Dr. Stefan Frank 2767 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2767 E-Book

Stefan Frank

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Emma sucht ihren Hausarzt auf, weil sie nachts nicht schlafen kann. Ihre Tage sind vollgestopft. Neben ihrem eigentlichen Job lässt sie sich noch zur Traurednerin ausbilden, und ihrer Mutter greift sie auch noch unter die Arme. Es ist Stress pur. Kein Wunder, dass sich in ihrem Kopf nachts alles weiterdreht. Dr. Frank ermahnt sie, unbedingt kürzerzutreten, aber das ist leichter gesagt als getan. Ihr erster Einsatz als Traurednerin steht bevor und das ausgerechnet bei ihrer besten Freundin Sophie. Die Vorbereitungen verschlingen alles, was sie an Zeit erübrigen kann. Und so verlangt sie ihrem Körper vieles ab. Dr. Frank sorgt sich. Wie lange kann das noch gutgehen?
Während der Trauzeremonie passiert es dann: Emma sieht auf einmal alles doppelt, hat Schwierigkeiten, zu denken, und ihre rechte Körperhälfte gehorcht ihr nicht mehr. Sie hat Todesangst! Der herbeigerufene Notarzt ahnt nichts Gutes. Emmas Symptome deuten auf einen Schlaganfall hin!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 125

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Zwischenfall auf der Waldhochzeit

Vorschau

Impressum

Zwischenfall auf der Waldhochzeit

Plötzlich bricht die Traurednerin zusammen

Emma sucht ihren Hausarzt auf, weil sie nachts nicht schlafen kann. Ihre Tage sind vollgestopft. Neben ihrem eigentlichen Job als Bibliothekarin lässt sie sich noch zur Traurednerin ausbilden, und ihrer Mutter greift sie auch noch unter die Arme. Es ist Stress pur. Kein Wunder, dass sich in ihrem Kopf nachts alles weiterdreht. Dr. Frank ermahnt sie, unbedingt kürzerzutreten, aber das ist leichter gesagt als getan. Ihr erster Einsatz als Traurednerin steht bevor und das ausgerechnet bei ihrer besten Freundin Sophie. Die Vorbereitungen verschlingen alles, was sie an Zeit erübrigen kann. Und so verlangt sie ihrem Körper vieles ab. Dr. Frank sorgt sich. Wie lange kann das noch gutgehen?

Während der Trauzeremonie passiert es dann: Emma sieht auf einmal alles doppelt, hat Schwierigkeiten, zu denken, und ihre rechte Körperhälfte gehorcht ihr nicht mehr. Sie hat Todesangst! Der gerufene Notarzt ahnt nichts Gutes. Emmas Symptome deuten auf einen Schlaganfall hin!

»Haben Sie gestern Abend die neue Folge von ›Kinderklinik St. Lucas‹ gesehen, Emma?« Frau Mayr trat an die Ausgabestelle der Leihbücherei und legte eine Auswahl an Büchern auf dem Tresen ab. Dabei schnaufte sie hörbar, denn der Lesestapel brachte ein ordentliches Gewicht mit. »Die Folge mit dem Findelkind?«

»Gesehen habe ich sie noch nicht«, erwiderte Emma. »Aber ich habe fest vor, sie heute Abend in der Mediathek zu streamen.«

»Dann legen Sie sich am besten vorher ein paar Taschentücher bereit. Diesmal wird es wirklich emotional. Ich war am Ende fix und fertig, weil mich das Schicksal des Bubs so mitgenommen hat. Ach, war das schön.« Die Augen der Mittsechzigerin leuchteten, während sie eine Hand auf ihre Brust legte.

»Wenn das so ist, freue ich mich noch mehr auf die neue Folge.«

»Erzählen Sie mir nächste Woche, wie sie Ihnen gefallen hat?«

»Das mache ich«, versprach Emma, während sie sich daranmachte, die Bücher für die Ausleihe einzuscannen. Es waren überwiegend Krimis, die an der Nordsee spielten. »Schön, dass Sie wieder fündig geworden sind.«

»Ich wollte eigentlich mal etwas anderes lesen, aber dann bin ich doch wieder bei den Krimis gelandet. Die liebe ich einfach zu sehr. Mein Mann fragt mich schon immer, ob ich mir in den Büchern womöglich Anregungen für das perfekte Verbrechen hole und ob er sich Sorgen machen sollte.« Frau Mayr lachte leise. »Wir teilen unsere Abende gerecht zwischen den Büchern und unseren Lieblingsserien auf. Manchmal sitzen wir aber auch nur im Garten und genießen diesen wunderbaren Sommer.«

»So ähnlich halte ich es auch«, erwiderte Emma und fügte in Gedanken hinzu: Wenn ich die Zeit dafür finde. Oft genug war sie abends erschöpft und fiel, kaum dass sie die Schuhe abgestreift hatte, todmüde ins Bett.

»Diesmal ist mir ein Patzer in der Folge aufgefallen«, erzählte Frau Mayr weiter, während sie die Bücher, die Emma bereits eingescannt hatte, vor sich aufstapelte.

»Ein Patzer?« Emma blickte auf. »In der Serie um die ›Kinderklinik‹?«

»O ja. Im Lauf der Geschichte kommt heraus, dass die Leber des Bubs versagt. Das schiebt sein Arzt auf Psoriasis, aber das passt nicht.« Frau Mayr schüttelte den Kopf. »Das ist der medizinische Begriff für Schuppenflechte. Eine Hautkrankheit. Die hat mit der Leber nix zu tun. Was er vermutlich gemeint hat, war Zirrhose, das Endstadium einer Leberkrankheit.«

»Von Psio...wie-auch-immer habe ich noch nie gehört«, gestand Emma. »Was Sie alles wissen.«

»Na ja, ich bin seit dreißig Jahren treue Leserin der Apotheken Umschau.« Frau Mayr lächelte schief. »Da bleibt schon einiges hängen.«

»Es wird die Serienmachen sicherlich grämen, wenn der Schnitzer herauskommt.«

»Wer weiß. Heutzutage ist ja alles so schnelllebig. Ob sich da wirklich jemand Gedanken über Pannen macht?«

»Doch, das glaube ich schon.« Emma reichte der Leserin das letzte Buch. »So, das waren alle. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen, Frau Mayr.«

»Danke Ihnen, Emma. Bis zum nächsten Mal.«

»Ja, bis nächste Woche.« Emma folgte Besucherin zur Eingangstür, um abzuschließen. Der Feierabend war beinahe heran – und er kam keine Minute zu früh. Ihre Füße schmerzten nach den langen Stunden auf den Beinen.

Emma liebte die Arbeit in der Bücherei, aber an diesem Abend konnte sie es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und die Beine hochzulegen.

Doch gerade, als sie Schluss machen wollte, stürmte ein hoch gewachsener Mann durch die Tür und warf wilde Blicke um sich.

»Bin ich zu spät?«, fragte er. »Kann ich noch ein Buch ausleihen?«

Er war atemlos und hatte Schweißperlen auf der Stirn. Offenbar war er die letzten Meter gerannt, um noch eingelassen zu werden. Da mochte Emma ihn nicht fortschicken.

»Was suchen Sie denn?«, fragte sie ihn.

»Also ...« Allmählich beruhigte sich seine Atmung.

Er trat vor Emma hin. Dabei wurde offenbar, dass er nicht nur einen Kopf größer war als sie, sondern auch breite Schultern hatte, hinter denen sie sich leicht hätte verstecken können. Er mochte Anfang dreißig sein, und seine sonnengebräunte Haut verriet, dass er sich gern und viel im Freien aufhielt. Seine blonden Haare waren leicht gewellt und so zerzaust, als wäre er sich mehrmals mit den Händen durchgefahren. Er kam ihr bekannt vor, aber sie war nicht sicher, woher sie ihn kannte.

»Ich suche ein Buch über Wohnmobile«, sagte er. »Genauer gesagt, über die Möglichkeit, wie man eines aus- oder umbauen kann, wie man die Außenhaut konserviert ... Solche Dinge eben. Das habe ich schon ewig vor, aber ich komme meist so spät von der Arbeit weg, dass die Bücherei schon geschlossen hat. Heute hatte ich die Hoffnung, es gerade noch zu schaffen.«

»Ich verstehe.« Emma nickte. »Ja, zu Wohnmobilen haben wir etwas da. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.« Sie führte ihn zu einem Regal und zog ein Buch hervor, dessen Titel damit warb, alles Wissenswerte zu Wohnmobilen aufzuführen. »Wie wäre dieses hier?«

Er warf einen Blick auf den Titel. »Großartig! Das ist genau, was ich gesucht habe.«

»Wollen Sie sich ein Wohnmobil zulegen?«

»Ich habe schon eines. Einen Foodtruck, um genau zu sein. An dem gibt es immer etwas zu verbessern.« Er blätterte kurz in dem Buch. »Ja, das ist genau das, was ich gesucht habe. Reichlich Anregungen. Haben Sie vielen Dank.«

»Gerne. Kann ich noch etwas für Sie tun?«

»Leider nicht. Es sei denn, Sie haben einen Beziehungsratgeber für einen verlassenen Mann in petto – möglichst unterhaltsam zu lesen ...« Er winkte ab.

»Nun, da könnte ich Ihnen eine Romanserie um einen geheimen Buchclub anbieten. Die Helden sind ausnahmslos Männer, die Rat für ihre Beziehungskrisen in Liebesromanen suchen.«

»Ist nicht Ihr Ernst?! So etwas gibt es wirklich?«

»Absolut. Und es wird sehr gern gelesen.«

»Das glaube ich, aber ich schätze, ich bleibe erst mal bei dem Band über Wohnmobile hier.«

»Wie Sie möchten.« Emma bat ihn um seinen Leihausweis und fand heraus, dass sein Name Liam Hartinger war und dass er ebenso wie sie selbst in Grünwald lebte. Sein Name sagte ihr nichts, aber das Gefühl, ihn zu kennen, blieb bestehen.

Sie nahm seine Ausleihe auf.

Wenig später wünschte er ihr einen schönen Abend und verließ die Bücherei.

Nun kam wirklich niemand mehr, und Emma schloss den Besuchereingang ab.

Die Bibliothek war im Erdgeschoss einer alten Villa untergebracht, die der Stadt gehörte und aufwändig renoviert worden war. In den Räumen mit den kostbaren hohen Stuckdecken blieb es auch jetzt im Sommer angenehm kühl. Neben den Räumlichkeiten mit den Bücherregalen gab es auch ein Internetcafé, eine Ausleihe von Hörbüchern und einen Leseraum mit Sesseln, die zum Verweilen einluden.

In dieser Woche war Emma allein dafür verantwortlich, weil ihre beiden Kolleginnen nicht da waren. Elke hatte sich beim Wandern den Fuß gebrochen und Leonie war auf Zypern im Urlaub. So war Emma den ganzen Tag auf den Beinen.

Sie meldete die Computer ab, schaltete alles ab und vergewisserte sich, dass keine vergessenen Taschen oder Handys zurückgeblieben waren, ehe sie ihre Umhängetasche holte und die Bibliothek verließ.

Draußen schlug ihr die warme Luft entgegen und ließ sie nach Luft schnappen. Nach den klimatisierten Räumen der Bibliothek war die Hitze regelrecht ein Schock. Obwohl die Sonne bereits tief im Westen stand, hielten sich dreißig Grad und mehr in den Straßen von Grünwald.

Emma trug ein gelbes Sommerkleid, dessen Rock bei jedem Schritt mitschwang, und weiße Sneaker. Ihr Fahrrad war vor der Bücherei angeschlossen. Sie machte es los, schwang sich in den Sattel und radelte zum Supermarkt.

Zweimal in der Woche kaufte sie auf dem Heimweg für ihre Nachbarin ein. Frau Liebold war siebzig Jahre alt, litt unter Osteoporose und hatte sich vor drei Wochen den Fuß gebrochen. Dadurch war sie nicht mobil, und so half Emma ihr bei den Einkäufen.

Sie hatte einen Zettel mit allem Nötigen, brachte den Weg durch den Supermarkt hinter sich und verließ das Geschäft eine halbe Stunde später mit einer Papiertüte, die sie im Lenkerkorb verstaute.

Just in diesem Augenblick piepte ihr Handy.

Eine Nachricht in der WhatsApp-Gruppe: Sophies Hochzeit – WICHTIG!!!

Emma rief die Nachricht auf.

Wir verlegen die Probe eine Stunde vor! Die Zeit reicht sonst nicht! Bitte seid pünktlich!!! Sophie

Ach ja: Emma, bring genügend Zettel mit!

Zettel?

Sekundenlang war Emma ratlos, bis ihr dämmerte, dass Sophie vermutlich die Kärtchen für die Sitzordnung meinte. Mit denen sollten die Plätze gekennzeichnet werden.

In der Gruppe waren einundfünfzig Mitglieder und nun trudelten nach und nach die Zusagen zu der Terminänderung ein, sodass Emmas Handy fortwährend piepte und sie die Töne schließlich deaktivierte. Wenngleich sie dabei ein schlechtes Gewissen hatte, schließlich war Sophie die Braut und ihre Nachrichten waren wichtig. Was sie durch den überbordenden Gebrauch von Ausrufezeichen auch gern deutlich machte.

Emma stieg wieder auf ihr Fahrrad.

Während sie nach Hause fuhr, klopfte ihr das Herz bis zum Hals.

In wenigen Tagen würde sie ihre erste Trauzeremonie durchführen. Bei dem Gedanken daran wurde ihr die Brust ganz warm und weit.

Sie liebte Bücher – vor allem welche, in denen geheiratet wurde. Diese Szenen las sie wieder und wieder, ging ganz darin auf, wenn sich zwei Menschen versprachen, immer zueinander zu halten. Im Lauf der Zeit war in ihr der Wunsch gereift, aktiv etwas dazu beizutragen, und so war sie Freie Rednerin geworden und hatte einen Lehrgang absolviert, um sich weiterzubilden.

Ihre Mutter hatte geschimpft, weil sie dafür so viel Geld ausgegeben hatte, aber das war es ihr wert gewesen. Nun besaß sie nicht nur ein Zertifikat, sondern fühlte sich auch dafür gewappnet, ihren Teil dazu beizutragen, dass der schönste Tag im Leben von Brautpaaren auch wirklich unvergesslich wurde.

Die Hochzeit von Sophie von Rieken und Manuel Rodriguez würde ihre erste offizielle Trauung sein.

Himmel, war sie aufgeregt!

Schlimmer noch als bei ihrem ersten Kuss!

Sophie und sie waren befreundet und so lag es Emma ganz besonders am Herzen, dass dieser Tag wunderschön für das Brautpaar wurde.

Nächtelang hatte sie über der Zeremonie gegrübelt und alles mit Sophie und Manuel besprochen. Der Tag sollte einfach perfekt werden – und die Zeichen dafür standen gut.

Emma erreichte das hübsche gelbe Mietshaus am Rand von Grünwald. Sie hatte das Glück gehabt, eine Wohnung im Erdgeschoss zu finden, mit Zugang zum Garten. Ihre eigene kleine grüne Oase. Die liebte sie sehr.

Frau Liebold wohnte nebenan.

Emma schloss ihr Fahrrad an, nahm die Tüte mit den Einkäufen und steuerte zuerst den Briefkasten – leer – und dann die Wohnung ihrer Nachbarin an.

»Vielen, vielen Dank, Emma.« Die Rentnerin ließ sie eintreten und humpelte ihr, auf eine Gehhilfe gestützt, voraus in die Küche.

Emma setzte die Tüte auf dem Tisch ab und kramte das Wechselgeld und den Kassenzettel hervor.

»Soll ich die Sachen noch rasch einräumen?«

»Lassen Sie nur. Das mache ich nachher. Dann kann ich mich auch gleich noch ein bisschen an den schönen Sachen erfreuen, die Sie immer für mich einkaufen.«

»Das mache ich gern. Ein paar Leckerchen für Theo sind mir auch in den Korb gesprungen.« Lächeln kauerte sich Emma hin und kraulte den kleinen Terrier, der so freudig wedelte, dass er beinahe umfiel.

»Haben Sie heute noch etwas Schönes vor, Emma?«, erkundigte sich ihre Nachbarin.

»Ich werde noch eine Runde mit Theo drehen und mich dann mit einem Buch in die Badewanne legen. Heute habe ich eine Verabredung mit dem Grafen von Monte Christo.« Das Buch hatte Emma schon so oft gelesen, und sie liebte es nach wie vor.

Sie leinte den kleinen Terrier ihrer Nachbarin an.

»Es tut mir leid, dass wir Ihnen solche Umstände machen«, sagte die Seniorin seufzend.

»Das sind wirklich keine Umstände. Ich gehe gern mit Theo spazieren. Ist es Ihnen recht, wenn ich ihn auf einen Sprung mit zu meiner Mutter nehme und nachher wiederbringe?«

»Aber ja. Nehmen Sie sich nur Zeit. Und haben Sie vielen Dank.« Frau Liebold brachte sie noch zur Tür, und wenig später schlenderte Emma die Straße hinunter.

Es wurde allmählich dunkel. Die Laternen hatten sich bereits eingeschaltet. Ein Jogger kam Emma entgegen, nickte ihr zu und lief, die Arme angewinkelt, an ihr vorüber. Auf einer Bank saß ein älteres Paar. Beide hielten eine Eiswaffel in der Hand und genossen die friedliche Abendstimmung.

Emmas kleiner Begleiter flitzte vorneweg, schnupperte hier an einem Baum und setzte da eine Markierung.

Wenig später erreichte sie das Ende der Straße und sah mehrere Gewächshäuser vor sich. Gärtnerei Endesfelder, stand über dem Eingang. Emma war hier aufgewachsen – sie hatte zwischen den Reihen von Blühpflanzen, Salaten, Keimlingen und Pflanztöpfen gespielt und ihre Hausaufgaben gemacht, hatte neben der angeschlossenen Baumschule Gedichte auswendig gelernt und dort drüben, in dem kleinsten Gewächshaus, zum ersten Mal aus Liebeskummer geweint. Ihre Eltern hatten die Gärtnerei vor fast vierzig Jahren gegründet. Seit dem Tod ihres Vaters kümmerte sich ihre Mutter allein um die Gärtnerei ...

Gedämpftes Seufzen begrüßte Emma, als sie das Hauptgebäude betrat.

Ihre Mutter lehnte an der Wand hinter ihrem Schreibtisch, eine Hand in ihren Rücken gestemmt, und kämpfte offenbar darum, sich aufzurichten.

»Hallo, Mama«, sagte Emma sacht.

»Hallo, Liebes.« Ihre Mutter lächelte sie an, aber ihr Lächeln geriet schief und verriet, wie elend sie sich fühlte.

»Was ist denn los? Wieder dein Rücken?«

»Leider ja. Dabei muss ich noch mehrere Lieferungen auspacken.«

»Das kann ich übernehmen. Ruh dich aus, Mama. Und dann geh endlich mal zum Arzt mit deinem kaputten Rücken.«

»Ach, Liebes, da war ich schon. Er kann nur leider nicht viel machen. Es braucht Zeit, dann geht es schon wieder.«

»Dann ruh dich aus. Ich übernehme das Auspacken.«

»Das musst du nicht. Du hast doch selbst einen langen Tag hinter dir. Geh ruhig heim ...«

»Nein, nein, dir geht's nicht gut.« Emma machte Theo von der Leine los, damit er ausgiebig herumschnuppern konnte. »Natürlich helfe ich dir.«

»Bist du sicher?« Ihre Mutter sah sie nachdenklich an. »Du siehst müde aus, Emma. Erschöpft.«

»Mir geht's gut«, versicherte Emma ihr lächelnd. »Du kennst mich doch. Ich bin unverwüstlich.«

***

Am nächsten Morgen fühlte sich Emma jedoch alles andere als das.

Sie hatte kaum ein Auge zugemacht in der vergangenen Nacht – und wenn sie ganz ehrlich mit sich selbst war, dann war das in den Nächten davor auch schon so gewesen. Tagsüber hielten ihre Aufgaben sie auf Trab – die Bücherei, ihre neuen Aufgaben als Traurednerin, die Aushilfe in der Gärtnerei ihrer Mutter ... Nachts schien sich in ihrem Kopf einfach alles weiterzudrehen.