Die beliebtesten Romane von Eugenie Marlitt - Eugenie Marlitt - E-Book

Die beliebtesten Romane von Eugenie Marlitt E-Book

Eugenie Marlitt

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Beschreibung

Die beliebtesten Romane von Eugenie Marlitt enthalten eine faszinierende Sammlung von Geschichten, die im 19. Jahrhundert in Deutschland spielen. Marlitts literarischer Stil zeichnet sich durch detailreiche Beschreibungen der historischen Umgebung aus, gepaart mit bewegenden Charakterstudien. Ihre Romane sind bekannt für ihre mitreißende Erzählweise und romantische Handlungselemente, die Leser jeden Alters ansprechen. Marlitt war eine der führenden russischen Schriftstellerinnen ihrer Zeit, und ihre Werke spiegeln ihr tiefes Verständnis für die menschliche Natur wider, während sie gleichzeitig soziale Themen und moralische Dilemmata anspricht.

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Eugenie Marlit

Die beliebtesten Romane von Eugenie Marlitt

Das Geheimnis der alten Mamsell, Amtmanns Magd, Die zweite Frau, Das Heideprinzeßchen, Die Frau mit den Karfunkelsteinen
            Books

Inhaltsverzeichnis

Goldelse
Im Schillingshof
Das Eulenhaus
Das Geheimnis der alten Mamsell
Die Frau mit den Karfunkelsteinen
Reichsgräfin Gisela
Das Heideprinzeßchen
Die zweite Frau
Thüringer Erzählungen
Amtmanns Magd
Die zwölf Apostel
Blaubart
Schulmeisters Marie
Gedichte
Eugenie Marlitt: Ihr Leben und ihre Werke

Goldelse

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1.
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19.
20.

1.

Inhaltsverzeichnis

Den ganzen Tag über hatte es geschneit, und zwar so recht mit Muße und Gemächlichkeit, so daß die Dächer und Fenstersimse dicke, fleckenlos weiße Polster angelegt hatten. Nun brach ein früher Abend herein und mit ihm ein wilder Sturm, der heimtückisch in die niedertaumelnden Schneeflocken fuhr, wie ein Raubtier zwischen eine friedliche Taubenschar.

Mag auch das Wetter derart sein, daß der gemütliche Kleinstädter nicht einmal seinen Hund, geschweige denn seine eigenen, edlen Gliedmaßen außerhalb der vier Wände wissen will, in der großen Hauptstadt B. merkt man abends zwischen sechs und sieben Uhr keinen auffallenden Unterschied hinsichtlich der Straßenfrequenz. Die Gasflammen ersetzen die Himmelslichter, die nicht kommen wollen; um die Ecken jagen die Equipagen in so wütender Eile, daß die Fußgänger nur durch einen kühnen Sprung an die Häuser Leben und Glieder retten; dafür folgt ein Schwall kräftiger Flüche dem pelzverbrämten Kutscher und dem eleganten Wagen, hinter dessen festgeschlossenen Scheiben reizende Damen ihr blumengeschmücktes Köpfchen mühsam über die ungeheuren Wogen des umfangreichen Gazekleides heben und keine Ahnung davon haben, daß in diesem Augenblicke Feuer und Schwefel auf ihre duftenden Locken herabgewünscht werden. Wohlfrisierte Wachsköpfe, inmitten schauderhafter schwarzer und blonder Skalps, still und aufmerksam arbeitende Uhrmacher, lächelnde Kommisgesichter hinter bauschenden Stoffen und verführerischen Mantillen, und alte verkümmerte Boukett-und Kranzwinderinnen zwischen hold blühenden, frischen Blumen stehen und bewegen sich in beneidenswerter Sicherheit und wohldurchwärmter Atmosphäre hinter den Schaufenstern, die ein blendendes Licht auf die schlüpfrigen Trottoirs und den vorbeiflutenden Menschenstrom werfen, wobei blaurote Nasenspitzen, thränende Augen und verzweifelte Kopf-und Armbewegungen an allen alten und jungen Vorübereilenden sichtbar werden.

Doch halt – nicht an allen! Da tritt eben aus einem Seitengäßchen in eine der Hauptstraßen mit leichtem, elastischem Schritte eine weibliche Gestalt. Das enge, verwachsene Mäntelchen schließt sich fest an die schlanken Glieder, und der alte, zerzauste Muff wird dicht an die Brust gedrückt, wo er die Enden eines herabhängenden Schleiers festhält; unter diesem alten schwarzen Gewebe lachen zwei Mädchenaugen im Sonnenglanze frischer Jugend; sie blicken fröhlich in das Schneegetümmel, haften innig an den halbgeöffneten Centifolien und den dunklen Veilchen hinter den Glasscheiben und verbergen sich nur dann unter den langen Wimpern, wenn sich heimtückische Eissplitter unter die Schneeflocken mischen.

Wer einmal gehört hat, wie kindliche Hände, oder auch Hände, die zu einem völlig ausgewachsenen Körper und Kopfe gehören, auf dem Klavier eine wohlbekannte Melodie zuversichtlich beginnen, gleich darauf mittels einer Dissonanz den musikalischen Faden zerreißen, mit falschem Fingersatze in alle möglichen Tonarten, nur nicht in die angegebene, greifen, wobei der Lehrer den hochgehobenen, takttretenden Fuß verzweiflungsvoll sinken läßt, bis endlich die Melodie langatmend und lebensmüde wieder anhebt, um im nächsten Augenblicke durch einige leichte Takte wie über eine weite Ebene dahinzurasen – wessen Ohrennerven einmal auf dieser Folter gelegen haben, der wird begreifen, daß das junge Mädchen, welches soeben zwei Unterrichtsstunden in einem Institute beendet hat, dem Sturmwinde freudig die heiße Wange bietet, einem wackeren Gesellen von System und konsequenter Durchführung, dessen mächtiges Brausen ja in Orgel und Aeolsharfe zur wundersamen Melodie wird.

So eilt das junge Mädchen flüchtig und schwebend durch Schneefall und andringenden Menschenstrom, und ich zweifle keinen Augenblick, sie würde auf den schwimmenden Quadersteinen des Trottoirs, umbraust vom Sturme, nicht anders als auf dem Parkett eines Salons auch, dem Leser unter holdseligem Lächeln die graziöseste Verbeugung machen, wenn ich sie ihm vorstellen wollte als Fräulein Elisabeth Ferber. Diese Vorstellung kann nun freilich nicht stattfinden, und das ist mir insofern ganz erwünscht, als ich beabsichtige, den Leser mit der Vergangenheit des jungen Mädchens bekannt zu machen.

Herr Wolf von Gnadewitz war der letzte Abkömmling eines ruhmreichen Geschlechts, das seinen Ursprung zurückleiten konnte bis in zweifelhaftes Dämmerlicht noch vor jenem goldenen Zeitalter, allwo der vorüberziehende Kaufmann in irgend einem Hohlwege seine kostbaren Stoffe und Waren zu adligen Bannerfähnlein und glänzenden Turnierwämsern, wie zu junkerlichen Gelagen unfreiwilligerweise ablieferte. Aus jenen unvergeßlichen Zeiten datierte auch ein Rad in dem Wappen der Gnadewitze, auf welchem einer der Ahnherren seinen Heldengeist verhauchen mußte, weil er in Ausübung jenes ritterlichen Aneignungssystems allzuviel Krämerblut vergossen hatte.

Herr von Gnadewitz, der Letzte seines Stammes, war Kammerherr in Fürstlich X.schen Diensten, zudem Inhaber hoher Orden und verschiedener Rittergüter, wie auch Besitzer aller Charaktereigenschaften, die, seiner Ansicht nach, einem Hochgebornen zukommen, und die er »vornehm« nannte, weil dem gemeinen Manne bei der derben Hausmannskost der Moral und dem strengen Muß der Verhältnisse und Sitten jedwedes Verständnis für jene unnachahmliche Grazie und Eleganz des Lasters abgehe.

Herr Wolf von Gnadewitz war auch prachtliebend, wie sein Großvater, der das alte Schloß Gnadeck aus dem Berge in Thüringen, die Wiege seines Geschlechts, verließ, um sich drunten im Thale einen wahren Feensitz im italienischen Geschmacke aufzubauen. Sein Enkel ließ das alte Haus droben noch mehr verfallen und erweiterte und verschönerte das neue Schloß um ein beträchtliches. Ja, es schien, als hege Herr Wolf von Gnadewitz nicht den leisesten Zweifel, daß der Letzte seines Geschlechts dereinst als allerjüngstes Menschenkind beim Weltgerichte erscheinen werde; denn um alle neu angebauten Gemächer auszufüllen, durfte der alte Stamm getrost zahllose Zweige treiben. Allein, das hieß die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Herr Wolf von Gnadewitz hatte zwar einen Sohn, der schon mit zwanzig Jahren ein so vollendeter Gnadewitz war, daß selbst das glänzende Bild des Ahnherrn mit dem Rade vor ihm erbleichen mußte. Aber der junge Herr hatte eines Tages, bei Gelegenheit der ersten, großen Jagd im Herbst , einem Treiber mit der Hetzpeitsche einen furchtbaren Schlag über den Kopf versetzt, und zwar mit vollstem Rechte, wie alle eingeladenen Teilnehmer an der Jagd einmütig versicherten, denn der Tölpel hatte den Lieblingshund des Herrn dermaßen auf die Pfoten getreten, daß das Tier für den ganzen Tag untauglich geworden war. Und so kam es, daß kurze Zeit darauf Hans von Gnadewitz nicht allein auf dem Stammbaume in der großen Halle des neuen Schlosses, sondern auch wirklich und leibhaftig an einem Eichbaume des Waldes, und zwar mit einem Stricke um den Hals gefunden wurde. Der geschlagene Treiber büßte zwar, wenn auch nicht auf dem Rade, so doch unter dem Beile, diese Frevelthat; allein das machte den letzten der Gnadewitze nicht wieder lebendig, denn er war tot, unwiderruflich tot, wie die Aerzte versicherten, und so hatte das lange Lied von Raubrittertum, Trinkgelagen, Hetzjagden und Pferderennen ausgeklungen.

Nach dieser schrecklichen Katastrophe verließ Herr Wolf von Gnadewitz sofort das Schloß im Thale, wie überhaupt diese Gegend, und zog nach Schlesien auf eines seiner vielen Güter. Er nahm eine entfernte Verwandte, die Letzte einer Seitenlinie seines Geschlechts, in sein Haus, damit sie ihn pflegen solle. Es zeigte sich aber, daß diese Verwandte ein engelschönes, junges Mädchen war, bei dessen Anblick der alte Herr den eigentlichen Zweck ihres Kommens rein vergaß und schließlich meinte, sein sechzigjähriger Rücken sei noch gerade genug, um in den Hochzeitsfrack schlüpfen zu können. Zu seiner tiefsten Indignation jedoch mußte er erfahren, daß auch eine Zeit kommen könne, wo selbst ein Gnadewitz nicht mehr begehrenswert erscheine, und wütend wurde er, als das Mädchen ihm gestand, daß sie, ihre hohe Abkunft schnöde vergessend, ihr Herz einem jungen, bürgerlichen Offizier, dem Sohne eines seiner Förster geschenkt habe.

Der junge Mann besaß nichts als seinen Degen und seine männlich schöne Gestalt, aber er hatte sich eine tüchtige, wissenschaftliche Bildung angeeignet, war liebenswürdig im Umgange und von ausgezeichnetem Charakter. Als Herr von Gnadewitz die schöne Marie infolge ihrer Erklärung verstieß, da führte sie der junge Ferber glücklich als Gattin heim und hätte in den ersten zehn Jahren seiner Ehe mit keinem König tauschen mögen. Im elften würde ihn zwar ein solches Gelüst noch viel weniger angefochten haben; denn das war das Jahr 1848 – aber es brachte auch für ihn schwere Kämpfe und einen völligen Umschwung seiner Verhältnisse … Er kam in den kritischen Fall, zwischen zwei Pflichten wählen zu sollen. Die eine, die ihm sein Vater schon an der Wiege vorgesungen, hieß. »Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst, vor allem aber deine deutschen Brüder«; die andere dagegen, die er sich, wenn auch viel später, selbst auferlegt, gebot ihm, das Schwert für das Interesse seines Herrn zu führen. In diesem Konflikte nun siegte jenes Wiegenlied, das kräftige Wurzeln um sein Herz geschlagen hatte, vollständig – Ferber schoß nicht auf seine Brüder, aber dieser Sieg kostete ihm seinen Beruf, seine gesicherte Lebensstellung. Er nahm seinen Abschied und sank bald darauf infolge einer Erkältung gelähmt aufs Krankenlager, das er erst nach jahrelangem Siechtum wieder verließ. Hierauf siedelte er mit seiner Familie nach B. über, wo er bald eine erträgliche Stelle als Buchhalter in einem bedeutenden Handlungshause erhielt. Es war die höchste Zeit, denn das kleine Vermögen seiner Frau war bei dem Sturze eines Bankgeschäfts verloren gegangen, und nur die mehrmaligen Geldunterstützungen, die Ferbers älterer und einziger Bruder, ein Förster in Thüringen, der bedrängten Familie zukommen ließ, hatten bis jetzt den Mangel in seiner schlimmsten Gestalt ferngehalten.

Leider sollte dies Glück nicht von Dauer sein. Ferbers Chef gehörte zu den Frommen im Lande und suchte alle seine Umgebungen mit seinem Bekehrungseifer heim. Auch Ferber wurden diese Bemühungen zugewandt, stießen aber hier auf einen zwar mit ruhigem Ernste geäußerten und durch eine Fülle von Wissen motivierten, aber so entschiedenen Widerstand, daß sich das fromme Gemüt Herrn Hagens – so hieß der Kaufmann – darüber schier zu Tode entsetzte. Einem solchen Freigeiste Schutz und Brot zu geben und somit geflissentlich den Untergang des Reiches Gottes zu befördern – der Gedanke ließ ihm Tag und Nacht keine Ruhe, bis er mittels eines Entlassungsbriefes sich von dieser Last befreite und das räudige Schaf aus seiner Lämmerherde stieß.

Um jene Zeit ging auch Herr Wolf von Gnadewitz heim zu seinen Ahnen, und da er während seiner irdischen Laufbahn an dem Grundsatze seines Geschlechts, keine Beleidigung ungerächt zu lassen, streng festgehalten hatte, so konnte dies Leben wohl keinen würdigeren Abschluß und Endpunkt finden, als in dem Testamente, das er eigenhändig niederschrieb, ehe er hinunterstieg in das enge Kämmerlein von Zinn, in welchem seine Gebeine der Nachwelt aufbewahrt bleiben sollten. Dies Aktenstück männlicher Konsequenz, das einen entfernten Verwandten seiner verstorbenen Gemahlin zum Universalerben ernannte, schloß mit folgender Verfügung.

»In anbetracht des unabweislichen Anspruches, den sie an meinen Nachlaß hat, vermache ich der Anna Maria von Gnadewitz, verehelichten Ferber, das Schloß Gnadeck auf dem Berge in Thüringen. Anna Maria Ferber wird nicht verkennen, daß ich sie wohlmeinend bedenke, indem ich ihr ein Obdach anweise, das sie mit zahllosen Erinnerungen an das edle Geschlecht, dem sie einst angehörte, umgeben wird. Wohl wissend, daß über jenen alten Hallen stets Glück und Segen geschwebt hat und diese unleugbare Thatsache genau erwägend, halte ich es demnach für völlig überflüssig, diesem meinem Geschenke noch etwas beizufügen … Sollte jedoch Anna Maria Ferber den Wert meiner Gabe nicht einsehend, dieselbe verlassen oder auf irgend welche Art veräußern wollen, so erlischt sofort ihr Anspruch an das Erbe, und das Waisenhaus in L. tritt an ihre Stelle.«

Herr Wolf von Gnadewitz hatte sich sonach mit Hinterlassung einer beißenden Satire auf sein schwarzbehangenes Paradebett gelegt. Ferber und seine Frau hatten zwar nie das alte Schloß gesehen, allein es war weltbekannt als ein zusammensinkender Trümmerhaufen, den seit wenigstens fünfzig Jahren keine ausbessernde Hand berührt hatte, und der bei der Einrichtung des neuen Schlosses im Thale sämtlicher Hausgeräte, Wandbekleidung, ja sogar des Kupferdaches auf dem Hauptgebäude beraubt worden war. Seitdem lagen die schweren Riegel und Vorlegeschlösser eingestäubt und eingerostet vor dem mächtigen eichenen Hauptthore. Die ungeheuren Waldbäume, die sich dicht um den grauen Bau scharten, woben ungestört ihre breiten Aeste in das üppige Gestrüpp zu ihren Füßen, und bald lag das verlassene Schloß hinter der grünen, undurchdringlichen Wand, wie eine eingesargte Mumie.

Der glückliche Universalerbe, dem der fremde Besitz inmitten seines Waldes sehr lästig war, hätte gern für eine ansehnliche Summe das alte Haus zurückgekauft, allein die vorsichtig ausgedachte Klausel am Schlusse des Vermächtnisses schnitt jede Unterhandlung ohne weiteres ab.

Frau Ferber legte die ihr zugesandte Abschrift des Testamentes, auf die einige Thränen fielen, stillschweigend auf den Schreibtisch ihres Mannes und nahm dann mit doppeltem, beinahe fieberhaftem Eifer ihre Arbeit, eine Stickerei, wieder auf. Ferber hatte trotz aller Bemühungen keine Anstellung wieder erhalten und sah sich nun genötigt, durch schlecht bezahlte Uebersetzungen, und wenn es an diesen mangelte, mittels Akten-und Notenschreibens sein und seiner Familie Leben zu fristen, wobei ihn seine Frau durch den Erlös für Handarbeiten nach Kräften unterstützte.

So trübe nun auch Ferbers Lebenshimmel umzogen war, ein Stern tauchte allmählich auf unter den Wolkenmassen und schien die fehlenden äußeren Gnadenbezeigungen des wetterwendischen Glückes ersetzen zu wollen. Eine Ahnung von diesem milden Strahle, welcher dereinst in ein dunkles Leben fallen sollte, überkam Ferber schon, als er zum erstenmal an der Wiege seines erstgeborenen Töchterchens stand und in die prächtigen Augen sah, die aus dem feinen Kinderköpfchen ihn anlachten. Sämtliche Freundinnen der Frau Ferber waren einstimmig der Ansicht, der kleine Ankömmling sei ein reizendes Wesen, ein eigentümlich bevorzugtes Kind, ja es sähe so ganz und gar nicht aus, wie das gewöhnliche Menschenkind, wenn es krebsrot zum erstenmal die Welt anschreie, daß – hier brachen sie stets ab, und es steht zu vermuten, daß nur das märchenfeindliche neunzehnte Jahrhundert und die sarkastischen Mienen ihrer Ehemänner die stille, aber untrügliche Ahnung hinter ihre Lippen verschloß, es habe hier die geheimnisvolle Macht irgend einer gütigen Fee obgewaltet.

Sie hieltenin corporedas kleine Weltwunder über die Taufe, stritten sich dabei, welche wohl die meiste Zärtlichkeit für das Patchen hege, und schwuren, dieser Tag werde ihnen unvergeßlich bleiben – ohne Zweifel eine zu hohe und voreilige Anforderung an ihr Erinnerungsvermögen, denn als Ferbers in mißliche Verhältnisse gerieten, da wischte der Egoismus mit hartem Finger über die Denkschrift, und siehe da, es blieb keine Spur zurück, daß sie je gewesen.

Diese alte Erfahrung, welche die kleine Elisabeth schon in ihrem neunten Lebensjahre machen mußte, beunruhigte sie übrigens sehr wenig. Die vermeintliche Fee hatte ihr zu den anderen reichen Gaben auch einen unzerstörbaren Frohsinn und sehr viel Willenskraft in die Wiege gelegt; deshalb nahm sie fortan das dürftige Vesperbrot ebenso dankbar und fröhlich aus der mütterlichen Hand, wie ehemals die unerschöpflichen Leckerbissen der zärtlichen Paten, und als am Weihnachtsabend ein lichterarmer Baum nur einige Aepfel und vergoldete Nüsse bot, da schien ihr gar nicht einzufallen, daß sich früher stets eine ehrenwerte, stattliche Gesellschaft aller möglichen guten und wünschenswerten Dinge auf seinen Zweigen eingefunden hatte.

Ferber unterrichtete seine Tochter selbst. Nie hatte sie eine Schule oder ein Institut besucht, ein Mangel, den man leider heutzutage in vielen Fällen einen Vorzug nennen möchte, wenn man bedenkt, daß manche junge Mädchen bei weitem erfahrener die Schule verlassen, als der sorgsamen Mutter lieb sein dürfte, die daheim die Reinheit der jungen Seele streng behütet und nicht ahnt, daß sie durch die täglich sich mehrenden räudigen Schafe im Schulzimmer Eindrücke empfängt, deren nachteilige Folgen sich in allen Phasen des späteren Lebens geltend machen.

Elisabeths bildsamer Geist entfaltete sich herrlich unter der Leitung der selbst so reich begabten Eltern. Sie trieb die ihr auferlegten Studien mit tiefem Ernste und dem rastlosen Drange, alles, was sie in sich aufnahm, gründlich zu wissen, damit es ein unveräußerliches, lückenloses Eigentum ihrer Seele bleibe; das war ihr strenge Gewissenssache und gehörte in das Reich der Pflichten. Der Musik aber gab sie sich mit einer Inbrunst hin, mit welcher der menschliche Geist das umfaßt, was er als seine spezielle Sendung auf der Welt erkennt. Bald hatte sie ihre Mutter, die ihre Lehrerin war, weit überflügelt, und wie sie als kleines Kind ihr Spielwinkelchen verließ, wenn sie Wolken aus des Vaters Stirn bemerkte, sich aus seinen Schoß setzte und ihm selbsterfundene goldglänzende Märchen erzählte, so beschwichtigte sie später mit wundervollen Melodieen, die wie klare Perlen in ihrer Seele aufstiegen, und die vorher noch nie ein menschliches Ohr berührt hatten, den Dämon finsteren Grames, der oft Ferbers Gemüt umnachtete. Aber nicht allein dieser Segen erwuchs aus dem seltenen Talente des jungen Mädchens. Das ausgezeichnete Klavierspiel in der Mansarde hatte die Aufmerksamkeit einiger Hausbewohner erregt. Elisabeth bekam auf diese Weise nach und nach mehrere Schülerinnen und später den Klavierunterricht in einem Institute übertragen, wodurch es ihr möglich wurde, die Nahrungssorgen der Eltern bedeutend zu mildern.

Hier nehmen wir den Gang der Erzählung wieder auf und wollen uns die Mühe nicht verdrießen lassen, dem jungen Mädchen zu folgen, das an dem stürmischen Winterabend der elterlichen Wohnung zueilte.

2.

Inhaltsverzeichnis

Während des endlosen Weges durch krumme und gerade, dunkle und helle Straßen genoß Elisabeth schon im Geiste das Behagen, das sie beim Eintritt in das heimische Stübchen stets überkam. Da saß, von der kleinen Schirmlampe mild beleuchtet, der Vater am Schreibtische, lächelnd das blasse Gesicht erhebend, wenn er Elisabeths Schritte hörte. Er nahm die Feder, die den ganzen Nachmittag über das Papier geflogen war, in die linke Hand und zog mit der rechten seine heimkehrende Tochter zu sich nieder, um einen Kuß auf ihre Stirn zu drücken. Die Mutter, die, den Nähkorb zu ihren Füßen, gewöhnlich neben ihm saß, um den schwachen Lampenschimmer möglichst nahe zu haben, begrüßte sie mit einem zärtlichen Lächeln und zeigte auf Elisabeths Hausschuhe, welche sie vorsorglich in das warme Zimmer getragen hatte. Auf der heißen Ofenplatte zischten einige Aepfel, und drüben in der dunklen, behaglichen Ecke neben dem Ofen summte die kleine Theemaschine auf dem Sofatische, welche nebenbei mit ihrer schwachen, blauen Flamme eine ganze Kompanie Bleisoldaten zu beleuchten hatte, die der sechsjährige Ernst, Elisabeths einziges Brüderlein, exerzieren ließ.

Vier Stockwerke mußte Elisabeth ersteigen, ehe sie den schmalen, dunklen Korridor erreichte, der zu der elterlichen Wohnung führte. Hier nahm sie eiligst den Hut ab, zog eine neue, mit Pelz verbrämte Knabenmütze unter dem Mantel hervor und drückte sie auf ihr blondes Haar. So trat sie in das Zimmer, wo der kleine Ernst alsbald mit einem Freudenschrei auf sie zulief.

Heute aber war die dunkle Ecke am Ofen hell beleuchtet, und der Schreibtisch stand verlassen im Dunkel, der Vater saß auf dem Sofa und hielt die Mutter umschlungen; auf den Gesichtern beider aber lag ein eigentümlicher Glanz, und wenn auch die Mutter verweint aussah, so erkannte Elisabeth doch auf den ersten Blick, daß die Thränen aus Freude geflossen waren. Erstaunt blieb sie an der Thür stehen und mochte mit diesem Gesichtsausdrucke unter der schief aufgedrückten Mütze wohl sehr komisch aussehen, denn beide Eltern lachten laut. Elisabeth stimmte fröhlich ein in das Gelächter und setzte die Pelzkappe auf den dunklen Lockenkopf des kleinen Bruders.

»Da, Herzensjunge, « sagte sie, indem sie zärtlich sein blühendes Gesichtchen zwischen ihre beiden Hände nahm und küßte, »die gehört dir. Und auch dem Mütterchen bringe ich etwas mit in die Wirtschaft,« fuhr sie glückselig lächelnd fort und legte der Mutter vier blanke Thaler in die Hand, »ich habe heute meine ersten fünf Thaler Honorar im Institut erhalten.«

»Aber Elsbeth,« sagte die Mutter mit feuchtem Auge, indem sie das Töchterlein zu sich niederzog, »Ernsts vorjährige Wintermütze sieht noch ganz anständig aus, und du hättest viel nötiger ein Paar warme Handschuhe gebraucht.«

»Ich, Mutter? Fühle doch meine Hände an, ich komme eben von der Straße, und sie sind so warm, als hätten sie im Ofen gesteckt … nein, das wäre geradezu Luxus. Unser Junge ist größer und stärker geworden, die Mütze aber nicht, drum war diese Ausgabe im Augenblick die nötigste.«

»Ach, du liebe, gute Elsbeth!« rief entzückt der Kleine, »eine solche schöne Mütze hat ja nicht einmal der kleine Baronsjunge unten im ersten Stock … Die wird aufgesetzt, wenn ich auf die Jagd gehe, gelt, Papa?«

»Auf die Jagd?« lachte Elisabeth, »du willst wohl auf die unglücklichen Spatzen im Tiergarten schießen?«

»Falsch geraten, Jungfer Else!« jubelte der Kleine. »Ja, im Tiergarten,« fügte er ernsthaft hinzu, »da würde ich schön ankommen … nein, im Walde, im wirklichen Walde, wo es von Hirschen und Hasen wimmelt, so daß man gar nicht erst zu zielen braucht, wenn man einen schießen will.«

»Nun, ich bin sehr neugierig, was der Onkel zu dieser Ansicht vom edlen Weidwerke meint,« sagte lächelnd der Vater, dann nahm er einen Brief vom Tische und gab ihn dem jungen Mädchen.

»Lies dies Schreiben, mein Kind,« sagte er, »es ist vom Försteronkel, wie du ihn nennst, aus Thüringen.«

Elisabeth überflog die ersten Zeilen, dann aber las sie laut:

… »Der Fürst, dem ein Teller Sauerkraut mit Rauchfleisch bei mir besser zu schmecken scheint als die Pasteten seines französischen Kochs im Schlosse zu L., blieb vorgestern mehrere Stunden bei mir im Forsthause. Er war sehr leutselig und sagte mir, er wolle mir noch eine Art Forstschreiber beigeben, denn er sehe ein, daß zu viel auf meinen Schultern liege. Da nahm ich die Gelegenheit beim Schopfe, das Wild stand schußrecht, und wenn es entwischte, so riskierte ich höchstens ein paar Rehposten ins Blaue hinein, was ich mir freilich sonst nicht passieren lasse.

»Ich erzählte ihm also, daß Dich das Schicksal seit einer Reihe von Jahren verteufelt aufs Korn genommen habe und Dich zwänge, bei Deinen schönen Kenntnissen und Talenten am Hungertuche zu nagen. Der alte Herr wußte gleich. wo ich hinaus wollten denn ich sprach gut deutsch, wie immer, und bis jetzt hat mich auch noch keiner falsch verstanden, – es müßten denn die vornehmen Bisambüchsen und Katzenbuckel sein, die um den Herrn scherwenzeln und ihm am liebsten weismachen möchten, das ehrliche Deutsch sei zu grob für fürstliche Ohren, und man könne nur auf französische Art mit ihm reden … Nun, der alte Herr meinte also, er sei geneigt, Dich als Forstschreiber anzustellen, weil er mich – nun, hier hat er mir einige Dinge gesagt, die Du nicht zu wissen brauchst, über die ich alter Kerl mich aber ebenso gefreut habe, wie dazumal, als unser alter Schulmeister nach dem Examen zu mir sagte. ›Karl, du hast deine Sache wacker gemacht.‹ … Nun hat mir der Durchlauchtigste aufgetragen, dir darüber zu schreiben, und er will auch die nötigen Befehle geben – dreihundertundfünfzig Thaler Gehalt, Holzbedarf frei. Ueberlege Dir’s, das Ding ist so übel nicht, und der grüne Wald ist mir doch tausendmal lieber, als eure vermaledeiten Dachkammern, wo Nachbars Katzen miauen, und wo der Rauch aus Millionen Kaminschlünden euch in die Augen beißt.

»Daß Du mir nun aber nicht etwa denkst, ich sei auch so einer von den Fuchsschwänzen, welche die Gnade ihres Herrn benutzen, um ihre Angehörigen ins Aemtchen zu bringen. Siehst Du, wenn Du nicht wärst, was Du bist, d. h. wenn Du Deine Sache nicht gelernt hättest, da biß ich mir eher die Zunge ab, als daß ich meinen Herrn mit Dir betrügen möchte; hinwiederum würde ich jeden wildfremden Menschen mit Deinen Kenntnissen und Gesinnungen eben so warm empfehlen, wie Dich … Nichts für ungut, aber Du weißt es ja, daß ich niemals ein Freund von unklaren Begriffen gewesen bin.

»Da kommt nun aber noch ein Kasus, der besprochen sein will. Eigentlich müßtest Du bei mir wohnen, und das ginge auch, wenn Du ein Junggeselle wärst, der nur vier Wände für sein Ich und einen Kommodenkasten für seine Vatermörder und dergleichen Zeugs brauchte. Für eine ganze Familie habe ich jedoch schlechterdings keinen Platz in meinem einsamen, alten Rattenneste von Forsthaus, das längst eine eingreifende Kur nötig hätte; aber die gestrengen Herren von droben denken nicht eher dran, als bis die einbrechenden Balken den Streusand über die einhundertundfünfzigste Eingabe schütten. Das nächste Dorf ist über eine halbe, die nächste Stadt eine ganze Stunde entfernt vom Forsthause – läßt sich durchaus nicht einrichten; denn Du kannst bei dem Hundewetter, wie wir’s zum öftern hier erleben, nicht so weit laufen.

»Da hatte aber die alte Sabine, meine Haushälterin, die hier im nächsten Dorfe geboren ist, einen pudelnärrischen Einfall. Das alte Schloß Gnadeck – der brillante Nachlaß des hochseligen Herrn von Gnadewitz – liegt, wie ich Dir schon schrieb, ungefähr einen Büchsenschuß weit vom Forsthause. Nun meinte Sabine, als sie noch eine rüstige Dirne gewesen sei – das ist, nebenbei gesagt, weit über ein Vierteljahrhundert her – da hat sie als Stubenmädel bei den Gnadewitzens gedient. Damals sei das neue Schloß noch nicht vollständig eingerichtet gewesen und habe nicht ausgereicht für die vielen Gäste, die jedes Jahr die großen Jagden mitgemacht hätten. Da sei nun der sogenannte Zwischenbau auf Schloß Gnadeck – wahrscheinlich ein Verbindungsgebäude zwischen zwei Hauptflügeln des Schlosses – ein wenig aufgefrischt und hergerichtet worden. Sie selbst hat droben die Betten machen und lüften müssen, wobei sie sich immer sehr gefürchtet haben will. Na, ich glaub’s gerne; es steckt ja ohnehin unter der alten Bandmütze ein ganzer Wust von Teufelsspuk und Hexengeschichten , sonst ist sie aber eine ganz respektable Person, die meinen Haushalt am Schnürchen hat.

»Sie behauptet nun steif und fest, der Bau könne noch nicht so arg zerfallen sein; denn er habe damals sehr fest ausgesehen und gebe doch vielleicht für Dich und die Deinen noch eine ganz hübsche Wohnung. Möglich wär’s schon; aber ob Deine Kinder sich nicht vor dem Hans Ruprecht und dergleichen fürchten, wenn sie in dem alten Mauerwerke hausen sollen?

»Du weißt, daß ich mich schwer geärgert habe über das nichtsnutzige Vermächtnis des . ›hochseligen Herrn von Gnadewitz‹, und es deshalb nicht über mich gewinnen konnte, das alte Nest, seit meiner Versetzung hierher, auch nur ein einziges Mal anzusehen. Auf Sabines Aussage hin hat mir jedoch einer meiner Burschen gestern nachmittag auf einen Baum klettern müssen, an der einzigen Stelle, wo man in das Kuckucksnest sehen kann; er sagt aber, es liege da drin alles durcheinander wie Kraut und Rüben. Da war ich nun heute morgen drin in der Stadt bei den Herren vom Gericht; aber sie gaben mir die Schlüssel nicht heraus ohne eine Vollmacht Deiner Frau und thaten überhaupt so ängstlich, als lägen die Schätze von Golkonda in den alten Rumpelkammern. Keiner von denen, die damals versiegelt haben, konnte mir sagen, wie’s drin aussieht; denn sie waren wohlweislich draußen geblieben, in der Meinung, es möchten einige Zimmerdecken die Freundlichkeit haben, auf ihre weisen Köpfe zu fallen, und haben sich begnügt, das Hauptthor mit einem Dutzend handgroßer Amtssiegel zu beklecksen. Wäre mir nun am allerliebsten, wenn wir die Dinge in Gemeinschaft besehen und überlegen könnten; deshalb entscheide Dich möglichst rasch und mache Dich dann mit den Deinen auf den Weg –«

Hier ließ Elisabeth das Blatt sinken und richtete die leuchtenden Augen in atemloser Spannung auf Ferber.

»Nun, und was hast du beschlossen, lieber Vater?« fragte sie hastig.

»Je nun,« erwiderte dieser mit ernstem Gesichte, »es wird mir einigermaßen schwer, dir meinen Entschluß mitzuteilen, denn ich sehe deutlich an deinem Gesichte, daß du das schöne, volksbelebte B. nicht um alles in der Welt mit der Waldeinsamkeit vertauschen möchtest. Indes, erfahren mußt du trotzdem, daß dort auf dem Schreibtische meine Bitte um die Stelle an den Fürsten von L. bereits konvertiert und versiegelt liegt … Es ist aber nicht mehr als billig, daß wir auch deine Wünsche dabei in Erwägung ziehen und deshalb sind wir durchaus nicht abgeneigt, dich hier zu lassen, falls –«

»Ach nein, wenn Elsbeth nicht mitgeht, dann will ich lieber auch hier bleiben!« unterbrach ihn der kleine Ernst, indem er sich angstvoll an die Schwester schmiegte.

»Sei du nur ruhig, mein Herzchen,« sagte Elisabeth lachend, »ich finde schon meinen Platz auf dem Wagen, und wenn nicht, nun, so weißt du, ich bin mutig wie ein Soldat und kann laufen wie ein Hase. Als Kompaß habe ich die Sehnsucht nach dem grünen Walde bei mir, die schon, als ich noch ein ganz, ganz kleines Kind war, einen großen Winkel in meiner Seele eingenommen hat. So geht es tapfer und bescheidentlich vorwärts auf meinen zwei eigenen Füßen, und was will dann Papa machen, wenn eines Abends ein armer, müder Wanderer mit zerrissenen Schuhen und leerer Tasche vor dem alten Schloßthore erscheint und Einlaß begehrt?«

»Freilich müßten wir aufmachen,« rief lächelnd der Vater, »wenn wir nicht die Rache aller guten Geister, die ein mutiges Herz beschützen, auf unser morsches Dach herabbeschwören wollten! … Uebrigens wirst du wohl an dem alten Schlosse vorüberziehen und an irgend eine einsame Bauernhütte im Walde anklopfen müssen, wenn du uns finden willst; denn in dem Trümmerhaufen wird sich schwerlich ein Asyl für uns einrichten lassen.«

»Das fürchte ich auch,« meinte die Mutter. »Wir arbeiten uns mühsam durch Hecken und Gestrüpp, wie ehemals Dornröschens unglückliche Befreier, und finden endlich –«

»Die Poesie!« rief Elisabeth. »Ach, dann wäre ja schon der erste Duft von unserem Waldleben abgestreift, wenn wir nicht im alten Schlosse wohnen könnten! Vier feste Mauern und eine guterhaltene Zimmerdecke werden doch wahrhaftig noch in einem Turme oder dergleichen zu finden sein, und das übrige läßt sich mit Nachdenken und willigen rüstigen Händen leicht beschaffen … Wir stopfen Moos in etwaige Mauerritzen, nageln Bretter über unbequeme Thürbogen, die keinen Flügel mehr haben, und tapezieren unsere vier Wände selbst. Auf den zerbröckelten Estrichfußboden legen wir eigenhändig geflochtene Strohmatten, erklären den kleinen vierfüßigen Leckermäulern in grauen Samtröckchen, die unsern Speiseschrank attackieren, ernstlich den Krieg und gehen mit dem Kehrbesen tapfer auf die großen Spinnen los, die über unsern Köpfen hängend, in aller Ruhe überlegen, ob sie sich nicht häuslich darauf niederlassen sollen.«

Mit verklärten Augen, ganz versunken in ihre Träumereien von dem demnächstigen Leben im frischen, grünen Walde, trat sie dann ans Klavier und schlug den Deckel zurück. Es war ein altes, ausgespieltes Instrument, dessen schwache, heisere Töne vollkommen harmonierten mit dem herabgekommenen Aeußeren; allein das Mendelssohnsche Lied. »Durch den Wald, den dunkeln, geht u. s. w.« klang trotzdem hinreißend unter Elisabeths Fingern.

Die Eltern saßen lauschend auf dem Sofa. Der kleine Ernst war eingeschlafen. Draußen hatte das Toben des Sturmes aufgehört; aber an unverhüllten Fenstern vorüber sank in wirbelnden Flocken massenhaft und lautlos der Schnee. Die gegenüberliegenden Schornsteine, die nicht mehr dampften, setzten langsam eine dicke, weiße Nachtmütze auf und blickten steif und kalt, wie das verdrießliche Alter, hinüber in die keine Mansardenstube, die mitten im Schneegestöber hellen Frühlingsjubel in sich schloß.

3.

Inhaltsverzeichnis

Pfingsten! Ein Wort, das seinen Zauber auf das menschliche Gemüt üben wird, solange noch ein Baum blüht, eine Lerche schmetternd in die Lüste steigt, und ein klarer Frühlingshimmel über uns lacht. Ein Wort, dessen Klang selbst unter der härtesten Eiskruste des Egoismus, unter dem Schnee des Alters und in dem Herzen, das in Leid und Kummer erstarrt ist, noch ein Echo von Lenzeslust erwecken kann.

Pfingsten ist vor der Thür. Ein weiches Lüftchen flattert über die Thüringer Berge und streift von ihrem Scheitel die letzten Schneereste. Sie wirbeln dampfend empor und verlassen als leuchtende Frühlingswölkchen die alte Lagerstätte, die es sich angelegen sein läßt, ihre gefurchte Stirn mit einem Geflechte von jungen Brombeerranken und rötlich blühendem Heidelbeerkraut zu schmücken. Drunten braust jauchzend der kühle Forellenbach aus dem Waldesdunkel quer über die buntgesprenkelten Thalwiesen. Die einsame Schneidemühle klappert wieder lustig, und auf ihr niedriges, graues, geflicktes Schindeldach streuen die Obstbäume ihre Blütenflocken.

Vor den Hüttenfenstern der einsamen Holzhacker und der Dorfbewohner, im engen Käfig, singen die gelehrigen Gimpel, die während der Winterszeit in der heißen dunstigen Stube einen Lehrkursus der höheren Gesangskunst durchgemacht haben, ihre künstlerischen Weisen. Und die drüben im Walddickicht jubeln ungeschult, aber unendlich süßer und herzergreifender – sie baden ja die kleine Sängerbrust im goldenen Strome der Freiheit.

Wo noch vor wenig Wochen die gewaltigen Schneewasser im selbstgeschaffenen Bette herabschäumten, da weben jetzt die Moose ungestört ihren buntgefleckten Teppich und legen ihn weich und schonend um die narbenvolle Brust des Berges, und hier und da von dem feinen, silbernen Geäder durchbrochen, das eine hervorsprudelnde Quelle hinabschickt.

Auf der Chaussee, die durch einen reizenden Thalgrund des Thüringer Waldes führt, rollte in einer bepackten Postchaise die Familie Ferber ihrer neuen Heimat zu. Es war früh am Morgen, eben verkündete das dünne, scharfe Stimmchen einer kleinen Turmglocke in der Nähe die dritte Stunde. Deshalb hatten auch nur der alte verdrießliche Wegweiser an der Chaussee und ein Rudel stattlicher Hirsche, das am Saume des Waldes erschien, den köstlichen Anblick eines jungen, glücklich lächelnden Menschenangesichts.

Elisabeth hatte sich weit aus dem dumpfen Wagen gebogen und sog mit tiefen Atemzügen die kräftige Waldluft ein, die, wie sie behauptete, auf der Stelle Lungen und Augen von dem Staube der verlassenen Hauptstadt reingewaschen habe. Ferber saß ihr sinnend gegenüber. Auch er erquickte sich an der Lieblichkeit und Anmut der Gegend; noch mehr aber bewegten ihn die leuchtenden Augen seines Kindes, das den Zauber einer schönen Natur so tief empfand, und das so unaussprechlich dankbar war für die neue Gestaltung der Verhältnisse … Wie hatte sie fleißig die kleinen Hände geführt, als endlich das heißersehnte Ernennungsdekret des Fürsten von L. erschienen war! Da gab es tüchtig zu schaffen. Alle Umzugssorgen der Eltern hatte sie treulich mit auf ihre Schultern genommen. Der Fürst hatte zwar dem neuen Diener ein anständiges Reisegeld bewilligt, und auch vom Försteronkel war eine Geldbeisteuer eingelaufen, allein das wollte trotz der ängstlichen Berechnung bei weitem nicht reichen, und deshalb beutete Elisabeth auch noch die wenigen Tagesstunden, die für ihre Erholung bestimmt waren, insofern aus, als sie Arbeiten für ein Weißwarengeschäft übernahm; ja manche Nacht, während die Eltern arglos schon daneben im Alkoven schliefen, durchwachte sie bei der Nadel.

In all dies rege Streben und Schaffen war nur ein einziger bitterer Tropfen gefallen, der dem jungen Mädchen aber auch einige schwere Thränen entlockte: das war, als zwei Männer kamen und ihr liebes Klavier auf die Schultern luden, um es dem neuen Besitzer zu bringen. Es hatte für wenige Thaler verkauft werden müssen, weil es alt und gebrechlich war und voraussichtlich einen so weiten Transport nicht mehr aushalten konnte. Ach, das war ja immer ein so guter, alter Freund der Familie gewesen! Sein dünnes, zitterndes Stimmchen hatte Elisabeth so traut und lieb geklungen, wie die Stimme der Mutter! … Und nun fuhren vielleicht mutwillige Kinderhände gefühllos über die ehrwürdigen Tasten und quälten das alte Instrument, die schwache Stimme zu verstärken, bis es für immer schwieg … Doch der Schmerz war jetzt auch überwunden und lag hinter ihr, wie so manches, was sie schweigend entbehrt und geleistet hatte, und wie sie so dasaß, mit den fröhlich glänzenden Augen in die Morgendämmerung hineinblickend, als steige vor ihr aus dem grauen Schleier eine Prophezeiung voll künftigen Glückes, wer hätte da an der jugendlichen Gestalt voll Lebensfrische und Elastizität auch nur eine Spur der mühevollen letzten Wochen entdecken können?

Noch ungefähr eine halbe Stunde fuhren die Reisenden die glatte, ebene Chaussee entlang, dann bogen sie seitwärts ab in den dunkeln Wald, durch den ein gutgehaltener Fahrweg lief. Die Sonne zeigte sich bereits in voller Pracht am Himmel und blickte verwundert lächelnd auf die Erde, die ohne Vorwissen ihrer hohen, leuchtenden Protektorin sich über Nacht einen prächtigen Brillantschmuck angeschafft hatte. Nach Mitternacht war ein starkes Gewitter über die Gegend gezogen; es hatte viel geregnet, noch hingen schwere Tropfen an Bäumen und Gesträuchen und fielen rauschend auf das Wagenverdeck, wenn der Postillon mit der Peitsche einen niederhängenden Ast berührte … Welch ein prächtiger Wald! Aus dichtem Unterholze stiegen die mächtigen Baumkolosse himmelan und verschlangen droben brüderlich ihre breiten, vollen Aeste, als gelte es, Licht und Luft wie zwei tödliche Feinde von der stillen, verschwiegenen Heimat abzuwehren. Nur manchmal schmuggelte sich ein feiner, grüngefärbter Sonnenstrahl von Ast zu Ast hinab auf die gefiederten Gräser und die kleinen Erdbeerblüten, die massenhaft, wie hingestreute Schneeflocken, den Boden bedeckten und ihre weißen Köpfchen vorwitzig an die Landstraße legten.

Nach kurzer Fahrt lichteten sich die Bäume und bald daraus zeigte sich das mitten auf einer Waldwiese gelegene alte Jagdhaus. Der Postillon stieß in sein Horn; zugleich erhob sich wütendes Hundegekläff, und eine große Schar Tauben verließ erschrocken und unter lautem Geräusch den gezackten Giebel des Hauses.

In der offenen Thür stand ein Mann in Jagduniform, eine wahre Hünengestalt mit einem ungeheuren Barte, der fast bis auf die Brust reichte. Er hielt die Hand über die Augen und blickte angestrengt nach dem näher kommenden Wagen; dann aber sprang er mit einem lauten Aufrufe die Stufen herab, riß den Wagenschlag auf und zog den herausspringenden Ferber an seine Brust … Beide Brüder hielten sich einen Augenblick schweigend in den Armen, bis der Oberförster den Angekommenen leise von sich schob und, ihn an den Schultern haltend, die ganze schmale, blasse Gestalt prüfend musterte.

»Armer Adolph!« sagte er endlich, und die tiefe Stimme klang bewegt. »So hat dich das Schicksal zugerichtet? Na, warte nur, du sollst mir hier gesund werden, wie ein Fisch im Wasser … noch ist alles wieder gutzumachen … Sei mir tausendmal willkommen! Und nun wollen wir auch zusammenhalten, bis das große Halali geblasen wird, wo wir freilich nicht gefragt werden, ob wir bei einander bleiben wollen oder nicht.«

Er suchte seine Rührung zu beherrschen und half seiner Schwägerin und dem kleinen Ernst, den er herzte und küßte, aus dem Wagen.

»Nun,« sprach er, »ihr seid früh aufgebrochen, das muß ich sagen – passiert sonst nicht, wenn Weibsleute dabei sind.«

»Was denkst du denn von uns, Onkel?« rief Elisabeth. »Wir sind keine Schlafmützen und wissen recht gut, wie die Sonne aussieht, wenn sie der Erde ihren ersten Morgenbesuch macht.«

»Heisa!« rief überrascht und laut lachend der Oberförster, »was räsoniert denn da hinten in der Wagenecke? … Na, komm heraus, kleine Krabbe!«

»Ich klein? … Nun, Onkelchen, du wirst dich schön wundern, wenn ich erst aussteige, was für ein großes Mädchen ich bin!« Mit diesen Worten sprang Elisabeth auf den Boden und stellte sich, alle Glieder möglichst streckend, auf die Zehen neben ihn. Allein, obgleich ihre schlanke, leicht aufgebaute Gestalt die Mittelgröße überschritt, so sah es dennoch in diesem Augenblicke aus, als wolle sich die zierliche Bachstelze mit dem gewaltigen Adler messen.

»Siehst du,« sagte sie ein wenig kleinlaut, »ich reiche doch beinahe bis an deine Schulter, und das ist für ein respektables Mädchen mehr als genug.«

Der Onkel sah, sich kerzengerade haltend, mit schalkhaftem Blicke und vergnügt in sich hineinlachend, einen Augenblick seitwärts auf sie nieder; dann aber hob er sie plötzlich wie eine Feder vom Boden auf und trug sie unter dem Gelächter der anderen auf seinem Arme in das Haus, wo er mit wahrer Donnerstimme schrie:

»Sabine, Sabine, komm hierher, ich will dir zeigen, wie in B. die Zaunkönige aussehen!«

Im Hausflur setzte er die Erschrockene sacht und vorsichtig wie ein zerbrechliches Spielzeug nieder, nahm ihren Kopf sanft zwischen seine beiden großen Hände, küßte sie wiederholt auf die Stirn und rief. »Solch ein Liliput, solch eine Mondscheinprinzessin meint so groß zu sein wie ihr großer Onkel … Kleine Waldhexe, du kannst freilich wissen, wie die Sonne aussieht, hast ja den Kopf voll Sonnenstrahlen!«

Dem jungen Mädchen war infolge des Sturmschrittes, den der Onkel bei der Entführung angenommen, der Hut vom Kopfe gefallen, wobei eine außergewöhnliche Fülle blonden Haares sichtbar wurde, dessen klarer Goldglanz um so mehr auffallen mußte, als ihre sehr schön gezeichneten Augenbrauen und die langen Wimpern tiefschwarz waren.

Aus einer Seitenthür war indessen eine alte Frau getreten, und oben am Treppengeländer des ersten Stockwerkes zeigten sich einige Männergesichter, die jedoch schnell wieder verschwanden, als der Oberförster hinaufblickte. »Na, lauft nur nicht davon, gesehen hab ich euch nun schon einmal!« rief er lachend. »Es sind meine Burschen,« wendete er sich zu seinem Bruder, »die Kerls sind neugierig wie die Spatzen; nun, heute mag ich’s ihnen nun gerade nicht verdenken!« meinte er schelmisch lächelnd mit einem heimlichen Seitenblicke auf Elisabeth, die abgewendet, ihre gelösten Flechten wieder um den Kopf schlang. Dann nahm er die alte Frau bei der Hand und führte sie in feierlich-komischer Weise folgendermaßen vor:

»Jungfer Sabina Holzin, Minister der inneren Angelegenheiten des Hauses, hohe Polizei für alles, was in Hof und Stall des Forsthauses sich des Lebens freut, und endlich unumschränkte Herrscherin im Küchendepartement … Bringt sie das Essen auf den Tisch, so folgt getrost ihrem Winke, denn ihr geht einen guten Weg, läßt sie sich aber bedrohlicher Weise an, ihre Sagen und Geistergeschichten auszukramen, so lauft, was ihr laufen könnt, denn da gibt’s kein Ende … Und nun,« wandte er sich zu der lachenden Alten, die eigentlich grundhäßlich war, trotzdem aber durch einen Zug von Schelmerei und Humor um Mund und Augen, durch ihren treuherzigen Blick und mittels der fleckenlosen Sauberkeit ihres Anzuges sofort alle für sich einnahm, »bringe schnell, was Küche und Keller vermögen. Hast ja deshalb die Pfingstkuchen früher gebacken, damit die Reisenden gleich was Frisches einzubrocken hätten.«

Damit zeigte er nach der Küche und öffnete zugleich die Thür einer geräumigen, hellen Eckstube. Alle traten ein, nur Elisabeth konnte nicht unterlassen, noch einen Blick durch die große Thür zu werfen, die nach dem Hofe führte; denn durch das weiße Staket, das den weiten, von Geflügel aller Art bevölkerten Raum auf zwei Seiten umschloß, leuchteten farbige Blumenbeete, und einige spätblühende Aepfelbäume streckten ihre rosenfarbenen Zweige weit in den Hof herein. Der Garten war groß, stieg terrassenartig den Berg hinauf und nahm noch einige Vortruppen des Waldes, eine schöne Gruppe alter Buchen, mit in sein Bereich. Während Elisabeth wie angefesselt sinnend im Hausflur lehnte, wurde die Thür eines Seitenflügels geöffnet, und ein junges Mädchen trat heraus. Es war auffallend hübsch, wenn auch fast zu klein von Gestalt, was, wie es schien, die Natur wieder auszugleichen gesucht hatte durch die weitgeöffneten großen Augen, die wie prächtige Sonnen flammten. Das üppige, dunkle Haar war mit unverkennbarer Koketterie aufgenestelt und ließ einige zartgekräuselte Löckchen auf die plastisch geformte, bleiche Stirn fallen. Auch der Anzug, obschon sehr einfach im Stoffe, zeigte eine fast peinliche Sorgfalt im Arrangement, und der aufmerksame Beobachter konnte mit dem besten Willen nicht annehmen, daß man das Oberkleid lediglich aus Schonung der Saumes in so ziemlichen Falten aufgesteckt habe; denn zwei reizend geformte Füßchen hatten eine auffallend feine Toilette gemacht, die sicher nicht bestimmt war, unter dem langen Wollkleide zu verkümmern.

Das junge Mädchen hielt eine Mulde mit Getreidekörnern im Arme und warf davon eine Handvoll auf das Pflaster. Alsbald entstand ein großer Lärm, von den Dächern stürzten sich die Tauben, die Hühner verließen unter lautem Gegacker Stangen und Nester, und der Hofhund glaubte bei dem allgemeinen Aufstande sich auch mit einem lauten Gebelle beteiligen zu müssen.

Elisabeth war überrascht. Der Onkel war zwar verheiratet gewesen, hatte aber nie Kinder gehabt, das wußte sie genau; wer also war das junge Mädchen, das er nie in einem seiner Briefe erwähnt hatte? … Sie ging die Stufen hinab, die nach dem Hofraume führten, und trat der jungen Fremden einige Schritt näher. »Gehören Sie auch ins Forsthaus?« fragte sie freundlich.

Die schwarzen Augen hefteten sich fast stechend auf die Fragerin und drückten einen Augenblick unverkennbar große Ueberraschung aus; dann erschien ein Zug von Hochmut um die feinen Lippen, die sich noch fester aneinander zu schließen schienen als vorher; die Augenlider fielen bald über die glänzenden Augen, welche sich abwendeten, und ruhig und schweigsam, als wisse sie gar nicht, daß jemand neben ihr stehe, fuhr sie fort, die Körner in den Hof zu werfen.

In dem Augenblick ging Sabine, das Kaffeebrett auf dem Arme, an der Hofthür vorüber. Sie winkte der tiefbetroffenen Elisabeth, und als diese näher kam, faßte sie ihre Hand und zog sie in das Haus, indem sie sagte. »Kommen Sie, Kindchen, das ist nichts für Sie.«

In dem Wohnzimmer fand Elisabeth alle schon so gemütlich und vertraut zusammen, als hätte man tagtäglich bei einander gesessen. Die Mutter hatte in einem bequemen Lehnstuhle Platz genommen, den ihr der Oberförster an das Fenster gerückt hatte, und von wo aus sie einen lieblichen Fernblick durch den Wald genoß. Eine große getigerte Katze war vertraulich auf ihren Schoß gesprungen und ließ sich mit sichtbarem Behagen das Streicheln der sanften Hand gefallen. Für den kleinen Ernst aber waren die vier Wände des Zimmers eine wahre Fundgrube aller möglichen interessanten Dinge. Er kletterte von Stuhl zu Stuhl und stand eben in wortloser Bewunderung vor einem großen Glaskasten, der eine prächtige Schmetterlingssammlung enthielt. Die zwei Männer saßen aus dem Sofa, eifrig über den künftigen Wohnsitz der Familie beratschlagend, und Elisabeth hörte, wie eben der Onkel sagte. »Nun, wenn sich auf dem Berge kein Quartier für euch einrichten läßt, so bleibt ihr einstweilen droben in meiner Stube. Ich richte meinen Schreibtisch und meine sonstigen Habseligkeiten unten ein, und dann bombardiere ich die in der Stadt so lange, bis sie mir drüben auf den Seitenflügel ein neues Stockwerk setzen lassen.«

Elisabeth legte den Reisemantel ab und war der alten Sabine behilflich, den Kaffeetisch herzurichten. Auf die Glückseligkeit, die ihr ganzes Herz erfüllte, war soeben der erste Schatten gefallen. Mit Unfreundlichkeit war man ihr noch nie begegnet. Daß sie dies dem Liebreiz ihrer Gestalt, der Reinheit und Kindlichkeit ihres Wesens verdanke, deren Einflusse sich oft die rohesten Gemüter nicht zu entziehen vermögen, davon hatte sie keine Ahnung. Sie hatte das so hingenommen als eine Sache, die sich ganz von selbst verstehe, da sie es ja mit allen Menschen wohlmeine und nie sich eine Unhöflichkeit gestatte. Ihre Ueberraschung und Freude, ein junges Mädchen von gleichem Alter hier zu finden, waren zu groß gewesen, als daß ihr nun die Zurückweisung nicht doppelt weh thun sollte. Auch hatte das schöne Gesicht der Fremden ihr lebhaftes Interesse geweckt. Das Gemachte in der Erscheinung war ihr als solches durchaus nicht aufgefallen, da sie selbst das Verlangen gar nicht kannte, ihr Aeußeres durch besondere Hilfsmittel der Toilette zu heben. Die Eltern hatten ihr stets gesagt, sie möge ihren Geist bereichern, so viel sie könne, und sich bestreben immer besser zu werden, dann würde auch ihre äußere Erscheinung nie abstoßend sein, gleichviel welche Form die Natur verliehen habe.

Das Nachdenkliche in Elisabeths Zügen fiel der Mutter sogleich auf. Sie rief sie zu sich, und Elisabeth wollte ihr die Begegnung erzählen, aber schon nach den ersten Worten drehte sich der Oberförster nach ihr um. Eine tiefe Falte erschien zwischen den buschigen Augenbrauen und machte das Gesicht finster und grimmig.

»So,« sagte er, »hast du die schon gesehen? … Nun, dann will ich euch auch erzählen, wer und was sie ist. Ich habe sie vor mehreren Jahren in mein Haus genommen, um eine Stütze für Sabine im Hauswesen zu haben. Sie ist eine Verwandte meiner verstorbenen Frau und hat weder Eltern noch Geschwister. Ich wollte ein gutes Werk thun und habe mir damit eine Rute aufgebunden, die mich züchtigt, ohne daß ich gesündigt hätte … Schon in den ersten Wochen merkte ich, daß in dem Kopfe auch nicht ein gesunder Gedanke stecke … nichts als ein Wust von überspannten Ideen und ein unglaublicher Hochmut. Ich hatte nicht übel Lust, sie wieder dahin zu schicken, wo sie hergekommen, aber da lamentierte die Sabine und bat vor, obgleich sie am allerwenigsten Ursache dazu hatte; denn das junge Ding machte ihr schwer zu schaffen, war naseweis und kehrte bei jeder Gelegenheit die Verwandte des Herrn gegen die alte Dienerin heraus … Ich drückte ihr den Daumen aufs Auge, soviel ich konnte, und ließ sie tüchtig schaffen und arbeiten, um ihr den Hochmutsteufel auszutreiben, und da ging’s auch eine Zeitlang erträglich … Da lebt aber da drüben auf Lindhof – das ist die ehemals Gnadewitzsche Besitzung, die der Universalerbe an einen Herrn von Walde verkauft hat, – seit ungefähr einem Jahre eine Baronin Lessen. Der Besitzer selbst, der weder Frau noch Kinder hat, ist so eine Art Altertumsforscher, reist viel und läßt deshalb seine einzige unverheiratete Schwester durch die genannte Dame beschützen – Gott sei’s geklagt! denn seitdem ist alles dort auf den Kopf gestellt … Wenn mir früher gesagt wurde, das ist ein Frommer, da hatte ich Respekt und nahm meine Kappe ab; jetzt mache ich eine Faust und möchte am liebsten die Kappe über Augen und Ohren ziehen, denn die Welt hat sich verkehrt … Die Baronin Lessen gehört auch zu den Frommen, die vor lauter gottseligem Wandeln hart, grausam und engherzig werden, die denjenigen, der nicht immer die Augen heuchlerisch am Boden hat, sondern sie aufschlägt nach oben, wo er seinen Gott sucht, hartnäckiger verfolgen, als meine Meute das Wild … In dies Gehege ist denn nun meine vortreffliche Nichte auch geraten; ein besseres Feld für all das Unkraut in ihrem Kopfe konnte es nicht geben, und da haben wir denn nun auch die allerliebste Bescherung. Sie hatte mit einer Kammerjungfer da drüben Bekanntschaft gemacht und brachte ihre ganze freie Zeit dort zu. Anfangs hatte ich kein Arges, bis sie auf einmal mit Bekehrungsversuchen anfing … Da sollte die Sabine nicht fromm sein, weil sie nicht des Tages wenigstens zehnmal die dringende Arbeit stehen ließ, um zu beten … die arme Alte, die durch Wind und Wetter, oft schwer von Rheumatismus geplagt, jeden Sonntag nach Lindhof in die Kirche geht und ein arbeitsvolles, pflichtgetreues Leben hinter sich hat, ein Pfund, das eine lebenslängliche Knierutscherei bei Nichtsthun jedenfalls zehnmal aufwiegt … Auch an mich wagte sich die Moralpredigerin; aber da kam sie an den Rechten – sie hat es bei einem Versuche bewenden lassen. Ich verbot ihr nun den Umgang mit den Leuten auf Lindhof. Das hat mir freilich wenig geholfen; denn jeden unbewachten Moment hat sie benützt, um heimlicherweise hinüber zu schlüpfen … Von einer Dankbarkeit gegen mich, der ich für sie sorge, ist nicht die Rede, es fehlt jedes innere Band zwischen ihr und mir, und da ist es für mich doppelt schwer, sie zu hüten. Gott mag nun wissen, welche fixe Idee sie in ihrem Kopfe ausgebrütet hat, genug, seit ungefähr zwei Monaten ist sie vollständig stumm, aber nicht allein hier im Hause, sondern gegen alle Menschen. Seit der Zeit ist auch nicht ein Laut über ihre Lippen gekommen. Weder Strenge noch ruhiges Zureden richten etwas aus. Sie verrichtet ihre Geschäfte nach wie vor, ißt und trinkt wie jeder andere gesunde Mensch, und ist nicht um ein Jota weniger eitel als sonst. Weil sie aber ihre roten Backen verlor und blaß aussah, so befragte ich einen Arzt, der sie schon früher behandelt hatte. Der sagte mir, sie sei körperlich ganz gesund, scheine ihm aber eine höchst exaltierte Person zu sein, und da schon in ihrer Familie Fälle von Geistesstörungen vorgekommen seien, so möchten wir sie ruhig gewähren lassen. Sie würde mit der Zeit des Schweigens selbst überdrüssig werden und eines schönen Tages sprechen wie eine Elster … Nun meinetwegen, ich will’s drauf ankommen lassen; daß ich aber damit ein schweres Opfer bringe, das ist gewiß. Ich habe mein Lebtag keine sauertöpfische Miene um mich leiden mögen und will lieber Salz und Brot essen inmitten fröhlicher Gesichter, als die köstlichsten Leckerbissen bei Duckmäusern … Na, kleines Goldköpfchen,« wandte er sich an Elisabeth, indem er mit der Hand über die Stirn strich, als wolle er alle ärgerlichen Gedanken wegwischen, »schiebe dein Mütterlein fein säuberlich im Lehnstuhle hierher an den Tisch, binde dem kleinen Kerl da, der sich blind guckt an meinem Gewehrschranke, eine Serviette um den Hals, und nun wollen wir zusammen frühstücken. Dann mögt ihr Rast halten und die Glieder ein wenig ruhen lassen von der langen Reise. Nach Tische aber geht’s hinauf nach Schloß Gnadeck. Es wird gut thun, wenn ihr die Augen durch etwas Schlaf vorher stärkt, denn sie möchten Schaden leiden unter all dem Glanze, den wir da droben vorfinden werden.«

Nach dem Frühstücke, während Vater und Mutter schliefen, und der kleine Ernst in einem großen Bette von den Wunderdingen in der Forsthausstube träumte, packte Elisabeth das Nötigste in der Oberstube aus. Sie hätte um alles in der Welt nicht schlafen können. Immer wieder trat sie an das Fenster und blickte hinüber nach dem waldigen Berge, der hinter dem Forsthause emporstieg. Dort oben auf den Baumwipfeln erhob sich ein feiner schwarzer Strich und zeichnete sich scharf von dem tiefblauen Himmel ab. Das war, wie ihr die alte Sabine gesagt hatte, eine uralte Eisenstange auf dem Dache der Schlosses Gnadeck, von welcher in längst versunkenen Zeiten das stolze Banner der Gnadewitze geflattert hatte … Fand sich wohl hinter jenen Bäumen das seit Jahren heißersehnte Asyl, wo die Eltern ihre müden Füße ausruhen konnten vom mühsamen Wandern auf nicht heimischer Erde?

Auch in den Hof fielen ihre suchenden Blicke; aber das stumme Mädchen ließ sich nicht mehr sehen. Sie war auch nicht beim Frühstück erschienen und schien sich vorgenommen zu haben, jede Berührung mit den Gästen zu vermeiden. Das that Elisabeth leid. Die Schilderung des Onkels hatte zwar einer sehr unerquicklichen Eindruck auf sie gemacht, allein ein junges Gemüt gibt seine Illusionen nicht so leicht auf und läßt sich lieber durch das Zerspringen seiner bunten Seifenblasen enttäuschen, als durch die weisen Erfahrungen des Alters … Das schöne Mädchen, das sein Geheimnis so beharrlich hinter den Lippen verschloß, wurde ihr nun doppelt interessant, und sie erschöpfte sich in Vermutungen über den Grund dieses Schweigens.

4.

Inhaltsverzeichnis

Nach dem Essen, das in heiterster Weise verflossen war, holte Sabine eine gestopfte Pfeife vom Eckbrette und brachte sie nebst einem brennenden Fidibus dem Oberförster. »Was fällt dir ein, Sabine?« sagte er abwehrend und mit komischer Entrüstung. »Meinst du, ich könnte es übers Herz bringen, in aller Ruhe eine Pfeife zu rauchen, während es der kleinen Else da in den Füßen kribbelt und krabbelt, den Berg hinauszulaufen und die kleine Nase in das Zauberschloß zu stecken? Nein, jetzt meine ich, könnten wir unsere Entdeckungsreise antreten.«

Alles machte sich fertig. Der Oberförster reichte seiner Schwägerin den Arm und fort ging es durch Hof und Garten. Draußen schloß sich ein Mann der Gesellschaft an; es war ein Maurer aus dem nächsten Dorfe, den der Oberförster bestellt hatte, um nötigenfalls bei der Hand zu sein.

Es ging ziemlich steil bergauf durch den dichten Wald, auf einem wenig betretenen engen Wege, der sich jedoch allmählich etwas erweiterte und endlich in einen kleinen, freien Platz auslief, hinter welchem sich, wie es schien, ein hoher, grauer Felsen erhob.

»Hier habe ich das Vergnügen,« sagte der Oberförster sarkastisch lächelnd zu dem erstaunten Ferber, »dir das Vermächtnis des hochseligen Herrn von Gnadewitz in seiner Herrlichkeit vorzustellen.«

Sie standen vor einer ungeheuren Mauer, die allerdings wie ein einziger Granitblock aussah. Von den Gebäuden, die hinter ihr lagen, konnte man schon deshalb keine Spur sehen, weil der Wald sich zu nahe herandrängte und dem Beschauer kein Zurücktreten gestattete. Der Oberförster schritt die Mauer entlang, deren Fuß dichtes Gestrüpp umwob, und machte endlich Halt vor einem mächtigen eichenen Thore, dessen oberer Teil in ein eisernes Gitter auslief. Hier hatte er tags zuvor das Gebüsch wegräumen lassen und zog nun einen Bund großer Schlüssel hervor, welche Frau Ferber gestern auf der Durchreise in L. in Empfang genommen hatte.

Es bedurfte bedeutender Anstrengung der drei Männer, ehe die verrosteten Schlösser und Riegel sich öffnen ließen. Endlich drehte sich das Thor krachend in den Angeln und wirbelte eine mächtige Staubwolke in die Höhe. Die Eintretenden befanden sich in einem auf drei Seiten von Gebäuden umschlossenen Hofraume. Ihnen gegenüber dehnte sich die imposante Front des Schlosses, zu dessen erstem Stocke von außen eine breite Steintreppe mit schwerfälligem Eisengeländer führte. Längs der Seitenflügel liefen düstere Kolonnaden, deren granitene Säulen und Bogen unüberwindlich der Zeit zu trotzen schienen. Inmitten des Hofes breiteten einige alte Kastanien ihre dürftigen Aeste über ein ungeheures Becken, in dessen Mitte vier steinerne Löwen mit aufgesperrtem Rachen lagerten. Früher mochten hier vier starke Wasserstrahlen aus den Tiefen der Erde emporgestiegen sein und das Bassin gefüllt haben; jetzt aber floß nur noch ein schwaches Brünnlein durch die dräuenden Zähne des einen Ungeheuers, gerade stark genug, um die naseweisen Grashalme zwischen den Steinritzen des Beckens zu bespritzen und durch sein leises, melancholisches Rieseln einen schwachen Schein von Leben in die Wüstenei zu hauchen. Die äußeren Mauern der Gebäude und die Säulengänge waren das einzige in diesem Raume, an welchem der Blick ohne Angst haften konnte. Die aller Glasscheiben beraubten Fensterhöhlen zeigten eine greuliche Verwüstung im Innern. In einigen Zimmern waren die Decken bereits eingestürzt, in andern bogen sich die Balken hernieder, als wollten sie bei der leisesten Berührung zusammenbrechen. Die äußere Treppe hing drohend halb in der Luft; einige schwere, grünbemoste Steine hatten sich bereits gelöst und waren bis zur Mitte des Hofes gerollt.

»Hier ist nichts zu machen,« sagte Ferber, »gehen wir weiter.«

Durch einen tiefen, finsteren Thorweg traten sie in einen zweiten Hof, der, obgleich bei weitem größer als der erste, doch einen noch viel unheimlicheren Eindruck machte, und zwar durch seine Unregelmäßigkeit. Hier trat ein zusammensinkender, düsterer Bau weit in den Hof herein und bildete eine dunkle Ecke, in die kein Sonnenstrahl fiel; dort stieg ein dumpfer Turm in die Höhe und warf einen tiefen Schatten auf den hinter ihm liegenden Flügel. Ein alter Holunderbusch, der in einer Ecke kümmerlich sein Leben fristete, und dessen Blätter mit herabgefallenem Mörtel bedeckt waren, sowie einzelne graue Gräser zwischen dem Pflaster ließen die Oede noch trauriger erscheinen. Kein Laut unterbrach die Totenstille, die hier waltete; selbst eine Dohlenschar, die drüben das heitere Blau des Himmels durchschnitt, flog lautlos vorüber, und deshalb klang den Eintretenden das Geräusch ihrer eigenen Schritte auf dem hallenden Steinpflaster fast gespenstisch.

»Da haben nun,« sagte Ferber, ergriffen von dem Anblicke des Verfalles ringsum, »die alten, gewaltigen Herren Steinmassen aufgehäuft und gemeint, die Wiege ihres Geschlechts werde, fest und unzerstörbar, durch alle Zeiten den Ruhm ihres Namens verkünden. Ein jeder hat sich, wie der verschiedene Baustil zeigt, das Erbe nach Bedürfnis und Geschmack eingerichtet, als ob da nie ein Ende kommen könne …«

»Und doch wohnte er nur ein kleines Weilchen zur Miete,« unterbrach ihn der Oberförster, »und mußte es sich zuletzt sogar gefallen lassen, daß der große Hausherr, die Erde, ihn selbst mit Haut und Haar als Mietzins einforderte … Doch gehen wir weiter … Brr, mich friert … hier ist Tod, nichts als Tod!«

»Nennst du das Tod, Onkel?« rief plötzlich Elisabeth, die bis dahin beklommen geschwiegen hatte, indem sie nach einem Thorbogen zeigte, der halb von einem vorspringenden Pfeiler bedeckt wurde. Dort hinter einer Gitterthür schimmerte sonnenbeschienenes Grün, und junge Heckenrosen schmiegten ihre Köpfchen an die Eisenstäbe.

Elisabeth war mit wenigen Sprüngen an der Thür, die sie mit einem kräftigen Rucke aufstieß. Dieser ziemlich große, freie Platz, vor dem sie stand, mochte wohl ehemals den Garten vorgestellt haben – jetzt konnte man die grüne Wildnis unmöglich noch so nennen, denn nicht ein fußbreit Weges war zu entdecken, kaum daß hier und da der verstümmelte Kopf einer Statue unter dem Gewirre von Stauden, Gesträuchen und Schmarotzerpflanzen erschien. Die wilde Weinrebe lief in dicken Strängen bis an das obere Stockwerk der Gebäude, rankte sich an den Fenstersimsen fest und fiel von dort wie ein grüner Regen wieder auf die blühenden wilden Rosen und Fliedersträuche hernieder. Es war ein Schwirren und Summen aus diesem abgeschiedenen, blühenden Fleckchen Erde, als ob der Frühling seine ganzen geflügelten Heerscharen hier versammelt hielte. Zahllose Schmetterlinge flatterten durch die Luft, und über die riesigen Fächer der Farnkräuter zu Elisabeths Füßen liefen geschäftig goldglänzende Käfer. Ueber all dies Blühen und Treiben erhoben einige Obstbäume und mehrere schöne Linden ihre Kronen, und auf einer kleinen Anhöhe lagen die Ueberreste eines Pavillons.