Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Auf der Suche nach seinem verschollenen Bruder stoßen Phileas Fogg und seine Freunde auf eine verborgene Höhle mitten in einem Felsmassiv auf Key West. Von dort zweigt ein Tunnel ab, der unterhalb des Atlantiks verläuft. Die Abenteurer folgen den Spuren der Bauarbeiter, die vor zwanzig Jahren spurlos verschwunden sind. Tief unter dem Ozean entdecken sie eine bewohnte Stadt und kommen damit einem gut gehüteten Geheimnis auf die Spur. Doch nicht bei allen Bewohnern der vergessenen Kolonie sind die Fremden willkommen. Es kommt zu Auseinandersetzungen und Intrigen, in die Phileas Fogg und seine Begleiter involviert werden. Schon bald eskalieren die Ereignisse, in die noch mehr Personen verwickelt sind, als zunächst angenommen. Denn nicht nur die Abenteurer haben den Zugang zur Stadt Atlantica gefunden. Fogg und seine Freunde müssen erkennen, dass über ihnen allen eine tödliche Bedrohung liegt. Doch ihre Lage scheint ausweglos, und ausgerechnet in diesem Augenblick betritt Foggs größter Gegenspieler den Plan …
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 151
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
In dieser Reihe bisher erschienen:
4901 Die schwarze Perle des Verderbens
4902 Verschollen unter dem Meer
4903 Die vergessene Kolonie
4904 Die Söhne des Abgrunds
4905 Weiße Hölle – schwarzes Gold
4906 Gefahr für Eden 2
JULES VERNE – DIE NEUEN ABENTEUER DES PHILEAS FOGG
BUCH DREI
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
© 2024 Blitz Verlag
Ein Unternehmen der SilberScore Beteiligungs GmbH
Mühlsteig 10 • A-6633 Biberwier
Redaktion: Danny Winter
Titelbild & Logogestaltung: Mark Freier
Alle Rechte vorbehalten
eBook Satz: Gero Reimer
www.BLITZ-Verlag.de
ISBN
1003 vom 22.07.2024
Um sie herum befand sich nichts als schroffer Fels und die Geräusche ihrer eigenen Schritte, die von den Wänden widerhallten.
Sie waren zu fünft. Allen voran Phileas Fogg, der eine der beiden Fackeln hielt, die sie bei Aufbruch ihrer Expedition vom Eingang des Tunnels mitgenommen hatten.
Ihm folgten seine Frau Aouda und ihr gemeinsamer Freund und Diener Passepartout.
Nur wenige Schritte hinter dem Franzosen gingen Rose Mullingham und der amerikanische Detektiv Lester Rains, der zum zweiten Fackelträger auserkoren worden war.
Ihr Weg führte sie immer weiter in die Tiefe, oftmals mit einem unüberschaubaren und ungleichmäßigen Gefälle.
Phileas Fogg und seine Freunde waren auf der Suche nach Foggs verschollenem Bruder auf den Namen eines Mannes gestoßen, der insgeheim als der Herrscher über Key West bezeichnet wurde: Jethro Barnes. Ebendieser Mann war von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika beauftragt worden, einen Tunnel zu bauen, der von den Florida Keys mitten unter den Atlantischen Ozean und bis Europa führen sollte. Dieser Plan jedoch war offensichtlich fehlgeschlagen. Von den über einhundert Arbeitern, die für dieses Bauvorhaben von nie dagewesener Größe eingeteilt worden waren, fehlte seitdem jede Spur.
Das ohnehin bis zu dem Zeitpunkt geheim gehaltene Projekt wurde daraufhin als gescheitert erklärt. Fraglich blieb jedoch, wohin es die Arbeiter verschlagen hatte. Es gab Stimmen, die besagten, dass es ein großes unterirdisches Unglück gegeben habe, was von den Verantwortlichen totgeschwiegen wurde.
Dann wiederum gab es solche, die an ein Überleben der Männer glaubten. Solche wie die reiche Amerikanerin Rose Mullingham, die auf der Suche nach ihrem Mann Herman war. Sie und der von ihr beauftragte Detektiv waren auf Spuren gestoßen, die die Männer hinterlassen hatten.
Dies alles hatte sie letztlich nach Key West geführt, wo sie tatsächlich den Einstieg in das Tunnelsystem gefunden hatten.
„Es weigert sich der Verstand anzunehmen, dass über uns der mächtige Atlantik wogt“, sagte Passepartout nach einer ganzen Weile. Dabei ließ er seinen Blick misstrauisch über die Wände gleiten, die aus Millionen Jahre alten Ablagerungen bestanden, die in dieser Tiefe zum größten Teil versteinert waren.
Sie waren jetzt bereits seit einer guten Stunde zu Fuß unterwegs und waren hier bereits auf noch intakte Belüftungstunnel gestoßen.
In dem Stollen, in dem sie sich nun bewegten, waren die Spuren menschlichen Wirkens noch klar erkennbar. Hier unten hatten sich die Bohrer und die anderen Werkzeuge in den Grund gefressen.
Doch wie weit waren die Arbeiter damals wirklich gekommen? Was mochte sich hier unten, fernab jeglicher Zivilisation, abgespielt haben?
Hin und wieder stießen sie auf andere Spuren. Werkzeuge wie Hämmer und Meißel, überwiegend bereits durch die vorherrschende Feuchtigkeit vergammelt und verrostet. Einige von ihnen waren in den teilweise knöcheltiefen, eiskalten Schlamm eingesunken, der sich stellenweit über mehrere hundert Meter weit hinzog.
In deiner Mulde hatte sich das Wasser bis zu einer Höhe von etwa einem Meter gesammelt. Doch wann immer die Teilnehmer der eigentümlichen Expedition dachten, es würde nicht mehr weiter gehen, tat sich ihnen ein neuer Weg auf.
Der ursprüngliche Tunnel hatte sich jetzt bereits mehrfach unterteilt. Bei den meisten kleineren Armen handelte es sich allerdings um weitere Belüftungsschächte oder um Sackgassen. Einige Teilabschnitte waren eingestürzt, und wie durch ein Wunder war die gesamte Anlage auch nach mehreren Jahren noch nicht überflutet worden.
Es war eine unwirklich erscheinende Welt, in die sie sich immer weiter hinein bewegten.
Sie glaubten, sie waren hier unten allein.
Doch das stimmte nicht.
Die Schmerzen hatten nachgelassen. Das war die gute Nachricht.
Er setzte wieder Bein vor Bein und kam voran. Er musste die Fackel in der linken Hand halten, da sein rechter Arm noch immer verletzt war. Es war ihm gelungen, die Blutung zu stoppen. Und die Salbe, die er selbst angerührt hatte, tat ihr Übriges, um das wunde Fleisch zu heilen.
Er dachte voller inbrünstigem Hass an seine Begegnung mit dem Grafen zurück. Der Blutfürst Dracula hatte ihm die Perle des Verderbens abnehmen wollen, und beinahe wäre ihm das sogar gelungen.
Frankenstein presste die Zähne so hart aufeinander, dass sie knirschten. Irgendwie brachte er es dabei sogar noch fertig, zu grinsen.
Die Perle befand sich in der Tasche seines Kittels, und das allein zählte.
Ob der Graf die Verfolgung aufgenommen hatte? Nun, das war mehr als wahrscheinlich, nach allem, was er mit dieser Kreatur bereits durchgemacht hatte.
Sollte er nur kommen, dachte der Wissenschaftler. Er verspürte keine Angst vor einer Auseinandersetzung.
Frankenstein beschleunigte seine Schritte. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, und doch war es, als triebe ihn eine unsichtbare Kraft immer weiter vorwärts.
Er wusste, dass die anderen hier waren. Phileas Fogg und seine Begleiter. Sie waren nur wenige Minuten vor ihm in den Tunnel eingetaucht.
Fogg.
Immer wieder Fogg. Es war erstaunlich, wie oft sich ihre Wege jetzt bereits gekreuzt hatten. Frankenstein war sich sicher, dass mehr dahintersteckte als bloßer Zufall. Hier waren die Mächte des Schicksals am Werk, an die er selbst als Wissenschaftler fest glaubte.
Er musste sich in Sicherheit bringen, musste Zeit gewinnen, um sich über bestimmte Dinge klar zu werden. Noch immer hatte er seine Ziele nicht aufgegeben. Vielleicht waren sie ihm jetzt sogar wichtiger denn je.
Als er ein Geräusch vernahm, erstarrte Frankenstein mitten in der Bewegung. Er hielt inne, zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Es gab keinen Zweifel. Irgendwo hinter ihm waren Stimmen an seine Ohren gedrungen. Rasch warf Frankenstein die Fackel auf den Boden und trat das Feuer mit seinem rechten Fuß aus.
Das da hinten war niemals Graf Dracula, aber er solange er nicht wusste, um wen es sich handelte, musste er vorsichtig sein. Er war noch immer angeschlagen und durfte gerade jetzt kein Risiko eingehen.
Die Stimmen wurden lauter. Noch konnte Frankenstein nicht verstehen, was die Männer miteinander sprachen. Nur, dass sie aufgeregt klangen, war deutlich heraus zu hören.
Sie waren in den Tunnel eingebogen, in dem auch er sich gerade befand. Was nichts anderes bedeutete, als dass sich die Männer auf ihn zu bewegten.
Jetzt war der Schein ihrer Fackeln zu erkennen. Zunächst nur als schwacher, geisterhafter Schimmer. Dann schien das Licht zu wachsen, wurde intensiver.
Er musste etwas tun, wenn er vermeiden wollte, entdeckt zu werden.
Nur was?
Frankenstein tauchte weiter in den dunklen Gang hinein. Der Weg vor ihm war stockfinster. Er musste sich also auf seine übrigen Sinne verlassen.
Der Weg hatte sich nicht immer als einfach erwiesen. Mehr als einmal waren seine Füße in eisiges Wasser getaucht oder er hatte Mühe, sich aus beinahe knietiefem Schlamm zu befreien.
Trotzdem gelang es ihm, den Abstand zu den Verfolgern zu wahren.
Was taten diese Männer hier unten?
Frankenstein war sich sicher, dass ihr Auftauchen etwas mit Phileas Fogg zu tun hatte.
Er grinste verbissen bei dem Gedanken, dass der Kerl sich vermutlich durch seine neugierige Art wieder irgendeinen Ärger eingehandelt hatte.
Ein möglicher Ausweg für Frankensteins Lage tauchte nach weiteren Metern des Stolperns durch die Dunkelheit auf. Seine Hände, die sich an der schroffen Wand entlangtasteten, griffen plötzlich ins Leere. Er hatte einen Hohlraum abseits des Tunnels entdeckt.
Eine Nische, die gerade einmal groß genug war, um sich in die Felsspalte zu quetschen.
Frankenstein zögerte nicht lange, sondern wand seinen Körper seitlich in die Nische hinein.
Sein Atem ging nach wie vor flach. In seiner linken Hand hielt er noch immer die momentan wertlos gewordene Fackel. Er hatte sie dennoch nicht wegwerfen wollen. Wer wusste immerhin schon, was ihn hier unten noch alles erwartete?
Die Männer kamen näher. Inzwischen hatte Frankenstein drei unterschiedliche Stimmen ausgemacht.
Der Schein ihrer Fackeln warf ihre langen Schatten auf die Wände des Tunnels und verlieh ihnen ein gespenstisch unruhiges Aussehen.
Frankenstein blinzelte. Das helle Licht schmerzte in seinen Augen. Er nahm seinen Kopf zurück und presste sich dicht gegen die kalte, feuchte Wand.
Er hörte, wie sie etwas hinter sich herzogen. Einen Karren. Etwas, dessen Räder leise quietschten.
„Warum erledigen wir die Sache nicht gleich hier, Boss?“, fragte die erste Stimme.
Frankenstein riskierte aus dem Schutz der Dunkelheit einen seitlichen Blick. Der bullige Kerl mit dem blonden Borstenschnitt kehrte ihm den Rücken zu und gestikulierte wild mit den Armen.
Hinter ihm befand sich der Handkarren, dessen Ladung mit einer Decke, vermutlich zum Schutz gegen die Feuchtigkeit, verhüllt war.
„Weil ich erst sichergehen muss“, antwortete der andere.
Frankensteins Augen weiteten sich. Er kannte den Älteren.
Der Mann, der sich in der Mitte seiner beiden Angestellten bewegte, war niemand Geringeres als Jethro Barnes!
Der Mann, der auf den Florida Keys und vermutlich weit darüber hinaus alle Fäden in der Hand zu halten schien.
Frankenstein selbst war ihm nur einmal begegnet, als er in dessen Hafenbüro in Miami einen Mietvertrag für das Haus in Key West unterzeichnet hatte. Dies war in Anwesenheit von Barnes Sekretär geschehen, den alle nur Mister Seale nannten.
Der bleiche Mann mit der leicht blau getönten Brille war der Dritte im Bunde.
Was mochten diese Männer ausgerechnet hier unten zu suchen haben?
„Wieso sichergehen?“, fragte der Blonde, der auf den Namen Leroy hörte. „Wir könnten die Ladung gleich hier hochgehen lassen und dann wäre für immer Ruhe.“
Jethro Barnes stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte energisch den Kopf. Dann trat er gefährlich nahe an Leroy heran. „Und was ist, wenn sie noch immer irgendwo da draußen sind, eh?“
Für einen Moment herrschte Stille im Tunnel. Nur das Knistern der Fackeln war zu hören.
„Aber das ist doch Unsinn“, stieß Leroy schließlich hektisch aus. „Das Grubenunglück hat die Leute verschüttet. Da ist niemand wieder rausgekommen. Das haben Sie selbst doch immerhin jahrelang behauptet.“
„Ich weiß, was ich gesagt habe“, antwortete Barnes wütend. „Aber dann ist diese Rose Mullingham aufgetaucht und hat mir Dinge vor die Nase gehalten, die sie gar nicht hätte besitzen dürfen. Persönliche Gegenstände der Grubenarbeiter. Und jetzt frage ich dich Holzkopf, wie die wohl in ihren Besitz gelangt sind, hä?“
Leroy kratzte sich am Kopf. Frankenstein konnte sich lebhaft den einfältigen Gesichtsausdruck vorstellen, den der grobe Klotz seinem Arbeitgeber in diesem Moment präsentierte.
„Mister Barnes hat recht“, schaltete sich nun auch Seale in die Unterhaltung ein. „Wir sollten uns selbst davon überzeugen, ob die Gerüchte, die die alte Schachtel in die Welt gesetzt hat, stimmen. Sind sie wahr, werden wir sie alle zusammen in die Luft jagen. Nur so gehen wir auf Nummer Sicher.“
„Bitte, meinetwegen“, räumte Leroy endlich ein. „Gehen wir weiter. Aber ich sage euch, da draußen ist nichts. Nur Wasser und Tod.“
Der alte Barnes rückte seinen Panama-Hut zurecht und sah seinem Mitarbeiter direkt in die Augen. „Du bist und bleibst ein Idiot, Leroy. Und jetzt kommt endlich. Wir wollen nicht noch mehr Zeit verlieren. Dieser Fogg darf nicht hinter das Geheimnis kommen.“
Die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung.
Frankenstein wartete wenige Minuten ab, bis ihre Schritte nach und nach verklangen und auch der Lichtschein schwächer geworden war.
Dann trat er aus seinem Versteck hinaus und blickte den anderen nach.
Es gab hier unten also ein Geheimnis, dachte er. Es hatte mit den verschollenen Arbeitern zu tun, über die man in Key West nur unter vorgehaltener Hand sprach.
Frankenstein hatte sich in seiner Zeit der Forschungen an diesem Fleck der Erde nie für diese Geschichten interessiert.
Jetzt lächelte er hintergründig. Gut möglich, dass diese Sache auch für ihn interessant sein konnte.
Immer noch lächelnd ging er weiter.
Sie hielten in ihrer Bewegung inne und lauschten in den Tunnelabschnitt, der bereits hinter ihnen lag.
„Da ist nichts“, stellte Lester Rains nach einigen Sekunden des Schweigens fest. Seine Stimme klang dumpf und vielleicht eine Spur düsterer, als der Mann es selbst beabsichtigt hatte.
Langsam bewegten sich auch die anderen wieder.
„Es tut mir leid“, sagte Rose Mullingham nach einer Weile. „Ich habe mir eingebildet, Geräusche gehört zu haben.“
„Nichts für ungut“, bemerkte Fogg, der noch immer zurück in den dunklen Schacht blickte. „Ich glaube, unsere Sinne sind im Augenblick alle ein wenig überreizt.“
Nach dieser kleinen Unterbrechung setzten sie ihren Weg ins Ungewisse fort.
Aouda hatte sich bei ihrem Mann untergehakt. Trotz der warmen Wolljacke zitterte sie am ganzen Leib vor Kälte, so dass Fogg bereits mit dem Gedanken spielte, die ganze Expedition abzubrechen.
Plötzlich erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Er hatte eine Bewegung wahrgenommen. Dieses Mal weiter vorne, mitten im cremefarbenen Schlamm, der den Boden an dieser Stelle komplett überzog.
Fogg hielt Aouda zurück, die bedenkenlos einen Schritt auf die Stelle zu machte. Gleichzeitig gab er den anderen mit seinem erhobenen linken Arm ein Zeichen.
„Wartet!“
„Was ist da los?“, fragte Rose Mullingham, die gerade mit Rains in ein Gespräch vertieft gewesen war.
Alles blickte auf Fogg, der in diesem Augenblick die Fackel etwas tiefer hielt, um besser sehen zu können.
Er hielt sich über den weichen Boden gebeugt und leuchtete ihn mit ihrer Lichtquelle ab.
„Da ist etwas vor uns im Schlamm“, stellte er fest. Langsam streckte er die Hand danach aus.
„Nicht“, stieß Aouda aus.
Fogg drehte den Kopf in ihre Richtung. „Ich werde mich vorsehen, Liebes.“
Die Teilnehmer der Expedition ringten sich um ihn, während sein linker Arm weiter herabsank. Seine Hand schien jetzt über dem seltsam aufgewühlten Schwamm zu schweben.
Kurz bevor seine Finger die Stelle erreichten, schoss ein weißer Kopf mit zwei blinden Augen aus dem Sand. Ein Maul mit stumpfen Mahlzähnen schnappte nach Fogg.
Aouda stieß einen spitzen Schrei aus, während ihr Mann reflexartig seine Hand zurückzog.
Alle starrten wie gebannt auf das, was sich dort aus dem Schlamm nach oben wand.
„Großer Gott, was ist das für eine abscheuliche Kreatur?“, rief Rose Mullingham, die ihre Hände an die Wangen gelegt hatte.
„Es sieht aus wie eine Schlange“, stellte Rains fest, der neugierig einen Schritt näher trat.
„Geben Sie Acht, dass Sie ihm nicht zu nahe kommen“, riet Passepartout und deutete auf den Boden. „Sehen Sie doch, da sind noch mehr von diesen Viechern.“
Und tatsächlich schlängelten sich noch weitere Tiere vor ihnen aus dem Schlamm.
„Es sind riesige Würmer“, stellte Fogg fest, der die sich windenden Leiber aufmerksam betrachtete. Es musste sich insgesamt um fünf oder sechs Tiere handeln, die über einen armdicken, etwa einen Meter langen Leib verfügten und abwechselnd ihre Köpfe durch die Schicht aus Sand, Ablagerungen und Wasser steckten.
Die weißen Schädel der Tiere ruckten aufgeregt hin und her. Obwohl sie blind waren, schienen sie die Anwesenheit von Lebewesen zu spüren. Einige der Tiere stiegen bis zu einem Meter weit steil in die Höhe, nur um kurz darauf wieder im Schlamm zu versinken.
„Wie sollen wir an diesen Kreaturen vorbeikommen?“, sprach Rose aus, was alle in diesem Augenblick dachten.
Fogg trat einen Schritt zurück und löste widerwillig seinen Blick von den weißen Sandwürmern. Er bewegte sich langsam auf die Felswand zu ihrer Linken zu. Vorsichtig setzte er seinen Fuß auf und nickte nach einer Weile.
„Der Boden ist an dieser Stelle etwas fester“, erklärte er den anderen. Um seine Aussage zu demonstrieren, passierte er die Stelle mit den Würmern. Einige von ihnen reckten ihre Köpfe in seine Richtung, verhielten sich aber ansonsten ruhig.
Hinter ihnen trat Fogg wieder in die Mitte des Tunnels und sah sich um.
„Hier drüben scheint alles in Ordnung zu sein. Komm Aouda, ich werde dir helfen.“
Foggs junge Frau nickte entschlossen und trat an die Felswand heran. Sie presste ihren Rücken dagegen, während sie mit kleinen, vorsichtigen Schritten die Wurmwesen passierte. Eines der Tiere kam ihrem Fuß gefährlich nahe.
Phileas Fogg sprang auf Aouda zu und zog sie mit einer kraftvollen Bewegung zu sich heran.
Als Rose Mullingham auf den aufgewühlten Schlamm zutrat, verzog sie das Gesicht zu einer angeekelten Grimasse. Sie tat es Aouda gleich und drückte ihren breiten Rücken gegen die schroffen Felsen.
Dabei stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen, um einen möglichst großen Abstand zu den Würmern zu halten.
Die Tiere hatten bemerkt, dass sich ihnen wiederum jemand genähert hatte. Ihre Köpfe wühlten sich blitzschnell aus dem Sand.
Ihre lippenlosen Münder öffneten sich, während ihre blinden Augen ins Nichts zu starren schienen.
Rose Mullingham keuchte angestrengt und blieb stehen.
Fogg beugte sich vor und versuchte, ihren Arm zu erreichen, doch vergeblich.
„Weiter!“, zischte er. „Rose, Sie müssen weitergehen.“
„Ich … kann nicht“, gab die Amerikanerin zurück. „Sie sind so entsetzlich.“
„Sehen Sie nicht hin“, riet Passepartout aus dem Hintergrund. „Machen Sie einen großen Ausfallschritt zur Seite und Sie sind in Sicherheit.“
Rose nickte und schluckte dabei schwer. Sie klammerte ich mit ihren Händen an den Felsen fest. Fast schien es, als wolle sie rückwärts daran in die Höhe klettern.
Als sie ihr Gewicht verlagerte, um den nächsten Schritt zu tun, passierte es. Der Stein unter ihrem rechten Schuh gab nach und brach plötzlich weg.
Rose Mullingham stieß einen spitzen Schrei aus, als ihr Fuß nach vorn schnellte und gleichzeitig einer der Würmer aus dem Sand heraus auf sie zu schoss.
Der milchig weiße Leib der Kreatur wickelte sich in Sekundenschnelle um die Wade der Frau.
Rose Mullingham geriet ins Wanken und wäre beinahe gestürzt, wenn Fogg sie nicht im letzten Moment gehalten hätte.
„Oh Gott, weg!“, schrie Rose. „Nehmen Sie dieses … furchtbare Ding von mir.“
Sie taumelte nach vorne, geradewegs in Foggs Arme.
Aus dem Hintergrund kam Rains angeprescht. Mit einem beherzten Sprung setzte er kurzerhand über den Schlamm hinweg und landete unsanft auf der anderen Seite am Boden.
Sofort hatte er sich wieder aufgerappelt und packte den Wurm in dem Augenblick, in dem das Tier seine Mahlzähne in das weiche Fleisch der Frau schlagen wollte.
Rains packte die Kreatur kurz hinter dem Kopf.
Das weiße Maul öffnete und schloss sich in stummen, hektischen Bewegungen.