Die drei !!!, Der Ball der Baronesse (drei Ausrufezeichen) - Maja von Vogel - E-Book

Die drei !!!, Der Ball der Baronesse (drei Ausrufezeichen) E-Book

Maja von Vogel

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Beschreibung

Zurück ins 19. Jahrhundert! Kim, Franzi und Marie besichtigen ein altes Wasserschloss. Als Kim auf der Treppe stolpert, finden sich die Freundinnen plötzlich in der Vergangenheit wieder. Sie lernen Baronesse Lissi kennen, die gerne Schriftstellerin werden möchte. Durch Zufall erfahren die drei !!!, dass Lissi mit einem Grafen verheiratet werden soll. Das müssen sie verhindern, denn dieser verhält sich sehr verdächtig. Die drei !!! erfahren bei ihren Ermittlungen viel über die Vergangenheit. Wie lebten die Menschen damals? Wie sah ihre Kleidung aus? Ein spannender drei !!!-Krimi mit stimmungsvoller Ausstattung - ausgedacht und geschrieben von Kim für Franzi und Marie.

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Seitenzahl: 194

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Titel

Die drei !!!Der Ball der Baronesse

Ein Zeitreise-Krimi

Maja von Vogel

KOSMOS

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Milla Kerwien

© 2024, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50896-1

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Hauptteil

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

Widmung

Dieses Buch widme ich Franziska Winkler und Marie Grevenbroich, den besten Freundinnen in allen Zeiten!

Und natürlich DIR, denn ob du es glaubst oder nicht: Das, was du gerade in den Händen hältst, ist mein erstes eigenes gedrucktes Buch! Zwischendurch hatte ich große Zweifel, ob es jemals fertig wird. Schreiben kann echt hart sein! Zum Glück haben mich viele Menschen unterstützt, ganz besonders meine Freundinnen Franzi und Marie, die in dem Buch eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielen. Denn im echten Leben wie auch in der Geschichte sind wir drei ein unschlagbares Team.

Du willst wissen, wie viel von der Geschichte wahr ist und was ich mir ausgedacht habe? Tja, sorry, aber das wird nicht verraten …

Viel Spaß beim Lesen wünscht dir deine

Kim 🖤🖤🖤

Detektivin und Autorin

1. KAPITEL

Ich träumte gerade von einem eisgekühlten Lomo Iced Choc Kick mit extra viel Vanilleeis und weißen Schokoraspeln, als das Rollo in meinem Zimmer mit einem Ruck hochgezogen wurde und mich die Strahlen der Morgensonne trafen.

»Aufstehen, Kimilein«, säuselte eine Stimme.

Brummend zog ich mir die Decke über den Kopf. Ich sah den LICK direkt vor mir, er war zum Greifen nah. Ich spürte seine Kälte, roch den süßen Kakaoduft und konnte das samtige Vanilleeis und die knackigen Schokoraspeln beinahe auf der Zunge spüren. Leise schmatzend verzog ich die Lippen zu einem seligen Lächeln – bis mir jemand brutal die Decke wegzog. Mein Traum zerplatzte wie eine Seifenblase und der wunderbare Eiskakao löste sich in Luft auf.

»He!« Entrüstet blinzelte ich in die hellen Sonnenstrahlen. »Was soll das?«

»Überraschung!«, rief meine Mutter viel zu gut gelaunt. »Wir machen einen Familienausflug. Steh auf und zieh dich an. In einer Stunde geht es los.«

»Echt jetzt?« Stöhnend versuchte ich, den Kopf unter das Kissen zu schieben, aber meine Mutter war schneller.

Zack – schon hatte sie mir das Kissen entrissen. Für ihr Alter waren ihre Reflexe verdammt gut, das musste ich ihr lassen. Aber wahrscheinlich war das für sie als Grundschullehrerin überlebenswichtig. Sie unterrichtete eine zweite Klasse und aus ihren Erzählungen wusste ich, dass dort nicht nur Papierflieger und Sammelkarten durch die Luft flogen, sondern manchmal auch einzelne Hausschuhe, angebissene Pausenbrote oder tropfnasse Tafelschwämme.

»Ich will keinen Ausflug machen«, murrte ich. »Ich will schlafen!«

»Es ist der erste Sonntag in den Sommerferien und das Wetter ist viel zu schön, um im Bett zu liegen«, erklärte meine Mutter. »Ich habe bereits zwanzig Sonnengrüße gemacht, yogisches Gehen im taufeuchten Gras praktiziert und eine halbe Stunde meditiert. Glaub mir, heute wird ein herrlicher Tag. Wenn wir erst mal unterwegs sind, wirst du mir dankbar sein.«

Das bezweifelte ich. Aber an Mamas energischer Stimme hörte ich, dass sowohl Widerspruch als auch jegliche Verhandlungsversuche zwecklos waren. Nachdem sie mich darauf hingewiesen hatte, dass es in meinem Zimmer »wie bei Hempels unterm Sofa« aussah, verschwand sie. Mit meinem Bettzeug.

Stöhnend setzte ich mich auf. Mein Körper reagierte mit leichtem Schwindel und vorwurfsvollem Magenknurren, während sich mein Gehirn einfach weigerte, seine Arbeit aufzunehmen. Lediglich ein wattiges Gefühl machte sich in meinem Kopf breit und ließ keinen klaren Gedanken zu. Irgendwo spukten immer noch einzelne Schnipsel meines Traums durch meine Gehirnwindungen. Sehnsüchtig dachte ich an den LICK, der so wahnsinnig lecker ausgesehen hatte. Aber statt es mir wenigstens im Traum mal so richtig gutgehen zu lassen, gähnte ich herzhaft und rieb mir die verklebten Augen.

Ich hatte gestern Abend eindeutig zu lange gelesen. Der Krimi, den ich mir aus der Stadtbücherei ausgeliehen hatte, war so spannend gewesen, dass ich ihn einfach nicht aus der Hand legen konnte. Das rächte sich jetzt. Es gab nur zwei Dinge, die mir helfen konnten: eine ausgiebige Dusche und einen extrastarken Kakao. Aber vorher brauchte ich etwas viel Wichtigeres: moralische Unterstützung.

Zum Glück hatte ich die besten Freundinnen der Welt. Auf Franzi Winkler und Marie Grevenbroich war hundertprozentig Verlass. Gemeinsam gingen wir durch dick und dünn. Ich wusste, auf die beiden konnte ich zählen, sie unterstützten mich, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.

Ich griff nach meinem Handy und öffnete unseren Gruppenchat, den wir Detektivinnengeflüster genannt hatten. Meine Finger flogen über das Display.

Ich: SOS! Meine Mutter zwingt mich zu einem Familienausflug. Was soll ich machen?

Ich wartete.

Und wartete.

Und wartete.

Es passierte: nichts.

Irgendwelche Ideen???, schob ich hinterher.

Keine Antwort.

Okay, ich musste mich korrigieren: Meine besten Freundinnen unterstützten mich, egal zu welcher Tages- und Nachtzeit – AUßER an Sonntagen in den Sommerferien vor neun Uhr. Seufzend warf ich das Handy auf mein kahles, decken- und kissenloses Bett und stapfte ins Bad.

Als ich eine halbe Stunde später zurück in mein Zimmer kam, frisch geduscht, gekämmt, mit geputzten Zähnen und Pfefferminzatem, fühlte ich mich fast wieder wie ein Mensch. Allerdings knurrte mein Magen jetzt so laut wie ein ausgewachsener Dobermann. Ich musste dringend etwas essen. Aber vorher griff ich nach meinem Handy, auf dem (endlich!) mehrere Nachrichten aufblinkten.

Franzi: Waaas? Um die Uhrzeit? In den Ferien? Das ist Körperverletzung!

Marie: Zeig sie an! Auf frühes Wecken in den Ferien stehen mindestens drei Jahre im Hochsicherheitstrakt. Oder geh direkt zum Jugendamt.

Sprachnachricht von Franzi: »Meine Eltern könnten dich adoptieren. Soll ich sie fragen? Dann musst du allerdings auch Papas schlechte Witze, Chrissies miese Laune und Mamas nächtliche Backaktionen vor einem großen Event im Hofcafé ertragen. Weiß nicht, ob das ein guter Tausch ist …«

Kichernd tippte ich eine Nachricht ein.

Ich: Danke, Leute! Ihr seid echt süß. Ich denk drüber nach. Muss da heute durch, fürchte ich.

Wie aufs Stichwort ertönte die Stimme meiner Mutter von unten: »Kim! Ben! Lukas! Frühstück!«

Manchmal hatte sie denselben Befehlston drauf wie die Fußballtrainerin der Zwillinge. Ich hörte die Schritte meiner Brüder auf der Treppe, während meine Finger über das Display flogen.

Ich: Frühstück.

Marie: Wo soll’s denn eigentlich hingehen?

Ich: Keine Ahnung.

Franzi: Schieb ein Clubtreffen vor. Oder Hausaufgaben.

Ich: In den Ferien???

Franzi: Okay, dann ein ganz spezielles Ferienprojekt.

Ich: Das ich bisher noch nicht erwähnt habe? Unglaubwürdig.

Franzi: Probier’s aus.

Ich: Okay.

Seufzend steckte ich das Handy in die Gesäßtasche meiner abgeschnittenen Jeans und lief nach unten. In der Küche saß die restliche Familie bereits am Frühstückstisch. Ben und Lukas, meine zehnjährigen, extrem nervigen Zwillingsbrüder, kloppten sich gerade um das letzte Milchhörnchen, während meine Mutter ihren Ayurvedatee schlürfte.

»Guten Morgen, Schlafmütze«, begrüßte Papa mich gut gelaunt und rührte in seinem Ingwerwasser.

Eins musste ich meinen Eltern lassen: Seit sie auf dem Yogatrip waren, wirkten sie tatsächlich viel entspannter. Meistens zumindest.

Ganz im Gegensatz zu den Zwillingen, deren Streit geradewegs auf seinen Höhepunkt zusteuerte.

»Meins!«, rief Lukas.

»Nein, meins!« Ben riss ihm das Milchhörnchen aus der Hand. »Du hattest schon eins.«

»Du auch!« Lukas holte sich das Milchhörnchen zurück.

»Schluss jetzt!« Meine Mutter schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, was die Zwillinge leider kein bisschen beeindruckte.

Okay, ich musste eingreifen. Zum Glück hatte ich in der Grundschule eine Ausbildung zur Streitschlichterin gemacht. Meine Streitschlichtstrategie hatte ich dank jahrelanger Übung immer weiter perfektioniert.

Mit einer schnellen Bewegung pflückte ich das Hörnchen aus Lukas’ Hand und biss hinein.

»He!«

»Was soll das?«

Die beiden Streithähne erdolchten mich mit wütenden Blicken. Und schon waren meine Brüder wieder ein Herz und eine Seele – vereint im Groll gegen ihre große Schwester. Ich war ein Genie!

»Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte«, nuschelte ich mit vollem Mund. Dann griff ich nach meinem Messer, um das restliche Hörnchen mit reichlich Schokocreme zu bestreichen.

»Freut ihr euch schon auf den Ausflug?«, fragte Papa erwartungsvoll.

»Ist doch öde!«, meckerte Ben.

Lukas nickte. »Wir bleiben hier.«

»Kommt nicht infrage«, stellte Mama klar. »Wir machen einen Familienausflug und das bedeutet, dass die ganze Familie teilnimmt.«

Ich räusperte mich. »Äh – tolle Idee, echt! Aber ich muss mich leider ausklinken. Ich bin mit Franzi und Marie verabredet. Wir haben da so ein Schulprojekt, an dem wir dringend arbeiten müssen …«

Meine Mutter runzelte die Stirn. »Ein Schulprojekt in den Ferien?«

Ich nickte. »Genau genommen ist es ein Ferienprojekt.«

»Ein schulübergreifendes Ferienprojekt?« Mamas Stimme klang sanft, aber ihr Blick war stahlhart.

Mist! Bei meinem genialen Plan hatte ich glatt übersehen, dass Marie auf eine andere Schule ging als Franzi und ich. Jetzt musste ich improvisieren.

»Das … das ist so eine Kooperation zwischen dem Heinrich-Heine-Gymnasium und unserer Gesamtschule«, behauptete ich. »Wir haben uns freiwillig gemeldet.«

Meine Mutter liebte Ehrenämter und schulisches Engagement. Wenn das nicht zog, wusste ich auch nicht weiter.

»Davon hast du ja gar nichts erzählt«, sagte Papa. »Klingt spannend.«

»Ja, nicht wahr?« Ich versuchte, angemessene Begeisterung in meine Stimme zu legen.

Aber meine Mutter war immer noch misstrauisch. »Wie lautet denn das Thema?«

»Das Thema?« Verdammt! Jetzt hatte sie mich kalt erwischt. »Das Thema lautet …« Mein Kopf war wie leer gefegt. Da fiel mein Blick auf eine Broschüre, die neben dem Brotkorb lag. Darauf war ein altes Schloss inmitten blühender Hortensien abgebildet. »Schlösser!«

Papa zog die Augenbrauen hoch. »Schlösser?«

»Ja … Das Leben auf einem Schloss im neunzehnten Jahrhundert«, improvisierte ich. »Ist ein Geschichtsprojekt.«

Ein strahlendes Lächeln wischte den skeptischen Ausdruck vom Gesicht meiner Mutter. »Das ist ja wunderbar!« Sie griff nach der Broschüre und wedelte damit herum. »Dann kannst du auf unserem Ausflug gleich für euer Projekt recherchieren. Wir fahren nämlich zum Wasserschloss Lilienfels.«

Mein Mund klappte auf und wieder zu. Verdammt! Das war ein glattes Eigentor gewesen.

»Frag doch Franzi und Marie, ob sie mitkommen wollen.« Mein Vater zwinkerte mir zu. »Dann könnt ihr zu dritt recherchieren.«

»Ich dachte, wir machen einen Familienausflug«, meckerte Ben.

»Genau!« Lukas nickte.

»Franzi und Marie gehören ja quasi zur Familie«, betonte Mama. »Außerdem geht es um ein Schulprojekt. Von mir aus können die beiden gerne mitkommen. Dann müssen wir vorher nur schnell die beiden zusätzlichen Sitze ins Auto bauen.«

Hm. Vielleicht war die Idee gar nicht so schlecht. Wenn ich schon diesen dämlichen Ausflug mitmachen musste, würde es mit meinen Freundinnen garantiert mehr Spaß machen als ohne sie. Die Frage war nur, ob sie bereit waren, dafür einen kostbaren Ferientag zu opfern. Jetzt würde sich zeigen, aus welchem Holz unsere Freundschaft wirklich geschnitzt war. Eine knallharte Bewährungsprobe.

Da meine Eltern bei den Mahlzeiten absolutes Handyverbot verhängt hatten, zog ich mein Smartphone unauffällig aus der Gesäßtasche, legte es auf mein linkes Bein und tippte einhändig eine Nachricht, während ich oberhalb des Tisches mit der anderen Hand nach meinem Schoko-Milchhörnchen griff.

Ich: Update: Ihr gehört ab sofort offiziell zur Familie. Adoptionsunterlagen folgen. Wir haben ein Geschichtsprojekt und recherchieren heute im Wasserschloss Lilienfels. Seid ihr dabei?

Franzi: Hä?!

Marie: Oh-oh. Mir schwant Böses. Wir sollen mitfahren?

Ich: Yep. Ihr seid herzlich eingeladen.

Franzi: Einladungen darf man ablehnen, oder?

Ich: Diese nicht. Es geht um Leben oder Tod!

Marie: Wer schwebt denn in Lebensgefahr?

Ich: Ich!!! Weil ich ohne euch vor Langeweile sterbe.

Franzi: Okay. Notfall. Bin dabei.

Marie: Ich auch. Wann geht’s los?

Ich: In einer halben Stunde.

Marie: WAS????

2. KAPITEL

»Wie schön, dass ihr so spontan mitkommt.« Meine Mutter lächelte Franzi und Marie im Rückspiegel zu, während sie den Blinker setzte und auf die Landstraße abbog, die aus der Stadt führte.

»Eine Schlossbesichtigung würden wir uns doch nie im Leben entgehen lassen«, versicherte Franzi im Brustton der Überzeugung.

»Ich wusste gar nicht, dass ihr so geschichtsinteressiert seid«, bemerkte mein Vater, der auf dem Beifahrersitz saß. »Erzählt doch mal ein bisschen von eurem Projekt.«

»Unser Projekt?« Ratlos zog Marie die Augenbrauen hoch. Sie war nur eine Viertelstunde zu spät gekommen, was in Anbetracht der Tatsache, dass sie normalerweise mindestens eine Stunde für ihr morgendliches Styling brauchte, ein echter Rekord war.

»Papa meint das schulübergreifende Ferienprojekt, für das wir uns freiwillig gemeldet haben«, erklärte ich schnell. »Du weißt schon: Das Leben auf einem Schloss im 19. Jahrhundert.«

»Ach so, das Projekt!« Marie tat so, als wüsste sie genau, wovon ich spreche. Da sie eine begnadete Schauspielerin war, wirkte es vollkommend überzeugend. »Wir sind leider noch nicht besonders weit, aber die Ferien haben ja auch gerade erst angefangen«, erklärte sie meinem Vater mit einem entschuldigenden Lächeln.

»Und heute können wir zum Glück ausgiebig recherchieren«, fügte Franzi hinzu.

»Ich bin wirklich begeistert von eurem Einsatz.« Meine Mutter nickte zufrieden. »Daran könnt ihr euch ruhig mal ein Beispiel nehmen«, fügte sie an meine Brüder gerichtet hinzu.

»Ferien sind zum Chillen da«, stellte Ben entschieden fest.

»Und zum Fußballspielen«, ergänzte Lukas.

»Und zum Zocken.«

»Und zum Ausschlafen.«

»Und zum …«

»Danke, das genügt«, schnitt Mama ihnen das Wort ab.

Während der restlichen Fahrt wurde unser angebliches Schulprojekt nicht mehr erwähnt, worüber ich ausgesprochen froh war. Vielleicht wurde Mama ja von einer partiellen Amnesie heimgesucht und vergaß die ganze Angelegenheit wieder. Wovon leider nicht wirklich auszugehen war. Natürlich wünschte ich meiner Mutter keinen Gedächtnisschwund, aber was, wenn sie bis zum Ende der Ferien ständig fragte, welche Fortschritte unser Projekt machte? Da hatte ich mir ja was Schönes eingebrockt!

Nachdem wir ungefähr eine Stunde in gemächlichem Tempo über kurvige Landstraßen gefahren waren, die rechts und links von Feldern und Wiesen gesäumt wurden, erreichten wir einen kleinen Wald. Mama bog in einen holprigen Weg ein, der in einen von Bäumen gesäumten Schotterplatz mündete, auf dem bereits mehrere Autos parkten.

»Da wären wir!« Meine Mutter löste ihren Sicherheitsgurt und wir stiegen aus.

Nachdem es im klimatisierten Auto angenehm kühl gewesen war, schlug uns schwülwarme Sommerluft entgegen. Es war nicht mal elf Uhr und bestimmt schon an die dreißig Grad. Das würde ein heißer Tag werden.

»Wo ist denn das Schloss?«, fragte Ben.

»Schloss Lilienfels ist für Besucher nur zu Fuß zu erreichen«, erklärte Mama. »Und zwar über eine Brücke. Es liegt in einem See, wie es sich für ein echtes Wasserschloss gehört.«

Lukas stöhnte. »Heißt das, wir müssen laufen?«

»Du wirst es überleben.« Papa grinste. »Sind ja nur ein paar Meter.«

Wir marschierten los. Ein schmaler Waldweg führte vom Parkplatz zum See. Am Ufer wichen die Bäume zurück und gaben den Blick auf das Schloss frei. Es war nicht besonders groß, wirkte aber trotzdem eindrucksvoll. Die hellen Steine waren verwittert. Eine alte Brücke, die aus mehreren Bögen bestand, führte zur Schlossinsel. Ein Torhaus bildete den Eingang. Die schweren Holzflügel des Tors waren weit geöffnet. Obwohl der See im grellen Schein der Vormittagssonne lag, war sein Wasser tiefschwarz. Überall wuchsen Seerosen. Libellen surrten über die rosafarbenen Blüten und im Schatten der alten Weiden, die weiter hinten am Ufer standen und ihre Zweige über das Wasser hängen ließen, tanzten Mückenschwärme.

»Wie schön!« Maries Stimme klang beinahe andächtig. »Sieht aus wie ein Märchenschloss.«

Mama war schon auf der Brücke. »Kommt ihr? Um halb zwölf beginnt die Schlossführung. Wenn wir uns vorher noch im Garten umschauen wollen, müssen wir uns beeilen.«

Papa tupfte sich mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. »Himmel, ist das heiß«, murmelte er. »Dieses Wetter ist nichts für mich.«

Normalerweise verbrachte mein Vater den Großteil des Tages in seiner kleinen Werkstatt, in der er Kuckucksuhren herstellte, die in alle Welt verschickt wurden. Jede Uhr war ein Unikat und vor allem in Amerika und Japan waren seine Eigenkreationen sehr beliebt.

Als wir über die Brücke liefen, prallte die Sonne auf unsere Köpfe. Marie nahm ihre Sonnenbrille vom Kopf und setzte sie auf. Ich ärgerte mich, weil ich meine vergessen hatte. Blinzelnd warf ich einen Blick über das Brückengeländer, eine schmale, halbhohe Mauer aus verwitterten Steinen. Das schwarze Wasser des Sees lag spiegelglatt in der Sonne. Kein Windhauch kräuselte die Oberfläche. Es sah aus wie flüssige Tinte, irgendwie geheimnisvoll und ein bisschen unheimlich.

Mein Vater hakte sich bei meiner Mutter unter. »Heute machen wir uns einen richtig schönen Tag.«

Mama nickte. »Endlich mal wieder ein Ausflug mit der ganzen Familie – das wird toll!«

Erst mal wurde es vor allem eins – heiß. Als wir durch den Garten des Schlosses flanierten, tupfte Papa sich immer wieder den Schweiß von der Stirn, während sich die Zwillinge mit Wasser aus dem Springbrunnen im Zentrum des Gartens gegenseitig nass spritzten und dabei in den höchsten Tönen quietschten. Die missbilligenden Blicke der anderen Gäste, größtenteils Seniorinnen und Senioren in beigefarbenen Outfits, störten sie nicht im Geringsten.

»Was für ein wunderschöner Garten«, stellte meine Mutter begeistert fest.

Der Garten war wirklich ein Traum. Von dem fröhlich plätschernden Springbrunnen, der mit steinernen Seerosen verziert war, führten geschwungene Wege zwischen akkurat gestutzten Buchsbaumhecken, verträumten Weiden und in allen Blauschattierungen blühenden Hortensienbüschen hindurch zum Schloss und zum See.

Als wir ein Stück Richtung See spazierten, entdeckten wir einen mit Efeu und Brombeerranken bewachsenen Pavillon, der etwas versteckt zwischen einer Gruppe alter Weiden lag. Hier war es angenehm schattig und etwas kühler als auf dem sonnenbeschienenen Weg. Eine leichte Brise ließ die Blätter der Weiden rascheln, es klang, als flüsterten sie miteinander.

Franzi sprang die Stufen zum Pavillon hoch und ließ sich auf einer morschen Bank nieder. »Hier lässt sich’s aushalten.«

»Bestimmt hat sich die Prinzessin aus dem Märchenschloss hier mit ihrem heimlichen Geliebten getroffen«, vermutete Marie. »Dieser Ort eignet sich perfekt für ein romantisches Rendezvous.«

»Zumindest, wenn man sich nicht in Taubenkacke setzt.« Franzi war ein Stück zur Seite gerutscht und rieb an ihrer Shorts herum, auf der hinten ein weißer Fleck prangte.

»Und die Ameisen ignoriert.« Ich zeigte auf eine Ameisenstraße, die quer durch den Pavillon führte.

Marie zog eine Grimasse. »Ihr seid Spielverderberinnen!«

»Aber die Vorstellung ist trotzdem schön«, sagte ich versöhnlich.

»Kim!« Ben erschien zwischen den Weiden und winkte hektisch. »Komm schnell, Papa ist umgekippt!«

»Was?« Ich sprang die Stufen hinunter und folgte meinem Bruder.

Als wir zum Springbrunnen kamen, hockte mein Vater auf einer Bank im Schatten. Er war etwas blass um die Nase. Meine Mutter saß neben ihm und kramte in ihrer Umhängetasche, während Lukas ein Taschentuch in den Brunnen tauchte und es meinem Vater brachte.

»Was ist passiert?«, fragte ich atemlos.

»Nichts weiter.« Papa winkte ab. »Mir ist nur ein bisschen schwindelig geworden.« Er kühlte sich mit dem feuchten Tuch die Stirn. »Das tut gut!«

»Und ich hab dir noch gesagt, du sollst eine Kopfbedeckung einpacken.« Mama seufzte. »Du weißt doch, dass du die pralle Sonne nicht verträgst. Hier, trink was.« Sie zog eine Wasserflasche aus ihrer Tasche und drückte sie meinem Vater in die Hand.

»Danke.« Papa nahm einen großen Schluck. »Vielleicht sollte ich mich ein wenig ausruhen. Geht ruhig ohne mich zur Schlossführung.«

Mama schüttelte energisch den Kopf. »Ich lass dich doch jetzt nicht alleine.«

»Dann komme ich eben mit und setze mich ins Schlosscafé«, schlug Papa vor. »Eine große Apfelschorle wird mir bestimmt guttun.«

»Uns auch«, stellte Ben fest.

»Wir begleiten dich, Papa«, sagte Lukas. »Einer muss sich ja schließlich um dich kümmern.«

»Oder zwei«, fügte Ben hinzu.

Ich grinste. »Doppelt hält besser, was?«

Meine Brüder nickten synchron. »Genau!«

»Lieb von euch, Jungs«, sagte Papa. »Aber ich schaff das schon.«

»Ihr wollt euch nur vor der Führung drücken.« Mama sah meine Brüder scharf an. »Vergesst es. Ihr kommt mit!«

»Menno!«, maulte Ben.

»Können wir nicht ein bisschen auf Papas Handy zocken?«, fragte Lukas. »Nur eine Runde Zombie Zocker!«

»Auf keinen Fall. Ein bisschen kulturelle Bildung schadet euch nicht.« Mama warf einen Blick auf die Uhr. »Jetzt aber schnell, gleich geht es los.«

Sie scheuchte meine Brüder den Weg hinunter Richtung Schloss. Kurz vor dem Haupteingang bog Papa zum Café ab, das sich in der ehemaligen Scheune befand. Davor stand der Lieferwagen einer Bäckerei, aus dem gerade duftende Croissants, Rosinenbrötchen und Zimtschnecken ausgeladen wurden. Papa winkte uns zum Abschied fröhlich zu.

Kurz fragte ich mich, ob er den Schwächeanfall nur vorgetäuscht hatte, um die Führung zu schwänzen, aber so durchtrieben war er nicht. Oder? Wie gut kannte man seine Eltern eigentlich?

»Da wären wir.« Mama schob uns durch das Portal ins Schloss. »Gerade noch pünktlich.«

In der Eingangshalle war es nach der Hitze draußen angenehm kühl. Es hatten sich bereits einige Interessierte versammelt, unter ihnen die komplette beigefarbene Seniorengruppe. Die Halle hatte eine hohe Decke mit wunderschönen Malereien, während die Wände mit dunklem Holz vertäfelt waren. Der Boden war schwarz-weiß gefliest wie ein Schachbrett. Eine breite Treppe mit über die Jahrhunderte ausgetretenen Stufen führte in die oberen Etagen. Das Geländer bestand aus verschnörkelten Metallstreben, die wie ineinander verschlungene Ranken aussahen.

»Wie schön!«, jubelte meine Mutter eine Spur zu enthusiastisch.

Ben gähnte demonstrativ. Auch Lukas wirkte wenig begeistert.

»Ich glaube, jetzt sind wir komplett.« Ein schmächtiger Mann, der trotz der hochsommerlichen Hitze ein weißes Hemd und einen zerknitterten Anzug trug, lächelte etwas verkniffen in die Runde. Er rückte seine randlose Brille gerade. »Mein Name ist Mirco Scheller. Ich bin Historiker und für die Führungen auf Schloss Lilienfels verantwortlich. Herzlich willkommen! Innerhalb der nächsten Stunde werde ich Ihnen einiges über die Geschichte des Schlosses und die Menschen, die hier gelebt haben, erzählen. Wir beginnen im großen Speisezimmer – wenn Sie mir bitte folgen wollen …«

»Eine Stunde?« Ben stöhnte theatralisch, während sich die Gruppe in Bewegung setzte. »Das überleb ich nicht!«

Er tat, als würde er ohnmächtig werden, und taumelte gegen Lukas, der ihn kichernd wegschubste. Die Zwillinge begannen eine Rangelei, und ehe meine Mutter einschreiten konnte, prallte Ben gegen eine Ritterrüstung, die mit lautem Scheppern zu Boden krachte.

Meine Mutter schloss die Augen und sah einen Moment aus, als würde sie sich ganz weit wegwünschen. Wahrscheinlich war dies der Moment, in dem sie sich fragte, ob das mit dem Familienausflug wirklich so eine gute Idee gewesen war.

3. KAPITEL