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Die Zauberei im Herbste Josef Freiherr von Eichendorff - Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff (* 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor, Oberschlesien; 26. November 1857 in Neisse, Oberschlesien[1]) war ein bedeutender Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik. Er zählt mit etwa fünftausend Vertonungen zu den meistvertonten deutschsprachigen Lyrikern und ist auch als Prosadichter (Aus dem Leben eines Taugenichts) bis heute gegenwärtig.Eichendorffs Eltern waren der preußische Offizier Adolf Theodor Rudolf Freiherr von Eichendorff (17561818) und dessen Frau Karoline geb. Freiin von Kloch (17661822). Seine Mutter stammte aus einer schlesischen Adelsfamilie, aus deren Besitz sie Schloss Lubowitz erbte. Das katholische Adelsgeschlecht der Eichendorff ist seit dem 17. Jahrhundert in Schlesien ansässig.
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Seitenzahl: 26
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Ritter Ubaldo war an einem heiteren Herbstabend auf der Jagd weit von den Seinigen abgekommen und ritt eben zwischen einsamen Waldbergen hin, als er von dem einen derselben einen Mann in seltsamer, bunter Kleidung herabsteigen sah. Der Fremde bemerkte ihn nicht, bis er dicht vor ihm stand. Ubaldo sah nun mit Verwunderung, daß derselbe einen sehr zierlichen und prächtig geschmückten Wams trug, der aber durch die Zeit altmodisch und unscheinlich geworden war. Sein Gesicht war schön, aber bleich und wild mit Bart verwachsen.
Beide begrüßten einander erstaunt, und Ubaldo erzählte, daß er so unglücklich gewesen, sich hier zu verirren. Die Sonne war schon hinter den Bergen versunken, dieser Ort weit entfernt von allen Wohnungen der Menschen. Der Unbekannte trug daher dem Ritter an, heute bei ihm zu übernachten; morgen mit dem frühesten wolle er im den einzigen Pfad weisen, der aus diesen Bergen herausführe. Ubaldo willigte gern ein und folgte nun seinem Führer durch die öden Waldesschluften.
Sie kamen bald an einen hohen Fels, in dessen Fuß eine geräumige Höhle ausgehauen war. Ein großer Stein lag in der Mitte derselben, auf dem Stein stand ein hölzernes Kruzifix. Ein Lager von trockenem Laube füllte den Hintergrund der Klause. Ubaldo band sein Pferd am Eingange an, während sein Wirt stillschweigend Wein und Brot brachte. Sie setzten sich miteinander hin, und der Ritter, dem die Kleidung des Unbekannten für einen Einsiedler wenig passend schien, konnte sich nicht enthalten, ihn um seine früheren Schicksale zu befragen. – «Forsche nur nicht, wer ich bin», antwortete der Klausner streng, und sein Gesicht wurde dabei finster und unfreundlich. – Dagegen bemerkte Ubaldo, daß derselbe hoch aufhorchte und dann in ein tiefes Nachsinnen versank, als er selber nun anfing, mancher Fahrten und rühmlicher Taten zu erwähnen, die er in seiner Jugend bestanden. Ermüdet endlich streckte sich Ubaldo auf das ihm angebotene Laub hin und schlummerte bald ein, während sein Wirt sich am Eingang der Höhle niedersetzte.
Mitten in der Nacht fuhr der Ritter, von unruhigen Träumen geschreckt, auf. Er richtete sich mit halbem Leibe empor. Draußen beschien der Mond sehr hell den stillen Kreis der Berge. Auf dem Platz vor der Höhle sah er seinen Wirt unruhig unter den hohen, schwankenden Bäumen auf und ab wandeln. Er sang dabei mit hohler Stimme ein Lied, wovon Ubaldo nur abgebrochen ungefähr folgende Worte vernehmen konnte:
Aus der Kluft treibt mich das Bangen, Alte Klänge nach mir langen – Süße Sünde, laß mich los! Oder wirf mich ganz darnieder, Vor dem Zauber dieser Lieder Bergend in der Erde Schoß!
Gott! Inbrünstig möcht ich beten, Doch der Erde Bilder treten Immer zwischen dich und mich, Und ringsum der Wälder Sausen Füllt die Seele mir mit Grausen, Strenger Gott! ich fürchte dich.
Ach! So brich auch meine Ketten! Alle Menschen zu erretten, Gingst du ja in bittern Tod. Irrend an der Hölle Toren, Ach, wie bald bin ich verloren! Jesus, hilf in meiner Not!