Die verschwundene Pyramide - Kathrin Baltzer - E-Book

Die verschwundene Pyramide E-Book

Kathrin Baltzer

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Beschreibung

Vom 1. September 2010 bis 1. September 2011 konnten mir Kinder auf www.fuenfwortgeschichten.de fünf Worte nennen, die in einer Geschichte vorkommen sollten. Jede Woche wählte ich einen ihrer Vorschläge aus und veröffentlichte jeden Sonntag eine neue FünfWortGeschichte auf www.fuenfwortgeschichten.de. An dem Projekt beteiligten sich Mädchen und Jungen, Freunde und Schulklassen mit über 300 FünfWortVorschlägen. Daraus entstanden die verschiedensten Geschichten von mittelalterlichen Ritterkämpfen, einer Libellenhochzeit, einem Schachspiel im Wilden Westen, Zeitreisen, armen Zaren und japanischen Kaisern, Weltraumabenteuer, Feenkristalle, Prinzessinnen und einer verschwundenen Pyramide. Für diesen Band habe ich 24 Geschichten ausgewählt. Am Anfang einer jeden Geschichte, stehen die fünf Worte, über die ich nachzugrübeln hatte. Vielleicht fallen Ihnen ganz andere FünfWortGeschichten dazu ein. Leserkommentare auf www.fuenfwortgeschichten.de: »Heute habe ich Deine Fünfwortgeschichten entdeckt. Und eine nach der anderen verschlungen!! Viele haben mich ganz tief drin berührt, auf geheimnisvolle Weise. Bei anderen musste ich wiederum einfach lachen, weil sie unsere verrückte Welt so herrlich karikieren und in Worte fassen! Du bist eine phantastische Erzählerin!« (Carsten) »Was für ein schöner Tag. Bin auf Ihrer Seite gelandet und habe den ganzen Vormittag gelacht, geschmunzelt, gegrübelt und war so verzaubert, dass ich die Zeit über Ihre Geschichten vergessen habe. Vielen Dank für so etwas wunderbar Einzigartiges!« (Nicole)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 300

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Was | sind | Fünf | Wort | Geschichten?

Wie die Pyramide verschwand

Als ich die Geschichte von James Krüss »Fünf Finger, fünf Söhne oder Die Geschichte von Addad, dem Geschichtenerzähler« las, in der ein Erzähler fünf Worte in ein Märchen einbauen musste und sich dadurch lebenslang kostenlose Sandalen verdiente, entstand die Idee zu dem Projekt »FünfWortGeschichten«.

Kinder könnten mir auf einer Internetseite fünf Worte nennen, die in einer Geschichte vorkommen sollen. Jede Woche würde ich einen FünfWortVorschlag auswählen und eine FünfWortGeschichte erfinden, die jeden Sonntag im Internet veröffentlicht werden würde. Das würde kein einfaches Versprechen an die Kinder werden, aber ich hatte große Lust auf dieses Projekt und die vielen Ideen, die entstehen würden.

Also lud ich vom 1. September 2010 bis 1. September 2011 Kinder auf www.fuenfwortgeschichten.de ein, mir ihre fünf Worte zu nennen, die sie in einer Geschichte wieder finden möchten. Tatsächlich beteiligten sich an dem Projekt Mädchen und Jungen, Freunde und Schulklassen mit über 300 FünfWortVorschlägen. Daraus entstanden die verschiedensten Geschichten von mittelalterlichen Ritterkämpfen, einer Libellenhochzeit, einem Schachspiel im Wilden Westen, Zeitreisen, armen Zaren und japanischen Kaisern, Weltraumabenteuer, Feenkristalle, Prinzessinnen und einer verschwundenen Pyramide.

Für diesen Band habe ich 24 Geschichten ausgewählt. Es war gar nicht so einfach, eine Auswahl zu treffen. Sie alle erinnern mich an ein wunderbares Jahr.

Ich hoffe, Sie werden beim Lesen der Geschichten genauso viel Freude haben, wie ich beim Schreiben. Am Anfang einer jeden Geschichte, stehen die fünf Worte, über die ich nachzugrübeln hatte. Vielleicht fallen Ihnen ganz andere FünfWortGeschichten dazu ein.

Inhaltsverzeichnis

tierische | FünfWortGeschichten

Herr Olsen mit dem Roller

Der Palast

Teichhochzeit

Bauernhof verkehrt

Lohengrin bringt alles in Ordnung

abenteuerliche | FünfWortGeschichten

Wo ist meine Perle?

Die verschwundene Pyramide

Der Zeitagent

Superheld Thoralf

Maxim und die Piraten

Der falsche König

Auf und Davon!

Das Schachduell

märchenhafte | FünfWortGeschichten

Das Froschkomplott

Weil die Maus den Käse aß

Der arme Zar Alexej und die Maus

Rosenmädchen

Der eingebildete König

Der Kristall des Feenwaldes

Der Fernseher

Der Kaufmann und die Schlange

Der glückliche Mandarin

Prinzessin Kirschblüte

Das Waldmädchen

tierischeFünfWortGeschichten

Bach | Blume | Berg | Roller | Hund

Herr Olsen mit dem Roller

»Tante, erzählst du mir eine Geschichte?«

»Eine Geschichte? Worüber soll ich denn erzählen?«

»Hm ... über meinen neuen, schönen, roten Roller ... und ... ja, Herr Olsen soll auch darin vorkommen.«

»Also eine Geschichte über einen Roller und deinen Hund. Lass mich überlegen. Warte. Ah, ja. Also, da fuhr ein Hund mit einem wunderschönen, neuen, roten Roller.«

»Herr Olsen, nicht wahr?«

»Ja genau, Herr Olsen. Er fuhr und fuhr mit seinem wunderschönen, roten Roller immer der Nase nach, und der Wind wehte durch sein Fell.«

»Ja, das würde ihm gefallen.«

»Nicht wahr? Dann kam er zu einer Wiese mit vielen schönen Sommerblumen und einem hübschen Bach. Dort hielt er endlich an, legte den Roller ins Gras, ließ die Füße im Bach baumeln und freute sich des Lebens.«

»Und? War das jetzt alles?«

»Ist das denn nicht genug?«

»Nein!«

»Aber er war doch so glücklich. Sollte eine Geschichte nicht so enden?«

»Aber dazwischen, da muss doch irgendetwas passieren.«

»Es muss etwas passieren?«

»Ja, ein Abenteuer.«

»Oh, ... lass mich überlegen. Warte. Ah, ja ich hab 's.

Gut, also der Hund ...«

»Herr Olsen!«

»Genau, er saß also an dem Bach, und plötzlich sprach ihn eine Blume an.«

»Eine Blume? Aber Blumen können doch nicht sprechen.«

»Hunde können auch nicht Roller fahren.«

»Herr Olsen schon!«

»Ja, genau und diese Blume konnte sprechen. Also, willst du die Geschichte weiterhören?«

»Ja.«

»Die Blume sagte: ›Ach, du hast so einen wunderschönen Roller und dass er rot ist, finde ich noch viel toller. Könnte ich doch mit ihm fahren.‹

Herr Olsen, du kennst ihn, er kann keiner Blume etwas abschlagen. Lach nicht! Ich weiß es genau. Deshalb antwortete er mitleidvoll: ›Dann komm doch mit mir. Ich setzte dich auf mein Lenkrad.‹

›Au, toll!‹, jubelte die Blume. ›Dann kann ich alles gut sehen.‹

Also nahm Herr Olsen seinen wunderschönen, roten Roller, setzte die Blume wie versprochen auf sein Lenkrad und sie fuhren los. Immer weiter gerade der Nase nach und die Blume quiekte vor Freude.«

»Wann kommt das Abenteuer?«

»Das Abenteuer. Hm, ja ... also ... genau, sie fuhren so dahin und plötzlich stand ihnen ein Zwerg im Weg.«

»Ein Zwerg? Wo kommt der denn her?«

»Ich dachte, ein Zwerg würde dir gefallen.«

»Ja, aber wo kommt er her?«

»Zwerge leben oft in einem Berg und da kam er eben heraus.«

»Ach, da war ein Berg.«

»Ja, hatte ich vergessen, das zu erzählen? Also nun hör schon zu! Du willst doch die Geschichte hören, oder?«

»Ja.«

»Fein. Da war also dieser Zwerg und er sagte: ›Du hast so einen wunderschönen Roller und dass er rot ist, ist noch viel toller. Lass mich damit fahren, so schnell wie der Blitz!‹ «

»Er hätte schon bitte sagen können.«

»Das fand Herr Olsen auch. Aber du kennst ihn, er ist ein friedliebender Hund. Also antwortete er: ›Dann setz dich hinten auf meinen Sitz.‹, und eh du dich versehen hast, saß der Zwerg auch schon auf dem Rollersitz und rief: ›Los, fahr! Fahr!‹, so ungeduldig war er. Dann ging es auch los und sie fuhren weiter und weiter, immer der Nase nach. Die Blume bog sich glücklich im Wind, Herr Olsen freute sich, dass er Gesellschaft hatte und der Zwerg meckerte: ›Dein Po ist so dick. Ich kann gar nichts sehen.‹

Lach nicht. Du kennst doch Herrn Olsens Po.

Sie fuhren trotzdem weiter und kamen an einen Teich. Darin schwamm eine Ente und flatterte ganz aufgeregt mit den Flügeln. Na, was soll ich sagen, du kennst doch Herrn Olsen, er hielt natürlich an und fragte, was mit ihr los sei und was denkst du, wollte sie?«

»Auf den Roller, den schönen, roten Roller!«

»Genau. Sie rief: ›Ach, was habt ihr für einen wunderschönen Roller und das er rot ist, finde ich noch viel toller. Ach könnte ich doch mit euch fahren.‹

›Hier ist schon alles voll.‹, protestierte der Zwerg.

›Komm zu mir aufs Lenkrad.‹, schlug die Blume vor. ›Es ist herrlich.‹

Da antwortete Herr Olsen: ›Für das Lenkrad bist du zu groß, aber du kannst zu dem Zwerg auf den Schoß.‹

›Niemals ... also ich meine ... von hier kann sie gar nichts sehen. Der Hundepo versperrt die Aussicht!‹

›Das macht mir nichts, wenn ich nur mit euch darf.‹

Da konnte der Zwerg sich nicht mehr viel wehren, denn das war nicht sein Roller. Also kletterte die Ente auf seinen Schoß und die Fahrt ging weiter, immer der Nase nach. Sie ließen den Teich hinter sich und kamen in einen Wald. Da sprang ihnen plötzlich ein Eichhörnchen in den Weg.

Herr Olsen musste ganz scharf bremsen und der Zwerg klammerte sich an der Ente fest.

›Oh, oh, entschuldigt, entschuldigt. Ich, ich, ach, ich sah euren wunderschönen Roller und, und dass er rot, rot ist, dass finde ich noch viel toller, toller. Kann, kann ich nicht mit euch fahren, fahren?‹ ›Hier hinten ist kein Platz mehr!‹ beugte der Zwerg vor.

›Aber zu mir aufs Lenkrad kannst du kommen, nicht wahr, Hund? Das Eichhörnchen ist doch nicht zu groß, oder?‹ Naja, du kennst Herrn Olsen, er kann nicht nein sagen und so ließ er das Eichhörnchen zu der Blume auf 's Lenkrad.

›Toll! Toll!‹, rief das Eichhörnchen und dann ging es weiter, den Wind im Gesicht und immer der Nase nach.

Du sagst ja gar nichts mehr.«

»Erzähl weiter!«

»Na gut. Also wie gesagt, immer der Nase nach und dann kamen sie an einem Feld vorbei. Da hoppelte plötzlich ein Hase hervor und blieb mitten auf dem Weg stehen, so dass sie wieder anhalten mussten. Der Hase hüpfte ganz aufgeregt um den Roller herum, guckte hier, guckte da, schnalzte mit der Zunge und staunte: ›Nein, was das für ein wunderschöner Roller ist, na und die Farbe erst, dieses Rot, das ist ja noch viel toller. Och, also wenn ich mal damit fahren dürfte, also das wäre ja, also, nein.‹

›Wir sind doch kein Busunternehmen.‹, beschwerte sich der Zwerg.

›Hier vorn, hier vorn.‹, rief die Blume.

Herr Olsen kratzte sich am Kopf und überlegte.

›Also, auf meinen Schultern wäre noch Platz.‹«

»Oh, Tante, das kann doch nicht gut gehen. Hinten der Zwerg und die Ente und vorn die Blume und das Eichhörnchen und jetzt noch der Hase?!«

»Tja, was soll ich sagen. Du kennst ja Herrn Olsen.

Der Hase kletterte auf seine Schultern und dann ging die Reise weiter, immer der Nase nach und den Wind um die Ohren.«

»Jetzt kommt aber kein Tier mehr, oder?«

»Lass mich doch weiter erzählen. Es kam natürlich so, wie du schon befürchtet hast. Sie fuhren gerade so schön einen Hang hinunter, hui, dass sogar der Zwerg seine Freude hatte und die Ente aufgeregt ›Oi, oi!‹ rief, da wurde der Weg mit einem Mal steinig und Pardauz, holterdiepolter, stürzte die ganze Reisegesellschaft mit dem wunderschönen, neuen, roten Roller über Arme und Beine, kreuz und quer dahin.«

»Oh!«

»Ja, oh. Da lagen sie nun auf dem Boden und die Blume sagte ›Upsala‹, der Zwerg ›Ich habe es gewusst!‹, die Ente ›Ach, Gottchen‹, das Eichhörnchen ›Oh! Oh!‹ und der Hase wunderte sich ›Also nein!‹. Na, und was Herr Olsen machte, brauche ich dir ja nicht zu sagen, du kennst ihn ja.«

»Ja, schon, aber erzähle es mir trotzdem. Was war mit Herrn Olsen?«

»Er lag auf dem Rücken, schaute zum Himmel und dachte: ›Was für eine tolle Fahrt.‹«

»Ja, genau, so ist Herr Olsen.«

»Nicht wahr, und als sich alle von dem Schrecken erholt hatten und sich davon überzeugt hatten, dass sowohl sie als auch der wunderschöne, neue, rote Roller noch heile sind, lud dieser unvergleichliche Herr Olsen alle in seine Hundehütte ein. Der Unfall war nämlich geradewegs dort passiert.«

»Ah, ja, dann war das der Hang vor unserem Haus, wo ich mir gestern auch das Knie aufgeschlagen habe.«

»So ist es. Ja und dann saßen sie alle in seiner Hütte, erinnerten sich an die wundervolle Rollerfahrt und aßen dabei Kuchen.

So und damit ist die Geschichte aus.

Was, du kleiner Grinsebär, du lachst mich aus? Du denkst wohl, ich lüge?«

»Hat die Blume etwa auch Kuchen gegessen?«

»Und ob! Sie hat sogar am meisten davon genommen.«

»Oh, Tante, du erzählst vielleicht verrückte Geschichten.«

»Aber mal was anderes. Wo wir gerade dabei waren. Habe ich da vorhin nicht einen schönen Kuchen in der Küche gesehen? Deine Mama hat doch nichts dagegen, wenn wir uns etwas davon nehmen, oder?«

»Nein bestimmt nicht und ich hole Herrn Olsen, der mag auch Kuchen, du kennst ihn ja.«

Blumenwiese | Baum | Kind | Gras | Erde

Der Palast

Es war ein schöner Sommertag. Nichts deutete darauf hin, dass dies nicht so bleiben würde. Der Himmel war blau, die Sonne schien über der bunten Blumenwiese und die Luft war leicht und süß von ihrem Duft. Eine Schnecke spazierte langsam durch das Gras und hatte ebenfalls keinen Zweifel an der Schönheit dieses Sommertages. Sie lauschte dem Rauschen der Gräser, schmunzelte zufrieden in sich hinein, knabberte an einem Blatt am Wegesrand und schlich gemütlich weiter.

Doch da, was war das? Sie hörte hinter sich eilige Schritte. Noch bevor sie ein Auge danach umdrehen konnte, rannte eine Feldmaus hastig an ihr vorbei.

Die Schnecke dachte gründlich darüber nach. War das normal? So eine hastige Maus? Sollte sie sich vielleicht Sorgen machen? Da kam eine Feldgrille ganz außer Atem an ihr vorbei gesprungen.

»Grille, so sag mir doch, wovor du wegrennst!«, rief sie hinter ihr her, aber da war die Grille auch schon verschwunden.

Jetzt wurde die Schnecke doch etwas unruhig und noch bevor sie diese Unruhe in Bewegung umsetzen konnte, schwirrten Marienkäfer in heller Aufregung über ihr hinweg.

»Ach, ihr lieben Käfer, nun sagt mir doch, was los ist!«, rief sie ihnen zu.

»Schnecke, beeile dich! Da kommt etwas Großes hinter dir angerollt.«, antworteten sie ihr und schon waren sie weg.

Nun bekam die Schnecke Angst und schon meinte sie, das große Ding hinter sich zu hören. Kostbare Zeit verschwendete sie damit, sich umzudrehen, um zu sehen, was es war.

Na und was war es? Eine riesige hölzerne Rolle, die mit beängstigender Geschwindigkeit auf sie zukam. Die Schnecke wusste, dass sie sich niemals rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Nach vorne nicht, denn sie war nicht schnell genug und zur Seite auch nicht, denn die Rolle war zu lang und wälzte alles Gras nieder.

Verzweifelt flehte die Schnecke: »Halt! Halt! Ach bitte, bitte, halte an!« und tatsächlich, die hölzerne Rolle schien Ohren zu haben und hielt an. Die Schnecke machte große Augen. Sollte sie die Gefahr wirklich bezwungen haben? Da sah sie, wie hinter dem hölzernen Ding eine Ameise neugierig hervorlugte.

»Was? Was ist? Wer hat da gerufen?«

Die Schnecke und die Ameise sahen sich ein Weile fragend in die Augen, bis die Schnecke die Sache zu Ende gedacht hatte.

»Hast du etwa das große Ding bewegt?«

»Ja.«, antwortete die Ameise.

Da kamen auch die Feldmaus und die Grille wieder aus dem Gras hervor, und die Marienkäfer ließen sich neugierig auf den Blumen nieder.

»Was? Du warst das?«, schimpfte die Maus, »Weißt du, was für einen Schrecken du uns eingejagt hast?«

»Ich? Aber wieso denn?«, wunderte sich die Ameise.

»Was willst du denn damit«, wollte die Grille wissen, »und was ist das überhaupt?«

Das konnte die Ameise nicht beantworten. Sie hatte es entdeckt und sehr interessant gefunden.

Aber ich kann Euch sagen, was es war. Ein hölzerner Baustein in der Form einer Säule, den ein Kind nach dem Picknick auf der Wiese liegen gelassen hatte. Später waren die Ameisen gekommen und hatten die Picknickkrümel begutachtet. Dabei hatte die Ameise den Baustein gefunden.

»Ich sah es und wusste gleich, es ist etwas Außergewöhnliches. Schon lange suche ich nach einer neuen Art zu bauen. Die Ameisen wollen leider nichts davon hören. Aber dieses Ding hier, das wusste ich gleich, wird das Bauen von Grund auf verändern. Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde gleich darüber nachdenken, wenn ich es nach Hause gebracht habe.«

»Damit? Etwas bauen? Was für eine seltsame Idee.«, wunderte sich die Schnecke.

Doch die anderen Tiere hüpften und schwirrten um die Holzsäule herum und versuchten, das Gleiche darin zu sehen wie die Ameise.

Inzwischen war ein Feldlerche dazu gekommen und staunte über die Maus, die Grille und die Marienkäfer.

»Was macht ihr da?«, erkundigte sie sich.

»Wir wollen etwas bauen.«, antwortete die Maus.

»Wir?«, wiederholte die Ameise überrascht? »Wir verändern das Bauen mit diesem Ding.«, fügte die Grille hinzu.

»Nein ich! Ich wollte etwas Neues damit bauen.«, protestierte die Ameise.

»Ich verstehe.«, antwortete die Lerche, »Am besten ihr fangt damit an, eine Mulde in die Erde zu graben und sie schön mit Pflanzen auszukleiden.

So mache ich das jedenfalls immer und ich bin immer gut damit gefahren.«

»Und zum Schutz, also für den Ernstfall, sollten wir ganz viele Gänge in die Erde bauen.«, schlug die Maus vor, »Dort kann man auch Vorräte lagern.«

»Ich wollte eigentlich mal überirdisch bauen.«, wandte die Ameise ein.

»So zur Abwechslung.«

»Das nenne ich vernünftig.«, lobte ein Distelfink, der sehen wollte, was die Tiere für eine interessante Versammlung abhalten und der den Wunsch der Ameise vernommen hatte.

»Wer in die Höhe baut, hat einen guten Ausblick und kann Gefahren rechtzeitig sehen. Ich kenne mich aus. Am besten wäre ein Baum. Ein hoher Strauch macht es aber auch.«

»Aber wie soll man denn von einem Baum in den Keller kommen.«, widersprach die Maus.

»Dann wäre man auch nicht sicher im Gras versteckt.«, mahnte die Grille.

»Ich meine ja nur, ihr solltet den Ausblick nicht vergessen.«, wiederholte der Fink und flog beleidigt davon.

»Also ich bin dafür.«, freute sich die Ameise. »Wohnen mit Ausblick.

Das habe ich mir schon immer gewünscht.«

»Am besten sollte es mit Laub und Moos abgedeckt sein.«, schlugen die Marienkäfer im Chor vor. »Damit können wir es tarnen, und darunter ist es schön warm.«

»Auf jeden Fall braucht es viele Zimmer, damit die ganze Familie darin wohnen kann.«, erklärte eine Biene, die alles mit angehört hatte. Alle drehten ich überrascht nach ihr um, denn sie hatten sie gar nicht bemerkt.

»Richtig, schön klein und kuschelig und mit sechs Ecken. Das ist ganz wichtig für das Wohlbefinden.«, fügte sie hinzu.

»Na, das ist ja klar. Ohne meine Ameisen wäre der Spaß nur halb so schön.«, bestätigte die Ameise.

»Aber die Zimmer sollten nicht zu klein sein. Sonst passe ich ja nicht mehr hinein.«, warnte die Grille.

»Wieso du?«, fragte die Ameise erstaunt.

»Na etwa nicht?«, wunderte sich die Grille.

»Au ja, fein. Wir ziehen alle zusammen ein.«, jubelten die Marienkäfer.

Die Ameise ließ enttäuscht die Schultern hängen. Das war doch ihr hölzernes Ding gewesen. Was wollten die anderen damit?

»Dann lasst uns anfangen.« Die Maus war voller Tatendrang, und auch für die anderen gab es kein Halten mehr.

Die Lerche grub eine Mulde und kleidete sie mit Pflanzen aus. Die Maus legte unterirdische Gräben an für den Ernstfall. Die Bienen errichteten über der Mulde ein stabiles Hausgerüst aus Wachs. In den unteren Etagen richteten sich die Ameisen ein. In der Mitte bauten sich die Bienen sechseckige Waben und ganz oben bekam die Grille ihr Zimmer, passend für ihre Größe. Die Marienkäfer suchten Blätter und Moos, und alle halfen damit das Bauwerk zu bedecken, um es zu tarnen.

Als alles vollbracht war, standen sie davor und sahen sich ihr Werk an.

»Toll!«, staunte die Grille.

»Bombastisch!«, bemerkte die Maus.

»Das ist ja ein Palast!«, riefen die Marienkäfer überwältigt.

»Moment mal!«, beschwerte sich die Feldlerche, »Jetzt habt ihr ja die ganzen Zimmer über meine Mulde gebaut. Wo soll ich denn wohnen?«

Alle waren verlegen. Das hatten sie in ihrem Eifer ganz übersehen.

»Tut uns leid!«, summten die Bienen.

»Ihr seid vielleicht Dummköpfe!«, mischte sich die Schnecke ein, die die ganze Zeit kopfschüttelnd zugesehen hatte. »Das Holzdings habt ihr auch vergessen. Deswegen habt ihr doch alles erst angefangen.«

Erschrocken sahen sich die Tiere nach der Holzrolle um. Sie lag völlig ungenutzt neben dem neuen Palast.

»Oohhh!«, stöhnten alle, »Was nun?«

Die Ameise lief nachdenklich um den Palast herum, dann um die Holzrolle und wieder um den Palast.

»Ich habe eine Idee!«, rief sie aufgeregt, »Wir machen ein schönes großes Tor. Das Holzding wird das Tor stützen und dann kann die Lerche in ihre Mulde schlüpfen.«

»Ein Nest mit Dach?«, mäkelte die Lerche, »So habe ich mir das eigentlich nicht gedacht. Das bin ich nicht gewohnt.«

»Das ist etwas ganz und gar Neues. Es stellt alles Bisherige auf den Kopf!«, verteidigte die Ameise ihre Idee, »Ich wusste gleich, dass dieses Ding das Zeug dazu hat.« Die Lerche wiegte den Kopf hin und her. Es klang verwegen, auf diese Weise zu wohnen. Aber sie konnte es ja einmal mit einem Dach versuchen.

So wurde also der Eingang vergrößert und die Holzsäule eingebaut.

Das Tor war nun so hoch, dass die Lerche aus ihrem Nest herausschauen konnte. Dann zogen alle in den Palast ein. In den Keller die Maus. In die Mulde die Lerche. In die Etagen die Ameisen, die Bienen und die Grille und auf dem Dach verkrochen sich die Marienkäfer unter dem Laub. Aber im Sommer wollte ihnen das noch nicht recht gefallen. Sie versprachen jedoch, im Winter zu bleiben.

Die Schnecke aber schüttelte den Kopf.

»Was für ein unnützes Haus. Das kann man nirgendwohin mitnehmen.«

Ungläubig wandte sie sich ab und kroch langsam davon. Am nächsten Tag war sie nicht mehr zu sehen.

Teich | Libelle | Frosch | Wasserläufer | Seerose

Teichhochzeit

Langsam geht die Sonne über dem kleinen Teich auf. Ihre Strahlen glitzern auf dem Wasser und die Welt wird golden. Die Luft ist noch kühl und frisch. Der Gesang des Teichrohrsängers durchbricht die Morgenstille. Er wiegt sich an einem Schilfhalm im Wind. Ein anderer Rohrsänger antwortet ihm und noch einer und ein weiterer. Immer mehr Vögel fallen in den Kanon ein und man kann es fühlen. Etwas Großes steht heute bevor.

Da kommt auch schon ein Wasserläufer über den Teich geeilt, um all seinen Bewohner von der Neuigkeit zu berichten.

»Eine Hochzeit findet statt. Eine Libellenhochzeit. Heute Mittag bei der großen Seerose.«

»Wuaas?«, fragt der Frosch. Ganz plötzlich tauchte er aus dem Ufergras hervor und erschreckte den Wasserläufer. »Wuaas huaast du gesuaagt?«

»Eh! Oh! Hochzeit. Heute. Libellenhochzeit.«, stottert das kleine Insekt.

»Wuoo?«

»Bei ... bei der großen Seerose.«

»Guuut. Ich wueerde kuoomen.«, verkündet der Frosch und zieht sich wieder ins Gras zurück.

›Oh, das wird was werden.‹, sorgt sich der Wasserläufer, ›Ein Frosch auf einer Insektenhochzeit. Ich denke am besten gar nicht darüber nach.‹

und so eilt er weiter.

Die frohe Kunde verbreitet sich über den ganzen Teich von einem zum anderen. Sie gelangt auch bis zum dichten Schilfwald am Ufer, wo viele Insekten in den Halmen wohnen. Aber Obacht vor den Vögeln, die dort im sicheren Schutz der Schilfpflanzen brüten. Beinahe wäre die Schilfeule, ein Nachtschmetterling, gegen eine Rohrdommel gestoßen. Diese Vögel stehen gern aufrecht zwischen Schilfhalmen, strecken Körper, Kopf und Schnabel senkrecht nach oben und bewegen sich mit dem Schilf, um sich so gekonnt zu tarnen. Aber die Schilfeule hat die Rohrdommel noch rechtzeitig erkannt. Schnell versteckt sie sich und flattert an dem Vogel vorbei, um auch im Schilfwald die Nachricht von der Libellenhochzeit zu verbreiten.

»Aber ich kann nicht kommen.«, fügt sie hinzu. »Ich bin schon viel zu lange auf. Ich muss jetzt schlafen.«

Doch die Botschaft von der Hochzeit schläft nicht. Sie verbreitet sich weiter bis tief in das klare Teichwasser hinunter. Der Stichling verschluckt vor Schreck all seine Kinder in seinem Fischmaul. Als er erfährt, dass sie nicht in Gefahr sind, sondern nur eine Libellenhochzeit stattfinden soll, spuckt er sie erleichtert wieder aus.

»Tut mir leid.«, entschuldigt er sich, »ich kann nicht kommen. Ich muss auf meine 634 Kinder aufpassen. Allein sie durchzuzählen dauert schon Stunden.«

Egal. Alles was Zeit hat und mit dem Brautpaar befreundet ist macht sich bis zum Mittag auf den Weg zu den Seerosen, um die Libellenhochzeit zu erleben. Auch der Rückenschwimmer krault gemütlich zu den Seerosen.

Am meisten freut sich der Käfer auf das Wasserballett der Taumelkäfer, von dem schon so viel gemunkelt wurde.

Dann beginnt endlich die Libellenhochzeit. Das glückliche Paar steht auf der großen Seerose und winkt den Gästen zu. Dabei schauen sie sich immer wieder ganz verliebt in ihre 30 000 Augen. Über ihnen fliegt die ganze Libellengemeinde und vollführt einen wunderschönen zeremoniellen Hochzeitstanz in der Luft. Alle schauen zu ihnen hinauf und staunen: »Ah!«. Auch der Rückenschwimmer.

Danach kommen die Taumelkäfer. Sie haben spontan für das Brautpaar ein Wasserballett einstudiert. Harmonisch tanzen sie auf dem Wasser in Kreisen und mit überraschenden Zickzack Elementen und alle Gäste staunen: »Oh!«

Es folgt ein Trompetenkonzert der Frösche, das die Trauung des Libellenpaares feierlich einläutet. Der Frosch hatte seine Blaskapelle mitgebracht und der Wasserläufer ist jetzt ganz froh darüber, dass er dem Frosch von der Hochzeit erzählt hatte.

Das Brautpaar erhebt sich nun elegant in die Luft. Sie bilden mit ihren schlanken Körpern ein Rad und vollführen ihren Hochzeitstanz. Die Gäste haben Tränen in den Augen vor Rührung. Damit sind die Libellen nun verbunden fürs Leben, zu Mann und Frau und alle applaudieren dem Paar. »Alles Gute!«, rufen sie, »Viel Glück!« und »Viele Kinder wünschen wir Euch!«

An diesem Tag wird noch lange fröhlich und ausgelassen gefeiert. Das war eine Hochzeit, die so schnell keiner vergessen wird.

Nur die Ringelnatter hat von alledem nichts mitbekommen. Sie lag die ganze Mittagszeit bis in den Abend hinein in der warmen Frühlingssonne auf einem warmen Stein. Dort lauschte sie den fernen Hochzeitsgesängen und dachte sich nichts dabei. Träge sieht sie wie die Sonne den Tag schimmernd über dem Teich beschließt und am Horizont versinkt. Zeit für sie, sich in ihr Versteck zurückzuziehen.

Pferd | Esel | Ferkel | Huhn | Küken

Bauernhof verkehrt

»Boa, ist das langweilig.«, stöhnte Ewald, das Schwein, bestimmt schon zum hundertsten Mal. »Jeden Tag das Gleiche. Aufstehen, mit der Nase in der Erde wühlen, im Schlamm suhlen, essen, schlafen. Das ist keine Herausforderung.«

»Ach, was du immer unzufrieden sein musst.«, schimpfte seine Frau Rosalinde, »Sind unsere kleinen Ferkel denn gar nichts?«

»Ja, schon, aber es ist jeden Tag das Gleiche.« und trübe schaute Ewald über den Bauernhof.

»Deine Sorgen möchte ich haben.«, antwortete das Pferd, »Ich muss jeden Tag schwere Wagen ziehen oder sogar mit dem Pflug über den Acker. Da spürst du am Abend jeden Knochen. Aber du, du kannst schön zu Hause bleiben bei deiner Familie.«

Damals nämlich, als es noch keine Traktoren gab, mussten die Pferde noch viel auf dem Feld helfen.

»Na und ich erst.«, jammerte der Esel, »Ich muss täglich so schwere Lasten auf meinen Rücken tragen.«

»Ich verstehe euch.«, gab Ewald zu, »Aber ihr kommt wenigstens raus und seht, was außerhalb des Hofes geschieht.«

»Ewald hat Recht.«, rief Lotte, das Huhn, aus dem Fenster von ihrem Stall, »Ich muss den ganzen Tag auf meinen Eiern sitzen und der Tag geht zäh dahin. Wenn nur erst meine Küken da wären, dann wäre endlich etwas los.«

»Wuff, was bist du für ein dummes Huhn.«, unterbrach sie Hasso, der Hund, »Du bringst Leben auf die Welt. Siehst du nicht, wie bedeutend das ist? Ich wünschte, ich hätte kleine Welpen, um die ich mich kümmern könnte.«

»Du hast wohl recht.«, muhte Elli, die Kuh, »Aber das ist auch nicht alles. Da strotzt man vor Kraft und tut den lieben langen Tag nichts anderes als Gras fressen und den Kälbchen Milch geben.«

»Jeden Tag das Gleiche.«, wiederholten Ewald, das Huhn und die Kuh im Chor.

Die Katze Maunz, die immer zufrieden mit sich ist, weil sie tut, was sie will ohne jemanden zu fragen, lachte über die Tiere und dachte sich einen Spaß aus.

»Warum tauscht ihr nicht einfach? Der Esel brütet die Eier aus und das Huhn zieht den Pflug.«

»Um Gottes Willen, der Esel drückt mir meine Eier platt.«, erschreckte sich das Huhn bei dem Gedanken.

»Du musst dich immer lustig machen.«, bellte der Hund die Katze an.

Aber Ewald fand die Idee gar nicht so schlecht.

»Esel, lass mich deine Lasten tragen. Ich bin kräftig. Ich kann das auch.«

Der Esel schaute ihn mit großen Augen an.

»Das erlaubt der Bauer doch nie!«

»Das ist eine tolle Idee.«, mischte sich die Kuh ein. »Pferd, laß mich deinen Karren ziehen. Ich habe ein starkes Kreuz.«

»Soll ich etwa deine Kälbchen säugen?«, fragte das Pferd verwirrt.

»Oh Lotte, dann lass mich deine Küken ausbrüten und du kannst machen, was du willst. Einen ganzen Tag lang.«, schlug der Hund begeistert vor.

»Darf ich dann an deiner Stelle beim Bauern vor dem warmen Feuer liegen. Oh, das wäre schön.«, stimmte der Esel mit ein.

»Wenn das so ist und wir uns etwas aussuchen dürfen,« überlegte das Pferd, »dann möchte ich zu euch Schweinen. Ihr liegt immer so eng beieinander und wärmt euch. Oh, was wäre das für eine Wohltat für meine Knochen.«

Rosalinde schmunzelte.

»An ein Pferd habe ich mich noch nie gekuschelt. Das wird lustig.«

»Oh, oh, aber was mache ich dann?«, rief das Huhn und flatterte aufgeregt mit ihren Flügeln auf dem Nest. »Lass mich überlegen, ehm, ehm, ich habs. Ich jage die Mäuse. Was hältst du davon, Maunz?«

Die Katze musste lachen. Diese komische Vorstellung gefiel ihr. Das wäre auf jeden Fall eine hübsche Unterhaltung.

Und so war es beschlossen. Am nächsten Tag sollten die Plätze getauscht werden. Alle freuten sich so unbändig auf den Morgen, dass ihnen die Nacht viel zu lang war, ja fast unendlich erschien.

Dann endlich kam der Morgen. Der Hahn betrat den Hof, reckte feierlich den Kopf in die Höhe und krähte, wie es sich gehört und diese ehrenvolle Aufgabe würde er auch niemals abgeben. Sollen die anderen doch machen, was sie wollen. Mit äußerster Skepsis beobachtete er, wie seine Henne Lotte vom Nest stieg und der Hund sich verschlafen, aber glücklich, auf die kostbaren Eier setzte.

Lotte schritt abenteuerlustig über den Hof und suchte die Katze, die ihr zeigen sollte, wo die Mäuse sind.

»Du dummes Huhn.«, murmelte die Katze, »Denkst du, die Mäuse treffen sich morgens zum Appell, um von mir brav gefressen zu werden?« und drehte sich wieder um, um weiter zu schlafen.

»Was, du frisst sie? Ich dachte, ihr spielt nur fangen.«

Maunz sah zu dem Huhn auf und hob amüsiert die Augenbrauen.

»Das ist ja mal eine feine Idee. Geh nur hin zu den Mäusen und schlag ihnen das vor. Am besten, du suchst in den Löchern in den Wänden, Böden oder der Erde und dort, wo es für sie etwas zu essen gibt. Aber zähle vorher hübsch bis hundert.«

Wütend drehte Lotte der Katze den Rücken zu. Das hatte sie nicht nötig, sich verspotten zu lassen. Die Katze würde schon sehen, was sie für eine prächtige Mäusefängerin ist.

Währenddessen schaute das Pferd im Schweinestall vorbei. Da lagen sie alle, die Schweine, eng aneinander geschmiegt. Ewald kam ihm schon entgegen.

»Leg dich nur an meinen Platz. Ich werde derweil dem Bauern beim Tragen helfen.« und so schritt er tatendurstig aus dem Stall. Das Pferd kuschelte sich an Ewalds Platz an die anderen Schweine und fühlte sich wie im Himmel.

Als Ewald auf den Hof kam, stand die Kuh auch schon da. Sie hatte ihre Kälbchen bereits gesäugt und wartete nun darauf, vor einen Wagen gespannt zu werden.

Als der Bauer aus dem Haus trat und seine Henne auf dem Hof in allen Ecken herumflitzen sah, wunderte er sich nicht wenig.

»Aber gute Lotte, sind deine Küken schon geschlüpft? Du musst doch deine Eier warm halten.«

Aber Lotte hörte ihn nicht. Sie war viel zu beschäftigt mit ihrer neuen Aufgabe. Beunruhigt lief der Bauer zum Hühnerstall und glaubte seinen Augen kaum. Der Hund saß auf dem Hühnernest und wedelte vor Freude mit dem Schwanz.

»Frau, sieh dir das an, was unser Hasso macht!«

Seine Frau kam herbeigelaufen und sah es.

»Dann wird es dich auch nicht mehr überraschen, wo unser Pferd ist.«, erklärte die Bäuerin ihrem Mann. »Er liegt im Schweinestall und kuschelt mit den Schweinen.«

»Ja sind die denn heute alle verrückt geworden?«, wunderte sich der Bauer. Beide liefen zum Schweinestall, um sich das seltsame Schauspiel anzusehen.

»Na los wacht auf, ihr Faulpelze!«, rief der Bauer wütend bei dem Anblick. Da rappelten sich alle Schweine auf, reckten und streckten sich und wanderten gemächlich zum Futtertrog, den ihnen die Bäuerin gerade aufgefüllt hatte.

»Was denn?«, schaute sich das Pferd erstaunt um, »Wo wollt ihr denn hin?«

»Jetzt wird gefrühstückt.«, antwortete Rosalinde.

»Aber dann kuschelt ihr wieder, ja?«

»Später. Komm und iss mit uns.«

Mit großen Augen beobachtete der Bauer, wie das Pferd zum Schweinetrog ging und vorsichtig das Futter beschnupperte. Er verstand ja nicht, was die Tiere sprachen.

»Los, Brauner, scher dich aus dem Stall.«, befahl er.

Doch das Pferd wartete lieber auf später, wie Rosalinde es versprochen hatte.

Währenddessen stupste die Kuh den Bauern von hinten an und ging demonstrativ zum Wagen, wo sie sich direkt zum Anspannen bereit vor den Karren stellte.

»Ich glaube, Elli will heute Pferd sein.«, lachte die Bäuerin.

»Meinetwegen.«, brummte der Bauer, »Ich habe keine Zeit, mich um ein stures Pferd zu kümmern.«

Neben der Kuh stand auch Ewald und wartete auf seine Aufgaben.

»Und was willst du heute tun?«, fragte die Bäuerin belustigt.

Ewald ging zum Esel und grunste.

»Das Schwein will Esel sein?«, staunte der Bauer.

»Sieht ganz so aus.«, bestätigte seine Frau.

»Hallo, Hans!«, rief sie dem Knecht zu, der gerade auf den Hof trat.

»Du hast heute doppelte Hilfe. Den Wagen braucht der Bauer für das Korn, das zum Müller gebracht werden muss. Aber du hast heute den Esel und das Schwein.«

»Das Schwein?«, fragte Hans ungläubig nach.

Aber das Missverständnis wollte der Esel gleich klarstellen und zog sich in eine ruhigere Ecke des Hofes zurück. Heute darf mal der Rücken eines anderen ran.

»Nur das Schwein?«, wunderte sich Hans »Das ist ein Scherz, Bäuerin.

Wenn man mich mit dem Schwein sieht, lachen mich alle aus.«

»Er hat Recht. Das geht zu weit. Wo kommen wir dahin, wenn die Tiere bestimmen, was sie machen wollen.«, schimpfte der Bauer.

»Also ich finde es lustig. Das ist mal etwas anderes.«, widersprach die Bäuerin, »Sonst ist doch jeder Tag gleich. Außerdem weißt du sehr gut, dass unser Grauer sich nicht zwingen lässt. Hans, nimm noch den Handkarren dazu und erzähl den Leuten, der Doktor hat dem Schwein Auslauf verordnet.« Darüber musste sie herzhaft lachen.

Nun es kam, wie es sollte, und alle fügten sich in den seltsamen Tag.

Als der Esel sah, dass Ewald stolz einen schweren Sack aus dem Hoftor trug, fühlte er sich in Sicherheit und wollte sein Amt als Hund antreten.

Er trottete in die Stube, aber dort gab es kein Feuer. Dann lugte er in die Küche und dort war es schön warm. Hier war er also richtig und er trat ein, um sich gemütlich vor das Feuer zu legen.

»Grauer, scher dich raus!«, protestierte die Bäuerin, »Du liegst mir vor den Füßen rum und ich kann nicht arbeiten.«

Enttäuscht ließ sich der Esel aus der Küche scheuchen. Ratlos eilte er zu dem Hund, der immer noch am Fenster des Hühnerstalls auf den Eiern saß.

»Was soll ich tun? Sie lässt mich nicht vorm Feuer sitzen.«

»Natürlich, es ist auch viel zu früh für Gemütlichkeit.«, antwortete der Hund, »Tagsüber muss gearbeitet werden.«

»Ach, dass wusste ich nicht.«

Der Esel war traurig. Er wollte doch einmal einen ruhigen Tag haben.

»Und was arbeitest du so den ganzen Tag?«

»Ich bewache den Hof. Du musst jeden Fremden, der auf den Hof kommt, anbellen, damit er wieder verschwindet. Wenn ihn die Bauern doch auf den Hof lassen, dann musst du ihn beschnuppern und dir den Geruch genau merken. Denn wenn etwas passiert, kannst du gleich am Tatort erschnuppern, wer es war. «

»Oh.«, staunte der Esel. Das klang sehr kompliziert und nach viel Verantwortung für den Hof. Er hatte seine Zweifel, ob es so gut gewesen war, mit dem Hund zu tauschen. Aber nun musste er sich fügen.

Der Hund konnte nicht von den Eiern runter und der Hof durfte nicht schutzlos sich selbst überlassen bleiben. Also bezog der Esel Posten am Hoftor und beobachtete genau, was geschah. Jeden, der nicht zum Hof gehörte, stieß er ein kräftiges »Iah« entgegen. Ob es der Postbote war oder die Nachbarin, die zum Plaudern kam. Die Leute erschraken sich zwar, aber keiner verschwand. Alle wurden von der Bäuerin auf den Hof gelassen und der Esel erntete nur Schelte. Aber er wollte seine Arbeit gut machen. Also beschnupperte er jeden Besucher. Die mochten das jedoch gar nicht und es hagelte die nächsten bösen Worte.

»Esel! Du bist heute nicht ganz gescheit!«, schimpfte die Bäuerin.

Wenn er allerdings Hans mit Ewald sah, verdrückte sich der Esel schnell, damit Hans ihn nicht doch beladen würde. Ewald sah nicht mehr so stolz aus wie am morgen. Er ließ immer mehr seine Ohren hängen und hatte ganz müde Augen. Und doch sah der Esel ihnen traurig hinterher.

Ja, es war hart, immer die schweren Lasten zu tragen. Aber Hans erzählte ihm dabei so interessante Geschichten aus dem Dorf und von seinen Freundinnen. Jetzt würde er das alles Ewald erzählen und er, der Esel, musste den ganzen Tag auf dem Hof verbringen, mit der schweren Verantwortung auf seinen Schultern und wurde dafür ständig ausgeschimpft.

Lotte, das Huhn, hatte es an diesem Tag auch nicht leicht. Sie hatte überall nachgesehen, wo die Katze gesagt hatte. Aber in den Löchern konnte sie keine Mäuse finden, und nun zermarterte sie sich das Gehirn, was Mäuse wohl am liebsten essen, um sie dort aufzustöbern zu können.

Aber die Katze wollte sie nicht fragen und dann wieder von ihr ausgelacht werden.

Die Katze hatte eine Zeit lang Spaß daran, dem Huhn beim Mäusejagen zuzusehen. Aber dann bekam sie Hunger, und sie wollte nicht länger auf ihre Mahlzeit warten. Also ging Maunz selbst auf die Jagd.

Das machte Lotte wütend, denn sie hatte es der Katze ja beweisen wollen.