Die Weisheit eines Bullfrogs - William H. McRaven - E-Book

Die Weisheit eines Bullfrogs E-Book

William H. McRaven

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Beschreibung

Inspirierende Weisheiten und Lektionen eines hochdekorierten Navy SEALs, die jede Führungskraft beherzigen sollte. In fast vier Jahrzehnten bei den Navy SEALS, der Spezialeinheit der U. S. Navy, erwarb sich Admiral William McRaven den Status eines »Bullfrogs«, wie solch altgediente und hochdekorierte SEALs genannt werden. Die Erfahrungen und Lektionen, die er während vieler Einsätze in seiner langen Dienstzeit sammeln konnte, gibt er nun an andere Führungskräfte weiter. Anhand von 18 praktischen Lektionen zeigt er, welche Eigenschaften entscheidend sind, um einer Führungsrolle gerecht zu werden und sich durchzusetzen. McRaven verknüpft diese Leitlinien mit persönlichen Einblicken in sein Leben als Navy SEAL und verdeutlicht, welche Führungsqualitäten die Großen unter den Guten ausmachen.

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Seitenzahl: 161

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William H. McRaven

DIE WEISHEIT EINES BULLFROGS

William H. McRaven

DIE WEISHEIT EINES BULLFROGS

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

1. Auflage 2024

© 2023 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

D-80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die englische Originalausgabe erschien 2023 bei Grand Central Publishing unter dem Titel The Wisdom of the Bullfrog.

© 2023 by William H. McRaven. All rights reserved.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Übersetzung: Philipp Seedorf

Redaktion: Silvia Kinkel

Umschlaggestaltung: Karina Braun

Satz: reinsatz. Roman Heinemann

eBook by tool-e-byte

ISBN Print 978-3-86881-9-51-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-548-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-549-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Dieses Buch ist meiner Frau Georgeann gewidmet, die mich durch herausfordernde Lebensabschnitte geführt und bei jedem Abenteuer begleitet hat. Ich liebe dich!

INHALT

__________

Einleitung

KAPITEL 1Tod statt Ehrlosigkeit

KAPITEL 2Vertrauen kann man nicht erzwingen

KAPITEL 3Wenn du das Kommando hast, kommandiere

KAPITEL 4Wir haben alle unseren Froschparadewagen

KAPITEL 5Der einzige leichte Tag war gestern

KAPITEL 6In die Bresche springen

KAPITEL 7Sua Sponte

KAPITEL 8Wer wagt, der gewinnt

KAPITEL 9Hoffnung ist keine Strategie

KAPITEL 10Kein Plan überlebt den ersten Feindkontakt

KAPITEL 11Es macht sich bezahlt, ein Gewinner zu sein

KAPITEL 12Ein Hirte sollte wie seine Schafe riechen

KAPITEL 13Antreten zur Truppeninspektion

KAPITEL 14Was du überprüfst, kannst du auch erwarten

KAPITEL 15Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren

KAPITEL 16Im Zweifel lieber zu viel als zu wenig

KAPITEL 17Kannst du vor dem langen, grünen Tisch stehen?

KAPITEL 18Geh nie alleine schwimmen

Schlussgedanken

Es ist einfach

Danksagung

Über den Autor

EINLEITUNG

__________

Am Eingang zur Trainingsanlage der Basic Underwater Demolition/SEAL (BUD/S) steht ein zwei Meter großes Reptilienmonster, halb Mensch, halb Fisch, mit schwarzen Froschaugen und Schwimmhäuten zwischen Fingern und Zehen. Die Kiemen sind aufgebläht, es hält einen Dreizack in der Hand und trägt ein Schild um den Hals: DU WILLST ALSO FROSCHMANN WERDEN! Dieser Schrecken vom Amazonas fordert jeden heraus, der das Achterdeck überquert und den sogenannten Grinder betritt – einen asphaltierten Platz, auf dem man die nächsten sechs Monate Hunderte Stunden knallharte Calisthenics-Übungen und endlose Schikanen durch kampfgestählte Krieger über sich ergehen lassen muss; außerdem physischen und mentalen Schmerz, wie man ihn nie zuvor erlebt hat. Dazu kommt stundenlanges Schwimmen im eiskalten Meer, kilometerlange Sprints über weichen Sand, brutale Hindernisparcours und die alles übertreffende Höllenwoche.

Vierunddreißig Jahre nach Beginn meiner BUD/S-Ausbildung wurde ich zum »Bullfrog« ernannt1- dem Froschmann und Navy SEAL im aktiven Dienst mit den meisten Dienstjahren auf dem Buckel. In nahezu vier Jahrzehnten im Dienst habe ich eine Menge darüber gelernt, was man als Froschmann und als Anführer anderer Froschmänner draufhaben muss. Aber ich hatte auch die Ehre, zahlreiche andere Einheiten und Einzelpersonen anleiten zu dürfen: Green Berets, Rangers, Piloten der Air Force und Spezialkräfte; Marine Raiders, Infanterie, Schiffs- und U-Boot-Offiziere, Aufklärungsoffiziere und Polizisten, Beamte, Ärzte, Forscher, Techniker, Studenten und Dozenten. Vom Seekadetten über den Viersternegeneral bis zum Dekan der University of Texas System. Jeder Tag, jede Woche, jeder Monat, jedes Jahr, jedes Jahrzehnt brachten neue Lektionen in Sachen Führung mit sich. Einige Lektionen waren einfach, andere schmerzhaft, aber alle waren wertvoll. Alle Lektionen erwiesen mir gute Dienste dabei, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.

Leadership ist nie einfach, ob Sie Seekadett oder Admiral sind. Selbst diejenigen, die diese scheinbar mit Leichtigkeit tragen, tun sich oftmals schwer. Carl von Clausewitz, der große General des 19. Jahrhunderts und Autor des unübertroffenen Buches Vom Kriege, sagte einmal: »Es ist im Kriege alles sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig.« Als ich 2009 zum wiederholten Mal in Afghanistan im Einsatz war, las ich eine Fachzeitschrift für Außenpolitik. Darin fanden sich auch zwei von Akademikern der Ostküste verfasste Artikel. Die Professoren erläuterten, dass das US-Militär schlichtweg nicht verstanden habe, wie der Afghanistankrieg zu gewinnen sei. Sie schrieben in herablassendem Ton, dass das Militär doch nur Straßen bauen müsste, um die Dörfer mit den einzelnen Distrikten zu verbinden. Mit weiteren Straßen könnte man dann die Distrikte mit den Provinzen und schließlich die Provinzen mit der Hauptstadt verbinden. All diese Straßen zu bauen würde den Afghanen zu Wohlstand verhelfen, und sie wären stark genug, die Taliban zu besiegen. Das Militär müsste doch nur die Straßen bauen. Ehrlich? Wieso sind wir da nicht selbst draufgekommen? Nun, das sind wir! Allerdings ist es ziemlich schwierig, Straßen zu bauen, wenn man beschossen und mit Sprengsätzen angegriffen wird. Und genauso, liebe Leserin und lieber Leser ist es auch beim Führen. Alles bei Leadership ist einfach, es ist nur so, dass die einfachsten Dinge schwierig sind. Man könnte sagen: »Seid Männer und Frauen mit Integrität« oder »Führe von der Spitze her« oder »Kümmere dich um deine Truppen«, aber das ist schwierig umzusetzen. Wieso? Weil wir Menschen sind und alle unsere Eigenheiten, Schwächen und Defizite haben, die Einfluss darauf nehmen, wie wir andere führen. Aber so schwierig Leadership auch sein mag, es ist nicht kompliziert.

In seiner einfachsten Form besteht Leadership darin, »mit den verfügbaren Menschen und Ressourcen eine Aufgabe zu erledigen, während man gleichzeitig die Integrität der eigenen Institution aufrechterhält«. Ein guter Leader weiß nicht nur, wie er die Männer und Frauen inspirieren muss, die für ihn arbeiten, sondern auch, wie er die Menschen und Ressourcen managen muss, die nötig sind, um die Aufgabe zu erledigen. Aber beim Leadership geht es nicht nur darum, den Job zu tun. Es geht auch darum, den Ruf der eigenen Institution zu erhalten oder zu mehren. Wie oft haben wir von Sportprogrammen an Universitäten gehört, die zu herausragenden athletischen Leistungen führten, aber auf dem Weg an die Spitze in Skandale verwickelt wurden? Oder eine Finanzinstitution, die den Aktienbesitzern eine Menge Geld einbrachte, aber letztlich zusammenbrach, weil Gesetze gebrochen wurden? Wenn Sie als Leader gegenüber der Institution versagen, die Sie anführen, dann haben Sie versagt – Ende der Fahnenstange. Um es noch einmal zu betonen, Leadership ist schwierig, aber nicht kompliziert. Man braucht keine ausgefeilten Charts, Matheformeln oder einen komplexen Algorithmus, aber es erfordert ein gewisses Maß an Anleitung.

Wie können wir also die Schwierigkeiten von Leadership verringern? Nun, Tausende von Jahren haben sich Militär-Streitkräfte auf Mottos, Credos, Gleichnisse und Geschichten verlassen, um zu inspirieren, zu motivieren und Leader und Gefolgsleute gleichermaßen anzuleiten. Diese bieten auch eine Gedächtnisstütze, eine Art Pawlow’sche Konditionierung und einen inspirierenden Anschub, der dem Einzelnen inmitten von Unsicherheit eine Richtschnur für das Handeln sein kann.

Als ich im Militär diente, verließ ich mich häufig auf diese Leitsprüche, um mein Handeln daran auszurichten. Wann immer ich eine schwierige Entscheidung zu treffen hatte, stellte ich mir die Frage: »Kannst du vor dem langen, grünen Tisch stehen?« Seit dem Zweiten Weltkrieg wurden die Konferenztische für militärische Besprechungszimmer aus langen schmalen Tischplatten zusammengezimmert und mit grünem Filz bespannt. Wann immer ein formeller Vorgang stattfand, bei dem mehrere Offiziere eine Entscheidung treffen mussten, versammelten sie sich um diesen Tisch. Der Sinn des Spruches war einfach. Wenn man keine guten Argumente gegenüber den Offizieren vorbringen konnte, die um den langen, grünen Tisch saßen, dann sollte man seine Handlungen noch einmal überdenken. Jedes Mal, wenn ich eine wichtige Entscheidung treffen musste, fragte ich mich: »Kann ich vor dem langen grünen Tisch stehen und sicher sein, dass ich richtig gehandelt habe?« Es ist eine der fundamentalsten Fragen, die sich ein Leader stellen muss – und dieser altbewährte Spruch erinnert mich daran, welche Schritte ich unternehmen sollte.

Aber es gibt noch weitere Wahlsprüche, die gleichermaßen nützlich sind. Das Sua Sponte (auf eigenes Ermessen hin) der Army Ranger; das Motto des britischen Special Air Service, Wer wagt, der gewinnt; und das Mantra der SEALs, Der einzige leichte Tag war gestern. All diese Sprüche haben eine schillernde Geschichte und inspirierten Leader in vergangenen Zeiten dazu, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Sie waren eine Inspiration, um in der Hitze des Gefechts zu handeln, und sie dienten dazu, die Entschlusskraft des Leaders zu stärken und die Soldaten zu motivieren.

Diese Sprüche sind nicht einfach nur Worte, es sind Worte, die aus der Erfahrung geboren wurden, die sich unter Feuer bewährt haben und die allzu oft in Blut geschrieben wurden. Worte, an die man sich erinnern sollte, wenn man auf ein Problem reagiert.

In diesem Buch habe ich 18 dieser Wahlsprüche gesammelt, die mir während meiner Karriere als Richtschnur dienten: Mottos, Gleichnisse, Credos und Geschichten, die mir gute Dienste leisteten, wenn ich einen neuen Auftrag übernahm oder eine besonders schwierige Herausforderung als Leader überwinden musste.

In den 18 Kapiteln geht es um die Mischung aus Charaktereigenschaften und professionellem Handeln. Jeder Leader muss bestimmte persönliche Eigenschaften haben, wenn er gut führen will. Aber ein starker Charakter allein ist nicht genug, um erfolgreich zu sein. Als Leader müssen Sie in Aktion treten, um einen Plan zu erstellen, dessen Zweck zu kommunizieren, den Fortschritt zu überwachen und andere (sowie sich selbst) in die Verantwortung zu nehmen. Heute bilden charakterliche Eignung und entsprechendes Handeln gemeinsam die Bausteine, aus denen großartige Führungspersonen gemacht sind.

Der Weg zum Bullfrog war nicht einfach. Der Weg an die Spitze ist nie einfach, aber ich hoffe, Sie finden auf diesen Seiten die Anleitung, die Ihnen den Weg an die Spitze ebnet.

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1 Im ersten Jahr teilte ich mir die Auszeichnung mit meinem guten Freund Commander Brian Sebenaler, bis er 2012 in Pension ging.

KAPITEL 1Tod statt Ehrlosigkeit

Das Tragischste auf der Welt ist ein genialer Mann, der kein Ehrenmann ist.

— George Bernard Shaw

Ehre. Das klingt in der heutigen Sprache fast schon altmodisch. Die Ehre eines Gentlemans. Die Ehre einer Lady. Ehre Mutter und Vater. Der ehrenwerte Richter ... Über Tausende Jahre lang bedeutete Ehre etwas. Sie hatte Wert. Sie wurde – und wird immer noch – als entscheidend für die eigene Identität betrachtet. Ehren Sie Ihre Familie, indem Sie ein Ehrenmann oder eine Ehrenfrau sind? Ehren Sie Ihr Land, indem Sie ihm dienen, wenn es nötig ist? Ehren Sie Ihren Glauben, indem Sie fromm und ehrfürchtig sind?

Angeblich nahm der Satz »Tod statt Ehrlosigkeit« seinen Anfang bei den griechischen Stoikern, die eher starben, als ihre Werte zu verraten. Später wird Julius Caesar zitiert, der gesagt haben soll: »Ich liebe den Namen der Ehre, mehr als ich den Tod fürchte.« Die Samurai in Japan waren von einer Tradition der Ehre geprägt und stets bereit, lieber zu sterben, als ihren Dienst gegenüber dem Kaiser zu entehren. Und in der Neuzeit hat das United States Marine Corps offiziell den Spruch, »Tod statt Ehrlosigkeit« übernommen, nachdem sich der legendäre Marine Sergeant John Basilone das Motto auf den linken Arm tätowieren ließ.

Leider haben sich im Laufe der Jahrtausende auch Männer und Frauen einen Mantel der »Ehre« übergeworfen, die darunter so skrupellos und boshaft waren, wie man es sich nur vorstellen kann. Aber wahre Ehre – das Richtige aus den richtigen Gründen zu tun – ist die Grundlage echten Leaderships. Wenn Sie darüber verfügen, werden Ihre Kollegen Ihnen bei Ihrer Aufgabe folgen, über alle Bewährungsproben und Hindernisse hinweg. Doch ohne Ehre wird nichts, was Sie erreichen, von dauerhaftem Wert sein. Und wenn Sie Ihr Unternehmen entehren, Ihre Familie, Ihr Land oder Ihren Glauben, wird Ihr Vermächtnis als Leader für immer befleckt sein.

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Als ich mich in der großen Aula der United States Military Academy dem Podium näherte, war ich unweigerlich von den Kadetten, die vor mir standen, beeindruckt. Makellos gekleidet in ihren grauen Ausgehuniformen mit den Messingknöpfen und goldenen Streifen standen sie vor mir – die feinsten jungen Männer und Frauen Amerikas, die sich freiwillig gemeldet hatten, um in konfliktreichen Zeiten der US Army beizutreten, im Wissen, dass sie, wenn sie die Hände zum Schwur hoben, vermutlich während ihrer Dienstzeit in einem kriegerischen Konflikt eingesetzt werden würden.

Überall in dieser Aula fanden sich Erinnerungsstücke an die bemerkenswerten Soldaten, die vor ihnen gedient hatten: Grant, Pershing, Eisenhower, Patton und MacArthur. Die Symbole für die amerikanische Hingabe an Werte wie Pflicht, Ehre und Vaterland hingen an den Wänden.

Es war 2014 und als Commander des United States Special Operations Command war ich als Gastredner für das »500th Night«-Event eingeladen worden, eine Gala aus Anlass der letzten 500 Tage, bevor die jungen Kadetten an der West Point graduierten. Ich war weder Absolvent dieser Akademie noch ein Offizier der Army, also fühlte ich mich sehr geehrt über die Möglichkeit, mich an diese Menschen wenden zu können. Ich hatte meiner Rede den Titel »Die Armee aus der Sicht eines Matrosen« gegeben. Da ich die letzten zwölf Jahre neben einigen bemerkenswerten Soldaten gedient hatte, wollte ich die jungen Kadetten von meiner Perspektive profitieren lassen. Eine Perspektive, die nicht von meiner Dienstuniform beeinflusst wurde.

Ich stellte zuerst klar, dass die Armee, der sie sich anschlossen, weder die Armee war, die am Hudson River gekämpft hatte, noch die Armee der Geschichtsbücher oder die Armee, die auf den zahlreichen Wandgemälden auf dem Campus abgebildet war. Es war die heutige Armee, mit den Problemen der Soldaten von heute; Soldaten, die echte Leadership benötigten. Leadership hört sich in den Büchern einfach an, sagte ich, aber im echten Leben ist es schwierig. Leadership ist schwierig, denn es handelt sich um eine menschliche Interaktion, und nichts ist herausfordernder, frustrierender oder komplexer, als Männer und Frauen in schwierigen Zeiten zu führen. Die Offiziere, die sich dabei bewähren, verdienen Respekt, denn leider wird die Aufgabe oft mehr schlecht als recht erledigt.

Ich hatte diese letzten Worte sorgfältig gewählt, denn am selben Tag war ich am Ehrenkodex der Kadetten vorbeigegangen, der in Glas geätzt eine Steinwand auf dem Gelände der Akademie ziert. Der Kodex ist einfach, aber sehr wirkungsvoll. Er lautet:

»Ein Kadett wird nicht lügen, betrügen, stehlen oder diejenigen tolerieren, die es tun.«

Unter dem Ehrenkodex steht das Missionsstatement der United States Military Academy. Die Mission von West Point besteht nicht darin, Genies vom Range eines Patton hervorzubringen, Viersternegeneräle oder Präsidenten der Vereinigten Staaten. Vielmehr besteht die Mission darin, »charakterliche Leader« hervorzubringen. Und der Ehrenkodex liefert das Fundament für diesen Charakter. Der Kodex soll junge Männer und Frauen motivieren, die danach streben, »sich über ein durchschnittliches Leben zu erheben«.

Kein normales Leben leben: Edel zu sein, wenn andere auf Prinzipien verzichten; ehrenvoll zu sein, wenn andere es an Ehre mangeln lassen; integre Männer und Frauen zu sein, wenn andere unehrlich sind. Als ich andere anführte und selbst von großartigen Offizieren in allen Zweigen der Streitkräfte geführt wurde, entdeckte ich, wie wichtig Charakter und ein persönlicher Ehrenkodex sind, um uns durch schwierige Zeiten zu helfen.

Wenn man sieht, wie Generäle zu Fall kommen und deren Charakterfehler enthüllt werden, könnte man auf die Idee kommen, dass der Kodex nur aus leeren Worten besteht, die leicht zu beeindruckende junge Männer und Frauen inspirieren sollen. Allzu leicht stumpft man durch die hässlichen Seiten des Lebens ab und wird zynisch, wenn unsere vermeintlichen Helden straucheln. Aber machen Sie sich keine falschen Vorstellungen: Wenn Sie ein guter Leader sein wollen, benötigen Sie einen persönlichen Verhaltenskodex als Ankerpunkt für Ihre Entscheidungen und Handlungen. Ein Anker, der Sie mit einem sicheren Hafen verbindet, wenn Sie auf Irrwege geraten. Wir sind alle Menschen. Wir treffen schlechte Entscheidungen. Wir handeln töricht. Wir tun Dinge, die wir bedauern. Aber dennoch sollten wir alle danach streben – mit allem, was wir haben –, ehrenhaft zu sein.

Als ich mich 1978 den SEAL-Teams anschloss, waren alle Soldaten im aktiven Einsatz Vietnamveteranen. Sie waren tough, vorlaut, respektlos und hatten manchmal Mühe, sich unterzuordnen, aber ihr Charakter war vom Geist der Ehre geprägt. Auch wenn sie einen schwierigen, dreckigen Krieg hinter sich hatten, der ihre Menschlichkeit manchmal auf die Probe gestellt hatte, verstanden sie, dass sie Männer mit Integrität - Ehrenmänner - sein mussten.

Und wie ihre Ahnen aus dem Vietnamkrieg haben auch die heutigen SEALs gelegentlich finstere Schatten, aber der Verhaltensstandard ist immer noch sehr hoch angesiedelt. 2006 haben die SEALs diesen Verhaltensstandard im Navy SEAL-Ethos festgelegt, der sich in Auszügen folgendermaßen liest:

Ich diene mit Ehre auf und abseits des Schlachtfelds ... Kompromisslose Integrität ist mein Maßstab ... An mein Wort bin ich gebunden.

Der SEAL-Ethos ist ein Spiegelbild des Verhaltenskodex vieler anderer Militäreinheiten. Das Credo der Army Ranger lautet: »Ich werde stets danach streben, das Ansehen, die Ehre und den starken Korpsgeist meines Ranger-Regiments aufrechtzuerhalten.« In ähnlicher Weise lautet das Credo der Green Berets: »Ich schwöre, die Ehre und Integrität des Erbes [der Green Berets] hochzuhalten, in meinem ganzen Wesen – und meinen Taten.« Marine Raiders: »Ich werde die Ehre und das Vermächtnis und die Werte aufrechterhalten, die mir übergeben sind. Ich werde stets das Richtige tun ... Ich werde weder Schande über mich noch über die bringen, mit denen ich diene.«

Aber natürlich gibt es das nicht nur beim Militär. Das Gesetz der Jungpfadfinderinnen besagt: »Ich werde mein Bestes tun, um ehrlich und fair zu sein ... [und] die Welt zu einem besseren Ort zu machen.« Der Eid der Jungpfadfinder lautet: »Bei meiner Ehre werde ich mein Bestes geben ... und moralisch aufrecht [sein].« Und ich glaube, der ursprüngliche hippokratische Eid fängt die Bedeutung eines Credos wie kein Zweiter ein. Der letzte Abschnitt des hippokratischen Eides lautet: »Wenn ich diesen Eid treu und ohne Falsch erfülle, möge mir die Fülle des Lebens zuteilwerden ... und Respekt unter allen Menschen für alle Zeiten. Wenn ich jedoch diesen Eid übertrete und verletze, soll das Gegenteil mein Schicksal sein.«

Es gibt stets Beispiele erfolgreicher Menschen, die skrupellos sind, die keinen moralischen Kompass haben, aber Milliarden Dollar gescheffelt und ihre Branche zu neuen Höhen geführt haben. Aber häufig führt dieser Mangel an Integrität – die Entscheidung, das Falsche zu tun und nicht, was recht ist – zu einer toxischen Arbeitskultur, einem gescheiterten Unternehmen oder einer persönlichen Tragödie.

Wenn Sie Ihren Eid brechen, Ihren Verhaltenskodex, die grundlegende Anständigkeit, mit der Sie Ihr Leben und Ihr Unternehmen führen sollten, werden Sie den Respekt der Männer und Frauen verlieren, denen Sie dienen, und das Gegenteil wird zu Ihrem Schicksal werden.

Das Richtige zu tun, ist von entscheidender Bedeutung, denn wenn ein Leader dies auf täglicher Basis zur Schau stellt, wird es die Kultur der Institution verändern und die nächste Generation von Leadern hervorbringen. Wenn Sie ein Mensch sind, dem es an Charakterstärke mangelt, wird die Kultur Ihres Unternehmens das widerspiegeln, und Sie werden die nächste Generation an Leadern zum Scheitern verurteilen.

Ich habe häufig gehört, dass es schwierig sei, herauszufinden, wie man das Richtige tut. Nein, ist es nicht! Sie wissen stets, was das Richtige ist, manchmal ist es nur sehr schwer, entsprechend zu handeln. Es ist schwer, weil Sie vielleicht einen Fehler zugeben müssen. Es ist schwer, weil die richtige Entscheidung möglicherweise Auswirkungen auf Ihre Freunde und Kollegen hat. Es ist schwer, weil Sie eventuell nicht persönlich davon profitieren, das Richtige zu tun. Ja, es ist schwer. Das nennt man Leadership.