Die soziale Kompetenz  in der Erlebnispädagogik. Möglichkeiten zur Initiierung selbstorganisierter Lernprozesse - Ilona Pfaff - E-Book

Die soziale Kompetenz in der Erlebnispädagogik. Möglichkeiten zur Initiierung selbstorganisierter Lernprozesse E-Book

Ilona Pfaff

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Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Pädagogik - Erwachsenenbildung, Note: 1,3, Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau, Sprache: Deutsch, Abstract: In der wissenschaftlichen Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, unter welchen theoretischen Aspekten die Entwicklung Sozialer Kompetenz mit Hilfe der Erlebnispädagogik gewährleistet werden kann. Die Schwierigkeit dabei ist die sinnvolle Verknüpfung zweier an sich komplexer Themenschwerpunkte, die Sozialkompetenz auf der einen, und die Erlebnispädagogik auf der anderen Seite. Zu Anfang ist es wichtig anzumerken, dass es genauso, wie es nicht „die“ Pädagogik (Vgl. Gudjons, 1995, S. 19), auch nicht „die“ Erlebnispädagogik gibt. „Es charakterisiert „die“ Erlebnispädagogik, dass es eine solche als klar definierte oder definiertes oder definierbares Gebilde (im Sinne etwa einer Theorie oder einer relativ eindeutig umreißbaren Form von Praxis) weder gegeben hat noch gibt“ (Bauer, 1993, S. 7). Die Definitionsvielfalt stellt eine Erschwernis für die theoretische Beschäftigung mit der Erlebnispädagogik dar. Sinn und Zweck dieser wissenschaftlichen Hausarbeit ist dabei, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man der Einzigartigkeit eines Menschen gerecht werden und sie persönlichkeitsspezifisch in ihrem stetigen Werden innerhalb eines klar definierten erlebnispädagogischen Rahmens unterstützen kann.

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Inhaltsverzeichnis

 

Einleitung:

1 Klärung des Bedarfs an Sozialer Kompetenz in unserer Gesellschaft

2 Wissenschaftstheorie - Klärung der theoretischen Herangehensweise und wissenschaftstheoretischen Position

2.1 Phänomenologie und Hermeneutik - Zwei mögliche Wissenschaftstheorien und ihre methodischen Vorgehensweisen im Vergleich

2.1.1 Mit welcher Einschränkung sind die geisteswissenschaftlichen Forschungsmethoden der Phänomenologie und der Hermeneutik zu betrachten?

2.2 Annäherung an den Konstruktivismus - Eine Einführung

2.2.1 Das Prinzip der Autopoiese - Grundlage der Konstruktivistischen Denkweise und Anthropologie lebender Systeme

2.3 Resümee aus den dargestellten Wissenschaftstheorien

2.4 Das Menschenbild der Humanistischen Psychologie & Pädagogik

3 Didaktisches Selbstverständnis

3.1 Erklärungsprinzipien der konstruktivistischen Betrachtungsweise des Gegenstandsfeldes auf der Grundlage der Theorie autopoietischer Systeme nach Maturana & Varela

3.1.1 Selbstreferentialität

3.1.2 Strukturdeterminiertheit

3.1.3 Operationale Geschlossenheit

3.1.4 Strukturelle Koppelung

3.2 Extrapolation der Prinzipien der Autopoiese auf die Lernprinzipien des Individuums

3.2.1 Wahrnehmung

3.2.2 Lernen

3.2.3 Bewußtsein

3.2.4  Erleben

3.2.5 Fazit

3.3 Subjektive Didaktik

3.3.1 Chreoden und Morpheme

3.3.2 Didaktische Landschaft

4 Soziale Kompetenz. Versuch einer Begriffsbestimmung und Eingrenzung - Was genau soll erlernt bzw. erarbeitet werden?

4.1 Begriffsklärung

4.2  Kritische Betrachtung herkömmlicher Definitionen Sozialer Kompetenz am Beispiel der Definitionen der Komponenten Sozialer Kompetenz nach Schuler & Barthelme (1995)

5 Erlebnispädagogik - Versuch einer Bestandsaufnahme

5.1  Ursprünge der Erlebnispädagogik

5.2 Erlebnispädagogik auf lerntheoretischer Grundlage der Theorie lebender Systeme nach Maturana & Varela - In Anlehnung an die Diplomarbeit von Brischar & Saur (1996)

5.2.1 Anreiz

5.2.2 Erlebnis

5.2.3 Reflexion

5.2.4 Anschluss

5.2.5 Fazit

6 Die Bedeutung der Erlebnispädagogik für die Entwicklung Sozialer Kompetenz

6.1  Momente des Anreizes in der Erlebnispädagogik

6.1.1 Grenzerfahrung

6.1.1.1 Grenzerfahrung in der Gruppe

6.1.1.2 Grenzerfahrung in Auseinandersetzung mit der nicht personellen Umwelt

6.1.1.3 Grenzerfahrung in Auseinandersetzung mit sich selbst

6.1.2 Anreiz - Vertrauen & Zutrauen

6.2 Reflexion - Erarbeitungsmöglichkeiten sozialer Fähigkeiten innerhalb der Erlebnispädagogik

6.2.1 Reflexion innerhalb der sozialen Gruppe

6.2.2 Reflexion des Individuums

6.2.3 Methoden sozialen Lernens

6.2.3.1 Das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun –Kommunikation erlernen

6.2.3.2 Das Kommunikationsmodell der Transaktionsanalyse

6.2.3.3 Konflikte lösen durch Verbalisierung und Bewußtmachung versteckter Gefühle

6.2.4  Die biographische Selbstreflexion des erlebnispädagogischen Leiters

6.2.4.1 Wie schafft man ein entwicklungsförderndes pädagogisches Milieu?

6.2.4.2 Vermeidung von Projektionen durch „Aussöhnung mit dem eigenen Teufel“

6.2.4.3 Entlarvung der individuellen Spielneigung und Kommunikationsstruktur

6.2.4.4 Sebstverantwortliches Denken  & Handeln - Soziale Kompetenz vorleben, anregen und anleiten am Beispiel des NLP

6.3 Erlebnispädagogik als Angstbewältigungsmethode

6.3.1  Freisein von Sozialer Angst als Soziale Kompetenz

6.3.2 Angst allgemein

6.3.3 Soziale Angst

6.3.4 Angst und Selbstdarstellung

6.3.5 Emotionsbewältigung durch Selbstdarstellung zum Schutze des Selbstwertes - Eine Bewältigungsmethode der Angst

6.3.6 „Unmittelbares Erleben“ als Chance, sich von sozialer Angst zu lösen - Selbstakzeptanz zur Unterstützung des Selbstwertgefühls

6.3.7  Die Entdeckung des wahren Selbst, um die Angst auf „vernünftige“ Weise zu bewältigen

6.3.8 Möglichkeiten der Angstbewältigung innerhalb der Erlebnispädagogik

7 Möglichkeiten der Evaluation

7.1 Kritik an der Evaluation

7.2   Alternative Selbstevaluation

8 Schlusswort

9 Literaturverzeichnis

10 Anmerkungen zu den Abkürzungen

Einleitung:

In der wissenschaftlichen Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, unter welchen theoretischen Aspekten die Entwicklung Sozialer Kompetenz mit Hilfe der Erlebnispädagogik gewährleistet werden kann. Die Schwierigkeit dabei ist die sinnvolle Verknüpfung zweier an sich komplexer Themenschwerpunkte, die Sozialkompetenz auf der einen- und die Erlebnispädagogik auf der anderen Seite sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

   Zu Anfang ist es wichtig anzumerken, dass es genauso, wie es nicht „die“ Pädagogik

(Vgl. Gudjons, 1995, S. 19), auch nicht „die“ Erlebnispädagogik gibt. „Es charakterisiert „die“ Erlebnispädagogik, dass es eine solche als klar definierte oder definiertes oder definierbares Gebilde (im Sinne etwa einer Theorie oder einer relativ eindeutig umreißbaren Form von Praxis) weder gegeben hat noch gibt“ (Bauer, 1993, S. 7).

   Die Definitionsvielfalt stellt eine Erschwernis für die theoretische Beschäftigung mit der Erlebnispädagogik dar. Weiterführend kommt hinzu, dass die Beschäftigung mit Sozialer Kompetenz eine ähnliche Definitionsvielfalt aufweist. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit ein ganz bestimmtes Verständnis der Erlebnispädagogik mit ihren Möglichkeiten der Entwicklung Sozialer Kompetenz erörtert werden. Dies geschieht auf der Grundlage der Theorie autopoietischer Systeme, auf welche sich in ihrer Argumentation Systemtheorie und Konstruktivismus beziehen. Die Erkenntnistheorie, die dieser Diplomarbeit zugrunde liegt, ist somit die des Konstruktivismus (Kapitel 2.2). Ich halte sie im Rahmen der Erlebnispädagogik für die passende, weil sie auf der „operationalen Geschlossenheit“ (Kapitel 3.1.3) und „strukturdeterminierten“ (Kapitel 3.1.2) Beschaffenheit des Nervensystems und des Lernens basiert, was die nur beschränkte Kalkulierbarkeit der durch die Erlebnispädagogik initiierten Veränderungsprozesse am ehesten beschreibt. Soziale Kompetenz soll in diesem Rahmen nicht gelehrt, quasi verbal eingetrichtert und somit aufoktroyiert werden, vielmehr soll der Teilnehmer sie selbst seiner individuellen Struktur gemäß erarbeiten können (Kapitel 3). Dabei ist es Aufgabe des erlebnispädagogischen Leiters, neben der Organisation des äußeren Rahmens (Wahl des Camps, Versorgung...), dem Teilnehmer eine Hilfe bei der Reflexion anzubieten, so dass dieser in der Lage ist das Erlebnis strukturadäquat und prozeßfördernd in seine geschichtlich gewordene individuelle Struktur einzubauen.

Sinn und Zweck dieser wissenschaftlichen Hausarbeit ist dabei, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man der Einzigartigkeit eines Menschen gerecht werden und sie persönlichkeitsspezifisch in ihrem stetigen Werden innerhalb eines klar definierten erlebnispädagogischen Rahmens, unterstützen kann. Dabei soll die Entwicklung Sozialer Kompetenz mitberücksichtigt werden. Eine notwendige Voraussetzung wie man der Einzigartigkeit eines Menschen gerecht werden kann ist die Herstellung eines äußeren Rahmens, welcher individuelle Entwicklungsprozesse im positiven Sinne ermöglicht. Die Struktur des Teilnehmers, aber auch des Leiters soll dem Teilnehmer anhand des Erlebten verständlich und in Hinsicht auf seine biographische Struktur nutzbar gemacht werden. Es sollen hier also keine Menschen analysiert, sondern individualtypisch gefördert werden. Denn, welchem Typ Mensch jemand entspricht, da ist letztendlich der Mensch, um den es dabei geht, einzig Experte seiner selbst. Aus diesem Grunde wird in Kapitel 5.2 explizit auf die didaktischen Grundzüge einer Erlebnispädagogik in der Postmoderne nach Brischar & Saur (1996) Bezug genommen.

Solch eine zurückhaltende pädagogische Haltung betreffend der Einsichtmöglichkeiten in eine andere Person beschreibt m.E. Albert Schweitzer (1991) äußerst treffend, in folgenden Worten: „Sich kennen will nicht heißen, alles voneinander wissen, sondern Liebe und Vertrauen zueinander haben und einer an den andern glauben. Ein Mensch soll nicht in das Wesen des andern eindringen wollen... Es gibt nicht nur eine leibliche, sondern auch eine geistige Schamhaftigkeit, die wir zu achten haben“ (S. 73-74).

 Und weiter betont Schweitzer:

   Keiner von uns darf zum andern sagen: Weil wir so und so zusammen gehören, habe ich das Recht alle  

   deine Gedanken zu kennen. Nicht einmal die Mutter darf so gegen ihr Kind auftreten. Alles Fordern dieser

   Art ist töricht und unheilvoll (meine eigene Hervorhebung). Hier gilt nur Geben, das Geben weckt. Teile

   von deinem geistigen Wesen denen, die mit dir auf dem Wege sind, so viel mit als du kannst, und nimm als

   etwas Kostbares hin, was dir von ihnen zurückkommt. (S. 74)

   Schweitzer argumentiert m.E. intuitiv, doch in seiner Intuition steckt wiederum ein sehr starkes und leicht nachvollziehbares Ethikverständnis, welches eine respektvolle Haltung gegenüber dem Individuum und seiner selbstorganisierten Psyche fordert.

Die Annahme bzw. pädagogische Haltung, man könne Wissen nicht linear-kausal vermitteln, i.S. einer „Als-Ob-Didaktik“ (Vgl. Kösel, 1997, S. 9), ist heute nicht mehr neu. Arnold (1996) spricht diesbezüglich von einer „konstruktivistischen Wende“, m.a.W., „Lehren und Lernen werden immer mehr als konstruktivistische Tätigkeiten

aufgefasst“ (S. V-VII). Dabei soll der Forderung nachgegangen werden, nicht lehrend tätig zu sein, sondern Prozesse zu „selbstorganisiertem Lernen“ (Siebert, 1999, S. 21) zu initiieren. Doch in der Theorie und Praxis der Weiterbildung konnte sich diese Forderung oftmals nicht durchsetzen. Vor allem in der Praxis der Erwachsenenbildung sind die Dozenten sehr auf Fachkompetenz fixiert und meistens nicht in der Lage, selbsttätiges Lernen bei den Teilnehmern anzuregen (Vgl. Arnold, 1996, S. 151).

   Konstruktivistisch betrachtet ist die Erlebnispädagogik ein hervorragendes Medium zur Initiierung von Lernprozessen bzw. zur „Perturbation von Lebewesen“ (Vgl. Maturana & Varela, 1987, S. 27), um strukturelle Veränderungen anzuregen.

Mit Perturbation sind nach Maturana & Varela (1987) „Zustandsveränderungen in der Struktur eines Systems, die von Zuständen in dessen Umfeld ausgelöst (d.h. nicht verursacht, vgl. 4. Kapitel) werden“ (ebd.) gemeint.

   Es bedarf m.E. jedoch einer professionell ausgebildeten erlebnispädagogischen Leitung, die in der Lage ist, dem Individuum das individuell Erlebte, welches durch Perturbation im „erlebnispädagogischen Milieu“ (Kapitel 3.3.2) zustande kommt, durch eine professionell angeleitete Reflexion einsichtig zu machen. Dabei soll das Individuum seine Grenzen und somit seine Struktur erleben, um diese im günstigsten Fall zu erweitern. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf die Herausarbeitung der Möglichkeiten der Entwicklung Sozialer Kompetenz mit Hilfe der Erlebnispädagogik. Als ein wichtiges Moment der Rahmenbedingungen wird das Moment der Reflexion beschrieben, in welches u.a. Konzepte der humanistischen Psychologie und der Pädagogik einfließen werden. Damit der Rahmen der vorliegenden Arbeit eingegrenzt werden kann, ist es am Anfang wichtig, die wissenschaftstheoretischen Grundlagen für ein genaues Verständnis Sozialer Kompetenz darzulegen und in Bezug auf den gesellschaftlichen Hintergrund und auf der Theorie lebender Systeme nach Maturana & Varela basierenden lerntheoretischen Erkenntnissen bzw. Erklärungsprinzipien zu klären, warum und wie es der Erarbeitung Sozialer Kompetenz bedarf. Außerdem ist es an dieser Stelle von Bedeutung anzumerken, dass die meisten hier aufgeführten pädagogisch konstruktivistischen Werke sich zwar explizit auf Erwachsenenbildung beziehen, was m.E. aber nicht unbedingt für Kindheit und Jugend gleichbedeutend sein muß. Denn „man kann also sagen, dass das Nervensystem in diesem Sinne durch operationale Geschlossenheit charakterisiert ist“ (1987, Maturana & Varela, S. 180), d.h., „das Nervensystem funktioniert also als ein geschlossenes Netzwerk von Veränderungen der Aktivitätsrelationen zwischen seinen Komponenten“ (ebd.). Lernprozesse sind somit, sowohl bei jungen- als auch bei älteren Menschen „autopoietische Systeme“ bzw. funktionieren innerhalb ihrer „operationalen Geschlossenheit“ nach ihren individuellen Prinzipien (Vgl. a.a.O., S. 55), welche sich in ständiger Rekursion selbst erzeugen und eben in dieser Organisation autonom sind. In anderen Worten, „das“ Lernen, genauer das Prinzip des Lernens (Kapitel3.1) ist das gleiche nur der Anreiz, der letztendlich Lernprozesse initiieren soll, differiert bezüglich der Altersgruppe, Kohorte oder, m.a.W., des Individuums. Somit sind die Ausführungen erwachsenenpädagogischer konstruktivistischer Texte, soweit sie sich mit der Theorie von Lernprozessen beschäftigen, m.E. durchaus ohne weiteres auf jüngere Zielgruppen zu übertragen. Die Beschäftigung mit entwicklungspsychologischen Erklärungsprinzipien, die das Erlernen Sozialer Kompetenz betreffen, wie z.B., dass Vorschulkinder und Kinder der ersten Klasse nicht in der Lage sind, den sozialen Vergleich in ihre Selbstbewertung mit einzubeziehen (Vgl. Oerter & Montada, 1995, S. 305), wird dabei jedoch ausgeklammert bleiben.

Die Arbeit ist in groben Zügen nach folgenden sechs inhaltlichen Richtlinien bzw. Fragestellungen strukturiert:

1. Gibt es einen Bedarf an Sozialer Kompetenz in unserer Gesellschaft (_Kapitel 1)?

2. Wie ist die hier verwendete wissenschaftstheoretische Vorgehensweise zu rechtfertigen (Kapitel 2)?

3. Welches Didaktikverständnis lässt sich von einer konstruktivistischen Denkweise ableiten (Kapitel 3)?

4. Was ist unter Sozialer Kompetenz unter dem Aspekt des Konstruktivismus und der Theorie der Autopoiese zu verstehen (Kapitel 4)?

5. Durch welche Elemente der Erlebnispädagogik soll Soziale Kompetenz erlernt werden (Kapitel 5 und Kapitel 6)?

6. Welche Möglichkeiten der „Erfolgskontrolle“ ergeben sich aus dem argumentationslogischen Aufbau dieser wissenschaftlichen Hausarbeit (Kapitel 7)?

1 Klärung des Bedarfs an Sozialer Kompetenz in unserer Gesellschaft

Die Gesellschaft befindet sich im ständigen Wandel in vielen ihrer Bereiche und es scheint, als ob die Geschwindigkeit des Wandels, mit welcher dieser von statten geht, stetig zunimmt. Die verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereiche Wirtschaft, Politik und Bildung spezialisieren sich, werden autonom und kapseln sich durch ihre „Selbstreferentialität“ (Kapitel 3.1.1) von anderen Teilsystemen ab (Vgl. Willke, 1993, S. 70). Das stimmte nun alles nicht bedenklich, könnte von dieser Entwicklung nicht auch eine Bedrohung für die Gesellschaft und das Individuum ausgehen. Diese Verselbständigung der Systeme und das Ende der „Meta-Erzählungen“

(Vgl. Welsch, 1991, S. 79) bedeuten auch einen Verlust von Orientierungsmöglichkeiten und Sicherheit - was heute noch verbindlich ist, kann morgen schon anders sein. Beck (1986) konstatiert dieses Phänomen als „Individualisierung“, m.a.W., die „Herauslösung aus tradierten Lebensformen“ (Vgl. S. 212). Ein Moment der Befreiung, aber auch ein Moment der Verunsicherung. Mehr denn je kommt es bei dieser gesellschaftlichen Entwicklung auf den Einzelnen und nicht auf bestimmte Menschengruppen an. Arbeitslosigkeit trifft den Einzelnen und nicht mehr eine bestimmte Klasse oder Schicht. Von sozialen Klassen und Schichten wird kaum noch gesprochen, man spricht - mit Ausnahmen natürlich - heute von Milieus und Konsumstilen (Vgl. Schulze, 1996, S. 23). Durch die gesellschaftliche Überforderung auf Grund des raschen Wandels erscheint es hilfreich und notwendig, dem Individuum Kompetenzen an die Hand zu geben, mit denen es diesem Druck standhalten und konstruktiv mit dem Moment der Freiheit umgehen kann.

   Der Umgang mit Angst und Unsicherheit wird zur „zivilisatorischen Schlüsselqualifikation“ (Vgl. Beck, 1986, S. 102), und betrachtet man bspw. den Arbeitsmarkt und dessen Bewerbungsanforderungen, werden neben fachlichem Können zunehmend außerfachliche Kompetenzen und v.a. Soziale Kompetenzen erwartet.

Die „Individualisierung sozialer Risiken“ mündet in einer sogenannten „Psychowelle“ (Vgl. a.a.O, S. 159), das gesellschaftliche Überleben ist schwer, es entsteht ein „Kapitalismus ohne Klassen“ (Vgl. a.a.O., S. 117) und all das trifft den Einzelnen oft gänzlich unvorbereitet. Diese Situation beschreibt Fritzsche (1998) m.E. sehr deutlich, wenn er folgendermaßen argumentiert: „Und worauf verweist der Stressbegriff? Das Problem, auf das der Stressbegriff aufmerksam macht, ist eine Störung im Verhältnis Welt und Individuum, Gesellschaft und Bürger: Ein Zuviel an Belastungen und Anforderungen trifft auf ein Zuwenig an Kompetenzen und    Ressourcen“ (Frietzsche, S. 7).

   Gesellschaftstheoretisch dem raschen Wandel nur schwer standhalten zu können, kontinuierliches Weiterbilden für den Beruf, die wachsende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft, könnten dieses nicht auch die Folgen einer zu kopflastigen Bildungsarbeit und Erziehung sein? Diese Frage, die Goleman ebenfalls stellt (Vgl. Golemen, 1997, S. 7), soll hier nicht beantwortet, sondern nur gestellt werden. Diese Facetten der gesellschaftlichen Entwicklung betonen m.E. die Notwendigkeit der Förderung Sozialer Kompetenz. Auch Rogers (1980) macht auf die Problematik einer einseitig kognitiven Bildung aufmerksam: „Ich mache mir Sorgen über das, was in amerikanischen Bildungsinstitutionen vor sich geht. Sie haben sich dermaßen auf Ideen konzentriert, sich vollständig auf „Kopferziehung“  beschränkt, dass die sich daraus ergebende Enge schwerwiegende soziale Folgen hat“ (S. 140).

   Bildungstheoretisch geht der Trend von der Schulbildung hin zur Weiterbildung, bei der mehr und mehr das „just-in-time Lernen“ gefragt ist (Vgl. Arnold, 1996, S. 3) und somit auch das Erlernen von Schlüsselqualifikationen, die einem die nötige Flexibilitätsvoraussetzungen vermitteln können, damit in der konkreten Situation kompetent gehandelt werden kann. Es geht dabei nicht mehr primär um das Vermitteln von Inhalten und Fachkenntnissen, sondern um eine grundlegende Schulung der Person. „Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, kann somit auch als ein Synonym für das angesehen werden, was früher als Bildung bzw. genauer: als Persönlichkeitsbildung konzipiert worden war“ (Arnold, 1996, S. 17).

   Bojanowski (1991) datiert diesen Wandel von der Berufsbildung hin zur Persönlichkeitsbildung in die 80er Jahre. Diesen beschreibt er als Folge dreier wichtiger Veränderungsprozesse:

Veränderung der Struktur des Arbeitsmarktes: Ein rascher Wandel der Arbeitsbedingungen und Arbeitstechniken, wodurch Erstausbildung als dauerhafte Beschäftigungsgarantie entwertet wird.

Veränderung der Organisationsstruktur: Marktveränderungen lassen hierarchisch-bürokratische Organisationsstrukturen anachronistisch erscheinen. Mitdenken und Kooperationsfähigkeit sind mehr und mehr gefragte Kompetenzen.

Neue Technologien: Der Mensch tritt allmählich mehr aus dem unmittelbaren Arbeitsprozeß heraus und übernimmt zunehmend vorbereitende, überwachende und korrigierende Funktionen.

   Folge dieser oben aufgeführten Veränderungsprozesse ist die Relativierung des Fachlichen und die Notwendigkeit der Erlernung persönlicher Kompetenzen (Vgl. a.a.O., S. 105-106).

   Mehr denn je kommt es in unserer modernen Gesellschaft auf das Individuum und auf seine persönlichen Kompetenzen an. Bei der Geschwindigkeit, mit welcher sich fachliche Anforderungen ändern, geht es heutzutage darum, die Fähigkeit der selbständigen Wissensaneignung zu schulen. Fachliches Können und Wissen sind nicht länger Garant für effizientes Arbeiten und beruflichen Erfolg.

   Nach dieser Argumentation lässt sich schlußfolgern, dass sowohl ein gesellschaftlicher als auch ein beruflicher Bedarf an außerfachlichen Kompetenzen und auch sozialer Kompetenz besteht. Greinert (2000) bezeichnet die Intention, auch soziale und personenbezogene Fähigkeiten zu vermitteln, als Ganzheitlichkeit der Berufsausbildung (Vgl. S. 188). Dem lässt sich hinzufügen, dass die Gesellschaft zwar außerfachliche Kompetenzen fordert, deren Förderung jedoch vernachlässigt. Soziale Kompetenz ist eine außerfachliche Kompetenz. Sie ist überlebensdienlich im Umgang mit sich selbst und

anderen (Kapitel 4.1).

  Das Gegenteil von sozial kompetentem Verhalten, die Delinquenz in unserer Gesellschaft, wird z.B. von Michl & Heckmair (1993) auf die vorherrschende Erlebnisarmut in unserer Gesellschaft zurückgeführt. Sie sprechen von Gewalt und Einbrüchen aus Langeweile, und durch diesen Sachverhalt wird die Verbindung zwischen dem Bedarf an sozial kompetentem Verhalten und der Erlebnispädagogik hergestellt. Nach entwicklungspsychologischen Erkenntnissen führt ein Mangel an explorativen Tätigkeiten und abenteuerlichen Spielen zu Entwicklungsdefiziten und Persönlichkeitsstörungen (Vgl. Bauer, 1993, S. 83).

   Mit Michl & Heckmair (1993) gesprochen: „Erlebnispädagogik soll unseren schnellebigen Alltag entschleunigen, die Langsamkeit wiederentdecken lernen, die Vergänglichkeit vermitteln, den von gottgegebenen rechten Augenblick – kairos – ermöglichen“ (S. 71). Erlebnispädagogik schließt die Lücke und bietet genug Erlebnispotential, was zu einer sinnvollen Entwicklung führen kann (Vgl. a.a.O., S. 89).

Zu dieser Argumentation könnte man hinzufügen, dass die Gesellschaft einen Bedarf an Sozialer Kompetenz produziere, den sie zu befriedigen jedoch nicht in der Lage ist. Erlebnispädagogik wird sozusagen symptomatisch eingesetzt, indem sie das „gesellschaftliche Versäumnis“ kompensieren soll. Die kompensatorische Funktion, welche die Erlebnispädagogik, bedingt durch die ihr innewohnenden Elemente des „unmittelbaren Erlebens“ und „lebendigen ganzheitlichen Lernens“ enthält, ist nicht zu leugnen. Was im Alltag an Erlebnis fehlt bietet die Erlebnispädagogik als Anreiz, welchen das Individuum nutzen soll, um seine sozialen Kompetenzen selbständig zu erarbeiten. Kritik ist bei dieser Definition m.E. dahingehend angebracht, dass die Erlebnispädagogik eine Überforderung erfährt, indem sie die vorherrschende Erlebnisarmut in der Gesellschaft komplett kompensieren soll. Dieses kann sie nicht leisten, sie kann lediglich Entwicklungsprozesse beim Individuum in einer Form anregen, wie sie im Alltag nur selten vorkommen.