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Für alle coolen Mädels: Die Abenteuer der Wilden Küken gehen weiter! Zum Inhalt: Kühe melken ist ein Klacks. Von wegen! Wie schwer das ist, merken die Wilden Küken und die Grottenolme schnell, als sie den Sommer auf der Alm verbringen. Aber natürlich sind die milchverweigernden Tiere nicht die einzige Herausforderung, die in den Bergen auf die beiden Banden warten: Jede Menge Liebeleien, Eifersucht und witzige Streiche sind ebenfalls dabei! Alles zu den Wilden Küken: wildekueken.de
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Das hohe Gras wiegte sich im lauen Sommerwind, die Vögel zwitscherten und die Grillen zirpten, als hätte die ganze Welt Ferien. Hoch oben am blauen Himmel schwebten Schäfchenwolken und unter den Planken des Stegs gluckste träge der Weiher. Nur die Wilden Küken schufteten. Inmitten der Weiherwiese gruben sie ein Loch. Lilli und Bob schaufelten und Very und Enya schafften den Aushub beiseite. Wieder stieß Lilli den Spaten in den lehmigen Grund und wieder lockerte sie die Erde. Keuchend kippte Bob eine weitere Schaufel in den Eimer. »Ziemlich anstrengend für einen ersten Ferientag!« Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, hockte sich auf den Rand des knietiefen Erdlochs und verschnaufte kurz.
Lilli strich sich ihre rotbraunen Locken aus dem erhitzten Gesicht und blickte hinüber zur Mystery. Wie immer, wenn sie das Schiff mit der kleinen Kajüte und dem bunten Huhn als Galionsfigur betrachtete, schlug ihr Herz höher. Obwohl die Mystery fest am Steg vertäut war, schaukelte sie ganz sanft auf dem Weiher. Der Wind kräuselte das Wasser, leise knarzten die Taue, und in der Kajüte gackerten die Hühner der Wilden Küken. Noch bevor Enya Mitglied ihrer Bande geworden war, hatten Lilli, Bob und Very das alte Schiff von ihrem selbst verdienten Geld bei einem Schrotthändler unten am Fluss gekauft und gemeinsam wieder auf Vordermann gebracht. Das war lange her, aber der Anblick ihres schwimmenden Bandenquartiers erfüllte Lilli immer noch mit Stolz.
Very kehrte mit einem leeren Eimer vom Ufer zurück und löste Bob an der Schaufel ab. »Ich freu mich jetzt schon auf die Gesichter der Jungs!«
»Sie dürfen uns nur nicht erwischen, bevor wir hier fertig sind!« Lilli stützte sich auf den Spatenstiel und ließ ihren Blick Richtung Keltenwald schweifen.
»Keine Sorge, die sind alle im Schwimmbad!« Ächzend hievte Enya den nächsten vollen Eimer in die Höhe. »Erik hat mich per SMS gefragt, ob ich auch hinkomme.« Sie seufzte kurz, schleppte den Aushub am Steg vorbei und kippte ihn hinter das dichte Weidengestrüpp am Ufer.
Lilli kniff die Augen zusammen. Hatten sich da am Waldrand jenseits der Weiherwiese eben etwa die Zweige bewegt? Genau dort, wo sich zwischen den alten Buchen der Hochsitz der Grottenolme verbarg?
Very hob ebenfalls den Kopf und lauschte. »Nur der Wind!«, sagte sie und grub weiter.
Genau wie die Wilden Küken waren auch die Grottenolme eine Bande. Und natürlich hatten Ole, Little, Mitch und Erik auch ein Bandenquartier: die Grottenolmgrotte, eine kleine Felshöhle mit einer Hütte als Vorbau. Die Jungs nannten sich Olme, weil sich das Wort aus den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen ergab. Die vier hatten Lilli, Bob, Very und Enya schon so manchen Streich gespielt. Erst gestern wieder. Denn wer, wenn nicht die Grottenolme, käme am letzten Schultag vor den Ferien auf die Idee, Weintrauben in den Schuhen der Wilden Küken zu verstecken? Wenn sie nur daran dachte, wie sie nach dem Sportunterricht in ihre Segeltuchschuhe geschlüpft war, fühlte Lilli sofort wieder den Traubenmatsch zwischen den Zehen. Wütend rammte sie den Spaten in die Erde. Wütend – aber auch voller Vorfreude auf die Rache der Wilden Küken. »Das wird die beste Olmfalle der Welt!«, zischte sie und ruckelte die Erde locker.
»Senza dubbio!« Bob wuchtete sich einen vollen Eimer auf die Schulter. »Ganz ohne Zweifel!« Sie verzog das Gesicht. »Aber auch die anstrengendste!«
Bob hieß eigentlich Roberta und ihre Mutter war Italienerin. Auch wenn Bob nicht richtig Italienisch sprechen konnte, rutschten ihr doch manchmal ein paar italienische Wörter heraus.
Eine geschlagene Stunde gruben, schaufelten und schleppten die Wilden Küken. Dann ließen sie Schaufeln und Eimer fallen und hockten sich erschöpft und stolz zugleich auf den Rand ihres Erdlochs. Das Loch war jetzt so tief, dass sogar Verys lange Beine frei in der Luft baumelten. Und selbst wenn sie ihren Fuß ausstreckte, konnte sie den Boden nur mit der großen Zehe berühren.
Enya wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Habt ihr auch so großen Durst?«
»Hoffentlich haben wir noch Holunderlimo in der Vorratskiste!« Lilli lief zum Steg und kletterte die Leiter hinauf an Deck. Sie klappte die Luke hoch und stieg die schmale Treppe hinunter in den Bauch des Schiffes. Draußen vor den Bullaugen glitzerte die Sonne auf dem Weiher, Spiegelungen tanzten über die Schiffswand. Lilli öffnete die Vorratskiste und kehrte mit vier Flaschen Holunderlimonade zurück an Deck, wo ihre Freundinnen die Hühner bereits aus der Kükenkajüte gelassen hatten. Bob hockte, an die offene Kajütentür gelehnt, auf den Planken und lachte. Ihr Huhn Bussi hackte mit dem Schnabel auf ihren nackten Zehen herum, als wären menschliche Zehen das ideale Hühnerfutter.
Lilli stellte die Limoflaschen ab und lockte Flocke zu sich. »Put, put, put, Schneeflöckchen … put, put, put, Flocke!« Mit den Flügeln schlagend, hüpfte Lillis weißes Huhn in ihre geöffneten Arme.
Enya und Very knieten in der Kükenkajüte und durchsuchten das Stroh nach Eiern. Verys Huhn Birdie beobachtete die beiden mit ruckendem Kopf, während Enyas schwarze Ines ihrer Besitzerin auf den Kopf flatterte.
»Au, das ziept!« Enyas Haare, die fast noch schwärzer glänzten als Ines’ Federn, hatten sich in den Krallen verfangen, und es dauerte eine Weile, bis sie ihr Huhn zurück ins Stroh setzen konnte.
Very stellte die vier Eier, die sie gefunden hatten, vorsichtig in die Eierbox und setzte sich dann genau wie Enya zu Lilli und Bob auf die Schiffsplanken.
Die Wilden Küken tranken Holunderlimonade, streichelten ihre Hühner und lobten sich gegenseitig für das stattliche Loch in der Weiherwiese.
»Wer kriegt diesmal die Eier?«, fragte Bob.
»Lilli ist dran!«, antwortete Enya und versuchte gleichzeitig, Ines daran zu hindern, Löcher in ihre selbst gehäkelten Socken zu picken.
Lilli verstaute die Eierbox in ihrem Rucksack. Bevor sie ihn wieder zumachte, nahm sie noch schnell ihr Handy heraus und warf einen Blick auf das Display. Keine neuen Nachrichten. »Wollt ihr das Baby sehen?«, fragte sie.
Drei Augenpaare blickten sie verwundert an.
»Der Geburtstermin ist in ungefähr drei Wochen, aber so genau kann man das nie wissen, sagt zumindest Luisas Hebamme …« Lilli scrollte durch den Fotospeicher. »Ich hab das neueste Ultraschallfoto abfotografiert.«
Luisa war die Frau von Lillis Vater Stefan und außerdem Bobs Tante und Lehrerin an Lillis Schule. Englisch und Chemie – nicht gerade Lillis Lieblingsfächer. Luisa war nicht Lillis leibliche Mutter, und es hatte ein bisschen gedauert, bis die beiden sich aneinander gewöhnt hatten. Aber inzwischen waren Lillis Vater, Luisa und Lilli eine richtige kleine Familie geworden. Und schon bald würden sie nicht mehr nur zu dritt, sondern zu viert sein.
Neugierig beugten sich Lillis Freundinnen über das Handy.
»Man sieht, was es wird!«, kichernd deutete Very auf das Foto des ungeborenen Babys. »Das hier könnte doch ein …!«
»Das ist ein Arm, du Dummkopf!«, sagte Enya.
»Oder ein Fuß!« Bob legte den Kopf schräg.
»Ich will das gar nicht wissen.« Lilli strich mit der Fingerspitze über das winzige Wesen auf dem Display. »Papa und ich wollen uns doch überraschen lassen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird!«
»Tante Luisa weiß es aber schon längst!«, sagte Bob. »Und nicht nur sie! Wir alle wissen, dass es …«
»Pscht!« Lilli ließ das Handy fallen und hielt sich erschrocken die Ohren zu. »Kein Wort! Ich will nichts hören!«
Bob schmunzelte und artikulierte so laut und deutlich, dass Lilli es auch mit zugehaltenen Ohren mitkriegen musste: »Ich sage ja nur, dass es ein Junge wird …«, Bob machte eine lange Pause und fügte dann lachend hinzu, »oder ein Mädchen. Eins von beiden!«
Scherzhaft verpasste Lilli Bob eine Kopfnuss und packte das Handy zurück in ihren Rucksack. »Wir haben noch viel zu tun, wenn das wirklich die beste Olmfalle der Welt werden soll!« Sie wies über die Reling hinweg auf das Erdloch.
Die Wilden Küken schafften die Hühner zurück in die Kükenkajüte und kletterten wieder von Bord. Very ging zu den Fahrrädern, die am Stegpfosten lehnten, und nahm einen Kosmetikkoffer von ihrem Gepäckträger. »Seit sie auf alles Mögliche allergisch ist, benutzt meine Mutter das ganze Zeug hier nicht mehr«, erklärte sie und kippte den Inhalt des Kosmetikkoffers auf die Stegplanken. Flakons, Tiegelchen und Tuben, Fläschchen und Zerstäuber kullerten durcheinander und verströmten auch ungeöffnet einen intensiven Duft.
Lilli holte die Plastiktüte aus ihrem Fahrradkorb und schüttelte jede Menge bunter Luftballons heraus. Schreinerei Stefan Holler stand in verschrumpelten Buchstaben auf den Ballons, die Lillis Vater als Werbegeschenke zum fünfzehnjährigen Bestehen seiner Werkstatt hatte anfertigen lassen. Durch einen Irrtum bei der Bestellung waren ihm nicht hundert, sondern tausend Stück geliefert worden.
Vor lauter Vorfreude auf ihren Coup vergaßen die Wilden Küken all die Mühen des Grabens.
»Wetten, dass die Olme im ganzen Leben noch nie so gut gerochen haben!« Kichernd stülpte Lilli das Mundstück eines Ballons über die Spitze des Trichters, mit dem sie gewöhnlich das Wasser in die Hühnertränken füllten. »Kann losgehen!«
Very öffnete eins der Parfümfläschchen und leerte es in den Trichter.
Bob schöpfte mit der kleinen Gießkanne Wasser aus dem Weiher und goss es durch den Trichter in den Luftballon, der sich immer praller füllte. Enya nahm den Trichter weg, Lilli dehnte das Mundstück des Ballons und verknotete es. Inzwischen ließ Very schon ein anderes Parfüm durch den Trichter in den nächsten Ballon rieseln. Bald lagen mehrere Reihen fertiger Duftwasserbomben auf dem Steg.
Mit äußerster Vorsicht trugen die Wilden Küken die schwabbelnden Ballons über die Weiherwiese und versenkten einen nach dem anderen im Erdloch.
Erst als die Olmfalle restlos ausgepolstert war, spannten Lilli, Bob, Very und Enya das große Tarnnetz darüber. Dann holten sie Stroh aus dem verblichenen Igluzelt, in dem sie die Streu für ihre Hühner aufbewahrten, und verteilten es auf dem Netz. Lilli lief ein Stück weit Richtung Waldrand und begutachtete ihr Werk. »Das schnallen die Olme nie!« Von hier oben war nichts Verdächtiges zu erkennen. Weder das Erdloch noch das Tarnnetz. Die Stelle sah so aus, als hätten die Wilden Küken beim Ein- und Ausräumen des Zelts einfach achtlos ein wenig Stroh verstreut.
Die Wilden Küken packten ihre Sachen zusammen und verabschiedeten sich von Bussi, Birdie, Ines und Flocke. Vorsichtig, wegen der darin verstauten Eier, legte Lilli ihren Rucksack in den Lenkerkorb. Dann schoben die vier Freundinnen ihre Räder über die Weiherwiese zum Feldweg hinauf. Bevor sie losradelten, warf Lilli noch einen Blick zurück. Der Weiher, der Steg, die Mystery und das verblichene Igluzelt – alles war wie immer. Aber vor ihrem geistigen Auge sah Lilli etwas ganz anderes. Sie sah sich und ihre Freundinnen auf der Flucht vor den Grottenolmen über die Weiherwiese rennen. Fast fühlte sie das hohe Gras, das ihr um die Waden peitschte. In Lillis Gedanken sausten sie am Strohzelt vorbei und machten, anders als die hinter ihnen herjagenden Jungs, einen fast unmerklichen Bogen um das auf der Wiese verstreute Stroh. Ole, Little, Mitch und Erik sackten ins Erdloch. Unwillkürlich musste Lilli lächeln. Als wäre es schon morgen, hörte sie das Platzen der Ballons und roch die aufsteigende Duftwolke. Lilli blinzelte sich zurück in die Gegenwart und sah in die ebenfalls schadenfroh grinsenden Gesichter ihrer Freundinnen.
Zufrieden mit sich und der Welt, schwangen sich die Wilden Küken auf die Fahrradsättel und traten in die Pedale.
»Kommt ihr noch mit in die Gelateria?« Bob wich einem Schlagloch aus.
Noch während Bob ›Gelateria‹ sagte, zerging Lilli der Geschmack von Pistazieneis auf der Zunge. Bobs Mutter und Bobs Großmutter führten zusammen die Gelateria Cantarella. Und die Nonna, wie Bob ihre Oma nannte, machte die beste Eiscreme der Welt – und am allerbesten war ihr Pistazieneis.
»Ich hab noch anderthalb Stunden bis zum Cheerleadertraining!« Very klingelte mit ihrer Fahrradglocke. »Genug Zeit für eine doppelte Portion Eis mit heißen Himbeeren!«
»Also: Parole Cantarella!«, rief Lilli und überholte Enya, die plötzlich aufhörte, in die Pedale zu treten.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht noch ins Schwimmbad gehen …« Ihr Fahrrad rollte jetzt so langsam, dass Enya Mühe hatte, das Gleichgewicht zu halten.
Lilli, Bob und Very bremsten auch. Enya ließ ihr Rad auslaufen und stieg ab. »Erik ist mir noch eine Revanche über zehn Bahnen schuldig!«
Very musterte Enya und schmunzelte. »Da hat wohl jemand Sehnsucht!«
»Quatsch!« Enya polierte mit der Hand an ihrem Lenker herum. »Es ist nur … gegen euch gewinne ich sowieso immer und …« Sie strich sich ihre langen schwarzen Haare zurück über die Schulter. »Erik ist ein ziemlich guter Schwimmer!« Ein goldener Schimmer huschte über ihre dunklen Augen.
Very blickte auf ihre Armbanduhr. »Ins Schwimmbad? Das wird mir vorm Training zu knapp!« Sie seufzte. »Da müsstet ihr ohne mich hin!«
Alle wandten den Kopf zu Lilli.
Lilli berührte die Hühnerfeder, die sie wie alle Wilden Küken als Abzeichen an einem Lederband um den Hals trug, und erinnerte an ihr Bandenmotto. »Keine alleine, alle oder keine!«
Enya nickte mit traurigen Augen und Lilli seufzte. Manchmal war es gar nicht so leicht, das Oberküken einer Bande zu sein.
Die Tische im Freien waren alle besetzt, also schoben sich die Wilden Küken nacheinander durch den bunten Perlenvorhang ins Innere der Gelateria Cantarella. Angenehme Kühle umfing sie und der Duft von italienischem Kaffee und Mandelgebäck stieg ihnen in die Nase. Hier drin waren noch etliche Plätze frei und Lilli und ihre Freundinnen setzten sich in ihre Lieblingsecke.
»Ah, de Wuiden Küken!«, grüßend winkte ihnen Gelatino zu, der gerade durch das Fenster seitlich der Theke Eis an Passanten verkaufte. »Seid’s a wieda amoi da!« Gelatino sah zwar genauso aus, wie man sich einen Italiener vorstellte, aber er war weder ein Italiener noch hieß er Gelatino. Er stammte aus Rosenheim und sein richtiger Name war Georg Hadersdorfer.
Links der Eistheke, hinter der Gelatino sich jetzt eine Waffeltüte griff, erschien Bobs Oma im Durchgang zur Küche. »Bobbina!« Sie knuddelte ihre Enkelin erst einmal ausgiebig und wandte sich dann Lilli, Very und Enya zu. Nacheinander schenkte sie jedem ein Lächeln und erriet sofort, was sie bestellen wollten. »Eine doppelte Portion Eis mit heißen Himbeeren für Very?«
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