Dr. Stefan Frank 2773 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2773 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Luna Laake ist Fotografin mit Herz und arbeitet nebenbei ehrenamtlich für die Organisation "Engelsbilder". Dort schenkt sie Familien, die schwere Schicksalsschläge erleben, professionelle Fotos als Erinnerung an einen geliebten Menschen. Eines Morgens wird sie zu einem neuen Einsatz gerufen. Es geht um eine junge Mutter. Sie ist vier Tage nach der Frühgeburt ihres Sohnes an seinem Bett zusammengebrochen und liegt seither im Koma. Inzwischen wissen die Ärzte, dass sie einen schweren Schlaganfall erlitten hat und nicht mehr aufwachen wird. Es gibt eine Patientenverfügung, die Geräte sollen abgestellt werden. Der Vater hat sich für die Fotos entschieden, um seinem Sohn eine Erinnerung an seine Mama mitzugeben. Als Luna das Zimmer betritt, ahnt sie noch nicht, welche Gefühlswelle in den nächsten Sekunden über sie hereinbrechen wird. Denn als ihr Blick auf das Gesicht der Mutter fällt, muss sie vor Schreck zweimal hinschauen. Ihr Atem stockt. Und im nächsten Moment hört die Welt auf sich zu drehen ...

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Inhalt

Cover

Erinnerungen für die Ewigkeit

Vorschau

Impressum

Erinnerungen für die Ewigkeit

Fotografin Luna wird bei einem Einsatz mit ihrer Vergangenheit konfrontiert

Luna Laake ist Fotografin mit Herz und arbeitet nebenbei ehrenamtlich für die Organisation »Engelsbilder«. Dort schenkt sie Familien, die schwere Schicksalsschläge erleben, professionelle Fotos als Erinnerung an einen geliebten Menschen. Eines Morgens wird sie zu einem neuen Einsatz gerufen. Es geht um eine junge Mutter. Sie ist vier Tage nach der Frühgeburt ihres Sohnes an seinem Bett zusammengebrochen und liegt seither im Koma. Inzwischen wissen die Ärzte, dass sie einen schweren Schlaganfall erlitten hat und nicht mehr aufwachen wird. Es gibt eine Patientenverfügung, die Geräte sollen abgestellt werden. Der Vater hat sich für die Fotos entschieden, um seinem Sohn eine Erinnerung an seine Mama mitzugeben. Als Luna das Zimmer betritt, ahnt sie noch nicht, welche Gefühlswelle in den nächsten Sekunden über sie hereinbrechen wird. Denn als ihr Blick auf das Gesicht der Mutter fällt, muss sie vor Schreck zweimal hinschauen. Ihr Atem stockt. Und im nächsten Moment hört die Welt auf sich zu drehen ...

Seite an Seite mit ihrer besten Freundin Hannah schlenderte Luna Laake die Münchner Ludwigstraße entlang Richtung Hofgarten. Nach einem längst fälligen Gewitter tags zuvor waren die Temperaturen auf ein erträgliches Maß gefallen. Die Sonne schien, nur hier und da hing eine Wattewolke am blitzblauen Himmel. Ein laues Lüftchen wehte.

»Ein Glück, dass es sich nicht eingeregnet hat«, bemerkte Luna mit einem Blick in den Himmel. »Morgen fotografiere ich die Hochzeit eines unglaublich netten Pärchens am Starnberger See. Es wäre ein Jammer gewesen, das Shooting nach drinnen verlegen zu müssen.«

Hannah lachte nur. »Darüber musst du dir keine Sorgen machen. Egal, wo du fotografierst, deine Bilder sind immer magisch.«

»Ach was.« Bescheiden, wie Luna nun einmal war, senkte sie den Kopf. »Das liegt nicht nur an mir. Meine Kunden wählen meistens so zauberhafte Locations aus, dass es nicht weiter schwer ist, schöne Fotos zu machen.«

Über ihrem Gespräch hatten die beiden Frauen ihr Ziel erreicht. Das Café am Odeonsplatz war voll besetzt, doch im Biergarten hinter den Mauern des Hofgartens ging es ruhiger zu. Sie suchten sich einen Platz unter altehrwürdigen Kastanienbäumen und bestellten einen Frappé für Hannah und eine Eisschokolade mit einer Extraportion Sahne für Luna.

»Du untertreibst wie immer schamlos.« Während sie auf ihre Getränke warteten, zückte Hannah das Handy. »Hast du deine neuesten Rezensionen schon gelesen?« Mit dem Zeigefinger wischte sie über den Bildschirm. »Maja aus Freising schreibt: Vor einer Woche hatte ich ein Skin Care Shooting bei Luna. Sie hat eine supersympathische Art, und ich hatte es bei der Bilderauswahl schwer, mich zu entscheiden.«

Die Bedienung servierte Schokolade und eisgekühlten Kaffee.

»Oder hier«, fuhr Hannah fort, als sie wieder allein waren. »Wir hatten bei Luna ein Babyshooting gebucht. Sie nimmt ihre Arbeit wirklich ernst und gibt unglaublich gute Tipps, sodass jedes Bild etwas ganz Besonderes wird. Unsere kleine Chiara war ganz verliebt in Luna.«

»Die Kleine war aber auch wirklich zu süß.« Luna schob einen großen Löffel Sahne in den Mund. »Sie hat es mir leicht gemacht, tolle Fotos von ihr zu machen.«

»Wir haben Luna gebeten, unsere Hochzeitsfotos zu machen und hätten keine bessere Wahl treffen können«, las Hannah unbeirrt weiter. »Durch ihr professionelles und freundliches Auftreten fühlten wir uns sofort wohl vor der Kamera. Es entstanden einmalige Erinnerungsfotos von dem schönsten Tag in unserem Leben.«

Ein Schatten verdunkelte die Sonne kurz. Hannah hob den Kopf und sah dem Mann nach, der an ihrem Tisch vorbeigeschlendert war. Auf der Suche nach einem freien Platz drehte er sich nach den beiden Freundinnen um und lächelte.

Hannah erwiderte sein Lächeln.

»Halleluja, was für ein Bild von einem Mann«, raunte sie ihrer Freundin zu. »Schade, dass ich schon vergeben bin. Aber für dich wäre er doch was.«

Luna sah nur kurz hinüber. Sein Blick trieb ihr das Blut in die Wangen. Schnell senkte sie den Kopf wieder.

»Bestimmt ist er verheiratet und Vater von drei Kindern.«

»Das glaube ich nicht«, hielt Hannah dagegen. »Er trägt keinen Ring am Finger.«

»Das sagt überhaupt nichts.« Plötzlich lächelte Luna nicht mehr.

Hannah biss sich auf die Unterlippe.

»Oh je, tut mir leid, Süße. Aber es sind nicht alle Männer so wie Niko.«

»Oder wie Leon oder Miroslav.« Luna schnitt eine Grimasse und schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Fürs Erste ist mein Bedarf an untreuen oder nicht lebensfähigen Männern gedeckt. Ganz im Gegenteil freue ich mich zurzeit über meine Freiheit und darüber, dass ich ungestört meine Liebesschnulzen schauen und romantische Abenteuer mit meinen Romanheldinnen erleben kann.«

»Schon möglich. Aber mir kannst du nichts vormachen. Ich weiß genau, dass du insgeheim davon träumst, selbst einmal die Hauptdarstellerin deiner eigenen Fotostory zu sein.«

Grundverschieden, wie die beiden Frauen waren, fragte sich Hannah manchmal, warum ausgerechnet Luna eine so gute Freundin geworden war. Während sie selbst als Optikerin mit beiden Beinen fest im Leben stand und nicht im Traum daran dachte, ihren langjährigen Lebenspartner zu heiraten, schien Luna immer mindestens zwei Zentimeter über dem Boden zu schweben. Mit ihren dunklen Locken und dem weißen Spitzenkleid sah sie aus wie Schneewittchen höchstpersönlich, das darauf wartete, von einem Märchenprinzen wach geküsst zu werden.

Versonnen rührte Luna mit dem Strohhalm in der Eisschokolade. Leugnen war zwecklos. Auch wenn Hannah nichts von ihrem dunklen Geheimnis ahnte, kannte sie sie inzwischen ziemlich gut.

»Das Glück kann man leider nicht zwingen.« Und schon gar nicht festhalten, fügte Luna im Geiste hinzu. Selbst, wenn man meinte, es gefunden zu haben, erwies es sich allzu oft als viel zu zerbrechlich. Das hatte sie schon vor Jahren erfahren müssen.

Obwohl Luna Laake sich nichts mehr wünschte, als eine eigene, kleine Familie zu gründen, scheute sie das Risiko mehr, als ihr lieb war. Vielleicht wählte sie deshalb intuitiv immer die falschen Männer aus. Ihre Beziehungen zerbrachen immer, bevor es ernster werden konnte.

Ein Glück, dass an diesem Sommernachmittag keine Zeit mehr blieb, das Gespräch fortzusetzen. Mit einem Blick auf die Uhr leerte Hannah ihren Frappé.

»Herrje, schon halb vier. Wenn wir nicht zu spät zu unserer Stadtführung kommen wollen, sollten wir langsam aufbrechen.«

***

»Bitte fahr vorsichtig.« Alexandra Schubert saß im Wagen neben ihrem Liebsten.

Später als gedacht war sie aus der Augenarztpraxis losgekommen und kaum mehr Zeit gehabt, sich frisch zu machen, geschweige denn, das Make-up aufzufrischen. Deshalb hatte sie die Sonnenblende heruntergeklappt. Nach Puderdose und Lippenstift hantierte sie nun mit einer Wimperntusche.

Stefan Frank sah kurz zu seiner Freundin hinüber. Da passierte es. Der Wagen holperte über eine Bodenwelle.

»Oh nein, jetzt sehe ich aus wie eine dieser Monsterpuppen.« Alexa betrachtete die schwarzen Fahrer auf ihrer Wange.

»Aber eine ausgesprochen hübsche Monsterpuppe«, bemerkte Stefan und grinste.

»Jaja, mach dich nur lustig über mich«, jammerte Alexa.

Zum Glück handelte es sich um wasserlösliche Wimperntusche. Mit einem Taschentuch und etwas Spucke beseitigte die Augenärztin das Malheur.

»Das würde mir im Traum nicht einfallen«, wehrte sich Stefan. »Mal abgesehen davon, bist du für mich so oder so die schönste Frau der Welt. Das soll den anderen Männern gar nicht auffallen.«

Alexas Augen funkelten. »Sag bloß, du hast das mit Absicht gemacht?«

»Niemals!« Mit größter Aufmerksamkeit lenkte Stefan den Wagen durch den Feierabendverkehr. »Ich will doch nicht, dass du böse auf mich bist.«

Seine Antwort kam so spontan, dass sich Alexandra gleich noch ein bisschen mehr in den Allgemeinmediziner verliebte, der ihr Leben seit einiger Zeit so bunt und glücklich machte wie es den Männern vor ihm nie gelungen war.

Alexas letzte Beziehung war gescheitert, als ihre Schwester an Krebs erkrankte und starb. Ihr damaliger Freund konnte sich nicht mit der Nebenrolle abfinden, die ihm eine Zeit lang aufgezwungen worden war, und hatte sich schließlich von ihr getrennt. Danach war Alexandra überzeugt davon gewesen, ohne Mann besser dran zu sein.

Diese Überzeugung hatte zwei Jahre Bestand gehabt, bis Dr. Stefan Frank in ihr Leben getreten war. An der Seite des charmanten, gut aussehenden Arztes erlebte Alexandra Schubert zum allerersten Mal, was es bedeutete, wirklich und wahrhaftig geliebt zu werden und ebenso zurück zu lieben. Genau wie Stefan erlebte sie diese Liebe als großes Glück und genoss jede gemeinsame Sekunde in vollen Zügen. Kein Augenblick der knapp bemessenen, gemeinsamen Zeit sollte getrübt sein.

»Wie könnte ich böse auf dich sein?« Im nächsten Atemzug streckt sie die Hand aus. »Da drüben ist übrigens ein Parkplatz frei.«

»In Zukunft werde ich dich Fortuna nennen.«

Alexa lachte. »Wenn mir früher ein Mann so ein Kompliment gemacht hat, fand ich das kitschig. Aber selbst das ist mit dir anders.«

»Vielleicht, weil ich es wirklich ernst meine«, erklärte Stefan lächelnd. Er hatte den Wagen erfolgreich in die Parklücke bugsiert und stellte den Motor ab. Nach einem Kuss hielt er seiner Liebsten die Beifahrertür auf. »Übrigens sind wir nicht allein mit unserem Glück.« Er deutete auf ein Paar, das eng umschlungen am Eingang des Werksviertels stand. Die Wartezeit nutzte es für einen Moment der Zärtlichkeit.

Unbemerkt traten Stefan und Alexa auf die beiden zu.

»Ach, muss Liebe schön sein.«

Uli Waldner fuhr herum. Beim Anblick seines besten Freundes lachte er.

»Hast du mich jetzt erschreckt! Wenn du deine Kenntnisse in Wiederbelebung auffrischen willst, bist du hier falsch«, scherzte er und drückte seine Frau Ruth an sich. »Ich habe meine Lebensretterin schon gefunden.«

Lachend fielen sich die Freunde um den Hals, ehe sie sich zu viert auf den Weg in den herrlichen Sommerabend machten.

***

Laue Luft, erfüllt von Stimmen und Musik, wiesen den beiden Paaren den Weg. Gemeinsam traten sie hinaus in die luftige Höhe der Rooftop-Bar.

Alexandra sah sich um und hielt die Luft an.

Was für ein Anblick! Unter weißen Sonnenschirmen saßen die Besucher an schlichten Holztischen. Die Olivenbäume auf dem Schiffsboden verliehen der Szenerie ein mediterranes Flair. Hinter dem langen Tresen der Bar eröffnete sich ein atemberaubender Blick über die Landeshauptstadt. In der Ferne glühten die Alpengipfel im Licht der Abendsonne.

»Luna Laake hat nicht zu viel versprochen«, stellte Dr. Waldner sichtlich zufrieden fest.

Ein Kellner führte sie an den reservierten Tisch.

»Du denkst aber auch an alles«, lobte Ruth ihren Mann.

»Ich möchte dich unbedingt glücklich machen.« Er zog ihre Hand an seine Lippen.

»Aber das bin ich doch auch so.«

Uli lachte. »Mit der Liebe ist es wie mit der Freundschaft.« Er zwinkerte seinem besten Freund zu. »Kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten erhalten beides.«

»Ich wusste gar nicht, dass du so klug bist«, scherzte Stefan.

»Ich würde es erfahren nennen.« Mit einem Grinsen im Gesicht rückte Uli Waldner seiner Frau den Stuhl zurecht.

Der Kellner servierte leichte Sommercocktails. Die beiden Paare stießen auf ihre Freundschaft an, und Alexandra lehnte sich zurück. Sie liebte es, Menschen zu beobachten, freute sich an bunten Kleidern, an ausgefallenem Schmuck und ebensolchen Frisuren. Die gute Laune der Besucher spiegelte sich auf ihrer Miene wider. Überall wurde gelacht, geflirtet und geplaudert.

»Verrätst du mir, wer Luna Laake ist?«, erkundigte sich Stefan Frank nach dem unbekannten Namen.

Uli zog eine Augenbraue hoch.

»Habe ich dir etwa noch nicht von ihr und der Organisation ›Engelsbilder‹ erzählt?«

»Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern«, erwiderte Stefan.

»Dieser Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Familien, die um das Leben eines Kindes oder Familienangehörigen bangen, mit professionellen Fotos eine Erinnerung für die Ewigkeit zu schaffen. Alle Fotografen arbeiten ehrenamtlich.« Nachdenklich betrachtete er seinen Cocktail. »Nach eigenen Worte ist Luna Laake in einer liebevollen Familie aufgewachsen. Durch ihre Arbeit möchte sie etwas von dem Glück zurückgeben, das sie im Leben erfahren hat.«

»Das ist bestimmt keine leichte Aufgabe«, bemerkte Alexa voller Bewunderung.

»Neulich hat sie ein Sternenkind fotografiert, das bei der Geburt nicht lebensfähig war«, wusste Ruth Waldner zu berichten. Auch sie war zutiefst beeindruckt vom Engagement der Fotografin. »Vor ein paar Tagen kam sie, um eine im Sterben liegende Urgroßmutter im Kreise ihrer Familie abzulichten.«

»Gestern hat sie uns die Bilder gezeigt, und ich war ehrlich überrascht.« Im Laufe seiner Karriere als Leiter der privaten Waldner-Klinik hatte Uli Waldner viel erlebt. Doch selbst jetzt noch wirkte sein Gesicht verwundert. »Statt herzzerreißender Trauer zeigten sie einen tiefen Frieden. Es war unglaublich.«

Ruth nickte. »Luna erzählte, dass diese Aufgabe zwar wahnsinnig schwer, aber gleichzeitig erfüllend ist wie kaum etwas anderes in ihrem Leben.«

Sichtlich berührt griff Alexa nach Stefans Hand.

»Was für eine tolle Frau.« Ihre Stimme vibrierte.

»Und wie ermutigend, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen und solche wertvollen Aufgaben übernehmen.« Stefan Frank hob sein Glas, seine Freunde taten es ihm nach.

Gemeinsam mit dem hellen Klang stiegen ihren Gedanken hinauf ins Abendrot. Am Himmel standen erste Sterne und schienen ihnen zuzublinzeln. Grüße aus einer Welt hinter dem Horizont?

***

Wie immer saß Luna Laake auch am nächsten Morgen wieder an ihrem Computer und bearbeitete die Fotos des vergangenen Babyshootings. Bei Kinderbildern bevorzugte sie den analogen Look – mit leichter Körnung und etwas weniger Sättigung und damit genauso, wie die Fotos aus ihrem eigenen Kinderalbum. Mit ihrem Bildbearbeitungsprogramm glättete sie das Hautbild der Babys. Wie von Zauberhand ließ sie die typischen Flecken auf der Haut verschwinden.

Zufrieden mit dem Ergebnis speicherte sie ihre Arbeit ab und lud sie in einer eigens dafür vorgesehen Galerie hoch. Sie schrieb eine E-Mail an ihre Kunden, in der sie sich noch einmal für den Auftrag bedankte. Sie schickte das Passwort und eine Anleitung für die weitere Vorgehensweise, mit einem Klick versendete sie das Schreiben.

Damit war die Bearbeitung dieses Auftrags fürs Erste beendet. Luna trank einen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse mit Rosenmuster. Ihr Blick fiel auf den Ablagekasten neben dem Laptop, randvoll mit Schreiben, Rechnungen und anderem Papierkram. Höchste Zeit, sich wieder einmal um die Buchhaltung zu kümmern. Seufzend griff sie nach der Maus. Der Zeiger schwebte über dem Symbol des Finanzamtes, huschte aber wie von selbst weiter zu dem Ordner mit den neuesten Klinikfotos. Die Galerie öffnete sich, Luna lehnte sich seufzend zurück und betrachtete die Fotos ihres letzten Einsatzes in der Waldner-Klinik.

Die Ecken und Kanten der Persönlichkeit ließen sich im Gesicht der fast hundertjährigen Frau ablesen. Sogar auf dem Sterbebett zog sie eine Augenbraue fast ironisch in die Höhe, Lachfältchen umspielten ihre wasserblauen Augen. Im Angesicht des unmittelbar bevorstehenden Todes wirkten ihre Züge gelöst, sah sie auf eine übernatürliche Art schön aus.

Solche Erinnerungen für die Ewigkeit waren der Lohn für die vage Angst, die Luna vor ihren Einsätzen immer verspürte. Bei jeder Anfrage stellte sie sich jedes Mal wieder die Frage, was sie hinter den Türen erwartete. Wie die Familie mit dem drohenden Verlust umging, wie stark sie selbst war.

Bei diesem Termin war sie von vornherein zuversichtlich gewesen. Die alte Dame hatte ein erfülltes Leben gehabt und sich nicht vor dem gefürchtet, was kommen mochte. Viel schlimmer war es, kleine Menschen abzulichten, die diese schöne Welt viel zu früh wieder verlassen mussten.

Ein Klingeln riss Luna aus ihren Betrachtungen.

»Hallo, Jakob«, begrüßte sie ihren Lieblingskollegen des Vereins.