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Wilhelm Hauffs Roman 'Die Geschichte von dem kleinen Muck' ist ein Meisterwerk der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. In dieser phantastischen Erzählung begleiten wir den kleinen Muck auf seinen Abenteuern durch den Orient, wo er auf magische Wesen und rätselhafte Begebenheiten stößt. Mit einem feinen Gespür für Ironie und einer lebendigen Erzählweise schafft Hauff eine faszinierende Welt voller Fantasie und Moral. Dieses Märchen für Jung und Alt ist nicht nur ein vergnüglicher Lesespaß, sondern bietet auch zahlreiche Anspielungen auf gesellschaftliche Strukturen und das menschliche Streben nach Glück und Erfolg. Wilhelm Hauffs Werk zeichnet sich durch seine feine Beobachtungsgabe und seine sprachliche Virtuosität aus, die den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht. Der Autor, der selbst ein bewegtes Leben führte und früh verstarb, hinterließ mit 'Die Geschichte von dem kleinen Muck' ein literarisches Juwel, das bis heute nichts von seinem Zauber eingebüßt hat. Dieses Buch ist ein zeitloses Meisterwerk, das sowohl Liebhaber klassischer Literatur als auch Leser jeden Alters begeistern wird. Tauchen Sie ein in die Welt des kleinen Muck und lassen Sie sich von Wilhelm Hauffs Erzählkunst verzaubern.
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Seitenzahl: 33
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In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann, den man den kleinen Muck hieß. Ich kann mir ihn, ob ich gleich damals noch sehr jung war, noch recht wohl denken, besonders weil ich einmal von meinem Vater wegen seiner halbtot geprügelt wurde. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle, als ich ihn kannte; doch war er nur drei bis vier Schuh hoch, dabei hatte er eine sonderbare Gestalt, denn sein Leib, so klein und zierlich er war, mußte einen Kopf tragen, viel größer und dicker als der Kopf anderer Leute; er wohnte ganz allein in einem großen Haus und kochte sich sogar selbst, auch hätte man in der Stadt nicht gewußt, ob er lebe oder gestorben sei, denn er ging nur alle vier Wochen einmal aus, wenn nicht um die Mittagsstunde ein mächtiger Dampf aus dem Hause aufgestiegen wäre, doch sah man ihn oft abends auf seinem Dache auf und ab gehen, von der Straße aus glaubte man aber, nur sein großer Kopf allein laufe auf dem Dache umher. Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten, daher war es uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging; wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam; wenn dann die Türe aufging und zuerst der große Kopf mit dem noch größeren Turban herausguckte, wenn das übrige Körperlein nachfolgte, angetan mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing, so lang, daß man nicht wußte, ob Muck an dem Dolch, oder der Dolch an Muck stak, wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei, wir warfen unsere Mützen in die Höhe und tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüßte uns mit ernsthaftem Kopfnicken und ging mit langsamen Schritten die Straße hinab. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer: »Kleiner Muck, kleiner Muck! « Auch hatten wir ein lustiges Verslein, das wir ihm zu Ehren hier und da sangen; es hieß:
»Kleiner Muck, kleiner Muck, Wohnst in einem großen Haus, Gehst nur all vier Wochen aus, Bist ein braver, kleiner Zwerg, Hast ein Köpflein wie ein Berg, Schau dich einmal um und guck, Lauf und fang uns, kleiner Muck!«
So hatten wir schon oft unsere Kurzweil getrieben, und zu meiner Schande muß ich es gestehen, ich trieb’s am ärgsten; denn ich zupfte ihn oft am Mäntelein, und einmal trat ich ihm auch von hinten auf die großen Pantoffeln, daß er hinfiel. Dies kam mir nun höchst lächerlich vor, aber das Lachen verging mir, als ich den kleinen Muck auf meines Vaters Haus zugehen sah. Er ging richtig hinein und blieb einige Zeit dort. Ich versteckte mich an der Haustüre und sah den Muck wieder herauskommen, von meinem Vater begleitet, der ihn ehrerbietig an der Hand hielt und an der Türe unter vielen Bücklingen sich von ihm verabschiedete. Mir war gar nicht wohl zumute; ich blieb daher lange in meinem Versteck; endlich aber trieb mich der Hunger, den ich ärger fürchtete als Schläge, heraus, und demütig und mit gesenktem Kopf trat ich vor meinen Vater. »Du hast, wie ich höre, den guten Muck beschimpft?« sprach er in sehr ernstem Tone. »Ich will dir die Geschichte dieses Muck erzählen, und du wirst ihn gewiß nicht mehr auslachen; vor-und nachher aber bekommst du das Gewöhnliche.« Das Gewöhnliche aber waren fünfundzwanzig Hiebe, die er nur allzu richtig aufzuzählen pflegte. Er nahm daher sein langes Pfeifenrohr, schraubte die Bernsteinmundspitze ab und bearbeitete mich ärger als je zuvor.
Als die Fünfundzwanzig voll waren, befahl er mir, aufzumerken, und erzählte mir von dem kleinen Muck: