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Als kleiner Junge träumte US-Admiral William H. McRaven, Autor des Bestsellers Mach dein Bett, davon, ein Superheld zu sein. Er sehnte sich danach, sich einen Umhang umzulegen und mit seinen Superkräften die Erde vor der Zerstörung zu bewahren. Als er älter wurde und viel von der Welt sah, fand er überall echte Helden – und keiner von ihnen hatte Superkräfte oder trug einen Umhang. Aber sie alle besaßen Qualitäten, die ihnen die Kraft gaben, anderen zu helfen, etwas zu verändern und so die Welt zu retten. Zu diesen Qualitäten zählen unter anderem Mut, Bescheidenheit, Opferbereitschaft und ein tiefer Sinn für Integrität. Dieses Buch erzählt die Geschichten dieser besonderen Menschen. Es ist ein Verhaltenskodex: Lektionen in Tugenden, die zu den Grundlagen unseres Charakters werden und mit denen wir uns ein Leben aufbauen können, das Ehre und Respekt verdient.
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Seitenzahl: 116
William H. McRaven
DER HERO CODE
William H. McRaven
DER HERO CODE
10 Dinge, die ich von mutigen Menschen gelernt habe und die auch dein Leben verändern
riva
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
1. Auflage 2021
© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Die englische Originalausgabe erschien 2021 bei Grand Central Publishing, einem Imprint der Hachette Book Group, Inc., unter dem Titel The Hero Code. © 2021 by William H. McRaven. All rights reserved.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Peter Peschke
Redaktion: Rainer Weber
Umschlaggestaltung: Karina Braun, München
Satz: Carsten Klein, Torgau
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
eBook by tool-e-byte
ISBN Print 978-3-7423-1908-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1627-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1628-5
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
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Ich widme dieses Buch all den bemerkenswerten Frauen und Männern, die gegen die COVID-19-Pandemie gekämpft haben, damit wir Übrigen leben und mit unseren Leben fortfahren konnten – all jenen aus der Wissenschaft und dem Gesundheitswesen, jenen, die uns mit Waren und Dienstleistungen versorgen und beliefern, sowie jenen, die die Sicherheit auf unseren Straßen gewährleisten. Wenn es jemals Menschen gab, die sich des Heldentitels als würdig erwiesen haben, dann seid ihr es. Danke für alles, was ihr getan habt.
Inhalt
Einführung
Kapitel eins: Mut
Kapitel zwei: Bescheidenheit
Kapitel drei: Opferbereitschaft
Kapitel vier: Integrität
Kapitel fünf: Mitgefühl
Kapitel sechs: Beharrlichkeit
Kapitel sieben: Pflicht
Kapitel acht: Hoffnung
Kapitel neun: Humor
Kapitel zehn: Vergebung
Epilog
Der Hero Code
Danksagung
Über den Autor
1960, da war ich fünf Jahre alt, war mein Vater, ein Offizier der Luftwaffe, im französischen Fontainebleau stationiert. Er war Abkommandierter des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE), des Obersten Hauptquartiers der Alliierten Streitkräfte in Europa. Wir lebten in einem alten dreigeschossigen Haus in einer abgelegenen Gegend namens Bella Woods. Da es zu Hause nur wenige moderne Annehmlichkeiten und keinen Fernseher gab, verschlang ich als Heranwachsender amerikanische Comic-Hefte: Batman, Spider-Man, Die Fantastischen Vier, die X-Men, Hulk, Thor und Aquaman. Aber es gab einen Helden, der meine Fantasie ganz besonders beflügelte. Ein waschechter Amerikaner. Sein Kostüm war rot, weiß und blau. Er stammte aus einer Kleinstadt in Kansas und er hatte unglaubliche Kräfte. Schneller als eine Pistolenkugel, mit einem Satz konnte er auf die Dächer hoher Gebäude springen, unentwegt rettete er Frauen, Kinder und Männer in Not. Er war »der Held der Hilflosen und Unterdrückten«. Während des Krieges hatte mein Held gegen Nazis, Faschisten, imperiale Warlords und fünfte Kolonnen jeder Couleur gekämpft. In Zusammenarbeit mit amerikanischen Soldaten und Seemännern »wagte er sich hinaus in eine gigantische Schlacht um die Zukunft der Demokratie«, und er gewann. Er war der Man of Steel der Action-Comics: Superman!
Ich wollte unbedingt wie Superman sein. Es gab im ganzen Haus kein Handtuch, das nicht irgendwann als Cape herhalten musste. Ich sprang von Stühlen, Sofas, Tischen, was immer sich anbot, meinen Helden nachzuahmen. Eines Tages, wenn die Welt wieder in Schwierigkeiten wäre, würde Superman zu ihrer Rettung eilen, das wusste ich. Vielleicht könnten er und ich uns zusammentun. Batman hatte Robin; warum sollte Superman keinen Sidekick haben können?
1963 wurde mein Vater zurück in die Vereinigten Staaten versetzt. Meine Familie und ich reisten nach Calais, Frankreich, gingen an Bord des Ozeandampfers SS United States und legten nach viertägiger Reise in New York City an. Kaum dass wir im Hotel eingecheckt hatten, schaltete ich den Fernseher ein. Und dort, in fantastischem Schwarz-Weiß, war mein Held; von Gebäude zu Gebäude springend, Kugeln an ihm abprallend, rettete er Lois Lane – und all das spielte sich in der Stadt Metropolis ab. Metropolis, New York City. Ich war hier, in Metropolis. Wenn ich hier war, dann war vielleicht, vielleicht nur, auch Superman hier.
Während der folgenden Tage erkundeten mein Vater und ich die Stadt. Wir schauten uns alles an – das Empire State Building, die Weltausstellung, den Times Square. Doch während wir uns unseren Weg durch die Schluchten der Wolkenkratzer bahnten, schaute ich ständig nach oben, in der Hoffnung, einen Blick auf den Mann aus Stahl zu erhaschen. Gelegentlich machte mein Vater halt und fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Sicher, sicher, alles gut. Was sollte ich sagen, ich war damals acht Jahre alt – viel zu alt, um noch wirklich an Superman zu glauben. Mein Verstand wusste, dass er nur eine Figur aus einem Comic-Heft war, aber mein Herz, oh mein Herz, das hoffte aufrichtig, dass es ihn wirklich gab. Denn wenn es Superman wirklich gäbe, dann könnteer alle Probleme der Welt lösen. Nichts war zu schwierig für Superman. Die Nazis konnten ihn nicht aufhalten. Aliens konnten ihm nichts anhaben. Kein Verbrecher war klug genug, als dass er meinen Helden hätte austricksen können.
Schließlich hielt mein Vater mich an, stehenzubleiben, und er fragte mich: »Bill, was ist denn los?« Ich schämte mich, es ihm zu sagen, aber nach einigem väterlichen Insistieren antwortete ich schließlich: »Na ja, New York City ist doch Metropolis, und ich …« Ich zögerte. »Ich hatte gehofft, ich würde Superman sehen.« Dad lächelte, legte seinen Arm um mich, zeigte auf einen New Yorker Polzisten und sagte: »Junge, das ist der Mann, der New York City beschützt.«
Wenn man im Alter von acht Jahren bereits eine Epiphanie haben kann, nun, dann war dies die meine. Wenn es Superman nicht wirklich gab, wer würde dann die Welt retten? Wenn Superman oder Batman oder Spider-Man nicht kämen, wie würden wir dann die Verbrecher, die Nazis, die Sowjets, die Außerirdischen und all die Gewalt, all die Zerstörung aufhalten? Die Antwort lag auf der Hand: Es lag an uns selbst.
Mit der Zeit fixierte ich mich auf die Helden aus dem wahren Leben: Astronauten, die danach strebten, zum Mond zu gelangen, Ärzte, die Impfstoffe schufen, um Millionen Leben zu retten. Zivile Führungsfiguren, die für die Rechte der Unterrepräsentierten marschierten. Politische Führungsfiguren, die neue Regierungen bildeten und dem Volk eine Stimme gaben. Dekorierte Soldaten, die aus Korea und später aus Vietnam zurückkehrten. Sportler, die die Beschränkungen überwanden, die ihnen wegen ihrer Hautfarbe auferlegt waren. Abenteurer, die höher kletterten, tiefer tauchten, weiter hinaussegelten und das Unbekannte erkundeten. Visionäre, die versuchten, die Luft zu reinigen, die Meere zu retten und die fragilen Ökosysteme zu schützen. All diesen bemerkenswerten Männern und Frauen galt meine Bewunderung, aber ich hatte dabei stets im Hinterkopf, dass ich kein bisschen wie sie war. Sie waren klüger, stärker, mutiger. Sie hatten all die Eigenschaften, an denen es mir mangelte. Sie hatten Superkräfte, über die ich schlicht nicht verfügte. Deshalb waren sie Helden, und deshalb waren sie die einzigen Menschen, die die Welt retten konnten.
Doch da irrte ich mich.
1977 machte ich meinen Abschluss an der University of Texas in Austin und trat den Navy SEALs bei. Während der darauffolgenden siebenunddreißig Jahre bereiste ich die Welt. Ich sah die schlimmsten Seiten der Menschheit: Krieg und Zerstörung, Krankheit und Armut, Grausamkeit und Gleichgültigkeit. Die Welt war voller Probleme, scheinbar kaum zu bewältigende, unlösbare, unmögliche Probleme! Doch in diesen siebenunddreißig Jahren habe ich auch die besten Seiten der Menschheit gesehen: Männer und Frauen, die sich für den Frieden einsetzten, die ganze Nationen wieder aufbauten, die Krankheiten heilten und den Armen aus ihrer Not heraushalfen. Männer und Frauen, deren Mitgefühl so tiefgreifend war, dass die Grausamkeit und Gleichgültigkeit anderer daneben verblassten; Männer und Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, mit den unterschiedlichsten sozioökonomischen Biografien, Menschen aller Ethnien und Glaubensrichtungen, Menschen jedweden Geschlechts und jedweder sexueller Orientierung.
Mir wurde bewusst, dass in jedem von uns ein Held steckt. Seit Anbeginn der Menschheit gibt es einen immanenten Code, einen Kodex also. Er ist in unsere DNA eingeschrieben. Er hat die von Afrika ausgehende globale Ausbreitung der Menschheit vorangetrieben. Er rief die Entdecker dazu auf, durch Wüsten und über Ozeane zu reisen. Er half, die großen Religionen zu erschaffen. Er ermutigte die frühen Wissenschaftler und Philosophen. Er nährte die Kranken und Gebrechlichen. Er sprach die Wahrheit zu den Massen. Er brachte Ordnung ins Chaos und gab den Verzweifelten Hoffnung. Dieser Code ist keine Chiffre und auch keine Geheimschrift; er ist kein Rätsel, das es zu lösen gilt. Er ist ein Moralkodex, ein innerer Verhaltenskodex, der die Menschheit antreibt zu erkunden, zu fördern, zu trösten, zu inspirieren und zu lachen, damit Gesellschaften gedeihen können.
Dies ist ein Buch über Helden und die Tugenden, die ihnen innewohnen. Womöglich fragen Sie sich, ob Sie jemals so tapfer, mitfühlend oder bescheiden sein können, wie es die Männer und Frauen in diesen Geschichten sind. Glauben Sie mir, das können Sie! Einigen fällt es von Natur aus leichter, den Hero Code zu leben. Aber die meisten von uns müssen erst lernen, wie diese Tugenden sich ans Licht bringen lassen. Wir müssen sie im Leben anderer erblicken und versuchen, sie in uns selbst zu spiegeln. Wir müssen diese Eigenschaften durch kleine Schritte aufbauen, bis sie schließlich zum Fundament unseres Charakters werden.
Ich hoffe, dass Ihnen die Geschichten in diesem Buch und die darin enthaltenen Lektionen in Sachen Charakter von Wert sein werden, wenn Sie Ihr eigenes Leben aufbauen, ein Leben, das den Respekt anderer verdient. Die schmerzliche Wahrheit lautet: Superman wird uns nicht retten. Jeder von uns wird seinen Teil beitragen müssen. Jeder von uns wird den Helden in sich finden und zum Vorschein bringen müssen. Also, schnappen Sie sich ein Handtuch, steigen Sie auf einen Stuhl, und wagen Sie mit mir den Sprung!
Als ich in die große Kommandozentrale des Hauptquartiers meiner Spezialeinheit in Tampa kam, rief ein Sergeant in Camouflage-Uniform die Soldaten zur Achtung. Alle standen von ihren Schreibtischen auf und standen stramm, bis ich mich an den Haupttisch gesetzt hatte.
»Nehmen Sie bitte Platz«, verkündete ich.
Es war das tägliche Kommando-Briefing, und mehr als einhundert Soldaten, Navy-Leute, Marines, Angehörige der Air Force und Zivilisten befanden sich im Raum, allesamt darauf vorbereitet, mich, den Vier-Sterne-Admiral, mit Informationen zu den Ereignissen der vorangegangenen Nacht zu versorgen.
An der neun Meter hohen Wand vor mir befanden sich mehrere 70-Zoll-Flachbildschirme, von denen jeder einzelne wichtige Informationen zu unseren weltweit laufenden Sondereinsätzen zeigte. In der Mitte der Wand befand sich eine riesige Ansammlung von Kameras und Mikrofonen, die mir Videokonferenzen mit meinen Kommandeuren ermöglichten.
Mir zur Seite saß mein Command Sergeant Major, Chris Faris, ein hochdekorierter Ranger und Operator bei den Special Forces. Faris und ich hatten seit fünf Jahren zusammengearbeitet. Ich betrachtete ihn als unentbehrlich. Aber als ich mich ihm zuwandte, um ihn zu grüßen, war mir klar, dass etwas nicht in Ordnung war. Er war still und erwiderte meinen Gruß mit einem schlichten Kopfnicken.
An der anderen Seite des Kommandozentrums begann ein junger Offizier damit, die Ergebnisse der Missionen der vorangegangenen Nacht zusammenzufassen. Er hakte einige Ranger- und SEAL-Einsätze in Afghanistan ab, sprach über ein paar Trainingsprogramme in Afrika, und dann kam er zu der Auflistung der Todesopfer. Im Stillen sprach ich ein Gebet, als der Offizier zu sprechen ansetzte.
»Sir, letzte Nacht wurden drei unserer Soldaten in der Provinz Kandahar getötet: PFC Christopher Horns, Sergeant First Class Kris Domeij und …« Er machte eine Pause. »Lieutenant Ashley White aus dem Cultural Support Team.«
Ich holte tief Luft.
»Was ist passiert?«, fragte ich mit der gebotenen Fassung.
»Sir, die Ranger haben einen Routineeinsatz in Kandahar durchgeführt, und das Gelände der Taliban war mit Sprengfallen versehen. Die beiden Ranger und Lieutenant White sind auf eine Druckmine getreten, die daraufhin explodierte. Die Ranger waren sofort tot.« Wieder hielt der junge Offizier inne und mühte sich, den nächsten Satz herauszubringen.
»Lieutenant White wurde bei der Explosion schwer verwundet.« Er zögerte. »Der Ambulanzhelikopter flog sie nach Kandahar, aber im Krankenhaus ist sie verstorben.«
Jeder im Raum schaute entweder zu Boden oder auf mich.
Es ist niemals einfach, Soldaten zu verlieren. Die Leben der beiden Ranger waren keinen Deut weniger wertvoll, aber dem Vater in mir, dem Vater einer Tochter, die in etwa so alt war wie Ashley, fiel es irgendwie besonders schwer, ihren Verlust zu akzeptieren. Es war nicht die erste Frau, die ich im Gefecht verloren hatte, aber dieses Mal war es etwas Persönliches. Ashley White wäre niemals bei diesem Einsatz dabei gewesen – wenn nicht meinetwegen.