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Auf der Suche nach einem Schatz, der auf einem gesunkenen Schiff der Armada vor einer schottischen Insel sein soll, trifft Charles Darnaway auf eine unheimliche Person, deren Sprache er nicht versteht.
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Seitenzahl: 96
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Die tollen Männer
Robert Louis Stevenson
Inhalt:
Robert Louis Stevenson – Biografie und Bibliografie
Die tollen Männer
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Die tollen Männer, R. L. Stevenson
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849624736
www.jazzybee-verlag.de
Engl. Schriftsteller, geb. 13. Nov. 1850 in Edinburg, gest. 8. Dez. 1894 in Apia (Samoa), ward Advokat, widmete sich aber schließlich erfolgreich der Schriftstellerei. Aus Gesundheitsrücksichten unternahm er wiederholte Reisen in Europa und Amerika, bis er sich endlich auf Samoa ansiedelte. Er schrieb: "An inland voyage" (1878), "Edinburgh picturesque notes" (1879), "Travels with a donkey through the Cevennes" (1879), "Virginibus puerisque" (1881), "Studies of men and books" (1882), "New Arabian nights" (1882, 2 Bde.) und "The Treasure Island" (1883), sein an Defoe erinnerndes Meisterwerk, dem noch eine Reihe ähnlicher Abenteuergeschichten folgte, wie "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1886), "Master of Ballantrae"; pseudohistorisch wird er mit "Prince Otto", historischen Hintergrund gewinnt er sich mit "David Balfour" und "St. Ives". Auch veröffentlichte S. einige Bände Gedichte ("A child's garden", 1885; "Underwoods", 1887; "Ballads", 1891) und "Memories and portraits" (2. Aufl. 1888, darunter von besonderm Interesse "A Gossip on Romance") sowie das zeitgeschichtliche Werk: "Footnotes to history, eight years of trouble in Samoa" (1892). S. ist wohl der bedeutendste der Jung-Romantiker mit seiner naiven Freude am Fabulieren. Seine Erzählungstechnik sucht sich als einfache Vorbilder Smollet und Defoe. Als Stilist wirkt er in seiner Einfachheit großartig. Gesammelt gab seine Werke E. Gosse heraus (1906, 20 Bde.). Vgl. A. Brown, Rob. L. S., a study (Lond. 1895); "Robert Louis S.; letters to his family and friends" (hrsg. von Colvin, das. 1899, 2 Bde.); Baildon, Robert Louis S., a life study in criticism (das. 1901); Balfour, Life of R. L. S. (das. 1891, 2 Bde.); Japp, R. L. S., record, estimate, and memorial (das. 1905); Prideaux, Bibliography of the works of R. L. S. (das. 1903).
Es war ein schöner Morgen Ende Juli, als ich zu Fuß die letzte Strecke Weges nach Aros antrat. Ein Boot hatte mich nachts zuvor in Grisapol abgesetzt; ich hatte mit dem mageren Frühstück des kleinen Gasthofes vorlieb genommen, hatte Sack und Pack zurückgelassen, um es gelegentlich auf dem Seewege abzuholen, und trat nun fröhlichen Herzens den Marsch, quer über die Landzunge an.
Heimisch war ich, der Nachkomme eines reinen Niederlandgeschlechtes, hierzulande nicht. Aber ein Onkel von mir, Gordon Darnaway, hatte nach einer ärmlichen harten Jugend und einigen Jahren zur See sich hier auf den Inseln ein junges Weib genommen; Mary Maclean war ihr Name, die letzte ihres Hauses; und als sie bei der Geburt einer Tochter starb, war Aros, der meerumspülte Hof, in seinen Besitz übergegangen. Mehr als den nackten Lebensunterhalt bot ihm dieser nicht, wie ich wohl wußte. Er war ein Mann, den das Mißgeschick verfolgte; mit dem kleinen Kinde belastet, scheute er sich, von neuem den Kampf mit dem Leben aufzunehmen, und blieb in Aros zurück, ruhelos und dem Schicksal grollend. Jahre der Einsamkeit waren über ihn hinweggegangen, ohne ihm Hilfe oder Zufriedenheit zu bringen. Inzwischen starb unsere Familie im Niederlande langsam aus. Keinem jenes Geschlechtes war sonderlich viel Glück beschieden; mein Vater war vielleicht der Glücklichste von allen: er überlebte nicht nur die meisten, sondern hinterließ auch einen Sohn als Erben seines Namens und ein wenig Geld, um ihn zu stützen. Ich war Student an der Edinburger Universität und lebte leidlich auf eigene Kosten, wenn auch ohne Sippe und Freundschaft, als Kunde von meinem Dasein sich zu meinem Onkel Gordon auf der Roß von Grisapol verlor; und er, für den Blut dicker als Wasser war, schrieb mir noch am selben Tage, als er von mir erfuhr, und lehrte mich, Aros als meine Heimat zu betrachten. So kam es, daß ich meine Ferien in jenen Gegenden, weitab von menschlicher Gesellschaft und Behagen, unter den Klippfischen und dem Moorgeflügel, verlebte; und darum kehrte ich an jenem Julitage, nach beendetem Studium, so leichten Herzens dorthin zurück.
Die Roß, wie wir sie nennen, ist eine Landzunge, weder breit noch hochgelegen, aber so wild, wie Gott sie nur je geschaffen hat, rechts und links von weitem Meer umgeben, in dem wüste Inseln und Riffe den Seemann bedrohen; das Ganze im Osten überragt von einigen sehr hohen Klippen und dem mächtigen Gipfel des Ben Kyaw. "Nebelberg" sollen die Worte auf Gälisch bedeuten, und er trägt seinen Namen mit Recht. Denn jener Bergrücken, der über dreitausend Fuß hoch liegt, fängt alle vom Meere hergetriebenen Wolken auf; ja, häufig schien es mir, als ob er sie selber erzeuge, da Ben Kyaw auch dann noch einen Schleier trug, wenn der ganze Himmel bis zum Meeresspiegel rein und klar war. Auch Wasser spendete der Berg, der infolgedessen bis zu seinem Scheitelpunkt versumpft war. Ich habe es erlebt, daß wir auf der Roß im hellsten Sonnenscheine saßen, während der Regen wie schwarzer Krepp sich auf den Berg niedersenkte. Aber diese Feuchtigkeit ließ ihn mir mitunter nur noch schöner erscheinen; denn wenn die Sonnenstrahlen auf seine Lehne fielen, funkelten die vielen Felsen und Wasserlaufe bis nach dem fünfzehn Meilen entlegenen Aros hin wie Edelsteine.
Der Weg, dem ich folgte, war ein Hirtenpfad. Er barg so viele Krümmungen, daß die Länge meiner Reise sich fast verdoppelte; er führte über rauhes Gestein, das man nur sprungweise überqueren konnte, und über weiche Niederungen, in denen man fast bis zum Knie im Moor versank. Nirgends war eine Spur von Anbau; in den ganzen zehn Meilen von Grisapol bis Aros fand sich kein einziges Haus. Natürlich waren Häuser vorhanden, – zum mindesten deren drei; aber sie lagen rechts und links so weit ab vom Wege, daß kein Fremder sie von dort hätte aufspüren können. Die Roß ist zum großen Teil von Granitblocken bedeckt, von denen einzelne ein zweiräumiges Haus an Größe übertreffen, und die einer neben dem andern ruhen. Farne und dichtes Heidekraut wachsen in den Spalten und dienen den Vipern als Brutstätte. Woher immer der Wind blies, brachte er Seeluft mit sich, salzig wie auf einem Schiff; die Möven waren so zahlreich wie das Moorgeflügel auf der Roß; und überall, wo der Weg ein wenig stieg, blitzte der leuchtende Meeresspiegel zündend auf. Mitten im Landinnern habe ich bei Hochflut an windigen Tagen das Tosen der Brandung, die gegen Aros anläuft, vernommen, laut wie Schlachtgebrüll, und die mächtigen, furchtbaren Stimmen der Wirbel, die wir die ›Tollen Männer‹ nennen.
Aros selbst – Aros Jay habe ich die Einheimischen es nennen hören, und sie sagen, es bedeute "das Haus Gottes" – ist nicht eigentlich ein Teil der Roß und auch keine Insel. Es bildet die südwestliche Ecke des Festlandes, schmiegt sich ihm eng an und ist nur an einer Stelle durch ein kleines Watt, das an seinem schmalsten Übergang keine vierzig Fuß mißt, von der Küste getrennt. Bei Hochflut war es hier klar und still wie in einem Teiche oder Binnenfluß; nur die Pflanzen und Fische waren andere und das Wasser selbst grün statt braun; bei Ebbe jedoch, wenn der Tiefstand erreicht war, konnte man an ein, zwei Tagen im Monat trockenen Fußes von Aros nach dem Festland gehen. Es gab stellenweise gute Weide, wo mein Onkel die Schafe, die ihm zur Nahrung dienten, grasen ließ; vielleicht war das Gras hier besser, weil die kleine Insel höher gelegen war als die Landzunge; ich bin jedoch allzu unwissend, um hierüber zu entscheiden. Das Haus war für die dortigen Verhältnisse gut und hatte zwei Stockwerke. Es blickte mit der Front nach Westen, über die Bucht hinaus; hart in der Nähe befand sich ein Landungssteg für die Boote, und von der Tür aus konnte man die Nebel auf Ben Kyaw brauen sehen.
Überall an der dortigen Küste, besonders aber bei Aros, wandern die großen Granitblöcke, von denen ich gesprochen habe, scharenweise, wie Viehherden an einem Sommertage, ins Meer hinaus. Dort stehen sie und gleichen nichts in der Welt so sehr wie ihren Nachbarn auf dem Lande; nur trennt sie statt der stillen Erde die schluchzende salzige Flut, und statt des Heidekrautes umblühen sie Büschel von Seenelken; an ihrem Sockel aber windet sich statt der giftigen Sandviper der große Seeaal. – An windarmen Tagen kann man stundenlang im Boot zwischen ihnen hin- und herirren, und das Echo folgt einem durch das ganze Labyrinth; bei Flut jedoch stehe der Himmel dem Menschen bei, der jenen Kessel brodeln hört.
An der Südwestspitze von Aros sind diese Blöcke überaus zahlreich und von weit größerem Umfang. Ja, weiter draußen im Meer müssen sie eine gewaltige Wucht erreichen, ist doch die offene See an die zehn Meilen im Umkreis mit ihnen so dicht besät wie ein ländlicher Ort mit Häusern. Einige ragen dreißig Fuß über das Meer empor; andere wieder sind unsichtbar, aber alle sind den Schiffen gefährlich, und an klaren Tagen, wenn der Wind von Westen blies, habe ich, von Aros aus, die großen, schweren weißen Sturzwellen an vierundsechzig solchen begrabenen Riffen branden sehen. Aber in der Nähe der Küste ist die Gefahr am größten, denn hier, am Ende der Landzunge, bildet die wie ein Mühlstrudel rasende Flut einen weiten brodelnden Wassergürtel, – die Roost genannt. Oft bin ich bei totenstiller Ebbe hier draußen gewesen, – und seltsam wahrlich ist der Ort. Die See wirbelt und schäumt und kocht wie ein Hexenkessel mit einem hin und wieder schwatzenden, hüpfenden Geräusch, als spräche die Roost mit sich selber, Wenn aber die Flut wieder zu steigen beginnt, vor allem bei schwerer See, gibt es niemanden, der sich dem Ort auf eine halbe Meile im Boot nahen dürfte, und kein Schiff, das hier steuern und flott bleiben könnte. Man kann das Getöse noch auf sechs Meilen Entfernung hören. Nach der Seeseite zu ist der stärkste Wirbel; hier ist auch die Stelle, wo die mächtigen Sturzwellen, die wir hierzulande die ›Tollen Männer‹ nennen, zusammen ihren Tanz aufführen – einen Totentanz. Es heißt, daß sie mitunter fünfzig Fuß hoch steigen; damit muß aber nur das grüne Wasser gemeint sein, denn die Gischt steigt doppelt so hoch. Ob sie ihren Namen ihren Bewegungen, die rasch und wild und possenhaft sind, oder ihrem Toben verdanken, das bei Flutwechsel ganz Aros erdröhnen läßt, ist mehr, als ich zu sagen vermag.
In Wahrheit ist jener Teil des Inselmeeres bei südwestlichem Wind nicht mehr und nicht weniger als eine Falle. Fände ein Schiff durch die Riffe seinen Weg und hätte es die ›Tollen Männer‹ glücklich überwunden, so müßte es an der Südküste von Aros, in der Bucht von Sandag, wo die vielen traurigen Ereignisse, von denen ich berichten will, unserer Familie zustießen, stranden. Der Gedanke an all diese Gefahren an einem mir seit so langer Zeit vertrauten Orte, heißt mich die jetzt eingeleiteten Arbeiten zur Errichtung von Leuchtstationen an den Küstenvorsprüngen und Bojen längs den Engen unserer eisenumgürteten und ungastlichen Inseln besonders begrüßen.
Das Landvolk kannte manche Märe über Aros, wie ich von meines Onkels Knecht Rorie, einem alten Diener der Macleans, der bei der Heirat ohne weiteres seine Dienste auf ihn übertrug, wußte. Es ging die Sage von einem unglücklichen Seegespenst, das sein