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Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2, Universität Wien (Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Van Swietens Stil mit Blick auf Funktion, Syntax und Lexik zu beschreiben und seine Sprache mit der Sprache in Genesis1 zu vergleichen, war das zentrale Thema dieser Arbeit. Um zu zeigen, dass die Sprache im Textbuch nicht bloß Grundlage einer philologischen, sondern auch theologischen Auseinandersetzung mit dem Text sein kann, wird in dieser Arbeit auf mögliche Kritikpunkte der Kirche eingegangen und die Frage nach der religiösen Textintention gestellt. Um zu zeigen, in welcher Sprache im Textbuch religiöse Botschaften vermittelt werden, wird der Einfluss der alttestamentlichen Texte, die Gattungsfrage, die Verwendung der Genesis (als Rahmen und Mittelpunkt) und die Verwendung der Psalmen dargestellt.
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Ziel meiner Textanalyse ist die Darstellung der sprachlichen Unterschiede zwischen den narrativen Versen der Genesis (einer möglichst wortgetreuen Bibelübersetzung Swietens) und jenen Librettopassagen, die Swieten entweder anderen literarischen Vorlagen entnimmt, frei übersetzt oder selber dichtet. Dieser (nicht der Genesis entstammende) Textanteil ist jedoch aufgrund seiner unterschiedlichen Quellen1selber nicht einheitlich. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Swieten wahrscheinlich nicht die Vulgata, sondern eine englische Bibelausgabe (Authorised Version) als Textvorlage verwendet, die er nur stellenweise mit Hilfe der Lutherbibel übersetzt.2Tatsächlich weisen die alttestamentlichen Verse der Genesis im Libretto bereits große Ähnlichkeit mit dem aus der Einheitsübersetzung bekannten Schöpfungshymnus (Gen1,1-31) auf. Diese Ähnlichkeit ermöglicht ein schnelles Zuordnen dieser Verse in den Rahmen der Genesis1 und lässt sich auf markante Strukturen und Formeln im Masoretentext (dem hebräischen Original der Tora) zurückführen. Struktur und Formeln der alttestamentlichen Genesis1 werden in den Punkten 1.1 und 1.2.2 erläutert - allerdings nicht unter Berücksichtigung der hebräischen Sprache und auch nicht mit Blick auf deren theologische Relevanz, sondern im Vergleich - in einem philologischen Vergleich mit jenen Textpassagen, die so wie sie im Libretto zu lesen sind, nicht in der Bibel vorkommen; weder in der Ausgabe, die Swieten verwendet haben soll, noch in der heute bei uns meist verwendeten Einheitsübersetzung. Die englischen Vorlagen und Librettoübersetzungen werden nicht thematisiert. Gegenstand meiner Untersuchung ist ausschließlich der Text Swietens3- das deutsche Libretto „Die Schöpfung“ zum gleichnamigen musikalischen Werk Haydns. Die Frage, die ich an den Text stellen möchte, ist jene nach Unterschieden zwischen der Sprache der Genesis und der Sprache Swietens. Diese Unterschiede erläutere ich mit Blick auf (1) Verwendung und Funktion, (2) die Gattung, (3) die Aufteilung, (4) Stillage und Stilebene der Verse. In weiteren Punkten (5 und 6) möchte ich mögliche theologische
1Vgl. Feder, S. 128-132, vgl. Nohl, S. 151-162, vgl. Zeman, S. 75 (wenn nicht anders angeben: Zeman, Herbert: Das Textbuch Gottfried van Swietens zu Joseph HaydnsDie Schöpfung.In: G. Schnitzler (Hg.): Dichtung und Musik. Kaleidoskop ihrer Beziehungen. Stuttgart 1979, S. 70-98.) Alle drei sprechen zumindest drei Textvorlagen an: Miltons Paradise Lost, Lidleys englisches Libretto und die Bibel. Die Librettogenese bleibt aber unklar. Meiner Arbeit geht es ausschließlich um eine synchrone Textanalyse.
2Feder, S. 132.
3Zitiert werden alle Textstellen aus dem Libretto, wie es abgedruckt vorliegt in: Georg Feder: Joseph Haydn. Die Schöpfung. Kassel 1999, 194 - 235, da es sowohl in Gliederung und Anmerkungen dem Erstdruck folgt, zugleich eine Gegenüberstellung mit den literarischen Vorlagen ermöglicht und keine „peinlichen Druckfehler aufweist“ (Zeman, S. 78, Fußnote 20) wie etwa die Reclamausgabe (1971).