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Wer ist der mysteriöse Radfahrer, der Violet jedes Mal auf ihrem Weg zu ihrer Mutter verfolgt? Als die junge Frau sich deswegen an Sherlock Holmes wendet, arbeitet sie bei einem der beiden Männer, die sie und ihre Mutter nach dem Tod des Vaters aufgesucht haben. Beide scheinen ein amouröses Interesse an ihr zu haben – oder steckt mehr dahinter? Als Violet schließlich kündigt, eilen Holmes und Dr. Watson ihr zur Hilfe, denn sie schwebt in großer Gefahr...-
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Seitenzahl: 37
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Arthur Conan Doyle
Saga
Die einsame Radfahrerin ÜbersetztR. Lautenbach, Adolf Gleiner Copyright © 1903, 2019 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372168
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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Vom Jahre 1894—1901 einschliesslich war Sherlock Holmes ein ausserordentlich beschäftigter Mann. Man kann ohne Uebertreibung sagen, dass es kaum einen irgendwie schwierigen Fall von öffentlichem Interesse gab, zu dem er während dieses Zeitraums nicht zugezogen worden wäre, ausserdem spielte er auch noch in Hunderten von oft sehr verzwickten und aussergewöhnlichen privaten Angelegenheiten eine hervorragende Rolle. Viele überraschende Erfolge und nur einige wenige unvermeidliche Misserfolge waren das Resultat dieser langen Periode mühseliger, unablässiger Tätigkeit. Da ich sämtliche Fälle notiert und bei vielen selbst mitgewirkt habe, fällt es mir natürlich nicht leicht, eine richtige Auswahl zur Veröffentlichung zu treffen. Ich will jedoch meinem alten Grundsatz treu bleiben und solchen Fällen den Vorzug geben, die mehr infolge der scharfsinnigen und dramatischen Lösung als durch die Schwere des Verbrechens selbst ein weiteres Interesse beanspruchen können. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, will ich jetzt die Geschichte des Fräuleins Violet Smith, der einsamen Radfahrerin von Charlington, erzählen. In dieser Angelegenheit wurden durch unsere Untersuchung eigentümliche begleitende Umstände ans Licht gebracht, welche zu einem ganz unerwarteten tragischen Ende führten. Wenn auch in Anbetracht der Verhältnisse mein Freund gerade diejenigen Fähigkeiten, derentwegen er berühmt wurde, nicht voll zur Geltung bringen konnte, so gehört doch dieser Fall infolge der begleitenden Nebenumstände mit zu den bemerkenswertesten.
Aus meinem Tagebuch geht hervor, dass wir am Sonnabend, den 23. April 1895, zum ersten Male den Besuch des Fräulein Smith erhielten. Holmes war er, wie ich mich erinnere, äusserst unangenehm, weil er damals in ein sehr dunkles Problem, die absonderliche Verfolgung des bekannten Tabakkönigs John Vincent Harden, vertieft war. Mein Freund, der Konzentration der Gedanken über alles schätzte, war stets ungehalten, wenn seine Aufmerksamkeit von dem Gegenstande, der ihn gerade beschäftigte, durch irgend etwas anderes abgelenkt wurde. Und doch musste er, wenn er nicht unhöflich werden wollte, was seiner Natur zuwider war, die Erzählung des jungen hübschen Mädchens ruhig anhören, das noch in später Abendstunde zu uns in die Bakerstrasse kam und uns um Rat und Beistand bat. Es war vergeblich, die junge Dame darauf aufmerksam zu machen, dass seine Zeit bereits voll und ganz in Anspruch genommen sei; sie war mit dem festen Entschluss gekommen, uns ihre Geschichte vorzutragen, und würde, bevor sie das getan hätte, nur mit Gewalt zu entfernen gewesen sein. So sah sich Holmes denn gezwungen, unserem schönen Eindringling einen Stuhl anzubieten und ihn zu ersuchen, uns zu erzählen, was ihn bedrücken.
„Wenigstens kann es sich bei Ihnen um keine Gesundheitsstörung handeln,“ sagte er, nachdem er sie scharf beobachtet hatte; „bei einer so kühnen Radfahrerin gibt’s keine Körperschwäche.“
Sie sah erstaunt auf ihre Füsse, und ich konnte an ihren Schuhen sehen, dass sie an einer Stelle durch die Reibung am Pedal etwas abgeschabt warer.
„Allerdings radle ich ziemlich viel, Herr Holmes, und das steht auch in einem gewissen Zusammenhang mit meinem heutigen Besuch bei Ihnen.“
Mein Freund nahm die blosse Hand der Dame in die seinige und untersuchte sie mit so viel Aufmerksamkeit und so wenig Gefühl, wie ein Kenner eine Warenprobe.
,,Sie werden entschuldigen,“ sagte er, indem er sie Losliess, „aber in meinem Beruf darf man nichts ausser acht lassen. Ich war beinahe versucht, anzunehmen, dass Sie Schreibmaschine schreiben, aber es kommt offenbar vom Klavierspielen. Siehst du die plattgedrückten Fingerspitzen, Watson, die bei beiden Berufsarten charakteristisch sind? Aber das Gesicht zeigt einen geistigen Zug,“ — er drehte es zart gegen das Licht — „den Maschinenschreiberinnen gewöhnlich nicht haben. Diese Dame ist also wohl Musiklehrerin.“
„Jawohl, Herr Holmes, ich gebe Klavierunterricht.“
„Auf dem Lande, soviel aus Ihrer Gesichtsfarbe hervorgeht.“
„Jawohl, mein Herr; in der Nähe von Farnham, an der Grenze von Surrey.“
,,Eine schöne Gegend, die interessante Erinnerungen in mir wachruft: Watson, entsinnst du dich noch, dass wir dort in der Nähe der Schmied Stamford gefasst haben? Nun, Fräulein Violet, was ist Ihnen bei Farnham denn passiert?“
Die junge Dame gab folgende klare und ruhige Schilderung: