Die Franchise-Familie - Veronika Bellone - E-Book

Die Franchise-Familie E-Book

Veronika Bellone

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Beschreibung

Die Franchise-Familie: Loretta Lombardi, allem Italienischen und Sinnlichen nicht abgeneigt, und Lars Van de Velde, Fahrrad- und Japan-begeistert, sind die Partner der Detektei Lombardi International Franchise Investigations AG, in Zug. Im Kampf gegen die dunklen Seiten des Franchisings unterstützen sie: die Aargauerin Regula Rhyser (die Seele der Detektei), die Bündnerin Carmen Cadruvi (Wow! Hammer!), der Japaner Morita Miramoto (Grüezi miteinand) sowie die in Schwyz geborene Sara Antic (Ich kenn da jemanden!). Der erste Doppelband enthält zwei packende Franchise-Fälle mit viel Schweizer Ambiente. In Spurlos im Tessin verschwindet Alexander Schober, ehemaliger Inhaber des Familienunternehmens, spurlos. Sein Nachfolger, neu im Franchising aktiv, schaltet die Detektivin Loretta Lombardi ein, um ihn zu finden. Schober hat zuvor einen wichtigen Coup gelandet und neuartige Rezepturen entwickelt, die für die Franchise-Expansion massgeblich sind. Loretta taucht in ein Meer von Verstrickungen ein. In Hilflos im Studio, dem zweiten Fall, wird der Franchise-Detektiv Lars Van de Velde ins Zuger Headquarter des Fitness-Systems Happy People gerufen. Dieses setzt auf Robotik und künstliche Intelligenz, doch es wird erpresst. Offensichtlich agieren nicht alle Franchise-Nehmer im Sinne des Systems. Lars muss bei seinen Ermittlungen in Berlin, Hamburg, Unterägeri und Zug am eigenen Körper erfahren, wie Roboter helfen, aber auch Menschenleben gefährden können. Das Autorenduo stellt in seinem ersten Cosy Krimi das bunt gemischte Personal der Zuger Detektei Lombardi unterhaltsam vor. Gleichzeitig werden erste Einblicke in die nicht immer nur strahlende Franchise-Welt ermöglicht. Weitere Fälle der Reihe werden folgen. Das Rüstzeug dafür haben sich die beiden Franchise-Experten in langjährigen Beratungs-Mandaten sowie in zahlreichen Buch-Publikationen erworben.

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Inhaltsverzeichnis

Erster Fall: Spurlos im Tessin

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Zweiter Fall: Hilflos im Fitness-Studio

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Nachwort

Über die Autoren

Erster Fall: Spurlos im Tessin

1

»Die Hände versuchen sich an der Felswand festzuhalten. Umsonst. Die Füße rutschen weg. Äste peitschen gegen das Gesicht. Ein kleiner verzweifelter Halt. Freier Fall ...lautes Klirren.«

2

»Shit!« Blut vermischte sich mit der Wasserpfütze. Die Glasscherben waren scharf wie Tranchiermesser. Loretta kramte ein Taschentuch aus dem Nachttisch, auf dem eben noch ein Wasserglas gestanden hatte. Mit notdürftig verarztetem Daumen schaltete sie die Kaffeemaschine an.

»Langsam reicht’s. Erst dieser widerwärtige Bursche, der mich kaltstellen wollte. Und nun dieser Horror im Traum. Was soll denn das? Hoffentlich ist das keine Vorhersehung. Und jetzt spreche ich auch noch mit der Kaffeemaschine.«

Sie öffnete die Fensterläden und dann war er da, der Blick, der für alles entschädigte. Blauer Himmel, Sonne und ein blank geputztes Bergpanorama, das sich im Vierwaldstättersee spiegelte. Luzern wirkte aus dieser Entfernung wie eine liebevoll gestaltete Spielzeugstadt. Ein perfekter Frühlingstag. Vielleicht konnte aus dem Tag doch noch etwas werden.

3

»Buongiorno Signora Lombardi, möchte probiere sardische pomodori? Freschi e sodi!«

»No grazie Luigi, heute brauch‘ ich nur frische Kräuter«, dabei deutete Loretta mit der Hand zur entgegengesetzten Seite des Marktstandes.

»Hast du nicht gehört, Luigi, sie will weder Tomaten noch deinen Dackelblick! Macht vier Franken fünfzig, Frau Lombardi und einen Franken für Ihre Gedanken«, Elsie lachte rau, wie sie es sich nach bald dreißig Ehejahren mit Luigi angeeignet hatte und reichte zwei üppige Sträuße Rosmarin und Thymian über die Gemüse- und Kräuterauslagen.

»Elsie, Sie haben heute noch Glück! Sie haben gereimt«, und mehr zu sich selbst murmelte Loretta: »Und ehrlich, meine Gedanken wollen Sie nicht wissen«, denn sie wollte sie selbst vergessen. Vielleicht half eine selbstgebackene Kräuter-Quiche über den letzten, massiv verstörenden Fall hinweg.

Luigi stand noch immer grinsend da. Allerdings galt sein Grinsen weniger den fleischigen, prallen Tomaten in seinen Händen als Lorettas wohlgeformter Figur, die an diesem frühlingshaften Samstag sehr sexy im legeren Jeans-Pullover-Outfit daherkam. Eigentlich hätte sie ihm in ihrer Stimmung gerne eine scharfe Bemerkung entgegengeschleudert, aber irgendetwas lockerte sich in ihr und sie musste lachen. Ein befreiendes Lachen. Als hätte jemand mit den Fingern geschnippt und sie wach gemacht. Luigi, auch mit gut fünfzig, lückenhafter Zahnleiste und entstehendem Bauch ein Draufgänger und Bewunderer weiblicher Reize, war vielleicht nicht die Erweckung, die sich eine attraktive Frau erträumte, aber er hatte immer noch diesen italienischen Charme, der einfach nicht zu überbieten war und der auf Loretta so belebend wirkte.

»Ach, Frau Lombardi, Glück kann ich gebrauchen. Meine Schwester hat ihren Mann verloren. Also nicht eigentlich verloren – aber man weiß nicht, wo er ist. Er ist im Tessin verschwunden.«

Elsie hatte blitzartig die Stimmung gewechselt und schaute Loretta ernst an, die immer noch leicht belustigt die Kräuter zuoberst in den Einkaufskorb legte, dann aber ungläubig nachhakte:

»Im Tessin verschwunden?« Insgeheim dachte sie: »Na gut, das könnte mir auch glatt passieren. Bella Ticino.« Sie weigerte sich in dem Moment, etwas Bedrohliches zu vermuten: »Die italienische Schweiz war für ihre wildromantische Landschaft bekannt, für ihre romanischen Kirchen und die hervorragende Küche, aber nicht für Gräueltaten«, ging es ihr durch den Kopf.

»Ja, hab‘ ich das nicht mal erzählt. Sie haben da ein Ferienhaus. Das können Luigi und ich ab und zu auch nutzen. Aber wir haben ja selten Zeit.«

»Und Geld«..., dachte Elsie, besann sich dann aber darauf, was sie eigentlich sagen wollte.

»Alex ist am Mittwoch gefahren und wollte übers Wochenende bleiben. Aber seit Mittwochabend gibt es kein Lebenszeichen von ihm. Er ist einfach weg! Spurlos verschwunden!«

Aufgeregt schnäuzte sich Elsie mit einem Papiertaschentuchknäuel die Nase, versuchte sich aber schnell wieder in den Griff zu bekommen. Es lagen noch ein paar Stunden Arbeit vor ihr. Und Luigi war zwar wieder zu verkäuferischer Hochform aufgelaufen, aber sein zweiter Frühling machte ihn zwischendrin unzuverlässig.

Loretta reichte Elsie ein neues Taschentuch. Sie fühlte sich ein wenig schuldig, dass sie keine Anteilnahme gezeigt hatte.

»Eine Entführung?«, fragte sie leise, denn neben ihr suchte eine Frau bereits seit längerem scheinbar nach der idealen Aubergine. Elsie schüttelte den Kopf und fixierte einen Punkt in der Ferne als würde sie ihren Schwager dort erkennen.

»Gab es Probleme? Rückzug kann manchmal sehr heilsam sein.« Loretta wusste wovon sie sprach, privat zog sie sich gerne zurück, wenn’s brenzlig wurde. Das vollkommene Gegenteil von ihrem Berufs-Alter-Ego. Da fühlte sie sich erst richtig wohl, wenn sich ein Auftrag als besonders knifflig erwies und ihre ausgeprägte Kombinationsgabe gefragt war.

»No, niente problemi«, sagte Elsie bestimmt, die immer dann ihre schweizerdeutsche Herkunft ablegte, wenn Italienisch mehr Pathos verlieh.

»Woher wissen Sie das so bestimmt? Wurde die Polizei eingeschaltet?« Loretta hatte nun total auf den geschäftlichen Modus umgestellt.

»Meine Schwester kommt Montag aus Zürich her und wird berichten, was es Neues gibt. Wenn es hoffentlich Neues gibt.« Die Auberginen-Frau war immer noch nicht fündig geworden, war aber merklich enttäuscht, dass das Gespräch beendet schien. Weitere Kunden hatten sich rechts und links von ihr vorgeschoben und wurden langsam ungeduldig. Loretta zog ihr Visitenkartenetui hervor, neben Taschentuch, Lippenstift und Schlüsselbund wichtigstes Utensil im Seitenfach ihres Handtaschenrucksacks, und gab Elsie eine Karte.

Sie verabschiedete sich mit einem warmherzigen: »Melden Sie sich bei mir, wenn Sie Hilfe brauchen. Ciao Elsie.«

Elsie war wieder ganz Marktfrau, fing alle Kunden mit einem Blick ihrer kleinen, blitzenden Augen ein und markierte damit, dass sie gleich für sie da war. Vorher schaute sie neugierig auf Lorettas Karte, die sie auf Armeslänge ausgestreckte und im rückwärtigen Teil des Standes las. Sie stieß anerkennend ein Zischen hervor, das wahrscheinlich ein Pfeifen werden sollte, ihr aber durch die Mischung von Irritation und Staunen misslang. Lombardi – International Franchise Investigations AG, Loretta Lombardi, Partner, hatte dagestanden. Sie verstaute die Karte in ihrer voluminösen Jackentasche, wohlweislich in der Innentasche, wo sie am ehesten knitterfrei und sauber blieb. Sie konnte sich noch keinen Reim darauf machen, was das genau hieß. Eigentlich hatte sie immer vermutet, dass Loretta aufgrund ihrer Erscheinung und Wortgewandtheit vielleicht in der Mode- oder Kunstbranche tätig war. Oder Redakteurin für ein Kochmagazin. Jedenfalls irgendetwas, das mit Lebensfreude und Genuss zu tun hatte. Franchise, das kannte sie eher aus der Versicherungsbranche. Aber was bedeutet das mit diesem Investi? Vielleicht Investigatore? Aber was untersucht sie? Elsie starrte Loretta hinterher, als würde sie sie zum ersten Mal sehen und nicht seit gut 10 Jahren auf dem Wochenmarkt bedienen.

Auch Loretta war klar, dass sie eine Grenze überschritten hatte. Frau Lombardi, mit der Elsie und Luigi seit Jahren freundliche Worte wechseln, Rezepte diskutierten und über das Wetter lamentieren konnten, war jetzt zur Inhaberin einer Detektiv-Agentur mutiert. Die angenehme Anonymität war dahin. Elsie würde jetzt Lorettas Gedankenverlorenheit, die sie manchmal an den Tag legte, nicht mehr als verschlafene oder träumerische Eigenart deuten, sondern als Fährtensuche einer Ermittlerin, die gerade in ihrer gedanklichen Parallelwelt einer Spur nachging.

»Hallo Loretta, arbeitest du noch oder lebst du schon?«, amüsierte sich Fred Winter als er geradewegs von der Kapellbrücke auf sie zu schlenderte. Die Digitalkamera stopfte er dabei in die ausgebeulte Tasche seines Hoodies.

»Und du, bist du unter die Touristen gegangen? 3‘000 Fotos von Luzern vormittags; 5‘000 vom Eispalast auf dem Jungfraujoch nachmittags und morgen Paris? Weltreise in zwölf Tagen?« konterte Loretta gewohnt schnell.

»Ist doch schön, sich mal unters Volk zu mischen. Bei dem Wetter ist Luzern ja kaum auszuhalten!« Fred kam mal wieder ins Schwärmen. Und Recht hatte er. Der Himmel leuchtete, das Panorama war einzigartig und die Reuss war aufgrund der Schneeschmelze fast türkisfarben.

»Und - der Pilatus trägt einen Hut!«, wandte er sich an Loretta und gab ihr wie zur Bestätigung einen Schmatz auf die Wange.

»Ja ja, Freddymaus, dann bleibt das Wetter gut!« Loretta schaute sich das Wolkengebilde auf dem Berggipfel an, das nur mit Mühe einer Kopfbedeckung glich, aber es ging ja um die Redensart. Und wenn sie positiv war, umso besser.

»Komm‘ wir gehen in den Kranich, einen Apéro trinken. Und du erzählst mir was Skurriles aus deinem Leben!«, Fred hatte sich schon bei Loretta eingehakt, den Einkaufskorb übernommen und zog sie in Richtung Kornmarkt.

»Na prima, komme ich also schon skurril rüber. Mittvierzigerin, brünett, immer noch ganz ansehnlich, weibliches, schrulliges Pendant zu Sherlock Holmes erzählt einen Schlag aus ihrem mysteriösen Leben. Ich muss mein Image überdenken!« stichelte Loretta.

»Schatz, du weißt, dass du ein scharfer Feger bist und damit deinen brillanten Verstand ein bisschen weltlicher machst.« Fred war stehengeblieben, stellte sich lächelnd vor sie hin, den Korb lässig in der Armbeuge und maß sie übertrieben mit den Augen.

»Na, wie hab‘ ich das gesagt? Dafür habe ich mir doch ein Weinchen im Kranich verdient.«

»Spürt ihr heute alle den Frühling? Männer!« Loretta fühlte sich auf einmal beschwingt. Komplimente taten gut. Sie war ja auch durchaus eine rassige Erscheinung und für ihr Alter gut in Schuss. Und wie zur Selbstbestätigung hechtete sie die Treppe hinauf zum Kornmarkt, nahm je zwei Stufen auf einmal und stand dann ziemlich außer Atem, aber sehr lebendig auf dem historischen Platz inmitten der Altstadt. Fred nahm’s gemütlich und ließ sich neben Loretta auf einem dieser unbequemen Holzstühle vor der Beiz nieder. Aber immerhin, hatten sie noch zwei Plätze in der Sonne ergattert, was um diese Zeit eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Loretta hatte bereits zwei Gläser Riesling, Wasser und zweimal Fischknusperli bestellt.

Obwohl sie kein Paar waren, wussten sie um die Vorlieben beim Essen und Trinken und vielem mehr. Und Kosenamen waren Usus in ihrer Unterhaltung. »Freddymaus«, aus Lorettas Lieblingsfilm »Breakfast at Tiffany«, kam schon einer Auszeichnung gleich. Die generischen Ausdrücke: Schatz, Liebling, Mauserl hatten sie sich gegeben, wenn Fred wieder einmal als Statist herhalten musste, um manche Situationen bei Ermittlungen glaubhafter zu machen. Er wusste nie, worum es dabei ging, aber er genoss es, vermeintlicher Liebhaber, Arbeitskollege, Bruder oder was auch immer zu sein und damit die Rolle in einem Fall zu übernehmen. Eine willkommene Abwechslung und Inspiration in seinem Leben als Comiczeichner.

Loretta war für ihn nicht nur eine langjährige Freundin, sondern auch Vorlage für eine Comic-Serie, in der sie als sexy Forscherin Brenda neue Planeten entdeckte und Aliens das Fürchten lehrte. Die Serie war recht erfolgreich und wurde im ganzen deutschsprachigen Raum sowie in Japan verkauft.

Barbara, Fred‘s neue Freundin, fand die Vertrautheit zwischen beiden weniger prickelnd. Als Architektin zwar durchaus Freigeist, ließ sie zuweilen ihrer Eifersucht freien Lauf, in dem sie ihm filmreife Szenen lieferte. Da flogen schon mal Tassen, Stifte oder einfach schnell Greifbares durch die Gegend, wenn Worte nicht mehr ausreichten. Er ließ dann seine innere Kamera laufen, zog sich in seinen »Geldspeicher«, wie er es nannte, zurück und setzte die frischen Gedächtnisbilder kreativ um. Das gab seinen Comicfiguren diese Authentizität. In Analogie zum Geldspeicher von Dagobert Duck wusste er, dass zwar nicht das Bad im Geld ihm Vergnügen bereitete, aber die durchlebte Szene von Gesichtsausdrücken und Körperhaltungen mit denen er sich ein ansehnliches Honorar erscribbelte.

Loretta hatte gerade das letzte Fischknusperli mit einem Rest Tartarsauce verspeist und blinzelte scheinbar entspannt in die warme Frühlingssonne.

»Du, Freddymaus? Bist du schon mal nicht nach Hause gegangen? Also hast du dich schon mal für längere Zeit ausgeklinkt und deine Freundin – wie heißt sie doch gleich - im Ungewissen gelassen?«

Fred schaute sie von der Seite an, das markante Profil mit der kühn geschwungenen Nase und den vollen Lippen, beides deutete auf ihre italienischen Wurzeln hin und waren etwas dramatisierter x-mal als Brenda verewigt worden.

»B-A-R-B-A-R-A!«, kam es lautmalerisch von Fred, der seinen Blick nun wieder über den belebten Platz schweifen ließ.

»Wie meinst du das jetzt? Klar, bin ich schon weggeblieben. Das müsstest du am besten wissen. Schließlich bin ich oft genug dein Statist.« Fred setzte ein breites Lächeln auf.

»Ja, klar, das meine ich nicht. Aber hast du dich schon mal ausgeklinkt, ohne Barbara Bescheid zu sagen? Oder wolltest du ‘s?« Loretta hatte sich wieder zurückgelehnt, ließ Fred aber nicht aus den Augen, damit er antworten musste.

»Nein, eigentlich nicht. Ist ja irgendwie unfair, wenn sich andere Sorgen machen, nur weil ich was nicht geregelt kriege!« Fred genoss sichtlich den letzten Schluck Wein und bestellte zwei weitere Einerli. »Ein Dezi Wein ist schon verdammt wenig. Wie ich sehe, Brenda, geht’s dir ähnlich.«

Fred war sich klar, dass Loretta wieder an einem Fall herumdokterte. Wenn er diese Veränderung an ihr bemerkte, nannte er sie immer Brenda.

»Was sind typische Gründe?«. Loretta, als Brenda, konnte jetzt ohne Umschweife auf ihre Fragen zurückkommen und schaute Fred herausfordernd an.

»Eine andere Frau. Es gibt doch diese Typen, die ein Doppelleben führen. Hier eine Frau mit Kind, Haus und allem Schnickschnack und dort eine Blaupause davon oder eine Geliebte, der er ein tolles Leben verspricht. Und irgendwann kriegt er das »Doppelte Lottchen« vielleicht nicht mehr gebacken. Ich frag mich sowieso, wie die das hinkriegen. Also finanziell, zeitlich, mental – ja und irgendwie auch potenziell. Du weißt schon, von der Potenz her.« Fred lachte über seinen eigenen Wortwitz.

»Na Letzteres ist wohl das geringste Problem! Was kommt außer dieser Doppellebennummer noch infrage? Angst, Flucht vor etwas oder jemandem?« Loretta war jetzt in ihrem Element.

»Dafür muss ich natürlich wissen, in welchem sozialen und geschäftlichen Umfeld er sich bewegt. Vielleicht haben sie finanzielle Probleme. Nun gut, wenn’s zu privat wird, muss ich den Fall abgeben.«

»Brenda-Schatz, weißt du noch gar nichts über diesen Mann?« Fred hatte ein wenig den Faden verloren, zu schön war der Moment. In der Sonne sitzend, ein Glas Wein auf dem Tisch, hübsche Touristinnen, die vorbeizogen und seine vollblütige Freundin an der Seite - zu der ihm gerade wieder eine neue Brenda-Episode einfiel. Das Leben war so schön.

»Lass es für heute gut sein, Loretta. Montag ist auch noch ein Tag. Was macht eigentlich dein Watson?«

»Was heißt m-e-i-n Watson? Ich möchte dich daran erinnern, dass ihr vor nicht allzu langer Zeit eine ganze Nacht lang Cocktails gemixt habt, die irgendwie comicartig sein sollten! Captain Future Hurricane! Mr. Spock irgendwas und zum Schluss noch dieses Mädchen-Ding...«, ereiferte sich Loretta.

»Der Lara Croft Cocktail ist kein Mädchen-Ding, vor allem nicht zum Abschluss. Außerdem war es thematisch passend zum Fumetto Comic-Festival! Kultfiguren, tolles Thema!«, sinnierte Fred und kam ins Schwärmen.

»Und, wenn du dich nach dem Essen schon ausklinkst, mussten wir halt zu zweit weiter experimentieren. Gut, mein Kopf war danach ein bisschen wie Moonhead«, dabei fasste er sich an einen imaginären Kopf von der Größe eines Riesenkürbis.

»Ich glaube, du warst nicht der einzige Moonhead. Jedenfalls hat unser Watson ganz schön gelitten am nächsten Tag.« Loretta war es gar nicht recht gewesen, dass Fred ihn animiert hatte, eine lange Nacht einzuläuten. Es war ein richtig schöner Tag gewesen. Mal nicht geschäftlich. Drei Comic-Fans, die versuchten, alle Highlights des Festivals in ein paar Stunden auszukosten. Fred als Profi, sie als Kunst‑ Interessierte und Watson, alias Lars van de Velde, seit fünf Jahren Mitinhaber ihrer Detektei, sowohl genialer Profiler, wie Detektiv, passionierter Velofahrer und Müsli-Esser, als Manga-Fan!

»Manga-Fan«, Loretta hatte die Bilder von dem Tag Revue passieren lassen und sprach den letzten Gedanken leise aus. »Hätte ich nicht gedacht. Aber ich kenn‘ ihn ja eigentlich als Privatperson auch nicht wirklich gut.«

Fred musterte Loretta, die mehr zu sich selbst sprach als zu ihm und war erstaunt, dass er ein leichtes Ziehen verspürte. Eifersucht konnte es nicht sein, Loretta war wie ein guter Freund, ein Partner. Mit ihr konnte er alles besprechen. Sie waren sich nah. Vielleicht war es das.

Loretta war froh, dass in diesem Moment ihr Handy anschlug. »Ha, du wirst es nicht glauben! Wenn man vom Teufel spricht... Lars hat geschrieben. Aber ganz geschäftlich.«

4

»Grüezi miteinand!«, Morita Miramoto, der Assistent von Lars Van der Velde, setzte sich lächelnd an den Tisch und genoss den Blick der Anwesenden, die bei seinem schweizerdeutschen Gruß jedes Mal grinsen mussten.

»Morita, hast du Lars gesehen? Er ist doch ansonsten immer pünktlich«, kam es verwundert von Regula Rhyser.

»No, sorry, Legula.« Regula verkniff sich ein Schmunzeln. Morita hatte beim R diesen charmanten L-Laut, der ansonsten dezent, aber bei Regula deutlicher, ausfiel.

»Ich würde gerne beginnen. Es stehen akute Terminsachen auf dem Programm.« Sie hatte gerade den Satz beendet als Lars seinen Platz einnahm. Er verströmte frische Luft aus jeder Pore.

»Sorry, aber die neue Baustelle ist selbst für Velofahrer ein Hindernis«, dabei schenkte er sich Wasser in sein überdimensioniertes Glas ein und trank es in einem Zug leer. »Habt ihr schon angefangen?«. »Nein, aber dann können wir ja jetzt starten. Ich habe nämlich einen äußerst passenden Auftrag für dich«, dabei zeigte Regula ihr berühmtes You-made-my-Day‑ Lächeln.

»Das Big Tom System, ihr wisst schon, diese große Fahrradkette mit Hauptsitz in Basel, hat das Problem, dass immer wieder Fahrräder verschwinden. Sehr viel mehr gibt’s da noch nicht zu sagen. Aber die Feinheiten klärt ihr ja ab und möglichst rasant, um in der Mobilitätssprache zu bleiben. Die Diebstähle nehmen wohl immer mehr zu.« Damit schloss sie Morita ein, der Lars schon ein Daumen-hoch-Zeichen gab.

»Die Kontaktdaten von Big Tom hat euch Sara geschickt und zusätzlich noch News zu eurem Versicherungsfall in Rheinfelden. Sieht nach spannender Profiler-Arbeit aus«. Regula scrollte ihre Pendenzenliste runter und sah zu Loretta hinüber.

»Und dann haben wir noch einen neuen Fall, die Schober AG in Niederbuchsiten, Kanton Solothurn, Schweizer Masterpartner von einem britischen Fast‑ Food-System namens Wings to heaven.«

»Wow! Hammer!« Carmen Cadruvi, Lorettas Assistentin, strahlte über das ganze Gesicht. »Meine Lieblingsmarke.«

»Schön, Carmen. Leider weniger schön ist, dass der ehemalige Eigentümer und Geschäftsführer Alexander Schober verschwunden ist. Loretta, ich habe dir schon Infos dazu gemailt und einen Termin mit dem CEO der Schober AG für heute Nachmittag abgemacht. Daniel Burmann, so heißt er, ist ziemlich nervös. Es hängt viel von diesem Herrn Schober ab. Carmen, da kannst du einiges zu deiner Lieblingsmarke recherchieren.«

Carmen stieß ein inniges bündnerisches »Grazcha fich!« aus.

»Weißt du seit wann Alexander Schober verschwunden ist?« Loretta blätterte ihr Notizbuch auf, das gleichzeitig Skizzen- und Rezeptbuch war, und wartete auf Regulas Antwort.

»Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, seit ungefähr fünf Tagen. Die Polizei ist informiert, rät aber zum Abwarten. Denn es gibt keinerlei Hinweise auf eine Entführung oder ein sonstiges Verbrechen. Vielleicht ist er einfach mal abgetaucht. Nur dieser Herr Burmann scheint besorgt, dass er nichts mehr gehört hat von Schober, weil er erstens so ein Zuverlässiger sein soll und zweitens Wings to heaven gerade in wichtigen Expansionsverhandlungen steht.«

Regula trank den letzten Schluck ihres Tees. Ein leicht honigfarbenes Getränk, das durch die darin schwimmenden Flusen irritierte. Es musste etwas Gesundes sein, dachte Loretta. Regula hatte seit einiger Zeit ein nicht zu übersehenes Sortiment an Tees und Pulvern in der Büroküche deponiert. An die verschiedenen Grüntees von Lars hatte sich Loretta gewöhnt, aber diese auffällig gestalteten Gesundheitspackungen mit den aromatisierten Düften, waren – vorsichtig formuliert – anstrengend. Loretta hoffte inständig, dass Regula irgendwann gesund genug war und wieder dem echten Genuss frönte. So, wie alle sie im Büro kannten.

Regula Rhyser war die Seele der Detektei. Korrekt, diszipliniert, absolut verlässlich und mit einer menschlichen Wärme ausgestattet, die Kunden dazu veranlasste, häufiger anzurufen als es der Fall verlangte. Es war etwas in ihrer Stimme, in ihrer Art, die andere veranlasste, sich ihr anzuvertrauen, weil sie wussten, dass es bei ihr gut aufgehoben war.

Das war nicht nur bei den Kunden so. Auch im Büro war sie der Dreh- und Angelpunkt, wenn jemand ein Problem oder etwa Herzschmerz hatte, Nähzeug brauchte oder einen Müsliriegel. Regula war die Anlaufstelle für alles. Und sie war verschwiegen. Nur schien sie an diesem Morgen etwas zu bewegen. Sie war so anders!

»Loretta. Darf ich dich kurz sprechen?« Regula hatte, ergänzend zu den digitalen Informationen, einen Flyer zu Wings to heaven auf Lorettas Schreibtisch gelegt.

»Ja, natürlich, Regula.« Loretta folgte Regula mit den Augen als diese zur Tür ging, um sie zu schließen.

»Ich habe ein Angebot bekommen. Du weißt doch noch, dieser Herr Hegli von dem Liquid Nutrition Konzept, der pausenlos anrief und mich mit den Gesundheitspaketen überhäuft hat und so zufrieden war, was wir, also du und Carmen, herausgefunden habt.«

Loretta nutzte die minimale Pause in Regulas Redefluss und fragte ungeduldig. »Und was will er von dir? Will er dich heiraten? Oder will er dich in seinem System?« Beides fühlte sich für Loretta furchtbar an. Regula war für sie die engste Vertraute im Büro und viel mehr als das. Sie war einfach nicht wegzudenken.

»Das ist eben die Frage. Er bietet mir die Leitung Koordination Franchise Development und Expansion an. Sie sind ja bereits international aufgestellt, aber sie wollen eine zweite Marke einführen und brauchen dafür jemanden, der projektbezogen stark ist, aber auch Brücken bauen kann. Es klingt reizvoll. Aber natürlich fühle ich mich hier sehr wohl und ich kann es mir auch kaum vorstellen, wegzugehen.« Regula hatte sich auf den Stuhl gesetzt und strich den Rock ihres Kostüms glatt. Als sie Lorettas Blick erwiderte, sah sie deren Palette an Emotionen in den Augen und an der Körperhaltung.

»Ups, das kommt jetzt wirklich unerwartet. Jetzt weiß ich, was ihr meint, wenn ich mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus falle.« Loretta trank den Rest ihres nunmehr kalten Kaffees. Eigentlich ein Unding für sie, aber sie musste eine kleine Pause einbauen und ihre Haltung wiederfinden.

»Natürlich freue ich mich für dich. Jetzt erklärt sich auch, warum wir diese ganzen Wundertees und ‑ pulver in der Küche haben.« Loretta war in derlei Gesprächen wenig geübt und versuchte mit leichtem Humor weniger betroffen zu wirken.

»Ist natürlich ein tolles Angebot für dich. Eine neue Herausforderung. Ich darf mir zwar nicht vorstellen, wie es ohne dich hier sein wird, aber wie sieht es denn aus? Hast du es für dich geprüft? Von welchem Zeitplan sprechen wir?«

»Nein, ich habe nichts entschieden. Ich wollte dich nur gleich informieren. Wir kennen uns so lange und da finde ich es einfach fair. Es wäre zum Jahresbeginn, also nächstes Jahr im Januar sehen sie sich in der Startphase. Ich bin absolut nicht sicher, Loretta. Ich will auch noch abklären, was es mit Michael auf sich hat. Also Michael Hegli.«

»Michael. Wie privat seid ihr denn?» Loretta sah etwas irritiert zu Regula.

»Ach von meiner Seite aus, ist es einfach ein gutes Einvernehmen. Wir können gut über das Geschäft sprechen. Ich finde die Produkte spannend. Na ja, ich muss das alles erst einmal wirken lassen. Es tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe.« Damit hatte sich Regula erhoben, stand nun kerzengerade da und demonstrierte, dass sie alles wieder unter Kontrolle hatte.

»Ich muss zu Sara nach vorne, sie braucht noch etwas Unterstützung in der Administration.«

Loretta nahm gedankenverloren den Flyer in die Hand und sah die Fotos mit knusprigen Pouletflügeli und den vollmundigen Qualitätsaussagen, als das Telefon trompetete – anders ließ sich der neue Klingelton nicht bezeichnen. Der Anlagentechniker hatte für die verschiedenen Telefonleitungen nach eigenem Gusto Klingeltöne vergeben. Seine Vorliebe schien bei generalstabsmäßigen Fanfarenklängen zu liegen.

»Eine Frau Elsie Caruso möchte dich sprechen«, dabei rollte Carmen mit ihrem Bündner Dialekt das Rvon Caruso so wunderbar, dass Loretta lächeln musste.

»Danke, stell’ sie bitte durch.«

»Buon Giorno, Frau Caruso, wie geht es Ihnen?

Gibt es etwas Neues von ihrem Schwager?«

»Buon Giorno, Frau Lombardi, ich .... Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Mein Sohn hat sich ihre Internetseite angesehen. Ich dachte, Sie sind in der Versicherungsbranche, weil da etwas mit Franchise auf ihrer Karte stand, aber Sie sind D-e-t-e-k-t-i-v-i-n.« Wie Elsie das sagte, klang Detektivin wie etwas Mysteriöses.

»Nein, mit Versicherungen haben wir nur zu tun, wenn wir für diese etwas ermitteln. Aber sagen Sie mir doch, ob es etwas Neues gibt. Je nachdem kann ich ihnen eine Detektei für Privatermittlungen empfehlen.«

»Es gibt keine Hinweise, rein gar nichts. Auch nicht, dass ihm etwas passiert ist.«

»Ist er denn gesundheitlich gut unterwegs?« Loretta kritzelte bei ihrer Frage etwas Hieroglyphisches in ihr Notizbuch, das neben dem Telefon lag.

»Ja, sehr gut. Luigi sagt zwar immer, er ist viel zu dünn und blass. Porro nennt er ihn und weil er den lieben langen Tag im Labor ist, nennt er ihn Professore Porro«, Elsie lachte kurz auf. »Luigi hat für alles und jeden Gemüsenamen. Ich bin seine Patate dolce.«

»Das ist reizend. Italienisch klingt sowieso alles viel charmanter. Können Sie sich einen Grund für das Verschwinden ihres Schwagers, Herrn – wie heißt er denn genau – vorstellen?«

»Er heißt Alex, also Alexander Schober.«

»Moment, Alexander Schober, von der Schober AG in Niederbuchsiten?«

»Ja, genau. Sie kennen meinen Schwager?«

»Nein, ich hatte nur in der Zeitung über die Neuausrichtung der Schober AG gelesen.«

»Ja, das stimmt. Sie wissen aber gut Bescheid. Alex ging das alles viel zu schnell. Weil er doch so ein Tüftler ist und neue Saucen dafür entwickelt hat.« Elsie kam ins Stocken. »Ach, Frau Lombardi, meinen Sie, Sie können uns helfen, Alex zu finden?«

»Liebe Frau Caruso, ich danke ihnen für das Vertrauen. Wie ich Ihnen schon sagte, Privatermittlungen sind normalerweise nicht mein Aufgabengebiet. Aber der Zufall will es, dass ich geschäftlich mit der Firma Schober zu tun habe und mir Informationen zum näheren Geschehen von Alexander Schober sehr dienlich sind. Meinen sie, dass sie mich mit ihrer Schwester morgen früh aufsuchen können. Sie wollte sie doch besuchen.«

»Ja, sie kommt heute Nachmittag. Ich werde das einfädeln. Ist denn etwas Schlimmes mit der Firma meines Schwagers? Ich meine, stimmt etwas nicht?«

»Nein, es geht um die Expansion der Firma. Aber lassen sie uns das besprechen, wenn sie vorbeikommen.«

»Bernadette, also meine Schwester, hat ja immer gesagt, diese Firma bringt uns alle ins Elend.«

5

»Carmen, komm‘ doch bitte mal.« Loretta hatte diverse Dateien auf ihrem Bildschirm geöffnet. »Hier steht ziemlich schroff geschrieben, dass das Familienunternehmen, die Schober Saucen GmbH, wohl keine vierte Generation mehr erleben wird. Der Umsatz sei dramatisch zurückgegangen. Laut Alexander Schober liegt es an der Billigware aus dem Ausland. Convenience-Saucen und Dips überschwemmen den ganzen Markt. Alles überaromatisiert mit Geschmacksverstärkern. Keine Qualitätsmaßstäbe.«

»Wann war das?« Carmen beugte sich über Lorettas Schulter.

»November 2017. Aber ein halbes Jahr später sah die Welt schon anders aus.« Loretta öffnete eine Eintragung in Moneyhouse, in der Daniel Burmann als CEO und Mehrheitsaktionär der Schober AG, ehemals Schober Saucen GmbH, genannt wurde.

»Von Alexander Schober war dazu nichts in der Presse. Aber dann die Meldung, die sich durch die Medienwelt zog. Die Schober AG erwarb die Rechte deiner Leib-und-Magen-Fast-Food-Kette für die stattliche Summe von 5,8 Millionen Schweizer Franken. Für ein Startup, nicht schlecht.«

Carmen, zart, blonde Mähne, knapp ein Meter sechzig groß, beziehungsweise klein, je nach Betrachtungsweise, rollte bestätigend mit den Augen. Kaum vorstellbar, dass dieses ätherische Wesen überhaupt Fleisch aß, geschweige denn kräftig gewürzte Pouletflügeli, aus der Pappschachtel, mit Country Fries und gehaltvollen Saucen dazu. Aber Beweismaterial in Form eines Selfies sandte sie Loretta jeweils per WhatsApp, wenn sie wieder bei ihrem Freund in London zu Besuch war.

»Ich weiß, ich habe alles über Wings to heaven gesammelt, seit sie vorhatten, zu uns zu kommen. Ich habe quasi die ganze History.« Carmen lächelte stolz, klappte ihren Laptop auf und ergänzte die Information mit dem zusätzlichen Kommentar, dass die Firma Schober aus Niederbuchsiten nicht nur die Rechte für die Expansion im DACH-Raum hält, sondern auch Saucenlieferant werden soll.

»Daniel Burmann, Teilhaber und CEO der Firma, will die Fast-Food-Branche aufmischen, die er zu stark von den Großen besetzt sieht und jetzt neue Wege mit der Firma Schober AG gehen will. Schneller, profitabler und standardisierter, das ist seine Devise«, resümierte Carmen.

»Das hat er so gesagt? So provokant? Das klingt nicht sehr schweizerisch.«

»Bingo, er kommt auch aus Deutschland, wie es in einem Artikel der Handelszeitung steht. Ich schick‘ dir die Links. Außerdem will er schnellstmöglich expandieren, nach Deutschland und Österreich.«