Die Bedeutung von Resilienz für die Prävention von Störungen des Sozialverhaltens im Kindes- und Jugendalter - Angela Schickler - E-Book

Die Bedeutung von Resilienz für die Prävention von Störungen des Sozialverhaltens im Kindes- und Jugendalter E-Book

Angela Schickler

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Beschreibung

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Psychologie - Klinische Psychologie, Psychopathologie, Prävention, Note: 1,3, Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau (Klinische Gesundheitspsychologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit dem Thema „Die Bedeutung von Resilienz für die Prävention von Störungen des Sozialverhaltens im Kindes- und Jugendalter.“ Die Themenkomplexe Störung des Sozialverhaltens und Resilienz werden miteinander in Beziehung gestellt. Die Arbeit gliedert sich in 3 Hauptteile. Erstens wird der Themenkomplex Psychopathologie der Störung des Sozialverhaltens vertieft. Das heißt, die für die Prävention relevanten Merkmale werden dargestellt (z.B. die hohe Prävalenzrate, bei frühem Störungsbeginn, der schwerer Verlauf und die damit einhergehenden die schlechten Prognosen). Die Ätiologie der Störung des Sozialverhaltens entschlüsselt Anknüpfpunkte für Präventionsmaßnahmen. Die Grundlagen des Resilienzkonzepts werden im zweiten Themenkomplex vertieft. Diese basieren auf dem Paradigmenwechsel weg vom pathogenetische hin zu einem salutogenetisch orientierten Ansatz. Resilienz versteht sich also als eine Integration und Ergänzung zum Konzept der Salutogenese und ist darüber hinaus stärker methodenorientiert. Die Resilienzfördermöglichkeiten und die konkreten Ansatzpunkte werden im dritten Teil ganz explizit herausgearbeitet und vertieft (Resilienzförderung auf der individuellen Ebene und Resilienzförderung auf der Beziehungsebene). Vergleiche zu bereits in der Praxis bestehenden Präventionsprogrammen mit Aspekten der Resilienzförderung werden heran gezogen, erläutert und in Bezug auf die Prävention der Störung des Sozialverhaltens diskutiert. Schlussfolgernd zeigt sich das Resilienzkonzept als ein optimaler Ansatz für die Prävention der Störung des Sozialverhaltens. Es stellt zahlreiche konkrete und praxisrelevante Anknüpfpunkte für Förderaspekte (z.B. die sechs Resilienzfaktoren) bereit und ist daher mit großen Chancen verbunden die Prognosen einer Störung des Sozialverhaltens zu verbessern sowie die Inzidenzrate und die Prävalenzrate zu senken.

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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zur Psychopathologie der Störung des Sozialverhaltens
2.1 Definition und Klassifikation
2.2 Komorbiditäten
2.3 Diagnostik
2.3.1 Differenzialdiagnostik
2.4 Epidemiologie.
2.5 Verlauf und Prognose
2.6 Ätiologie
2.6.2 Auslösende und aufrechterhaltende Faktoren
2.6.3 Ätiologiemodelle.
3 Grundlagen der Resilienz
3.1 Definition und Merkmale
3.2 Exkurs: Antonovskys Modell der Salutogenese
3.2.1 Modelle mit salutogenetischem Ansatz.
3.2.1.1 Das Konzept „Sense of Coherence“
3.2.1.2 Das Konzept „Hardiness“
3.3 Entwicklung der Resilienzforschung
3.3.1 Studien der Risiko- und Resilienzforschung
3.3.1.1 Die „Kauai- Längsschnittstudie“
3.3.1.2 Die „Mannheimer Risikokinderstudie“
3.3.1.3 Die „Bielefelder Invulnerabilitätsstudie“
3.4 Charakteristika des Resilienzkonzepts
3.4.1 „Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess“
3.4.2 „Resilienz ist eine variable Größe“
3.4.3 „Resilienz ist situationsspezifisch und multidimensional“
3.5 Das Risiko- und das Schutzfaktorenkonzept
3.5.1 Das Risikofaktorenkonzept
3.5.2 Das Schutzfaktorenkonzept
3.5.3 Wirkprozesse und Mechanismen
3.5.4 Resilienzmodelle
3.6 Resilienzfaktoren - personale Ressourcen des Kindes.
4 Fragestellung
5 Resilienzförderung im Kontext der Prävention der Störung des Sozialverhaltens
5.1 Notwendigkeit von Prävention.
5.2 Ziele, Ebenen und Strategien.
5.3 Forschungsstand zur Prävention der Störung des Sozialverhaltens
5.4 Ansatzpunkte
5.4.1 Resilienzförderung auf der individuellen Ebene.
5.4.1.1 Förderung der Resilienzfaktoren.
5.4.2 Resilienzförderung auf der Beziehungsebene
5.4.3 Reduktion von Aggression
5.5 Programmbeispiele
5.6 Anforderungen an Präventionsprogramme
6 Fazit und Ausblick.
7 Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis V

Abkürzungsverzeichnis

AGS American Guidance Service AKF Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e. V. ALF Allgemeine Lebenskompetenzen und Fertigkeiten a. M. am Main Aufl. Auflage Ausg. Ausgabe BA Bachelor of Arts Bd. Band Bde. Bände bearb. bearbeitet BGAG Berufsgenossenschaftliches Institut Arbeit und Gesundheit BRD Bundesrepublik Deutschland bspw. beispielsweise BzGA Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung bzw. beziehungsweise ca. lat.: circa (dt.: ungefähr) d die Effektgröße für Mittelwertunterschiede zw. zwei Gruppen mit gleicher Gruppengröße DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGVT Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie e. V. d. h. das heißt Dr. Doktor DSM Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Dt. Deutsche EFFEKT Entwicklungsförderung in Familien: Eltern- und Kindertraining engl. englisch erw. erweiterte et al. lat.: et alii (dt.: und andere)

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Abkürzungsverzeichnis VII

ÖIF Österreichischer Integrations Fonds o. J. ohne Jahr Orig. Original RKI Robert Koch Institut PRiK Prävention und Resilienzförderung in Kindertageseinrichtungen Prof. Professor Publ. Publikation PVU Psychologie Verlags Union S. Seite s. siehe sic. lat. so s. o. siehe oben sog. so genannte SPFH Sozialpädagogische Familienhilfe s. u. siehe unten STEP Systematic Training for Effective Parenting TR Text Revision u. und u. a. unter anderem überarb. überarbeitet URL Uniform Resource Locator UTB Uni Taschenbücher GmbH v. vom v. a. vor allem veränd. verändert vgl. vergleiche Verl. Verlag VIA Verhaltenstherapeutische Intervention zur Reduktion von Aggression

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Abkürzungsverzeichnis VIII

vollst. vollständig VS Verlag Sozialwissenschaften WHO World Health Organization wuv Wien Universitätsverlag z. B. zum Beispiel zit. n. zitiert nach ZNS Zentralnervensystem ZPS Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie zw. zwischen

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Einleitung 1

1 Einleitung

Wilhelm Busch beschreibt in seinem Buch „Max und Moritz“ (1865) (in Hochhuth o. J. S. 19-69) anschaulich die problematischen Verhaltensweisen seiner beiden Protagonisten, Max und Moritz, die inzwischen weltbekannte Kultfiguren sind:

„Ach, was muss man oft von bösen

Kindern hören oder lesen! Wie zum Beispiel hier von diesen, Welche Max und Moritz hießen; Die anstatt durch weise Lehre Sich zum Guten zu bekehren, Oftmals noch darüber lachten Und sich heimlich lustig machten. Ja, zur Übeltätigkeit, Ja, dazu ist man bereit! Menschen necken, Tiere quälen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen stehlen, Das ist freilich angenehmer Und dazu auch viel bequemer, Als in der Kirche oder Schule Festzusitzen auf dem Stuhle [...]“ (Busch 1856 S. 19).

Die von Busch in „Max und Moritz“ erzählten Handlungen deuten auf Symptome hin, welche - nach dem aktuellen Stand der Forschung - die Symptome einer Störung des Sozialverhaltens charakterisieren. Diese und andere Handlungen sind auch in der heutigen Zeit häufig bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten. Delinquente, dissoziale, aggressive und oppositionelle Verhaltensweisen werden in der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter dem BegriffStörung des Sozialverhaltenszusammengefasst (Baving 2006 S. 6; Grasmann 2009 S. 1). Kinder und Jugendliche, die ein solches Verhalten aufzeigen, unterliegen einem hohen Risiko, im Erwachsenenalter gewalttätig und kriminell zu werden, unter psychischen Problemen zu leiden oder auch eine Substanzabhängigkeit zu entwickeln (Essau & Conradt 2004 S. 11).

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Einleitung 2

Die Störung des Sozialverhaltens geht mit erheblichen Problemen einher. Nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Gesellschaft. Zum einen direkt durch die Täterschaft, zum anderen indirekt durch erhebliche Kosten in der Behandlung, Betreuung und Rehabilitation, Maßnahmen in Heimen oder die Unterbringung in Gefängnissen. Verschiedene Bemühungen diesen Problemen entgegen zu wirken, führten zu entsprechenden Präventionsmaßnahmen (Lösel et al. 2006 S. 128). Die vorliegende Bachelorarbeit gliedert sich im Wesentlichen in drei Hauptteile: Der erste Teil gibt zunächst einen systematischen Überblick über die Psychopathologie der Störungen des Sozialverhaltens.

Kinder sind verletzlich - zahlreiche Risikofaktoren können ihre Entwicklung beeinträchtigen. Manchmal können Kinder aber auch schwierige Lebenssituationen erfolgreich bewältigen. In diesem Fall spricht man von „Resilienz“. Die Kernfrage lautet: „Was macht Kinder stark?“ (Wustmann 2009 S. 14). Mit den Befunden der Resilienzforschung beschäftigt sich der zweite Teil dieser Arbeit. Daraus ergibt sich die zentrale Fragestellung:Welche Erkenntnisse und neuen Wege lassen sich aus der Resilienzforschung ableiten, die für die Prävention einer Störung des Sozialverhaltens von Bedeutung sind? Die Beantwortung dieser Frage wird im dritten Teil der Arbeit behandelt.

Resiliente Kinder haben bessere Chancen, gesellschaftliche, familiäre und individuelle Krisen erfolgreich zu bewältigen. Somit erweist sich Resilienz als Voraussetzung, dass Kinder sich selbstsicher, gesund und zu kompetenten Persönlichkeiten entwickeln können. Entscheidende Anhaltspunkte für Fördermöglichkeiten erschließt die Resilienzforschung. Kinder benötigen entsprechende Basiskompetenzen, sowie auch Unterstützungsleistungen, um trotz widriger Einflüsse und Risikobedingungen nicht zu scheitern (Wustmann 2009 S 15).

In der Präventionspraxis der Störung des Sozialverhaltens muss daher alles dafür getan werden, dass Kinder mit den zur Verfügung stehenden Mitteln tatkräftig unterstützt werden (Wustmann 2009 S. 15).

Das Ziel dieser Arbeit ist es, theoretische Möglichkeiten der Resilienzförderung aufzuzeigen. Darüber hinaus sollen bestehende Programme, die in der Praxis bereits existieren, skizziert werden. Es handelt sich dabei um präventive Maßnahmen, die entwicklungsgefährdete Kinder und Jugendliche stärken. Der Fokus liegt stets darauf, durch Prävention die Prognosen einer Störung des Sozialverhaltens zu verbessern, um letztlich die Inzidenzrate und die Prävalenzrate langfristig zu senken.

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Zur Psychopathologie der Störung des Sozialverhaltens 3

2 Zur Psychopathologie der Störung des Sozialverhaltens

Die Störung des Sozialverhaltens ist eine Störung des Kindes- und Jugendalters. Im Folgenden werden relevante Merkmale der Psychopathologie thematisiert.

2.1 Definition und Klassifikation

Die Störung des Sozialverhaltens umfasst eine hohe Anzahl von unkontrollierten Verhaltensweisen (Davison et al. 2007 S. 551). Die allgemeine Symptomatik ist gekennzeichnet durch ein wiederkehrendes und anhaltendes Muster von Dissozialität, Aggressivität und aufsässigem Verhalten (Knopf & Dauer 2005 S. 111); Hartmann (1977) spricht in diesem Zusammenhang von einem persistenten Sozialversagen,ein überdauerndes Verstoßen gegen die Regeln des Zusammenlebens (Schmidt 2004 S. 67 zit. n. Hartmann). Im Extremfall umfasst die Störung schwere Verletzungen der altersentsprechenden sozialen Normen und Gesetze. Bei der Diagnosestellung ist ein Verhaltensmuster gefordert, das über „tolerierbares Verhalten“, wie leichte Regelverletzungen und jugendliche Aufmüpfigkeit, oder auch einzelne kriminelle Handlungen hinausgeht (Baving 2006 S. 6; Blanz 2002 S. 198; Boumann 2008 S. 12; Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 190; Knopf & Dauer 2005 S. 111f.; Lentze et al. 2007 S. 1613; Schmidt 2004 S. 115; Steinhausen 2000 S. 225). Im ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation 2010), wird die Störung des Sozialverhaltens im Diagnoseschlüssel F91 kodiert (Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 190-193). Der ICD-10 beschreibt insgesamt folgende 23 Symptome:„1. für das Entwicklungsalter ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche 2. häufiges Streiten mit Erwachsenen

3. häufige aktive Verweigerung von Forderungen Erwachsener und Hinwegsetzten über Regeln

4. häufiges, offensichtlich wohl überlegtes Handeln, das andere [sic] ärgert 5. häufiges verantwortlich machen anderer [sic], für die eigenen Fehler oder eigenes Fehlverhalten

6. häufige Empfindlichkeiten oder sich belästigt fühlen durch andere [sic] 7. häufiger Ärger oder Groll 8. häufige Gehässigkeit oder Rachsucht

9. häufiges Lügen oder Brechen von Versprechen, um materielle Vorteile und Begünstigungen zu erhalten oder um Verpflichtungen zu vermeiden

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10. häufiges Beginnen von körperlichen Auseinandersetzungen (außer

Geschwisterauseinandersetzungen)

11. Gebrauch von möglicherweise gefährlichen Waffen (z. B. Schlagholz, Ziegelstein, zerbrochene Flasche, Messer, Gewehr)

12. häufiges Draußenbleiben in der Dunkelheit, entgegen dem Verbot der Eltern (beginnend vor dem 13. Lebensjahr)

13. körperliche Grausamkeiten gegenüber anderen Menschen (z. B. Fesseln, ein Opfer mit einem Messer oder mit Feuer verletzen) 14. Tierquälerei

15. absichtliche Zerstörung des Eigentums anderer [sic] (außer Brandstiftung) 16. absichtliches Feuerlegen mit dem Risiko oder der Absicht, ernsthaften Schaden anzurichten

17. Stehlen von Wertgegenständen ohne Konfrontation mit dem Opfer, entweder Zuhause oder außerhalb (z. B. Ladendiebstahl, Einbruch, Unterschriftenfälschung) 18. häufiges Schule schwänzen, beginnend vor dem 13. Lebensjahr 19. Weglaufen von den Eltern oder elterlichen Ersatzpersonen, mindestens zweimal oder länger als eine Nacht (außer dies geschieht zur Vermeidung körperlicher oder sexueller Misshandlung)

20. eine kriminelle Handlung, bei der das Opfer direkt angegriffen wird, (einschließlich Handtaschenraub, Erpressung, Straßenraub) 21. Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten

22. häufiges Tyrannisieren anderer [sic] (z. B. absichtliches Zufügen von Schmerzen oder Verletzungen - einschließlich andauernder Einschüchterung, Quälen oder Belästigung)

23. Einbruch in Häuser, Gebäude oder Autos“ (Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 190f.).

Zusammenfassend nennt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (2007), neun wesentliche Leitsymptome der Störung des Sozialverhaltens:

„• deutliches Maß an Ungehorsam, Streiten oder Tyrannisieren • ungewöhnlich häufige oder Schwere Wutausbrüche • Grausamkeiten gegenüber anderen Menschen oder gegenüber Tieren • erhebliche Destruktivität gegen Eigentum

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• Zündeln

• Stehlen • häufiges Lügen • Schule schwänzen • Weglaufen von zu Hause“

(Dt. Ges. für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007 S. 265).Jedes der oben aufgeführten Leitsymptome rechtfertigt bei schwerer Ausprägung über den Zeitraum von einem halben Jahr (nicht bei einmaligem Auftreten), die Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens (Baving 2006 S. 7; Blanz 2002 S. 198; Boumann 2008 S. 12; Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 190; Dt. Ges. für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007 S. 265).

Bei der Diagnosestellung können zusätzliche Differenzierungen vorgenommen werden. Man unterscheidet den Zeitpunkt des ersten Auftretens in der Kindheit oder Adoleszenz vor oder nach dem 10. Lebensjahr (Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 191). Darüber hinaus gibt es eine Unterscheidung in Untergruppen nach Schweregrad: leicht, mittelgradig oder schwer (Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 192; Baving 2006 S. 7).

In der Beurteilung der Diagnosestellung sollte ebenfalls das Geschlecht, das Lebensalter sowie der jeweilige Entwicklungsstand berücksichtigt werden (Baving 2006 S. 34).

Im Wesentlichen wird eine Einteilung in die folgenden vier Untergruppen vorgenommen:

Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens(F91.0): Hier wird auf die Beschränkung hingewiesen, die sich fast ausschließlich auf den häuslichen Rahmen und die Interaktion zwischen den Familienmitgliedern bezieht. Die Bindungen, die außerhalb der Familie bestehen, bewegen sich meistens im normalen Rahmen.

Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen(F91.1): Diese Untergruppe beschreibt das Fehlen einer Peergroup, d. h. die Betroffenen sind unbeliebt und leben isoliert. Auch die Beziehungen zu Erwachsenen gestalten sich oftmals schwierig.

Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen(F91.2): Die Betroffenen verfügen über angemessene und auch andauernde Freundschaften (unter Ausschluss anderer dissozialer Gleichaltriger).

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Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten(F91.3): Hierbei handelt es sich um eine leichte Form der Störung des Sozialverhaltens, die sich überwiegend bei jüngeren Kindern bemerkbar macht. Dabei werden die Gesetze und Grundrechte Anderer nicht verletzt.

(Baving 2006 S. 8; Boumann 2008 S. 12-17; Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 191-193; Steinhausen 2002 S. 215f.)

Des Weiteren sind im ICD-10 die UntergruppenSonstige Störung des Sozialverhaltens(F91.8) undNicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens(F91.9) aufgeführt. Hierzu finden sich jedoch keine näheren Erläuterungen (Baving 2006 S. 8). Als eine weitere Ausprägungsform kann sich die sogenanntehyperkinetische Störung des Sozialverhaltens(F90.1) zeigen. Hier liegen neben den Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens ebenso Kriterien der Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung vor (Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 189).

Die Kodierung F92 beinhaltet zusätzlich dieKombination eines gestörten Sozialverhaltens bei gleichzeitig gestörten Emotionen.F92.0 beschreibt dieStörung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung,F92.8sonstige kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionenund F92.9nicht näher bezeichnete kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen(Dilling & Schulte-Markwort 2010 S. 194).