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Magisterarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Orientalistik / Sinologie - Islamwissenschaft, Note: 1,3, Universität zu Köln (Philosophische Fakultät/Orientalisches Seminar), Sprache: Deutsch, Abstract: Vor etwas mehr als 20 Jahren, 1979, fand in Iran ein politisch-religiöser Umbruch statt. Gegen Ende des zweiten Weltkriegs zwangen die Alliierten Reza Schah Pahlawi zum Rücktritt, und sein Sohn Muhamad Reza Pahlawi trat dessen Nachfolge an. Er unterhielt starke Verbindungen zu den USA und ungeachtet seiner unzureichenden politischen Amtsführung konnte eine Öffnung zum Westen hin festgestellt werden, die natürlich auch das religiöse Leben nicht unbeeinflusst ließ. Es ließen sich Anzeichen einer Trennung von Religion und Politik feststellen. Mit der Revolution von 1979 wurde der Staat durch Homeini in eine islamische Republik umgewandelt, die Trennung von Religion und Politik ins Gegenteil verkehrt und die Schari´a wieder eingeführt. Die Frage nach den weiteren Folgen für Land und Leute soll hier nicht behandelt werden sondern die nach den Gründen aus denen heraus die Machtübernahme des Homeini abzuleiten ist. Sicherlich sind deren viele anzuführen. Einer davon beinhaltet die Frage nach den religiösen Prozessen, Umwandlungenn, Entwicklungen und Grundlagen, die in der Vergangenheit den Boden vorbereitet haben müssen und ohne die ein schiitischer Ayatollah in den Genuss solch gewaltiger Machtverhältnisse nicht hätte gelangen können. Iran ist unter allen islamischen Ländern das einzige, in welchem das schiitische Glaubensbekenntnis Staatsreligion ist, und von den 98,8% Moslems gehören ca. 91% dem schiitischen Islam an.
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Die religiöse Entwicklung der
Safawiden
von Scheich Safi bis Schah
Isma´il
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Vor etwas mehr als 20 Jahren, 1979, fand in Iran ein politisch-religiöser Umbruch statt. Gegen Ende des zweiten Weltkriegs zwangen die Alliierten Reza Schah Pahlawi zum Rücktritt, und sein Sohn Muhamad Reza Pahlawi trat dessen Nachfolge an. Er unterhielt starke Verbindungen zu den USA und ungeachtet seiner unzureichenden politischen Amtsführung konnte eine Öffnung zum Westen hin festgestellt werden, die natürlich auch das religiöse Leben nicht unbeeinflusst ließ. Es ließen sich Anzeichen einer Trennung von Religion und Politik feststellen. Mit der Revolution von 1979 wurde der Staat durch Homeini in eine islamische Republik umgewandelt, die Trennung von Religion und Politik ins Gegenteil verkehrt und die Schari´a wieder eingeführt. Die Frage nach den weiteren Folgen für Land und Leute soll hier nicht behandelt werden sondern die nach den Gründen aus denen heraus die Machtübernahme des Homeini abzuleiten ist. Sicherlich sind deren viele anzuführen. Einer davon beinhaltet die Frage nach den religiösen Prozessen, Umwandlungenn, Entwicklungen und Grundlagen, die in der Vergangenheit den Boden vorbereitet haben müssen und ohne die ein schiitischer Ayatollah in den Genuss solch gewaltiger Machtverhältnisse nicht hätte gelangen können. Iran ist unter allen islamischen Ländern das einzige, in welchem das schiitische Glaubensbekenntnis Staatsreligion ist, und von den 98,8% Moslems gehören ca. 91% dem schiitischen Islam an. Weiterhin ist festzuhalten, dass in Iran die Kopplung von Religion und Staat eine alte Tradition ist, schon Ardashir I.( 224 - 239/40 ) soll seinem Sohn testamentarisch mitgeteilt haben, dass die Religion die Grundlage der Herrschaft und diese umgekehrt die Hüterin der Religion sei. Auch musste Iran in seiner Jahrtausendalten Geschichte immer wieder als Ziel von Aggressoren herhalten und oblag deshalb ebenso verschiedenen Herrschaftsformen wie Religionseinflüssen, von denen sich der Islam aufgrund seiner Einführung 640 - 648 n. Chr., durch die Araber, bis heute durchsetzte, jedoch strukturellen Veränderungen unterlag. In seinen Anfängen war er sunnitisch geprägt, schiitische Elemente waren nur tendenziell vorhanden. Im weiteren Verlauf gesellten sich die verschiedensten sunnitischen Lehrmeinungen ebenso wie schiitische und extrem schiitische Strömungen oder auch volksislamische und Sufibewegungen hinzu. Alles in allem ein bunt gemischtes Nebeneinader. Das änderte sich jedoch, als 1501/ 907 erstmalig die Schia durch den Safawidenherrscher Isma’ il I. als Staatsreligion in Iran eingeführt wurde.
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Im Folgenden soll ein Beitrag dazu geleistet werden die Hintergründe dieses Handelns zu beschreiben und, soweit möglich, Erklärungsansätze zu geben. Es wird dabei der zeitliche Rahmen von Scheich Safi, dem Ahnherrn der Safawiden, über Gunaid und Haidar bis hin zur Machtergreifung Isma’ils betrachtet, da in diesem wichtige Veränderungen zu beobachten sind.
Wie schon oben aufgezählt, existierten im damaligen Persien mehrere islamische Lehrmeinungen bzw. Strömungen nebeneinander, von denen ich zu Beginn das Sufitum, den Volksislam und die Schia, in ihrer ungefähren damaligen Ausprägung bzw. Entwicklung darlegen und voneinander abgrenzen werde. Zunächst jedoch einige Bemerkungen zu den verwendeten Quellen.
Bei meiner Suche nach Forschungen zu diesem Themenkomplex stieß ich auf eine Vielzahl von Arbeiten und Ergebnissen in der Sekundärliteratur. Dabei handelt es sich zum einen um gesicherte Erkenntnisse, die von mehreren Autoren belegt werden, aber auch um gegenteilige Ergebnisse und Meinungen, von denen einige gleichsam auf Vermutungen aufgebaut sind. Das lässt sich daraus ableiten, dass über bestimmte Vorgänge keine oder nur Originalquellen in nicht edierter oder kritischer Form vorliegen, sodass vieles im Dunkel liegt und nur spekulativ oder aufgrund von Indizien erarbeitet werden kann. Die meines Erachtens wichtigsten Autoren mit ihren Werken möchte ich zu Beginn kurz beschreiben.
a) die sekundären Quellen:
Erika Glassens kritische Bearbeitung der Chronik von Qazi Ahmad Qumi1, welche
neben informativen Kurzdarstellungen der persischen Quellenlage besonderes Augenmerk auf die schiitischen Elemente der frühen Safawiden legt. Bezüglich der schiitischen Elemente innerhalb der Safawiden bietet außerdem Hinz2interessante
Ansatzpunkte
1 Erika Glassen: Die frühen Safawiden nach Qazi Ahmad Qumi, in: Islamkundliche Untersuchungen,Bd. 5, Freiburg 197022
2 Walter Hinz: Irans Aufstieg zum Nationalstaat im 15. Jahrh., Berlin und Leipzig 1936
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The Cambridge History of Iran1und Hans Robert Roemers2geschichtliche
Darstellung Irans von 1350 - 1750, welche einen guten Überblick über die geschichtlichen Zusammenhänge bieten.
Für Informationen bezüglich des Sufitums und des Volksislams geben Michael Mazzaoui3und Monika Gronke4wesentliche Einblicke. In Bezug auf die Schia sind zu nennen Heinz Halm,5der einen guten Überblick
bezüglich der Entstehung der Schia gibt. Bezüglich der extremen Schia ist besonders hervorzuheben Matti Moosa,6der die einzelnen Gruppierungen übersichtlich darstellt.
Bei der Bearbeitung des Diwan von Schah Isma´il ist als nahezu einzige Quelle die Bearbeitung desselben von Minorsky7zu nennen.
Des weiteren finden sich in vielen anderen Werken wichtige Aspekte zu dieser Thematik, die im Einzelnen aus dem Literaturverzeichnis zu entnehmen sind.
b) die persischen Quellen
Neben der kritischen Bearbeitung des achten Kapitel des Safwat as-safa8wurden
vordergründig die vierbändige persische Universalchronik das Habib as-siar von Hondamir,9welche im Gebrauch allerdings etwas umständlich ist, da sie keine Eiteilung in Kapitel enthält, das Ahsanu' t - Tawarih von Hasan-i Rumlu ,10eine
anonyme volkstümliche Chronik der frühen Jahre Schah Isma´ils, das Anonymus Ross11und das Tarih- i `alam - ara-yi Amini von Hungi, welcher aus antisafawidischer Sicht schreibt,12herangezogen. Das Habib lag ausschließlich in
persischem Text vor, während die anderen Werke auch in englischer Übersetzung vorhanden waren.
1 P. Jackson, L. Lockhart: The Cambridge History of Iran, Vol. 6, Cambridge 1964
2 Hans Robert Roemer: Persien auf dem Weg in die Neuzeit, Wiesbaden/Stuttgart 1989
3 Michel M. Mazzaoui: The Origins of The Safawids, in: Freiburger Islamstudien Bd. III, Wiesbaden
4 Monika Gronke: Derwische im Vorhof der Macht, Freiburger Islamstudien,Bd. XV, Stuttgart
5 Halm, Heinz: Die Schia,
6 Moosa, Matti: Extremist Schiites, New York 1988
7 Minorsky, Vladimir: The Poetry of Shah Isma´ il, in: BSOAS X, ( 1944-2 ),
8 Heidi Zirke: Ein hagiographisches Zeugnis zur persischen Geschichte aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, Das achte Kapitel des Safwat as - safa in kritischer Bearbeitung, Freiburg
9 Giyas ad-din ibn Humam ad-din Muhammad, genannt Hondamir,: Habib as-siyar, 4 Bnde., Teheran 1333:
10 Hasan - i Rumlu: Ahsanu' t - Tawarikh, A Chronicle of the early Safawis, translated by: C.N. Seddon, Baroda 1934/نسح :ولمور نسحا :خىراوتلا ىعسب و حىحصت سلراچ
11 Ross, E.D.:The early years of Shah Isma´il, founder of the Safavi dynasty, in: JRAS ( 1986 )
12 Minorsky, Vladimir: Persia in A: D. 1478 - 1490, abriged traslation of Fazlallah ibn Ruzbihan Hungi ´s Tarih-i ´alam-ara-yi Amini, London 1957
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Um die verschiedenen islamischen Strömungen im Persien der damaligen Zeit voneinander abzugrenzen muss ein wenig weiter ausgeholt und deswegen zunächst auf die historischen Rahmenbedingungen eingegangen werden. Nach der Eroberung durch die Araber wurde der Islam in Persien eingeführt, welchen die Einwohner des Landes nicht als neue ' Heilsverkündung ' begeistert aufnahmen. Vielmehr zog sich die Islamisierung Persiens über mehrere Jahrhunderte hin,1und
dass die Perser allmählich den Islam annahmen, hatte eher wirtschaftliche und soziale denn religiöse Gründe. Es wurde einerseits nämlich nur Muslimen gestattet höhere Ämter zu bekleiden, und andererseits war in seinen Anfängen der Übertritt zum Islam mit Steuerfreiheit verbunden. So kann angenommen werden, dass der Islam in Persien, zumindest zu Beginn, im wesentlichen dazu benutzt wurde sich soziale Vorteile zu verschaffen. Des weiteren gaben die Perser ihre Sprache zugunsten des Arabischen nicht auf. In fast allen anderen Gebiete, die die Araber erobert hatten, setzte sich das Arabische auch als Sprache des Volkes durch. In Persien galt Arabisch zwar als Amtssprache, aber kulturelle Aktivitäten wie z.B. die Schriftstellerei wurden nach wie vor in persischer Sprache ausgeführt. Die kulturelle Identität der Perser wurde somit weitgehend beibehalten. Dies sind Gründe warum die Perser innerhalb der islamischen Länder eine spezifische Position einnahmen aus der heraus sich religiöse islamische Sonderformen, wie die oben genannten, überhaupt erst entwickeln konnten.
Zu Beginn war in Iran wie in der gesamten islamischen Welt die sunnitische Lehre vorherrschend, erste schiitische Tendenzen gelangten jedoch sehr früh durch Flüchtlinge nach Persien und gipfelten im Aufstand Abu Muslims, welcher von Horasan ausgehend das gesamte persische Reich eroberte und mit dem siegreichen revolutionärem Heer bis in die Stadt Kufa gelangte, in der nun Abu l -´Abbas 749 n. Chr. zum Kalifen bestimmt wurde.3Mit den Abbasiden entstand ein Reich,
welches nichtarabischen Muslimen wesentlich aufgeschlossener gegenübertrat und den Persern, die schon seit geraumen Zeiten die Gleichheit zwischen Arabern und
1 Roemer, S. 3; Bertold Spuler: Iran in frühislamischer Zeit, Wiesbaden 1952: hier beschreibt Spuler die Gründe warum sich z.B. der Zoroastrismus noch bis ins 11.Jahrhundert hielt, S. 183ff 2 Roemer, S. 5
3 Roemer, S. 5
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Persern im Islam postulierten,1mehr Rechte verschaffte. Das galt aber nicht für die
Schiiten, da die Abbasiden, obwohl mit deren Hilfe an die Macht gekommen, sich später gegen selbige wandten.
Als Folge der abbasidischen Herrschaft, erblühte das Land vor allem im geistigwissenschaftlichen und politischem Bereich und gelangte wieder mehr unter iranischen Einfluss. Dies änderte sich mit der Eroberung der Selguqen im 11. Jahrh. n. Chr. und mehr noch mit der der Mongolen, die 1258 / 657 unter Hülägü Bagdad eroberten und dem Kalifat wie auch der Herrschaft der Abbasiden ein Ende setzten. Es hatte katastrophale Auswirkungen auf das Land. Die Mongolen, vom Ursprung her ein Nomadenvolk, plünderten nicht nur die Städte sondern wandelten die meisten Ackerböden zu Weideland um. Das führte zur Verarmung und Landflucht und dies wiederum zu vermehrtem Bandentum und Räuberei. Hinzu kamen Hungersnöte und Krankheiten.2In Bezug auf die religiöse Haltung der Mongolen lässt sich feststellen,
dass sie, ursprünglich dem Schamanentum anhängend, dem Islam zwar grundsätzlich nicht feindlich, aber doch eher gleichgültig gegenüberstanden. Auch letztlich die Annahme desselben durch Gazan han am 16. 06. 1295 / 1. Sa´ban 694 mag wohl eher politische Gründe gehabt haben.3Jene wirtschaftlichen und sozialen
Hintergründe bereiteten den Boden für die im Vorfeld genannten religiösen Bewegungen, welche ich nun im Einzelnen darstellen möchte. Da die schiitische Bewegung aber eine Sonderstellung innehat, wird sie deshalb vorangestellt.
Bei der Betrachtung der religiösen Bewegung der Schia im damaligen Iran treten zwei Fragen in den Vordergrund. Was waren die Gründe, dass sich diese Bewegung von Anfang an in Iran mehr als in anderen islamischen Ländern ausbreitete, und von welcher Form der Schia ist auszugehen?
1In diesem Zusammenhang wird der Begriff ' su´ubiya ' benutzt (بعشpers./arab.
2 Gronke, Monika: Lebensangst und Wunderglaube, in:Diem, Werner; Falaturi Abdoldjavad (Hrsg.): XXIV. Deutscher Orientalistentag, Ausgewählte Vorträge, Steiner 1990, S. 392,
3 Spuler , B.: Die Mongolen in Iran, Berlin 1955, S. 185
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Wie bereits erwähnt waren die seit langer Zeit kulturell hoch entwickelten Perser von der Eroberung durch ein in ihren Augen kulturloses Nomadenvolk nicht besonders entzückt, und schon früh bildeten sich Formen des nationalen Widerstands (su´ubiya). In diesem Zusammenhang kann der ursprüngliche Erfolg der schiitischen Bewegung gesehen werden, denn einmal stand diese im Gegensatz zur sunnitischen Form des Islams, die vom größten Teil der Herrscherdynastie ausgelebt wurde,1und
zweitens ist zu überlegen ob ein bestimmter Personenkreis der sowohl kulturell als auch in Regierungsgeschäften überlegenen Perser nicht eine ideologische Parallele zwischen sich und ´Ali gezogen hat, da dieser, nach schiitischer Auffassung, am Teich von Humm (16. März 632/18. Du l-Higga 10) von dem Propheten zum Nachfolger ( halifa ) bestimmt,2um sein Recht gebracht wurde und letztlich ' weniger
gute Muslime ' an die Spitze der umma traten. Spuler zeigt einen weiteren Grund auf, den der Erbfolge. Da die Iraner von je her an ein göttliches Charisma ihrer eigenen Herrscherdynastien glaubten, schien ihnen die Zugehörigkeit ´Alis zur Prophetenfamilie als plausibler Grund der Herrschaftsnachfolge. 3Das ging sogar
soweit, dass eine Verbindung zwischen der iranischen Dynastie der Sassaniden und der Prophetenfamilie gezogen wurde, da man bald die wissenschaftlich allerdings nicht haltbare Legende der Heirat al-Husains mit einer Prinzessin aus dem Stamme Jazdagird III. zu berichten wusste.