines Gliedes bestraft. Die kleinste religiöse Handlung von Seite eines Subjekts wird, sei es wer immer, mit dem Tode bestraft. Den Freunden ist ausdrücklich empfohlen, sich bei allen Zusammenkünften nur der laszivsten, unzüchtigsten und schmutzigsten Ausdrücke, der stärksten Blasphemien zu bedienen. – Der Name Gottes wird nur in Verbindung mit Flüchen und Verwünschungen, in dieser Weise aber möglichst oft ausgesprochen. Ihr Ton wird immer der brutalste, härteste, herrischeste sein gegenüber den Frauen und den Knaben, aber ein schmeichlerischer, verbuhlter und depravierter den Männern gegenüber, welche von den Freunden, wenn diese die Rolle von Frauen spielen, als Gatten angesehen werden müssen; wer von den Herren sich nicht an diese Bestimmungen hält, wer nur eine einzige Stunde Symptome von Anständigkeit zeigt, und vor allem wer an einem Tag nicht betrunken zu Bett geht, zahlt eine Buße von zehntausend Franks. Hat ein Freund die große Besorgung zu machen, muss eine Frau aus jener Klasse, aus der er es wünscht, ihn begleiten, um ihm die Dienste zu leisten, die für diesen Fall vorgesehen sind, – keines der Subjekte, Mann oder Frau, darf die Gebote der Reinlichkeit, welche immer es seien, besonders aber nach der großen Besorgung, ohne die besondere Erlaubnis des aufsichtführenden Freundes erfüllen. Wird es ihm verweigert, und er erfüllt es trotzdem, wird er aufs härteste bestraft. Die vier Gattinnen haben keinerlei Vorzug vor den anderen Frauen; im Gegenteil, sie werden stets mit mehr Strenge und Unmenschlichkeit behandelt und sehr häufig für die schmutzigsten und peinlichsten Arbeiten verwendet, z. B. zur Reinigung der allgemeinen und besonderen Toiletten in der Kapelle. Die Toiletten werden nur jeden achten Tag geleert, und immer von ihnen. Und sie werden strenge bestraft, wenn sie sich weigern oder es mangelhaft durchführen. Wenn irgendein Subjekt während der Dauer der Vereinigung einen Fluchtversuch unternimmt, wird es, wer es auch immer sei, mit sofortigem Tode bestraft. Die Köchinnen und Küchenmädchen werden respektiert, und wer von den Herren gegen dieses Gesetz verstößt, zahlt tausend Louis Buße. Alle diese Bußen werden speziell dazu verwendet, nach der Rückkehr nach Frankreich die Kosten eines neuen Unternehmens, sei es in derselben oder in einer anderen Art, zu bestreiten. Nachdem alle diese Geschäfte besorgt und diese Bestimmungen am 30. Oktober bekannt gemacht worden waren, verbrachte der Herzog den Vormittag des 31. damit, alles zu verifizieren und den Platz nochmals sorgfältig zu untersuchen, ob nicht doch ein Überfall von außen oder eine Entweichung möglich wäre. Nachdem er gesehen hatte, dass man hätte ein Vogel oder Teufel sein müssen, um hinaus- oder hereinzukommen, teilte er der Gesellschaft seinen Befund mit und hielt am Abend des 31. eine Anrede an die Frauen. Diese versammelten sich auf seinen Befehl vollzählig im Saal der Erzählungen, und der Herzog stieg auf den für die Erzählerinnen bestimmten Thron und hielt ungefähr folgende Anrede:
»Ohnmächtige und gefesselte Wesen, einzig zu unserer Lust bestimmt, ihr bildet euch hoffentlich nicht ein, dass die ebenso lächerlichen als übertriebenen Rechte, die man euch in der Welt einräumt, euch auch an diesem Orte zugestanden werden. Nein! Tausendmal geknechteter als Sklavinnen, habt ihr nichts zu erwarten als Demütigung, und Gehorsam soll die einzige Tugend sein, deren Übung ich euch rate, es ist die einzige, die dem Zustand angemessen ist, in, dem ihr euch befindet. Glaubt auch nicht, dass ihr uns mit euren Reizen bestricken könnet, wir sind für solche Verlockung zu blasiert, ihr denkt es euch wohl, dass bei uns ein solcher Köder nicht verfängt. Denkt stets daran, dass wir uns euer aller bedienen werden, dass aber keine einzige sich schmeicheln darf, in uns auch nur das Gefühl des Mitleids zu erwecken. Kann auch ein Altar uns etliche Körnchen Weihrauch entlocken, unser Stolz und unsere Ausschweifung zerstört das Gefühl, sobald die Sinne durch diese Illusion befriedigt sind. Was gebt ihr uns denn, das wir nicht schon genau kennen, was gebt ihr uns, das wir nicht oft genug sogar im Augenblick des Sinnentaumels mit Füßen treten würden? Es ist nutzlos, es euch zu verhehlen: euer Dienst wird hart sein, er wird peinlich und streng sein, und die geringsten Fehler werden augenblicklich mit körperlichen und seelischen Foltern bestraft. Ich empfehle euch also Genauigkeit, Unterwürfigkeit und totale Selbstverleugnung, damit ihr nur mehr auf unsere Wünsche hört, die eure einzigen Gesetze sein sollen. Flieget ihnen voraus, sehet sie vorher, machet sie wachsen! Nicht, als ob ihr durch solche Aufführung viel zu gewinnen hättet, sondern nur, weil ihr viel zu verlieren habt, wenn ihr es nicht tut. Prüft eure Lage: was seid ihr und was sind wir! Möge dieser Gedanke euch erzittern machen! Ihr seid hier außerhalb Frankreichs, im Grunde eines unbewohnbaren Waldes, über steilen Bergen, deren Zugänge alsbald zerstört wurden, nachdem ihr sie passiert habt, ihr seid in einer uneinnehmbaren Festung eingeschlossen, und niemand weiß, wo ihr euch befindet. Ihr seid getrennt von euern Freunden und Angehörigen, ihr seid bereits tot für die Welt und atmet nur noch zu unserer Lust. Und wer sind die Wesen, denen ihr nun verfallen seid? Abgründliche, berüchtigte Verbrecher, die keinen Gott haben als ihre Geilheit, kein Gesetz als ihre Verderbtheit, keinen Zügel als ihre Leidenschaft. Wüstlinge ohne Gott, ohne Prinzip, ohne Religion, von denen der am wenigsten kriminelle noch von mehr Infamien beschmutzt ist, als ihr aufzählen könnt, und in deren Augen das Leben eines Weibes, was sage ich: eines Weibes, aller Weiber des Erdkreises so gleichgültig ist wie das Leben einer Mücke. Es wird wenig Exzesse geben, unter denen ihr nicht zu leiden haben werdet, aber nichts darf euch abstoßen. Gebt euch dazu her ohne Wimperzucken, ertragt alles mit Geduld, Demut und Tapferkeit. Wenn unglücklicherweise einige von euch im Ungewitter unserer Leidenschaft umkommen sollten, mögen sie ihr Geschick entschlossen auf sich nehmen, wir sind nicht auf der Welt, um ewig zu leben, und einer Frau kann kein glücklicheres Los beschieden sein, als jung zu sterben. Man hat euch sehr weise und sowohl für eure Sicherheit als für unsere Lust berechnete Regeln vorgelesen: befolgt sie blindlings und verseht euch von unserer Seite des schlimmsten, wenn ihr uns durch schlechte Aufführung erzürnt. Einige von euch sind mit uns, ich weiß es wohl, durch Bande verknüpft; diese sind vielleicht stolz darauf und hoffen auf Nachsicht. Sie sind sehr im Irrtum, wenn sie darauf zählen, denn Leuten wie uns ist nichts heilig, eher noch könnte das Zerreißen solcher Bande die Perversität unserer Seelen kitzeln. Töchter, Gattinnen, zu euch rede ich jetzt! Erwartet keine Bevorzugung von unserer Seite, wisset, dass wir euch sogar strenger als die anderen behandeln werden, um euch zu zeigen, wie verächtlich in unseren Augen die Bande sind, mit denen ihr uns vielleicht an euch gefesselt wähnt. Erwartet schließlich nicht, dass wir euch die Befehle, die wir von euch ausgeführt zu sehen wünschen, stets spezifizieren werden, eine Geste, ein Augenwink, der einfache innere Wunsch von unserer Seite muss euch genügen; ihr werdet auch bestraft, wenn ihr sie nicht erratet oder vorausahnt, denn einen euch irgendwie bekanntgegebenen Wunsch nicht zu erfüllen, ist Ungehorsam, und eure Sache ist es, unsere Bewegungen, Blicke und Gesten immer richtig zu deuten und euch vor allem in Bezug auf unsere Wünsche niemals zu täuschen. Ich nehme z. B. an, der Wunsch sei, einen bestimmten Teil eures Körpers zu sehen, und ihr bietet ungeschickterweise einen anderen dar: stellt euch vor, wie sehr solche Missachtung unsere Illusion stören würde. Durch all dies erkältet man die Hitze eines Wüstlings, der – ich nehme es an – einen Hintern für seine Entladung erwartet, und dem dummerweise eine Votze dargeboten wird. Bietet euch im Allgemeinen immer möglichst wenig von vorne an, denkt daran, dass diese verpestete Partie, welche die Natur in einem Augenblick der Unvernunft geschaffen hat, immer diejenige ist, die uns am ehesten abstößt. Und sogar was eure Ärsche betrifft, gilt es noch Vorsicht anzuwenden, sowohl um die gleichzeitige Enthüllung des anstoßenden odiosen Hohlraumes zu vermeiden, als auch, um zu vermeiden, dass ihr uns den Hintern zu gewisser Zeit in einem gewissen Zustand zeigt, in dem andere Leute ihn stets zu finden wünschen. Ihr werdet mich verstehen, und die vier Duennen werden euch überdies noch nähere Instruktionen geben, die euch alles erklären werden. Mit einem Wort: zittert, erratet, gehorchet, sehet voraus! Und wenn ihr euch dabei auch nicht im mindesten glücklich fühlt, werdet ihr vielleicht nicht ganz und gar unglücklich sein. Im übrigen: keine Intriguen unter euch, keine Liaison, keine dieser dummen Mädchenfreundschaften, die einerseits das Herz erweichen, andererseits es sowohl störrischer machen als auch weniger disponiert für die einzige und einfache Art der Demut, für die wir euch bestimmen. Bedenket, dass wir euch durchaus nicht als menschliche Kreaturen betrachten, sondern lediglich als Tiere, die man für den Dienst, den man von ihnen erhofft, ernährt, die man jedoch vertilgt, wenn sie diesen Dienst verweigern. Ihr habt gesehen, wie streng euch alles verboten ist, was irgendwie den Anschein einer religiösen Handlung haben könnte, ich mache euch darauf aufmerksam, dass kein Verbrechen strenger bestraft werden wird als dieses. Man weiß nur zu wohl, dass unter euch noch etliche Dumme sind, die es nicht über sich bringen können, die Idee dieses infamen Gottes abzuschwören und die Religion zu verabscheuen. Diese werden sorgfältig beobachtet, und – ich verschweige es euch nicht – man wird sie schonungslos behandeln, wenn man sie unglücklicherweise auf der Tat ertappt. Möchten diese törichten Kreaturen doch einsehen, möchten sie sich überzeugen, dass die Existenz Gottes eine Wahnidee ist, die heute auf der ganzen Erde keine zwanzig Verfechter mehr hat, und dass die Religion, die sich darauf beruft, nur die lächerliche Erfindung von Schurken ist, die ein gegenwärtig nur allzu sichtbares Interesse haben, uns zu betrügen. Mit einem Wort, entscheidet selbst: gäbe es einen Gott, und wäre er allmächtig, würde er erlauben, dass die Tugend, die ihn ehrt und zu der ihr euch bekennt, so den Lastern und Ausschweifungen geopfert wird, würde dieser allmächtige Gott erlauben, dass eine schwache Kreatur wie ich, die ihm gegenüber nichts anderes wäre als eine Milbe gegenüber einem Elefanten, würde er erlauben, sage ich, dass diese schwache Kreatur ihn beschimpft, höhnt, herausfordert, ihm trotzt und ihn so beleidigt, wie ich es zum Vergnügen jeden Augenblick des Tages tue?«
Nach dieser kleinen Rede stieg der Herzog vom Thron, und die vier Alten und vier Erzählerinnen ausgenommen, die wohl wussten, dass sie mehr Opferinnen und Priesterinnen als Opfer waren, diese acht ausgenommen, sage ich, zerschmolz der ganze Rest in Tränen, und der Herzog, sich sehr wenig darum bekümmernd, ließ sie unter sich beratschlagen, plappern und sich beklagen, sicher, dass die acht Spioninnen ihm alles genau berichten würden, und verbrachte die Nacht mit Herkules, einem von der Truppe der Ficker, der als Liebhaber sein intimster Favorit geworden war, während der kleine Zephyr als Mätresse immer den ersten Platz in seinem Herzen einnahm. Und so traf jeder noch sein Arrangement für diese Nacht, bevor er am nächsten Tag die Dinge so vorfand, wie es bestimmt worden war, und als es zehn Uhr morgens läutete, öffnete sich die Szene der Ausschweifung, um ohne jede Störung im vorgeschriebenen Rahmen bis zum 28. Februar inklusive zu dauern. Und nun, Freund Leser, bereite Herz und Geist vor für die unzüchtigste Erzählung, die erfunden wurde, seit die Welt besteht, du findest kein ähnliches Buch, weder bei den Alten, noch bei den Modernen. Stelle dir vor, dass jede anständige, oder von dieser Törin, von der du unaufhörlich sprichst, ohne sie zu kennen, von der sogenannten Natur vorgeschriebene Wollust, dass diese Lustgattungen, sage ich, absichtlich von diesem Bericht ausgeschlossen werden, und dass, wenn du sie zufällig antreffen solltest, dies nie der Fall sein wird, ohne dass sie von einem Verbrechen begleitet oder durch irgendwelche Infamien gewürzt werden. Viele der Verirrungen, die du geschildert sehen wirst, werden dir ohne Zweifel missfallen, man weiß es, aber es werden sich auch einige finden, die dich derart entzücken werden, dass es dir den Samen kosten wird, und das ist alles, was wir wollen. Würden wir nicht alles sagen und alles analysieren, wie wolltest du, dass wir dann gerade das erraten, was dir behagt. An dir ist es, dies herauszusuchen und den Rest zu lassen, ein anderer wird es ebenso machen, und schließlich wird alles seinen Platz gefunden haben. Diese Erzählung gleicht einem großartigen Mahl, bei dem 600 verschiedene Gerichte,2 deinem Appetit offeriert werden. Isst du sie alle auf? Nein, ohne Zweifel! Aber diese verschwenderische Anzahl erweitert die Grenzen deiner Auswahl, und du wirst, von dieser Vermehrung der Wahlmöglichkeiten entzückt, nicht dem Amphitrion grollen wollen, der dich bewirtet. Tue hier das Gleiche, wähle und lass den Rest stehen, ohne auf diesen Rest nur deshalb zu schimpfen, weil er nicht die Eignung hat, dir zu gefallen. Denke, dass er anderen gefallen wird und sei ein Philosoph. Was die Mannigfaltigkeit anbelangt, sei versichert, dass sie eine reichliche ist, studiere diejenige der Passionen, die dir einer anderen ganz gleich zu sein scheint, genau, und du wirst sehen, dass doch ein Unterschied zwischen ihnen besteht, und so gering diese Differenz auch sein mag, in dem gerade beruht das Raffinement, diese besondere Note gerade ist es, die die eine Art der Ausschweifung von der anscheinend gleichen anderen Art unterscheidet und sie charakterisiert. Im übrigen hat man diese 600 Passionen im Bericht der Erzählerinnen verschmolzen, und der Leser muss hier noch auf eine Sache aufmerksam gemacht werden. Es würde sehr monoton gewesen sein, sie in anderer Weise und eine nach der anderen zu detaillieren, ohne sie im Körper einer Erzählung zusammenzufassen. Da aber mancher Leser, der mit dieser Materie wenig vertraut ist, die besagten Passionen vielleicht mit dem einfachen Abenteuer oder Ereignis aus dem Leben der Erzählerin verwechseln könnte, wurde jede dieser Passionen durch eine Randnote3 über der der Name steht, den man dieser Passion geben könnte, sorgfältig bezeichnet. Und weil in diesem ganzen Drama sehr viele Personen vorkommen, werden wir trotz der Genauigkeit, mit der wir sie in dieser Einleitung bereits bezeichnet und geschildert haben, noch eine Tafel aufstellen, die Namen und Alter jeder Person, nebst einer leichten Skizze ihres Porträts, enthalten wird, sodass, wenn man in der eigentlichen Erzählung einem Namen begegnen wird, der Schwierigkeiten bereitet, man nur diese Tafel nachzusehen braucht, oder, wenn die leichte Skizze nicht genügt, das Gesagte in Erinnerung zu rufen, weiter oben die ausführliche Schilderung.
Dies und das Folgende, das hier mit recht Sadescher Geheimnistuerei nur angedeutet wird, erklärt sich später, und ist auch für das skatalogische Element der Sadeschen Erotik ungemein charakteristisch. Anmerkung des Übersetzers <<<
Damit sind die 600 Anekdoten gemeint, die von den vier Erzählerinnen erzählt werden. Anmerkung des Übersetzers <<<
In der vorliegenden Ausgabe sind die 600 Fälle geschlechtlicher Perversität durch eingeklammerte Ziffern gekennzeichnet und nummeriert. – Anmerkung des Übersetzers <<<
Der Herzog von Blangis, 50 Jahre, Aussehen eines Satyrs, begabt mit einem ungeheuren Glied und verschwenderischer Kraft; man kann ihn als Sammelpunkt aller Laster und Verbrechen betrachten, er hat seine Mutter getötet, seine Schwester und drei seiner Frauen.
Der Bischof von… ist sein Bruder, 45 Jahre, magerer und zarter als der Herzog, hässlicher Mund, ist ein geschickter Schurke, treuer Anhänger der aktiven und passiven Sodomie, verachtet absolut jede andere Art von Vergnügungen, hat zwei Kinder grausam hingemordet, für die ein Freund ihm beträchtliche Summen anvertraut hat. Er ist nervös und von so großer Sensibilität, dass er bei der Entladung fast ohnmächtig wird.
Der Präsident von Curval, 60 Jahre, ein großer, hagerer, dünner Mann; hohle, erloschene Augen, ungesunden Mund, das lebendige Bild des Schmutzes und der Ausschweifung, von schrecklicher persönlicher Unreinlichkeit und daran seine Wollust knüpfend; beschnitten, seine Erektion ist selten und schwierig. Sie findet aber trotzdem statt und er ejakuliert immer noch fast täglich, sein Geschmack lässt ihn Männer bevorzugen, nichtsdestoweniger verachtet er eine Jungfrau nicht; seine Eigenheit besteht in seiner Vorliebe für das Alter und für alles, was ihm in Bezug auf Schweinerei ähnlich ist; er hat ein fast ebenso großes Glied als der Herzog, seit einigen Jahren ist er durch die Ausschweifung wie vertiert, er trinkt viel. Er verdankt sein Vermögen lediglich Mordtaten, vornehmlich einer, die schrecklich ist und deren Details man in seiner Personsbeschreibung nachlesen kann. Bei der Entladung überfällt ihn eine Art geiler Wut, die ihn zu Grausamkeiten verleitet.
Durcet, Finanzier, 53 Jahre, intimer Freund und Schulkamerad des Herzogs, klein, kurz und untersetzt, aber sein Körper ist frisch, schön und weiß, er hat eine Taille wie ein Weib und gleicht in seiner ganzen Geschmacksrichtung einem solchen. Da er den Weibern durch die Kleinheit seines Umfangs kein Vergnügen bereiten kann, ahmt er sie nach und lässt sich jeden Augenblick des Tages ficken, er liebt auch die Mundfickerei, die einzige Art, die ihm auch ein Vergnügen als Handelnden erlaubt. Seine einzigen Götter sind die Vergnügungen, und er ist immer bereit, ihnen alles zu opfern. Er ist schlau und hat viele Verbrechen begangen. Er hat seine Mutter, seine Frau und seine Nichten vergiftet, um sein Vermögen zu vergrößern. Seine Seele ist fest und stoisch, absolut unempfänglich für Mitleid. Es steht ihm nicht mehr und seine Ejakulationen sind sehr selten. Den Augenblicken seines Ergusses geht eine Art Spasma voraus, das ihn in einen für die, welche seiner Passion dienen, gefährlichen lüsternen Zorn versetzt.
Konstanze ist die Frau des Herzogs und Tochter Durcets, 22 Jahre, eine römische Schönheit, mehr Majestät als Zartheit, sie hat Embonpoint, jedoch einen guten Wuchs, einen superben Körper, einen besonders gewölbten Popo, der als Modell dienen kann, sehr schwarze Haare und Augen, sie hat Geist und empfindet nur zu gut die Schrecklichkeit ihres Loses; einen reichen Schatz natürlicher Tugend, der nicht zerstört werden kann.
Adelaide, Frau Durcets und Tochter des Präsidenten, eine hübsche Puppe, 20 Jahre, sehr sanfte Augen von schönem, beseelten Blau, sie hat ganz das Aussehen einer Romanheldin, einen langen, wohlgebauten Hals, ein etwas großer Mund ist ihr einziger Fehler. Einen kleinen Busen und kleinen Popo, aber all dies, obwohl zart, ist wohlgeformt und weiß; einen romantischen Geist, ein zartes Herz, überschwänglich tugendhaft und fromm; sie versteckt sich, um ihre Pflichten als Christin zu erfüllen.
Julie, Frau des Präsidenten und ältere Tochter des Herzogs, 24 Jahre, dick, üppig, schöne braune Augen, eine hübsche Nase; ausdrucksvolle und angenehme Züge, aber einen abstoßenden Mund; sie hat wenig Tugend und sogar einen großen Hang zur Unreinlichkeit, Trunksucht, Gefräßigkeit und Hurerei, ihr Gatte liebt sie wegen dieser Mängel. Sie wurde ohne Prinzipien und Religion erzogen.
Aline, ihre jüngere Schwester, vermeintliche Tochter des Herzogs, wirkliche Tochter des Bischofs mit einer der Frauen des Herzogs, 18 Jahre, sehr pikantes und sehr angenehmes Gesicht, viel Frische, braune Augen, Stumpfnase, ein trotziges Aussehen, obwohl im Grunde indolent und faul, sie hat anscheinend kein Temperament mehr und verabscheut sehr ernstlich die Infamien, zu denen man sie als Opfer benützt; der Bischof hat sie mit zehn Jahren im Popo entjungfert; man hat sie in völliger Unwissenheit gelassen, sie kann weder lesen noch schreiben, sie verachtet den Bischof und fürchtet den Herzog. Sie liebt ihre Schwester sehr, ist nüchtern und reinlich, gibt drollige und kindische Antworten, ihr Popo ist charmant.
La Duclos, erste Erzählerin, 48 Jahre, große Reste von Schönheit, viel Frische, den schönsten Arsch, den man haben kann. Braun, volle Gestalt, sehr üppig.
La Champville, 45 Jahre, sie ist mager, wohlgebaut, hat geile Augen, sie ist Tribade und alles an ihr zeigt dies an; ihr Beruf ist die Kupplern, sie ist blond gewesen, hat hübsche Augen, einen langen, reizbaren Kitzler, einen durch Benützung sehr verbrauchten Hintern, und trotzdem ist sie Jungfrau von dieser Seite.
La Martaine, 52 Jahre, Kupplerin, ist eine dicke Mama, frisch und gesund, sie ist verschlossen und hat stets nur die Vergnügungen von Sodom gekannt, für die sie eigens geschaffen scheint, denn sie hat trotz ihres Alters den schönsten Arsch, der möglich ist, er ist sehr groß und so gewöhnt an Einführungen, dass sie der größten Maschine ohne Wimperzucken standhält. Sie hat immer noch hübsche Züge, die aber dennoch schon zu verwelken beginnen.
La Desgranges, 56 Jahre, den größten und verbrecherischesten Arsch, der jemals existiert hat, sie ist groß, mager, blass, ist braun gewesen, sie ist das personifizierte Bild des Verbrechens. Ihr verwelkter Arsch sieht marmoriertem Papier ähnlich, die Mündung ist ungeheuer. Sie hat eine Ferse, drei Finger und sechs Zähne zu wenig. Es gibt kein einziges Verbrechen, das sie nicht beging oder begehen ließ, sie hat eine angenehme Sprechweise und Geist, ist gegenwärtig eine der offiziellen Kupplerinnen der Gesellschaft.
Marie, die erste der Duennen, 58 Jahre, wurde ausgepeitscht und gebrandmarkt, ist die Dienerin eines Räubers gewesen, unbewegliche, schielende Augen, schiefe Nase, gelbe Zähne, eine Arschbacke von einem Abszeß zerfressen, sie hat 14 Kinder geboren und getötet.
Louison, zweite Duenna, 60 Jahre, klein, bucklig, einäugig und hinkend, hat trotzdem einen sehr hübschen Arsch, ist immer zu Verbrechen bereit und außerordentlich boshaft. Diese zwei ersten sind den Mädchen zugeteilt, die zwei folgenden den Knaben.
Therese, 62 Jahre, Aussehen eines Skeletts, weder Haare noch Zähne, einen stinkenden Mund, einen Arsch voller Wunden, ein ungeheuer weites Loch, sie ist von fürchterlicher Unreinlichkeit und verbreitet einen fürchterlichen Gestank, sie hat einen ausgedrehten Arm und hinkt.
Fanchon, 65 Jahre, ist 6mal in effigie1 gehenkt worden, hat alle denkbaren Verbrechen begangen, ist schielend, plattnasig, kurz, dick, hat keine Stirne, nur mehr zwei Zähne, ein Aussatz bedeckt ihren Hintern, ein Packet von Hämorrhoiden hängt ihr aus dem Loch, ein Schanker zerfrisst ihre Vagina, sie hat einen verbrannten Schenkel und ein Krebs benagt ihre Brust, sie ist immer betrunken, sie erbricht, furzt und scheißt überall und jeden Augenblick, ohne es selbst zu bemerken.
In effigie ist ein lateinischer Ausdruck, der im oder als Bildnis bedeutet. <<<
Augustine, Tochter eines Barons von Languedoc, 15 Jahre, feines, aufgewecktes Gesichtchen.
Fanni, Tochter eines Rats aus der Bretagne, 14 Jahre, süßes, zartes Wesen.
Zelmire, Tochter des Grafen von Tourville, Seigneur von Beauce, 15 Jahre, nobles Wesen, sehr empfängliche Seele.
Sophie, Tochter eines Edelmannes von Berri, charmante Züge, 14 Jahre.
Colombe, Tochter eines Parlamentsrats von Paris, 13 Jahre, große Frische.
Hébé, Tochter eines Offiziers aus Orleans, sehr wollüstiges Aussehen und charmante Augen, 12 Jahre.
Rosette und Michette, beide das Aussehen schöner Jungfrauen, die eine ist 13 Jahre alt und die Tochter eines Magistratsherrn von Chalons sur Saône, die andere ist 12 Jahre alt und die Tochter des Marquis von Senange, sie wurde im Bourbonischen bei ihrem Vater entführt. – Ihre Figuren und der Rest ihrer Reize, hauptsächlich ihre Popos sind über aller Beschreibung, sie wurden aus 130 ausgewählt.
Zelamir, 13 Jahre, Sohn eines Edelmannes von Poitou.
Cupidon, gleiches Alter, Sohn eines Edelmannes aus der Nähe von La Flêche.
Narziß, 12 Jahre, Sohn eines Beamten von Rouen, Ritters von Malthe.
Zephyr, 15 Jahre, Sohn eines Generals von Paris, er ist dem Herzog bestimmt.
Seladon, Sohn eines Magistratsherrn von Nancy, 14 Jahre.
Adonis, Sohn eines Präsidenten der Großen Kammer von Paris, 15 Jahre, bestimmt für Curval.
Hyazinth, 14 Jahre, Sohn eines in der Champagne zurückgezogen lebenden Offiziers.
Giton, Page des Königs, 12 Jahre, Sohn eines Edelmannes von Nivernois.
Keine Feder ist imstande, die Anmut, die Züge, die geheimen Reize dieser acht Kinder zu malen, die über jeder Beschreibung stehen, ausgewählt, wie man weiß, aus einer sehr großen Anzahl.
Herkules, 26 Jahre, ziemlich hübsch, doch sehr verkommenes Subjekt, Favorit des Herzogs, sein Schwanz hat 8 Zoll, 2 Linien Umfang und 13 Zoll Länge; Entladung reichlich.
Antinous, 30 Jahre, sehr schöner Mann, sein Schwanz hat 8 Zoll Umfang und 12 Zoll Länge.
Brise-cul, 28 Jahre, Aussehen eines Satyrs, sein Schwanz ist krumm, der Kopf oder die Eichel davon ist enorm, sie hat 8 Zoll, 3 Linien Umfang, der Körper des Schwanzes 8 Zoll, auf 13 in der Länge. Dieser majestätische Schwanz ist ganz verbogen.
Bande-au-ciel, 25 Jahre, ist sehr hässlich, aber gesund und kräftig, großer Favorit Curvals, ist immer steif, sein Schwanz hat 7 Zoll, 11 Linien Umfang auf 11 Zoll Länge.
Die vier anderen von 9 bis 10 und 11 Zoll Länge auf 7½, 7 und 9 im Umfang, sind 25 bis 30 Jahre.
Auslassungen, deren ich mich in vorstehender Einleitung schuldig gemacht habe.1
1. Es muss gesagt werden, dass von Herkules und Bande-au-ciel, der eine ein sehr verkommenes Subjekt, der andere sehr hässlich ist, und dass keiner der acht niemals weder einen Mann noch eine Frau gehabt hat.
2. Dass die Kapelle als Toilette dient und die Details nach diesem Gebrauch.
3. Dass die Kupplerinnen und Kuppler auf ihrer Expedition Räuber unter ihren Befehlen stehen hatten.
4. Detaillieret ein wenig die Brüste der Dienerinnen, und sprechet vom Krebs der Fanchon. Malet auch ein wenig mehr die Gesichter der 16 Kinder.
Aus diesen angefügten Bemerkungen, die Sade an sich selbst richtet, ersieht man, dass es sich hier nicht um ein ausgefeiltes Manuskript, sondern um einen Entwurf handelt, um ein sogenanntes Brouillon; daher die vielen Unklarheiten und mannigfachen Widersprüche, die natürlich auch in unsere möglichst wörtliche Übersetzung übergegangen sind. – Anmerkung des Übersetzers <<<
Der 120 Tage Erster Teil
Der hundertzwanzig Tage erster Teil. Die hundertfünfzig einfachen Passionen oder die der ersten Klasse, welche die von der Erzählung der Duclos ausgefüllten dreißig Tage des November bilden, und in welche die skandalösen Ereignisse des Schlosses in Form eines über diesen Monat sich erstreckenden Tagebuches eingeflochten sind.
Man erhob sich am 1. November um zehn Uhr morgens, so wie es durch die Bestimmungen vorgeschrieben war, welche nicht zu verletzen, man sich gegenseitig geschworen hatte. Die vier Ficker, welche nicht bei den Freunden geschlafen hatten, führten beim Lever Zephyr zum Herzog, Adonis zu Curval, Narziß zu Durcet und Zelamir zum Bischof. Alle vier waren noch sehr furchtsam, sehr verschüchtert, erfüllten aber, durch ihre Führer ermutigt, ausgezeichnet ihre Pflicht. Der Herzog entlud, die drei anderen, mehr reserviert und weniger verschwenderisch in Bezug auf ihren Samen, leisteten sich ebensoviel wie er, verloren aber nichts von ihrem Samen. Um 11 Uhr begab man sich ins Frauenappartement, wo die acht jungen Sultaninnen nackt erschienen und so die Schokolade servierten. Marie und Louison, welche diesem Serail vorstanden, halfen ihnen und führten sie. Man betastete, man küsste viel, und die acht armen, kleinen, unglücklichen Opfer der allerseltensten Geilheit erröteten, verbargen sich mit den Händen, versuchten ihre Reize zu verteidigen, zeigten sie aber allsogleich, wie sie sahen, dass ihre Schämigkeiten ihre Herren ärgerlich machten und erzürnten. Der Herzog, der sehr schnell wieder steif war, verglich den Umfang seiner Maschine mit der schmalen und leichten Taille Michettes, und es ergab sich eine Differenz von nur 3 Zoll. Durcet, der Monatsaufseher, vollzog die vorgeschriebenen Untersuchungen. Hébé und Colombe hatten sich verfehlt, ihre Strafen wurden notiert und sogleich für Samstag zur Stunde der Orgien bestimmt. Sie weinten, erweckten aber kein Mitleid. Von hier begab man sich zu den Knaben; die vier, welche morgens nicht erschienen waren, also Cupidon, Seladon, Hyazinth und Giton, zogen dem Befehl gemäß die Höschen aus, und man amüsierte sich einen Augenblick; Curval küsste alle vier auf den Mund und der Bischof schüttelte jedem einen Moment das Schwänzchen, während der Herzog und Durcet andere Sachen machten. Die Visiten wurden gemacht, niemand wurde schuldig befunden; um ein Uhr verfügten die Freunde sich nach der Kapelle, wo, wie man weiß, dass Kabinett für Bedürfnisse installiert war. In der Voraussicht dessen, was man abends nötig haben werde, hatte man viele Ansuchen um Erlaubnis zurückgewiesen, es erschienen nur Konstanze, die Duclos, Augustine, Sophie, Zelamir, Cupidon und Louison, alle anderen hatten gebeten, und man hatte ihnen befohlen, es für abends aufzusparen. Unsere vier Freunde, um einen für diesen Zweck konstruierten Stuhl postiert, ließen diese sieben Subjekte, eines nach dem anderen, auf diesem Stuhl Platz nehmen und zogen sich, nachdem sie sich an dem Schauspiel gesättigt hatten, zurück. Sie stiegen in den Salon hinab, wo sie, während die Frauen dinierten, bis zum Moment, in dem ihnen serviert wurde, miteinander plauderten. Die vier Freunde setzten sich jeder zwischen zwei Ficker, nach der Regel, die sie sich auferlegt hatten, niemals Frauen zur Tafel zuzuziehen, und die vier nackten Gattinnen, unterstützt durch die als graue Schwestern gekleideten Alten, servierten das großartigste und kräftigste Mahl, das bereitet werden konnte. Nichts Delikateres und Geschickteres als die vier Köchinnen, die sie mitgeführt hatten! Und da diese so gut bezahlt und so gut ausgerüstet waren, konnte alles nur wundervoll gehen. Da diese Mahlzeit weniger reichlich sein sollte als das Souper, begnügte man sich mit vier Gängen, jeder aus zwölf Schüsseln bestehend. Per Burgunder wurde mit den Hors d’oeuvres aufgetragen, zu den Entrées servierte man Bordeaux, zum Braten Champagner, zu den Entremets Hermitage und zum Dessert Tokayer und Madeira. Die Köpfe erhitzten sich, und die Ficker, denen zu dieser Zeit alle Rechte über die Gattinnen eingeräumt waren, malträtierten diese ein wenig, Konstanze wurde sogar ein bisschen gestoßen und geschlagen, weil sie Herkules nicht sogleich einen Teller herbeigebracht hatte. Herkules, der beim Herzog in sehr großer Gunst stand, glaubte die Unverschämtheit soweit treiben zu können, dass er dessen Frau schlug und belästigte, und der Herzog lachte nur dazu. Curval, sehr benebelt beim Dessert, warf seiner Frau einen Teller ins Gesicht, der ihr den Kopf gespalten hätte, wenn sie ihm nicht ausgewichen wäre. Durcet, der bei einem seiner Nachbarn einen Ständer sah, zog ohneweiters, obwohl er bei Tisch war, seine Hosen aus und präsentierte seinen Hintern. Der Nachbar spießte ihn auf, und nach dieser Operation vereinigte man sich wieder zum Trinken, als ob nichts geschehen wäre. Der Herzog ahmte bald mit Bandeau-ciel die kleine Infamie seines alten Freundes nach und wettete, dass er, obwohl der Schwanz enorm war, kalten Sinnes drei Flaschen Wein trinken werde, während man ihn in den Arsch ficken würde. Welche Gewöhnung, welche Ruhe, welch kalter Sinn in der Ausschweifung! Er gewann seine Wette, und da er sie nicht nüchtern trank, da diese drei Flaschen mehr als fünfzehn anderen nachfolgten, erhob er sich davon ein bisschen taumelig. Das erste Objekt, das ihm entgegenkam, war seine über Misshandlung seitens Herkules weinende Frau, und diese Stimme belebte ihn soweit, dass er sogleich einen Exzeß mit ihr beging, den zu erzählen uns noch unmöglich ist. Der Leser, der sieht, wie behindert wir in diesen Anfängen sind, damit wir Ordnung in unsern Stoff bringen, wird uns entschuldigen, wenn wir viele kleine Details noch verschleiert lassen. Endlich begab man sieh in den Salon, wo unsere Helden neue Vergnügungen und neue Wollüste erwarteten. Hier wurden ihnen Kaffee und Liköre von einer charmanten Quadrille präsentiert, sie bestand aus zwei schönen, jungen Knaben, Adonis und Hyazinth, und den Mädchen Zelmire und Fanni. Therese, eine der Duennen, leitete sie, denn es war Regel, dass überall, wo zwei oder drei Kinder sich zusammenfanden, eine Duenna sie führen musste. Unsere vier Wüstlinge, halbbetrunken, aber trotzdem entschlossen, ihr Gesetz einzuhalten, begnügten sich mit Küssen und Betastungen. Weil jedoch ihre ausschweifenden Köpfe von allen Raffinements der Lüsternheit und Geilheit überreizt waren, glaubte man einen Moment, dass der Bischof bei sehr ungewöhnlichen Dingen, die er von Hyazinth verlangte, während Zelmire ihn abwichste, spritzen würde. Schon zitterten seine Nerven und die Krisis des Spasmas bemächtigte sich seiner ganzen Physis, aber er hielt sich zurück, stieß die verlockenden Objekte von sich, die über seine Sinne triumphieren wollten, und wissend, dass es noch mehr zu tun geben würde, reservierte er sich für das Ende des Tages. Man trank zehn verschiedene Liköre und drei Sorten Kaffee. Endlich läutete die Stunde, die zwei Paare zogen sich zum Ankleiden zurück, unsere Freunde hielten ein Viertelstündchen Mittagspause und begaben sich dann in den Thronsaal, wie der für die Erzählungen bestimmte Raum genannt wurde. Die Freunde nahmen auf ihren Kanapees Platz; der Herzog hatte zu seinen Füßen seinen treuen Herkules, neben sich die nackte Adelaide, die Frau Durcets und Tochter des Präsidenten, und als Quadrille vor sich, durch Guirlanden mit seiner Nische verbunden, so wie es erklärt wurde, Zephyr, Giton, Augustine und Sophie in Schäferkostümen, geführt von Louison als alter Bäuerin, die Rolle ihrer Mutter spielend. Curval hatte zu seinen Füßen Bande-au-ciel, auf seinem Kanapee Konstanze, Frau des Herzogs und Tochter Durcets, und als Quadrille vier junge Spanier, jedes Geschlecht in seinem Kostüm und möglichst elegant gekleidet, nämlich Adonis, Seladon, Fanni und Zelmire, geführt von Fanchon als Duenna. Der Bischof hatte zu seinen Füßen Antinous, auf dem Kanapee seine hübsche Nichte und vier fast nackte Wilde als Quadrille: es waren die Knaben Cupidon und Narziß, die Mädchen Hébé und Rosette, gelenkt von einer alten Amazone, gespielt von Therese. Durcet hatte Brise-cul als Ficker, neben sich Aline, Tochter des Bischofs, und vor sich vier kleine Sultaninnen; hier waren die Knaben als Mädchen gekleidet, und diese Zurichtung hob aufs höchste die entzückenden Gesichtchen von Zelamir, Hyazinth, Colombe und Michette, eine alte arabische Sklavin, gespielt von Marie, führte diese Quadrille; die drei Erzählerinnen, kostbar und als vornehme Pariser Damen gekleidet, setzten sich zu Füßen des Thrones auf ein zu diesem Zweck dorthingestelltes Kanapee, und Madame Duclos, die. Erzählerin des Monats, in einem sehr leichten und eleganten Déshabillé, viel Rot und Diamanten, nahm auf ihrer Estrade Platz und begann folgendermaßen die Geschichte der Ereignisse ihres Lebens, in die sie das Detail jener 150 ersten Passionen verweben sollte, die mit dem Namen einfache Passionen bezeichnet worden waren. »Es ist keine kleine Sache, meine Herren, vor einen Kreis wie den Ihren zu treten, gewöhnt an das, was die feinsten und sublimsten Schriftsteller produzieren. Wie werden Sie die beschränkte und grobe Erzählung einer unglücklichen Kreatur wie ich ertragen können, die ich niemals eine andere Erziehung erhalten habe als die, welche die Ausschweifung mir gab! Aber Ihre Nachsicht beruhigt mich. Sie werden von mir nur Natur und Wahrheit verlangen, und in dieser Hinsicht werde ich es zweifellos wagen, Ihr Lob anzustreben. Meine Mutter war fünfundzwanzig Jahre alt, als sie mich zur Welt brachte, und ich war ihr zweites Kind, das erste war ein um sechs Jahre älteres Mädchen; ihre Abkunft war keine vornehme, sie war sehr jung vater- und mutterlose Waise geworden. Und da ihre Eltern bei den Franziskanern von Paris gewohnt hatten, erhielt sie, als sie sich verlassen und ohne Mittel sah, von diesen guten Vätern die Erlaubnis, in ihrer Kirche Almosen zu sammeln. Weil sie aber ziemlich jung und frisch war, stach sie ihnen in die Augen, und allmählich stieg sie von der Kirche zu den Zimmern empor, von denen sie bald schwanger herunterkam; solchen Abenteuern verdankte meine Schwester ihr Leben, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass auch meine Geburt keinen anderen Ursprung hatte. Die guten Väter, zufrieden mit der Gelehrigkeit meiner Mutter und ihre Verwendbarkeit für die Gemeinschaft erkennend, entschädigten sie für ihre Dienste, indem sie ihr das Vermieten der Kirchenstühle übertrugen, welchen Posten sie kaum übernommen hatte, als sie mit Erlaubnis ihrer Vorgesetzten einen Wasserträger des Hauses heiratete, der uns, meine Schwester und mich, sogleich ohne das leichteste Widerstreben adoptierte. In der Kirche geboren, bewohnte ich sozusagen mehr die Kirche als unser Heim. Ich half der Mutter die Stühle aufstellen, ich sekundierte den Sakristanen bei ihren verschiedenen Verrichtungen – ich hätte die Messe gelesen, wenn es nötig gewesen wäre, obwohl ich erst mein fünftes Jahr erreicht hatte.(1)1