Die schizophrene Psychose entschlüsselt - Peter Stern - E-Book

Die schizophrene Psychose entschlüsselt E-Book

Peter Stern

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Beschreibung

In diesem Buch wird der Leidensweg eines von einer Schizophrenie Betroffenen über einen Zeitraum von fast drei Jahrzehnten geschildert. In ergreifenden und detaillierten Berichten werden die tiefgreifenden Symptome und Phänomene der Störung der Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis dem Leser authentisch nähergebracht. Dabei wird nicht nur die akute Phase und deren Vorgeschichte detailreich beleuchtet, sondern besonders auch die nachfolgenden Therapiebemühungen über einen Zeitraum von fast 25 Jahren nach dem Ausbruch der Erkrankung. Nach langjährigen Erfahrungen und begleitender Heilarbeit gelang es dem Autor schließlich, auf Basis intensiver Introspektion und Inspiration, im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtungsweise mögliche Ursachen und geistige Wirkprinzipien zu entschlüsseln und letztlich den Weg der Heilung zu gehen. Das Buch ist an alle gerichtet, die die vielfältigen Symptome und Phänomene dieser rätselhaften Störung mitsamt einer innovativen Deutung, einzigartig auf Grund der besonderen Beobachtungsgabe und logischen Schlussfolgerungen des Autors, aus erster Hand erfahren möchten.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

– Einleitung

2

– Wie es begann – Meine Psychose in New York

3

– Rückblende – Kindheit und Jugend

4

– Die Zeit danach – Studium und Promotion

5

– Tagesklinik – 13 Jahre nach New York

5.1

– Achtundzwanzigster Tag

5.2

– Zweiunddreißigster Tag

5.3

– Siebenunddreißigster Tag

5.4

– Neununddreißigster Tag

5.5

– Vierzigster Tag

5.6

– Fünfundvierzigster Tag

5.7

– Siebenundvierzigster Tag

5.8

– Achtundvierzigster Tag

6

– Sozialtherapie – 14 Jahre nach New York

7

– Neue Zukunftsperspektive – Postdoc

8

– Psychotherapie – 18 bis 21 Jahre nach New York

8.1

– Auszüge aus Stundenbogen, 27.09., 18 Jahre nach New York

8.2

– Auszüge aus Stundenbogen, 14.10., 18 Jahre nach New York

8.3

– Auszüge aus Stundenbogen, 02.11., 18 Jahre nach New York

8.4

– Auszüge aus Stundenbogen, 16.11., 18 Jahre nach New York

8.5

– Auszüge aus Stundenbogen, 07.12., 18 Jahre nach New York

8.6 –

Auszüge aus Stundenbogen, 25.01., 18 Jahre nach New York

8.7 –

Auszüge aus Stundenbogen, 30.01., 19 Jahre nach New York

8.8

– Auszüge aus Stundenbogen, 08.02., 19 Jahre nach New York

8.9

– Auszüge aus Stundenbogen, 22.02., 19 Jahre nach New York

8.10 –

Auszüge aus Stundenbogen, 12.04., 19 Jahre nach New York

8.11 –

Auszüge aus Stundenbogen, 17.05., 19 Jahre nach New York

8.12 –

Auszüge aus Stundenbogen, 05.06., 19 Jahre nach New York

8.13 –

Auszüge aus Stundenbogen, 21.06., 19 Jahre nach New York

8.14 –

Auszüge aus Stundenbogen, 05.07., 19 Jahre nach New York

8.15 –

Auszüge aus Stundenbogen, 27.02., 20 Jahre nach New York

8.16 –

Auszüge aus Stundenbogen, 21.03., 20 Jahre nach New York

8.17 –

Einige gesammelte Gedanken, 21 Jahre nach New York

Epilog – Inspirierte Einsichten 25 Jahre nach New York

1

– Ein neues Paradigma ist vonnöten

2

– Dualismus zwischen Materie und Geist

3

– Wirken von Geist und Bewusstsein

4

– Der göttliche Urgrund der geistigen Welt

5

– Vermuteter Ursprung und Zweck des Universums

6

– Prinzip des Karmas und kosmische Gerechtigkeit

7

– Gott als höhere geistige Macht anerkennen

8

– Feinstoffliche Energie basierend auf Qi und Psi

9

– Das Prinzip der geistigen Resonanz und Dualität

10

– Bildung und Funktionen von Seelenkeimen

11

– Seelenmonaden, Seelenkeime und Ätherleib

12

– Vitalkraft, Mentalkraft und Ich-Kraft

13

– Energiekörper, Astralleib und Geistkörper

14

– Bruch der Sollbruchstelle

15

– Gedächtnis und geistige Informationsfelder

16

– Spaltung in Ich-Teilpersönlichkeitszustände

17

– Aufgaben und Funktionen der Hauptchakras

18

– Spaltung und Fragmentierung des Ätherleibs

19

– Ursachen und Auslöser der Psychose

20

– Persönlichkeitsreifung gemäß der Hauptchakras

21

– Chakra-Blockaden und psychische Störungen

22

– Weitergehende Einsichten zu geistigen Aspekten

23

– Weitere potentielle geistige Ursachen einer Psychose

24

– Schlussbemerkungen

Glossar

Literatur

www.psychose-verstehen.de

Für alle, die auf der Suche nach Erkenntnis sind und sich von anderen nichts einreden lassen wollen!

Vorwort

Dieses Buch beruht auf authentischer Erfahrung auf Basis intensiver Introspektion. Will man die Grenzen des Vorhandenen sprengen, muss man Erkenntnis erringen. Erkenntnis kann man nur aus Erfahrung schöpfen. Und Erfahrung bedeutet mitunter, Fehler zu machen. Fehler zu machen, bedeutet, Leid ertragen zu müssen. Und Leid schließlich kann zu Krankheit führen, von einem Missverhältnis zwischen dem, was ist und dem, was sein sollte, aber nicht sein darf. Die Überwindung von Leid und Krankheit gelingt oftmals nur über Erkenntnis. Ein ständiger Kreislauf.

Die Schizophrenie stellt eine fundamentale Frage an das Sein. Man kann es kurz fassen: »Der, der er ist, möchte er nicht sein – und der, der er sein möchte, ist er nicht.« Vielfach wird diese schwerwiegende Erkrankung in ihrem Kern nicht als solche erkannt, was sie ist, als eine Entfremdung des Ich vom Sein. Ist es die Gesellschaft, die einen Betroffenen krank gemacht hatte oder ist es das Individuum, das sich subjektiv krank fühlt und die Gesellschaft ihm das Etikett »krank« aufdrückt, weil es mit seinen Gaben und Fähigkeiten möglicherweise nicht in diese Zeit oder an diesen Ort passt und sie nicht ausleben kann? Dabei sind die Gaben und Fähigkeiten immer so, dass jeder ganz individuell seinen Beitrag leisten kann. Ein Grund für Neid oder ein Gefühl der Minderwertigkeit sind also vollkommen fehl am Platz. Heilung bedeutet Erkennen und Annehmen des eigenen Seelenplans und das Erfüllen des eigenen individuellen Beitrags.

In der modernen westlichen Gesellschaft gilt Glück und Fülle als das Höchste, was sich in einem immerwährenden Drang nach Neuem, nach Konsum und Befriedigung unersättlicher Wünsche und Begierden ausdrückt, möglichst so schnell wie möglich, ohne Aufschub, aus dem Impuls heraus.

All das sind Symptome einer seelenlosen Gesellschaft, einer in sich selbst kranken Gesellschaft, wo der Kranke als krank bezeichnet wird, da sein Wesenskern dem Tempo und Ethos der ach so modernen Gesellschaft nicht standhalten kann. Der sogenannte Kranke nimmt wie Jesus von Nazareth sein eigenes Kreuz auf sich und leidet, um alle anderen zu erlösen, anstatt dass diese ihr jämmerliches Spiel in diesem Rad des Daseins hinterfragen. Dabei merkt er nicht einmal, dass er die Merkmale der modernen Kultur ins Vielfache potenziert übernommen hat. Sein Herz schreit nach Liebe, aber er betreibt nur seelenlose Sexualität. Seinem Kopf dürstet es nach Weisheit, aber er erwärmt sich nur für seelenlose Intelligenz. Der gegenwärtig vorherrschende Materialismus fördert geradezu die Entkernung und somit Entseelung und faktisch Entmenschlichung des Menschen. Der Dreiklang aus Körper, Seele und Geist wird auf rein seelenlose Materie heruntergebrochen.

Um zu gesunden, muss dieser Teufelskreis durchbrochen werden. Das Herz muss befreit werden und Liebe zulassen. Der Kopf muss vom Ego-Denken entkoppelt werden. Psychologie ist im Prinzip nichts weiter als eine Psychologie des Egos. Aber das Ego sind wir nicht wirklich selbst. Es ist der Verstand, eine Instanz in uns, die uns vorspiegelt, unser wahres Ich zu sein, aber es nicht das wahre Selbst. Das wahre Selbst liegt viel tiefer. Um diese Fesseln zu sprengen, brauchen wir eine beseelte Sexualität und eine beseelte Intelligenz.

Ist es gewollt zu leiden? Viele in der esoterischen Szene sehen Leid als Voraussetzung für einen Läuterungsprozess der Seele an, um gezwungen zu werden, alte Ketten zu lösen und sich von einschränkenden Gedankenmustern und Glaubenssätzen zu lösen. Ohne Leid keine Erkenntnis. Es ist also nicht der Drang nach Erkenntnis, der zu Leid führt, sondern Leid gebiert wahre Erkenntnis. Leid um des Leidens willen führt aber zu rein gar nichts. Solange er noch nicht auf dem Erkenntnisweg ist und ein Betroffener sich nicht selbst helfen kann, ist es unsere Aufgabe, ihm beizustehen. Vielfach wird ja behauptet, man solle nicht eingreifen, die Seele habe es ja so gewollt. Sie wolle leiden, um zu erkennen. Aus eigener Geschichte weiß ich, dass das so nicht stimmen kann. Sicher wirkt Leid wie ein Beschleuniger eines solchen Prozesses, aber eine entstellte Sexualität, ein vom Weg abgekommener Verstand, ein zügelloses Ego, lassen sich nicht so leicht bremsen und stoppen. Ohne Hilfe von außen geht es meist nicht. Wenn der Geist vernebelt ist, wie will man da zur Erkenntnis gelangen?

Dies ist aber nur möglich, wenn ein Betroffener bereit ist, an sich zu arbeiten und seine inneren Programmierungen zu ändern. Sonst ist die Heilung nur vorübergehend und nicht nachhaltig, das Leid kommt zurück. »Wie innen, so außen.« Erst wenn sich zunächst unsere innere Gedankenwelt verändert, können sich auch die äußeren Umstände ändern. Innere Heilung bedeutet dann auch äußere Heilung. Der Genesende trägt zum Prozess der globalen Entwicklung bei und heilt nicht nur sich selbst, sondern auch die Gesellschaft, in der er lebt.

Der Autor dieses Buches beschreibt seinen eigenen Weg der Erkenntnis, seine vielen Irrtümer, seine gemachten Fehler, seine überraschenden Einsichten. Alles, was in diesem Buch beschrieben wird, basiert auf eigener Erfahrung. Es ist ein Zeitdokument, doch scheint es beinahe aus der Zeit gefallen. Es ist ein Schrei nach wahrer Liebe, aber zugleich in der Kategorie der Dualität gefangen. Diese Dualität beginnt sich aber gerade langsam, aber sicher, aufzulösen. Es gibt nicht das Gute und das Böse, das Männliche und das Weibliche, Yin und Yang, als unversöhnliche Gegensätze, sondern alles ist eins, nur verschieden ausgeprägt. Ohne Polarität oder Gegensätze würde das Wahre, die Liebe, nicht existieren können. Letztlich basiert alles auf der Kraft des sich gegenseitig Ausschließenden. So wie die Welt sich zurzeit in das goldene Zeitalter der Liebe, des Friedens und der Freiheit sehnt, werden diese Gegensätze aber zusehends weniger bedeutsam. Stattdessen nehmen wir uns zukünftig in einer Grundhaltung des All-Einen wahr, sei es, ob wir dies Allah, Jahwe oder Brahman nennen mögen, wo alles gleichzeitig existiert, wo alles seine Berechtigung hat, aber wo letztlich vieles nur auf Liebe fußt. Wo es nichts Getrenntes mehr gibt, sondern nur ein gemeinsames Wir. Zum Zeitpunkt, als das Buch vollendet war, war es auch schon wieder aus der Zeit gefallen.

So wie ich, gehen viele Betroffene zurzeit durch einen großen Wandel. Möglicherweise mag dieses Buch vielen dienlich sein, die noch nicht so weit sind und möglicherweise an ihren Symptomen verzweifeln. Die denken, sie spinnen, wenn sie innere Stimmen hören oder geheimnisvolle oder magische Kräfte vermuten, wenn sie die Gesetze des Universums falsch anwenden. Tatsächlich hat alles seine Berechtigung. Symptome sind nur ein Zeichen eines aus dem Ruder gelaufenen Bewusstseins. Tatsächlich könnte die Quintessenz lauten: »Alles ist Bewusstsein« oder »Ohne Bewusstsein ist alles nichts.« Im Prozess der Heilung können Betroffene sich wieder in die Harmonie des Universums einfügen und die Segnungen der Liebe in sich erfahren, indem sie ihr Leid überwinden. Allein das zählt und zu diesem Zweck der Erkenntnis ist dieses Buch geschrieben worden. Nicht, um Absolution zu erhalten, die es nie geben wird, dazu ist das Prinzip der kosmischen Gerechtigkeit im Rahmen von Ursache und Wirkung zu mächtig, sondern um den Erkenntnisprozess eines Betroffenen beispielhaft in all seinen Facetten über einen Zeitraum von fast 40 Jahren zu beleuchten. Wie der Weg zur Heilung über Erfahrung gefunden werden konnte, nach all den Irrtümern, leidvollen Erfahrungen, komischen Wahrnehmungen und karmischen Verstrickungen, um in einen Zustand der Harmonie, der Liebe und Weisheit zu münden, der das Potential in sich trägt, auch die Welt ein Stück weit heilen zu können.

Es gibt zurzeit viele Seelen auf der Welt, die ihre Aufgabe als Helferseelen und Unterstützer für viele festgefahrene und gestrandete Seelen in deren Heilungsprozessen wahrnehmen möchten. Jeder hat dabei seine Berechtigung. Jeder Betroffene muss schauen, wer am besten zu ihm passt, wer seine Sprache spricht und mit wem er am ehesten in Resonanz gerät. Letztlich verfolgen alle das selbe Ziel. Sich selbst, andere und die Welt zu heilen.

Peter Stern, Oktober 2023

1 Einleitung

Schizophrenien und generell Psychosen gehören noch immer zu den am wenigsten verstandenen, rätselhaftesten und zugleich tiefgreifendsten psychischen Störungen, die einen Menschen betreffen können. Viele Betroffene werden durch sie in ihrem alltäglichen Leben stark behindert. Einige Betroffene können nach nur einer akuten Phase der Erkrankung vollständig gesunden. Der Großteil der Erkrankten bleibt jedoch ein Leben lang von den Auswirkungen dieser Störung auf bestimmte Art und Weise betroffen, wobei ein gutes Drittel auch schwerere Symptome oder weitere Rückfälle und Krankheitsschübe über das weitere Leben verteilt erleiden kann. Die Erkrankung ist zwar empirisch gut untersucht, aber deren Ursachen sind noch unbekannt. Viele Wissenschaftler tappen noch im Dunkeln. Die moderne Medizin und Psychologie scheinen bei diesem Krankheitsbild an ihre Grenzen zu stoßen und wissen nicht weiter. Zurzeit setzt man große Hoffnungen auf Medikamente, ohne damit allerdings die eigentlichen Ursachen der Erkrankung zu behandeln. Das Ziel ist dabei mehr oder weniger Ruhigstellung der Symptome und Aussitzen ihrer Auswirkungen.

Es gibt viele Erfahrungsberichte von Betroffenen, die mehr oder weniger ausführlich über ihre Krankheit und ihre Auswirkung auf ihr Leben berichtet haben. Viele dieser Berichte drehen sich aber meist nur um die Anfangsphase dieser Störung, also vielleicht deren Vorgeschichte, deren akute Phase und die folgenden ersten Behandlungsjahre. Ohne Zweifel stellt gerade die akute Phase die höchsten Anforderungen an Umwelt, Angehörige und Freunde, sodass deren Informationsbedürfnisse und professionelle Unterstützung überwiegen. Überwiegend enden die Berichte jedoch an jenem Punkt in seinem Leben, an dem ein Betroffener mit Hilfe von Medikamenten aus seiner nicht selten wahnhaft und individuell konstruierten Realität in den Schoß des modernen Weltbildes zurückgekehrt ist. Damit ist das vorrangige Ziel der Behandlung erreicht, nämlich den Kranken soweit zu stabilisieren, dass er seinen Alltag bewältigen kann und die Auswirkungen auf sein Umfeld so gering wie möglich gehalten werden. Vielfach ist über das, was die Geschichte eigentlich erst interessant werden lässt, also das, was erst viele Jahre später passiert, wenig bekannt. Auch erfährt man nur sehr wenig über die eigentlichen Ursachen oder Gründe dieser Erkrankung. Die meisten Fachbücher zum Thema sind von Psychologen oder Ärzten verfasst, die aber nicht wirklich in den Patienten hineinschauen können und meist von der modernen Weltsicht in Wissenschaft und Forschung geprägt sind, die aber zu wenig die spirituellen und geistigen Aspekte dieser Krankheit ins Blickfeld nimmt, weil diese im Widerspruch zu gängigen Sichtweisen in der Wissenschaft stehen.

Ich bin nun schon fast fünfundzwanzig Jahren von dieser psychischen Störung betroffen und seit ungefähr fünf Jahren trage ich mich mit dem Gedanken, meine Störung einer Psychose und nach Angaben von Ärzten paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, da ich der Ansicht bin, dass ich über die Jahre viele Einsichten gewonnen habe, die aus meiner Sicht fast revolutionären Charakter haben und ein vollkommen neues Licht auf diese Krankheit und die Seele des Menschen im Allgemeinen werfen. Während der vergangenen fünf Jahre war ich damit beschäftigt, meine Empfindungen, Inspirationen, Eindrücke und inneren Einsichten akribisch zu dokumentieren und im Lichte meiner stetig wachsenden Erkenntnisse zu deuten.

Ich erlitt mit 23 Jahren eine Psychose. Bereits ein Jahr zuvor hatten sich erste manische Episoden abgezeichnet, die meinen Geist verwirrt und in eine immer höhere Anspannung versetzt hatten. Während meine Kindheit bis zum Alter von 12 Jahren im Prinzip unbelastet war, war meine daran anschließende Jugend geprägt von Einsamkeit und seelischer Bedrückung. Ich hatte allgemein den Eindruck, dass eine tiefe Schwermut und Melancholie über meinem Leben hängen würde. Aus heutiger Sicht erlitt ich mit 12 Jahren ein Trauma, weil ich die vielen Anforderungen, die von außen an mich herangetragen wurden, nicht mehr adäquat bewältigen konnte. Meine Eltern hatten mich noch sehr spät in ihrem Leben gezeugt, nachdem mein kleiner Bruder 1.5 Jahre vor meiner Geburt mit vier Jahren unglücklich ums Leben gekommen war. Meine Eltern waren selbstständig und besaßen ein Baustoffgeschäft und ich wurde als Nachfolger des elterlichen Geschäfts gehandelt. Das Trauma war eigentlich eher unmerklich. Es war mehr so etwas wie eine tiefe Verzweiflung, die mein Selbst von meinem Leben entfremdete. Es begann mit einer leichten Dissoziation am Abendtisch. Die Tatsache, dass dies tatsächlich ein Trauma gewesen war, wurde mir erst viel später klar.

Da die Reifung einer Persönlichkeit ein Prozess ist, in dem man nicht einfach bestimmte Entwicklungsschritte überspringen kann, wurde ich so in meiner weiteren Entwicklung gehemmt. Auch konnte ich den Anforderungen, die später während meiner Pubertät an mich gestellt wurden, nicht adäquat begegnen. Mit 16 Jahren erlitt ich erneut eine schwere Dissoziation, die mich über Wochen lahmlegte und in eine körperliche Depression führte. Während der folgenden Jahre hatte ich versucht um meine psychischen Probleme herum zu wachsen und irgendwie zu funktionieren, währenddessen ich in der Schule und zu Hause weiter stark gefordert wurde. Ich kann für mich behaupten, dass ich für mehrere Jahre emotional wie gepanzert war und keine Liebe empfangen oder zugelassen hatte. Ich erfuhr währenddessen keinerlei Hilfestellung von meiner Familie oder aus meinem Freundeskreis und hatte das Ganze auch nicht groß thematisiert, weil ich mich für meine körperliche und seelische Schwäche schämte. In der Schule schleppte ich mich nur von einem zum anderen Tag. Schließlich ging ich für die letzten zwei Jahre vor meinem Abitur auf ein Internat. Dort wurde mir ein kurzer Augenblick der Erholung gewährt. Jedoch waren die emotionalen Defizite dann doch so groß, dass ich letztlich während meines darauffolgenden Studiums heftig dekompensierte und eine Psychose erlitt. Eine Psychose stellt einen schweren Eingriff in die Seelenstruktur eines Menschen dar. Es ist so, als wäre eine Sollbruchstelle gebrochen. Danach ist nichts mehr wie zuvor. Je nach Schwere der Störung kann der Verlauf glimpflich sein. Je länger man aber im Vorfeld die Krankheitssymptome übersieht, desto ungünstiger ist die langfristige Prognose.

Nach meinem Studium, das ich sehr erfolgreich absolvieren konnte, nahm ich eine Promotion auf. Da ich aus meiner Familie nie besondere Anerkennung erfuhr und nichts gut genug war, versuchte ich mich auch hier zu beweisen. Ich konnte zwar wiederum einen sehr guten Abschluss schaffen, glitt danach aber erneut in eine schwere Erschöpfungsphase, einen Burnout, hinein. Mein wichtigster Rat an einen Betroffenen nach einer erlittenen Psychose ist, Geduld und Mäßigung an den Tag zu legen. Das Leben kann nicht mehr so weitergehen wie zuvor. Ich selbst war leider nicht so verständnisvoll und einfühlsam mit mir selbst. Ständig versuchte ich mich immer wieder an meine Grenzen zu bringen und wenn diese nur kurzzeitig überschritten wurden, kollabierte und dekompensierte ich dabei ein wenig, wobei dies zu Beginn kaum merklich passierte, sich aber ständig und regelmäßig im Wechsel abspielte. Wenn ich mich dann wieder stabilisiert hatte, kamen wieder Zeiten, da arbeitete ich mich erneut in eine Spirale von Überforderung hinein, sodass ich mich dabei erneut übernahm. Das Ganze glich einem ständigen Kampf, in dem ich für mich keine Regeln akzeptieren wollte. Allgemein, wenn man sich kräftemäßig nicht zu sehr beansprucht, kann eine Stabilisierung gelingen, vielleicht auch ohne Medikamente.

Am wichtigsten ist aus meiner Sicht daher der folgende Rat an das engere Umfeld: Gerade weil die Zukunftsperspektiven derart eingeschränkt sind, reagieren Familienmitglieder oft mit Unverständnis und üben vielleicht sogar Druck aus. Klar, allzu gern hätte man einen Sohn oder eine Tochter, der oder die voll im Berufsleben stehen und ihre Angelegenheiten selbstständig regeln würden. Eltern wollen irgendwann auch ihre Ruhe haben und ihre Kinder in guter Obhut wissen. Hinzunehmen, dass vieles nicht mehr geht, ist sehr schmerzlich, vielleicht nicht so sehr für einen Betroffenen selbst als vielmehr für das familiäre Umfeld, das vielleicht viele Erwartungen in ihn gesetzt hatte, möglicherweise zu hohe Erwartungen. Auf diese Weise wird der Erkrankte schlimmstenfalls dazu verleitet, auch von sich selbst zu viel zu verlangen, zu viel geben zu wollen und dabei zu wenig auf seine nun engeren Grenzen zu achten.

Jede Krankheit hat ihre eigene Geschichte. Besonders charakteristisch bei der paranoiden Schizophrenie ist der Wahn, der verschiedene Gestalt annehmen kann. Auch funktionelle Denkstörungen können auftreten wie beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten. Vielfach leiden Betroffene unter akustischen und visuellen Halluzinationen. So vielfältig das Bild auch ist, alles wird vereinfachend unter der Bezeichnung einer Schizophrenie geführt. Symptome wie Wahn oder Halluzinationen führen in der Regel zu einem deutlichen Realitätsverlust. Der Betroffene lebt in seiner eigenen Welt. Meist nehmen Erkrankte ihre Symptome zu Beginn als durchweg positiv wahr. Daher ist die Krankheitseinsicht unter akut Betroffenen oft gering ausgeprägt. Der mögliche Verlust der manischen Erregbarkeit, in der nicht selten banale Ideen zu scheinbar überwältigenden Einsichten in die Welt aufgebläht werden, wird einfach als zu schmerzhaft empfunden.

Meist wird das engere Umfeld des Betroffenen in Mitleidenschaft gezogen wie Angehörige oder Freunde, welche von den Auswirkungen der Störung stark betroffen sein können und nicht selten an ihre kräftemäßigen Grenzen stoßen. Vereinzelt muss sogar eine Zwangseinweisung in eine Klinik erfolgen. Dort gibt man üblicherweise sofort Medikamente, um die akute Phase zu beenden. In nur wenigen Tagen verliert sich so die Manie, der Wahn verschwindet und auch das Ausmaß der Halluzinationen wird deutlich gedämpft. Wieder im Hier und Jetzt angekommen, können es Betroffene kaum fassen, was in ihnen zuvor vorgegangen war und was die Störung mit ihnen gemacht hatte, und nehmen ihre vorübergehende Stabilisierung meist mit großer Dankbarkeit an. Ich schreibe hier vorübergehend, weil der Bruch der Sollbruchstelle, welche so charakteristisch für eine Psychose ist, Spuren hinterlässt. Daher bleibt die psychische und seelische Verletzbarkeit, die meist schon vor Ausbruch der Erkrankung in Grundzügen vorhanden war, bestehen und ist sogar potenziert.

Leider konnte ich in meinem speziellen Fall nicht ahnen, dass ich den ganzen Herausforderungen, die ich an mich stellte, nach dem Bruch der Sollbruchstelle nicht gewachsen war. Wie ich später genauestens schildern werde, führte die erhöhte Anforderung während meiner Promotion dazu, dass ich Stück für Stück weiter destabilisiert wurde. Trotzdem, obwohl ich weiterhin immer eifrig meine Medikamente einnahm und später sogar auf moderne, viel potentere Tabletten umstellte, die mir eine viel größere mentale Konzentration erlaubten, verschlechterte sich mein Seelenzustand zusehends. Letztlich wollte ich zu viel und überforderte mich. Da ich es gewohnt war, immer meine höchste Leistung abzuliefern, wie es mir jeweils möglich war, da ich aus einer sehr leistungsorientierten Familie stamme, nahm ich meine seelischen Grenzen nicht ernst genug. So kam es dann auch, wie es kommen musste. Ich schaffte zwar mein Doktorat, schlitterte aber nachher in einen schweren Burnout hinein. Während des Burnouts befand ich mich kräftemäßig und von meiner seelischen Konstitution her am Limit. Im Zuge dieser Erschöpfung wurden für mich dann Wahrnehmungswelten eröffnet, die ich zuvor an mir so nicht gekannt hatte, abgesehen vom Zeitpunkt meiner Psychose selbst. Davon soll später in meinem Bericht die Rede sein. Auf Grund dieser erweiterten Wahrnehmungen wurde es mir ermöglicht, viele Erkenntnisse rund um meine Störung zu erringen.

Vergleichbare Wahrnehmungen hatte ich vereinzelt auch schon zu Beginn meines Studiums. Offenbar wurden meine Sinne durch vereinzelte manische Zustände geschärft und es entwickelte sich allmählich eine Hypersensitivität als Antwort auf die Überreizung meines Nervensystems. Die vorherrschenden Empfindungen waren fühl- oder erlebbare energetische Kräfte zwischen Menschen oder Menschen und der Natur. Ich war von dieser Hypersensitivität derart überwältigt und die Erkenntnisse daraus für mich so überwältigend, dass ich versuchen wollte, der Sache auf den Grund zu gehen. Der ganze Prozess vollzog sich in seiner extremen Form ungefähr sechs Monate vor meiner Psychose. Währenddessen durchlitt ich einen Zeitraum von drei Wochen mit unregelmäßigem und zu wenig Schlaf, was meine Problematik verschlimmerte. Als ich bezeichnenderweise in einer Diskothek den Hauptpreis für eine Wochenendreise in die Vereinigten Staaten von Amerika nach New York gewonnen hatte, wollte ich den Aufenthalt dort nutzen, um meine Wahrnehmungen wissenschaftlich zu ergründen. Letztlich war dies auch der Grund, der meine Seele an ihre Grenze gebracht hatte und mich im Anschluss daran dekompensieren ließ. Meine Konzentration nutzte sich während der Aufenthaltszeit in New York nämlich immer mehr ab und nach nur vier Tagen riss bei mir die bereits angesprochene Sollbruchstelle. Während des anschließenden Klinikaufenthalts konnte ich mich wieder stabilisieren und im Studium weiterhin stabil halten, von sehr wenigen kurzen Abfällen mit übersteigerten Wahrnehmungen einmal abgesehen. Die »Forschung« an mir selbst geriet zunächst in den Hintergrund.

Nachdem mein erster Burnout abgeklungen war, nahm ich ungefähr zwei Jahre später eine Anstellung als Postdoc in einem Forschungsinstitut auf. Dort lief es zu Beginn einigermaßen glatt. Weil ich nur befristet angestellt war, war das Ende der Tätigkeit irgendwann absehbar. Ich hatte bereits schon während meines Hauptstudiums begleitend ein Wirtschaftsstudium angefangen, das ich, da mir nun mehr Zeit zur Verfügung stand, fortsetzen wollte. Einen Monat vor Ende meiner Beschäftigung nahm ich mir eine Woche Urlaub und wollte mich in dieser Zeit für gleich drei Klausuren im Vordiplom vorbereiten. Dabei übernahm ich mich erneut. Nach nur vier Tagen unter erhöhter Anspannung riss eine weitere Sollbruchstelle in mir mit der Folge, dass ich ab diesem Zeitpunkt massive Schlafstörungen zu erleiden hatte und fast über ein Jahr nicht mehr als zwei bis drei Stunden Schlaf am Tag finden konnte. Dadurch geriet ich in einen zweiten schweren Burnout hinein. Als ich wieder zurück an meinem Heimatort war, dauerte es immer noch fast ein halbes Jahr, bis ich mein Schlafproblem wieder in den Griff bekommen konnte. An eine geregelte Arbeit war nicht zu denken. Im Gegenteil, ich lag kognitiv am Boden. Mit dem festen Entschluss, mich schnellstmöglich wieder zu stabilisieren und eine bezahlte Beschäftigung anzunehmen, fing ich ein halbes Jahr später eine Therapie an, die über fast zwei Jahre lief. Doch auch nach dieser Zeit war an eine ordentliche Beschäftigung nicht zu denken. Schließlich reifte in mir der Entschluss, mich in die Situation zu fügen und alternative Projekte in Angriff zu nehmen. Darunter auch jenes, meine Störung und deren eigentlichen Ursachen zu ergründen sowie geeignete Behandlungsmöglichkeiten auszuloten und Wege der Heilung zu gehen.

Für mich gibt es insgesamt drei wesentliche Fragestellungen, die vorrangig zu diskutieren sind, um das Mysterium zu entschlüsseln: Erstens, was formt die Seele? Ist es nur ein göttlicher Hauch, ein Odem, ein Pneuma, das in uns fährt und uns zum Zeitpunkt des Todes verlässt? Hat die Wissenschaft nicht bewiesen, dass es nichts im Gehirn oder im restlichen Körper gibt, was den Sitz einer solchen Seele begründen könnte? Aber könnte man die Seele nicht alternativ denken in Anlehnung an theosophische oder anthroposophische Ansätze? Zweitens, bestimmt eine bestimmte Manifestation einer vitalen Lebensenergie das Schicksal aller Lebewesen auf der Erde? Haben nicht der österreichische Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud und der französische Wegbereiter der modernen dynamischen Psychiatrie Pierre Janet eine solche in jeweils bestimmter Ausprägung speziell bei uns Menschen vermutet? So wie Eros und Thanatos bei Freud als die dualen Kräfte Liebe und Hass in ihrem pikanten Zusammenspiel in der Libido. Oder wie eine allgemeine psychische Kraft nach Janet? Oder ist diese vielmehr eine »primordiale« den gesamten Kosmos durchdringende Energieform eines sogenannten Orgons nach dem austro-amerikanischen Arzt, Psychiater und Psychoanalytiker Wilhelm Reich? Ist sie möglicherweise ein die Entwicklung vorantreibendes Agens einer sogenannten radialen Energie, das die Evolution auf einen Punkt Omega hinstreben lässt, einer Art göttlichen Selbstgewahrwerdung, die danach strebt, sich im Geist zu konzentrieren und zu verinnerlichen, wie vom französischen Jesuit, Paläontologen und Philosoph Pierre Teilhard de Chardin ins Gespräch gebracht? Könnte man dieses Konzept nicht gleich universell denken als ein sublimes feinstoffliches Energiefeld, das an die Seite der physikalisch wahrnehmbaren grobstofflichen Energie zu stellen wäre, sozusagen als Ausfluss eines göttlichen Geistes? Hier Materie, dort Geist, beides im Einklang? Und schließlich, drittens, die bedeutende Frage nach Art und Urgrund des Bewusstseins. Ist dies nur rein singulär begründbar als emergentes Phänomen neuronaler Komplexität? Oder ist das Bewusstsein im Menschen nicht vielmehr ein Nebenprodukt eines viel weiteren Seinszustandes, einer Art von Bewusstseinsfeld, welches das gesamte Universum umspannt? Wird dies nicht nahegelegt durch physikalische Theorien wie der Quantenmechanik, in der Bewusstsein schlichtweg als Vorbedingung für Materie begriffen wird, sozusagen als Voraussetzung der Realität, wie wir sie mit unseren Sinnen erfassen können. Dies sind für mich zusammengenommen die drei grundlegenden Fragenkomplexe, denen man sich stellen muss, wenn man das Geheimnis des Menschseins umfassend ergründen will.

In meinem Bericht werde ich auf meine Symptome meiner Erkrankung, die sich erst sehr viel später nach der akuten Phase bei mir einstellten, ausführlich eingehen. Da ich während meiner Therapie ausführliche Stundenbögen angefertigt hatte, um mich und meine psychischen Probleme genauer zu verstehen, stellten diese für mich einen großen Erfahrungsschatz dar, anhand derer viele meiner Probleme plastisch erfahrbar werden, da ich diese meist unmittelbar nach ihrem Auftreten diskutiert und aufgeschrieben hatte. Zu Beginn meiner Recherchen war ich noch der Ansicht gewesen, dass meine Beobachtungen eigentlich banal seien. Je mehr mir aber über die Psyche und die Seele im Allgemeinen klar wurde, desto realistischer und authentischer erschienen mir meine Selbstbeobachtungen. Ich begann dann vor fünf Jahren, nachdem meine letzten größeren Therapieanstrengungen abgeschlossen waren, viele Eindrücke und gedanklichen Inspirationen, die mich geistig bewegten, aufzuschreiben und zu sammeln. Im Moment kann ich aus einem großen Fundus an eigenen Beobachtungen schöpfen, die es mir erlauben, immer tiefer in das Mysterium einzutauchen. Auf Grund der digitalen Innovation mit dem Aufkommen des Internets sind die praktischen Möglichkeiten, eine Unmenge an Information und Wissen zu sichten, bedeutend einfacher geworden. Dennoch blieb ich vorrangig meinem eigenen Erleben verhaftet, nahm aber viele Erfahrungsberichte auch aus Randthemen der Psychologie mit großem Interesse auf. So wuchs allmählich ein Weltbild in mir heran, das eine innovative Sicht auf die Krankheit der Psychose wirft.

Offenbar gibt es gewisse Kräfte in der Seele eines Menschen, die einen immer mehr zur Erkenntnis treiben wollen, und wenn man dies zulässt, die einen auch immer mehr reifen lassen können. Die Seele ist auf der Suche nach Bewusstseinserweiterung. Sie will immer mehr erfahren und sich dabei immer mehr öffnen. Daher erleben auch viele Betroffene, wie sie spät im Leben plötzlich den Schlüssel zu ihren Problemen finden und langsam gesunden können. Die steigende Erkenntnis rund um ihre Störung wirkt wie ein Katalysator, der Wege zur Heilung frei macht.

Vieles, was über die Psychose im Speziellen oder psychische Erkrankungen im Allgemeinen gesagt oder geschrieben wurde, ist aus meiner Sicht unvollständig oder fragwürdig. Viele zeitgenössische Forscher wollen allzu gern vieles im individuellen menschlichen Gehirn verortet wissen und für viele Wissenschaftler, Psychiater und Ärzte ist eine schizophrene Erkrankung deshalb schlicht nicht mehr als ein »biochemisches Ungleichgewicht« im Nervensystem, hervorgerufen durch ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern in den Synapsen oder Neuronen. Sie erkennen leider nicht die eigentlichen Zusammenhänge und Gründe für diese Erkrankung. Erst, wenn man die materielle und geistige Sphäre als gleichermaßen bestimmend für diese Störung ansieht, wird man sich irgendwann der Erklärung der damit verbundenen psychischen Probleme auch nur nähern können. Für den modernen Arzt oder Psychiater würde das sicherlich bedeuten, vieles, was ihnen über die Psyche, die Seele oder psychische, aber auch psychosomatische Beschwerden gelehrt wurde, über Bord zu werfen. Aber das moderne Weltbild in der Medizin ist so mächtig und die finanziellen Interessen der Pharmakonzerne so groß, dass es einer Blasphemie gleichkäme, wenn man an diesem Weltbild rütteln würde.

Auch ich sehe mich als Kind der modernen Kultur und des modernen Weltbildes. Jedoch erkenne ich die modernen Konzepte, die momentan in der Psychologie vorherrschend sind, als zutiefst vereinfachend an. Sie vernachlässigen den wichtigen Kern einer psychischen Erkrankung: Die Verbindung zwischen Körper und Geist. Ich will für mich behaupten, dass ich nicht psychisch, sondern geistig oder, besser gesagt, in der Verbindung zwischen Körper und Geist seelisch erkrankt bin, ohne hier den abwertenden Begriff geisteskrank verwenden zu wollen. Nur im Angesicht sowohl der materiellen wie auch der geistigen Sphäre wird es überhaupt gelingen, mehr Licht ins Dunkel, insbesondere der Schizophrenie, zu bringen. Ohne einen solchen Ansatz ist es aus meiner Sicht nicht möglich, die Psyche, die Seele oder das Ich zu sehen wie sie sind: Als Vermittler zwischen der materiellen und der geistigen Sphäre.

Ich beginne meinen Text mit der Schilderung des Ausbruchs meiner Psychose während eines Kurzaufenthalts in New York in den Vereinigten Staaten. Ich hatte zwar schon im Vorfeld meiner Psychose einzelne Anzeichen einer gewissen psychischen Störung, konnte mich aber immer wieder ausreichend stabilisieren. Der wahre Ausbruch meiner Psychose geschah auf einer Wochenendreise nach New York, die ich bezeichnenderweise als Hauptpreis in einer Diskothek gewonnen hatte. Das für mich relevante Erleben mit meiner Störung beginnt also eigentlich erst ab diesem Zeitpunkt.

Nach einer kurzen Beschreibung der Ereignisse während meiner Psychose und meines kurzen Aufenthalts in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Beth-Israel-Klinikums in New York gebe ich einen Überblick über die Vorgeschichte, meine Kindheit und Jugend. Auch zu dieser Zeit gab es Anzeichen einer erhöhten psychischen Verletzlichkeit und Vorzeichen, die bereits auf eine beginnende Störung hindeuteten, aber nichts war so tiefgreifend für meine Persönlichkeit wie die erlittene Psychose selbst. Anschließend will ich gewisse Auszüge aus meinen Aufzeichnungen und Tagebucheinträgen so anschließen, dass es jedem erlaubt wird, einen ungefähren Eindruck davon zu bekommen, mit welchen Phänomenen ich belastet wurde und immer noch belastet werde. Anhand meiner Aufzeichnungen zu urteilen, war ich bereits vor zehn Jahren auf einem vergleichbaren Verständnis meiner Empfindungen und Wahrnehmungen mit vergleichbaren Schlussfolgerungen, aber erst in den vergangenen fünf Jahren habe ich mich ständig mit diesem Themengebiet auseinandergesetzt und bekam eine Fülle an interessanten Einsichten, sodass ich mich erst jetzt in der Lage sehe und willens bin, meinen speziellen Fall in die Öffentlichkeit zu bringen.

Im Epilog will ich einen kurzen Ausblick geben, in dem ich auf Einsichten zu den drei grundlegenden Fragestellungen, wie ich sie zu Beginn dieser Einleitung kurz angerissen habe, etwas ausführlicher eingehen möchte, um den Bogen zu weiteren Veröffentlichungen zu spannen. Die Tatsache, dass es sich im Hauptteil dieses Buches um Stundenbögen handelt, muss noch einmal hervorgehoben werden. Daher sind viele Ad-hoc-Erklärungen, die mir beim Niederschreiben in den Sinn kamen, mehr gleichnishaft zu verstehen als reine Konzepte und Verstehensansätze, die die Effekte, Symptome und Koinzidenzen, die ich an mir erleben konnte, für mich greif- und verstehbar machten, die aber nicht den tatsächlichen Wirkmechanismen entsprechen müssen. Erst in den letzten Jahren habe ich detaillierte Erkenntnisse über die Ursachen und Gründe meiner Störung gewinnen können, die kurz und bündig am Ende dieses Buches angesprochen werden und nachfolgend in weiteren Veröffentlichungen genauer diskutiert werden sollen. Es ist dabei von Vorteil, zunächst den ganzen Text zu lesen und diesen anschließend im Lichte der Lektüre des Epilogs ein weiteres Mal durchzuarbeiten. Dabei werden viele Dinge verständlicher, die zunächst unklar oder unpräzise definiert waren wie beispielsweise der Begriff der feinstofflichen Energie oder das Konzept der sogenannten Seelenkeime.

2 Wie es begann – Meine Psychose in New York

Es wollte das Schicksal, dass ich in einer Diskothek in meinem Heimatort den Hauptpreis für einen Freiflug mit drei Tagen Aufenthalt nach New York gewann. Während ich am Tresen gelangweilt an meinem Cocktail schlürfte, hörte ich, wie oben vom Pult des DJ’s mein Name aufgerufen wurde. Von allen möglichen denkbaren Destinationen hatte ich sicherlich einen der nervenaufreibendsten Orte der Welt zu bereisen und zwar auf einem Wochenendausflug in die bewegte Metropole der Vereinigten Staaten von Amerika, wo es von Reizen nur so überquillt. Dabei litt ich bereits zwei Jahre zuvor unter starken Problemen auf Grund von Reizüberflutung. Allein ein Besuch im Supermarkt mit all seinen bunten und schrillen Sinneseindrücken zwang mich wiederholt zum Innehalten. Meist legte ich mich danach zu Hause aufs Bett und schloss währenddessen die Rollläden in meiner kleinen Souterrain-Wohnung.

Ungefähr ein halbes Jahr vor dem Vorfall in New York bezog ich eine kleine Studentenbude. Ich durchlitt in den ersten drei Wochen beinahe schlaflose Nächte, weil die Außenbeleuchtung vor dem Haus mich nachts oft aufwecken ließ, sodass ich daher fast wie ein Zombie durch die Universität lief, in der ich mich tagsüber aufhielt, was ich mir aber nicht groß anmerken ließ. Auch in der darauffolgenden Zeit stand ich irgendwie unter Hochspannung. Es schien fast so, als wäre ich von irgendetwas getrieben. Irgendetwas machte mich immerfort manisch. In dieser Zeit konnte ich die Spannung im Kessel zwar noch halten, aber die an mir zerrenden mentalen Kräfte waren enorm, was durch das geistige Umfeld der Universität noch weiter gefördert wurde.

In bestimmten Vorlesungen hatte ich bereits die Erfahrung gemacht, dass Energieblitze, die sich mir als goldgelbe helle Lichtpunkte zeigten, von Körper zu Körper wechseln würden. Ich sah zum Beispiel aus meinem linken Augenwinkel heraus, wie, vom Pult des Professors aus, ein winziger strahlend gleißend heller Lichtball an der linken Wand langsam die Treppe nach oben entlangglitt und sich zu mir hinüberbewegte. Da ich am obersten Ende der Sitzbänke saß, drang diese Substanz wohl ungewollt in mich ein. Ich wollte sie abwehren und schüttelte dabei unwillkürlich meinen Kopf. Dabei beobachtete ich, wie zwei Studenten, die rechts diagonal weiter von mir entfernt saßen und gerade nicht nach hinten blickten, kurz danach ihre Köpfe ebenfalls ruckartig zur Seite reckten, so, als ob sie ihrerseits etwas von sich abstoßen würden, bis in der diagonalen Reihe vor mir schließlich der dritte und letzte Student erreicht wurde, der etwas deutlicher merklich seinen Kopf schüttelte. Ich deutete dies als ein Wandern von Energie, einem Etwas, das ich damals nicht genau definieren konnte.

Ein zweites Mal passierte dies in einer anderen Vorlesung. Auch dort sah ich aus meinem rechten Augenwinkel heraus, wie der Mentor eine Art »hellen goldenen Blitz« herüberwandern ließ. Ein drittes Mal erschien es mir so, als versuche der Mentor mir Energie zukommen zu lassen, indem er die Schräge an der Betonwand am Rand des Hörsaals fixierte. Ich dachte, vielleicht wäre es möglich, die reflektierten geistigen Strahlen, die an den Wänden des Hörsaals gespiegelt und gebrochen würden, einzufangen, sodass sich so eine unsichtbare Verbindung zwischen dem Vortragenden und mir als Zuhörer aufbauen ließe. Zu dieser Zeit hatte ich darüber hinaus aber keinerlei offensichtliche visuelle oder akustische Halluzinationen. Es war halt nur so, dass ich manchmal die erwähnten optischen Wahrnehmungen hatte, die sich für mich aber irgendwie immer als durchaus vernünftig ausmachten, wenn ich sie im Rahmen meiner eigens dafür zusammengezimmerten Theorie deutete.

Zu dieser Zeit war ich bereits schon sehr feinfühlig für feinstoffliche Einflüsse, was mich dazu motivierte, diese Dinge näher zu untersuchen. Da ich schon früh gerne Wissenschaft betrieb, wollte ich den Sachen mit Akribie und aller gebotenen Sorgfalt auf den Grund gehen. Und da kam mir der Trip nach New York gerade recht. Dummerweise führte ich zu allem Überfluss noch einen Ordner mit Studienunterlagen mit, weil im Studium eine Woche später ein Test anstand. Im Allgemeinen war ich immer recht strebsam und ich wollte auf keinen Fall etwas verpassen oder eine schlechte Note schreiben. Auch verlängerte ich den Trip von zwei Tagen als Hauptpreis auf insgesamt sechs Tage und musste dafür in Kauf nehmen, ins neue Semester zu gehen. Daher machte ich mir schon zu Beginn unnötigen Stress und fühlte mich auch entsprechend »gelupft«. Aus einem netten Freizeittrip wurde also gleich zu Beginn ein äußerst nervenzehrendes und aufreibendes Abenteuer. Stress wirkte sich bei mir damals nämlich oft so aus, dass sich die Prozessgeschwindigkeit meines Gehirns enorm beschleunigte.

Mit dem Flieger in New York angekommen, war ich wie gefangen von der neuen Umgebung und den vielen Menschen um mich herum, sodass ich wohl schon zu Beginn wie ein gehetztes Reh wirkte, als ich aus dem Gateway hinausstieg, sodass ich umgehend nach meiner Ankunft von einem Beamten zur Kofferkontrolle herausgewunken wurde. Im Bus vom Flughafen zur Innenstadt begleitete mich eine kleine Familie, ein Mann mit zwei heranwachsenden Söhnen, die ich später auch noch einmal auf dem Times Square wiedertreffen sollte, wo ich anstehen sollte, um eine verbilligte Restkarte für das Musical »Cats« zu erstehen.

In den ersten zwei Nächten war ich in einem mittelklassigen Hotel untergebracht. Am Tisch fertigte ich wie wild Skizzen über meine Erlebnisse an. Ich wollte den Dingen auf den Grund gehen. Ich wollte herausbekommen, was es mit den Energien auf sich hätte, die zwischen Menschen wirken sollten. Mein wichtigstes Analyseinstrument war dabei meine mentale Konzentration. Ich entdeckte beispielsweise in der U-Bahn, dass ich andere Menschen dadurch manipulieren könnte, indem ich mich irgendwie konzentrierte und daran dachte, Energien auszutauschen. Ich beobachtete dann, wie sich die Gesichter der Umstehenden irgendwie veränderten oder an der Haltung der Menschen um mich herum etwas Besonderes auffiel. Ich saß beispielsweise in der U-Bahn anderen Menschen gegenüber, konzentrierte mich stark und schaute dabei in die Gesichter der Mitfahrenden um mich herum, von denen viele sichtlich mitgenommen wirkten und offenbar einen harten Tag hinter sich hatten.

Ich meinte, dass ich durch geistige Konzentration auf Menschen auch über größere Distanz hinweg Kontrolle ausüben könnte. Und zwar gab es dabei zwei Pole: Zum einem nahm ich in deren Gesichtern das überlegene verschmitzte Lächeln und zum anderen das verwunderte dumme Starren wahr. Zwischen diesen beiden Polen, so hatte ich den Eindruck, konnte ich die Menschen willentlich beeinflussen. Je mehr Beobachtungen ich anstellte, umso mehr bestärkte mich dies in der Befürchtung, etwas sehr Unheimlichem auf der Spur zu sein. Ich hörte Menschen, die zu mir sagten: »Be careful! Go slow!« oder ähnliches, was mich dazu bewegte, anzunehmen, dass dieses Phänomen zwar allgemein bekannt wäre, aber ich durch unbefugtes Handeln quasi den Schlüssel in der Hand halten würde, die Menschen um mich herum manipulieren zu können. Ich war der Ansicht, dass es mir im übertragenen Sinne einfach nicht mehr gelingen könnte, die Brücken hinter mir zu kappen, die mich von der normalen Realität in ein mir noch unbekanntes Terrain führen wollten. Auch hatte ich die unbestimmte Ahnung, mein Rücken wäre irgendwie »offen«, die ich aber nicht weiter deuten konnte. Die Gedanken bedrängten mich bereits so stark, dass ich Angst hatte, mich vor einem imaginären Gott schuldig zu machen. Anfangs war es eine kontrolliert bewusste Willensentscheidung. Mit der Zeit nahmen mich die Gedanken jedoch immer mehr gefangen und entwickelten eine Art Zwang und Eigendynamik. Nicht mehr ich kontrollierte es, sondern es kontrollierte mich.

Die ersten zwei Tage liefen einigermaßen glatt. Ich war in der Lage, meine Wahrnehmungen einigermaßen zu deckeln und am normalen Leben unbehelligt teilzunehmen. Ich packte so viel hinein an neuen Eindrücken, wie ich kriegen konnte. So setzte ich mit dem Boot nach Ellis Island über und sah mir dort die Schaukästen und Vitrinen der ehemaligen Immigranten an. Auch stand ich am Fuß der Freiheitsstatue und ließ ein Foto knipsen. Ich besuchte Down Town Manhattan, war im Trump Tower, ging aber sonst relativ ziellos ohne jeden Plan durch die Stadt. Da ich fast den ganzen Tag zu Fuß unterwegs war, erschöpfte mich das sehr schnell. Immerfort dachte ich dabei über ominöse Energien nach. Ich hatte auch das Gefühl, dass sich die Verbindung zwischen meiner Seele und meinem Körper ein wenig gelockert hätte. Ich begann auf einer höheren metaphysischen Ebene zu denken und, wenn ich beispielsweise den Gehsteig unter einer Markise entlang schritt, versuchte ich meine imaginäre Seele möglichst oberhalb der Markise zu halten, um sie so vor dem Zugriff anderer Menschen zu schützen.

Auch auf dem Boot nach Ellis Island hatte ich die Befürchtung, ich hätte die Macht, allein mit Hilfe meiner Suggestion die Energien der Bootsinsassen in den Fluss zu lenken, was mir einigermaßen Angst machte. Ich wusste, dass ich das nicht tun dürfte, konnte aber meine Gedanken nicht unter meine Kontrolle bekommen. Auf dem Weg vom Fährschiff aufs Festland musste ich eine Gangway hinabsteigen. Dabei kam direkt vor mir ein Mann ins Straucheln und ich sah, wie der Nebenmann seinen Zeigefinger gen Himmel erhob, so, als wolle er mir damit deuten: »Pass auf! Tu das nicht!« Ich bezog das auf mich und fühlte mich alsbald begleitet von Menschen, die ich als Medien ansah, die mich in meiner Aufgabe, das Geheimnis zu entschlüsseln, begleiten würden. Ich dachte so Dinge wie: »O.K.! Sie weiß Bescheid, ich muss vorsichtiger sein!« und ähnliches. Das Handzeichen des Mannes auf dem Weg die Gangway hinunter sollte mir offenbar signalisieren, dass eine höhere Macht dies alles registrieren würde und ich vorsichtiger sein sollte.

Die Macht, die ich noch zuvor gegenüber anderen im Rahmen kontrollierter Beobachtungen ausgeübt hatte, hielt mich nun im festen Würgegriff. Meine Konzentration war fortan kein wissenschaftliches Analyseinstrument mehr, sondern nun dazu da, krampfhaft den Zusammenhalt meines Körper-Seele-Geist-Verbunds aufrechtzuerhalten, was mir immer größere Anstrengungen abverlangte. Eine Erkenntnis zog ich schon aus den Wahrnehmungen an der Universität: »Wer sich stärker konzentriert, zieht Energien aus der Umgebung an sich.« Bis auf solche elementaren Formeln war mein Wissen darüber aber stark eingeschränkt. Mir fehlte ein Rückhalt der geistigen Welt, die mich hätte führen können. So verstrickte ich mich immer tiefer in die unheimlichen Zusammenhänge. Aus anfänglicher Macht wurde langsam, aber sicher, Ohnmacht.

Die ersten zwei Tage gingen schnell vorüber. Ich fühlte mich danach bereits schon körperlich ausgelaugt und meine Seele war durch meine metaphysischen Experimente einigermaßen erschöpft. Ich lief, wie es meinem Naturell normalerweise entspricht, eher ziellos ohne festen Plan durch die Stadt und bewegte mich in New York auf eher abseitigen Pfaden, so, als ob mir eine rechte Führung fehlen würde. Nach den ersten zwei Nächten, die ich im Hotel verbracht hatte, ging ich hinüber zur Jugendherberge, wo ich mich von Zuhause aus für weitere vier Tage einquartiert hatte. Dort angekommen, gab es zunächst Unstimmigkeiten mit meinen Personalien, die aber schnell gelöst wurden. Ich belegte ein Zimmer mit zwölf anderen Personen, meist jungen Erwachsenen meines Alters. Da ich es zuvor nicht gewohnt war, so dicht mit vielen Menschen zusammen zu sein, war dies eine weitere große Herausforderung für mich. Meine wichtigsten Habseligkeiten und Wertgegenstände schloss ich in ein Schließfach im Erdgeschoss ein.

Der erste Tag in der Jugendherberge war wiederum vollgepackt mit Eindrücken. Am Vormittag stand ich am Times Square an, wo noch freie Karten für den Broadway gehandelt wurden. Ich entschloss mich für das Musical »Cats«, genauso wie der Mann mit den zwei Söhnen, die ich schon im Shuttle-Bus am Flughafen kennengelernt hatte, der mich plötzlich auffing und zur Seite nahm. Tatsächlich war das Ticket-Häuschen frisch gestrichen worden und ich war im Begriff gewesen, mit meiner Jacke gegen die frische Farbe zu kommen. Interessanterweise traf ich sie auch abends im Musical wieder. Sie saßen zwei Sitzreihen weiter hinter mir.

Den Tag verbrachte ich wieder mit ziellosem Herumrennen durch die Stadt. Als ich abends ins Musical ging, begegnete ich kurz zuvor einem vermeintlichen Obdachlosen, der mich um etwas Geld bat. Ich gab ihm so viel ich konnte und meinte dann: »Please try again!«, womit ich ihm mitteilen wollte, dass er doch bitte andere Gelegenheiten wahrnehmen möchte. Im Musical am Broadway saß eine junge Dame links neben mir. Wir lernten uns kennen. Ich war damals aber nicht immer ganz ungezwungen in sozialen Beziehungen. Das hatte seinen Grund auch darin, dass bei mir bei Gesprächen oft ein innerer Film mitlief, der sich fast ausschließlich um Energien drehte, die nach meinem Dafürhalten zwischen Menschen wirken würden. Nur manchmal war ich von diesem Zwang befreit. Zwischen den ganzen Menschen im Publikum hatte ich den Eindruck, dass ich Energien empfangen oder abgeben könnte. So meinte ich zum Beispiel die vor mir sitzenden Menschen zum Zucken oder Bewegen bringen zu können. Um dies zu verhindern, imaginierte ich schließlich eine Art Kreislauf, durch den meine Energie immerfort um meinen eigenen Körper kreisen sollte, um möglichst alles bei mir zu halten. Das Problem sah also folgendermaßen aus: Ich fühlte mich in der Lage, imaginäre Energien abzugeben, aber hatte irgendwie auch den Eindruck, dass ich sie tatsächlich verlor, und hatte am Ende große Angst, meine Lebensenergie, denn als solche musste man sie ja letztlich ansehen, vollends zu verlieren, wenn es mir nicht gelingen würde, die Brücken schnellstens hinter mir zu kappen, die mich vom Boden der Realität in ein mir noch unbekanntes Gebiet führen wollten.

Während der Musical-Vorführung war ich tatsächlich sehr angestrengt damit beschäftigt, meine innere seelische Konstitution zu wahren. Ich hatte große Angst und den Eindruck, ich zerfließe fast in meine Umgebung. Meine Ich-Grenzen waren nicht mehr ganz klar. Aus der anfänglichen Macht, der Matrix die letzten Geheimnisse abzutrotzen, wurde Ohnmacht, den Dämonen, die ich wie aus dem Nichts gerufen hatte, nicht mehr länger widerstehen zu können. Der jungen Dame neben mir fröstelte es. Sie zog sich kurz ihre Jacke über. Ich hatte immerfort den Eindruck, gewisse Schauspieler würden vom Parkett hinab ausgerechnet mich aus der Menge fixieren, was mir zeigte, dass ich offenbar trotz meiner Vorkehrungen immerfort geistige Energien senden musste und damit wohl die Aufmerksamkeit auf mich zog. Trotz der vielen Lieder, die sehr ans Herz gingen, war ich viel zu sehr damit beschäftigt, meinen inneren Energie-Zustand zu wahren, als dass ich dies in irgendeiner Weise hätte genießen können.

Nach dem Musical lud mich die junge Dame neben mir ein, mit ihr den weiteren Abend zu verbringen. Sie hatte auch eine gleichaltrige Freundin mit dabei. Beide kamen aus der Schweiz und waren zu Besuch bei ihrer Tante, bei der sie in ihrem Appartement übernachteten. Als wir aus dem Theater hinausschritten, bemerkte ich, wie der Bettler, dem ich zuvor etwas Geld gegeben hatte, auf einem Podest stand und gegen Gott wetterte, so, als wäre vorher auch ein Dämon von mir auf ihn übergegangen. Das Podest war mir schon vorher aufgefallen, war jedoch zuvor von einem anderen Mann eingenommen worden. Es war beängstigend und erstaunlich zugleich, wie er mit voller Inbrunst der Welt seine dunklen Gedanken offenbarte. Da die beiden Frauen sich offenbar in Manhattan gut auskannten, führten sie mich in die oberste Etage eines Wolkenkratzers, wo man nach ihrer Auskunft besonders fein speisen und einen herrlichen Rundblick über die im Dunkeln erleuchtete Stadt genießen könne. Auf dem Weg zum bekannten Drehrestaurant des »New York Marriott Marquis« fuhren wir also in den neunten Stock eines Wolkenkratzers. Auf der letzten Rolltreppe bis hin zum Ende der Reihe an Wartenden vor mir beschlich mich ein ungutes Gefühl. Ich fühlte mich unter den Menschen dort nicht zugehörig und bekam schwimmende Knie und mir wurde leicht schwindlig. Ich fühlte deutlich, wie meine Beine zu zittern anfingen. Daher gingen wir wieder hinaus.

Auch unten, unverrichteter Dinge wieder im Erdgeschoss des Hochhauses angekommen, war mir noch sehr unwohl zumute. Danach führten mich die beiden Damen in eine vornehme kleine Bar mit Live-Musik, wo wir uns am Tresen einen kleinen Cocktail genehmigten. Während ich auf einem Barhocker Platz nahm, bemerkte ich, wie eine der Frauen mit einem der Barkeeper einen vielsagenden Blick austauschte. Nachdem ich einen sogenannten Gold-Warmer getrunken hatte, auf dem sehr feine Goldstückchen schwammen, ging es mir gleich besser. Wir unterhielten uns angeregt. Danach trennten sich unsere Wege. Während sie auf dem Weg zu ihrem Appartement waren, ging ich in die U-Bahn, ziemlich geschafft vom anstrengenden Tag.

In der Jugendherberge angekommen, schaltete ich das Licht im Mehrbettzimmer ein. Die meisten Betten waren schon belegt. Mein Platz war ganz oben auf einem Etagenbett. Als ich im Begriff war, mich auf meine Schlafstätte zu winden, murmelte der junge Mann unter mir im Schlaf wie in Trance meinen Nachnamen. Da es keine Möglichkeit gegeben haben konnte, wie er meinen Namen hätte erfahren können, war ich etwas irritiert. Als ich am nächsten Tag aufwachte und die anderen Zimmerbewohner bereits schon gegangen waren, genoss ich einen kurzen Augenblick der Ruhe. Mir fiel dabei jedoch auf, dass ich mich irgendwie komisch anfühlte, so, als ob ich einen weißen Schleier um mich herum wahrnehmen könne oder so, als ob ich in Watte eingewickelt worden wäre. Nachdem ich im Bistro ein wenig gefrühstückt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg in die Innenstadt. Ich wollte noch einmal das Empire State Building besuchen. Auf dem Weg durch den Central Park konnte ich deutlich eine helle Hülle um mich herum wahrnehmen. Ich hatte mich fast zwei Tage also derart geistig und körperlich verausgabt, dass ich nun einen hellen Nebel um mich herum erkennen konnte, fremde Stimmen hörte, die von einem nahenden Tode sprachen oder etwas über Energie faselten.

Nach wenigen Stunden im Gewimmel der Großstadt überkam mich plötzlich Panik. Mein Körpergefühl war wie verändert. Durch den ganzen Stress in der Großstadt zwischen den ganzen Menschen und durch die vielen Reize wurde die Prozessgeschwindigkeit meines Denkens enorm beschleunigt. In jeder Ecke und in jedem Menschen sah ich eine diffuse Gefahr und immer wieder kamen Gedanken über Energien auf. Meine Konzentration, die ich zuvor noch dazu genutzt hatte, eine gewisse geistige Einheit zu wahren, nutzte sich immer mehr ab. Stattdessen flossen die äußeren Wahrnehmungen beinahe ungefiltert in mein Bewusstsein. Trotz dieses Umstands gelang es mir dennoch, meinen Verstand nicht zu sehr zu verwirren und einigermaßen sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Trotzdem nahm mich das Gefühl gefangen, ich wäre kurz vor dem Ableben und meine Seele wäre an der Pforte des Himmels angekommen.

Meine Bestrebung, das Empire State Building zu besuchen, ließ ich fallen, da ich üble Vorahnungen hatte, ich könne dort überfallen und vielleicht sogar erschossen werden. Ich war voller Panik auf Grund meines veränderten Körperempfindens, sodass ich wie ein Irrer durch die Stadt lief und wie wild schrie: »I don’t wanna die! I wanna live!« Auf dem Weg durch die Stadt mit dem ungefähren Ziel der Freiheitsstatue im Süden Manhattans kaufte ich mir an einem Stand eine schwarze Kappe der Chicago Bulls mit roten Stickereien und einem mächtigen roten Stier auf der Stirnseite. Einmal ging ich in die Aufnahme eines Krankenhauses, an dessen Eingang ich zufällig vorbeilief. Mir wurde an der Information recht lieblos ein Plastikbändchen um mein Handgelenk gebunden und ich wurde in den Warteraum verwiesen. Irgendwie musste ich etwas zu schreiben mit dabeigehabt haben, denn in meinem Aufzeichnungen finde ich noch heute den flehentlichen Wunsch, man möge mir doch unbedingt den »kiss of life« geben. Da mir das Warten dort zu eintönig wurde und ich wie ergriffen von meinen Empfindungen war und keiner der Wartenden auch nur annähernd auf mich einging, trat ich wieder hinaus auf die Straße, wie ohnmächtig vor Angst.

Ich brauchte unbedingt einen Ort, an dem ich meine aufgebrachte Seele wieder beruhigen konnte. Daher ging ich in einen Appartement-Block und legte mich im Foyer auf ein Sofa, wo ich aber vom Portier rüde hinauskomplimentiert wurde. Als ich in den Eingangsbereich eines Wolkenkratzers kam, sah ich Menschen um mich herum und ich konnte undeutlich Gedankenfetzen aufnehmen, die etwa so lauteten wie: »He is in upper heaven«, ohne jedoch, dass dieser Satz deutlich ausgesprochen wurde, mehr so, als ob nur die Seelen der Menschen untereinander kommunizieren würden. Als ich an einem Straßenübergang stand und ich auf der anderen Seite unter anderem eine Frau mit ihrem neugeborenen Baby in ihren Händen sah, bekam ich in relativ gebrochenem Englisch die gedankliche Anweisung: »Don’t do anything to this kid!«, so, als ob man mich davor hüten müsse, irgendetwas Negatives diesem unschuldigen kleinen Kind anzutun. Vermutlich besaß ich bestimmte mentale Kräfte auf Grund der Verschiebung meines Körper-Seele-Geist-Verbunds, die dies durchaus befürchten ließen. Was mich am meisten überraschte, war die Begegnung mit einer farbigen jungen Dame, die mich nach dem Weg fragte. Da ich nicht vom Ort war, meinte ich nur kurz angebunden: »I don’t know!«, woraufhin sie aber insistierte: »Yes, you know!« und mich zu einem Blick auf den Stadtplan zwang. Im Nachhinein wurde mir klar, dass dies eine Gelegenheit sein sollte, einen positiven Karma-Punkt zu sammeln. Das Ganze war sicher kein Zufall.

Ich lief fast den ganzen Tag ohne festes Ziel südwärts durch die Stadt. Als es dunkel wurde, nahm ich die Untergrundbahn. Während ich dort im Abteil saß, konnte ich sehr deutlich die energetischen Felder zweier Frauen neben mir wahrnehmen, die sich dort miteinander unterhielten. Es fühlte sich dabei so an, als würde etwas an mir ziehen oder auf mich drücken. Ich merkte, wie meine Muskeln zuckten, und hatte irgendwie ein abgehobenes Körpergefühl. Als ich über die Stufen hinaus auf die Straße stieg, wurde ich förmlich von der Menge wie von elementaren Kräften mitgerissen. Es war so leicht im Energiestrom der umgebenden Masse mitzuschwimmen, während es deutlich mehr Kraft kostete, eigene Wege zu gehen. Das war schließlich zu viel für mich. Ich hatte keine Hoffnung mehr sicher und gesund in der Jugendherberge anzukommen. Also hielt ich ein Taxi an und ließ mich zu einem örtlichen Krankenhaus bringen. Wie sich das ergab, ist mir heute nicht mehr ganz klar, aber es war eine sinnvolle Entscheidung. Ich erzählte dem Taxifahrer während der Fahrt sehr beängstigende Geschichten über meine Wahrnehmungen und dass er doch bitte nicht immer schöne Frauen am Straßenrand angaffen möge, da ihm dies Kraft entziehen würde. Außerdem meinte ich zu ihm, er möge mich doch bitte im Rückspiegel ansehen, um mir Energie zu senden und unbedingt die Fenster öffnen, um von außen Energie hineinzuholen. Da hatte dann auch der Taxifahrer genug. Ohne auch nur einen Cent zu verlangen, brachte er mich vor den Eingang eines Krankenhauses, wo ein Pulk von Polizisten stand.

Einer von ihnen nahm sich meiner an und führte mich hinein. Dort angekommen, ging es relativ glatt. Zuerst wurde ich in eine Art Ausnüchterungszelle gebracht, in der ich allein über fast eine Stunde saß und offenbar über eine kleine Kamera, die an der rechten oberen Ecke des Raumes angebracht war, ständig beobachtet wurde, während ich gedankenverloren und gelangweilt immerfort die Baseball-Kappe der Chicago Bulls in meinen Händen kreiseln ließ. Ich meinte dabei die Stimmen von Menschen vernehmen zu können, die über meine Situation beratschlagten. Eine gefühlte Ewigkeit später kam ein mittelalter Herr mit einem Rollstuhl in den kleinen Raum, um mich einen langen Gang hindurch bis zum Ende der Flucht zum dortigen Aufzug zu bringen. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir eine Art Check-Point. Da ich immer noch auf der Suche nach dem »kiss of life« war, meinte der Herr zu der Frau am Tresen nur, er selbst hätte kaum Kraft mehr und sei vollkommen geschafft vom anstrengenden Tag. Als sich die Aufzugtür hinter mir schloss, war ich wenig später in einer neuen Welt angekommen: Der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie in der obersten Etage des jüdischen Beth-Israel-Klinikums in New York.

Was mir gleich ins Auge fiel, war die uniforme Kleidung aller Insassen. Alle trugen einen blauen Pyjama und es wurde auch nicht zwischen Geschlechtern unterschieden. Ich sollte zunächst auf einem großflächigen Sofa im Aufenthaltsraum Platz nehmen. Die ganze Szenerie machte auf mich einen sehr surrealen Eindruck. Die Krankenschwestern liefen mit überdimensionierten Blutdruckmessgeräten auf fahrbaren Ständern durch die Station. Für mich nahm es sich so aus, als werde auf der Quecksilber-Skala mein positives Karma gemessen, was ich bisher in meinem Leben angesammelt hätte, und ich wäre wahrlich an der Pforte des Himmels angekommen.

Vom Aufenthaltsraum gingen seitlich Zimmer mit Betten für die Bewohner ab. In die andere Richtung führte ein länglicher Gang vorbei an einem Krankenschwesterzimmer, der vom Gang durch eine kurze Theke abgetrennt war, von dem seitlich wiederum einige Krankenbettzimmer abgingen, bis hin zu einem weiteren Aufenthaltsraum, der auch als Esszimmer diente und in dem fast sämtliche Gemeinschaftsaktivitäten stattfanden. Dort gab es auch einen an der Decke montierten Fernseher. Von diesem Raum gab es eine Verbindung zu einem weiteren Raum, der nur für das Krankenhauspersonal gedacht war. Im Gang stand in unmittelbarer Nähe zum Krankenschwesterzimmer ein Wasserspender, wie so üblich in Amerika. Alle Fenster waren verriegelt und ließen sich nicht öffnen, auch nicht in Kippstellung. Für ausreichend gefilterte Frischluft sorgte eine Klimaanlage. Es fühlte sich alles wie hermetisch abgeriegelt von der Außenwelt an, als wäre hier das gefährlichste Pack untergebracht, was die Stadt New York zu bieten hätte.

Da es bereits Abend war, wurde mir ein Bett in einem Schlafraum unmittelbar angrenzend an den Aufenthaltsraum mit dem großen Liegeund Sitzbereich zugewiesen. Bis auf ein freies Bett, das für mich gedacht war, war das Zimmer für insgesamt vier Personen voll belegt. Neben mir lag ein mittelalter Hüne, der auf mich einen eher primitiven Eindruck machte. Auf der anderen Seite lagen Bewohner, die die meiste Zeit verschliefen und bis auf die Essenseinnahme auch nicht an irgendwelchen Gemeinschaftsaktivitäten teilnahmen. Zuvor sollte ich aber noch einmal von einem jungen Assistenzarzt untersucht werden. Plötzlich zog er Latex-Handschuhe an und schob seinen Finger in meinen Anus. »Du Arschloch!«, ein Zwangsgedanke, von dem ich in der Folgezeit noch oft gedanklich betroffen sein sollte. Kann die Psyche wirklich so einfach gestrickt sein?

Kurz vor der Schlafenszeit bekam ich eine Spritze mit Haloperidol, kurz Haldol, verabreicht, die meine Symptome lindern sollten. In der Nacht selbst machte ich kein Auge zu. Ich wälzte mich unruhig von einer Seite auf die andere. Da ich durch die ganze Situation noch sehr erregt war, baute ich gedanklich das Empire State Building auf, indem ich in atemberaubender Geschwindigkeit Stütze für Stütze und Etage um Etage zusammenfügte. Plötzlich schrie der Hüne neben mir: »Shut up!« Da wir keine Worte gewechselt hatten und es mucksmäuschenstill war, war mir das zunächst ein Rätsel. Meine erste Eingebung war, dass der Typ neben mir Gedanken lesen könne. Sprechen tat er sonst auch so gut wie nie.

Am nächsten Morgen wurde ich jäh aufgeschreckt, als ein Pfleger in den Raum stürmte und mir, ohne ein Wort zu sagen, drei Elektroden auf meinen Brustkorb klebte und mit einem kleinen Handgerät meine Herzströme messen wollte. Das winzige feine Gerät für das Kardiogramm stand im krassen Gegensatz zu den behäbigen überdimensionierten Blutdruckmessgeräten auf den fahrbaren Ständern. Mir fiel auf, dass mein Nacken vollkommen verspannt war. Ich hatte schreckliche Krämpfe im Nackenbereich. Offenbar war meine Medikation überdosiert worden. Als Gegenmittel bekam ich direkt Akineton in meine Venen gespritzt.

Es wurde die ganze Zeit über darauf geachtet, dass ich mich an den meisten Gruppenaktivitäten beteiligte. Ich hatte dabei insgesamt den Eindruck, dass ich von allen Patienten mental am aktivsten war. Obwohl ich die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, weil ich so aufgewühlt gewesen war, und nur meine Ruhe haben wollte, wurde ich von der leitenden Oberschwester in den Aufenthaltsraum am anderen Ende des Flurs gebeten. Dort stand Malen auf dem Programm. Jeder bekam ein Bild und durfte dieses mit Filzstiften ausmalen. Mir fiel auf, dass meine Zeichnung akkurat ohne jedes Übermalen der Linien ausgeführt worden war, während die anderen eher wild drauflos malten und Linien oft kreuzten. Daher wurde meines als Vorbild ausgelobt und ich sollte es auf der Korktafel an einer Wand des Raumes anheften.