Die kleine Meerjungfrau Märchen - Hans Christian Andersen - E-Book

Die kleine Meerjungfrau Märchen E-Book

Hans Christian Andersen

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Beschreibung

Die kleine Meerjungfrau ist die anmutigste, die stillste und nachdenklichste aller Töchter des Meerkönigs und sehnt sich schon als Kind danach, die Menschenwelt kennenzulernen. Eines Tages rettet sie einen schönen Prinzen, der zu ertrinken droht und verliebt sich in ihn. Eine berührende Vorlesegeschichte über die unerfüllte Liebe einer Meerjungfrau zu einem Prinzen. Für ihre große Liebe lässt sie sich ihre Stimme nehmen, womit ungesagt bleibt, welche Gefühle er in ihr bewegt. Hans Christian Andersen (1805 - 1875) ist ein dänischer Dichter, der sich zuvor als Schauspieler und Sänger versuchte, aber mit seinen zahlreichen Märchen weltberühmt wurde.

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Hans Christian Andersen

Die kleine Meerjungfrau Märchen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhalt

Die kleine Meerjungfrau

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Impressum neobooks

Inhalt

Hans Christian Andersen

Märchen

Die kleine Meerjungfrau

Die kleine Meerjungfrau

Weit draußen im Meere ist das Wasser so blau, wie die Blätter der schönsten Kornblume, und so klar, wie das reinste Glas. Aber es ist sehr tief, tiefer, als irgendein Ankertau reicht. Viele Kirchtürme müssten aufeinander gestellt werden, um vom Boden bis über das Wasser zu reichen.

Dort unten wohnt das Meervolk.

Nun muss man aber nicht glauben, dass da nur der nackte, weiße Sandboden sei. Nein, da wachsen die sonderbarsten Baume und Pflanzen, die so geschmeidig im Stiele und in den Blättern sind, dass sie sich bei der geringsten Bewegung des Wassers rühren, als ob sie lebten. Alle kleinen und großen Fische schlüpfen zwischen den Zweigen hindurch, wie hier oben die Vögel durch die Bäume. An der tiefsten Stelle liegt des Meerkönigs Schloss.

Die Mauern sind von Korallen und die langen Spitzbogenfenster vom klarsten Bernstein, aber das Dach bilden Muschelschalen, die sich öffnen und schließen, je nachdem, wie das Wasser strömt. Es sieht herrlich aus, denn in jeder liegen strahlende Perlen. Eine einzige davon würde großen Wert in der Krone einer Königin haben.

Der Meerkönig dort unten war seit vielen Jahren Witwer, während seine alte Mutter bei ihm wirtschaftete. Sie war eine kluge Frau, aber stolz auf ihren Adel, deshalb trug sie zwölf Austern auf dem Schwanze, die andern Vornehmen aber durften nur sechs tragen. Sonst verdiente sie großes Lob, besonders weil sie viel auf die kleinen Meerprinzessinnen hielt, ihre Enkelinnen.

Es waren sechs schöne Kinder, aber die Jüngste war die Schönste von allen. Ihre Haut so klar und so fein wie ein Rosenblatt, ihre Augen so blau wie die tiefste See. Aber ebenso, wie alle, hatte sie keine Füße, denn der Körper endete in einen Fischschwanz.

Den ganzen Tag konnten sie unten im Schlosse spielen, in den großen Sälen, wo lebendige Blumen aus den Wänden hervor wuchsen. Die großen Bernsteinfenster wurden aufgemacht und sofort schwammen die Fische zu ihnen herein, wie bei uns die Schwalben hereinfliegen, wenn wir die Fenster aufmachen. Doch die Fische schwammen zu den Prinzessinnen hin, fraßen aus ihren Händen und ließen sich streicheln.

Draußen vor dem Schlosse war ein großer Garten mit feuerroten und dunkelblauen Blumen. Die Früchte strahlten wie Gold und die Blumen wie brennendes Feuer, indem sie fortwährend Stängel und Blätter bewegten. Die Erde selbst war der feinste Sand, aber blau, wie die Schwefelflamme. Über dem Ganzen lag ein eigentümlich blauer Schein.

Man hätte eher glauben mögen, dass man hoch in der Luft stehe und nur Himmel über und unter sich habe, als dass man auf dem Grunde des Meeres sei. Während der Windstille konnte man die Sonne erblicken. Sie erschien wie eine Purpurblume, aus deren Kelche alles Licht strömte.

Eine jede der kleinen Prinzessinnen hatte ihren kleinen Platz im Garten, wo sie graben und pflanzen konnte, wie es ihr gefiel. Die Eine gab ihrem Blumenfleck die Gestalt eines Walfisches. Einer Andern gefiel es besser, dass der Ihrige einem kleinen Meerweibe gleiche, Aber die Jüngste machte den Ihrigen rund, der Sonne gleich, und hatte Blumen, die rot wie diese schienen.

Sie war ein sonderbares Kind, still und nachdenkend. Wenn die andern Schwestern mit den merkwürdigsten Sachen prunkten, welche sie von gestrandeten Schiffen erhalten hatten, wollte sie außer den rosenroten Blumen, die der Sonne dort oben glichen, nur eine hübsche Marmorstatue haben.

Dies war ein herrlicher Knabe, aus weißem, klarem Steine gehauen, der beim Stranden auf den Meeresgrund gekommen war. Sie pflanzte bei der Statue eine rosenrote Trauerweide. Die wuchs herrlich und hing mit ihren frischen Zweigen über derselben, gegen den blauen Sandboden herunter, wo der Schatten sich violett zeigte und gleich den Zweigen in Bewegung war. Es sah aus, als ob die Spitze und die Wurzeln mit einander spielten, als wollten sie sich küssen.

Es gab keine größere Freude für sie, als von der Menschenwelt zu hören. Die Großmutter musste alles, was sie von Schiffen und Städten, Menschen und Tieren wusste, erzählen. Hauptsächlich erschien ihr besonders schön, dass oben auf der Erde die Blumen dufteten, denn das taten sie auf dem Grunde des Meeres nicht, und dass die Wälder grün wären, und dass die Fische, die man dort zwischen den Bäumen erblickte, laut und herrlich singen könnten, dass es eine Lust sei. Es waren die kleinen Vogel, welche die Großmutter Fische nannte, denn sonst konnten sie sie nicht verstehen, da sie noch keinen Vogel gesehen hatten.

»Wenn Ihr Euer fünfzehntes Jahr erreicht habt«, sagte die Großmutter, »dann sollt Ihr die Erlaubnis erhalten, aus dem Meer emporzutauchen, im Mondscheine auf der Klippe zu sitzen und die großen Schiffe vorbeisegeln zu sehen. Wälder und Städte werdet Ihr dann erblicken!«

In dem kommenden Jahre war die eine der Schwestern fünfzehn Jahre alt, aber von den andern war die eine immer ein Jahr jünger als die andere. Die Jüngste von ihnen hatte demnach noch volle fünf Jahre zu warten, bevor sie von dem Grunde des Meeres hinaufkommen und sehen konnte, wie es bei uns aussehe. Aber die Eine versprach der Andern, zu erzählen, was sie erblickt und was sie am ersten Tage am Schönsten gefunden habe. Denn ihre Großmutter erzählte ihnen nicht genug. Da war so vieles, worüber sie Auskunft haben wollten.