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Klarheit über die Besucher:innen in der Destination: Wie viele, woher, wohin? Zu viele Besucher:innen an einem Ort - das ist in Urlaubsorten keine Seltenheit. Die Folge ist eine Übernutzung der Destination, die oft mit Umweltschäden und einer sinkenden Tourismusakzeptanz in der Bevölkerung einhergeht. Die Besucherlenkung und das Besuchermanagement können Abhilfe schaffen. Beides setzt eine exakte Besuchermessung voraus. Nur sie zeigt u.a., woher Besucher:innen kommen und welche Punkte in der Destination sie aufsuchen. Dirk Schmücker und Julian Reif gehen erstmals in einer deutschsprachigen Publikation auf das Thema ein. Sie zeigen u.a. vorhandene Datenquellen auf, kategorisieren und bewerten diese. Zudem stellen sie Methoden und Ziele vor. Das Buch richtet sich an die Tourismuspraxis, konkret an Entscheider:innen und Destinationsmanager:innen sowie an die Tourismusforschung.
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Seitenzahl: 239
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Dirk Schmücker / Julian Reif
Digitale Besuchermessung im Tourismus
Ziele, Methoden, Bewertungen
UVK Verlag · München
Einbandmotiv: © Orbon Alija · iStock
Autorenportrait Dirk Schmücker: © Frank Molter für Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT)
Autorenportrait Julian Reif: © Deutsches Institut für Tourismusforschung
DOI: https://doi.org/10.24053/9783739882079
© UVK Verlag 2022— ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.deeMail: [email protected]
ISBN 978-3-7398-3207-4 (Print)
ISBN 978-3-7398-0599-3 (ePub)
Die Vermessung des Tourismus in Destinationen kann mit verschiedenen Methoden bewerkstelligt werden. Traditionell werden dazu Befragungen eingesetzt. Befragungsstudien haben neben vielen Vorteilen jedoch auch Nachteile: Die Kosten für die Datenerhebung sind relativ hoch (jedenfalls dann, wenn man eine Stichprobe erreichen will, die aussagekräftige Ergebnisse erlaubt) und die zeitliche und räumliche Auflösung ist in der Regel begrenzt.
Mit der Verbreitung digitaler Lösungen in den meisten Bereichen unseres täglichen Lebens haben sich neue Möglichkeiten ergeben. Digitale Datenquellen machen es möglich, mit geringen Kosten Besucherströme in Echtzeit mit sehr feiner zeitlicher und räumlicher Auflösung zu messen und gleichzeitig Daten für eine Modellierung und Vorhersage zu generieren. Dies gilt jedoch nicht für alle digitalen Datenquellen und auch nicht für jeden Anwendungsfall. Mit diesem Handbuch zur digitalen Besuchermessung im Tourismus möchten wir daher
einen Überblick von digitalen Sensorsystemen schaffen, diese kategorisieren und Bewertungsdimensionen vorstellen (Teil 1) und
die Sensor-Kategorien anhand dieser Dimensionen bewerten (Teil 2).
Die im vorliegenden Buch vorgenommenen Bewertungen der Datenquellen wurden als dreistufige Bewertung anstelle einer granularen Bewertung durchgeführt, da für viele relevante Bewertungsdimensionen noch keine quantifizierbaren Forschungsergebnisse vorliegen. Wir freuen uns, wenn Forscherinnen und Forscher sowie Praktikerinnen und Praktiker unseren Ansatz als Grundlage nutzen, neue Daten zu generieren, um die Datenquellen noch besser zu verstehen.
„Measuring tourism is a wicked enterprise […]. Despite the innumerable methods and resources put into this enterprise, we have realised that, today, there is a big gap between what we do and can do and we would achieve“ (Baggio, 2019, S. 267). In diesem Sinne soll dieses Buch dazu beitragen, die big gap etwas weiter zu schließen, die Messung des Tourismus weniger „vertrackt“ erscheinen zu lassen und Forschenden wie Praktikern eine Handreichung zu liefern, digitale Besuchermessung im Tourismus zielorientiert und mit den passenden Instrumenten zu realisieren.
Wir danken allen Kolleginnen und Kollegen des NIT und des Deutschen Instituts für Tourismusforschung, insbesondere Denise Engelhardt und Nele Höftmann, für den Austausch und die Unterstützung.
Kiel und Heide, Juni 2022
Dirk Schmücker, Julian Reif
Die Messung von Besucherfrequenzen und -strömen in touristischen Destinationen kann im Wesentlichen zwei Ziele verfolgen:
Bereitstellung von BasisinformationenBasisinformationen über die Destinationsnutzung
Vorbereitung eines (digitalen) BesuchermanagementBesuchermanagements
Die Notwendigkeit von BasisinformationenBasisinformationen über die Destinationsnutzung ergibt sich einerseits daraus, dass für die Destinationsentwicklung und -vermarktung regelmäßig öffentliche Mittel eingesetzt werden. Destinationen unterliegen daher einem legitimen RechtfertigungsdruckRechtfertigungsdruck: Politik und Öffentlichkeit möchten wissen, was die eingesetzten Mittel bewirken. Die große Popularität von Studien zum „Wirtschaftsfaktor Tourismus“ unterstreicht das. Gleichzeitig befinden sich Destinationen im WettbewerbWettbewerbDestinationen im Wettbewerb miteinander und mit anderen Konsumbereichen. Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Destinationen ist deshalb eine Notwendigkeit, auch wenn „bis heute […] kein einheitliches Verständnis von räumlicher Wettbewerbsfähigkeit vor[liegt] und somit auch nicht über ihre komplexe Operationalisier- und Messbarkeit.“ (Herntrei, 2014, S. 1). Die aktuelle Datenlage über die tatsächliche Nutzung der Destination ist außerdem ausgesprochen dünn: Häufig liegen nur räumlich hoch aggregierte und zeitlich grob aufgelöste Daten aus amtlichen Statistiken, eigenen Übersichten der Destination oder empirische Erhebungen im Rahmen der Destinationsmarktforschung vor. Räumlich und zeitlich fein aufgelöste Daten fehlen in der Regel. Schon das Füllen dieser Basis-Lücken würde den Einsatz von entsprechenden digitalen Messinstrumenten rechtfertigen.
Europäische Destinationen, die als strategische Wettbewerbseinheit nach dem Community-Modell (Flagestad & Hope, 2001) geführt und gemanagt werden, sehen sich aufgrund dieser Wettbewerbsintensität und veränderten Anforderungen, u. a. durch die Corona-Pandemie, neuen Aufgaben und einem erhöhten Innovationsdruck ausgeliefert. Lag vor wenigen Jahren der Fokus noch wesentlich auf der Vermarktung von Reisezielen, sehen sich Destinationen heute in einem Netzwerk von AkteurenNetzwerk von Akteuren eingebunden, bei dem es neben der Destinationsentwicklung zukünftig auch vermehrt um Fragestellungen der Lebensraumgestaltung (place makingplace making) geht (Hartman et al., 2020).
In der letzten Zeit hat sich zusätzlich zum Bedarf an Basisinformationen ein weiterer Informationsbedarf entwickelt, der von der seit Anfang 2020 andauernden Corona-Pandemie befeuert wurde: Die drohende oder tatsächliche Übernutzung von Teilräumen in Destinationen und die damit verbundene Überlegung, ob und wie durch LenkungsLenkungsmaßnahmen- und ManagementmaßnahmenManagementmaßnahmen solche Übernutzungen vermindert oder vermieden werden können (Arnberger, 2013; Clivaz et al., 2013b; Ji et al., 2022; Sarx & Holfeld, 2022; Schmücker et al., 2022; Shackley, 1998). Eine neue Aufgabe, denen sich Destinationen im Rahmen der Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Reiseziels (ResilienzResilienz) stellen müssen, ist die Entwicklung eines innovativen Besuchermanagementsystems auf Basis smarter Technologien (Fontanari & Traskevich, 2022). Dass digitale Besuchermessung einen Beitrag für eine nachhaltige Tourismusentwicklung leisten kann, verdeutlicht Abbildung 1. Durch die Kenntnis und das Management der Besucherströme in und zu Destinationen kann auf allen Nachhaltigkeitsebenen eine positive Entwicklung befördert werden. Die DMO begleitet diesen Weg im Rahmen ihrer Funktionen als Smart DMO (Gretzel, 2022).
Nachhaltigkeitsfunktionen von digitaler Besuchermessung und digitalem Besuchermanagement
(Digitales) Besuchermanagement ist essenziell auf zeitlich und räumlich fein aufgelöste Daten mit geringer Latenz, also mit einer möglichst zeitnahen zur Verfügungstellung der Daten, angewiesen. Abbildung 2 zeigt den prototypischen Aufbau eines solchen Systems: Es besteht aus der BesuchermessungBesuchermessung (Fokus des vorliegenden Buchs), der DatenspeicherungDatenspeicherung und dem DatenaustauschDatenaustausch sowie der BereitstellungBereitstellung der Informationen an definierten, meist digitalen Touchpoints. Diese Bausteine müssen mindestens vorhanden sein, um eine Minimallösung zu erreichen. Der RecommenderRecommender-Prognosen-Baustein verbessert das System noch einmal, indem mithilfe von Modellierungen PrognosenPrognosen berechnet werden können, so dass Nutzende nicht erst dann erreicht werden, wenn es schon zu spät ist, weil sie bereits erfolglos einen Parkplatz oder einen Strandkorb in der Destination suchen. Diese Art der Nachfrageprognose ist in der Tourismusforschung relativ neu. Traditionell beschäftigt sich tourism demand forecasting mit ökonometrischen Modellen zum internationalen Tourismus, aber nicht mit dem kleinräumlichen Nutzungsverhalten in einer Destination (Song et al., 2019).
Ein zweiter Aspekt des Recommenders berührt die Bereitstellung von AlternativenAlternativen, so dass die Nutzenden nicht nur eine Besuchs- bzw. Nicht-Besuchsempfehlung bekommen, sondern gezielt Alternativen angeboten werden.
Solche Besuchermanagement- und Recommendersysteme sind in der Theorie schon gut entwickelt (Erbil & Wörndl, 2022; Gabrani et al., 2017; Massimo & Ricci, 2020; Sharma et al., 2021), aber die praktische Implementierung und auch die Evaluierung stößt noch an Grenzen (Wells et al., 2022) bis hin zur Ernüchterung (García Hernández et al., 2019). Gleichwohl ist klar: Digitale BesuchermessungBesuchermessung, digitale ist die unerlässliche Basis des BesuchermanagementBesuchermanagements (Clivaz et al., 2013a).
Besuchermessung als Bestandteil von (digitalem) Besuchermanagement | Quelle: In Anlehnung an Schmücker et al. (2022)
In diesem Handbuch werden digitale Datenquellen für die touristische Besuchermessung diskutiert. Dabei beschränken wir uns erstens auf digitale Datenquellen. Das sind Daten aus digitalen Geräten, die reiseverhaltensrelevante Aspekte aufzeichnen bzw. übermitteln. Viele dieser Geräte sind zusätzlich digital vernetzt.
Des Weiteren stehen digitale Daten, die während der Reise anfallen, im Fokus. Einzige Ausnahme sind die Webzugriffe und Suchmaschinendaten (vgl. Kapitel 2.4.3), die wenigstens zum Teil bereits vor der Reise generiert werden. In einem Customer-JourneyCustomer Journey-Modell wäre dies die Inspirations- und Informationsphase (Schmücker et al., 2019, S. 40).
Der Fokus liegt außerdem auf „externen DatenquellenDatenquellen, externe“ (Böhler et al., 2022, S. 66). Interne Datenquellen, die in den relevanten Organisationen, insbesondere in den Destination Management Organisations (DMO), vorliegen (bspw. aus dem Rechnungswesen oder einem Buchungssystem), werden hier, mit wenigen Ausnahmen, nicht betrachtet. Dazu gehören auch meist statische Daten, die von den DMO im Rahmen ihrer strategischen Ausrichtung vermehrt öffentlich als Open Data zur Verfügung gestellt werden.
Auch die klassischen Instrumente der BefragungsforschungBefragungsforschung werden in diesem Buch nicht betrachtet. Gleichwohl ist es in der Praxis häufig eine gute Idee, technische Messungen und Befragungen zu kombinieren. Dabei ist sicherzustellen, dass die Befragungen mit validen Stichproben arbeiten, um eine gute Generalisierung zu erreichen (Jacob et al., 2013, S. 65 ff.).
Viele aggregierte StatistikenStatistiken, etwa aus dem Katalog der amtlichen Statistik, liegen heute in digitaler Form vor. Hauptaugenmerk ist jedoch eine kritische Diskussion der digitalen Datengenerierung, so dass diese Daten ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
In den letzten Jahren sind vermehrt Studien zur Messung von Körperzuständen erschienen. Dieses sogenannte BiosensingBiosensing wird hier ebenfalls nicht oder nur am Rande behandelt, denn mit diesen Verfahren werden nicht primär Besuchermengen und -bewegungen quantifiziert, sondern der körperliche Zustand dieser Besucher und Besucherinnen gemessen. Trotzdem können Biosensing-Studien sehr wertvolle Hinweise zum Erleben in der Destination geben und lassen sich sehr gut mit anderen Verfahren, insbesondere mit GNSS-Tracking, kombinieren. Aktuelle tourismusrelevante Studien mit solchen Verfahren sind etwa die Arbeiten von Bastiaansen et al. (2022, 2020), Scuttari (2021), Birenboim et al. (2019), Paül i Agustí et al. (2019), Shoval et al. (2018) oder Reif & Schmücker (2021b).
Song et al. (2010) unterscheiden die Objekte, die gemessen werden können, nach People (Menschen), Money (Geld), Time (Zeit) und Space (Raum). Diesem konzeptionellen Gedanken folgt die Konzentration auf die Messung von Menschen und deren Bewegung in Zeit und Raum. Die finanzielle Dimension hingegen wird nur in wenigen Fällen ergänzend betrachtet. Diese Konzentration auf die raum-zeitliche Bewegung von Menschen ist eine wesentliche Grundlage für die Bewertung der verschiedenen Datenquellen.
Abbildung 3 zeigt zusammenfassend, womit sich dieses Buch im Kern beschäftigt: Mit Menschen und ihrer touristischen Bewegung in Raum und Zeit vor Ort in der Destination (und auf dem Weg dorthin).
Customer-Journey-Phasen und Messobjekte in diesem Buch | Quelle: Autoren, in Anlehnung an Schmücker et al. (2019) und Song et al. (2010)
Seit einigen Jahren zeigt sich in Forschung und Praxis eine Hinwendung zur Nutzung von digitalen Messmethoden zur Bestimmung des aktionsräumlichen Verhaltens von Touristinnen und Touristen (Reif, 2021). Chronologisch betrachtet werden analoge Messverfahren zunehmend durch digitale Systeme ergänzt und inzwischen weitgehend abgelöst. Dabei spielt vor allem Big DataBig Data eine zunehmend wichtige Rolle. Abbildung 4 zeigt wesentliche Messsysteme in den letzten Jahrzehnten und verdeutlicht diesen „digital turn“ der Besuchermessung im Tourismus.
Chronologische Einordnung von Tracking-Methoden im Tourismus | Quelle: Reif (2021, S. 2)
Der konzeptionelle Rahmen des Buches berücksichtigt eine Reihe von Forschungsarbeiten, die im Folgenden kurz skizziert werden. Wegbereitend zur Kategorisierung waren die Studien „Movement patterns of tourists within a destination“ von McKercher & Lau (2008) und „Tracking tourists in the digital age“ von Shoval & Isaacson (2007).
Eine frühe Einteilung der Datenquellen unternahmen McKercher & Lau (2009, S. 445), indem sie „point-based monitoring instruments“ (feste Zählstationen) und „continuous monitoring systems“ (tragbare Tracking-Systeme wie zum Beispiel GPS-Empfänger) unterschieden. Shoval & Isaacson (2010) beschränkten sich auf „land-based“ und „satellite-based tracking technologies“. Landgestützte Systeme sind solche, die auf Basis terrestrischer Empfänger eine Lokalisierung und Navigation möglich machen. Dazu gehören Mobilfunknetze, aber auch die Nutzung von RFID-Tags und Bluetooth-Empfängern. Satellitenbasierte Systeme werden heute unter dem Sammelbegriff Global Navigation Satellite Systems (GNSS) zusammengefasst, von denen das Global Positioning System (GPS) derzeit (noch) überwiegt (siehe Box „Charakteristika von GNSS-basierten Verfahren“).
Versichele et al. (2012, S. 209) prägten den Begriff „non-participatory, unannounced and simultaneous“, um neuere Erhebungsformen (in dem Fall Tracking per Bluetooth) von den traditionellen, stichprobenbasierten Formen abzugrenzen. Eine weitere bedeutsame Forschungsarbeit legten Shoval & Ahas (2016) vor, in der sie zwei Phasen des digitalen Trackings im Tourismus vorschlugen. Sie unterscheiden in eine erste Phase (das hochauflösende GPS-Tracking, in der Regel mit GPS-Geräten, die an ausgewählte Probanden ausgehändigt werden) und die gering auflösenden Datenquellen der passiven Mobilfunkdaten, Twitter etc.. Die zweite Phase bezeichnen sie als „smartphone revolution“, bei der alle Sensoren in einem einzigen leistungsfähigen Endgerät integriert sind. Shoval & Ahas schlagen die folgenden zehn Kategorien vor: GPS, Mobile Positioning, Running race timing equipment, Land based system, Mobile phone tracking, Near-Field Communication, Bluetooth tracking, Geographically Referenced Photos, Geo-located Twitter und Destination cards.
Neben den traditionellen (Selbst-) Beobachtungs-Methoden (observation, interviews, questionnaire surveys and self-administrated diaries, spatial maps) unterscheiden Kellner & Egger (2016, S. 84 ff.) die Methoden video-based tracking, timing systems, mobile phones und GPS technology.
Baggio & Scaglione (2018) differenzieren in ihrem Artikel unter der Überschrift „From traditional data to big data in visitor flows“ zwischen traditionellen Methoden wie Tagebüchern und Befragungen („small data“), volunteered geographical information, destination guest cards, GPS track data und passive mobile positioning data.
In der aktuell umfassendsten Zusammenstellung von Tracking-Methoden im Tourismus beschreibt Anne Hardy (2020) in ihrem Buch „Tracking Tourists“ sieben Kategorien: Surveys, GPS, Social Media, VGI, Tower, Bluetooth and Wifi, Bespoke Apps, and Internet. Li et al. (2018) unterteilen die möglichen Datenquellen in UGC (user generated content, weiter unterteilt in textliche und bildliche Daten), gerätebasierte Daten (davice data, unterteilt in GPS; mobile roaming, bluetooth, RFID, Wifi und Wetterdaten) und Transaktionsdaten (Suchanfragen im Web und sonstige Datenquellen).
Heikinheimo (2020) benennt in seiner Dissertation verschiedene Datenquellen (Geotagged Social media data, Sports tracking data, Mobile phone data, public participatory GIS), ohne aber zu einer Kategorisierung zu kommen.
Allein auf Big Data bezogen identifizierten Reif & Schmücker (2020) sechs Kategorien, die sich auch in dem Modell dieses Buches wiederfinden (Mobile Communication, Sensors and Wearable Devices, Cameras/Lasers/Satellites, Business Process generated Data, Wesbites, Social Media). In einer bibliographischen Meta-Analyse unterscheiden Padrón-Ávila & Hernández-Martín (2021) 31 digitale und nicht-digitale Tracking-Technologien, die sie in sechs Kategorien einteilen: Survey, Web Analysis, Geolocation, Advertising, Sales, and Specific Spots. Aus geographischer Perspektive unterscheidet Reif (2021) Datenquellen nach ihrer räumlichen Abdeckung in eine Makro-, Meso- und Mikro-Ebene. Insbesondere für die Zwecke des digitalen Besuchermanagements unterscheidet Schmücker (2021) in lokale und globale Datenquellen sowie Transaktionsdaten und Online-Daten. Das in diesem Buch verwendete konzeptionelle Modell für digitale Datenquellen und ihre Bewertungen wurde erstmals in Schmücker & Reif (2022) veröffentlicht.
Digitale DatenquellenDatenquellen, digitale (vier Kategorien) für die Besuchermessung lassen sich in vier Kategorien einteilen, die wiederum aus mehreren Unterkategorien bestehen.
Die Kategorien A und B-2 sind trackingfähige Datenquellentrackingfähige Datenquellen (Abbildung 5). TrackingTracking bedeutet hier die Aufzeichnung der Datenspuren einzelner Nutzer und Nutzerinnen mit Hilfe von Signalketten: Die Position einer Person oder eines Endgerätes wird sukzessive aufgezeichnet, so dass sich ein „Track“ aus mehreren Signalen an mehreren Punkten ergibt (multispot). In vielen Fällen werden dazu die Daten aus Globalen Navigations-Satellitensystemen (GNSS)Global Navigation Satellite System (GNSS) verwendet.
In den beiden anderen Kategorien B-1 und C finden sich nicht-trackingfähige DatenquellenDatenquellen, nicht trackingfähig (Abbildung 5). Das sind Datenquellen, in denen nicht die Bewegungsspur einer Person oder eines Endgerätes betrachtet wird, sondern die Zählung von Bewegungen an einem einzelnen Punkt (singlespotSinglespot) oder auch die aggregierten Daten für einen größeren Raum.
Kategorien und Datenquellen der digitalen Besuchermessung
Die hier identifizierten Kategorien unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Aussagekraft. Vereinfacht gesagt befinden sich in den Kategorien A und B-2 Mess-Systeme, mit denen sich Besucher trackenTracking lassen, in den Kategorien B-2 und C solche, mit denen das nicht möglich ist. In Sinne von Versichele et al. (2012) lassen sich alle hier diskutierten Verfahren – mit Ausnahme der Kategorien A.1 und A.2 – als „non-participatory“, „unannounced“ und „simultaneous“ beschreiben, denn sie sind nicht auf die aktive Mitwirkung von Bersucher:innen angewiesen, messen mehrere oder viele Besucher:innen gleichzeitig und benötigen keine Ankündigung (allerdings sind beim letzten Punkt unter Umständen Hinweispflichten zu beachten, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden).
Bevor die zwölf Typen im Detail vorgestellt werden, werden zunächst die vier KategorienDatenquellen, digitale (vier Kategorien) im Überblick beschrieben.
Die Kategorie A „SignalkettenSignalketten (Multispot-MesssystemeMultispot-Messsysteme)“ enthält trackingfähige Mess-Systeme, die individuelle Wegespuren aufzeichnen und speichern. Die Wegespuren sind, technisch gesprochen, Signalketten. Eine Signalkette besteht aus vielen einzelnen Punkten (deshalb Multispot), die miteinander verbunden sind. Ein gutes Beispiel dafür sind Aufzeichnungen von sogenannten GPS-Tracks: Das Aufzeichnungsgerät, z.B. ein GPS-Tracker oder eine mobile App mit dieser Funktionalität, zeichnet in regelmäßigen Abständen Punkte mit der genauen Position im Raum und einem Zeitstempel auf und kennzeichnet diese als zusammengehörig. Um zu Aussagen über eine Destination zu kommen, werden diese Signalketten in der Regel so gefiltert, dass nur die für diese Destination relevanten Teile übrigbleiben. Um diese Kategorie deutlich von den Standortmessungen, bei denen es nur einen spot of measurement gibt, zu unterscheiden, werden sie im Folgenden als Multispot-Mess-Systeme bezeichnet.
Die Kategorie A besteht aus vier Unterkategorien:
Mobiles TrackingTracking, mobiles mit Stichproben sind Mess-Systeme, bei denen einer (Zufalls- oder Willkür-) Auswahl von Nutzenden ein trackingfähiges Endgerät oder eine mobile App übergeben bzw. übertragen wird.
Mobiles Tracking, aktiv beschreibt Mess-Systeme, bei denen Trackingdaten im Endgerät aufgezeichnet und dann von den Nutzenden aktiv auf eine digitale Plattform hochgeladen werden.
Mobiles TrackingTracking, mobiles, passiv sind Mess-Systeme, bei denen die Daten ohne aktives Zutun der Nutzenden an eine Plattform übermittelt werden. Auch hier werden die Trackingdaten im Endgerät aufgezeichnet.
Tracking im DatennetzTracking im Datennetz beschreibt Mess-Systeme, in denen nicht das Endgerät, sondern die Infrastruktur, also zum Beispiel ein Mobilfunknetz, die Datenspuren erfasst.
Die Kategorie B besteht aus zwei Unterkategorien. Während Datenquellen der Kategorie B-1 an nur einem Standort messen und nicht trackingfähig sind, handelt es sich bei Datenquellen der Kategorie B-2 um die gleichen Datenquellen mit dem Unterschied, dass die gemessenen Signale gekoppelt werden und so Mini-Signalketten entstehen. Es handelt sich demnach um bedingt trackingfähige Datenquellen.
Die Kategorie B-1 „StandortmessungenStandortmessungen“ enthält Transaktions- und Interaktionsdaten sowie stationäre Sensoren. Das sind Durchgangs- und Flächenzähler, die jeweils Daten für genau einen Standort, bspw. Point of Interest (PoI), erheben. Ein Standort kann dabei durchaus mehrere einzelne Sensoren umfassen, sofern deren Daten gegeneinander abgeglichen werden. Ein Beispiel ist ein Parkplatz mit mehreren Zu- und Ausfahrten. Soll hier die Zahl der parkenden Fahrzeuge mit Durchgangszählern erhoben werden, so müssen alle Zu- und Ausfahrten parallel betrachtet werden. Innerhalb dieser Kategorie gibt es eine große Bandbreite von Sensortypen, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Präzision, der datenschutzrechtlichen Einschätzung sowie den Standortanforderungen, bspw. der Stromversorgung, unterscheiden. In der Praxis sind beim Einsatz solcher Sensoren vor allem die Standortanforderungen zu beachten: Neben der grundsätzlichen Möglichkeit, Hardware zu installieren, müssen auch die Stromversorgung und die Datenübertragung geklärt sein.
In der Kategorie B-1 gibt es drei Unterkategorien:
DurchgangssensorenDurchgangssensoren produzieren ihre Signale beim Durchgang. Einige Sensoren können die Richtung des Durchgangs oder auch die Größe der durchgehenden Personen ermitteln.
FlächensensorenFlächensensoren erfassen ein begrenztes Areal und ermitteln die Zahl der Objekte auf der Fläche. Dabei kann es sich um stillstehende oder sich bewegende Objekte handeln. In der Regel werden die Signale (zum Beispiel ein Kamerabild) bereits im Sensor in Zählsignale umgewandelt; im Gegensatz zur Verarbeitung auf einem Server in der Cloud spricht man in diesem Falle von „edge computing“ (Xie et al., 2021, S. 234).
TransaktionsTransaktionsdaten- und InteraktionsdatenInteraktionsdaten sind schließlich Daten, die bei Reservierungs-, Verkaufs- oder Eintrittstransaktionen oder bei digitalen Interaktionen vor Ort anfallen.
Die Kategorie B-2 „Mini-SignalkettenMini-Signalketten (Gekoppelte StandortmessungenStandortmessungen, gekoppelteStandortmessungen, gekoppelte)“ umfasst Sensoren der Kategorie B-1, die zusammengeschaltet (gekoppelt) werden. Dieses Verfahren funktioniert nicht mit allen Sensoren, da eine Wiedererkennbarkeit des Signals Voraussetzung ist. Ein gutes Beispiel ist ein Sensor, der die Wifi-Signale von Endgeräten registriert. Dabei wird eine eindeutige Kennung des Endgerätes (z.B. seine Media Access Control (MAC) Adresse) übermittelt. Wenn der Sensor diese Signale nur zählt und die MAC-Adresse gleich wieder verwirft, ist keine Kopplung möglich. Wird die MAC-Adresse aber gespeichert, so ist es möglich, dass das Endgerät an einem weiteren Sensor der gleichen Gruppe wiedererkannt wird. Auf diese Weise lassen sich Mini-Signalketten bilden, die durch die Zahl der gekoppelten Sensoren begrenzt werden. Das gleiche Prinzip lässt sich mit Transaktionsdaten, etwa der Nutzung von personalisierten Karten an Akzeptanzstellen, oder bei Bluetooth-Tracking abbilden.
Die Kategorie B-2 besteht aus drei Unterkategorien:
Gekoppelte stationäre Sensorikstationäre Sensorik, gekoppelte sind Systeme, bei denen die Standortsensoren (Flächen- oder Durchgangssensoren) für die Wiedererkennung einer Signalquelle genutzt werden.
Gekoppelte TransaktionsTransaktionsdaten, gekoppelte- und InteraktionsdatenInteraktionsdaten sind Systeme, bei denen die Nutzenden bei Transaktionen re-identifiziert werden, z.B. beim Einsatz von Karten.
Gekoppelte Social-Media-DatenSocial-Media-Daten, gekoppelte basieren auf der Idee, die digitalen Datenspuren von identifizierbaren Nutzenden in einem oder mehreren Social-Media-Kanälen zu Mini-Signalketten zu kombinieren.
Die Kategorie C „Andere MesssystemeMesssysteme, andere“ beinhaltet alle Messverfahren, die in keiner der anderen Kategorien unterzubringen sind, aber trotzdem für die digitale Besuchermessung herangezogen werden können.
Die Kategorie C besteht aus vier Unterkategorien:
Lokalisierungen in Social-Media-BeiträgeSocial-Media-Beiträgen auf Plattformen wie Flickr, Instagram oder Twitter, auch als Ambient Geospatial Information (AGI) bezeichnet (Stefanidis et al., 2013)
Daten-ScrapingDaten-Scraping, zum Beispiel aus Buchungssystemen wie Airbnb oder anderen Websites mit Hilfe eines Programms extrahierte Daten
Web- und Searchengine-DatenSearchengine-Daten
VerbrauchsdatenWeb-Daten in einer Destination (z.B. Verbrauch von Wasser oder Strom)
Je nach Kategorie können die Datenquellen unterschiedliche Ziele erfüllen. Dieser Abschnitt dient daher als eine Art Landkarte für die erste Orientierung: Wenn ich weiß, zu welcher Kategorie eine Datenquelle gehört, dann kann ich sehen, zu welchen Zielen ich gelangen kann. Und umgekehrt: Wenn ich weiß, welches Ziel ich erreichen will, sagt mir die Karte, welche Datenquellen sich dazu eignen.
Es können mehrere Ziele einer BesuchermessungBesuchermessung, Ziele in Destinationen unterschieden werden (Abbildung 6):
Die FrequenzzählungFrequenzzählung an einzelnen Standorten: Ein Standort kann ein Weg, ein Parkplatz, eine Tourist-Information, ein Strandzugang oder ein anderer touristisch relevanter Punkt sein. Bei der Frequenzzählung wird ermittelt, wieviel an einem Standort zu einem bestimmten Zeitpunkt los ist. Dazu werden absolute Werte gemessen, zum Beispiel wie viele Wanderer in einem bestimmten Zeitraum eine Lichtschranke passieren oder wie viele Fahrzeuge zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einem Parkplatz stehen. Wenn es sich um Standorte mit einer definierten Kapazität handelt (z.B. Stellplätze auf einem Parkplatz), kann auch eine AuslastungsinformationAuslastungsinformation gegeben werden: Wieviel Prozent der maximalen Kapazität ist bereits ausgeschöpft? Wenn keine festen Kapazitätsgrenzen existieren, dann können die Messwerte in zeitlicher Relationzeitliche Relation zueinander dargestellt werden: Ob es an einem Standort gerade voll ist oder nicht, hängt nicht zwingend von der Auslastung in Prozent, sondern von der derzeitigen Frequenz im Vergleich zu anderen Zeitpunkten ab. Die relativen Informationen (Auslastung in Prozent oder Frequenz im Vergleich zu einem anderen Zeitpunkt) werden häufig mit einem AmpelsystemAmpelsystem dargestellt, bei dem grün für „nicht viel los/genügend Platz“, gelb für „langsam wird es voll“ und rot für „keine Kapazität mehr“ steht.
2.Die Messung von BesucherströmeBesucherströmenMessung von Besucherströmen in Arealen zwischen Standorten (tourism flows) bezieht sich auf die Identifizierung von Wegen, die Besucher zurücklegen. Im einfachsten Fall sind das die Wege zwischen definierten Standorten: Wie viele der Besucher, die an Standort A waren, kann ich anschließend in Standort B oder Standort C wiederfinden? In diesem Fall reicht es aus, die an den verschiedenen Standorten installierten Sensoren so auszustatten, dass sie individuelle Besucher wiedererkennen. Ein Beispiel wäre der Einsatz einer Destinationskarte an verschiedenen Standorten in einer Destination: Durch die individuelle Kennzeichnung der Karte kann nachvollzogen werden, wann sie wo eingesetzt wurde. Im komplizierteren Fall werden nicht die Wege zwischen vorher definierten Standorten vermessen, sondern digitale Spuren der individuellen Wege der Besucher. Die individuellen Wege ergeben zusammengenommen Besucherströme. Diese sind unabhängig von Mess-Standorten. Das ist einerseits ein Vorteil, denn so kann man auch Standorte vermessen, die man nicht schon vorher mit Sensorik ausgestattet hat. Der Nachteil ist, dass die Daten komplizierter auszuwerten sind, denn man muss zunächst aus den generierten Daten Strukturen erarbeiten und kann sich nicht auf eine vorher festgelegte Standort-Struktur beziehen.
3.1Die Identifizierung von intra-regionalen AktionsräumeAktionsräumeintra-regionale Aktionsräumen schließt unmittelbar an die vorhin beschriebenen individuellen Wege an. Aktionsräume (activity spaces) werden bei einzelnen Personen gemessen und können dann für ein Areal aggregiert werden. „Unter dem Aktionsraum einer Person verstehen wir die Menge jener Orte, die die Person innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes zur Ausübung bestimmter Aktivitäten aufsucht […]. Trägt man diese Orte in eine Landkarte ein, so erhält man eine Punktwolke; wenn man deren äußerste Punkte durch eine Linie miteinander verbindet, so ergibt sich eine Fläche, die von einigen Autoren ebenfalls als „Aktionsraum“ der Person bezeichnet wird […].“ (Dangschat et al., 1982, S. 4). Werden die Aktionsräume mehrerer Personen aggregiert (also wie auf Folien übereinandergelegt), so ergeben sich die Aktionsräume von Arealen. In einer touristischen Destination sind es vor allem die touristischen Aktionsräume (Reif, 2021, S. 11 ff.), also die Räume, die von Touristen in Anspruch genommen werden, die von besonderem Interesse sind. Praktisch geht es dabei zum Beispiel um das AusflugsverhaltenAusflugsverhalten während eines touristischen Aufenthaltes („Welchen Aktionsraum erschließen sich Touristen mit Unterkunft am Ort X?“), aber auch um die Wege, die bei einer RundreiseRundreise genutzt werden („Welche Wege nehmen chinesische Touristengruppen bei einer Europareise?“). Diese Art von Aktionsräumen lassen sich auch als intra-regionale oder intra-destinationale AktionsräumeAktionsräume bezeichnen (Reif, 2019).
3.2Die Identifizierung von inter-regionalen Aktionsräumen (Quell-Zielgebiets-BeziehungenQuell-Zielgebiets-Beziehungen) beschreibt vor allem die Bewegung von Besucher zu einer Destination und von einer Destination weg (inter-regionale AktionsräumeAktionsräume). So wird zum Beispiel der Tagestourismus in Destinationen häufig kritisch gesehen, weil er potenziell viel Verkehr und, in Relation zum Volumen, wenig Umsatz einbringt. Gerade für den Tagestourismus ist aber das Volumen und auch die präzise Kenntnis der Herkunftsgebiete schwierig zu erfassen. Doch auch im Übernachtungstourismus gibt es hier erhebliche Datenlücken, etwa weil die Beherbergungsstatistik keine inländischen Quellgebietsdifferenzierungen vornimmt.
Ziele von Besuchermessung
Für diese Zielkategorien eignen sich die vorhandenen Mess-Systeme in unterschiedlichem Maße. Grob gesprochen kann das erste Ziel von allen Mess-Systemen erreicht werden, aber in unterschiedlicher Qualität. Die Ziele 2 und 3 hingegen können nur von Mess-Systemen der Kategorie A und B-2 erreicht werden. Dabei sind die Systeme der Kategorie B-2 deutlich beschränkter, weil nur eine begrenzte Anzahl vorher festgelegter Standorte genutzt werden kann. Das Ziel 3.2 kann sogar nur mit Mess-Systemen der Kategorie A erreicht werden. Tabelle 1 zeigt die Eignungsmatrix im Überblick.
trackingfähige Systeme
nicht-trackingfähige Systeme
Kategorie A: Signalketten (Multispot-Mess-Systeme)
Kategorie B-2: Mini-Signalketten (Gekoppelte Standortmessungen)
Kategorie B-2: Standortmessungen
Kategorie C: andere Mess-Systeme
Ziel 1: Frequenzzählung an einzelnen Standorten
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Ziel 2: Messung von Besucherströmen zwischen Standorten
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Ziel 3.1: Identifizierung von intra-regionalen Aktionsräumen
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Ziel 3.2: Identifizierung von inter-regionalen Aktionsräumen (Quell-Zielgebietsbeziehungen)
●
Zieleignung der Kategorien von Mess-Systemen
Zwischen Zielebene und Ebene der Datenquellen lassen sich weitere technische Ebenen einfügen. Damit wird es möglich, die Beziehung zwischen den tracking- und nicht-trackingfähigen Datenquellen deutlich zu machen (Abbildung 7): So lassen sich die Daten aus den Kategorien B-1 (und ggf. C) nutzen, um die Daten aus den Kategorien A (und ggf. B-2) zu kalibrieren. Bei der KalibrierungKalibrierung werden Daten aus Signalketten, bspw. aus passiven Mobilfunkdaten an einzelnen Punkten, für die Standortmessungen vorliegen, auf das richtige Niveau bzw. Volumen angepasst. In der anderen Richtung können Daten aus trackingfähigen Datenquellen genutzt werden, um Standortdaten anzureichern. Bei der Anreicherung werden Standortdaten um Eigenschaften ergänzt, die man aus den Signalketten bezieht, zum Beispiel die Herkunft der Besucher oder ihr nächstes Ziel auf einer Route.