Die Wolken - Aristophanes - E-Book

Die Wolken E-Book

- Aristophanes

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Beschreibung

Der Bauer Strepsiades klagt über sein Leben: Er hat über seine Verhältnisse geheiratet und der Sohn zu viel Geld für Pferde und Wagenrennen verschwendet. Nun fordern die Gläubiger ihr Geld zurück und der alte Bauer weiß nicht weiter. So entschließt er sich seinen Sohn an die Schule des Sokrates zu schicken, um ihn dort zum Anwalt ausbilden zu lassen. Sein Sohn hat jedoch keine Lust darauf und so macht sich derr alte, senile Bauer selbst auf den Weg dorthin. Strepsiades wird in der Schule aufgenommen, doch lernt er nicht und so muss letztlich doch sein Sohn für ihn einspringen, obwohl die Wolken Unheil prophezeien.-

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Aristophanes

Die Wolken

 

Saga

Die Wolken

 

Titel der Originalausgabe: hai nephélai

 

Originalsprache: Altgriechisch

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © -423, 2021 Aristophanes und SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728214268

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

Personen

Sokrates Chairephon Schüler des Sokrates Strepsiades Pheidippides Pasias Amynias Der Anwalt der guten Sache Der Anwalt der schlechten Sache Chor der Wolken Zeugen, Sklaven

Erste Szene

Morgendämmerung. Straße einer Vorstadt von Athen. Wohnung des Sokrates. In deren Nähe das Haus des Strepsiades, in dessen Schlafzimmer man hineinsieht

Strepsiades. Pheidippides. Im Hintergrund Sklaven. Alle schlafend auf ihrem Nachtlager

Strepsiadeserwacht und gähnt :

I-uh! I-uh!

Allmächtiger Zeus, welch ewig lange Nächte!

Nein, zum Verzweifeln! – Will's denn gar nicht tagen?

Den Hahnenschrei hab' ich doch längst gehört. –

Die Sklaven schnarchen – – Sonst vertrieb man's ihnen!

Mit der Faust agierend, auffahrend

Ein wahres Elend, der verdammte Krieg!

Man muß sich scheu'n sogar, die Kerls zu prügeln.

Und auch mein hoffnungsvoller Junker dort,

Der wacht die ganze Nacht nicht auf und farzt,

In Geißfelldecken fünffach eingewickelt! –

Meinthalb! – Ich deck' mich zu und schnarche mit. –

Nach einer Pause

Ja, wenn ich schlafen könnte! – Au, das zwickt,

Das Zahlen, Rossefüttern, Schuldenmachen

Für dieses Früchtchen da! – Und er? – Mit langen

Gelockten Haaren reitet er und fährt,

Und träumt von nichts als Rossen. – Ich – verzweifle.

Sooft der Monat halb vorüber ist:

Da rückt der Zins heran. – He, Bube, Licht!

Und bring das Hausbuch! – Muß doch nachsehn, wem

Ich alles schuld', und was die Zinsen machen.

Ein Sklave bringt Licht und Buch

Laß sehn: was bin ich schuldig? – Pasias –

Zwölf Pfund! – dem Pasias zwölf? – wofür? – Aha!

Der Goldfuchs, den ich kauft'! – Ein Auge gäb' ich

Darum, hätt' ich gespart die goldnen Füchse!

Pheidippidesim Schlafe

Philon, das geht nicht! Fahr auf deiner Bahn!

Strepsiades: Da habt ihr's! Das ist grade mein Ruin!

Von nichts als Rossen spricht er selbst im Traum.

Pheidippideswie oben :

Wie viele Fahrten gilt's mit dem Gespann?

Strepsiades: Mir gilt's! Mich, deinen Vater, jagst du 'rum!

Liest weiter im Buch

Pasias! – »Was lastet sonst für Schuld auf mir?« –

Amynias – für Rad und Sitz: drei Minen.

Pheidippideswie oben :

Fort mit dem Roß zur Schwemm', und dann nach Haus!

Strepsiadeslauter :

Mich schwemmst du weg von Haus und Hof, du Schlingel!

Der will sein Geld zurück, zehn andre drohn

Mich aufzupfänden für die Zinsen –

Pheidippideserwachend : Vater,

Was stöhnst und wälzt du dich die ganze Nacht?

Strepsiades: Die Brummer beißen mich zum Bett hinaus.

Pheidippides: Hör, Alter, laß mich noch ein wenig ruhn!

Strepsiades: Schlaf du nur zu; die ganze Schuldenlast,

Das sag' ich dir, fällt doch auf deinen Kopf! –

Verdammte Kupplerin, die mich beschwatzt,

Daß ich zum Weibe deine Mutter nahm!

Das schönste Leben hätt' ich auf dem Lande:

Hübsch durcheinander, recht im Speck und Dreck,

Behaglich unter Honig, Woll' und Trestern!

Da nahm ich, Bauer, aus dem Haus Megakles

Megakles' Nichte, städtisch, üppig, stolz

Und flott, die eingefleischte Koisyra:

Als ich mit der das Hochzeitsbett bestieg,

Roch ich nach Hefe, Käs und schmutz'ger Wolle,

Sie nach Pomade, Schmink' und Zungenküßchen,

Hoffart, Verschwendung, Schlemmerei und Buhlschaft.

Faul war sie nicht, o nein, sie zettelte

Am Webstuhl, und ich zeigt' ihr oft mein Wams

Und sprach verblümt: ›Frau, du verzettelst viel!‹

Sklave: In unsrer Lamp' ist nicht ein Tropfen Öl!

Strepsiades: Was brennst du denn auch die versoffne Ampel?

Komm her, ich will dir! Schlägt nach ihm

Sklave: Aber, Herr, warum denn?

Strepsiades: Was steckst du grad den dicksten Docht hinein?

Sklave ab

Danach, als uns dies Söhnchen ward beschert,

Will sagen, mir und meiner wackern Ehfrau,

Gleich zankten wir uns über seinen Namen:

Sie wollt' ein ›Hippos‹ dran, 'nen Ritternamen,

Philipp, Charipp, Xanthipp, Kallipides,

Ich, nach dem Großpapa: Pheidonides.

Wir stritten hin und her, bis wir zuletzt

Eins wurden, ihn Pheidippides zu nennen.

Sie nahm ihn auf den Arm und streichelt' ihn:

›Wenn du mal groß bist und im Purpurrock

Zur Stadt fährst wie Megakles‹ – ›Nein, wenn du

Im Schafpelz‹ – fiel ich ein – ›vom Phelleuswald

Heim mit den Ziegen fährst, wie einst dein Vater – –‹

Was half's? Auf meine Lehren hört' er nicht,

Und hat mir nun auch Hab und Gut verrösselt.

Da sinn' ich nun die Nacht durch hin und her,

Und einen Ausweg hab' ich jetzt gefunden,

Nein, göttlich, einzig! – Folgt er mir, bin ich

Geborgen! – Vorderhand will ich ihn wecken;

Doch ja recht sanft! – Laß sehn, wie mach' ich das? –

Pheidippides! Geht an sein Lager

Pheidippides'chen!

Pheidippides: Vater?

Strepsiades: Komm, küsse mich und gib mir deine Hand!

Pheidippidessteht auf :

Da! Und was weiter?

Strepsiades: Sag: hast du mich lieb?

Pheidippides: Das weiß Poseidon dort, der Gott der Rosse!

Strepsiades: Ich bitt' dich, laß den Roßgott aus dem Spiel:

Der hat mich in das Herzeleid gebracht;

Nein, wenn du in der Tat mich zärtlich liebst,

Dann folge mir, mein Sohn!

Pheidippides: Was soll ich denn?

Strepsiades: Kehr um von Stund' an, führ' ein andres Leben,

Und geh und lerne, was ich dir empfehle!

Pheidippides: Sag nur, was willst du?

Strepsiades: Folgst du auch?

Pheidippides: Ich folge,

Beim Dionys!

Strepsiades: Komm her, da schau hinaus:

Siehst du das Pförtchen und das Häuschen dort?

Pheidippides: Ich seh' es, Vater! Und was ist's damit?

Strepsiades: Das ist die Werkstatt tiefgelehrter Denker,

Da wohnen Männer, die beweisen dir:

Der Himmel sei ein mächtiger Backofen,

Der uns umgibt, und wir die Kohlen drin;

Die lehren dich fürs Geld die Kunst, mit Worten

Recht oder Unrecht glücklich zu verfechten.

Pheidippides: Wer sind denn die?

Strepsiades: Die Namen weiß ich nicht:

Ideologen, Herrn von Stand und Bildung.

Pheidippides: Pah! Schurken sind's, die kenn' ich wohl; du meinst

Die blassen windigen Barfüßer, jenen

Beseßnen Sokrates und Chairephon!

Strepsiades: Pst! Pst! So schwatze doch nicht wie ein Kind!

Und liegt dir was am Brotkorb deines Vaters,

Dann halte dich an sie, und laß das Rösseln!

Pheidippides: Nein, beim Dionys, und wenn du auch die schönsten

Wallachen des Leogoras mir schenktest!

Strepsiades: »Mein Liebstes auf der Welt!« Geh hin, studiere

Mir dort!

Pheidippides: Was soll ich denn für dich studieren?

Strepsiades: Sieh, die verstehn sich auf zwei Künste dort,

Die Kunst der guten und der schlechten Sache.

Der Redner, der der schlechten sich bedient,

Gewinnt, und wenn er zehnmal unrecht hätte.

Nun sieh, wenn du die schlechte Kunst mir lernst,

Dann kriegt kein Gläubiger von allem Geld,

Das ich für dich geborgt, 'nen Obolos.

Pheidippides: Das kann ich nicht: so käsegelb, wie die –

Wie könnt' ich noch ins Aug' den Rittern sehn?

Strepsiades: Dann, bei Demeter, friß wo anders, du,

Ja, du, dein Rennpferd und dein Sattelgaul!

Ich jag' dich aus dem Haus, verdammter Schlingel!

Pheidippides: Was scher' ich mich um dich? Mein Ohm Megakles

Läßt mich nicht ohne Roß: ich geh' zu dem! Ab

Strepsiadesallein :

Da lieg' ich nun! – – Ich steh' auch wieder auf!

Mit Gottes Hilfe lern' ich selbst noch was;

Ich selber geh' jetzt in die Denkerklause.

Geht auf Sokrates' Wohnung zu, bleibt stehen

Doch – werd' ich, alt, vergeßlich, langsam, wie

Ich bin – kapieren all die Tüftelei'n?

Entschlossen

Nur zu! Was zaudr' ich da noch lang? – Wohlan,

Ich klopf einmal! He, Junge, Jüngelchen!

Scholarkommt heraus :

Zum Henker auch! Wer klopft da an die Tür?

Strepsiades: Strepsiades, Sohn Pheidons, von Kikynna.

Scholar: Du roher Mensch, bar aller Zucht des Denkens,

So barsch zu klopfen! – Ein Begriff, soeben

Im Werden, ward durch dich zur Fehlgeburt.

Strepsiades: Verzeih! Ich bin halt bäurisch aufgewachsen;

Doch sag: was ist das mit der Fehlgeburt?

Scholar: Nur den Scholaren wird das anvertraut.

Strepsiades: Dann sag du mir's nur frei: denn als Scholar

Komm' ich hierher zur Philosophenklause.

Scholar: Nun denn: – allein betracht' es als Geheimnis! –

Den Chairephon fragt Sokrates soeben:

›Wieviel Flohfüße weit ein Floh wohl hüpft?‹

Dem Meister nämlich sprang just auf den Kopf

Ein Floh, der Chairephon am Aug' gestochen.

Strepsiades: Wie hat er das gemessen?

Scholar: Hör und staune:

Er fängt den Floh, läßt Wachs zergehn und taucht

Ihn mit den Füßen drein, das Ding erkaltet,

Pantoffeln trägt der Floh, ganz angegossen,

Die nimmt er ab und mißt damit die Weite.

Strepsiades: Großmächt'ger Zeus! Das nenn' ich Geist und Scharfsinn!

Scholar: Was sagst du erst, wenn du von einer andern

Idee des Meisters hörst?

Strepsiades: Von welcher? Sprich!

Scholar: Denk! Chairephon aus Sphettos fragt ihn jüngst,

Wofür er sich entscheid': ob durch das Mundstück

Die Schnaken singen oder durch den Bürzel?

Strepsiades: Ei, und wie löst' er dann die Schnakenfrage?

Scholar: Er sprach: ›Der Darmkanal der Schnaken ist

Sehr eng: da drängt die eingepreßte Luft

Nun mit Gewalt sich durch, dem Bürzel zu;

Und weil die Öffnung plötzlich sich erweitert,