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Wer in einer Debatte das letzte Wort behält, bestimmt die Wahrheit - zumindest in den Köpfen der Zuhörer. In seinem präzisen Werk "Die Kunst, Recht zu behalten" analysiert der Philosoph Arthur Schopenhauer die verborgenen Mechanismen erfolgreicher Argumentation. Mit scharfsinniger Beobachtungsgabe und brillanter Analytik untersucht der Meister der Rhetorik die menschliche Debattenführung. Seine systematische Darstellung von 38 Kunstgriffen offenbart, wie Menschen tatsächlich argumentieren - nicht wie sie argumentieren sollten. In diesem E-Book konzentriert sich Schopenhauer auf die wirksamen Mechanismen der Durchsetzung eigener Standpunkte. Er demonstriert, wie selbst schwache Argumente zum Sieg führen können und warum die Wahrheit im Wettstreit der Meinungen oft unterliegt. Wer die beschriebenen Strategien beherrscht, durchschaut nicht nur die Taktiken seines Gegenübers, sondern gewinnt auch die Kontrolle über den Gesprächsverlauf. Ein Standardwerk der strategischen Kommunikation, das die Mechanismen der Überzeugung offenlegt und seinen Lesern einen dauerhaften Vorteil in jeder Diskussion verschafft.
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Arthur Schopenhauer
Die Kunst, Recht zu behalten
38 Kunstgriffe der Diskussionsrhetorik
Copyright © 2024 Novelaris
ISBN: 978-3-68931-048-6
Eristische Dialektik
Basis aller Dialektik
Kunstgriff 1
Kunstgriff 2
Kunstgriff 3
Kunstgriff 4
Kunstgriff 5
Kunstgriff 6
Kunstgriff 7
Kunstgriff 8
Kunstgriff 9
Kunstgriff 10
Kunstgriff 11
Kunstgriff 12
Kunstgriff 13
Kunstgriff 14
Kunstgriff 15
Kunstgriff 16
Kunstgriff 17
Kunstgriff 18
Kunstgriff 19
Kunstgriff 20
Kunstgriff 21
Kunstgriff 22
Kunstgriff 23
Kunstgriff 24
Kunstgriff 25
Kunstgriff 26
Kunstgriff 27
Kunstgriff 28
Kunstgriff 29
Kunstgriff 30
Kunstgriff 31
Kunstgriff 32
Kunstgriff 33
Kunstgriff 34
Kunstgriff 35
Kunstgriff 36
Kunstgriff 37
Letzter Kunstgriff
Anhang
Notes
Eristische Dialektik1 ist die Kunst zu disputieren, und zwar so zu disputieren, daß man Recht behält, also per fas et nefas.2 Man kann nämlich in der Sache selbst objective Recht haben und doch in den Augen der Beisteher, ja bisweilen in seinen eignen, Unrecht behalten. Wann nämlich der Gegner meinen Beweis widerlegt, und dies als Widerlegung der Behauptung selbst gilt, für die es jedoch andre Beweise geben kann; in welchem Fall natürlich für den Gegner das Verhältnis umgekehrt ist: er behält Recht, bei objektivem Unrecht. Also die objektive Wahrheit eines Satzes und die Gültigkeit desselben in der Approbation der Streiter und Hörer sind zweierlei. (Auf letztere ist die Dialektik gerichtet.)
Woher kommt das? – Von der natürlichen Schlechtigkeit des menschlichen Geschlechts. Wäre diese nicht, wären wir von Grund aus ehrlich, so würden wir bei jeder Debatte bloß darauf ausgehn, die Wahrheit zu Tage zu fördern, ganz unbekümmert ob solche unsrer zuerst aufgestellten Meinung oder der des Andern gemäß ausfiele: dies würde gleichgültig, oder wenigstens ganz und gar Nebensache sein. Aber jetzt ist es Hauptsache. Die angeborne Eitelkeit, die besonders hinsichtlich der Verstandeskräfte reizbar ist, will nicht haben, daß was wir zuerst aufgestellt, sich als falsch und das des Gegners als Recht ergebe. Hienach hätte nun zwar bloß jeder sich zu bemühen, nicht anders als richtig zu urteilen: wozu er erst denken und nachher sprechen müßte. Aber zur angebornen Eitelkeit gesellt sich bei den Meisten Geschwätzigkeit und angeborne Unredlichkeit. Sie reden, ehe sie gedacht haben, und wenn sie auch hinterher merken, daß ihre Behauptung falsch ist und sie Unrecht haben; so soll es doch scheinen, als wäre es umgekehrt. Das Interesse für die Wahrheit, welches wohl meistens bei Aufstellung des vermeintlich wahren Satzes das einzige Motiv gewesen, weicht jetzt ganz dem Interesse der Eitelkeit: wahr soll falsch und falsch soll wahr scheinen.
Jedoch hat selbst diese Unredlichkeit, das Beharren bei einem Satz, der uns selbst schon falsch scheint, noch eine Entschuldigung: oft sind wir anfangs von der Wahrheit unsrer Behauptung fest überzeugt, aber das Argument des Gegners scheint jetzt sie umzustoßen; geben wir jetzt ihre Sache gleich auf, so finden wir oft hinterher, daß wir doch Recht haben: unser Beweis war falsch; aber es konnte für die Behauptung einen richtigen geben: das rettende Argument war uns nicht gleich beigefallen. Daher entsteht nun in uns die Maxime, selbst wann das Gegenargument richtig und schlagend scheint, doch noch dagegen anzukämpfen, im Glauben, daß dessen Richtigkeit selbst nur scheinbar sei, und uns während des Disputierens noch ein Argument, jenes umzustoßen, oder eines, unsre Wahrheit anderweitig zu bestätigen, einfallen werde: hiedurch werden wir zur Unredlichkeit im Disputieren beinahe genötigt, wenigstens leicht verführt. Diesergestalt unterstützen sich wechselseitig die Schwäche unsers Verstandes und die Verkehrtheit unsers Willens. Daraus kommt es, daß wer disputiert, in der Regel nicht für die Wahrheit, sondern für seinen Satz kämpft, wie pro ara et focis, und per fas et nefas verfährt, ja wie gezeigt nicht anders kann.