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Preis der Leipziger Buchmesse 2016 in der Kategorie ÜbersetzungWas für Irland Joyces ULYSSES, ist für Serbien DIE TUTOREN: ein avantgardistisches, fast unübersetzbares Meisterwerk voller Wortspiele und Stilbrüche, ein experimentelles Labor der Sprache - aber dabei hochkomisch!Im Mittelpunkt steht eine in Slawonien angesiedelte Familienchronik, die auf vielfältige Weise erzählt wird: anhand einer Rauferei in einer Kneipe, in Form eines Lexikons oder als Beratungsgespräch in einer Buchhandlung. Dabei hat der Erzähler als leidenschaftlicher Sammler kurioser Phänomene ein besonderes Augenmerk für Alltagsdinge.Bora Cosic, der während der Entstehung der TUTOREN mit Veröffentlichungsverbot belegt war, bietet alles auf, womit sich nationalistische Mythen und Ideologien jeglicher Couleur lächerlich machen lassen: Ausgehend von einem rebellischen orthodoxen Priester des 19. Jahrhunderts über tatkräftige unternehmerische Frauen bis hin zu einem namenlosen Autor spannt er einen Bogen über 150 Jahre europäischer Geschichte.
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Seitenzahl: 1236
Veröffentlichungsjahr: 2015
Inhalt
[Cover]
Titel
THEODOR, 1828
KATHARINA, 1871
WAS WIR TUN SOLLEN (1)
HUND
PLAGEN
VERWANDTSCHAFT
KRANKHEIT
STOLZ UND GLÜCK
NACHBAR
SCHULE
LEHRER
SORGEN
MAUS
WIDER DIE PLAGEN
DIE WELT IST BÖSE
VORNEHME UND UNERSÄTTLICHE
UNERSPRIESSLICHE PFLICHTEN
ALLE SIND GLEICH
KLUGE BEISPIELE
GÖTTLICHE ENTSPRECHUNG
LANDSCHAFT
VORKOMMNISSE
UNSERE HANDWERKER
GESELLSCHAFT
SOLDAT
REISEREI
GRENZER
DRUCKER
VERSCHIEDENE NÜTZLICHE PERSONEN
ALTER
WER IST UNVERNÜNFTIG
BESUCH
STATTLICHE UND UNGESCHICKTE
VERDAMMTER SÄUFER
IM HAUSE
ACHTE AUF DEINE KLEIDUNG
LADEN
BERUF
GELEHRTE GESELLSCHAFT
SONNTAGE UND WERKTAGE
WAS WIR TUN SOLLEN (2)
SPINNE
NARREN
DIEB
RICHTER
GOTT UND DIE LEUT
AUFSTAND
GEMEINDEBEAMTENTUM
STREITLUST
ÜBERFALL
GERECHTE UND SÜNDER
LEBEN NACH WAHL
GEFÜHLE
SCHÖN ANZUSEHEN
DIE SORGEN DER ALTVORDEREN
MITAR SCHREIBT AUS DER FREMDE
WAS WÄRE, WENN
WAS MAN IM FELDE SEHEN KANN
WER SICH WOBEI BLÖD ANSTELLT
WER STEHT AUF WELCHER STUFE
BÖSE OMEN
BILD
AUF DER STRASSE
DIE UNGLÜCKLICHEN
KAISERLICHE ARBEITEN
IM FELDE
STREITFRAGEN
KAISERLICHE AUSREDEN
FIBEL
LAURA, 1902
LAZAR, 1938
VUJO DINGARACS LIED, WIE MAN EIN LIED UND ALSO ÜBER SICH SELBST SCHREIBT
GUTEN MORGEN
VIEL ZU VIEL ARBEIT
ZAUBER DER GROSSSTADT
ABSCHIEDSBRIEF AN DEN GATTEN FÜR DEN FALL, DASS SIE BEIM PUTZEN DER OBERLICHTER SCHEITERT
OPFER DER GROSSSTADT
VORFALL IN DER EISENWARENHANDLUNG
WER WAS ERFUNDEN HAT
WIE MAN VERTRETER ABWIMMELT
JUDENNASEN
IHRE GEDANKEN ZU EINIGEN BERÜHMTEN MENSCHEN
IHRE WAHRE ERSCHEINUNG
DIE TÜCKEN DER GROSSSTADT
JEDEN TAG UNGEMACH
JUNGE, JUNGE
STRUWWELPETER
DIE ÄRMSTE IST TOT
LIED VON DER VERMALEDEITEN GELDVERMEHRUNG NAMENS INFLATION
KRIEG DEN BLUTSAUGERN
WER SINGT, DENKT NICHTS BÖSES
SÜSSMÄULCHEN
IHR KALENDER
IHR BRUDER UND DESSEN SCHWAGER
DAS LEBEN IST TROTZ ALLEM SCHÖN
WAS EIN HANDLUNGSGEHILFE BEIM NASEPOPELN DENKT
WER IST WO
DER APPETIT, VERDORBEN
UNSERE FÜHRER
VOM LEBEN IN AMERIKA
CHARLES CHAPLIN
PAPAS GEWOHNHEIT
HERRENARTIKEL
DAS LIED VOM TREBEGÄNGER
IHRE SORGE UM DIE MUTTER
DURCHPAUSBILDCHEN
VOM BANKROTT EINER GEMISCHTWARENHANDLUNG
MISSGESCHICK IM BADEZIMMER
KINO MUSS SEIN
DAS LEBEN, IN EINER GEWISSEN ORDNUNG
DER AUTOR, 1977
NACHWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE
Autorenporträt
Übersetzerporträt
Über das Buch
Impressum
DIE TUTOREN
THEODOR, 1828
WORT: jenes, was dem Munde entweicht, so mir scheint, ich müsste mich erbrechen oder echauffieren. Buchstabenstapel zu einem Gegenstande, welchen der eine versteht, der andre nicht.
IN: drinnen, Gegenteil von draußen. Draußen kann man den Wind mit dem Mantel fangen, drinnen predigen.
KIRCHE: wo ich diene wie all meine Vorfahren, der eine besser, der andre schlechter, auch gegenüber dem Volke, so uns befohlen. Die erste, welche Adam 1604, in seinem Todesjahre, hinterließ, brannte unter Simeon 1635, 1678 und 1681. Akim errichtete 1693 eine gänzlich neue, welche 1771 zu Lebzeiten meines Großvaters Kliment neuerlich zerstöret und von ihm, so gut er vermochte, wieder aufgebaut wurde, Vater Avram trug ebenfalls etwas bei, und wie sie heute ist, sieht man selbst.
ICH: was niemand und nirgend anders sein kann als der, der ich bin, Theodor Uskoković, Pope, verheiratet mit Ana Vuković, mit meinen dreißig Jahren kinderlos, Sohn des sel. Avram, welcher von Kliment abstammt, welcher von Sava abstammt, welcher von Akim abstammt, welcher von Simeon abstammt, welcher von Josif abstammt, welcher wiederum von Adam abstammt, und der kam um 1600 nach Grunt, legte einen Weinberg an, rodete den Wald und versah seinen Dienst wie wir alle. Es gibt was, so nur ich wissen und mir selbst sagen kann. Etwas drinnen, was nicht raus darf. Bis hierher und nicht weiter.
POPE: bin ich wie alle meine Vorfahren, damit ich dem Volke etwas sage; ob einer drauf hört oder nicht, liegt nicht bei mir. Popen dürfen unter der Fremdherrschaft mehr als andre, solange sie die Kirche stehen lassen und nicht töten, aber sie sind gebunden. Sieben Vorväter zurück, vielleicht noch weiter, bloß schrieb damals vor 1600 in Serbien keiner auf, woher einer kam, vielleicht aus Spring, i.e. Uskok; oder unsere Ahnen sind Springer, i.e. Uskoken, oder weil wir aus Serbien hierher gesprungen sind. Mancher P. pflügt, so es sein muss, ich beaufsichtige die Arbeiten nur und erteile Anweisungen und führe Buch und schreibe auf, so viel ich vermag. Manchmal hört sogar einer auf mich. Ein Pope muss kein Eunuch sein, sondern darf was essen und trinken und ein Liedchen trällern, er ist weder Büste noch Bild. Offizier und Gemeindediener und Lehrer müssen auf die hören, ich bloß auf unsre.
SINGSANG: ertönt, so ich intoniere. Wenn du deine Stimme zu andrem gebrauchst als zum Reden. Jenes Etwas, welches sich einschwingt, und manch ein Vokal wird gehalten, einem oder etwas zum Ruhme. Wie in der Kirche, so in fröhlicher Runde.
AUF: wenn etwas auf etwas ist, aber dort nicht bleiben muss.
LIPPEN: jenes am Kopfe, wozwischen du das Essen stopfst, mit welchem du trinkst und küssest, doch am wichtigsten, damit du da heraus sagen kannst, was es gibt.
ZUNGE: womit. Und auch insgesamt alle Worte von einer Art, unsere, türkische oder deutsche, und sonstige Haufen, nach denen ein Volk ist, was es ist.
SOVIEL: Maß fürs Haben.
KEHLE: wenn du gähnst, ist es da tief.
GETRAGEN: wird, was hier ist und woanders hingeht, auf den Armen oder einem Karren oder durch die Luft.
RING: ein Stück Gold, gebogen, am Finger, weil du mit Ana verheiratet bist, aus vielerlei Gründen. Später bei der Frau auch das andre gesehen, aber geschwiegen.
BART: die Haare eines Mannes im Gesicht, nun, wer Pope ist, darf sie auf keinen Fall abschneiden; das ist auch schmucker. Scheren bloß zur Strafe, während andre es tun, wann immer es ihnen in den Kopf fährt.
MESSGEWAND: was an mir ist, so man sieht, was ich bin, dass ich kein Banquier oder Oberster bin. Kleidungsstück wie jedes andre, nur geweiht und so ergänzt, wie es sich gehöret.
ZEICHEN: dass etwas so ist, wie es ist, sei es zu sehen, sei es geschrieben.
SEIN: also nicht Nichtsein.
PAROCHIALKIRCHE: wo du vor deiner Gemeinde stehst und das Alte oder Neue Testament vorträgst und dich, so gut du kannst, kümmerst, und nach dir dein Sohn, so du einen haben wirst, oder ein andrer.
PFARRE: wo die Stimme eines Popen gilt.
HAUPTKIRCHE: dasselbe, mit einem Gemeindepfarrer oder Pastor oder anderen von Bedeutung, Herr über alle Kirchen. Unsere ist rund zweieinhalb Jahrhunderte alt.
GRUNT: Name von dem Orte, wo ich bin und vor mir die Meinen waren, Adam, Josif, Simeon, Akim, Sava, Kliment und Avram, alle arbeitend ein und dasselbe, in Kirche, Haus und Weinberg. Wer G. gründete, weiß ich nicht, aber wir haben ihn nicht beschämt und werden es nicht tun.
GESICHT: das, womit ich sehe, so ich es sehen will oder nicht.
OHR: das, was man spitzt, um zu hören, deswegen heißet man, wer ewig andre belauscht, trotzdem es sich nicht gehört, einen Spitzel.
HAND: womit du tätig bist, arbeitest, drohst, schlägst, betest und liebkost und welche weder Tiere noch Vögel noch Fische haben.
WEIL: das, weswegen was ist.
MENSCH: geschaffen, damit jeder von eigner Art sei und keinem andren ähnele, außer dem Leibe nach, denn ansonsten wäre er ein Affe oder ein Nichts.
VERWALTER: der, welcher führt oder wenigstens anleitet, wie sie es selbst tun könnten, so ihnen der Sinn danach stünde.
IN: irgendwo, in der Weite.
GEMEINDE: der wir unterstehen, obwohl ich hier mein eigener Herr, Kopf und Regent bin. Viele solche bilden ein Kaiserreich, und aus denen besteht die Welt.
STAAT: die Länder, die von einem Kaiser regiert werden, das Land und die Menschen darin, und wozu man auch Vieh und Geflügel und was im Wasser ist zählet.
VON: ab wo man rechnet, im Lande oder durch die Zeit.
ANBEGINN: vor dem nichts war. Nach ihm ist alles, und einzig das ist A. Sie durchlitten so einiges von A. bis Ende. Einer kann nicht anfangen, sondern gesellt sich später dazu, der eine oder andere kann sofort alles. Der beginnt. So einer kommt, legt das Fundament oder bläut den andern ein, was getan werden muss, oder solche bringen die Leute wohin, wenn keiner weiß wohin. Und die, die anfangen, die werden manchmal auch getötet.
GRÜNDUNG: jenes, seit wann etwas ist. Fundament, auf welchem alles ruhet. Wenn nichts war und du befiehlst, es solle sein, dann hast du, was du befohlen, gegründet.
MENSCHENGEDENKEN: rechnet man von damals bis heute. Was die Klügsten und die mit dem besten Gedächtnis gesagt, was seither sei.
WENN: im Falle, dass etwas von etwas abhängt, also mithilfe dessen etwas ist, und ohne diese Hilfe wäre es nicht.
ERINNERN: tu ich mich an jenes, was vor Langem war, entweder wie einer geheißen hat, oder an eine Zahl oder ein Bild oder einen Vorfall oder einen Duft oder ein Geräusch, und es ist mir, als wäre es heute, während andre nichts wiederholen können, wie ein Maultier.
SAVO VUKOVIĆ: ich seh ihn noch, wie er, obwohl fast gänzlich erblindet, am Tag des Hl. Sava bei der allgemeinen Schulversammlung zwanzigtausend Forint spendete, und wir Schüler vermerkten es stumm.
MEINIGE: welche mir nicht fremd sind, nun, entweder sind sie bei mir oder ich stamme von ihnen ab.
VATER: der sel. Avram, welcher mich zusammen mit Mutter in die Welt setzte. Der gedacht hat, ich würde wie er, davon habe ich für mich übernommen, was zu nehmen wert war. Wenn ich Vater werde, mache ich es genauso; vom Vater geht eben etwas weiter und etwas bleibt nur ihm. Er gebiert nicht, treibt aber etwas durch die Mutter auf den Sohn, damit es an diesem gleich oder zumindest so ähnlich sei. Ich war in Požun, als er starb, und nach drei Wochen, kurz nachdem mich der Brief erreicht hatte, war ich an seinem Grab, danach bekam ich die Pfarre und alles, das ist sechs Jahre her.
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