Die Kraft der Achtsamkeit für pflegende Angehörige - Katrin Beckmann - E-Book

Die Kraft der Achtsamkeit für pflegende Angehörige E-Book

Katrin Beckmann

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  • Herausgeber: Irisiana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Selbstfürsorge und praktische Hilfe für Angehörige Demenzkranker

Ratgeber für Demenzerkrankte gibt es viele – einen Guide, der die Angehörigen in den Mittelpunkt stellt, die die schwierige und anstrengende Pflegeaufgabe übernommen haben, jedoch bisher nicht. Katrin Beckmann, die sich als Demenz-Coach für beide Seiten versteht, schließt mit ihrem Erste-Hilfe-Ratgeber diese Lücke. Sie verbindet die Selbstfürsorge von Angehörigen Demenzkranker mit Achtsamkeit und bietet ein alltagstaugliches Konzept an, das mit unkomplizierten Übungen leicht zu erlernen ist. Denn, so Katrin Beckmann: »Ohne dich geht es nicht!« Ein erschöpfter, erkrankter und gestresster Angehöriger kann sich nicht adäquat kümmern. Über die Selbstfürsorge hinaus gibt die versierte Beraterin wertvolle Tipps, wie Angehörige auf Demenzerkrankte eingehen können, sodass es eine gute Erfahrung für beide Seiten wird und bleibt.

  • Der erste Ratgeber für pflegende Angehörige, der ihr Wohlbefinden in den Mittelpunkt stellt
  • Wirksame Selbstfürsorge mit einfachen und alltagstauglichen Achtsamkeitsübungen
  • Katrin Beckmann hat jahrelange Erfahrung als Seniorenpflegerin sowie als Demenzcoach für Angehörige und Betroffene

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 221

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Über die Autorin

Katrin Beckmann ist Demenz- und Präventionscoachin sowie Trainerin für Gesundheits- und Stressmanagement. Sie begann ihre berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin. Es folgten Aus- und Weiterbildungen zur Demenz-Coachin sowie Trainerin im Bereich Stress- und Gesundheitsmanagement und Burn-out-Beratung. Katrin Beckmann hält Impulsvorträge und Workshops zu verschiedenen Themen wie Resilienz, Achtsamkeit für pflegende Angehörige, Demenz erkennen und verstehen sowie zur Prävention von Demenzerkrankungen. Darüber hinaus bietet sie Einzel- und Gruppen-Coachings für Privatpersonen und Unternehmen zum Umgang und zur Kommunikation mit und bei Demenz an.

Die Autorin hat die BecksLife-Methode entwickelt, einen innovativen Ansatz zur Unterstützung von pflegenden Angehörigen und zum gezielten Umgang mit Menschen mit Demenz.

Wenn du mehr über dieses lebensverändernde Konzept und seine praktische Umsetzung erfahren möchtest, kontaktiere die Autorin gern per Mail: [email protected]

Viele weitere Informationen zur Autorin und zu ihrem breitgefächerten Angebot findest du auf ihrer Homepage:

www.demenzfreileben.de

Katrin Beckmann

Die Kraft der

Achtsamkeit

für pflegende Angehörige

Selbstfürsorge und praktische Hilfe für Angehörige von Demenzerkrankten

Inhalt

Einleitung

Plötzlich pflegende Angehörige

Die große Herausforderung: zu Hause pflegen

Schritt für Schritt in ein neues Leben

Die erste Säule: Gute Vorbereitung und Planung

Die zweite Säule: Unterstützung

Veränderung als Chance erkennen

Die Kraft der Achtsamkeit

Achtsamkeit: ein Anker in stürmischer See

Achtsamkeit im Alltag

Mehr Wohlbefinden durch richtiges Atmen

Achtsamkeit im Pflegealltag einsetzen

Achtsame Kommunikation

Achtsam bleiben in Stresssituationen

Negative Glaubenssätze

The Work: Eine Anleitung für inneren Frieden und zur Konfliktlösung

Achtsamkeitsinseln im Alltag

Kleine Veränderungen mit großer Wirkung

Kurze Achtsamkeitsübungen von einer bis fünf Minuten

Achtsamkeitsübungen von zehn Minuten bis hin zu einer Stunde

Längere Achtsamkeitsauszeiten

Stark gegen Stress mit Achtsamkeit und Selbstfürsorge

Stress erkennen und bewältigen

Maßnahmen zur Reduzierung der Stressbelastung in der Pflege

Auszeit ohne schlechtes Gewissen

Loslassen, Akzeptanz und Hilfe annehmen

Trotz Belastung gesund bleiben

Miteinander und gestärkt durch den Tag

Schöne Momente miteinander erleben

Die Kraft unserer Sinne anregen und fördern

Die Sinne stärken

In Kontakt bleiben durch wertschätzende Kommunikation

Ein Mutmacher-Interview mit Barbara Jurowski – Tochter und pflegende Angehörige

Infoteil: Basiswissen Demenz

Was ist Demenz?

Formen der Demenz

Diagnose Demenz

Demenz ist nicht gleich Demenz

Infoteil: Finanzielle Unterstützungen und Entlastungsangebote

Praktische Tipps für finanzielle Unterstützung

Infoteil: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Der Notfallordner

Zu guter Letzt

Danksagung

Infos, Empfehlungen und Tipps

Einleitung

Liebe pflegende Angehörige, lieber pflegender Angehöriger,

wie schön, dass du dich für diesen Ratgeber entschieden hast. Damit zeigst du, dass dir nicht nur dein an Demenz erkrankter Angehöriger am Herzen liegt, sondern dass auch du selbst dir wichtig bist.

Warum solltest du als pflegender Angehöriger besonders auf dich achten? Wer einen an Demenz Erkrankten pflegt, leistet viel und geht oft über seine Grenzen. Gleichzeitig erfährt der Pflegende selten die nötige Anerkennung oder erhält nicht die Unterstützung, die so dringend gebraucht würde. Die beiden Corona-Jahre und ihre Auswirkungen haben für zusätzliche Belastungen gesorgt. Und doch legt fast jeder Ratgeber, fast jede Broschüre den Fokus auf den Erkrankten, nicht auf den Pflegenden. Das möchte ich mit diesem Buch ändern: Denn Angehörige sollten sich bewusst und ganzheitlich um ihre eigenen Bedürfnisse kümmern, da es sonst zu Erschöpfung oder schwereren Folgen kommen kann.

Einen Menschen mit Demenz im häuslichen Umfeld zu versorgen, verändert alles. Nicht nur das Leben des Betroffenen, sondern auch das des Pflegenden. Sich auf all die gravierenden Veränderungen einzulassen, erfordert nicht nur viel Mut und Geduld, sondern auch eine Menge Verständnis und Einfühlungsvermögen. Sich dabei selbst nicht zu verlieren und sein Leben so weit wie möglich aufrechtzuerhalten, ist eine andere, nicht zu unterschätzende Herausforderung. Hier kann dich die Kraft der Achtsamkeit nicht nur bei den vielen Aufgaben stärken, die auf dich zukommen, sondern sie hilft dir auch, Selbstfürsorge in dein Leben zu integrieren. Dieser Ratgeber bietet dir in diesem Sinne neben Aufklärung und Information vor allem Verständnis, Anerkennung und dringend benötigte praktische Anregungen für den Alltag mit deinem demenzerkrankten Angehörigen.

Zuerst erfährst du, welche tiefgreifenden Veränderungen für dich und deinen Angehörigen mit der Erkrankung einhergehen und wie wichtig deine Rolle dabei ist. Ich erkläre dir, wie du mit dieser neuen Situation umgehen kannst, ohne deine eigene Gesundheit zu gefährden. Du bekommst achtsame Methoden der Selbstfürsorge an die Hand und lernst ohne viel Aufwand, mehr Achtsamkeit in deinen Alltag einzubauen und nachhaltig mit Stress umzugehen. Dich erwarten neben vielfältigen Übungen und Anregungen außerdem hilfreiche Selbstreflexionen, die dich unterstützen, Sorgen und Ängste aufzulösen, deine innere Widerstandskraft zu stärken und fit zu bleiben. Deine psychische Gesundheit spielt eine ebenso große Rolle wie dein körperliches Wohlbefinden.

Wie oben schon erwähnt: Durch die Demenz verändert sich vieles, vom Verhalten deines Angehörigen über Kommunikation bis hin zu Alltagsabläufen. Aber ich kann dir aus meiner langjährigen Erfahrung als Demenz-Coachin versichern, dass trotz der Erkrankung ein farbenfrohes Leben für euch beide möglich ist. Du erhältst viele Tipps, wie du deinem Angehörigen mit mehr Gelassenheit begegnen kannst, wie du zum Beispiel auf sein herausforderndes Verhalten reagierst, ohne selbst in Stress zu geraten. Ich zeige dir, wie du die Bedürfnisse deines Angehörigen erkennst, ohne deine eigenen zu übergehen. Denn an dich selbst zu denken, ist nicht egoistisch, sondern überaus wichtig, um die bedeutende und fordernde Aufgabe der Pflege zu meistern.

Im letzten Teil gebe ich dir medizinische, finanzielle und juristische Informationen sowie Zahlen und Tipps zur Alzheimer-Demenz an die Hand – sofern du dich näher damit beschäftigen möchtest. Ich würde es dir empfehlen, denn je besser du informiert bist, desto leichter kannst du mit den schwierigen und unsicheren Situationen umgehen, die im Verlaufe der Erkrankung deines Angehörigen auf dich zukommen können.

Im ausführlichen Anhang findest du außerdem Adressen, Links und Literatur, also alles, was dir auf praktischer, bürokratischer und auch therapeutischer Ebene weiterhilft. Hier habe ich unter anderem die Kontaktdaten von den im Buch genannten Fachleuten und Anlaufstellen aufgelistet, wenn du mehr erfahren und/oder dein Netzwerk vergrößern möchtest.

Bevor du nun anfängst, diesen Ratgeber von vorn bis hinten durchzulesen: Mach dich als Erstes mit dem Inhaltsverzeichnis vertraut. Welches Thema interessiert dich gerade brennend? Der Ratgeber ist so strukturiert, dass du mit dem Thema oder Kapitel beginnen kannst, das dich besonders anspricht. Ich empfehle dir, dir ausreichend Zeit zum Lesen zu nehmen, damit du wirklich etwas von dieser Lektüre haben wirst. Such dir einen gemütlichen Platz aus, an dem du möglichst ungestört bist, und genieß beim Lesen zum Beispiel ein warmes Getränk deiner Wahl wie Kaffee oder Tee. Vielleicht kannst du so bereits ein Selbstfürsorge-Ritual für dich schaffen, indem du dir eine halbe Stunde am Tag Zeit für dich und die Lektüre gönnst.

Bitte lies nicht nur passiv, sondern nutz die Reflexionen, die als solche im Text gekennzeichnet sind. So lernst du dich und deine Bedürfnisse besser kennen und findest heraus, welche Änderungen nötig sind, um euren Alltag zu vereinfachen und stressloser zu gestalten. Sei aktiv! Versuch die Aufgaben und Übungen zu verstehen und zu verinnerlichen. Du benötigst nicht viel, um sie in deinen Alltag zu integrieren, nur etwas Geduld und Zuversicht. Gern kannst du für einige Achtsamkeitsübungen eine separate Unterlage wie eine Yogamatte nutzen. Doch überanstreng dich nicht. Veränderung ist ein Prozess, und die Umsetzung der Übungen und Tipps braucht seine Zeit.

Jeder Mensch ist außerdem einzigartig, finde heraus, welche Übungen zu dir und deinem Leben passen. Dieser Ratgeber ist ein Leitfaden, doch der Experte für deinen Körper und deine Bedürfnisse bist allein du. Sei daher offen für Experimente und finde heraus, was für dich am besten funktioniert. Die meisten Übungen kannst du überall und jederzeit durchführen. Eine gute Idee ist es, Wichtiges zu markieren und dir Notizen zu machen. Aus eigener Erfahrung kann ich dir dazu zwei Möglichkeiten empfehlen, die sich auch gut miteinander kombinieren lassen:

Interessante Stellen lassen sich gut mit Haftmarkern kennzeichnen.

Nutz ein Notizbuch oder Journal, in dem du Denkanstöße festhältst. Das kannst du ebenfalls verwenden, um Erfahrungen mit verschiedenen Übungen aufzuschreiben. Vielleicht besorgst du dir einen Stift, mit dem du gerne schreibst und der stets griffbereit neben deinem Notizbuch liegt.

Mit diesem Buch möchte ich dir in erster Linie Kraft schenken, dich motivieren und dabei unterstützen, Achtsamkeit und Selbstfürsorge in deinem Leben anzuwenden. Vielleicht wirst du dich manchmal beim Lesen nachdenklich oder traurig fühlen. Aber insgesamt wirst du mit der Zeit eine wohltuende Veränderung in dir spüren. Nutz die Tipps in kleinen »Häppchen«, mach nicht alles auf einmal – aber selbst wenn etwas nicht nach Plan läuft, sei geduldig, probier eine Idee einfach nochmal aus und lass den Kopf nicht hängen. Feiere stattdessen jeden noch so kleinen Erfolg auf deinem Weg zu mehr Achtsamkeit.

Zur besseren Lesbarkeit ist dieses Buch im generischen Maskulinum geschrieben. Die genannten Personenbezeichnungen gelten, sofern nicht anders gekennzeichnet, natürlich für beide Geschlechter.

Plötzlich pflegende Angehörige

Als pflegender Angehöriger bist du für den Erkrankten ein Symbol der Stärke und Beständigkeit inmitten der Herausforderungen und Unsicherheiten der Demenz. Du stehst fest und unerschütterlich, auch wenn die Wellen der Schwierigkeiten um euch herum aufbranden. Du bist der sichere Hafen, zu dem dein erkrankter Angehöriger zurückkehren kann. Du bist die Konstante in seinem Leben, egal, wie sehr sich seine Umstände durch die Krankheit verändern mögen. Du bist die Quelle der Hoffnung und das Licht im Dunkeln. Deine Stärke liegt in deiner inneren Ruhe und Besonnenheit. Du bewahrst den Überblick, wenn alles chaotisch erscheint. Du bist geduldig und hältst durch, auch wenn es schwer wird. Du sorgst dafür, dass dein Angehöriger sich geliebt und gepflegt fühlt, egal, wie schwer die Zeiten sind.

Die große Herausforderung: zu Hause pflegen

Das klingt nach einer riesigen Aufgabe, richtig? Aber, und vielleicht tröstet dich und hilft dir dieser Gedanke: Du bist nicht allein. Demenz ist eine Erkrankung, die weite Teile der Bevölkerung betrifft, und es werden immer mehr Betroffene werden. Und die meisten Demenzerkrankten werden zu Hause gepflegt: Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 über 80 Prozent der pflegebedürftigen Personen zu Hause versorgt, rund 60 Prozent davon überwiegend durch die eigenen Angehörigen. Pflegende Angehörige sind überwiegend Frauen, die sich liebevoll, meist noch neben dem Beruf und/oder eigener Familie mit Kindern, um den Betroffenen kümmern und die Pflege zusätzlich zu ihrem Alltag organisieren. Was für eine Leistung!

Ein Grund für diese denkbar schwierigen Umstände ist: Ein Umzug in ein Heim kommt für die meisten Erkrankten nicht in Frage. Sie haben Angst vor dem Alleinsein, der Hilflosigkeit und dem Angewiesensein auf fremde Hilfe. Auch für die Angehörigen ist eine Unterbringung in einem Seniorenheim oft keine Option. Es sind weniger die hohen Kosten, die bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen, sondern überwiegend der Wunsch, jemanden, den man liebt, in vertrauter Umgebung zu versorgen und nicht fremden Händen zu überlassen.

Doch für die Pflege eines Angehörigen reichen allein Zuneigung, Optimismus und Tatkraft nicht aus. Du brauchst viel Kraft, und ihren Erhalt musst du pflegen – das bedeutet, du musst dich bewusst um Selbstfürsorge kümmern. Lass uns mit den ganz praktischen Dingen beginnen, mit den Veränderungen, die auf dich zukommen, und der Organisation des Alltags. Denn hier beginnt bereits Selbstfürsorge – auf ganz pragmatischer Ebene.

Ein Anker: Organisation und Zeitmanagement

Die Diagnose Demenz verschafft zwar Klarheit, ist für viele Angehörige aber niederschmetternd. Wie es sich anfühlt, plötzlich aus dem gewohnten Lebensrahmen herausgerissen und in diese unbekannte Situation hineingeworfen zu werden, ist für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar. Viele Angehörige, wie vielleicht auch du, erleiden nach Erhalt der Diagnose einen regelrechten Schock und brauchen selbst Unterstützung, um die neue Situation zu realisieren und zu verkraften.

Tausende von Fragen stellen sich und sind zunächst kaum zu beantworten: Was kommen für Veränderungen im Alltag auf mich zu? Wie kann ich mit der Erkrankung und der damit verbundenen Verantwortung richtig umgehen? Das Gedankenkarussell ist nur schwer zu stoppen. Zu viele Fragen versperren oftmals die Sicht auf das Ganze. In Zukunft heißt es, euer bisheriges Leben mit Kindern, Enkeln, Garten, Haustieren oder Beruf mit der Pflegesituation zu vereinbaren. Über allem darfst du dich selbst nicht vergessen. Es wäre fatal, wenn du vor lauter Einsatz für deinen Angehörigen auf der Strecke bleiben würdest. Ich zeige dir, wie du im Chaos den Fokus auf das Wesentliche richtest. So kannst du gestärkt und Schritt für Schritt an die Umsetzung gehen.

Selbstfürsorge erhält die Gesundheit

Leider passiert es häufig, dass sich pflegende Angehörige von ihrer Umwelt, also Freunden und Familie, abkapseln und isolieren. Mangelnde soziale Kontakte katapultieren sie in eine Abwärtsspirale von Überlastung und Erschöpfung. Ich kann es nur wiederholen: Um eine gute und liebevolle Pflege gewährleisten zu können, muss in erster Linie derjenige, der pflegt, in jeder Hinsicht gesund bleiben. Je besser du für dich sorgst, umso besser kannst du für andere da sein. Dazu gehört es, dich über das Thema Demenz genau zu informieren, um zu wissen, wie du Stress in der häuslichen Pflege von Anfang an weitgehend vermeiden kannst. Im Infoteil, Basiswissen Demenz ab Seite 149 findest du wichtige Informationen zu diesem Themenbereich.

Um alles unter einen Hut zu bringen, benötigst du eine durchdachte Organisation und ein funktionierendes Zeitmanagement. Darüber hinaus wird dich die Pflege nicht nur körperlich, sondern auch emotional in Anspruch nehmen. So wird es nicht immer einfach sein, die eigene Gesundheit im Blick zu behalten und sich aktiv darum zu kümmern. Finanziell kann sich die Pflege ebenfalls auswirken, doch damit stehst du nicht allein da. Es gibt von verschiedenen Seiten Unterstützungsmöglichkeiten. Wegen der Informationsfülle im Internet braucht es manchmal etwas Geduld und Zeit, um hilfreiche Tipps und Adressen zu finden. Und schließlich nicht zu vergessen: Die Kommunikation zwischen dir und deinem Angehörigen kann zur Herausforderung werden, hier kann dir die Achtsamkeit beim Erkennen und Wahren deiner Bedürfnisse und Grenzen helfen. Zu allen diesen Aspekten wirst du in den kommenden Kapiteln Anregungen, konkrete Unterstützung und Informationen finden.

Ein Plan für das kaum Planbare

Deinen Tagesablauf solltest du vollständig an deinen Angehörigen anpassen; das ist eine unabänderliche Notwendigkeit. Den meisten Angehörigen hilft ein übersichtlicher Plan (siehe Kasten unten) an dem sie sich orientieren können. Wenn wir wissen, wie wir gezielt mit der Erkrankung und den kommenden Veränderungen umgehen können, können wir uns selbst und unseren Angehörigen besser verstehen und trotz der Erkrankung weiterhin gemeinsam viele schöne Momente erleben. Ein Pflegeplan für zu Hause berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Pflegebedürftigen. Zur Orientierung, wie so ein Plan aussehen kann und was er beinhalten sollte, schau dir bitte den folgenden Musterpflegeplan an.

Musterpflegeplan

Beurteilung und Bedarfsanalyse

Durchführung einer umfassenden Bewertung der körperlichen, geistigen und emotionalen Bedürfnisse der pflegebedürftigen PersonErmittlung der vorhandenen Fähigkeiten und möglicher EinschränkungenIdentifizierung von Risikofaktoren und eventuellen Sicherheitsbedenken

Körperpflege

Unterstützung beim An- und AuskleidenHilfestellung bei der täglichen Körperpflege, wie beim Waschen (inkl. Baden, Duschen), Zähneputzen und der HaarpflegeÜberwachung der Hautgesundheit und Vorbeugung von Druckgeschwüren (Dekubitus): entsteht, wenn Haut und Gewebe aufgrund von anhaltendem Druck durch einseitige Stellungen wie beim langen Liegen oder Sitzen schlecht durchblutet und geschädigt werden. Regelmäßige Druckentlastung ist deswegen unbedingt notwendig.

Ernährung

Planung und Zubereitung von nährstoffreichen Mahlzeiten, entsprechend den individuellen Ernährungsbedürfnissen des AngehörigenFalls nötig: Unterstützung bei der NahrungsaufnahmeÜberwachung der Flüssigkeitsaufnahme

Medikamentenmanagement

Organisation und Verwaltung benötigter MedikamenteÜberwachung der Einnahme von Medikamenten (inkl. richtiger Dosierung)Kontakt mit Hausarzt und Apotheke bei Fragen und Unsicherheiten bezüglich Unverträglichkeit, Wechsel- oder Nebenwirkungen von Medikamenten

Mobilität und Bewegung

Unterstützung beim Gehen, Aufstehen oder TreppensteigenDurchführung körperlicher Aktivitäten, um Beweglichkeit und den Gleichgewichtssinn zu fördern (regelmäßige Spaziergänge, Übungen zur Sturzprophylaxe, Wassergymnastik, Seniorentanz)Wenn erforderlich: Einsatz von Hilfsmitteln (Gehhilfe, Rollator, Rollstuhl)

Soziale Interaktion und geistige Anregung

Förderung sozialer Kontakte und Teilnahme an Aktivitäten (gemeinsames Kochen, Ausflüge mit Bus oder Bahn, Austausch mit Freunden und Familie, Stammtisch, Besuch von Tieren, die man vielleicht selbst einmal gehabt hat)Hilfe bei der Ausübung von früheren Hobbys und Interessen sowie Teilnahme an Veranstaltungen und Festen

Hauswirtschaftliche Unterstützung

Hilfe beim Haus- oder Wohnungsputz, Wäschewaschen und AbspülenSicherstellung eines unfallfreien und sauberen Wohnraums

Unterstützung bei Terminplanung und Koordination

Koordination von Arzt-, Vorsorge- und TherapieterminenPrüfung und ggf. Bereitstellen der TransportmöglichkeitenHilfe bei der Organisation von Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten

Überwachung und Dokumentation

Regelmäßiger Check des Gesundheitszustands und der Vitalwerte (Blutdruck, Blutzucker, Fieber)Dokumentation von Veränderungen oder Symptomen mithilfe eines Pflegetagebuches (siehe Seite 13)

Unterstützung bei der psychosozialen Betreuung

Dem Angehörigen nicht alles abnehmen, Selbstständigkeit fördernSeniorentablet als digitaler Alltagsbegleiter als wertvolle Unterstützung: sorgt für mehr Gesellschaft und motiviert dich und deinen Angehörigen, aktiv und gesund zu bleiben (siehe App- und Software-Tipp im Anhang, Seite 183)Einbeziehung von Familienmitgliedern, Bekannten, Freunden, um abwechselnde Betreuungszeiten zu organisieren, für Entlastung, Normalität und Lebensfreude im Alltag

Das Pflegetagebuch

Sobald du vermehrt Tätigkeiten für deinen Angehörigen übernimmst, empfehle ich dir, ein Pflegetagebuch anzulegen. Darin schreibst du jede Maßnahme auf, die du an deinem Angehörigen ausübst – mit Datum und Uhrzeit. Schreib auch auf, wie viel Zeit du für die Unterstützung gebraucht hast.

Klingt anstrengend, ist aber eine wertvolle Möglichkeit, dem Gutachter bei der Prüfung des Medizinischen Dienstes aufzuzeigen, wie viel Unterstützung dein Angehöriger tatsächlich benötigt und wie oft und wie lange du am Tag mit diesen Aufgaben beschäftigt bist. Der Medizinische Dienst entscheidet darüber, welchen Pflegegrad dein Angehöriger bekommt, dies ist also essenziell. Selbst wenn dein Angehöriger an dem Tag der Begutachtung Defizite überspielt und den Pflegebedarf leugnet, was aus Scham häufig vorkommt, kannst du dem Gutachter ganz entspannt eine Übersicht der letzten Wochen zeigen, um den Pflegebedarf zu belegen.

Reflexionen als wertvolle Unterstützung

Von nun an werden sich euer gemeinsames Leben und euer Alltag verändern. Auch wenn du noch nicht weißt, wohin eure Reise genau geht, hab keine Angst. Zu Beginn mag dir vielleicht alles wie ein schwer erklimmbarer Gipfel vorkommen, doch auch eine Bergbesteigung beginnt mit dem ersten Schritt. Mit der Zeit wirst du alle denkbaren Hürden und Herausforderungen meistern. Die nötige psychische und mentale Ausrüstung, damit du selbst gesund und gelassen bleiben kannst, erhältst du in den folgenden Kapiteln. Ich bin sicher, du schaffst das!

Im gesamten Buch findest du immer wieder Übungen, sogenannte Selbstreflexionen. Überblätter sie bitte nicht. Nimm dir dafür Zeit, denn hier geht es um dich und dein Wohlbefinden. Selbstreflexion ist letztendlich ein achtsames und offenes Gespräch mit dir selbst. Eine bewusste, geführte Selbstreflexion unterstützt dich und hilft dir, über dich selbst nachzudenken, indem du dich tief im Inneren erforschst und fragst, wer du bist, wie und warum du denkst, fühlst und handelst, wie du es tust. Die ehrlichen Antworten auf diese Fragen zeigen wichtige Aspekte deiner Persönlichkeit und können dir helfen, dein Verhalten in bestimmten Situationen zu untersuchen. Du kannst deine Stärken und Schwächen erkennen, wahrnehmen, wie du wirklich über dich denkst und welche Wünsche, Bedürfnisse und Ziele du im Leben hast. Je häufiger du dich selbst reflektierst, desto besser lernst du dich kennen, kannst aktuelle Situationen hinterfragen und sogar neue Wege gehen. Und Übung macht auch hier den Meister: Mit der Zeit wird es dir leichter fallen, ehrlich mit dir selbst zu sein. Und du verbesserst nicht nur die Beziehung zu dir selbst, sondern auch zu anderen. Dein Selbstbild wird klarer, du kannst dich immer mehr auf dich und dein inneres Gefühl verlassen und fühlst dich glücklicher, leichter und zufriedener.

Führe regelmäßig, egal, in welcher Lebenslage oder Situation du dich befindest, eine Selbstreflexion durch. Das ist deine achtsame Auszeit, die du dir idealerweise zu festen Zeiten wie beispielsweise vor dem Zubettgehen nimmst. Trag dir diesen Zeitraum in deinen Terminkalender oder in eine Erinnerungs-App als feste Verabredung mit dir selbst ein. Denn nur die regelmäßige Durchführung kann dich darin unterstützen, eine positive Veränderung in allen Bereichen deines Lebens wahrzunehmen.

Jeder Tag ist anders

Ich habe noch ein paar Tipps für dich, wie du Selbstreflexion auf andere Weise in deinen Alltag einbauen kannst. Eine Praxis, die ich selbst seit Jahren regelmäßig durchführe, möchte ich dir besonders empfehlen: Lass abends vor dem Zubettgehen deinen Tag Revue passieren. Indem du die vielen Momente des Tages noch einmal vor deinem inneren Auge ablaufen lässt, sortierst du deine Gedanken vor dem Einschlafen. Wie ist der heutige Tag verlaufen? Wie hast du dich gefühlt? Was hast du als angenehm empfunden, und welche Situationen haben dich gestresst? Worüber hast du dich vielleicht geärgert? Welche Situation bringt dich immer wieder aus dem Gleichgewicht und raubt dir deine Nerven? Wie hast du reagiert? Hast du dich später über deine Reaktion geärgert? Und zum Thema Selbstfürsorge frag dich zum Beispiel: Konntest du heute Zeit für dich finden? Was hat dir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert? Hattest du vielleicht ein aufbauendes Telefonat? Hast du dir endlich mal wieder die Zeit genommen, um in deinem Lieblingsroman zu lesen?

Du wirst beim Aufschreiben sehen: Es ist nicht jeder Tag gleich, sondern jeder Tag ist besonders und einmalig. So kannst du dein Gedankenkarussell bremsen und garantiert besser zur Ruhe kommen, um in einen erholsamen Schlaf zu fallen. Wenn der Tag sehr herausfordernd war, notier, was so anstrengend war, und betrachte das Geschriebene. Dadurch lernst du, dich auf die positiven Momente zu fokussieren, dich an kleinen Dingen zu erfreuen und dankbar dafür zu sein.

Oder triff dich einmal in der Woche mit einem Menschen deines Vertrauens wie einer guten Freundin, die dir zuhört, mit der du offen deine Gedanken teilen kannst und von der du eine ehrliche und verständnisvolle Rückmeldung erhältst. Das kann dir helfen, dich noch besser zu verstehen und in Stresssituationen gelassener zu bleiben.

Zu guter Letzt: Die »klassische« Selbstreflexion schenkt dir viele achtsame Momente, in denen du mehr Verständnis und Klarheit für dich und dein Leben erhältst. Deshalb kann die regelmäßige und bewusste Selbstreflexion zu einem erfüllten und zufriedeneren Leben voller Liebe zu dir und zu mehr Achtsamkeit in deinem Leben führen. Hier noch einmal die Vorteile für dich im Überblick:

Selbstreflexion stärkt:

Selbstbewusstsein

Selbstwahrnehmung

Persönliche Entwicklung

Problemlösungsfähigkeit

Selbstakzeptanz

Gelassenheit

Beziehung zu sich selbst und zu anderen

Alles klar, oder? Lass uns doch gleich mit der ersten Reflexion starten, damit du mehr über dich selbst erfährst. Du kannst hierfür dein Notizbuch oder Journal mit deinem Lieblingsstift einweihen. Horch in dich hinein und stell dir die folgenden Fragen. Ob du schon die Antworten kennst oder länger darüber nachdenken musst – alles ist in Ordnung, wichtig ist nur, dass du reflektierst.

Deine Wünsche und Bedürfnisse

Was ist dir wichtig im Leben?Was sind deine Wünsche und Bedürfnisse im Alltag?Gibt es tägliche Rituale, die dir wichtig sind?Worauf möchtest du nicht verzichten?

Nun hast du schon einen großen Schritt in Richtung Selbstfürsorge getan, indem du dir deine Wünsche und Bedürfnisse klarer gemacht hast. Ein weiterer wichtiger Schritt ist, dich ausführlicher mit der Krankheit deines Angehörigen auseinanderzusetzen, ganz nach meinem Motto: »Erkenntnis schafft Verständnis.« Dieses Verständnis wird deinen Stress gewaltig reduzieren, weil du manche Reaktionen deines Angehörigen nicht mehr persönlich nehmen musst, sondern sie als Symptome der Krankheit einordnen kannst. Im Infoteil ab Seite 159 erfährst du alles Wichtige über den Verlauf und die verschiedenen Stadien der Demenz. Wenn du mehr über die Krankheit wissen willst, habe ich dir darüber hinaus im Anhang informative Literatur und Links zu unterstützenden Organisationen und Vereinen aufgelistet.

Besonders wenn die Demenz deines Angehörigen fortschreitet, kann dich vielleicht dies trösten: Ein Herz wird nicht dement. Liebe ist grenzenlos, selbst wenn das Schweigen deines Angehörigen dich verunsichert oder er dich nicht mehr erkennt. Sei so gut für deinen Angehörigen da, wie es dir möglich ist, ohne dich selbst aus dem Blick zu verlieren, halte seine Hand, wenn Worte keinen Sinn mehr machen, und genieß die gemeinsamen Augenblicke. Wir können die Zeit nicht anhalten oder zurückdrehen. Auch wenn wir eines Tages Abschied nehmen müssen, wird die Erinnerung an diese schönen Momente in deinem Herzen verankert sein und dir Kraft geben. Deswegen ist es wichtig, dass du dir eine innere Haltung aneignest, die dir auch während der Pflegezeit Kraft und Zuversicht gibt. Mit den nächsten Kapiteln möchte ich dich darin unterstützen.

Du musst nicht perfekt sein

Achte darauf, dass das Leben, das du lebst, auch dein eigenes ist.

Katrin Beckmann

Die Diagnose Demenz erfordert die Entscheidung, für unseren Angehörigen da zu sein und ihn zu begleiten. Dabei ist uns oft gar nicht klar, wie maßgeblich sich unser Leben verändern wird. Viele Pflegende versuchen zunächst mit aller Macht, das gewohnte Leben aufrechtzuerhalten. Sie thematisieren die Erkrankung und die Veränderungen nicht, ignorieren die Tatsachen oder hoffen auf Heilung, die es nach dem momentanen Stand der modernen Medizin noch nicht gibt. Andere wiederum stürzen sich mit ihrer ganzen Kraft in die vielfältigen Aufgaben der Pflege. Für den anderen da zu sein, ihn zu unterstützen, fällt ihnen nicht schwer und hat oberste Priorität. Eigene Bedürfnisse werden klaglos hintangestellt. Alles muss perfekt sein, damit es dem Liebsten an nichts fehlt.

Erkennst du dich vielleicht in einer der obengenannten Verhaltensweisen wieder?

Jede dieser Reaktionen ist verständlich, ist menschlich. Doch weder Perfektionismus noch das Ausblenden der Realität bringt dich in dieser Situation weiter, sondern reibt dich tatsächlich auf. Sei dir darüber im Klaren: Einen demenzerkrankten Angehörigen zu Hause zu versorgen, bedeutet weitaus mehr, als nur für jemanden da zu sein und ihm mit kleinen Gefallen behilflich zu sein. Möglicherweise bist du noch berufstätig oder hast selbst schon körperliche Beschwerden, die für Einschränkungen und Schmerzen sorgen. Diese erwähnst du jedoch nicht, denn du willst niemandem zur Last fallen, keine Schwäche zeigen und bist überzeugt, dass du alles allein schaffst. Aber eines vergisst du dabei: Wenn du dich um dich selbst kümmerst, hat das nichts mit Egoismus zu tun, denn nur wenn es dir gut geht, kannst du gut und auf Dauer für deinen Angehörigen sorgen.

Ein paar Zahlen, um deine Situation in einen größeren Bezugsrahmen zu stellen: Laut Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gab es 2020 4,8 Millionen pflegende Angehörige in Deutschland. Knapp über die Hälfte davon, ganze 2,5 Millionen, gehen einer Beschäftigung nach. Der Hauptanteil der Pflegepersonen liegt mit 70 Prozent bei den Frauen. Für sie ist es aus verschiedenen Gründen oft selbstverständlich, eigene Wünsche und Bedürfnisse zurückzustellen und sich neben dem Beruf, den Kindern und dem Haushalt noch um den pflegebedürftigen Angehörigen zu kümmern. Darüber hinaus wird diese Aufopferung in vielen Familien sogar erwartet. Was Frauen hier zu stemmen haben, geht bei Weitem über eine Doppelbelastung hinaus, was fatale Folgen für ihre psychische wie auch körperliche Gesundheit haben kann.

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