Dr. Stefan Frank 2771 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2771 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Nach einem tragischen Bootsunglück liegt Hannes Petersen im Koma. Seine Frau Mira wacht jeden Tag an seinem Bett und hofft auf ein kleines Zeichen. Ein Lächeln, ein Zucken der Augenlider, irgendetwas! Doch sie hofft vergeblich. Unterstützung in dieser schweren Zeit erhält sie von Dr. Stefan Frank, der ihr Mut macht. Als nach wenigen Monaten die ersten Stimmen laut werden, Mira solle sich auf andere Dinge und sogar einen neuen Mann konzentrieren, ist sie fassungslos und igelt sich ein. Sie wird zur Einzelgängerin und verzweifelt immer mehr, bis sie beinahe eine Dummheit begeht ...

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Inhalt

Cover

Bitte wach wieder auf!

Vorschau

Impressum

Bitte wach wieder auf!

Eine Ehefrau zwischen Hoffen und Bangen

Nach einem tragischen Bootsunglück liegt Hannes Petersen im Koma. Seine Frau Mira wacht jeden Tag an seinem Bett und hofft auf ein kleines Zeichen. Ein Lächeln, ein Zucken der Augenlider, irgendetwas! Doch sie hofft vergeblich. Unterstützung in dieser schweren Zeit erhält sie von Dr. Stefan Frank, der ihr Mut macht. Als nach wenigen Monaten die ersten Stimmen laut werden, Mira solle sich auf andere Dinge und sogar einen neuen Mann konzentrieren, ist sie fassungslos und igelt sich ein. Sie wird zur Einzelgängerin und verzweifelt immer mehr, bis sie beinahe eine Dummheit begeht ...

»Reichst du mir bitte mal den Korb rüber?« Mira Petersen streckte ihre Arme über die Reling, damit Hannes ihr den Proviant für ihre Bootstour geben konnte, der noch auf dem Steg stand.

Der Korb war schwer, aber sie würden das ganze Wochenende auf ihrem Segelboot verbringen. Es wäre besser, zu viel statt zu wenig mitzunehmen. Schließlich sollte es ihnen an nichts fehlen.

Mira hielt ihr Gesicht in die warme Morgensonne. Es würde ein herrlicher Tag werden, das hatte ihnen der Wetterbericht versprochen. Das gesamte Wochenende würde vor Sonne und Meeresglitzern strotzen. Mira freute sich auf Delfine und eine Abkühlung mitten im Meer.

Sie hatte ihre Augen geschlossen und nicht bemerkt, dass Hannes aufs Boot gestiegen war. Starke Arme schlossen sich um ihren Körper und hielten sie fest. Seine Wärme ging sofort auf sie über, und Mira fühlte sich geborgener denn je. Ein Kuss landete auf ihrem schlanken Nacken, während ihr langes dunkles Haar vom Wind zerzaust wurde.

»Freust du dich auf die kleine Auszeit?«, fragte Hannes.

Sie drehte sich in seinen Armen um und schlang die ihren um seinen Hals.

»Und wie! Das haben wir uns nach so viel Arbeit und Stress redlich verdient. Ein paar Tage Abstand von allem werden uns guttun, ehe wir uns wieder mit dem Haus beschäftigen.«

Hannes lächelte. Sein braunes Haar war frisch geschnitten, und seine ebenso braunen Augen blickten sie voller Liebe an. Das Lächeln, das er ihr schenkte, hatte sich bereits bei ihrer ersten Begegnung in Miras Gedächtnis gebrannt. Sie fühlte sich in diesem Moment einfach nur glücklich. All die Sorgen um ihre Finanzen und den laufenden Hausbau schob sie weit von sich – auch die vielen Diskussionen und den letzten schlimmen Streit mit Hannes.

Sie hatten außerdem noch nicht darüber gesprochen, doch ihm war genauso bewusst, dass sie das Haus nicht nur für sie beide bauen ließen. Irgendwann müssten sie über Kinder sprechen, doch an diesem Wochenende würde es nur um sie als Paar gehen. Die letzten Monate hatten sie geschlaucht und an ihre Grenzen gebracht. Ihre Liebe hatte jedes Problem und jeden Streit überstanden, aber ihre Nerven hatten hier und da blankgelegen. Umso besser, mal rauszukommen und etwas anderes als unbezahlte Rechnungen und Handwerkerpfusch zu sehen.

»Ich liebe dich«, sagte er aus dem Nichts.

Mira erwiderte sein Lächeln gerührt. »Ich liebe dich auch. Immer.«

»Für ewig.«

»Und bis zum Ende.«

Ein kleiner Spruch, den sie sich schon seit dem ersten Liebesbekenntnis und auch vor dem Altar gesagt hatten. Miras Freunde und Familie hatten sie davor gewarnt, nach nur einem Jahr vor den Traualtar zu treten, aber sie hatte gewusst, dass Hannes die Liebe ihres Lebens war, kaum dass sie ihn gesehen hatte. Es war sein markantes Lächeln gewesen, das sie mit der ersten Sekunde eingefangen hatte. Sie wollte ihn ab da nie mehr missen. Und allen Befürchtungen zum Trotz waren sie glücklich geworden und nun seit fünf Jahren ein Paar, bauten ein Haus und würden bald Kinder in die Welt setzen. Es gab eben doch die Liebe auf den ersten Blick, so kitschig Mira diese Vorstellung immer gefunden hatte. Durch Hannes glaubte sie wieder an Wunder und sogar an das Schicksal. Umso schlimmer, dass sie in letzter Zeit fast nur noch gestritten hatten.

Sie räumten auch den Rest auf das Segelboot. Den Schein dafür hatte Hannes bereits vor ihrer Beziehung gemacht, fuhr aber erst seit seiner Zeit mit Mira regelmäßig aufs Meer hinaus, weil seine Exfreundin seekrank geworden war und er höchstens mit seinen Kumpels hin und wieder einen Törn gemacht hatte.

»Weißt du eigentlich, wie glücklich du mich machst?«

Mira fuhr herum. »Wieso sagst du das so komisch?« Sie hob misstrauisch eine Augenbraue, musste aber lächeln. »Hast du was angestellt?«

Er schmunzelte. »Wieso muss es denn für jede Liebeserklärung immer einen negativen Grund geben? Sei nicht ständig so skeptisch, mein Schatz.«

Mira lachte leise. »Tut mir leid, aber in letzter Zeit haben wir uns so oft die Köpfe eingeschlagen, dass ich manchmal nicht mehr weiß, ob du das einfach nur so sagst oder es ernst meinst.«

Er umarmte sie erneut und hielt sie ganz fest.

»Du bist nicht aus Bequemlichkeit meine Frau, sondern weil ich mir damals vorm Altar absolut sicher mit uns war. Und dieser Alltagsstress wird meine Liebe zu dir niemals schmälern. Außerdem hast du wieder einen Job, und auch das Haus wird bald fertig sein. Der ganze Zank war also vollkommen umsonst.« Er küsste ihr Haar und brachte sie noch einmal zum Lächeln.

»Ich liebe dich auch. Lass uns all das vergessen und erst wieder an die Finanzierung denken, wenn wir zurück an Land sind. Wir schaffen das.«

»Tun wir. Wie immer.« Er drückte ihre Hände und schenkte Mira etwas Mut. »Wie geht es dir inzwischen?«

»Viel besser«, sagte sie und atmete auf. Hannes spielte auf ihr Tief an, das sie nach dem Verlust ihrer Arbeit erlebt hatte. »Alles wird gut.«

Die Suche nach einem passenden Grundstück hatte ihnen bereits viele Kräfte geraubt, aber als Mira dann auch noch überraschend gekündigt worden war, weil man die Kanzlei geschlossen hatte, waren ihnen die Beine weggerissen worden. Anschließend war sie eine Zeit lang krank gewesen, psychisch als auch körperlich. Also hatte Hannes alle Rechnungen und sogar die Finanzierung ihres Hauses auffangen müssen und war ebenfalls an die Grenzen des Machbaren gestoßen.

Seit zwei Wochen hatte Mira nun endlich wieder eine Stelle als Anwaltsgehilfin und war glücklicher denn je, weil ihre Chefin fair war und die Kollegen freundlich mit ihr umgingen, obwohl sie »die Neue« war.

Der zwischenzeitig gestoppte Hausbau konnte nun endlich fortgesetzt worden, sodass sie sich doch noch auf ein Eigenheim freuen konnten. Ein halbes Jahr noch, dann sollte es geschafft sein.

Ihr freies Wochenende würden sie dafür nutzen, auf das Ende ihrer Sorgen sowie Miras neue Arbeit anzustoßen. Etwas Pärchenzeit würde ihrer angeschlagenen Ehe außerdem guttun.

Hannes löste das Seil und manövrierte das Boot geschickt aus dem Hafen. Dafür wurde ein behelfender Motor genutzt, ehe das Segel im Wind übernahm.

Mira beobachtete, wie Steg und Häuser immer kleiner wurden. Irgendwann war vom Land nur noch ein blauer, unscharfer Streifen zu sehen.

Hannes war ein guter Segler, würde aber ab und an Miras Hilfe brauchen, sobald sie die Richtung änderten.

Heute meinte es die Natur gut mit ihnen, denn es war ein wunderschöner Sonnentag mit keiner einzigen Wolke am Himmel.

Mira cremte ihrem Mann Nacken, Gesicht und Arme ein, während dieser wiederum auf ihre Sicherheit achtete.

»Bitte zieh die Rettungsweste an«, sagte er am Steuer, während Mira die Beine hochlegte, um die ein Sonnenbad zu nehmen.

Sie kicherte und streckte sich genüsslich.

»Wofür denn? Das Meer ist ruhig, der Wind gerade einmal stark genug, um uns weiterzutragen.«

Hannes stellte den Motor ab, der nur dafür gedacht war, aus dem Hafen zu kommen und Flauten zu überbrücken. Er richtete das Segel geschickt aus und wandte sich danach wieder an seine Frau.

»Du weißt, dass das Wetter auf dem Meer minütlich umschlagen kann. Bitte sei vernünftig.«

Mira stöhnte genervt und gab nach.

»Und wie soll ich dann braun werden mit diesem Ding vor dem Körper? Andere machen das auch nicht.«

»Ihr Frauen habt echt Sorgen!« Er verdrehte die Augen und warf ihr die Rettungsweste zu. »Hör einfach auf mich. Ich bin der Kapitän.«

Mira warf ihm die Weste gegen den Kopf.

»Und ich möchte heute entspannen. Du bist so übervorsichtig, dass es nervt.«

»Ich möchte eben nicht, dass wir ertrinken, falls wir über Bord gehen.«

Mira schnaufte. »Wir können aber beide schwimmen. Wieso musst du ständig alles bestimmen und mir immer meinen Spaß nehmen?«

Ein weiterer Streit bahnte sich an, obwohl sie im Hafen noch so friedlich miteinander umgegangen waren.

»Mira, bitte ... Ich habe die Verantwortung für dich, und dort hinten sind bereits wieder Wolken zu sehen. Wer weiß, was sich da anbahnt.«

»Ein angenehmes Lüftchen wahrscheinlich.« Sie verdrehte die Augen hinter ihrer Sonnenbrille und entschied, nicht auf ihre Meinung zu bestehen. »Ist ja gut. Ich ziehe sie an.«

Sie nahm das potthässliche Teil wieder entgegen und streifte es sich über den Kopf. Sofort schwitzte sie und fühlte sich unwohl. Hannes würde ihr erst erlauben, die Weste abzulegen, wenn sie ankerten und schwimmen gingen. Ein Wunder, dass er ihr überhaupt erlaubte, mitten im Meer zu baden. Er konnte manchmal so ein Langweiler sein!

Seine Frau versuchte, darin nichts Böses zu sehen. Immerhin achtete er auf ihre Sicherheit und wollte ihr Bestes. Eine von wenigen negativen Eigenschaften, die nach der Hochzeit zum Vorschein gekommen waren. Er war brav und angepasst, nicht wie die quirlige Mira, die auch mal andere Wege ging, um schneller ans Ziel zu kommen. Sie konnte sich dennoch glücklich schätzen, so einen tollen Mann an ihrer Seite zu haben. Andere Frauen bekamen ganz andere Probleme mit ihren Partnern. Hannes hatte zum Beispiel noch nie einer anderen nachgeschaut oder heimlich mit ihr geschrieben. Er war ein treuer, aufmerksamer Freund und Ehemann, der Mira in Sachen Arbeit immer fleißig unterstützt und nie gejammert hatte, als es ihr schlechter gegangen war und er sie auffangen musste. Auf Hannes war Verlass. Und der Sex mit ihm war auch nicht von dieser Welt!

Mira errötete wie ein Teenager, als sie an die kommende Nacht auf dem Boot dachte. Der Sternenhimmel wäre hier draußen sicher atemberaubend. Bei einem Glas Wein würden sie sich unterhalten, lachen und letztlich unter freiem Himmel miteinander schlafen, ohne dass sie jemand störte. Ein Traum!

»Ich bin sehr froh, dass wir das Boot doch nicht verkauft haben«, sagte sie mit einem Zwinkern.

Auch Hannes grinste vielsagend. »An deinem Gesicht erkenne ich sofort, dass deine Gedanken nicht jugendfrei sind.«

Sie machten noch ein paar Späße, sodass sich die dicke Luft von davor verflüchtigte. Alles war gut.

***

Mira schrak mitten auf dem Deck aus ihrem Schlaf, als sie der erste Regentropfen im Gesicht traf. Weitere kalte Wassertropfen folgten. Sie warf die Decke beiseite und rappelte sich auf.

»Hannes!« Weiter kam sie nicht, weil der Himmel in diesem Moment seine Pforten öffnete und ein grauenhafter Regenguss niederging. Es musste sich in diesen wenigen Stunden so zugezogen haben, dass man Sterne und Mond nicht mehr erkannte.

Ihr Mann war spätestens mit dem ersten Blitz genauso hellwach.

»So ein Mist! Ich habe ja gesagt, dass es schnell umschlagen kann!«, rief er gegen den tosenden Sturm an.

Regen peitschte in Miras Gesicht. Sie konnte kaum noch etwas sehen, weil die vielen Blitze sie irritierten. Man sah, wie jene gezackt gen Meer sausten. Zeitgleich donnerte es so laut wie nie zuvor in Miras Leben.

»O mein Gott!«, schrie sie entsetzt und hielt sich die Ohren zu. Das Boot schwankte heftig, und sie hatte Probleme, einen Halt auf dem glitschigen Deck zu finden. Plötzlich war sie froh, eine Rettungsweste zu tragen. »Aber der Bericht hat doch gesagt ...«

Der Rest ihres Satzes ging im grollenden Donner unter. Selbst der dichte Regen prasselte so stark auf die Planken, dass man sein eigenes Wort nicht verstand.

»Geh nach unten! Sofort!«, brüllte Hannes, aber Mira wollte ihn hier oben nicht allein lassen, sondern stellte sich an die Seite ihres Mannes, um das Steuer festzuhalten und sie sicher durch den Sturm zu bringen.

Er musste an ihrem entschlossenen Gesicht gemerkt haben, dass sie sich nicht wegschicken ließ. Hannes unternahm keinen zweiten Versuch, sondern gab ihr stattdessen Anweisungen. Die Wellen wurden immer bedrohlicher und türmten sich vor dem Bug auf. Das kleine Segelboot wurde nach oben geschleudert und landetet hart auf dem Wasser.

Hannes band Mira fest, damit sie bei der nächsten kräftigten Welle nicht über Bord ging. Alles passierte in wenigen Sekunden, die Mira wie Stunden vorkamen. Es war ein Albtraum, in dem sie feststeckten. Die nasse Gischt in ihrem Gesicht verriet jedoch, dass das hier keine Situation war, der sie so einfach entkommen konnte. Nein, das hier war echt. Und sie würden sterben, wenn sie nicht rechtzeitig aus dem Gewitter kamen.

Die Segel waren zum Glück nicht geöffnet, da sie sie zum nächtlichen Ankern immer einholten und die Segelfläche dadurch verkleinerten. Nun konnten ihnen bloß noch der kleine Motor und ganz viel Glück aus der brenzligen Situation helfen.

Miras Lippen bebten. Es tropfte von ihren Wimpern, der Nasenspitze und ihrem bebenden Kinn. Überall auf ihrem Körper war eiskaltes Wasser.

Große Wellen schlugen auf das Deck und ließen sie schreien. Oder schrie sie gar nicht? Ihre raue Kehle sagte etwas anderes, nur hörte sie sich nicht.

Hannes war gerade dabei, auch sich selbst festzubinden, als die Hölle losbrach. War das Gewitter schon heftig gewesen, so wurde das, was folgte, zum blanken Entsetzen für die junge Frau.

Eine weitere Welle traf das Boot, dieses Mal von der Seite. Der Ruck war so heftig, dass Mira schlecht wurde. Sie taumelte, nein, flog zur Seite, aber das Seil hielt stand.

Sie konnte Hannes durch den Regen kaum erkennen, obwohl er gleich in ihrer Nähe war. Erst als ein weiterer Blitz das Wasser traf, sah sie seine vor Schreck aufgerissenen Augen. Er hielt sowohl ihre Hand als auch das Steuer fest, hatte sein eigenes Seil jedoch fallengelassen.

Eine weitere Welle löste ihre verhakten Finger und trieb sie auseinander. Eine unsichtbare Kraft riss an Mira. Sie knallte mit der Hüfte gegen etwas Hartes, wahrscheinlich die Reling. Kurz blieb ihr die Luft weg. Das Seil war stramm gespannt und zerrte an ihr.

Ihr Boot neigte sich zur Seite. Der schrecklichste Moment folgte aber erst danach. Der brennende Schmerz in Miras Seite war nichts im Gegensatz zu dem, was sie nun mitansehen musste: Hannes flog in hohem Bogen über die Reling! Er schrie nicht und griff auch nicht nach ihrem ausgestreckten Arm. Stattdessen verschwand er einfach aus ihrem Blickfeld und das dunkle tosende Meer verschluckte ihn.

***

Mira wusste nicht mehr, wie sie es letztlich geschafft hatte, einen Notruf abzusetzen. Als sie Hannes über die Reling hatte fliegen sehen, war ein Schalter in ihrem Kopf umgestellt worden. Sie hatte sich mutig gegen den Sturm gestemmt und das wild drehende Steuer sich selbst überlassen. Stattdessen war sie zum Rettungsring gerannt und hatte diesen in die Richtung geworfen, in der sie ihren Mann vermutete. Hannes war womöglich längst unter Wasser oder ganz woanders im Ozean verschollen. Die Angst um ihn hatte ihr zunächst den Verstand geraubt, ehe sie wie ein Roboter funktioniert hatte.

Mira war unter Deck durch eingedrungenes Wasser gewatet und hatte einen Notruf über die UKW-Sprechfunkanlage abgesetzt, wie es Hannes ihr vor jedem Ablegen erklärt hatte. Sie hätte nie für möglich gehalten, das Gerät einmal zu brauchen.

Mira hatte es schließlich geschafft, ihre Panik beiseitezuschieben, weil weder Hannes noch ihr damit geholfen war, wenn sie durchdrehte. Es war nun wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Eine andere Chance hatten sie nicht.

Nach dem abgegebenen Signal konnte sie nicht mehr machen, als zu bangen und darauf zu hoffen, dass Lärm und Blitze ein Ende fanden. Irgendwann musste dieser grausame Sturm ja vorbei sein!

Hannes, wo steckst du nur?, schrie sie stumm und weinte hemmungslos. Sie hatte furchtbare Angst und fühlte sich allein.

Der Wind war so stark, dass Mira auf dem Deck hin und her geschoben wurde. Sie hatte sich wieder angeseilt, weil sie wusste, dass Hannes es von ihr erwarten würde, und fragte sich andauernd, ob das Boot kenterte und sie mit sich in die Tiefe riss.

Mira betete still und suchte den Horizont mit zusammengekniffenen Augen nach ihrem Mann ab, kaum dass die Wellen weniger wurden, aber sie machte seine neonfarbene Rettungsweste nirgendwo aus. Himmel und Meer waren pechschwarz und wirkten unreal, fast wie in einem Fantasyfilm.