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Ein Leben für die Kunst, ein Leben für die Liebe.
Norwegen 1922: Signe ist talentiert, ambitioniert und vor allem eins: frei! Endlich hat sie sich aus ihrer unglücklichen Ehe gelöst, und damit von einem Mann, der für ihre große Leidenschaft, die Malerei kein Verständnis hat. In ihrer Jugend lernte sie, an der Seite ihres Onkels, dem Genie Edvard Munch, die schillernde Osloer Bohème kennen. Nun nimmt Signe Unterricht beim Sohn von Paul Gauguin, sie hat sich geschworen, ihr Leben ausschließlich der Kunst zu widmen. Sie will ein Werk hinterlassen, das – ebenso wie die Bilder ihres Onkels – die Menschen bewegt und aufrüttelt. Dann lernt sie Einar kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Als er sich dem Widerstand anschließt, begreift Signe, dass man manchmal alles wagen muss – in der Liebe und in der Kunst ...
»Kaum eine Lebensgeschichte hat mich so fasziniert wie die von Signe Munch – von ihr will ich erzählen!« Lena Johannson.
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Seitenzahl: 522
Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie als Reisejournalistin ihre beiden Leidenschaften Schreiben und Reisen verbinden konnte. Seit ihrem ersten Roman »Das Marzipanmädchen«, der 2007 erschien, arbeitet sie als freie Autorin. Sie lebt an der Ostsee.
Bei Rütten & Loening und im Aufbau Taschenbuch sind ihre Romane »Dünenmond«, »Rügensommer«, »Himmel über der Hallig«, »Der Sommer auf Usedom«, »Die Inselbahn«, »Liebesquartett auf Usedom«, »Strandzauber«, »Die Bernsteinhexe«, »Sommernächte und Lavendelküsse«, »Die Villa an der Elbchaussee. Die Geschichte einer Schokoladendynastie« sowie die Kriminalromane »Große Fische« und »Mord auf dem Dornbusch« lieferbar.
Mehr Information zur Autorin unter www.lena-johannson.de.
Ein Leben für die Kunst, ein Leben für die Liebe.
Norwegen 1922: Signe ist talentiert, ambitioniert und vor allem eins: frei! Endlich hat sie sich aus ihrer unglücklichen Ehe gelöst, und damit von einem Mann, der für ihre große Leidenschaft, die Malerei kein Verständnis hat. In ihrer Jugend lernte sie, an der Seite ihres Onkels, dem Genie Edvard Munch, die schillernde Osloer Bohème kennen. Nun nimmt Signe Unterricht beim Sohn von Paul Gauguin, sie hat sich geschworen, ihr Leben ausschließlich der Kunst zu widmen. Sie will ein Werk hinterlassen, das – ebenso wie die Bilder ihres Onkels – die Menschen bewegt und aufrüttelt. Dann lernt sie Einar kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Als er sich dem Widerstand anschließt, begreift Signe, dass man manchmal alles wagen muss – in der Liebe und in der Kunst.
»Kaum eine Lebensgeschichte hat mich so fasziniert wie die von Signe Munch – von ihr will ich erzählen!« Lena Johannson
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Lena Johannson
Die Malerin des Nordlichts
Roman
Inhaltsübersicht
Über Lena Johannson
Informationen zum Buch
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Prolog
Teil I Loslösung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Teil II Der Kuss
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Teil III Der Schrei
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Epilog
Nachwort
Danksagung
Impressum
Du musst meine Hand führen
und mein Herz,
damit ich dich zeichne,
wie du warst.
Für Signe Munch,
die exakt 22 Jahre vor
meiner Geburt gestorben ist.
Dieses Licht! Wie soll sie es nur einfangen? Nirgendwo sonst auf der Welt hat es eine solche Klarheit wie in Åsgårdstrand. Das fast weiße Gelb im Kontrast zum blendenden Blau, funkelnd, flirrend und gleichzeitig klirrend kalt wie Eis. Nirgendwo, nicht in Paris, nicht in Kopenhagen oder in Tanum, über den Dächern Kristianias, das schon so lange Oslo heißt. Nur hier an diesem speziellen Platz am Fjord gibt es das. Als ob alles in diesem Licht enthalten wäre, der Geruch des Wassers, die Rufe der Seevögel, das Murmeln und Tuscheln der Wellen, die sacht auf die Steine des Strandes rollen. Die Segelschiffchen so schmerzhaft weiß. Sie zuerst. Nur feine Konturen, nicht leicht mit vor Kälte steifen Fingern. Die Masten zarte Striche vor blassem Schleier, die Bootsleiber bloß hohle Umrisse vor den bewegten Linien des Wassers.
Manchmal bedeutet ein Bleistiftstummel das größte Glück. Sie hat nur ihn. Keine Farbe, nur ein kurzer Bleistift. Mehr als genug. Für kräftige Farben war sie nie zu haben. Je nachdem, wie sie schraffiert, wie stark sie aufdrückt, kann sie die Flächen hell andeuten, wie einen kaum wahrnehmbaren Hauch. Oder dunkel und kraftvoll setzen, wie hier bei den Hügeln am Horizont. Die bunten Häuschen, die sich an den Hang krallen, senkrecht gestrichelte Holzverschalung. Für den Schatten in jeder Nut die Mine mit Druck über das Papier führen, nur nicht zu stark, dass die Spitze nicht abbricht. Sie hat nichts zu verschwenden. Ihre Hand eilt mit dem Stift über die Rückseite eines Zettels, der in irgendeiner Lebensmittelkiste gelegen hat. Abfall.
Im Ofen knistert ein Holzscheit. Auf der einen Herdplatte darüber steht der Kessel mit Wasser. Ein Tee wird guttun, der Wind pfeift manchmal eisig durch die Bretter, aus denen die Hütte zusammengezimmert wurde.
Plötzlich die vertraute Stimme in Signes Kopf: »Ich male nicht, was ich jetzt sehe, sondern das, was in meinem Geist ist, weil ich es vor langer Zeit gesehen habe.«
Onkel Edvard hatte ihr direkt in die Augen geblickt, als er diesen Satz zu ihr gesagt hat. Unendlich viele Jahre ist das her. Sie hatten sich in Åsgårdstrand getroffen, wo die Familie zusammenkam, um den Sommer am Fjord zu verbringen. Signe muss vier oder fünf gewesen sein. Mit dem Dampfschiff sind sie gekommen. Schon die Fahrt war ein Vergnügen gewesen. Drei Stunden von Kristiania, damals hieß es noch so. Das war etwas anderes als die lange Anreise mit der Eisenbahn von Trondheim im Norden bis hinunter in den Süden, wo in nicht weiter Ferne Nord- und Ostsee miteinander verschmelzen.
Im Damensalon gab es Fruchtsaft für die Kinder und Gebäck. Signe erinnert sich, dass sie nie am Samstag gefahren sind. Dann war der Dampfer brechend voll, denn die Väter waren unterwegs, die in Kristiania arbeiteten und zu ihren Familien in dem beschaulichen Seebad auf Besuch kamen.
Mit einem Mal ist Signe ganz weit weg, träumt sich fort nach Åsgårdstrand. Morgens lief sie immer mit zum Bäcker. Dieser herrliche Duft von warmen Zimtschnecken! Zurück gingen sie stets einen anderen Weg, mal die Skolegaden hinunter, mal die Grevens Gade, die bis zu dem kleinen Hafen führt. Ganz gleich, welche Route man wählte, immer war die Straße so abschüssig, dass man achtgeben musste, nicht zu fallen. Signe liebte es, vorweg zu laufen. Lustig, wie sie von ganz allein schneller wurde, als könnte sie fliegen. Als ob die eigenen Beine sie überholten. Doch sie musste immer auf der Hut sein, dass sie nicht zu schnell wurde und stürzte und sich die Knie aufschlug oder womöglich das Kleidchen zerriss. Wie groß war dann die Enttäuschung in Mutters Blick. Dabei hatte Signe ihre Mutter nie enttäuschen wollen.
Die Wäscheleinen im Garten der Björnsons in der Nygaardsgaden 9 waren stets das Erste, was sie schon von der Mole aus sehen konnte. Mathilde Björnson, die Frau des Schusters, erledigte Wasch- und Bügelaufträge für die Sommergäste. Immer flatterten Hemden, Kleider und Nachtwäsche wie Fahnen über ihrem Rasen, knallten wie Peitschen, wenn der Wind hindurchfuhr.
»Ich male nicht, was ich sehe, sondern was ich gesehen habe, vor Jahren vielleicht«, hatte er ihr damals zwischen Levkojen und Johannisbeeren erklärt. »Der Anblick hat sich in meinen Kopf gebrannt, ist gereift, verstehst du? Male nicht, was du siehst, Signe, sondern das, was in deinem Kopf ist.«
Signe lächelt. So selten sie sich auch gesehen haben, er war immer da. Eigentlich müsste sie ständig nur ihn malen, denn er wohnt in ihrem Kopf, seit sie denken kann.
Lilla nahm Signes Hand und zog sie hinter sich her, von der Rosenkrantzgate zielstrebig in die Karl Johans Gate. Immer mehr Menschen drängten sich auf den Gehwegen und auf der Straße. Signe wäre lieber umgedreht, doch sie konnte sich Lillas festem Griff ebenso wenig entziehen wie deren Begeisterung.
»Sieh nur, diese Farben!«, rief Lilla gegen das Lachen und Jubeln der Passanten an. In der Tat, welche Pracht. Der Flieder malte violette Tupfer in das dunkle Grün der Sträucher, die den breiten Boulevard säumten. Männer, Frauen und Kinder trugen ihre Trachten, schwarz mit roter und weißer Stickerei, dazu Silberknöpfe, grüne und blaue mit Blumen bestickte Kleider über gestärkten Blusen und schneeweißen Strümpfen.
»Das Schloss strahlt wie das einer Eiskönigin. Der hellblaue Himmel und überall die Fahnen. Rot wie Liebe und Leidenschaft, Blau wie Treue und die kalte Schulter.« Lilla warf den Kopf in den Nacken und ließ ihre weißen Zähne sehen, als sie lachte. Der Umzug war schon durch, wenigstens das, die ersten Schaulustigen gingen bereits wieder. Das Gedränge würde sich auflösen. Die einen machten sich auf den Weg nach Hause, die anderen würden den Nationalfeiertag mit viel Alkohol – nicht offiziell natürlich – und Musik begehen, bis er Geschichte war.
»Deine Schulter ist doch gar nicht so blau, dafür umso kälter.« Signe stolperte hinter der ungestümen Lilla her.
»Was sagst du?«, brüllte die.
»Wie vielen jungen Kerlen hast du in diesem Frühjahr schon das Herz gebrochen?«
»Gute Idee«, erwiderte Lilla mit einem verschmitzten Lächeln. Ihre Nase kräuselte sich, die Sommersprossen darauf begannen zu tanzen. »Lass uns ins Grand Café gehen und sehen, ob jemand da ist, den man verrückt machen kann.«
Signe entzog ihr die Hand. »Nein, Lilla, heute nicht. Ich will noch an meinem Bild für die Herbstausstellung arbeiten.« Signe Munch war mit ihren achtunddreißig Jahren weit davon entfernt, ein junges Mädchen zu sein. Trotzdem, wann immer sie an die Herbstausstellung dachte, flatterte ihr Inneres, als sei sie ein Backfisch ohne jegliche Lebenserfahrung. Kein Wunder, die Präsentation zeitgenössischer Kunst war in Kristiania ein jährliches Ereignis mit großem Gewicht. Endlich durfte sie dabei sein. Es war weiß Gott ein langer Weg gewesen, doch nun war es so weit, einige ihrer Bilder würden neben denen der ganz Großen hängen! Als Künstlerin war Signe ein Backfisch, und ihre Teilnahme an dieser Ausstellung war der erste Schritt, die Reife zu erlangen, die eine Malerin von achtunddreißig Jahren längst haben sollte.
»Heute nicht. Das sagst du immer.« Lilla zog einen Flunsch. »Wer malen will, muss sehen. Mehr als seine vier Wände.« Sie strich sich die beinahe weißblonden kinnlangen Haare hinter das Ohr.
»Also schön, ein Kaffee kann wohl nicht schaden.«
Kaum hatten sie das Grand Café betreten, bereute Signe ihre Entscheidung. Tief dröhnende und schrille Stimmen vereinigten sich zu einem kaum erträglichen Brei, als würden sämtliche Instrumente des Philharmonischen Orchesters gleichzeitig unterschiedliche Konzerte spielen. Unmöglich, ein sinnvolles Gespräch mit Lilla zu führen. Was aber sollte man in einem Café anfangen, außer ein Gespräch zu führen, wenn man nicht allein war? Sie zupfte ihre Freundin am Ärmel, doch die hatte bereits einen Kellner becirct, der sie zu einem der letzten freien Tische führte. Während sich Lilla geschmeidig und geschickt zwischen den Menschen in den feinen Kleidern hindurchmanövrierte und kokett lachte, wenn sie sich gar zu eng an einen Herrn schmiegen musste, um zwischen zwei Tischen hindurchzuschlüpfen, war es Signe unangenehm. Sie neigte sich weit zu einer Seite, um einer übergroßen Hutkrempe auszuweichen, dabei streifte sie den Rücken einer Dame und wäre fast einem älteren Herren in die Arme gestolpert. Das Orange der Tapeten stach in Signes Augen, Hitze staute sich unter der Holzdecke und nahm ihr den Atem. Wenigstens stand der kleine quadratische Tisch direkt am Fenster. Sie konnte Familien und Paare draußen auf der Karl Johans Gate flanieren sehen. Fröhliche Kinder, unbeschwert, Vater und Mutter an ihrer Seite.
»Nun schau doch nicht aus der Wäsche wie eine Kuh, die man zur Schlachtbank führt.« Lilla rückte das rote Sesselchen nah an das von Signe, um weniger schreien zu müssen. »Ich sollte eine Flasche Champagner bestellen, was denkst du?«
»Was ich dann denke? Dass du komplett den Verstand verloren hast.«
Lilla lachte laut, ein Herr am Nebentisch sah zu ihr herüber. »Die Bohèmiens haben es uns doch vorgebetet«, sagte sie unbekümmert, »wir sollen uns von unseren Eltern lossagen und in Armut leben. Jedenfalls so ähnlich. Eine Flasche Champagner kostet ein Vermögen, das ich nicht besitze. Aber meine Eltern. Ich könnte womöglich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
»Ich bleibe trotzdem bei Kaffee.«
Signe wusste nie, wann Lilla es ernst meinte. Sie hatten sich auf der Kunstakademie kennengelernt. Nicht nur achtzehn Jahre trennten sie, sondern im Grunde ihr ganzes Leben. Und doch waren sie Freundinnen geworden.
»Kaffee!«, sagte Lilla abfällig. »Signe, du bist frei. Wann willst du das endlich feiern? Es ist dein erster Sommer als freie Frau. Zeit, dich wieder zu verlieben, denkst du nicht?« Lilla sprach für Signes Geschmack viel zu laut. Selbst bei diesem Geräuschpegel, musste der Herr am Nachbartisch einige Brocken verstanden haben. Sein süffisantes Grinsen bestätigte Signes Vermutung.
»Nein, danke. Schon gar nicht in einen Mann, den man im Grand Café kennenlernen könnte.« Sie warf dem Nachbarn einen direkten Blick zu. Er wandte sich ab.
»Seit deiner Scheidung hockst du nur noch vor deiner Staffelei«, beharrte Lilla.
»Natürlich! Ich habe mich ja für meine Malerei scheiden lassen. Was sollte ich also sonst tun?«
»Du solltest feiern. Ich warte seit Monaten darauf, dass du mich einlädst.«
»Es gibt nichts zu feiern, Lilla, es ist kein Triumph.«
»Wie bitte? Selbstverständlich ist es ein Triumph. Du hast dir die Kunst zurückerobert, du hast dich von deinen Ketten befreit. Weißt du denn nicht, wie sehr ich dich bewundere?« Lilla sprach immer ein bisschen zu schnell. Schon beim Zuhören bekam man Atemnot. Und sie hatte ein Kieksen in der Stimme, das nicht zu ihr passte.
»Du bewunderst mich?«
Absurd! Lilla war ein Geschöpf, das man nur verehren konnte. Sie hatte nie Ketten gekannt, nahm sich, was immer sie wollte, tat, wonach ihr der Sinn stand. Ohne dabei andere zu verletzen, sofern es sich vermeiden ließ.
»Natürlich. Du bist du. Du hast darum gekämpft, hast dich verpuppt, wirst endlich zum Schmetterling.« Der Kellner kam, Lilla bestellte zwei Kaffee, als hätte sie nie über etwas anderes nachgedacht, und sprach sofort weiter: »Eine Munch bist du wieder, keine Landmark mehr.«
Signe schauderte. Der Name Landmark hatte sich nie richtig angefühlt. Sie war sechsundzwanzig gewesen, als sie Johannes das Jawort gegeben hatte. Sie fühlte sich damals, als habe man sie in ein Schauspiel gesteckt, in dem sie eine Ehefrau spielen musste. Sie unterschrieb mit einem fremden Namen. In ihrem Herzen war Signe nie Frau Landmark geworden.
»Johannes Landmark ist kein schlechter Mann. Dass ich ihn verlassen habe, ist richtig, aber noch lange kein Triumph«, sagte sie leise.
»Er hat eine andere, das hast du selbst gesagt. Er hatte sie schon, ehe ihr geschieden wurdet.«
»Vielleicht konnte er nichts mehr mit mir anfangen. Ich bin nicht mehr die, die er geheiratet hat.«
»Und das ist gut so!«
»Möglich, dass ich Schuld daran habe, dass er sich einer anderen zugewandt hat.« Diesen Gedanken hatte sie schon lange, doch er machte ihr nicht viel aus. Es war ja besser so. Für beide. Johannes kannte Befehl und Gehorsam. Was sonst? Er war ein Mann des Militärs. Eine Frau hatte mit ihm von einer Station zur anderen zu ziehen, ihm jedes Mal aufs Neue ein behagliches Heim zu schaffen, für ihn zu kochen, ihm die Socken zu stopfen. Was sollte er mit einer anstellen, die mit Mitte dreißig zu Pinsel und Palette griff und auf die Hochschule gehen wollte?
»Hirnriss! Er sollte stolz auf dich sein.«
»Erwartest du nicht ein bisschen zu viel von ihm?« Signe sah sie sanft an. »Lilla, ich war zwar sechsundzwanzig, als er mich geheiratet hat, aber ich habe im Grunde noch gedacht wie ein Kind.« Sie lächelte. »Ich erinnere mich ganz genau, wie entsetzt ich von dem war, was man nur zwei Jahre zuvor aus England hörte. Frauen, die sich anketten, um Gleichberechtigung oder sogar das Wahlrecht für ihr Geschlecht durchzusetzen. Man hat sie ins Gefängnis gesteckt. Aber nicht einmal der Verlust ihrer Freiheit hat sie zur Vernunft gebracht.«
»Wie bitte? Du willst doch wohl nicht sagen, du hältst es für vernünftig, wenn Frauen nicht wählen dürfen. Was soll das für eine Freiheit sein?« Lilla starrte sie fassungslos an.
Signe lächelte. War ja klar, dass ihre Freundin allein bei diesem Gedanken an die Decke ging. »Sie sind in den Hungerstreik getreten«, sprach sie ruhig weiter. »Mit welchem Erfolg? Man hat sie mit fingerdicken Schläuchen zwangsernährt.«
Lilla rümpfte die Nase. »Pfui Teufel, welch eine Vorstellung.«
»Eben! Wer sich auflehnt oder Widerstand leistet, muss leiden. Man hat mir nichts anderes beigebracht. Das war die Lektion, die ich gelernt hatte, verstehst du?« Sie senkte die Stimme. »Nicht nur wegen der Frauen in England.«
»Ich weiß nicht, was das mit Johannes Landmark zu tun haben soll.« Lilla verschränkte die Arme vor der Brust.
»Nur keinen Widerstand leisten, sondern immer schön anpassen und brav sein, das war die Signe, die er geheiratet hat.« Sie musste schon wieder lächeln. »Er konnte nicht ahnen, dass sich meine Haltung noch ändern würde. Jedenfalls ein wenig. Halte mich für jämmerlich schwach, aber ich würde mich auch heute noch nicht anketten lassen, um meinen Willen durchzusetzen.« Sie wurde ernst. »Johannes ist sieben Jahre älter als ich. Für ihn war es höchste Zeit, eine Frau zu finden, die ihm das bietet, was er braucht. Er hatte kein Interesse daran, einer Frau zu bieten, was sie braucht.« Sie zögerte. »Falsch. Er glaubte, eine Frau braucht eine sichere Versorgung und eine feste Hand, so war er erzogen. Johannes hätte dazulernen, sein Bild von Frau und Mann komplett verändern müssen. Das war zu viel verlangt.«
Lilla schüttelte energisch den Kopf. »Man ist nie zu alt, um seine Haltung zu überdenken. Er hätte dich für deine Stärke und deine Kreativität verehren müssen, statt sich mit einer anderen zu amüsieren.«
»Wie das klingt, wenn du es so sagst. Er amüsiert sich nicht mit Sigrid, er liebt sie. Sie passt zu ihm.«
»Er hat sie zwei Monate, nachdem eure Scheidung rechtskräftig war, geheiratet. Ich finde das geschmacklos.« Wenn sie doch nur ihre Stimme dämpfen würde.
Der Herr am Tisch nebenan richtete das Wort an Lilla. Na endlich, länger hätte er es auch nicht ausgehalten. Wie er sie angesehen hatte. Mit den Augen verspeist hatte er sie. Signe beobachtete die zwei. Er könnte Lillas Vater sein, war sicher doppelt so alt wie sie. Trotzdem machte er sich ernsthaft Hoffnungen, das war nicht zu übersehen. Und sie? Scherzte, lachte, berührte wie zufällig seinen Arm mit ihrer zarten Hand. Gott sei Dank wusste Signe, dass sie sich um ihre Freundin keine Sorgen zu machen brauchte. Sie würde ihm charmant zu verstehen geben, dass sie gegen eine Plauderei im Kaffeehaus nichts einzuwenden hatte, dass sie ihr allerdings auch keinerlei Bedeutung beimaß.
Signe ließ den Blick über die unzähligen Köpfe gleiten. Lilla hatte schon recht, man musste ausgehen, wenn man malen wollte. Die Augen waren wie Brunnen. Man musste sie mit Eindrücken füllen, mit Farben, Formen, Kompositionen. Nur dann konnte der Wasserspiegel steigen, nur dann konnte man aus den Brunnen schöpfen, konnte sich das Nass irgendwann auf eine Leinwand ergießen.
Signe hatte Glück, die Dame war da. Ob sie gerade erst hereingekommen war? Sie hätte ihr doch auffallen müssen, wenn sie schon dort gesessen hätte, als Lilla und sie zu ihrem Platz gebracht worden waren. Die Dame saß stets allein an einem Tisch. Immer war sie perfekt zurechtgemacht. An diesem Tag trug sie eine dunkelgrüne Robe, Seide vermutlich, mit Spitze an Kragen und Ärmeln und mit schwarzen Perlen besetzt. Die Haare hatte sie zu einem kunstvollen Gebilde aufgetürmt. Elegant, doch völlig aus der Zeit gefallen. Die Dame war ein Relikt aus den Jahren, als sich hier noch wirklich bedeutende Künstler die Klinke in die Hand gegeben hatten. Doch diese Tage waren vorüber. Lange her, dass man die Uhr danach stellte, wann Ibsen den immer gleichen Weg durch die Stadt ging, um am immer gleichen Tisch sein Mittagessen einzunehmen. Ein Schildchen hatte bescheiden, doch unmissverständlich darauf hingewiesen, dass hier für Dr. Ibsen reserviert war. Früher durfte nur er an dem kleinen Tisch Platz nehmen, sonst niemand. Oft war er auch am Abend noch mal ins Grand Café oder ins Palmen gekommen, dem Restaurant des Grand Hotels, wo ebenfalls ein Tisch für ihn bereit stand. Signe hatte ihn damals nie zu Gesicht bekommen, doch sie wusste noch zu gut, wie es sich anfühlte, den leeren Platz zu sehen, das Namensschild auf dem kalten Marmor des Tischchens, während drumherum Gedränge herrschte wie jetzt. Da war sie noch ein Kind und mit ihrer Mutter hier gewesen. Da hatte Edvard Grieg hier noch seine großen Gesellschaften gegeben. Vergangene Zeit.
Auch jetzt noch fanden sich immer wieder Maler, Schauspieler, Literaten ein. Zu welcher Spezies die Dame gehörte, wusste Signe nicht zu sagen. Sie wusste nur, dass etwas an dieser Frau sie zu malen reizte. Signe beobachtete sie gründlich, die Hände stets perfekt manikürt, die Augenbrauen gezupft, die schon faltige Haut unter einer Schicht Schminke begraben. Gerade Haltung, eingeschnürt in eine viel zu enge Korsage, das war nicht zu übersehen. Signe liebte Landschaften, Stillleben, hin und wieder machte sie auch ein Porträt, schlichte Personen in schlichter Umgebung, alles harmonisch abgestimmt. Betrachtete sie die Dame, kamen ihr eher grelle Farben in den Sinn, Farben, die Signe eigentlich nicht mochte. Sie würde das Bild Die Eitelkeit nennen, schoss ihr plötzlich durch den Kopf. Die Eitelkeit war des Teufels liebste Sünde, und diese Person verkörperte sie einfach vollkommen.
Lilla lachte hell auf. »Nein, Sie sind wirklich zu amüsant«, rief sie aus, drehte sich von ihrem Nachbarn weg und wandte sich an Signe: »Lass uns bloß gehen, er langweilt mich zu Tode. Vielleicht finden wir ein anderes Plätzchen.«
»Das dürfte schwierig werden, es wird immer voller.«
»Also gehen wir hinaus. Hier ist heute sowieso nicht viel anzufangen«, erklärte Lilla, die an ihrem Kaffee bisher nur genippt hatte.
Plötzlich ergriff eine Spannung den hohen Raum. Signe ahnte auf der Stelle, was los war. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut. Sie hatte es an der Hand ihrer Mutter so oft gespürt, dass es auf sie übergegangen war wie eine Erbkrankheit. Es begann mit einem Prickeln auf der Haut, ehe sich die feinsten Härchen an ihrem Körper aufstellten. Schließlich spannte sich ihre Kopfhaut, als würde sich der Schädel darunter ausdehnen. Das Ziehen breitete sich aus bis in den Nacken. Zuletzt kam die Hitze. Selbst wenn die Lautstärke sich nicht verändert hätte, wenn das Tuscheln und Raunen ausgeblieben wäre, hätte sie gewusst, dass soeben Knut Hamsun das Grand Café betreten hatte. Wenn sie nicht irrte, lebte er jetzt im Süden unweit von Christianssand an der Nordsee. Auch das hatte sie wohl von ihrer Mutter übernommen: Wann immer in der Zeitung von ihm berichtet wurde, las sie jede Zeile. Und wann immer Menschen über ihn sprachen, spitzte sie ihre Ohren. Mehr noch, Signe prägte sich jedes Wort ein, als hätte es etwas mit ihr zu tun. Völlig nutzlos, doch sie konnte nicht damit aufhören. Was ihn wohl nach Kristiania führte? Die Feierlichkeiten zum 17. Mai wahrscheinlich.
Nun hatte auch Lilla mitbekommen, dass es einen guten Grund gab, noch ein wenig zu bleiben. Sie verdrehte den Hals, blickte in die Richtung, in die auch alle anderen starrten.
»Oho, ist das nicht der Herr Nobelpreisträger?« Lilla reckte sich und erhob sich sogar ein wenig von ihrem Sesselchen, um besser sehen zu können.
»Ja, das ist er.«
Er war älter geworden. Natürlich. Doch er war noch immer eine Erscheinung. Das Kinn energisch, die hohe Stirn glatt, die Augen hinter den Gläsern vielleicht einen Hauch weniger draufgängerisch, dafür … was? Härter? Der Schnauzbart war noch immer dunkel, während sein Haar schon grau schimmerte.
»Soll er jetzt nicht irgendwo im Süden als Schriftsteller und Bauer leben?«, flüsterte Lilla und gab sich keine Mühe, ihn unauffällig zu beobachten. »Er sieht mir nicht danach aus, als würde er oft mit den Händen in der Erde buddeln.«
Nein, dafür war er wahrlich nicht bekannt, wenngleich es ihn immer wieder zur Landwirtschaft hinzog. Es war wohl seine literarisch verklärte Vorstellung vom Landleben, vielleicht sogar eine echte Sehnsucht danach, die es ihn wieder und wieder versuchen ließ. »Ist das nicht ein bisschen weit weg von Kristiania? Wahrscheinlich hat seine Frau sonst Angst vor seinen Liebschaften. Soll ja ein ziemlicher Schwerenöter sein.« In Lillas Köpfchen arbeitete es. Es stand zu befürchten, dass sie sich schon passende Worte zurechtlegte, um ihn anzusprechen.
»Ich bitte dich, er muss jetzt über sechzig sein.«
»Ja und? Du weißt doch, wie mühsam es ist, Gewohnheiten abzulegen.« Ihre Augen blitzten. »Und: Alter schützt vor Liebe nicht!«
Die Cafégäste nahmen ihre Gespräche wieder auf, lauter als zuvor. Die Blicke, die sie dem großen Literaten noch immer zuwarfen, gespielt beiläufig, zufällig. Anders Lilla, die ihn unverhohlen musterte. Gerade war ein Mann zu Hamsun getreten, ein Hüne, hinter dessen Schultern sich leicht zwei Personen verstecken konnten. Wie er sich vor ihm aufbaute, ihm den Weg abschnitt, sollte es wohl zeigen, wie gut der Kerl ihn kannte. Doch Signe sah sofort, dass Hamsun nicht sonderlich vertraut mit ihm war. Von der ersten Sekunde an suchte er nach einem Weg um den Koloss herum. Sein Blick tastete durch den Saal. Jetzt hatte er Signe entdeckt. Seine Augen zuckten, wurden kurz zu Schlitzen, dann breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus, bis es schließlich das gesamte schöne Gesicht beherrschte. Ja, wirklich, dieser Knut Hamsun war nach wie vor ein schöner Mann.
»Signe Munch, welch eine Freude. Sie sind eine erwachsene Frau, und doch sehe ich in Ihnen noch immer das entzückende kleine Mädchen von damals.« Er hatte den Hünen einfach stehen gelassen und war zu ihr gekommen. »Es ist lange her …« Er reichte ihr die Hand.
»Das ist es.« Und doch war alles wieder da. Der warme Glanz in seinen Augen brachte sie zurück in ihre Kindheit. Sie erinnerte sich daran, dass er einmal ein Foto hatte machen lassen müssen. Schon damals gehörte er ja zu den berühmten Schriftstellern. Es war in Christiansund gewesen.
»Es ist mir ein Graus«, hatte er gesagt. »Da sollst du geradeaus schauen, als würdest du einfach nur so dasitzen, allein, unbeobachtet. Dabei fuchtelt ein Mensch vor dir herum, der kostbare Minuten damit zugebracht hat, seine Kamera aufzustellen, auszurichten, dich zu platzieren, an deinem Hemdkragen zu nesteln und eine Falte in deiner Hose wegzuzupfen. Das Kinn ein wenig mehr nach rechts, die Nase nach links. Wie soll das gehen?« Dabei hatte er ihre Nase gestupst, und Signe hatte gekichert.
»Es ist mir lästig, ich will diese dumme Fotografie nicht machen lassen.« Auf den Einwand ihrer Mutter, er könne doch selbst entscheiden, was er tat und was nicht, war er nicht eingegangen. Stattdessen hatte er Signe hoch in die Luft gehoben. »Ich habe eine Idee: Du begleitest mich, kleine Signe. Dann wird es wenigstens ein Spaß.«
Nur wenig später hatte sie sich in einem Raum wiedergefunden, der schlecht geheizt war. Herr Engvig gebärdete sich genau so, wie Hamsun es zuvor beschrieben hatte. Er hüpfte um die beiden herum wie ein Troll, richtete ihre Kleider her. Ihre Jacke behielt Signe an und geschlossen, genauso die Haube auf dem damals noch langen Haar. Sie stand neben dem Stuhl, auf dem Hamsun saß und wartete. Sie hätte ewig gewartet, ohne sich zu rühren, ohne sich zu beklagen. So war sie. Schon immer. Es war Engvig nicht recht gewesen, dass sie mit auf das Bild sollte.
»Ein Kind, verehrter Herr Hamsun, was soll ein Kind auf der Fotografie? Es geht doch um Sie, allein um Sie, den Herrn Schriftsteller!« Natürlich hatte er nachgegeben und sie an der Seite des Künstlers akzeptiert. Das alles hatte furchtbar lange gedauert. Am Ende sahen beide, Künstler und Kind, ein wenig müde und gelangweilt aus. Trotzdem besaß Signe noch immer eine Kopie der Aufnahme, die er ihr zur Erinnerung geschickt hatte.
»Wie geht es Ihren Eltern?« Signe bemerkte, dass ihre Hand noch immer in seiner lag, sie zog sie behutsam zurück.
»Mein Vater ist gestorben. Wenige Tage, nachdem Sie den Nobelpreis erhielten.«
»Ich hoffe, da besteht kein Zusammenhang.« Er lächelte, räusperte sich. »Entschuldigung, das war taktlos. Tut mir leid, das zu hören. Und Ihre Mutter?«
»Ich sehe sie nicht sehr häufig. Sie lebt jetzt in Dänemark.«
»Mit diesem Schreiberling, nicht wahr? Verzeihung.« Warum entschuldigte er sich, wenn er es doch genau so abfällig meinte, wie es geklungen hatte? »Man hört, er sei viel jünger als sie.«
»Ja, das ist er. Finden Sie das anstößig?«
Er lachte kurz auf. »Nein, gewiss nicht. Nicht anstößig, nur … bemerkenswert.«
»Warum, weil der Mann so viel jünger ist als die Frau? Der Altersunterschied selbst kann es wohl nicht sein.« Hitze schoss ihr in die Wangen. Auf seine zweite Ehefrau anzuspielen, war eine Ungeheuerlichkeit, doch es war nun mal eine Tatsache, dass diese kaum älter war als Signe. Es stand ihm also kaum zu, sich über die zweite Ehe ihrer Mutter das Maul zu zerreißen. Die Fältchen um seine Augen wurden tiefer.
»Sie hat ihn gern, denke ich. Sie kommen miteinander aus«, sagte sie vorsichtig. Die Wahrheit ging ihn nichts an. »Ist das nicht die Hauptsache?«
»Und er, hat er sie auch gern? Man hört, er sei eher an Männern interessiert.«
Hamsun hatte sich verändert. Oder war sie es, die sich verändert hatte? Natürlich hatte es damit zu tun, dass sie Männer heute mit ganz anderen Augen sah als damals. Sie erinnerte sich, wie er sie auf den Schultern getragen, wie er Münzen hinter ihren Ohren hervorgezaubert hatte.
»Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Auszeichnung«, sagte sie.
Bereitwillig wechselte er das Thema. »Danke, danke. Hoffentlich klingt es nicht allzu selbstgefällig, wenn ich sage, dass ich wohl lange genug dafür gearbeitet habe.«
»Doch, tut es.« Er sah Lilla überrascht an. Sie streckte ihm die zarte Hand entgegen.
»Lilla Schweigaard, freut mich, Sie kennenzulernen.« Signe hatte schon die ganze Zeit darauf gewartet, dass Lilla sich endlich ins Gespräch einmischte. Ein Wunder, dass sie es so lange ausgehalten hatte, nicht beachtet zu werden.
»Sehr angenehm.« Hamsun betrachtete sie lange. Signe kannte diesen Blick. So hatte er die Damen angesehen, die zu seinen Vorträgen gekommen waren. So hatte er ihre Mutter angesehen. Sie war noch ein Kind gewesen, hatte es nicht zu deuten gewusst. Jetzt verstand sie. Er prüfte, ob sich die Beute lohnte.
»Korrigieren Sie mich, wenn ich irre, aber die Zahl der Werke, die ein Schriftsteller hervorbringt, sagt doch nur wenig über deren Qualität aus. Herren Ihres Alters dürften alle schon viel für ihren literarischen Ruhm gearbeitet haben.« Sie zwinkerte Signe zu. »Es sei denn, es sind Spätberufene. Und doch bekommen sie nicht alle den Nobelpreis.«
»Ihre Beobachtung ist sehr richtig, Fräulein Schweigaard.« In seiner tiefen Stimme klang ein Hauch von Belustigung mit. »Es war die immerwährende Gültigkeit des Romans, die das Committee überzeugt hat«, erläuterte er. »Es scheint mir gelungen zu sein, den Wert der einfachen Landbevölkerung und ihrer Leistung so darzustellen, wie sie es verdient hat.«
»Ich habe Segen der Erde gelesen«, sagte Signe. »Es ist gut, sehr berührend. Aber ich wage die literarische Qualität nicht zu beurteilen.«
»Schade, dass Sie nicht das Talent Ihrer Mutter geerbt haben.«
»In meiner Familie gibt es zahlreiche Talente, Herr Hamsun.«
»Davon bin ich überzeugt.« Wie meinte er das? Signe bemerkte, dass Lillas Augenbrauen kurz in die Höhe hüpften.
»Sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits. Ich versuche mich in der Malerei.«
»Sie ist wirklich gut, müssen Sie wissen«, sagte Lilla etwas zu laut. »Wir haben beide an der Kunstakademie studiert. Ich bin noch immer dort. Aber Signe arbeitet jetzt mit Gauguin!«
»Er müsste Ihnen gefallen«, sagte Signe lächelnd. »Er ist ein guter Maler, von dem ich viel lernen kann. Und er schreibt interessante Texte.«
»Arbeiten Sie an etwas Neuem?« Lilla strich sich eine Strähne hinter das Ohr. »Oder haben Sie Ihre Karriere beendet? Um eine höhere Auszeichnung brauchen Sie sich doch gewiss nicht mehr bemühen. Gibt es überhaupt noch etwas nach dem Nobelpreis?«
»Das können Sie nur fragen, weil Sie so jung sind. Wenn ich den Preis auch verdient habe«, er sah ihr direkt in die Augen, »war er doch nicht mein einziges Ziel, meine Dame. Ich glaube, Sie überschätzen die Bedeutung der Medaille gehörig. Natürlich gibt es etwas danach.«
»Was? Woran arbeiten Sie?« Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und legte den Kopf leicht schief.
»Ich schreibe an einer Geschichte, die in einem Sanatorium spielt.«
»Ein Sanatorium? In der Tat, das klingt aufregend.« Lilla machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung. Was hatte sie erwartet, ein Eifersuchtsdrama mit jeder Menge Toten?
Er sah Signe an. »Eine reizende junge Dame, mit der Sie da ausgehen, Signe. Nimmt kein Blatt vor den Mund, das mag ich. Was wird sie erst für ein bemerkenswertes Geschöpf sein, wenn sie Bekanntschaft mit dem Leben geschlossen hat.« Lilla holte Luft, kam jedoch nicht zu Wort. »Es war mir eine Freude, Sie zu sehen Signe. Geben Sie gut auf sich acht.« Er nahm ihre Hand in seine beiden, sah ihr in die Augen und drückte ihre Finger, als wolle er ihr etwas von seiner Kraft schenken. So sehr hatte er sich doch nicht verändert. Hamsun nickte ihr noch einmal zu und schob sich dann zwischen den Tischen hindurch zu einer kleinen Gruppe von Herren, die bereits ungeduldig nach ihm winkten.
»Dass du so ruhig geblieben bist, Signe, also wirklich«, platzte Lilla heraus. »Nicht das Talent deiner Mutter geerbt! Und wie er es gesagt hat, als meinte er etwas ganz anderes. Fast ein wenig anzüglich, hattest du nicht den Eindruck?«
»Keinesfalls. Lass uns gehen, Lilla.«
»Ein unverschämter Kerl«, sagte Lilla, während sie sich aus ihrem Sessel erhob, »nicht uninteressant, aber unverschämt.«
In der Rosenkrantzgate trennten sich ihre Wege. Lilla wollte feiern.
»Das Grand Café kommt allmählich aus der Mode«, stellte sie fest. »Wir sollten uns einen anderen Ort suchen, einen an dem sich die wirklich wichtigen Leute treffen. Wir können so fleißig malen, wie wir wollen, Signe. Ohne Kontakte werden wir uns auf dem Kunstmarkt nicht behaupten.« Wie so oft waren sie in dieser Frage unterschiedlicher Ansicht. Wie so oft behielt Signe ihren Standpunkt für sich. Sie lächelte nur und verabschiedete sich mit Küssen auf die Wange von ihrer Freundin. Allein überquerte sie die Kristian 4des Gate, die ihr noch einen letzten Blick auf das königliche Schloss gewährte, ehe sie in die Keysersgate abbog, wo sie eine kleine Wohnung angemietet hatte. Es war nur ein großes Zimmer mit einer Kochgelegenheit, das Bad befand sich auf dem Flur. Signe musste durch das dreistöckige Vorderhaus gehen und durch den Hof, ehe sie das zweistöckige Hinterhaus betreten konnte. Dort stieg sie in die zweite Etage hinauf. Im Treppenhaus hing Fischgeruch. Während sie Stufe um Stufe erklomm, wanderten ihre Gedanken zu ihrer Mutter. Die Begegnung mit Hamsun hatte sie aufgewühlt, hatte viel von dem in ihr Bewusstsein geholt, was sie in die hinteren Winkel ihres Geistes geräumt hatte. Mutter. Anna Munch, geborene Dahl, hatte ein anstrengendes Leben gewählt. Immer mit dem Kopf durch die Wand, immer im Widerstand gegen jeden und alles. Die Regeln der Bohème hatte sie sich mit Freude zu eigen gemacht, womöglich das Einzige, wogegen sie nicht rebelliert hatte. Du sollst in Armut leben. Signe betrachtete die Wände, von denen der Putz bröckelte, ehe sie die Wohnungstür aufschloss. Der Knauf schmerzte in der Hand, als sie sie zu sich zog und gleichzeitig anhob, ehe sich das hölzerne Monstrum aufschieben ließ. War es tatsächlich eine bewusste Entscheidung gewesen, immer Hunger zu haben und nur das Nötigste zum Leben, um ihren Künstlerfreunden nah zu sein, um von ihnen akzeptiert zu werden? Oder war es einfach nur die Folge ihrer Scheidung von Signes Vater, an der allein Anna die Schuld trug, wie das Gericht festgestellt hatte?
Signe rückte den einfachen Tisch zur Seite und stellte die Staffelei in die Mitte des Raums. Das Nachbarhaus nahm ihr die Sonne, doch wenn sie die Möbel ein wenig umstellte, konnte sie das Licht am besten nutzen. Nur noch das alte Stück Stoff unter die staksigen Beine geschoben, auf denen die Leinwand stand, um das Parkett zu schützen. Und sie selbst, warum hatte sie sich für die Armut entschieden? Oh nein, Signe Munch, du bist nicht arm. Hast du nicht alles, was du brauchst? Und was hätte sie denn tun sollen, hätte sie von Johannes eine Unterstützung verlangen sollen? Sie hatten die eheliche Gemeinschaft einvernehmlich beendet, hatten mit einem Priester gesprochen, der sie nicht hatte bewegen können, einander eine zweite Chance zu geben. Selbstverständlich nicht. Wie sollte man etwas wiederbeleben, das tot zur Welt gekommen war? Sie drückte Farbe aus den silbernen Tuben auf ein dünnes Holzbrett, goss Wasser aus dem Emaillekrug in ein Glas. Was hatte Lilla gesagt? Sie fand es geschmacklos, dass Johannes so rasch wieder geheiratet hatte. Vielleicht. Es hätte zumindest weniger Beigeschmack gehabt, wenn er nur noch wenige Tage länger gewartet hätte, dann hätten sie das Jahr 1922 geschrieben. Die Scheidung war am siebten Oktober 1921 rechtskräftig geworden, am dreißigsten Dezember hatte er Sigrid geehelicht. Signe spürte den altbekannten Groll in sich aufsteigen. Dass er so schnell eine andere gehabt hatte, machte ihr nichts aus. Nur dass er Signe für dumm hatte verkaufen wollen, das ärgerte sie und tat ihr weh.
»Ich gehe aus, ich treffe mich mit einigen wichtigen Herren. Es kann spät werden.« Sie sah ihn vor sich, das Gesicht verkniffen, den Blick an ihr vorbei gerichtet, weil er nicht wagte, ihr in die Augen zu sehen.
»Wichtige Herren?«, hatte sie gefragt und ihn angelächelt, ihn ermuntert, ihr die Wahrheit zu sagen. Die vorläufige Trennungsgenehmigung hatten sie bereits bekommen. Kein Grund mehr für Versteckspiele.
»Ja. Natürlich nicht so bedeutend wie deine Künstlerfreunde, aber es kann nun einmal nicht jeder mit so prominenten Herrschaften verkehren.« Warum nur diese Sticheleien, wofür? Hatten sie sich seit dem Moment, in dem sie ihm gesagt hatte, sie wolle malen, sie müsse es, sonst könne sie unmöglich glücklich werden, nicht oft genug gestritten?
Signe wusste, dass er an diesem Abend zu Sigrid ging, wie an so vielen Tagen und Abenden zuvor. Sie hätte probieren können, einen Vorteil daraus zu schlagen, dass er eine neue Beziehung hatte, während ihre Ehe noch bestand. Nur hatte sie die Lust am Kampf, am Widerstand eben nicht von ihrer Mutter geerbt.
Signe versuchte, sich in das Bild zu versenken, an dem sie seit einiger Zeit arbeitete. Eine Scheune auf dem Land irgendwo unweit des Fjordes. Ein schwach beiger Sandweg, von dem eine graue Rampe hoch auf den Heuboden führte. Waren die Ballen nicht zu golden geraten? Sie konnte später immer noch mit einem dunkleren Ton darübergehen. Jetzt sollte sie sich an Pferd und Wagen machen, die sie am Fuße der Rampe platzieren wollte. Sie klopfte sacht mit einem sauberen Pinsel an das Holz der Staffelei, ein Ritual, das sie sich angewöhnt hatte. Es war ihr selbst gar nicht aufgefallen, und doch war es der berühmte Tropfen gewesen, der das Fass ihrer Ehe mit Johannes zum Überlaufen brachte.
»Was soll dieser Unsinn?«, hatte er sie plötzlich angeschrien, als sie mit einem Pinsel gegen die Stuhllehne klopfte, an die sie ihre neue Leinwand gelehnt hatte. »Ist das Hexenzauber, oder was?«
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Ach nein? Du machst das jedes Mal. Ich warte schon darauf, und bumms, ich werde nicht enttäuscht.«
»Das ist ganz unbewusst«, hatte sie leise erklärt. »Ich werde darauf achten und es nicht mehr tun, wenn es dich stört.«
Und dann war er explodiert: »Ja, verdammt, es stört mich. Alles stört mich! Dass du Bildchen malst, anstatt den Knopf anzunähen, der schon vor Wochen von meinem Hemd abgerissen ist. Dass du alles mit deiner Farbe versaust, unsere Möbel, deine Kleider. Ich bezahle das alles, Signe, ich!«
»Aber ich bin doch ganz vorsichtig. Siehst du, ich habe ein Tuch über den Stuhl gelegt, einen alten Bettbezug.«
»Den solltest du lieber zu Putzlumpen zerschneiden, das wäre sinnvoll.«
»Wenn ich erst Bilder verkaufe, dann kann ich …« Weiter kam sie nicht.
»Das habe ich ganz vergessen. Meine Frau will nicht nur malen, nein, sie will mich auch unbedingt blamieren und ihr Gekleckse öffentlich zeigen.« Sie musste wohl sehr verzweifelt ausgesehen haben, denn er hatte eingelenkt. »Entschuldige, ich hätte das nicht sagen sollen. Ich habe die Kontrolle verloren, das hätte nicht passieren dürfen.« Johannes strich seine Weste glatt, eine typische Geste, wenn er sich beruhigen wollte. »Du kannst hübsch malen. Trotzdem kommt es einfach nicht in Frage, dass du sie verkaufst. Was werden die Leute wohl denken? Dass ich meine Frau nicht ernähren kann.«
Und dann hatte sie es einfach gesagt: »Und wenn wir uns scheiden lassen? Dann musst du dich nicht schämen, falls ich mich blamiere, und es hat nichts mit dir zu tun, wenn ich mal ein Bild verkaufe.« Signe hatte keine Sekunde damit gerechnet, dass er sofort einverstanden war. Als hätte er diesen Gedanken selbst schon lange gehabt. Sie holte tief Luft. Ihre Trennung war für beide das Beste. Alles war richtig, so wie es war. Johannes konnte noch zwanzig Jahre und mehr zu leben haben. Glückliche Jahre ohne sie. Sie seufzte. Du wolltest nicht über die Vergangenheit nachgrübeln, du willst malen. Sie mischte ein blasses Braun. Sigrid würde seine Witwenrente erhalten, Signe hatte mit dem Antrag auf die endgültige Auflösung der Ehe ein für alle Mal auf jeden Anspruch verzichtet. Es hätte sonst mindestens ein Jahr länger gedauert, ehe sie geschieden worden wären. Zwölf Monate hatte er ihr nach dem Erhalt der Trennungsbewilligung Unterhalt gezahlt. Das war anständig, mehr konnte sie nicht verlangen. Signe hatte davon etwas zurückgelegt. Und sie half ja auch gelegentlich bei der Vereinigung der Jungen Künstler aus. Ein paar Schreibarbeiten hier und da. Es brachte nicht viel ein, doch so kam eines zum anderen, und am Ende reichte es für ein bescheidenes Auskommen. Was brauchte sie schon? Signe konnte auf neue Kleider und teure Restaurants leicht verzichten, wenn sie nur ungestört malen konnte.
Lange starrte sie auf die ersten Pinselstriche. Onkel Edvard hatte einmal zu einem anderen Maler gesagt, es war Ludvig Karsten, fiel ihr plötzlich ein, mit dem ihn eine seltsame Freundschaft verband, zu ihm hatte er gesagt, es reiche nicht aus, das eigene Innere in ein Motiv zu legen. Edvard stellte den Anspruch an sich, mit seiner Malerei dem Betrachter zu ermöglichen, sich seiner Gefühle bewusst zu werden. Das war wahre Kunst. Und Edvard beherrschte sie.
Sie mischte Grün und Blau mit Weiß, um den Farben ihre Härte zu nehmen. Nie würde Signe vergessen, wie sie als Mädchen vor einer Reihe seiner Gemälde gestanden hatte, die gerade für eine Ausstellung vorbereitet wurden. Eines war dabei gewesen mit einem leuchtend roten Himmel, darunter bedrohlich dunklem Wasser. Eine Frau war zu sehen und mehrere Zylinder-Männer. Angst, ging ihr beim Betrachten der Mienen durch den Kopf, wovor haben sie nur solche Angst?
Damals sagte der Galerist, ein hagerer Mann mit grauem Spitzbart: »Das Gemälde mit dem Titel Angst werden wir an die dem Eingang gegenüberliegende Wand hängen.« Nie würde Signe dieses Gefühl der Freude vergessen, das sie empfunden hatte. Sie hatte erkannt, was Onkel Edvard gemeint hatte. Obwohl ihr Vater doch immer behauptet hatte, Edvards Malerei sei nichts für Kinder. Gespannt hatte sie das nächste Bild betrachtet. Ein Mann am Strand, das Antlitz mit einfachen Strichen hingeworfen, das Auge nicht mehr als ein schwarzer Fleck mit einem Bogen darüber. Ein trauriger Mann.
»Melancholie hängen wir auf die andere Seite. Und dieses hier bekommt seinen Platz genau in der Mitte von den beiden«, verkündete er. Signe warf nur einen schnellen Blick auf das dritte Bild. Eine gesichtslose Frau, nackt unter dem offenen flammend roten Kleid. Dicht bei ihr ein Mann und im Vordergrund ein zweiter mit fahlem Teint, der geisterhaft leuchtete aus der dunklen Wolke, die ihn einhüllte. Signe war noch ein Kind, sie kannte sich mit Gefühlen nicht aus, begriff aber auf der Stelle, dass der Herr vorne furchtbar unglücklich war über das, was sich hinter seinem Rücken abspielte. »Eifersucht!«, dachte sie im gleichen Moment, in dem der große Dürre den Titel aussprach.
Gefühle. Edvard wusste, wie man sie mit Farben und Linien in den Menschen wecken konnte. Signe waren sie damals fremd gewesen, waren sie noch heute fremd. Lilla hatte gesagt, es wäre Zeit, sich mal wieder zu verlieben. Mal wieder. Signe war ja noch nie verliebt gewesen. Sie wusste nicht, wie genau das gehen sollte. Ihre Eltern hatten sich nicht geliebt, jedenfalls konnte sie sich nicht vorstellen, dass alle Welt so ein Theater um etwas machte, das so voller Aggression war wie das, was Peter Andreas Ragnvald Munch und Anna Dahl miteinander hatten. Unvermittelt sah Signe wieder Hamsun vor sich. Er war der Grund, weshalb Anna ihren Mann und ihre Tochter verlassen hatte, behaupteten einige. Signe glaubte, er war nur ein Grund von vielen. Hatte Anna ihn geliebt? Wohl kaum, es war eher Obsession gewesen, zerstörerische Besessenheit.
Signe nahm das Bild von der Staffelei und lehnte es an die Wand, damit die Farbe trocknen konnte. Unsinnig, die wenigen Striche waren sicher längst trocken. Sie zog eine andere Leinwand hinter dem Kopfende des Sofas hervor, das sie später wieder zu einem Bett umbauen würde. Die Dame. Wie sollte sie es anstellen, dass der Betrachter dem Porträt den Titel Eitelkeit geben würde? Warum nicht Schönheit oder Eleganz? Wo lag der Unterschied? Kopfschmerzen kündigten sich an. Der Geruch der Farben stach ihr auf einmal unangenehm in die Nase. Signe verspürte den Wunsch, Palette und Pinsel hinter sich zu lassen. Es war ein so schöner Tag mit milder Luft und Sonne. Es war ein Feiertag, ganz Kristiania war auf den Beinen, um das Verfassungsfest zu feiern. Sie könnte mit der Fähre nach Bygdø rüberfahren. Für das Volksmuseum war es allerdings schon zu spät. Schade, sie spazierte gern zwischen den alten Dorfhäusern herum, die irgendwo in Norwegen ab- und dort wieder aufgebaut worden waren. Immer gab es etwas Neues zu entdecken, die Sammlungen von König Oskar II. etwa mit der prachtvollen Stabkirche. Oder die Stadthäuser, für die man eigens Straßen gebaut hatte, um auf der grünen Insel den Eindruck einer Altstadt entstehen zu lassen. Auf Bygdø gab es immer ein Motiv, das sie mit den Augen aufnehmen und später malen konnte. Signe holte tief Luft. Eine dumme Ausrede. Von allein wurden ihre Bilder für die Herbstausstellung gewiss nicht fertig. Die Zeit wurde langsam knapp, immerhin stand die Reise nach Kopenhagen auch noch bevor. Ihr zweites Stipendium, dann die Herbstausstellung! Eine größere Chance bekäme sie nicht mehr. Signe musste sich zusammenreißen, sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Wieder betrachtete sie Die Dame.
Augen und Mund. Und vielleicht die Gesichtsfarbe, aber vor allem Augen und Mund würden den Unterschied machen zwischen Schönheit und Eitelkeit. Sie tupfte den Pinsel in die Farbe. Irgendwo im Haus schrie ein Kind, Poltern, dann das Brüllen der Mutter. Aus dem Schreien wurde Weinen. Manchmal dachte Signe, es wäre schön gewesen, wenn sie schwanger geworden wäre. Dann hätte das Liegen unter Johannes, sein Schwitzen und Mühen wenigstens einen Sinn gehabt. Aber das war natürlich töricht. Sie hätten ihr das Kind jetzt nur weggenommen, ihr wäre es nicht besser ergangen als ihrer Mutter, die man fortgeschickt hatte, fort von Signe.
Wie gut, dass sie es nicht weit hatte. Von der Keysersgate bis zur Nationalgalerie in der Universitetsgate war es nur ein Steinwurf. Es schüttete an diesem Morgen Ende Mai aus Kübeln. Aber Signe hatte Torstein Rusdal versprochen, mit ihm ein paar Ideen durchzusprechen. Vor allem wollte sie mit dem ersten Vorsitzenden der Vereinigung der Jungen Künstler darüber reden, wie sich Gelder für weitere Stipendien sammeln ließen.
Die wenigen Schritte würden trotz Schirm reichen, um gehörig nass zu werden, denn zu allem Unglück kam der Wind auch noch von vorn. Schon jetzt fühlten sich ihre Beine in den Seidenstrümpfen kalt an, das Wasser lief an ihnen herunter in ihre Schuhe. Die Tropfen klopften so laut auf ihren Schirm, dass Signe Torstein nicht kommen hörte. Er traf gleichzeitig mit ihr vor dem prächtigen Bau der Nationalgalerie ein, wo sie eine Dachkammer als Büro nutzen durften.
Torstein sprang die Stufen vor ihr hinauf und hielt ihr die Tür auf. »Wird das mal wieder unser Sommer, Signe?« Sie gingen hinein, schüttelten sich wie junge Hunde.
»Ohne Wasser würde das Getreide nicht gedeihen, das Gemüse nicht und das Obst auch nicht. Und stell dir nur vor, wie unsere Wälder aussehen würden.«
»Du findest auch an allem etwas Gutes, habe ich recht?« Er lächelte freundlich. »In Italien blühen Zitronenbäume, jeder Strauch, jedes Gewächs gedeiht dort in einer Pracht, von der wir nur träumen können. Und das, obwohl es dort warm ist, nein, heiß ist es. Und es regnet nicht ständig. Warum kann es hier nicht so sein?«
»Dies ist Norwegen, Torstein, die Frische gehört zu uns, nicht die Hitze.«
Eine besondere Freundschaft verband Signe und Torstein. Es war, als lebte er ihr Leben schon einmal vor, jedenfalls was die Kunst betraf. Torstein war zweieinhalb Jahre jünger als sie. Auch er war Schüler des berühmten Christian Krohg gewesen, an dem in Kristiania niemand vorbeikam, der sich ernsthaft mit Malerei beschäftigte. Auch er hatte Studienaufenthalte in Paris genossen, was ihn allerdings mehr beeinflusst hatte als Signe. Sein Stil war deutlich experimenteller geworden, während Signe in Frankreich eher ihre Technik verfeinert, sich auf die Harmonie der Farben konzentriert hatte, als gänzlich Neues zu probieren. Bald würde sie im Rahmen ihres zweiten Stipendiums nach Kopenhagen reisen, wo auch Torstein bereits gearbeitet hatte. Signe empfand es als beruhigend, jemanden zu kennen, der alles bereits vor ihr getan hatte. Sie konnte ihn alles fragen, er ihr unendlich viele Ratschläge geben. Torstein dagegen schätzte an ihr ihren klaren Verstand und ihre praktische Ader, die viele Künstler vermissen ließen, wie er gerne sagte. Signe hatte schon als kleines Mädchen für ihre Mutter ein Haushaltsbuch geführt. Die Frauen in ihrer Verwandtschaft, die Schwestern von Onkel Edvard vor allem, hatten Signe viele nützliche Dinge gezeigt. In erster Linie, um das Kind von ihren ewig streitenden Eltern fernzuhalten. Sie nahmen sie unter ihre Fittiche, sooft es nur ging, brachten ihr das Kochen bei und das Flicken. Tante Inger verstand es, aus Moos, Flechten und Rinde der Birken winzige Kunstwerke zu kleben. Auch das lernte Signe. Auch das förderte ihre Geschicklichkeit und kam ihr später zugute. Wenn sie allerlei Handarbeiten zu erledigen hatte und bei der Komposition ihrer Bilder.
»Wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken?« Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Torstein sie beobachtete. Er hatte seine Jacke über einen Stuhl gehängt, den er vor die Heizung geschoben hatte.
»Im Trudvangveien.« Sie lächelte sanft. Sie wussten beide, dass das geschwindelt war, dass Signe sich erst jetzt auf diesen Gedanken konzentrierte. »Dort soll eine Wohnung frei sein, die als Atelier taugt, hörte ich. Wenn wir Unterstützer finden könnten, die uns ein paar Kronen geben, könnten wir die Räume vielleicht mieten.«
»Ach, Signe, das wäre zu schön, um wahr zu sein. Ohne ein festes Atelier auskommen zu müssen, ist wohl die verbreitetste Berufskrankheit unter den Malern und Bildhauern. Leider sitzt das Geld nicht locker in diesen Zeiten, und mit ein paar Kronen werden wir nicht weit kommen. Unterstützer rennen uns nicht gerade die Türen ein.« Er spannte ihren Schirm auf und stellte ihn zum Trocknen neben den Stuhl mit seiner Jacke.
»Künstler, die Mitglied werden wollen, weil sie sich Unterstützung erhoffen, dagegen schon«, sagte sie mehr zu sich selbst und seufzte. »Der Mann, dem das Haus im Trudvangveien gehört, soll mehrere Gebäude besitzen. Das, in dem die Wohnung leersteht, ist nicht besonders gut in Schuss, erzählt man sich. Es müsste wohl einiges daran gemacht werden. Zu viel nach Meinung des Besitzers, er will nichts hineinstecken, sondern am liebsten verkaufen.«
»Das wird er sich gründlich überlegen. Die Preise für Häuser fallen ins Bodenlose.«
»So wäre doch eine kleine Einnahme durch eine geringe Miete, die wir ihm zahlen, nicht uninteressant für ihn. Er kann sein Haus behalten, ist die laufenden Kosten dafür aber los. Wenigstens zum Teil«, setzte sie hinzu, ehe er protestieren konnte. »Wenn du es auch immer wieder bestreitest, mein lieber Torstein, es gibt Künstler mit handwerklichem Geschick.«
»Du … und wer noch?«
»Oh nein, an mich habe ich sicher nicht gedacht.« Sie lachte. »Obwohl ich natürlich bereit bin zu helfen. Ein wenig anstreichen könnte ich schon.«
Signe nahm ein paar Stapel Bücher und Papiere zur Hand und stellte sie auf das Regal an der der Tür gegenüberliegenden Seite des Räumchens. Deren Herkunft war ihr rätselhaft. Sie hatte Mitarbeiter der Nationalgalerie in Verdacht, die so manches Mal nicht wussten, wohin mit Unterlagen, und sie einfach in die Kammer stopften, wohl wissend, dass die dem Künstlerverein zur Nutzung überlassen waren. »Wir sollten es wenigstens versuchen«, beharrte sie. »Dieser Mann, sein Name ist Holm oder Holmen, ist Geschäftsmann durch und durch. Du sagst doch selbst, es ist nicht klug, in diesen Zeiten ein Haus zu verkaufen. Das wird er auch wissen. Wenn wir ihm einen klitzekleinen Betrag geben und obendrein einige Arbeiten an der Wohnung und vielleicht sogar im Treppenhaus übernehmen, kann er mit dem Verkauf warten, bis die Preise sich stabilisiert haben.«
»Was noch Jahre dauern kann.«
»Gut für uns. So hätten wir für einige Jahre ein Atelier, das wir für Arbeitsstipendien zur Verfügung stellen könnten.« Sie war sehr zufrieden mit ihrer durch und durch logischen Argumentationskette.
Torstein setzte sich neben sie und schob mit einer einzigen Armbewegung weitere Dokumente und Hefte beiseite. Einige purzelten zu Boden, andere blieben, gefährlich wippend, an der Tischkante liegen.
»Was machst du da?« Schon war sie auf den Füßen, um die herabgefallenen Papiere aufzuheben.
»Wir haben ihnen immer wieder gesagt, dass dies kein Ablageraum ist«, meinte er leichthin, während Signe auf dem Boden kniete und das Zeug zusammenklaubte.
»Wir sollten dankbar sein, diese Kammer nutzen zu dürfen. Es steht uns nicht zu, die Mitarbeiter der Nationalgalerie zur Ordnung zu rufen.« Sie stand auf und ordnete die Türme aus beschriebenen Seiten auf dem Regal an, das sich unter der Last bereits bog wie eine Schale.
»Es gibt zwei Möglichkeiten, Signe. Entweder das ganze Gelumpe, das sie hier ablegen, wird nicht mehr gebraucht. Dann ist es Abfall, der uns irgendwann den uns zugesprochenen Platz vollständig raubt, anstatt auf dem Müll zu landen, wohin er gehört. Oder die eine oder andere Schrift wird irgendwann von jemandem gesucht. Hat sie dann Eselsohren und ist in erbarmungswürdigem Zustand, wird man sich in Zukunft hüten, wichtige Unterlagen hier ihrem Schicksal zu überlassen.«
Noch bevor sie antworten konnte, hörte Signe Lillas helle Stimme im Flur. Was tat sie hier? Ehe Signe darüber nachdenken konnte, klopfte es, und Lilla steckte den Kopf zur Tür herein. Wasser kullerte über ihre Wangen, tropfte aus ihrem Haar und bildete eine kleine Pfütze auf dem Steinboden.
»Störe ich?« Wie dunkel die Haare aussahen, nass, wie sie waren. Wie es ihren Typ veränderte.
»Lilla. Um ehrlich zu sein, es passt wirklich nicht besonders. Wir sind gerade erst gekommen und wollen arbeiten.«
Signe fühlte sich unbehaglich. Warum musste sie sich dafür rechtfertigen, jetzt mit Torstein Dinge zu erledigen, deretwegen sie doch hier war? Es war Lilla, die fehl am Platze war und sich rechtfertigen müsste.
»Auf ein paar Minuten wird es wohl nicht ankommen«, sagte Torstein freundlich und winkte Lilla auch schon herein. Deren Gesicht leuchtete auf. Statt allerdings einzutreten, drehte sie sich um und redete auf jemanden ein. Signe und Torstein sahen sich fragend an. Da war eine Männerstimme im Flur. Nach wenigen Atemzügen tauchte Lilla wieder auf und öffnete die Tür dieses Mal ganz. Ihr Begleiter überragte sie um mehr als einen Kopf, dennoch schien er sich hinter ihr verstecken zu wollen.
»Nun komm schon!«, kommandierte Lilla ungeduldig.
Torstein erhob sich. »Mir war nicht klar, dass Sie aus mehr als einer Person bestehen«, sagte er lachend zu Lilla. »Wie Sie sehen, ist hier kaum Raum für drei, für vier ganz bestimmt nicht.« Er wandte sich an Signe. »Mal sehen, ob ich jemanden finde, bei dem ich mich über das Gelumpe beschweren kann.« Er zeigte vage in Richtung Regal. »Sie bauen einen Nordflügel. Traust du mir zu, dass ich die Direktion davon überzeugen kann, uns dort einen größeren Raum zu überlassen?«
»Grundsätzlich traue ich dir alles zu, Torstein Rusdal. Sogar, dass du unangemeldet bei der Direktion vorsprechen darfst.« Er hob einen Zeigefinger in die Höhe, nickte und verließ lachend die Kammer.
»Ich wollte nicht ungelegen kommen«, entschuldigte sich Lilla augenblicklich. »Es passte nur so gut.« Jetzt sah sie den Mann an, der noch immer auf der Schwelle verharrte. »Das ist Birger Lasson. Herein mit dir!«
Er trat ein. Nicht ohne Elan, aber doch zögerlich. »Guten Tag, gnädige Frau. Es ist mir furchtbar unangenehm, dass wir Sie dermaßen überfallen.« Kurzer vorwurfsvoller Blick zu Lilla.
»Hirnriss!« Lilla hockte sich kokett auf eine Ecke des Tisches. Ihr Sommerkleidchen klebte an ihrem zierlichen Körper und betonte ihre Formen mehr, als dass es sie verbarg. »Nicht wahr, Signe, es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen.«
Signes Antwort war ein Lächeln. Sie reichte Lasson die Hand. »Signe Munch«, sagte sie. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»So, da die albernen Höflichkeiten ausgetauscht sind, können wir nun zum interessanten Teil übergehen.« Lilla setzte demonstrativ eine gelangweilte Miene auf. »Birger ist nämlich Künstler. Er macht Skulpturen.« Sie senkte die Stimme. »Äußerst interessante Skulpturen.« Signe konnte sich vorstellen, was das bei Lilla bedeutete. »Die Gesellschaft der Jungen Künstler ist doch dazu da, die Kreativen Kristianias zu verbinden. Und Birger braucht Verbindungen. Dringend.« Signe sah den Mann kurz an, der sich kaum selbst äußerte, obwohl ständig über ihn gesprochen wurde. Diese Zurückhaltung passte nicht zu ihm oder bildete zumindest einen starken Kontrast zu seiner Erscheinung. Groß war er, kräftig, das flammend rote Haar stand ihm wild vom Kopf ab und war, wie Signe auffiel, ein Stückchen länger als ihr eigenes.
»Da wir gerade in der Nähe waren und mir einfiel, dass ihr in einem Kabuff in der Nationalgalerie eure Schreibstube habt, dachte ich mir, ich bringe ihn dir einfach her und du erklärst ihm, wie das alles geht mit der Bewerbung et cetera.« Lilla kannte sich mit diesen Dingen selbst aus. Schließlich wollte sie ebenfalls Mitglied werden, nur fehlten ihr noch die nötigen fünf Probearbeiten, die sie einreichen musste und über die eine Jury dann urteilen würde. Lilla hatte es nicht eilig damit.
»Ich werde noch früh genug eine von euch«, sagte sie gern. »Ich habe Zeit.« Die hatte sie wirklich. Ganz anders Signe. Hätte sie die Jury nicht überzeugen können, hätte sie keine zweite Chance mehr gehabt. Man musste es vor dem vierzigsten Lebensjahr in die Gesellschaft geschafft haben. Danach konnte man bleiben, aber nicht mehr neu beitreten. Wie alt wohl Birger Lasson sein mochte? Er war schwer zu schätzen, da ein Gestrüpp leuchtend roter Haare auch seine Wangen und beinahe den gesamten Mund versteckte. Von seinen Lippen sah man nur eine Andeutung.
»Also dann …« Lilla sprang von dem Tisch und stand nach nur einem Satz bei der Tür. »Ich muss dann wieder.«
»Moment, du kannst doch nicht …« Signe fehlten die Worte. Sie lud diesen Fremden einfach bei ihr ab und wollte sich davonmachen? Typisch Lilla. Wahrscheinlich hatte sie mit ihm geflirtet, und als er ihr lästig geworden war, kam sie auf den glänzenden Einfall, ihn bei Signe zu lassen. Wie einen struppigen Streuner im Tierheim. Oder sie hatte mal wieder aufgeschnitten und behauptet, sie habe beste Kontakte zur Vereinigung der Jungen Künstler und stehe selbst bereits ganz kurz davor, aufgenommen zu werden. Sie durfte sicher sein, dass Signe sie nicht verraten, sondern den Schein wahren würde.
»Wir kommen ungelegen. Bitte, verzeihen Sie uns, gnädige Frau Munch«, meldete sich Lasson zu Wort. Er hatte eine tiefe Stimme, die fast an das Knurren eines Raubtieres erinnerte, dazu eine antiquierte Ausdrucksweise.
»Nein, schon gut.« Sie konnte die Zeit nutzen, ihn über die Künstlervereinigung zu informieren, die Torstein und seine Mitstreiter erst im Oktober vergangenen Jahres gegründet hatten und die seitdem unaufhörlich wuchs. Ob Lilla nun dabeiblieb oder ging. Es machte keinen Unterschied.
»Ach, was soll’s, reden wir nicht weiter um den heißen Brei herum. Ich sage frei heraus, warum wir hier sind«, verkündete Lilla unbekümmert.
»Nein, Lilla, bitte!« Lasson sah sie flehend an. Signe wurde unwohl. Was war hier los?
»Es ist nicht gelogen, dass sich Birger für die Gesellschaft interessiert. In erster Linie aber möchte er dich kennenlernen, Signe.« Lilla strich zweimal rasch die Handflächen aneinander, als würde sie in der Küche schuften und sich das Mehl von den Fingern wischen. »Nun ist es raus. Denkt nur, wie viel Zeit ich euch erspart habe. Ihr hättet womöglich mehrmals miteinander ausgehen müssen, ehe ihr so weit wärt wie jetzt.« Sie trat wieder einen Schritt näher und küsste Signe auf die Wange. »Auf bald, liebe Freundin. Und wirf ihn nicht gleich raus.«
Auf das Klappen der Tür war eine peinliche Stille eingetreten, die Signe wie eine Ewigkeit vorgekommen war. Tatsächlich mochte sie nur fünf oder sechs Sekunden gedauert haben, dann war die Tür wieder aufgeflogen und Torstein eingetreten.
Birger Lasson hatte Signe mit einem derartig verzweifelten Gesichtsausdruck angesehen und sie gebeten, eine Einladung zum