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Band 2 der Tierwandler-Reihe. Ein Tier-Verwandlungs-Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 8 Jahren.
Die Tierwandler sind alarmiert - Einstein wird vermisst! Hat das Verschwinden etwas mit seiner Verwandlung zu tun? Und will ihnen der Dackel, der seit Neuestem vor Wilhelmines Erfinderschuppen herumlungert, irgendwas dazu sagen? Herr Olsson ahnt Schlimmes und er und die Kinder setzen alles daran, Einstein zu finden.
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Das Buch
Die Tierwandler sind alarmiert - Einstein wird vermisst! Herr Olsson ahnt Schlimmes und Merle, Finn und die anderen setzen alles daran, Einstein aufzuspüren. Tierwandler halten schließlich zusammen! Wo kann er nur sein? Hat etwa der Dackel, der seit Neuestem vor Wilhelmines Erfinderschuppen herumlungert, was damit zu tun?
Die Autorin
© privat
Martina Baumbach wurde 1969 in München geboren. Dort lebt sie mit ihrer Familie auch heute. Für ihren ersten Kinderroman bekam sie das Literaturstipendium der Stadt München, für „Und Papa seh ich am Wochenende“ wurde sie mit dem Ulmer Bilderbuchspatz ausgezeichnet.
Mehr über Martina Baumbach:www.martinabaumbach.de
Der Verlag
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Viel Spaß beim Lesen!
Es war Montagmorgen kurz nach sieben. So früh konnte Wilhelmine am besten denken. Sie hatte alles genau ausgetüftelt. Nur noch die Kurbel auf die Achse stecken, die Gummis einspannen, die Sicherung anschrauben und die Schnur auf die Rolle wickeln. Fertig. Zufrieden betrachtete sie ihre neueste Erfindung: ein Popcorn-Katapult. Seit Tagen arbeitete sie jede freie Minute daran. Jetzt würde sich herausstellen, ob es funktionierte.
In diesem Moment heulte die Sirene auf und über der Tür blinkte wild die rote Lampe. Jemand war auf dem Weg zu ihrem Erfinderschuppen und hatte dadurch die Alarmanlage ausgelöst. Wahrscheinlich ihre Mutter oder ihre kleinen Brüder. Wilhelmine hasste es, wenn man sie beim Erfinden störte.
Sie schaltete den Alarm aus, setzte die Schutzbrille ab und öffnete die Tür. Doch es war niemand da, der schmale Gartenpfad zum Tor war menschenleer. Sie wollte gerade wieder hineingehen, da stupste sie etwas am Bein. Ein kleiner struppiger Dackel sah aus großen dunklen Augen zu ihr hoch.
»Oh«, murmelte Wilhelmine, worauf er begeistert mit dem Schwanz wedelte. Sie hatte den Hund hier noch nie gesehen. Wem er wohl gehörte? Doch darüber konnte sie jetzt nicht nachdenken. Ihre Erfindung war in der entscheidenden Testphase. »Lauf nach Hause«, sagte sie und zeigte auf die Straße. Dann verschwand sie wieder im Schuppen.
Wilhelmine legte etwas Popcorn in den Wurfbehälter und spannte die Schnur nach. »Tatarata!«, verkündete sie stolz und löste die Halterung … doch nichts passierte. Sorgfältig verglich sie den selbst gezeichneten Plan mit dem Prototyp (so nannte man das erste Modell einer Erfindung). Lag der Fehler an der Sicherung? Vorsichtig bog sie die Öse etwas weiter auf.
Da schrillte und blinkte die Alarmanlage erneut los. Wilhelmine stöhnte genervt und öffnete die Tür. Draußen saß wieder der Dackel. Diesmal fiepte er und pfötelte.
»Ich kann nicht mit dir spielen«, erklärte Wilhelmine ungeduldig. »Ich hab zu tun.« Als hätte er verstanden, legte er sich brav neben die Tür. Wilhelmine zuckte mit den Schultern und schlüpfte zurück in den Schuppen.
Sie bearbeitete gerade die Achse mit Schleifpapier, als die Alarmanlage zum dritten Mal losging. Wilhelmine stürmte aus der Tür. »Geh nach Hause!«, befahl sie. Doch vor ihr stand nicht der Dackel, sondern Merle.
Merle grinste nur, sie kannte ihre Freundin. Wenn Wilhelmine am Erfinden war, tauchte sie völlig in ihre Welt ab. »Bist du fertig?«, fragte Merle. »Können wir gehen?«
»Wohin?«, fragte Wilhelmine verwirrt.
»In die Schule«, lachte Merle. »Es ist halb acht.«
»Klar, Schule.« Wilhelmine schlug sich vor die Stirn.
»Bin gleich so weit!« Sie griff nach ihrer Schultasche und schloss die Schuppentür ab. »Tut mir leid. Ich dachte, es wäre wieder dieser Hund«, entschuldigte sie sich.
»Ein Hund?«, fragte Merle aufgeregt. »Hat er mit dir geredet?« Gespannt sah sie Wilhelmine an.
»Vergiss es!«, widersprach Wilhelmine und schüttelte entschlossen den Kopf. »Das hat nichts mit einer bevorstehenden Verwandlung zu tun.« Eine Verwandlung konnte sie im Moment überhaupt nicht brauchen. Ihre Erfindung stand kurz vor dem Abschluss. Da konnte sie sich nicht mit Flugübungen, Fellpflege oder Tauchunterricht rumschlagen.
»Also bei mir war es so«, erzählte Merle mit leuchtenden Augen. »Zuerst kam diese Eule und ein paar Tage später hatte ich meine erste Verwandlung.« Es wäre wirklich schön, wenn Wilhelmine nach ihr, Finn und Einstein die Nächste wäre. Dann wären sie schon zu viert.
»Das ist doch nicht bei jedem gleich«, brummte Wilhelmine und hoffte es dringend. »Außerdem hat er kein Wort gesagt.«
Merle ließ nicht locker. »Und wo ist er jetzt?«
Wilhelmine zeigte neben die Tür, doch der Dackel war verschwunden. Er hatte scheinbar Hunger bekommen und war nach Hause gelaufen.
Etwa zur gleichen Zeit löffelte Einstein sein Müsli. Er frühstückte meistens allein, weil sein Vater schon früh zur Arbeit ging. Im Hotel Fortuna gab es immer viel zu tun. Gedankenverloren kaute Einstein auf einer Rosine herum. Der fiese Traum von heute Nacht ging ihm nicht aus dem Kopf: Herr Schinabeck hatte ihm im Mathetest nur einen Punkt gegeben und sein Vater war ausgeflippt. Einstein war schweißgebadet aufgewacht, es hatte sich so echt angefühlt. Zum Glück war es nur ein Traum gewesen.
Stimmt schon, er war kein Schnellchecker, wenn es um Mathe ging. Während er noch die Aufgabe durchlas, wussten alle anderen in seiner Klasse längst das Ergebnis. Genauso wenn er den Wasserkreislauf erklären sollte oder die Uhrzeiten ins Englische übersetzen musste – er brauchte für alles ewig.
Einstein ging in die 4B der Bärenfeldschule. Bisher hätte er auf Schule gern verzichten können. Doch seit Herr Olsson die neue AG Sport für besondere Talente unterrichtete, war das anders. Bei ihm gab es immer was, das Einstein gut machte und wofür er Lob bekam. Da machten sogar Hausaufgaben Spaß.
Einstein grinste, denn die AG in der 7. Stunde war bloß Tarnung. Nur er, Merle, Finn, Wilhelmine und ein paar andere Kinder aus der 4A und der 4B waren eingeweiht. Was sie in Wirklichkeit bei Herrn Olsson lernten, musste absolut geheim bleiben. Es gab sogar einen Schwur, einen ziemlich komplizierten, aber Einstein hatte ihn sich gemerkt:
Wir Tierwandler schwör’n
mit Flügeln, Flossen, Pfoten:
Das Geheimnis zu verraten ist verboten.
Wir wollen es für immer bewahren,
kein andrer soll davon erfahren.
Die Neuigkeit hatte alle umgehauen: Sie waren Tierwandler! Sie konnten sich tatsächlich in Tiere verwandeln! Das war nicht leicht, doch mit Herrn Olsson lernten sie alles, was sie brauchten: Verwandlung, Tierkunde, Fährtenlesen, Gefahrentraining, Verteidigung, Tarnung und Nahrungssuche.
Merle und Finn waren die Ersten, die es geschafft hatten, sich in ihre Tiergestalt zu verwandeln. Merle war eine Eulenwandlerin und Finn ein Wieselwandler. Vor ein paar Tagen hatte es dann bei Einstein geklappt. Mehr aus Versehen. Er hatte Karottenkuchen genascht und plötzlich war es passiert.
Natürlich hoffte jeder aus Herrn Olssons Klasse, der Nächste zu sein. Und alle waren gespannt, welches Tier sie wohl waren. Schon witzig, dachte Einstein, dass er ausgerechnet ein blitzschneller Feldhase war. Er hätte schwören können, dass er ein Faultier oder eine Schnecke wäre.
Die Bärenfeldschule lag noch ruhig in der Morgensonne. Die ersten Schülerinnen und Schüler würden in ein paar Minuten kommen. Auf der Eingangstreppe döste im Schatten der großen Kastanie die Schulkatze Tiffy. Ein prächtiges weiß-grau-getigertes Tier mit langem seidigem Haar. Ab und zu öffnete Tiffy eins ihrer blauen Augen und ließ den Blick über das Schulgelände schweifen: von der Turnhalle auf der einen Seite weiter zum Geräteschuppen, über den Schulhof, am Fahrradständer vorbei, bis zum Zaun des Nachbargrundstücks auf der anderen Seite. Ihr entging nichts, was auf dem Schulgelände passierte. Schließlich war sie die Direktorin. Doch nur wenige wussten, dass Tiffy und Direktorin Bockelmann ein und dieselbe waren – denn auch sie war eine Tierwandlerin.
Im Nachbargarten beobachtete das Ehepaar Knorz entzückt ihre Lieblinge: etwa zwanzig wuschelige Kaninchen, die munter herumhoppelten und Grünzeug mümmelten. »Himmlisch, diese Ruhe, bevor die Kinder kommen«, sagte Frau Knorz. »Verdammte Schule«, sagte ihr Mann. Die beiden liebten ihre Kaninchen über alles, doch Kinder konnten sie nicht ausstehen. Vor allem den Pausenlärm fanden sie grässlich.
Paul Ploschke, der Hausmeister der Bärenfeldschule, liebte seinen Beruf. Wann immer er gebraucht wurde, war er zur Stelle. So wie jetzt. Er schlich über die Wiese hinter der Schule, kroch auf allen vieren am Schulteich vorbei und robbte bis zum Waldrand, wo der alte Bauwagen stand. Er war bereit, den Feind auszuspionieren und zu überführen. Denn er war sich sicher: Irgendwas stimmte nicht mit dem neuen Lehrer und seinem geheimnisvollen Unterricht in der 7. Stunde. Er würde es herausfinden oder er wollte nicht mehr Paul Ploschke heißen.
Zwei Straßen weiter machte sich Finn auf den Weg. Mit einem geschmeidigen Sprung setzte er über das schiefe Gartentor mit der Nummer 22. Er landete sicher auf allen vier Pfoten und hielt sein braun-weißes Schnäuzchen in die Luft. Dann flitzte er die Hechtseestraße hinunter. Seit er seine Verwandlung so gut hinbekam, nahm er nur noch selten das klapprige Fahrrad. Er lief den kurzen Weg zur Schule in seiner Tiergestalt. Den Schulranzen ließ er, wann immer es ging, einfach im Klassenzimmer.
Als er den Rathausplatz erreichte, standen dort schon die ersten Touristen und fotografierten staunend das mittelalterliche Gebäude. Ein Wiesel fiel niemandem auf, er musste nur auf seine Tarnung achten. Finn umrundete den Brunnen und schlängelte sich geschickt an den Füßen der Leute vorbei. Aus einem Rucksack wehte ihm der Geruch von Würstchen in die Nase. Er war nur kurz abgelenkt, doch dadurch bemerkte er das kleine Mädchen fast zu spät. »Miau streicheln!«, rief es begeistert und rannte auf ihn zu.
Mist. Anders als Erwachsene kümmerten sich Kinder darum, was auf dem Boden geschah. Finn sprintete los und versteckte sich hinter einem Mülleimer.
»Eine riesige Ratte!«, schrie eine Frau und schwang wild ihre Tasche.
Selber Ratte, dachte Finn empört. Die Frau hatte wohl noch nie ein Wiesel gesehen! Er lugte um die Ecke, ob sie ihn verfolgte. Aber im nächsten Moment dröhnte ein lautes Knattern die Straße herauf.
Die Touristen reckten die Hälse, als das alte Motorrad mit dem Beiwagen vorbeifuhr. Finn wagte sich aus seinem Versteck und nickte dem Fahrer zu. Er wusste, wer unter dem Helm und dem langen schwarzen Mantel steckte: sein Lehrer Tove Olsson. Genauer gesagt, sein Tierwandler-Lehrer, was absolut geheim bleiben musste. Der kleine Passagier im Beiwagen wirkte auf den ersten Blick wie ein Kind. Aber unter der Lederhaube steckte das coolste Zwergschwein, das man sich vorstellen konnte: Melusine. Sie war Herrn Olssons Assistentin, obwohl sie viel lieber irgendwas anstellte, statt im Unterricht zu helfen.
Finn grinste. Vermutlich hatten die beiden das Wochenende in der Wildnis verbracht und waren auf dem Weg zur Bärenfeldschule. Tove Olsson und Melusine wohnten direkt auf dem Schulgelände. Ganz hinten am Waldrand in dem alten hellblau gestrichenen Bauwagen mit den rosa Fensterläden und dem mintgrünen Briefkasten.
Genau an diesen Bauwagen presste Hausmeister Ploschke gerade sein Ohr und lauschte. Es war alles ruhig, auch das Schwein schien nicht zu Hause zu sein. Er hatte vorher extra überprüft, ob das Motorrad des Lehrers da war. Herr Olsson parkte es immer neben dem Geräteschuppen. Es war fort, also war auch er fort. Logisch.
Hausmeister Ploschke drückte die Nase an die Scheibe und spähte ins Innere des Bauwagens. Er hatte Mühe, etwas zu erkennen. Die Fenster könnten ruhig mal wieder geputzt werden, fand er. Da waren eine Hängematte, ein Stuhl und ein paar Fotos an den Wänden. Er schlich zum nächsten Fenster und sah einen kleinen Herd, eine Kommode und ein Waschbecken. Irgendwo musste doch etwas Verdächtiges …
»Herr Ploschke, so früh schon bei der Arbeit!«, schreckte ihn eine Stimme hoch. »Hatten Sie ein schönes Wochenende?«