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This is the second part of the Wallenstein trilogy by German playwright and mastermind Friedrich Schiller. The work as a whole produced a profound impression, and it is certainly Schiller's masterpiece in dramatic literature. He brings out with extraordinary vividness the ascendency of Wallenstein over the wild troops whom he has gathered around him, and at the same time we are made to see how the mighty general's schemes must necessarily end in ruin, not merely because a plot against him is skilfully prepared by vigilant enemies, but because he himself is lulled into a sense of security by superstitious belief in his supposed destiny as revealed to him by the stars. Wallenstein is the most subtle and complex of Schiller's dramatic conceptions, and it taxes the powers of the greatest actors to present an adequate rendering of the motives which explain his strange and dark career. The love-story of Max Piccolomini and Thekla is in its own way not less impressive than the story of Wallenstein with which it is interwoven.
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Seitenzahl: 255
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Die Piccolomini
The Piccolomini
FRIEDRICH SCHILLER
SAMUEL TAYLOR COLERIDGE
Die Piccolomini, The Piccolomini, Schiller/Coleridge
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849652289
www.jazzybee-verlag.de
DIE PICCOLOMINI. 1
PERSONEN.. 1
1. AKT.. 2
2. AKT.. 23
3. AKT.. 48
4. AKT.. 70
5. AKT.. 87
THE PICCOLOMINI. 102
PREFACE.102
DRAMATIS PERSONAE.104
ACT I.105
ACT II.127
ACT III.154
ACT IV.177
ACT V.190
FOOTNOTES.207
Wallenstein, Herzog zu Friedland, kaiserlicher Generalissimus im Dreißigjährigen Kriege.
Octavio Piccolomini, Generalleutnant.
Max Piccolomini, sein Sohn, Oberst bei einem Kürassierregiment.
Graf Terzky, Wallensteins Schwager, Chef mehrerer Regimenter.
Illo, Feldmarschall, Wallensteins Vertrauter.
Isolani, General der Kroaten.
Buttler, Chef eines Dragonerregiments.
Tiefenbach,
Don Maradas,
Götz,
Colalto, Generale unter Wallenstein.
Rittmeister Neumann, Terzkys Adjutant.
Kriegsrat von Questenberg, vom Kaiser gesendet.
Baptista Seni, Astrolog.
Herzogin von Friedland, Wallensteins Gemahlin.
Thekla, Prinzessin von Friedland, ihre Tochter.
Gräfin Terzky, der Herzogin Schwester.
Ein Kornett.
Kellermeister des Grafen Terzky.
Friedländische Pagen und Bediente.
Terzkysche Bediente und Hoboisten.
Mehrere Obersten und Generale.
Illo mit Buttler und Isolani.
ILLO.
Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt! Der weite Weg,
Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.
ISOLANI.
Wir kommen auch mit leeren Händen nicht!
Es ward uns angesagt bei Donauwerth,
Ein schwedischer Transport sei unterwegs
Mit Proviant, an die sechshundert Wagen. –
Den griffen die Kroaten mir noch auf,
Wir bringen ihn.
ILLO.
Er kommt uns grad zu paß,
Die stattliche Versammlung hier zu speisen.
BUTTLER.
Es ist schon lebhaft hier, ich sehs.
ISOLANI.
Ja, ja,
Die Kirchen selber liegen voll Soldaten,
Sich umschauend.
Auch auf dem Rathaus, seh ich, habt ihr euch
Schon ziemlich eingerichtet – Nun! nun! der Soldat
Behilft und schickt sich, wie er kann!
ILLO.
Von dreißig Regimentern haben sich
Die Obersten zusammen schon gefunden,
Den Terzky trefft Ihr hier, den Tiefenbach,
Colalto, Götz, Maradas, Hinnersam,
Auch Sohn und Vater Piccolomini, –
Ihr werdet manchen alten Freund begrüßen.
Nur Gallas fehlt uns noch und Altringer.
BUTTLER.
Auf Gallas wartet nicht.
ILLO
stutzt.
Wieso? Wißt Ihr –
ISOLANI
unterbricht ihn.
Max Piccolomini hier? O! führt mich zu ihm.
Ich seh ihn noch – es sind jetzt zehen Jahr –
Als wir bei Dessau mit dem Mansfeld schlugen,
Den Rappen sprengen von der Brücke herab,
Und zu dem Vater, der in Nöten war,
Sich durch der Elbe reißend Wasser schlagen.
Da sproßt' ihm kaum der erste Flaum ums Kinn,
Jetzt, hör ich, soll der Kriegsheld fertig sein.
ILLO.
Ihr sollt ihn heut noch sehn. Er führt aus Kärnten
Die Fürstin Friedland her und die Prinzessin,
Sie treffen diesen Vormittag noch ein.
BUTTLER.
Auch Frau und Tochter ruft der Fürst hieher?
Er ruft hier viel zusammen.
ISOLANI.
Desto besser.
Erwartet ich doch schon von nichts als Märschen
Und Batterien zu hören und Attacken;
Und siehe da! der Herzog sorgt dafür,
Daß auch was Holdes uns das Aug ergötze.
ILLO
der nachdenkend gestanden, zu Buttlern, den er ein wenig auf die Seite führt.
Wie wißt Ihr, daß Graf Gallas außenbleibt?
BUTTLER
mit Bedeutung.
Weil er auch mich gesucht zurückzuhalten.
ILLO
warm.
Und Ihr seid festgeblieben?
Drückt ihm die Hand.
Wackrer Buttler!
BUTTLER.
Nach der Verbindlichkeit, die mir der Fürst
Noch kürzlich aufgelegt –
ILLO.
Ja, Generalmajor! Ich gratuliere!
ISOLANI.
Zum Regiment, nicht wahr, das ihm der Fürst
Geschenkt? Und noch dazu dasselbe, hör ich,
Wo er vom Reiter hat heraufgedient?
Nun, das ist wahr! dem ganzen Korps gereichts
Zum Sporn, zum Beispiel, macht einmal ein alter
Verdienter Kriegsmann seinen Weg.
BUTTLER.
Ich bin verlegen,
Ob ich den Glückwunsch schon empfangen darf,
– Noch fehlt vom Kaiser die Bestätigung.
ISOLANI.
Greif zu! greif zu! Die Hand, die Ihn dahin
Gestellt, ist stark genug Ihn zu erhalten,
Trotz Kaiser und Ministern.
ILLO.
Wenn wir alle
So gar bedenklich wollten sein!
Der Kaiser gibt uns nichts – vom Herzog
Kommt alles, was wir hoffen, was wir haben.
ISOLANI
zu Illo.
Herr Bruder! Hab ichs schon erzählt? Der Fürst
Will meine Kreditoren kontentieren,
Will selber mein Kassier sein künftighin,
Zu einem ordentlichen Mann mich machen.
Und das ist nun das dritte Mal, bedenk Er!
Daß mich der Königlichgesinnte vom
Verderben rettet, und zu Ehren bringt.
ILLO.
Könnt er nur immer, wie er gerne wollte!
Er schenkte Land und Leut an die Soldaten.
Doch wie verkürzen sie in Wien ihm nicht den Arm,
Beschneiden, wo sie können, ihm die Flügel! –
Da! diese neuen, saubern Foderungen,
Die dieser Questenberger bringt!
BUTTLER.
Ich habe mir
Von diesen kaiserlichen Foderungen auch
Erzählen lassen – doch ich hoffe,
Der Herzog wird in keinem Stücke weichen.
ILLO.
Von seinem Recht gewißlich nicht, wenn nur nicht
– Vom Platze!
BUTTLER
betroffen.
Wißt Ihr etwas? Ihr erschreckt mich.
ISOLANI
zugleich.
Wir wären alle ruiniert!
ILLO.
Brecht ab!
Ich sehe unsern Mann dort eben kommen
Mit Genralleutnant Piccolomini.
BUTTLER
den Kopf bedenklich schüttelnd.
Ich fürchte,
Wir gehn nicht von hier, wie wir kamen.
Vorige. Octavio Piccolomini. Questenberg.
OCTAVIO
noch in der Entfernung.
Wie? Noch der Gäste mehr? Gestehn Sie, Freund!
Es brauchte diesen tränenvollen Krieg,
So vieler Helden ruhmgekrönte Häupter
In eines Lagers Umkreis zu versammeln.
QUESTENBERG.
In kein Friedländisch Heereslager komme,
Wer von dem Kriege Böses denken will.
Beinah vergessen hätt ich seine Plagen,
Da mir der Ordnung hoher Geist erschienen,
Durch die er, weltzerstörend, selbst besteht,
Das Große mir erschienen, das er bildet.
OCTAVIO.
Und siehe da! ein tapfres Paar, das würdig
Den Heldenreihen schließt: Graf Isolan
Und Obrist Buttler. – Nun, da haben wir
Vor Augen gleich das ganze Kriegeshandwerk.
Buttlern und Isolani präsentierend.
Es ist die Stärke, Freund, und Schnelligkeit.
QUESTENBERG
zu Octavio.
Und zwischen beiden der erfahrne Rat.
OCTAVIO
Questenbergen an jene vorstellend.
Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
Den Überbringer kaiserlicher Befehle,
Der Soldaten großen Gönner und Patron
Verehren wir in diesem würdigen Gaste.
Allgemeines Stillschweigen.
ILLO
nähert sich Questenbergen.
Es ist das erstemal nicht, Herr Minister,
Daß Sie im Lager uns die Ehr erweisen.
QUESTENBERG.
Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.
ILLO.
Und wissen Sie, wo das gewesen ist?
Zu Znaim wars, in Mähren, wo Sie sich
Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
Um Übernahm des Regiments zu flehen.
QUESTENBERG.
Zu flehn, Herr General? So weit ging weder
Mein Auftrag, daß ich wüßte, noch mein Eifer.
ILLO.
Nun! Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Ich
Erinnre michs recht gut – Graf Tilly war
Am Lech aufs Haupt geschlagen – offen stand
Das Bayerland dem Feind – nichts hielt ihn auf,
Bis in das Herz von Östreich vorzudringen.
Damals erschienen Sie und Werdenberg
Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend,
Und mit der kaiserlichen Ungnad drohend,
Wenn sich der Fürst des Jammers nicht erbarme.
ISOLANI
tritt dazu.
Ja, ja! 's ist zu begreifen, Herr Minister,
Warum Sie sich bei Ihrem heutgen Auftrag
An jenen alten just nicht gern erinnern.
QUESTENBERG.
Wie sollt ich nicht! Ist zwischen beiden doch
Kein Widerspruch! Damalen galt es, Böhmen
Aus Feindes Hand zu reißen, heute soll ichs
Befrein von seinen Freunden und Beschützern.
ILLO.
Ein schönes Amt! Nachdem wir dieses Böhmen,
Mit unserm Blut, dem Sachsen abgefochten,
Will man zum Dank uns aus dem Lande werfen.
QUESTENBERG.
Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
Vertauscht soll haben, muß das arme Land
Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit sein.
ILLO.
Ei was! Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
Schon wieder geben.
QUESTENBERG.
Ja, wenn Sie von Herden
Und Weideplätzen reden, Herr Feldmarschall –
ISOLANI.
Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,
Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.
QUESTENBERG.
Und wird um so viel Untertanen ärmer!
ISOLANI.
Pah! Seine Untertanen sind wir alle!
QUESTENBERG.
Mit Unterschied, Herr Graf! Die einen füllen
Mit nützlicher Geschäftigkeit den Beutel,
Und andre wissen nur ihn brav zu leeren.
Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
Der Pflug ists, der ihn wieder stärken muß.
BUTTLER.
Der Kaiser wär nicht arm, wenn nicht so viel
– Blutigel saugten an dem Mark des Landes.
ISOLANI.
So arg kanns auch nicht sein. Ich sehe ja,
Indem er sich vor ihn hinstellt und seinen Anzug mustert.
Es ist noch lang nicht alles Gold gemünzt.
QUESTENBERG.
Gottlob! Noch etwas weniges hat man
Geflüchtet – vor den Fingern der Kroaten.
ILLO.
Da! der Slawata und der Martinitz,
Auf die der Kaiser, allen guten Böhmen
Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft –
Die sich vom Raube der vertriebnen Bürger mästen –
Die von der allgemeinen Fäulnis wachsen,
Allein im öffentlichen Unglück ernten –
Mit königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
Hohn sprechen – die und ihresgleichen laßt
Den Krieg bezahlen, den verderblichen,
Den sie allein doch angezündet haben.
BUTTLER.
Und diese Landschmarutzer, die die Füße
Beständig unterm Tisch des Kaisers haben,
Nach allen Benefizen hungrig schnappen,
Die wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
Das Brot vorschneiden und die Rechnung streichen.
ISOLANI.
Mein Lebtag denk ich dran, wie ich nach Wien
Vor sieben Jahren kam, um die Remonte
Für unsre Regimenter zu betreiben,
Wie sie von einer Antecamera
Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter
Den Schranzen stehen lassen, stundenlang,
Als wär ich da, ums Gnadenbrot zu betteln.
Zuletzt – da schickten sie mir einen Kapuziner,
Ich dacht, es wär um meiner Sünden willen!
Nein doch, das war der Mann, mit dem
Ich um die Reiterpferde sollte handeln.
Ich mußt auch abziehn unverrichteter Ding.
Da Fürst nachher verschaffte mir in drei Tagen,
Was ich zu Wien in dreißig nicht erlangte.
QUESTENBERG.
Ja, ja! Der Posten fand sich in der Rechnung,
Ich weiß, wir haben noch daran zu zahlen.
ILLO.
Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln, alles
Läßt sich nicht schonen. Wollte mans erpassen,
Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig Übeln
Das kleinste ausgewählt, man paßte lange!
– Frisch mitten durchgegriffen, das ist besser!
Reiß dann, was mag! – Die Menschen, in der Regel,
Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln,
Und finden sich in ein verhaßtes Müssen
Weit besser als in eine bittre Wahl.
QUESTENBERG.
Ja, das ist wahr! Die Wahl spart uns der Fürst.
ILLO.
Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen,
Wir sehen, wie's der Kaiser mit uns meint.
QUESTENBERG.
Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz,
Und kann den einen nicht dem andern opfern.
ISOLANI.
Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
Um seine teuren Schafe zu behüten.
QUESTENBERG
mit Hohn.
Herr Graf! Dies Gleichnis machen Sie – nicht ich.
ILLO.
Doch wären wir, wofür der Hof uns nimmt,
Gefährlich wars, die Freiheit uns zu geben.
QUESTENBERG
mit Ernst.
Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben,
Drum tut es not, den Zaum ihr anzulegen.
ILLO.
Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.
QUESTENBERG.
Ein beßrer Reiter wirds besänftigen.
ILLO.
Es trägt den einen nur, der es gezähmt.
QUESTENBERG.
Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.
ILLO.
Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.
QUESTENBERG.
Sie kümmre nur die Pflicht und nicht der Name.
BUTTLER
der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher.
Herr Präsident! Dem Kaiser steht in Deutschland
Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
In diesem Königreich wohl dreißigtausend,
Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;
Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,
Am Rhein und Main; in Schwaben bieten sechs,
In Bayern zwölf den Schwedischen die Spitze.
Nicht zu gedenken der Besatzungen,
Die an der Grenz die festen Plätze schirmen.
All dieses Volk gehorcht Friedländischen
Hauptleuten. Die's befehligen, sind alle
In eine Schul gegangen, eine Milch
Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.
Fremdlinge stehn sie da auf diesem Boden,
Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.
Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,
Denn Tausende, wie mich, gebar die Fremde.
Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam
Aus fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,
Gleichgültig, unterm Doppeladler fechtend,
Wie unterm Löwen und den Lilien.
Doch alle führt an gleich gewaltgem Zügel
Ein Einziger, durch gleiche Lieb und Furcht
Zu einem Volke sie zusammenbindend.
Und wie des Blitzes Funke sicher, schnell,
Geleitet an der Wetterstange, läuft,
Herrscht sein Befehl vom letzten fernen Posten,
Der an die Dünen branden hört den Belt,
Der in der Etsch fruchtbare Täler sieht,
Bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus
Hat aufgerichtet an der Kaiserburg.
QUESTENBERG.
Was ist der langen Rede kurzer Sinn?
BUTTLER.
Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,
Das uns dem Friedland unterwürfig macht,
Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,
Den uns der Hof aus Wien herübersendet.
Uns ist in treuem Angedenken noch,
Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.
Wars etwa kaiserliche Majestät,
Die ein gemachtes Heer ihm übergab,
Den Führer nur gesucht zu ihren Truppen?
– Noch gar nicht war das Heer. Erschaffen erst
Mußt es der Friedland, er empfing es nicht,
Er gabs dem Kaiser! Von dem Kaiser nicht
Erhielten wir den Wallenstein zum Feldherrn.
So ist es nicht, so nicht! Vom Wallenstein
Erhielten wir den Kaiser erst zum Herrn,
Er knüpft uns, er allein, an diese Fahnen.
OCTAVIO
tritt dazwischen.
Es ist nur zur Erinnerung, Herr Kriegsrat,
Daß Sie im Lager sind und unter Kriegern. –
Die Kühnheit macht, die Freiheit den Soldaten. –
Vermöcht er keck zu handeln, dürft er nicht
Keck reden auch? – Eins geht ins andre drein. –
Die Kühnheit dieses würdgen Offiziers,
Auf Buttlern zeigend.
Die jetzt in ihrem Ziel sich nur vergriff,
Erhielt, wo nichts als Kühnheit retten konnte,
Bei einem furchtbarn Aufstand der Besatzung
Dem Kaiser seine Hauptstadt Prag.
Man hört von fern eine Kriegsmusik.
ILLO.
Das sind sie!
Die Wachen salutieren – Dies Signal
Bedeutet uns, die Fürstin sei herein.
OCTAVIO
zu Questenberg.
So ist auch mein Sohn Max zurück. Er hat sie
Aus Kärnten abgeholt und hergeleitet.
ISOLANI
zu Illo.
Gehn wir zusammen hin, sie zu begrüßen?
ILLO.
Wohl! Laßt uns gehen. Oberst Buttler, kommt!
Zum Octavio.
Erinnert Euch, daß wir vor Mittag noch
Mit diesem Herrn beim Fürsten uns begegnen.
Octavio und Questenberg, die zurückbleiben.
QUESTENBERG
mit Zeichen des Erstaunens.
Was hab ich hören müssen, Genralleutnant!
Welch zügelloser Trotz! Was für Begriffe!
– Wenn dieser Geist der allgemeine ist –
OCTAVIO.
Drei Viertel der Armee vernahmen Sie.
QUESTENBERG.
Weh uns! Wo dann ein zweites Heer gleich finden,
Um dieses zu bewachen! – Dieser Illo, fürcht ich,
Denkt noch viel schlimmer, als er spricht. Auch dieser Buttler
Kann seine böse Meinung nicht verbergen.
OCTAVIO.
Empfindlichkeit – gereizter Stolz – nichts weiter! –
Diesen Buttler geb ich noch nicht auf, ich weiß,
Wie dieser böse Geist zu bannen ist.
QUESTENBERG
voll Unruh auf und ab gehend.
Nein! das ist schlimmer, o! viel schlimmer, Freund!
Als wirs in Wien uns hatten träumen lassen.
Wir sahens nur mit Höflingsaugen an,
Die von dem Glanz des Throns geblendet waren;
Den Feldherrn hatten wir noch nicht gesehn,
Den allvermögenden, in seinem Lager.
Hier ists ganz anders!
Hier ist kein Kaiser mehr. Der Fürst ist Kaiser!
Der Gang, den ich an Ihrer Seite jetzt
Durchs Lager tat, schlägt meine Hoffnung nieder.
OCTAVIO.
Sie sehn nun selbst, welch ein gefährlich Amt
Es ist, das Sie vom Hof mir überbrachten –
Wie mißlich die Person, die ich hier spiele.
Der leiseste Verdacht des Generals,
Er würde Freiheit mir und Leben kosten,
Und sein verwegenes Beginnen nur
Beschleunigen.
QUESTENBERG.
Wo war die Überlegung,
Als wir dem Rasenden das Schwert vertraut,
Und solche Macht gelegt in solche Hand!
Zu stark für dieses schlimmverwahrte Herz
War die Versuchung! Hätte sie doch selbst
Dem bessern Mann gefährlich werden müssen!
Er wird sich weigern, sag ich Ihnen,
Der kaiserlichen Ordre zu gehorchen. –
Er kanns und wirds. – Sein unbestrafter Trotz
Wird unsre Ohnmacht schimpflich offenbaren.
OCTAVIO.
Und glauben Sie, daß er Gemahlin, Tochter
Umsonst hieher ins Lager kommen ließ,
Gerade jetzt, da wir zum Krieg uns rüsten?
Daß er die letzten Pfänder seiner Treu
Aus Kaisers Landen führt, das deutet uns
Auf einen nahen Ausbruch der Empörung.
QUESTENBERG.
Weh uns! und wie dem Ungewitter stehn,
Das drohend uns umzieht von allen Enden?
Der Reichsfeind an den Grenzen, Meister schon
Vom Donaustrom, stets weiter um sich greifend –
Im innern Land des Aufruhrs Feuerglocke –
Der Bauer in Waffen – alle Stände schwürig –
Und die Armee, von der wir Hülf erwarten,
Verführt, verwildert, aller Zucht entwohnt
Vom Staat, von ihrem Kaiser losgerissen,
Vom Schwindelnden die schwindelnde geführt,
Ein furchtbar Werkzeug, dem verwegensten
Der Menschen blind gehorchend hingegeben –
OCTAVIO.
Verzagen wir auch nicht zu früh, mein Freund!
Stets ist die Sprache kecker als die Tat,
Und mancher, der in blindem Eifer jetzt
Zu jedem Äußersten entschlossen scheint,
Findet unerwartet in der Brust ein Herz,
Spricht man des Frevels wahren Namen aus.
Zudem – ganz unverteidigt sind wir nicht.
Graf Altringer und Gallas, wissen Sie,
Erhalten in der Pflicht ihr kleines Heer –
Verstärken es noch täglich. – Überraschen
Kann er uns nicht, Sie wissen, daß ich ihn
Mit meinen Horchern rings umgeben habe;
Vom kleinsten Schritt erhalt ich Wissenschaft
Sogleich – ja, mir entdeckts sein eigner Mund.
QUESTENBERG.
Ganz unbegreiflich ists, daß er den Feind nicht merkt
An seiner Seite.
OCTAVIO.
Denken Sie nicht etwa,
Daß ich durch Lügenkünste, gleisnerische
Gefälligkeit in seine Gunst mich stahl,
Durch Heuchelworte sein Vertrauen nähre.
Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht,
Die ich dem Reich, dem Kaiser schuldig bin,
Daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge,
Ein falsches hab ich niemals ihm geheuchelt!
QUESTENBERG.
Es ist des Himmels sichtbarliche Fügung.
OCTAVIO.
Ich weiß nicht, was es ist – was ihn an mich
Und meinen Sohn so mächtig zieht und kettet.
Wir waren immer Freunde, Waffenbrüder;
Gewohnheit, gleichgeteilte Abenteuer
Verbanden uns schon frühe – doch ich weiß
Den Tag zu nennen, wo mit einemmal
Sein Herz mir aufging, sein Vertrauen wuchs.
Es war der Morgen vor der Lützner Schlacht –
Mich trieb ein böser Traum, ihn aufzusuchen,
Ein ander Pferd zur Schlacht ihm anzubieten.
Fern von den Zelten, unter einem Baum
Fand ich ihn eingeschlafen. Als ich ihn
Erweckte, mein Bedenken ihm erzählte,
Sah er mich lange staunend an; drauf fiel er
Mir um den Hals, und zeigte eine Rührung,
Wie jener kleine Dienst sie gar nicht wert war.
Seit jenem Tag verfolgt mich sein Vertrauen
In gleichem Maß, als ihn das meine flieht.
QUESTENBERG.
Sie ziehen Ihren Sohn doch ins Geheimnis?
OCTAVIO.
Nein!
QUESTENBERG.
Wie? auch warnen wollen Sie ihn nicht,
In welcher schlimmen Hand er sich befinde?
OCTAVIO.
Ich muß ihn seiner Unschuld anvertrauen.
Verstellung ist der offnen Seele fremd,
Unwissenheit allein kann ihm die Geistesfreiheit
Bewahren, die den Herzog sicher macht.
QUESTENBERG
besorglich.
Mein würdger Freund! Ich hab die beste Meinung
Vom Oberst Piccolomini – doch – wenn –
Bedenken Sie –
OCTAVIO.
Ich muß es darauf wagen – Still! Da kommt er.
Max Piccolomini. Octavio Piccolomini. Questenberg.
MAX.
Da ist er ja gleich selbst. Willkommen, Vater!
Er umarmt ihn. Wie er sich umwendet, bemerkt er Questenbergen und tritt kalt zurück.
Beschäftigt, wie ich seh? Ich will nicht stören.
OCTAVIO.
Wie, Max? Sieh diesen Gast doch näher an.
Aufmerksamkeit verdient ein alter Freund;
Ehrfurcht gebührt dem Boten deines Kaisers.
MAX
trocken.
Von Questenberg! Willkommen, wenn was Gutes
Ins Hauptquartier Sie herführt.
QUESTENBERG
hat seine Hand gefaßt.
Ziehen Sie
Die Hand nicht weg, Graf Piccolomini,
Ich fasse sie nicht bloß von meinetwegen,
Und nichts Gemeines will ich damit sagen.
Beider Hände fassend.
Octavio – Max Piccolomini!
Heilbringend, vorbedeutungsvolle Namen!
Nie wird das Glück von Österreich sich wenden,
So lang zwei solche Sterne, segenreich
Und schützend, leuchten über seinen Heeren.
MAX.
Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister,
Nicht Lobens wegen sind Sie hier, ich weiß,
Sie sind geschickt, zu tadeln und zu schelten –
Ich will voraus nichts haben vor den andern.
OCTAVIO
zu Max.
Er kommt vom Hofe, wo man mit dem Herzog
Nicht ganz so wohl zufrieden ist als hier.
MAX.
Was gibts aufs neu denn an ihm auszustellen?
Daß er für sich allein beschließt, was er
Allein versteht? Wohl! daran tut er recht,
Und wirds dabei auch sein Verbleiben haben. –
Er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
Geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
Es geht ihm wider die Natur, er kanns nicht.
Geworden ist ihm eine Herrscherseele,
Und ist gestellt auf einen Herrscherplatz.
Wohl uns, daß es so ist! Es können sich
Nur wenige regieren, den Verstand
Verständig brauchen – Wohl dem Ganzen, findet
Sich einmal einer, der ein Mittelpunkt
Für viele tausend wird, ein Halt; – sich hinstellt
Wie eine feste Säul, an die man sich
Mit Lust mag schließen und mit Zuversicht.
So einer ist der Wallenstein, und taugte
Dem Hof ein andrer besser – der Armee
Frommt nur ein solcher.
QUESTENBERG.
Der Armee! Jawohl!
MAX.
Und eine Lust ists, wie er alles weckt
Und stärkt und neu belebt um sich herum,
Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe
Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!
Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,
Die eigentümliche, und zieht sie groß,
Läßt jeden ganz das bleiben, was er ist,
Er wacht nur drüber, daß ers immer sei
Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen
Vermögen zu dem seinigen zu machen.
QUESTENBERG.
Wer spricht ihm ab, daß er die Menschen kenne,
Sie zu gebrauchen wisse! Überm Herrscher
Vergißt er nur den Diener ganz und gar,
Als wär mit seiner Würd er schon geboren.
MAX.
Ist ers denn nicht? Mit jeder Kraft dazu
Ist ers, und mit der Kraft noch obendrein,
Buchstäblich zu vollstrecken die Natur,
Dem Herrschtalent den Herrschplatz zu erobern.
QUESTENBERG.
So kommts zuletzt auf seine Großmut an,
Wieviel wir überall noch gelten sollen!
MAX.
Der seltne Mann will seltenes Vertrauen,
Gebt ihm den Raum, das Ziel wird er sich setzen.
QUESTENBERG.
Die Proben gebens.
MAX.
Ja! so sind sie! Schreckt
Sie alles gleich, was eine Tiefe hat;
Ist ihnen nirgends wohl, als wos recht flach ist.
OCTAVIO
zu Questenberg.
Ergeben Sie sich nur in gutem, Freund!
Mit dem da werden Sie nicht fertig.
MAX.
Da rufen sie den Geist an in der Not,
Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.
Das Ungemeine soll, das Höchste selbst
Geschehn wie das Alltägliche. Im Felde
Da dringt die Gegenwart – Persönliches
Muß herrschen, eignes Auge sehn. Es braucht
Der Feldherr jedes Große der Natur,
So gönne man ihm auch, in ihren großen
Verhältnissen zu leben. Das Orakel
In seinem Innern, das lebendige, –
Nicht tote Bücher, alte Ordnungen,
Nicht modrigte Papiere soll er fragen.
OCTAVIO.
Mein Sohn! Laß uns die alten, engen Ordnungen
Gering nicht achten! Köstlich unschätzbare
Gewichte sinds, die der bedrängte Mensch
An seiner Dränger raschen Willen band;
Denn immer war die Willkür fürchterlich –
Der Weg der Ordnung, ging' er auch durch Krümmen,
Er ist kein Umweg. Grad aus geht des Blitzes,
Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad –
Schnell, auf dem nächstem Wege, langt er an,
Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,
Worauf der Segen wandelt, diese folgt
Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,
Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend –
So führt sie später, sicher doch zum Ziel.
QUESTENBERG.
O! hören Sie den Vater – hören Sie
Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.
OCTAVIO.
Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.
Ein fünfzehnjährger Krieg hat dich erzogen,
– Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt
Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen,
Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.
Die großen, schnellen Taten der Gewalt,
Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,
Die sind es nicht, die das Beglückende,
Das ruhig, mächtig Daurende erzeugen.
In Hast und Eile bauet der Soldat
Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
Doch eines Morgens plötzlich siehet man
Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
Und um des Jahres Ernte ists getan.
MAX.
O! laß den Kaiser Friede machen, Vater!
Den blutgen Lorbeer geb ich hin, mit Freuden,
Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.
OCTAVIO.
Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?
MAX.
Ich hab den Frieden nie gesehn? – Ich hab ihn
Gesehen, alter Vater, eben komm ich –
Jetzt eben davon her – es führte mich
Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht hin
Gekommen – o! das Leben, Vater,
Hat Reize, die wir nie gekannt. – Wir haben
Des schönen Lebens öde Küste nur
Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
Das in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
Wo es die Diebeslandung wagen darf.
Was in den innern Tälern Köstliches
Das Land verbirgt, o! davon – davon ist
Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.
OCTAVIO
wird aufmerksam.
Und hätt es diese Reise dir gezeigt?
MAX.
Es war die erste Muße meines Lebens.
Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
Das Herz mir öde ließ und unerquickt
Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
Die Waffenübung, das Kommandowort, –
Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft –
Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.
OCTAVIO.
Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!
MAX.
O schöner Tag! wenn endlich der Soldat
Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen,
Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen, –
Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
Des blutgen Tages frohe Vesper schlagend.
Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd –
Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,
Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.
Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
Das längstverlaßne, ein, mit breiten Ästen
Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,
Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,
Die er einst an der Amme Brust verließ.
O! glücklich, wem dann auch sich eine Tür,
Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen –
QUESTENBERG
gerührt.
O! daß Sie von so ferner, ferner Zeit,
Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!
MAX
mit Heftigkeit sich zu ihm wendend.
Wer sonst ist schuld daran, als ihr in Wien? –
Ich wills nur frei gestehen, Questenberg!
Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte
Der Unmut mir das Innerste zusammen –
Ihr seid es, die den Frieden hindern, ihr!
Der Krieger ists, der ihn erzwingen muß.
Dem Fürsten macht ihr 's Leben sauer, macht
Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an –
Warum? Weil an Europas großem Besten
Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,
Die Östreich mehr hat oder weniger –
Ihr macht ihn zum Empörer, und, Gott weiß!
Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,
Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,
Das doch der einzge Weg zum Frieden ist;
Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,
Woher soll Friede kommen? – Geht nur, geht!
Wie ich das Gute liebe, haß ich euch –
Und hier gelob ichs an, versprützen will ich
Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,
Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh daß
Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!
Er geht ab.
Questenberg. Octavio Piccolomini.
QUESTENBERG.
O weh uns! Steht es so?
Dringend und ungeduldig.
Freund, und wir lassen ihn in diesem Wahn
Dahingehn, rufen ihn nicht gleich
Zurück, daß wir die Augen auf der Stelle
Ihm öffnen?
OCTAVIO
aus einem tiefen Nachdenken zu sich kommend.
Mir hat er sie jetzt geöffnet,
Und mehr erblick ich, als mich freut.
QUESTENBERG.
Was ist es, Freund?
OCTAVIO.
Fluch über diese Reise!
QUESTENBERG.
Wie so? Was ist es?
OCTAVIO.
Kommen Sie! Ich muß
Sogleich die unglückselige Spur verfolgen,
Mit meinen Augen sehen – Kommen Sie –
Will ihn fortführen.
QUESTENBERG.
Was denn? Wohin?
OCTAVIO
pressiert.
Zu ihr!
QUESTENBERG.
Zu –
OCTAVIO
korrigiert sich.
Zum Herzog! Gehn wir. O! ich fürchte alles.
Ich seh das Netz geworfen über ihn,
Er kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.
QUESTENBERG.
Erklären Sie mir nur –
OCTAVIO.
Und konnt ichs nicht
Vorhersehn? Nicht die Reise hintertreiben?
Warum verschwieg ichs ihm? – Sie hatten recht,
Ich mußt ihn warnen – Jetzo ists zu spät.
QUESTENBERG.
Was ist zu spät? Besinnen Sie sich, Freund,
Daß Sie in lauter Rätseln zu mir reden.
OCTAVIO
gefaßter.
Wir gehn zum Herzog. Kommen Sie. Die Stunde
Rückt auch heran, die er zur Audienz
Bestimmt hat. Kommen Sie! –
Verwünscht! dreimal verwünscht sei diese Reise!
Er führt ihn weg. Der Vorhang fällt.
Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor schwarz und etwas phantastisch gekleidet.
Er tritt in die Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er die Himmelsgegenden bezeichnet.
BEDIENTER
mit einem Rauchfaß herumgehend.
Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache
Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.
ZWEITER BEDIENTER.
Warum denn aber ward die Erkerstube,
Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?
ERSTER BEDIENTER.
Das frag den Mathematikus. Der sagt,
Es sei ein Unglückszimmer.
ZWEITER BEDIENTER.
Narrenspossen!
Das heißt die Leute scheren. Saal ist Saal.
Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?
SENI
mit Gravität.
Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.
Das Erste aber und Hauptsächlichste
Bei allem irdschen Ding ist Ort und Stunde.
DRITTER BEDIENTER.
Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.
Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.
SENI
zählt die Stühle.
Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt,
Zwölf Zeichen hat der Tierkreis, Fünf und Sieben,
Die heilgen Zahlen liegen in der Zwölfe.
ZWEITER BEDIENTER.
Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.
SENI.
Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet
Die zehn Gebote.
ZWEITER BEDIENTER.
So! Und warum nennt Ihr
Die Fünfe eine heilge Zahl?
SENI.
Fünf ist
Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem
Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
Die erste Zahl aus Grad und Ungerade.
ERSTER BEDIENTER.
Der Narr!
DRITTER BEDIENTER.
Ei, laß ihn doch! Ich hör ihm gerne zu,
Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.
ZWEITER BEDIENTER.
Hinweg! Sie kommen! Da! zur Seitentür hinaus.
Sie eilen fort. Seni folgt langsam.
Wallenstein. Die Herzogin.
WALLENSTEIN.
Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,
Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?
HERZOGIN.
Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten
Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.
WALLENSTEIN.
Wie nahm mans auf, daß ich Gemahlin, Tochter
Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
HERZOGIN.
Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,
Sie hätten über unser Kind bestimmt,
Und möchten gern dem künftigen Gemahl
Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.
WALLENSTEIN.
Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?
HERZOGIN.
Man wünschte wohl, sie möcht auf keinen fremden
Noch lutherischen Herrn gefallen sein.
WALLENSTEIN.
Was wünschen Sie, Elisabeth?
HERZOGIN.
Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.
WALLENSTEIN
nach einer Pause.
Nun – Und wie war die Aufnahm sonst am Hofe?
Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.
Verbergen Sie mir nichts – Wie wars damit?
HERZOGIN.
O! mein Gemahl – Es ist nicht alles mehr
Wie sonst – Es ist ein Wandel vorgegangen.
WALLENSTEIN.
Wie? Ließ mans an der alten Achtung fehlen?
HERZOGIN.
Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand
War das Benehmen – aber an die Stelle
Huldreich vertraulicher Herablassung
War feierliche Förmlichkeit getreten.
Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,
Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
Graf Harrachs edle Tochter hätte so –
Nicht eben so empfangen werden sollen!
WALLENSTEIN.
Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?
HERZOGIN.
O hätte mans getan! – Ich bins von lang her
Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
Zu sprechen die entrüsteten Gemüter
Nein, niemand schalt Sie – Man verhüllte sich
In ein so lastend feierliches Schweigen.
Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine
Vorübergehende Empfindlichkeit –
Etwas unglücklich, unersetzliches ist
Geschehn – Sonst pflegte mich die Königin
Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.
WALLENSTEIN.
Jetzt unterließ sies?
HERZOGIN
ihre Tränen trocknend, nach einer Pause.
Sie umarmte mich,
Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,
Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte
Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
Als zärtlicher Bewegung.
WALLENSTEIN
ergreift ihre Hand.
Fassen Sie sich! –
Wie wars mit Eggenberg, mit Lichtenstein
Und mit den andern Freunden?
HERZOGIN
den Kopf schüttelnd.
Keinen sah ich.
WALLENSTEIN.
Und der hispanische Conte Ambassador,
Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?
HERZOGIN.
Er hatte keine Zunge mehr für Sie.
WALLENSTEIN.
Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.
HERZOGIN.
Und wär es? Teurer Herzog, wärs an dem,
Was man am Hofe leise flüstert, sich
Im Lande laut erzählt – was Pater Lamormain
Durch einige Winke –
WALLENSTEIN
schnell.
Lamormain! Was sagt der?
HERZOGIN.
Man zeihe Sie verwegner Überschreitung
Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.
Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
Stehen auf als Kläger wider Sie –
Ein Ungewitter zieh sich über Ihnen
Zusammen, noch weit drohender als jenes,
Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.
Man spreche, sagt er – ach! ich kanns nicht sagen.
WALLENSTEIN
gespannt.
Nun?
HERZOGIN.
Von einer zweiten –
Sie stockt.
WALLENSTEIN.
Zweiten –
HERZOGIN.
Schimpflichern
– Absetzung.
WALLENSTEIN.
Spricht man?
Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.
O! sie zwingen mich, sie stoßen
Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.
HERZOGIN
sich bittend an ihn schmiegend.
O! wenns noch Zeit ist, mein Gemahl – Wenn es
Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
Kann abgewendet werden – Geben Sie nach –
Gewinnen Sies dem stolzen Herzen ab,
Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
O! lassen Sie es länger nicht geschehn,
Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht
Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.
Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.
Wir haben so der guten Freunde wenig.
Sie wissens! Unser schnelles Glück hat uns
Dem Haß der Menschen bloßgestellt – Was sind wir,
Wenn kaiserliche Huld sich von uns wendet!