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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2021
Roman aus der österreichischen Gesellschaft
Bei Hofrat v. Felseck ist Empfangstag. Eine Dame, die eben gelangweilt die Treppe hinaufsteigt, sieht sich das Kärtchen, weiches zu Saisonbeginn versandt wurde, nochmals an.
"Jeden zweiten Mittwoch von 5 bis 7. Also doch richtig."
"Sie auch, liebe Baronin", spricht sie eine zweite Besucherin an, die gleichzeitig vorgefahren ist, aber der Baronin einen kleinen Vorsprung ließ, um nicht vor ihren Augen aus der Einspännerdroschke zu steigen. Das Zufallen der eleganten Coupétür hat sie wie ein elektrischer Strom berührt. Sie kennt dieses ideale Geräusch, wie das imponiert, welches Lüstre das gibt ... aber leider eine arme Rechnungsrätin kann sich derlei nicht leisten.
Die Baronin hat sich umgewandt:
"Ach Sie, liebe Frau v. Rosner ..."
Sie zieht sich die elegante Sealskinjacke enger zusammen und spielt mit ihrem Visitenkartentäschchen aus Schildplatt mit Monogramm.
"Wie viel man oft an einem Tage abtun muss. Ich war eben nicht ganz sicher, ob es bei Felsecks heute ist ..."
Die Rätin seufzt:
"Ja die Mittwoche sind diese Saison stark besetzt, haben Sie für heute noch viele Besuche vor?"
"Zwei ... drei ... ähnliche Corvéen zu meinen Bekannten sende ich einfach vormittags einen Diener, ob sie für den Abend at home sind, diese Jour-Manier wird ja nachgerade zu allgemein ..."
"Gewiss, gewiss", pflichtet die Rätin bei, obwohl sie es gar nicht so einfach findet, einen Diener, den sie überhaupt nicht besitzt, mit Anfragen umherzusenden. Auch die leise Impertinenz, dass die Baronin das Wort 'meine' Bekannten vorhin etwas scharf betonte, wohl im Gegensatz zu Felsecks und ihr, würgt sie tapfer hinunter ...
Oben hält indessen ein Diener schon die Entreetür offen, was die Baronin veranlasst, zu sagen:
"Felsecks sind ja sehr nette junge Mädchen ..."
Die Rätin pflichtet bei:
"Die ältere, Vera, ist interessanter. Etwas stark Sportdame, die kleinere dicke Olga ist phlegmatischer."
"Sie scheint der Mama nachzugeraten, eine gute dicke Dame mit mäßigem Takt, der Vater ist bei weitem mehr fair, gute Familie ...", nickt die Baronin im Flüsterton.
Die Damen sind indessen eingetreten, die Baronin nimmt, wie selbstverständlich, den Vortritt, in den gedämpft erleuchteten Salon, Stimmengewirre, die Hausfrau drückt eben zwei Besucherinnen, die sich prompt erheben und den Neuangekommenen ihre Stühle überlassen, Abschied nehmend die Hände. Es sind zwei ausgeprägt aristokratische Gestalten, ältere Stiftsdamen, vornehme Armut. Die Baronin Reiman nickt ihnen vertraulich zu, die Rätin übersehen sie. Die Hausfrau fragt angelegentlich nach dem Befinden, klagt über einiges, wodurch sie mehrfach zu interessieren hofft, und lässt sich Neuigkeiten mitteilen. Die Rätin denkt dabei meistens, dass ihre Droschke unten nicht zu lang stehen darf, lächelt aber verbindlich. Im Nebenzimmer stehen drei junge Mädchen am Fenster. Eine hübsche Gruppe, die beiden Felsecks und Fräulein Elsi Lamballe, die Tochter eines einflussreichen Hofbeamten, eckig mager, aber lebendig wie Quecksilber. Ein junger Ministerialbeamter, der schöne Bito, hofiert ihnen in keckem Witztone ... man spricht von Sport, nicht mehr so viel von Rennen und Pferden wie früher. Die jungen Damen führen fast nur die Worte Autos, Chauffeurs, Garagen im Munde. Man gehört ja heute nur mehr dann ganz zum High Life, wenn man Auto fährt.
"Ja denken Sie sich", sagt Vera eben, "das war gestern die reine Gondelfahrt über Hunde, Katzen und Steinhaufen ... in der Garage, wo wir hielten, Benzinmangel."
"Sie hätten mir depeschieren sollen, Fräulein Vera: Bito, sofort Benzintonne."
Die jungen Leute lachen. Nebenan im Salon hört man die Stimme eines neuen Ankömmlings.
Baron Bito blinzelt Vera bedeutungsvoll zu.
"Fräulein Vera ... Er ..."
Olga ergänzt seine vielsagende Bewegung.
"Er, der Herrlichste von allen", summt sie und kneipt ihre Schwester verstohlen.
Vera hat sich schon einen andern Gesichtsausdruck zurechtgelegt. Sie weiß, dass der Eingetretene ihr Bräutigam, der Gutsbesitzer und künftige Abgeordnete, Robs v. Thorwald ist. Sie seufzt ein wenig; mit Baron Bito und den andern ist ja das Scherzen weit angenehmer, aber Robs v. Thorwald bietet ihr eine Position, und ihm gegenüber passt ein wenig nachdenkliche Ruhe besser. Er ist auch ein schöner Mann groß, vornehm, nur manchmal etwas unbequem, mit seinen vertieften Ansichten und sarkastischen Geistesblitzen.
Vera findet oft, dass die Liebe durchaus nicht blind sei: Er sieht manchen Fehler an ihr und betont ihn mit seiner Ironie. Warum er sie gewählt hat? Vielleicht, weil ihr Bruder freundschaftlich an ihm hing, weil die beiden zusammen jagen, rauchen und reiten. Leutnant Fritz hat ihm unabsichtlich den Wunsch nach der Schwester suggeriert.
"Was glaubst du, wen soll Vera heiraten?" fragte er oft übellaunig "jeder hat einen Defekt, Bito spielt, Waldheim wird auch bald verkracht sein. Sonnleitner ist ein ekelhafter Parvenü, Herrgott, wenn man nur in eine anständige Verwandtschaft käme. So ein Kerl wie du, das wär' was, nach meinem Geschmack ..."
Thorwald lacht.
"Vermutlich heiratet sie aber nach ihrem und nicht nach deinem."
Fritz brummt.
"Gar nicht notwendig. Wenn ich ihr sage: 'Robs v. Thorwald ist für dich zu haben' kann sie totfroh sein. Passt ganz gut zu dir ... du einen Meter sechzig, sie einen Meter dreißig, sie zwanzig, du dreißig ... macht ein halbes Jahrhundert zusammen ... könnt gleich mit der Goldenen beginnen."
Robs v. Thorwald hat sich schließlich in den Gedanken eingelebt. Er sieht Vera daraufhin immer interessierter an, und sie kommt ihm mit wachsendem Verständnis entgegen. Alles schiebt die Beteiligten mit unsichtbaren Händen nach dem einen Ziel. Die künftige Schwiegermutter lobt dem Prätendenten die Tochter, der Tochter den Bewerber.
Olga macht naive Bemerkungen und Fritz sekundiert. Man findet, dass Vera rot wird, wenn Thorwald eintritt, man sagt ihm ... "Gottlob, dass du da bist, Vera war schon unausstehlich."
Vera protestiert "Wie könnt ihr das sagen?" wendet sich aber verlegen ab, Fritz bringt es endlich zum Klappen. Er sucht einen Vorwand zu einem Champagnersouper.
"Du, Vera, bist ja ein hochmodernes Mädel, an deiner Stelle versuchte ich's und hielte um Robs an."
Vera lacht gezwungen.
"Damit er nein sagt!"
Robs tritt zu ihr.
"Und wenn er ja sagt?" Er fasst nach ihren Händen und zieht sie leicht an sich.
"Bravo ... Tusch ... hinaus ... alle hinaus ... Olga ... du zuerst ... das ist nichts für dich ... die Bombe ist geplatzt ..."
In komischer Hast treibt er Olga vor sich her zur Türe hinaus, während Robs Vera lange und leidenschaftlich küsst.
Seither ist die Verlobung offiziell geworden.
Das Brautpaar ist nicht übertrieben verliebt, aber doch zunehmend zärtlich.
Robs erinnert sich manchmal vergleichend an seine Studentenlieben oder eines seiner sogenannten späteren Verhältnisse. Das war doch anders in einzelnen Fällen.
Frauen fallen ihm ein, deren Augen das Glück mit Tränen füllte, die sich stumm und innig an ihn schmiegten, als ob sie ihn nie wieder lassen wollten, aber das zieht nur flüchtig schemenhaft vorüber: die keusche Kühle seiner Braut ist gesellschaftlich korrekt, die richtige Salonliebe.
Robs v. Thorwald hat die jungen Mädchen begrüßt. Die Hand seiner Braut behält er ein paar Sekunden länger in der seinen. Vera taucht ihren Blick tief in den seinen und denkt dabei, dass er gut aussieht und eine hübsche Krawatte trägt. Sie liebt ihn nach der Art seiner Kleidung, in einem elegant sitzenden Smoking mehr, als in dem täglich gewohnten Straßenanzug. Es ist das ein sicherer Barometer ihrer Liebe, und erklärt, was er oft Rätselhaftes und Veränderliches in ihrem Wesen findet, was sie ihm interessant macht.
"Du bist spät gekommen", sagt Vera, um auszudrücken, dass sie ihn vermisste.
"Verzeih'", entgegnet er ebenso, "an solchen Tagen beeile ich mich nicht übermäßig, dieser Empfangsrummel mit obligatem Tee ist die schwerste Zwangsarbeit des modernen Kulturmenschen. Noch, wenn man hier herein flüchten darf."
Elsi Lamballe lacht.
"Da drinnen aber ist's fürchterlich!" ergänzt sie, auf den Nebensalon deutend.
Olga nimmt sich der Gäste an.
"Mein Gott, heute waren eben viele da, sie mussten ja digerieren, da wir vor acht Tagen Soiree gaben. Mama stört uns so nicht. Ich hörte sie mindestens zehnmal sagen: 'Die Jugend ist da drinnen, gehen Sie doch zu ihnen ...'"
Baron Bito stimmt bei.
"Richtig, wurde mir auch gesagt. Alles, was jung und noch ledig ist, bekam diesen charmanten Wink."
Elsi Lamballe sagt neckend:
"Übermäßig jung sind sie gerade nicht, aber sehr ledig, kommen Sie, ihren Arm", lacht sie, Baron Bito fortziehend, "ich sehe Mama als letzte aus dem Salon segeln."
"Servus, Kinder!"
Die Tür ist hinter den letzten Besuchern zugefallen, Frau v. Felseck kommt in das Zimmer ihrer Töchter und sinkt erschöpft in einen Fauteuil.
"Mama", klagt Olga, "Fritz ist eben gekommen und nascht alles weg, was auf dem Tortenbrett noch steht, das wäre doch fürs nächste Mal."
"Still", warnt Frau v. Felseck mit einem Blick auf den Bräutigam, "der arme Junge liebt das Süße so sehr."
"Ja, Mama", tönt es von daneben, "das Süße, das Schöne und das Teure. Warum habt ihr Elsi Lamballe schon fortgehen lassen? Eigens wegen ihr bin ich von der Reitschule aus direkt hierher. So ein Tag, wo ich solide daheim einrücke, ist sonst geradezu eine Merkwürdigkeit."
"Gott sei's geklagt, ja", brummte der Kommerzienrat, der händereibend umhergeht und an Geschäfte und Politik denkt.
Robs v. Thorwald lacht.
"Komm' herein, Fritz, habe dir was Neues zu sagen."
"Nun", fragt der hübsche Leutnant, mit vollgepfropften Backen erscheinend, "Luftschiff erfunden? Haupttreffer gemacht?"
"Keines von beiden, aber abberufen, zwei Monate nach Marburg in wichtigen Mandatsangelegenheiten, ein Nest fürchte ich, wo man kaum anständig wohnen kann."
"Anständig wäre Nebensache", lacht der Leutnant, "aber komfortable. Vera als Strohbraut, das wird eine himmlische Laune geben."
"Was willst du, wenn ich Abgeordneter werden soll, Vera wird mir schreiben", sagt Robs, die Hand seiner Braut erfassend.
"Gewiss", sagt sie, den Druck erwidernd, "aber fade wird es doch sein. Als Braut kann ich ohne dich nirgends hingehen."
"Betrübt dich das am meisten daran", sagt Robs v. Thorwald ein wenig ironisch.
Vera errötet.
"Nein, das nicht, aber man ist so isoliert als Braut. Man gehört nicht mehr recht zu den Mädels und noch nicht zu den jungen Frauen."
"Nicht Fisch, nicht Mensch!" zitiert Fritz spöttisch.
"Was ich sagen wollte", Robs v. Thorwald streicht sich sinnend über die Stirne, "lebt in Marburg nicht eine Verwandte der Herrschaften, eine Witwe ... Margit v. Felseck ... ich würde in diesem Falle meinen Besuch dort machen."
Eine Pause entsteht und die Familienmitglieder sehen einander etwas befangen an.
"Keinesfalls", sagt Vera erregt, "wir verkehren nicht mit ihr."
Fritz pfeift eine Melodie.
"Wie sang doch der Librettist des seligen Offenbach 'wenn man der Tugend Fallstricke legt.'"
"Schweig", fuhr der Kommerzienrat erregt auf, "sie trägt doch immerhin unseren Namen."
"Aber sie trägt ihn schlecht, mein lieber Konrad", sagt Frau v. Felseck jetzt würdevoll, "du kannst von den Kindern nicht verlangen, dass sie Margit bei ihrem Lebenswandel achten, nur weil sie die Witwe unseres Neffen ist."
"Ach so", nickt Robs v. Thorwald, "etwas schwächliche Moral, verstehe ...."
"Leider ... leider", nickt Frau v. Felseck, "mein Neffe ist kaum acht Monate tot und man spricht von neuen Beziehungen seiner Witwe, zuerst zu einem jungen Ausländer, dann zu einem andern; geradezu unglaublich, wir wollen gar nichts Näheres wissen ..."
"Natürlich hältst du dich ferne", vollendet Vera.
"Wenn es so ist, gewiss", stimmt Robs v. Thorwald bei. Die leichtlebige Witwe interessierte ihn im Augenblick nicht weiter.
Erst als er am Abend mit Fritz heimwärts schlendert, und dieser pfeifend an seinem Arm hängt, wird er wieder an sie erinnert.
"Du", sagt Fritz, "diese Witwe und Cousine Margit will ich mir doch näher anschauen, wenn ich dich mal in deiner Verbannung besuche; so treulose Weiber, das ist mein Fall, für die schwärme ich."
Robs ist in Marburg angekommen. Auf Schritt und Tritt hat er das Unbehagen des Großstädters gegen die Kleinstadt durchempfunden. Keine Rohrpost, kein blendendes elektrisches Licht, Journale vom Vortag, Wichtigtuerei der Bewohner bei lächerlichen Anlässen. Schon ein durchreisender Hundezirkus ist hier ein Ereignis.
Gesellschaft fast keine. Und dieser lächerliche Parademarsch geschmackslos gekleideter Frauen beim Mittagskonzert am Sonntag. Apotheker und Ladenschwengel flankieren die Promenade.
Doch halt, nein, es ist auch etwas Garnison da, Kavallerie sogar.
Der Oberst, Baron Ledor, ist der Schrecken der kleinen Stadt. Er behauptet, in dem miserablen Nest gäbe es nur dekrepide Leute, nicht einen Menschen, der aushielte, wenn man einmal ordentlich die Nacht durchlumpen wolle. Gleich sind sie hin, jämmerliche Philisterkreaturen, die ein paar Nächte außer Bett einfach umwerfen.
So ein Jammervolk! Seine beiden Mädels sind anders gezogen. Große, magere, beinahe unschöne Rassegestalten, beide über die erste Blüte hinaus, Irma und Anka, Sportmädeln, mit unleugbarem Schick. In lebensgefährlichem Tempo kutschieren sie abwechselnd durch den Ort, auch über das Trottoir hin, grüßen mit dem Peitschenstiel, und der ungarisch livrierte Bursch in tadelloser Haltung rückwärts am Dienersitz, verzieht keine Miene, auch wenn sie einmal aus Übermut direkt in eine Kaffeehaussscheibe fahren, um irgendeinem Leutnant, der dort in ein Blatt vertieft, seinen Kognak schlürft, einen Possen zu spielen, mit dem sie darüber gewettet haben.
Ja, Rassemädel beide. Der Oberst versichert es mit befriedigtem Schmunzeln, sooft er um vier Uhr morgens, wenn die solide Stadt das letzte öffentliche Lokal unwiderruflich schließt, seine Herren nach Haus mitnimmt. Die Mädel werden geweckt, die Gräfin Mama leidet an Fettsucht und zählt überhaupt nicht. Der schöne Oberst hat sie als Leutnant geheiratet, als er schon in einem Meer von Schulden unterzugehen drohte. Sie ist von gutem Adel, sehr reich, aber von einer zwergartigen Hässlichkeit, so dass sie selbst einsieht, ihr flatterhafter Gatte habe ein gewisses Recht, ihre Existenz lieber zu vergessen. Gott sei Dank, dass die Mädeln ihr gar nicht nachgeraten. Bei so einem feschen nächtlichen Einbruch des Papa, mit Gesellschaft sind sie gleich zur Stelle, in losen Blusen und leicht aufgesteckten Frisuren. Das Klavier wird geöffnet, man tanzt und singt und spielt und dann direkt ein frischer, fröhlicher Morgenritt ...
Robs v. Thorwald hat sich den Damen vorstellen lassen. Sein Genre ist es zwar nicht, er liebt eine korrektere weiblich anmutige Haltung, aber diese Mädels können ja als Kameraden genommen werden.
Heute Abend ist man wohl wieder dort. Rittmeister Treptow hat ihn abgeholt und sie schlendern beide der Wohnung des Obersten zu.
Ein Wagen rast an ihnen vorüber, ach, der Damen, Anka kutschiert und hält eben mit einem kurzen Ruck vor dem Hause.
"Wohin?" ruft Baronesse Irma den nacheilenden Herren entgegen.
"Zu Ihnen, wenn Sie gestatten."
Anka lacht.
"Wir müssen Ihnen noch dankbar sein, denn, wenn Papa allen Flaschen allein die Hälse brechen soll, wird er melancholisch."
Sie hat die Zügel dem Diener zugeworfen und steht mit einem Satz am Trottoir. Irma langt ungeniert in die Zigarettentasche des Rittmeisters, die er eben einstecken will.
"Ägyptische, ja? Auch ein bisschen Feuer, soweit der Vorrat reicht, Strohfeuer natürlich ..."
"Ich versichere, Baronesse."
"Und so weiter und so weiter", unterbricht ihn Irma rasch.
"Allons treten wir's an, wisst Ihr, wir empfangen ja heute, und da Manna viel zu bequem zum Reden ist und Papa sich drückt, werden die Besucher an Gähnkrampf sterben."
Scherzend und lachend ist man die Treppe hinaufgestiegen.
Robs hält sich zu Anka, die wenigstens manchmal einen kleinen Anflug von mädchenhafter Schwärmerei hat, indes der Rittmeister die kecke Irma vorzieht.
Im Salon findet man nur die Baronin in sanftem Schlummer.
Die Mädel lachen wie toll.
"Mama, wahrhaftig, hast du die ganze Kleinstadt in die Flucht geschlagen, jemand wird doch da gewesen sein ...?"
Ehe die Baronin noch ganz ermuntert ist, lässt sich ein neuer Besuch anmelden.
"Frau Margit v. Felseck."
Robs setzt seine kühlste Miene auf. Fatal, die gewisse Verwandte seiner Braut, die man ignorieren soll. Sonderbar, dass man sie hier empfängt, freilich, in dem Hause ist man vorurteilslos.
"Margit", rufen beide Baronessen erfreut, "endlich sieht man dich!"
Margit drückt ihnen herzlich die Hände und nähert sich der Baronin. Diese rafft sich mühsam auf.
"Irma, liebes Kind, stelle doch die Herren vor!"
Robs unterbricht fast ungezogen.
"Gestatten Sie, Baronin, dass ich· mich empfehle!"