Dr. Stefan Frank 2778 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2778 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Luisa Behringer bricht bewusstlos zusammen. Sie erleidet einen Herzstillstand. Während einige Passanten geschockt dastehen, beginnt ein Mann sofort mit Erste-Hilfe-Maßnahmen. Und tatsächlich: Nach Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage spürt er einen federleichten Puls bei der jungen Frau. Kurz bevor der Notarzt eintrifft, verschwindet er jedoch.
Als Luisa Behringer in der Waldner-Klinik wieder zu sich kommt und erfährt, dass ihr Retter unerkannt geblieben ist, ist sie enttäuscht. Schemenhaft sieht sie immer wieder sein Gesicht vor sich. Sie möchte ihm so gerne danken. Ein Monat später erhält die Vierundzwanzigjährige überraschend die Gelegenheit: Luisa staunt nicht schlecht, als sie im Hörsaal sitzt und in ihrem Geschichtsprofessor ihren Lebensretter erkennt. Markus Meierhof ist ausgerechnet jener Mann, der ihr Herz wieder zum Schlagen gebracht hat und der ihr schon bald großen Herzschmerz bereiten wird ...

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Inhalt

Cover

Der Ersthelfer

Vorschau

Impressum

Der Ersthelfer

Er rettete ihr Leben und verschwand

Luisa Behringer bricht bewusstlos zusammen. Sie erleidet einen Herzstillstand. Während einige Passanten geschockt dastehen, beginnt ein Mann sofort mit Erste-Hilfe-Maßnahmen. Und tatsächlich: Nach Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage spürt er einen federleichten Puls bei der jungen Frau. Kurz bevor der Notarzt eintrifft, verschwindet er jedoch.

Als Luisa Behringer in der Waldner-Klinik wieder zu sich kommt und erfährt, dass ihr Retter unerkannt geblieben ist, ist sie enttäuscht. Schemenhaft sieht sie immer wieder sein Gesicht vor sich. Sie möchte ihm so gerne danken. Ein Monat später erhält die Vierundzwanzigjährige überraschend die Gelegenheit: Luisa staunt nicht schlecht, als sie im Hörsaal sitzt und in ihrem Geschichtsprofessor ihren Lebensretter erkennt. Markus Meierhof ist ausgerechnet jener Mann, der ihr Herz wieder zum Schlagen gebracht hat und der ihr schon bald großen Herzschmerz bereiten wird ...

Nur noch zehn Minuten. Das schaffte er nie. Wenn ihm noch mehr Passanten den Weg versperrten, würde er anfangen, sie beiseitezustoßen. Der Termin war zu wichtig, um ihn zu verpassen.

Markus Meierhof blickte auf seine Armbanduhr, ein altmodisches Teil mit braunem Lederarmband, die er als Schüler von seinem Opa geschenkt bekommen hatte. Wie schon vor wenigen Sekunden war es immer noch zwanzig nach zwei. Während sich sein Herzschlag beschleunigte, da sein Stresspegel stieg, versuchte er, eine Frau mit Kinderwagen zu überholen. Genau in diesem Moment stellte sie den Kinderwagen quer, und aus dessen Inneren drang das Geschrei eines kleinen Kindes. Markus bremste abrupt ab, konnte sich aber ein »Passen Sie doch auf« nicht verkneifen. Den bösen Blick der Mutter bemerkte er nicht mehr, da er nur noch den Eingang der Ludwig-Maximilians-Universität vor Augen hatte.

Hupen drang an seine Ohren. Die wummernden Bässe eines stehenden Autos mit verschlossenen Scheiben. Irgendwo aus Straßenrichtung. Motoren, unterschiedlich laut. Während Markus über den Campus eilte, kam ihm der Gedanke, dass München vermutlich kein angenehmer Ort zum Leben wäre. Doch er verschwand so schnell, wie er gekommen war.

Nur noch zwanzig Meter bis zum Eingang. Neunzehn. Achtzehn. Markus sah eine Gruppe von Studenten ins Gebäude verschwinden. Aufgrund ihres Alters schätzte er, dass es Anfänger waren. Vielleicht demnächst seine Studenten. Siebzehn.

Ein junger Mann kam auf ihn zu und schlug ihm einen Flyer gegen die Brust.

»Demo gegen rechts, heute Abend«, nuschelte er, und sein vernebelter Blick verriet, dass in seiner Zigarette nicht nur Tabak gerollt war.

Verärgert über die Verzögerung, ging Markus einen Bogen um den Mann.

»Wir müssen alle für die Demokratie aufstehen«, rief der engagierte junge Mann ihm hinterher. Markus hätte ihm zugestimmt, wäre er nicht in Eile gewesen.

Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er weitere fünf Minuten verloren hatte.

Bevor er auf den Eingang des Universitätsgebäudes zuhalten konnte, wurde seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Eine Menschentraube hatte sich versammelt. Alle Köpfe waren zu Boden geneigt. Markus vermutete eine neue Form des Protestes. Studenten protestierten immerzu gegen irgendetwas. Doch als er hörte, wie eine weibliche Stimme nach einem Krankenwagen rief, konnte er nicht einfach so tun, als hätte er nichts mitbekommen.

Nervös blickte Markus zwischen dem Eingang und der Menschenmenge hin und her. Als er auf Letztere zulief, schalt er sich selbst für diese dumme Entscheidung.

»Entschuldigung, darf ich mal«, drängelte er sich an den Versammelten vorbei, als wäre er persönlich der erlösende Rettungswagen, auf den alle gewartet hatten. Trotzdem machten die Leute Platz, vermutlich erleichtert darüber, dass jemand das Kommando übernehmen wollte.

Markus erstarrte, als er bei dem Grund des Aufruhrs angekommen war. Direkt auf dem Pflaster lag eine Frau. Alarmiert und verwirrt zugleich stutzte Markus und schaute sich um. Auch die Passanten wirkten unschlüssig, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Ihre Blicke waren auf ihn gerichtet. Kurz verfluchte er sich für seinen Eifer. Wäre er doch nur durch diesen verdammten Eingang gegangen! Doch statt lange zu überlegen, hatte sein Körper plötzlich die Kontrolle über sein Handeln übernommen. Ohne zu zögern, ging er in die Hocke und sprach die Person an.

»Hallo?«, versuchte er es. »Können Sie mich hören?«

Da das Gesicht der jungen Frau trotz leichter Klapse auf die Wange regungslos blieb, langte er zur Halsschlagader. Und wartete. Er fühlte nichts. Mit geweiteten Augen befühlte er mit den Fingern die Region, wobei er keinen Millimeter der zarten Haut ausließ. Die Leute um ihn sahen ihm mit offenen Mündern dabei zu. Eine junge Frau hielt sich geschockt eine Hand vor den Mund.

»Sie ist einfach umgefallen«, wisperte eine Passantin.

»War aber auch ganz schön am Torkeln. Meinst du, die hat gesoffen?«, raunte ein junger Mann.

Markus, der alles um sich herum wahrnahm, als wären seine Sinne geschärft, konzentrierte sich auf das Gefühl unter seinen Fingern. Vergeblich wartete er darauf, einen Puls zu ertasten. Nichts passierte. Als ihm bewusst wurde, welches Ausmaß die Misere angenommen hatte, beugte er sich zu der Frau hinunter, umfasste mit einer Hand ihre Stirn, mit der anderen ihr Kinn und blies seinen Atem in ihren Mund. Dann richtete er sich auf und begann zu zählen, während seine Arme die lebensspendenden Stöße pumpte. Ein, zwei, drei, vier, fünf ... Er zählte bis dreißig. Dann blies er abermals Sauerstoff in die Lungen der Bewusstlosen.

Wieder richtete er sich auf. Wieder zählte er. Hektischer jetzt, da sein Handeln bislang erfolglos war. Ein, zwei, drei ...

»Der Krankenwagen kommt in wenigen Minuten«, meldete sich nun endlich eine Stimme, die Markus Aufmerksamkeit kurz auf sich lenkte.

Er erkannte den Mann, der ihm eben noch einen Flyer hatte geben wollen.

Dann geschah ein Wunder. Als er zwei Finger an die Halsschlagader der Frau legte, fühlte er ein Pochen. Federleicht, aber es war da. Erleichtert entkrampfte sich sein Gesicht zu einem Lächeln. Doch es blieb ihm keine Zeit zu verlieren.

In seinem Kopf suchte er nach den Lerninhalten seines letzten Erste-Hilfe-Kurses. Dann begann er. Er winkelte den rechten Arm der bewusstlosen Person nach oben an. Die linke Hand legte er wie eine Umarmung auf die rechte Schulter. Als Nächstes stellte er das linke Bein auf und drehte die Person vorsichtig auf die rechte Seite. Zuletzt öffnete er deren Mund und überstreckte den Kopf. Als er geendet hatte, überkam ihn das beklemmende Gefühl der Verzweiflung.

Eine Hand legte sich plötzlich von hinten auf seine Schulter.

»Ich bin Arzt«, sagte ein Mann mittleren Alters, der sich sogleich neben Markus hockte.

Er hatte keine Ahnung, wo dieser rettende Engel so plötzlich herkam. Die Verzweiflung verwandelte sich in Erleichterung, doch er war zu entkräftet, um sich zu bedanken. Stattdessen gestattete er sich zum ersten Mal einen bewussten Blick auf die Person vor ihm. Sie war jung. Er schätzte sie auf Anfang zwanzig. Ihre Haut war so hell wie es einmal Mitgliedern der gehobenen Gesellschaftsschicht vorbehalten war. Ihr langes rotes Haar schimmerte seidig im Licht der Mittagssonne. Und das rote Sommerkleid zeichnete einen starken Kontrast zu ihrer hellen Haut. Wie eine Elfe sah sie aus. Jung und unschuldig. Dann blinzelte sie. Als ihre blauen Augen ihn ansahen, hätte Markus schwören können, dass es in jenem Moment sein Herz war, welches stehen geblieben war.

Benommen stand er auf. Vor sich sah er den Mann, der beruhigend auf die junge Frau einsprach. Hinter sich hörte er das sich nähernde Sirenengeheul eines Krankenwagens. Um sich herum nahm er das leise Getuschel der Umstehenden wahr. Es war zu viel. Er brauchte Luft. Er musste zu seinem Termin. Er kam bestimmt zu spät.

Wo war der Eingang? Welche Fragen würden sie ihm stellen? Wie hatte noch mal sein Vorgänger geheißen? Mit all diesen Gedanken setzte er sich langsam in Bewegung.

***

Dr. Stefan Frank kam nicht umhin, Bewunderung für den Mann zu empfinden, der sich so sicher durch die Erste Hilfe gearbeitet und somit der jungen Frau das Leben gerettet hatte.

»Bleiben Sie ganz ruhig«, sprach er beruhigend auf die Patientin ein, deren Augen benommen um sich blickten. Immer wieder öffnete sie ihre Lider, nur um sie gleich wieder zufallen zu lassen. »Alles ist in Ordnung. Mein Name ist Doktor Frank. Meine Kollegen und ich werden Sie nun in die Waldner-Klinik bringen.«

Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, hörte er auch schon die schweren Schritte der Rettungssanitäter hinter sich.

»Servus«, grüßte einer von ihnen in die Runde und kam sofort hinunter. Ein Zweiter kniete sich neben seinen Kollegen. »Was haben wir denn hier?«

»Junge Frau, in den Zwanzigern. Sie musste reanimiert werden. Danach stabile Seitenlage«, zählte der Allgemeinmediziner die wichtigsten Punkte auf.

»Herzstillstand?«, fragte der erste Sanitäter nach.

Ein weiteres Heulen näherte sich dem Geschehen, und Dr. Stefan Frank registrierte, dass nun auch der Notarzt eingetroffen war. Es dauerte keine zwei Minuten, bis er den Unfallort erreicht hatte. Auch er fragte nach den Eckdaten des Geschehens. Also wiederholte Stefan Frank seine Worte.

»Wie ist es zum Herzstillstand gekommen?«, erkundigte sich der Notarzt und legte ihr eine Blutdruckmanschette an.

»Leider bin ich erst später dazugekommen, daher kann ich Ihnen keine genaue Auskunft geben. Aber ein anderer Herr ...« Dr. Stefan Frank sah sich nach dem Ersthelfer um. Er sah neben sich, wo er ihn bis gerade vermutet hatte. Aber da stand er nicht. Dann drehte er sich hektisch zur anderen Seite. Auch dort konnte er ihn nicht finden. Zuletzt suchte er die Menge von Studenten ab, die dem Schauspiel mit sinkendem Interesse zusah. Nirgends sah er das graumelierte Haupt des Mannes, der sich als Lebensretter erwiesen hatte. »Der Mann ist weg.«

***

Luisa Behringer fühlte eine unangenehme Kälte in sich. Ihre Finger fühlten sich wie tot an. Ihre Beine waren von Gänsehaut überzogen, sodass sie sich eine wärmende Decke herbeisehnte. Selbst ihr Oberkörper kam ihr vor, als wäre er nicht fähig, Wärme in sich zu speichern.

»Mir ist kalt«, flüsterte sie in die Leere hinein, die sie umgab.

Leichte Schritte, die ein Quietschen erzeugten, näherten sich ihr. »Der Arzt kommt gleich, gell.«

Noch immer benommen, hatte Luisa Probleme, das Gesicht der Frau auszumachen. Trotzdem erkannte sie eine Freundlichkeit darin. Die Augen waren von einem lächelnden Faltenkranz umgeben. Das Lächeln gab ihr Zuversicht. Wenn jemand lächelte, konnte es schon nicht so schlimm sein.

Müde schloss sie ihre Augen. In Gedanken liefen Bilder einer fremden Szene ab. Sie hatte auf einem Boden gelegen. Von hier hatte die Uni so friedlich ausgesehen. Füße hatten sich um sie gescharrt. Schuhe. Manche ganz ähnlich. Und da war ein Mann gewesen. Ein Mann mit kurzem Bart an der Kieferkante. Und graumelierten Haaren. Sein Blick. Da war etwas drin gewesen. Etwas Intensives. Schock? Aber warum war er geschockt gewesen? Sie kannten sich doch gar nicht.

»Da war ein Mann«, murmelte Luisa und öffnete unter Anstrengung ihre Lider.

Die Frau, die an einem Tisch mit dem Rücken zu ihr stand, drehte sich nun um.

»Doktor Stefan Frank«, antwortete sie mit einem zuversichtlichen Lächeln. »Soll ich ihn holen? Soweit ich weiß, befindet er sich noch in der Klinik.«

Luisa nickte. Bevor die Frau verschwand, vergewisserte sie sich noch der Vitalwerte. Dann war Luisa allein.

Sie versuchte, einen Überblick über ihre Lage zu bekommen. In ihrem Handgelenk steckte eine Nadel mit einem dünnen Schlauch, der in eine umgedrehte Plastikflasche mündete. Das Bett, auf dem sie lag, stand frei im Raum. Rechts von sich war ein Monitor, der gezackte Linien zeichnete. Links schaute sie auf einen Vorhang. Auch nach vorne raus war ihr Zimmer durch einen Vorhang abgetrennt. Und alles sah schmutzig weiß aus.

»Frau Behringer?«, kam nun die Frau zurück in ihr Zimmer, wenn man es als solches überhaupt bezeichnen konnte, »der Doktor kommt gleich.«

Als der vordere Vorhang schließlich entschlossen beiseite gezogen wurde, sah die Patientin einen Mann in den Dreißigern, dessen weißer Kittel und das Stethoskop ihn unverwechselbar als Arzt auszeichneten.

»Das ist er nicht«, widersprach Luisa, die mit jemand anderem gerechnet hatte.

»Guten Tag, Frau Behringer«, grüßte der Mann sie und trat an ihr Bett heran. »Mein Name ist Doktor Jürgen Blatt. Ich bin stellvertretender Arzt der Notaufnahme. Können Sie sich noch erinnern, was geschehen ist?«

Luisa hätte am liebsten gesagt, dass sie später darüber reden konnten. Sie musste nun erst mal diesen Mann finden, der dagewesen war.

»Ich weiß nicht«, sagte sie wahrheitsgemäß, »ja. Nein. Nicht an alles. Ich weiß nur, dass ich auf dem Boden lag und ein Krankenwagen kam.«

Dr. Blatt nickte bestätigend und schaute dabei geschäftig auf eine Akte.

»Sie wurden vor einer Stunde in die Notaufnahme der Münchner Waldner-Klinik gebracht. Sie hatten einen Herzstillstand, Frau Behringer. Sie wurden reanimiert. Wie fühlen Sie sich jetzt?«

»Müde«, antwortete sie, dann sah sie zu der Frau. Auch sie trug einen weißen Kittel. Aber alles an ihr strahlte das Mütterliche einer Schwester aus. »Das ist nicht der Mann.«

Die Frau kam auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Stirn.

»Ich weiß. Sie meinen Doktor Frank. Er ist schon auf dem Weg.«

Genau in diesem Moment trat ein weiterer Mann durch den Spalt im Vorhang.

»Da schauen Sie, jetzt ist Ihr Retter schon da.«

Luisa öffnete ihre Augen ein Stück weiter, als sorgte die Erwartung dafür, dass sie nun endlich ihr volles Bewusstsein zurückerlangte.

»Hallo, Frau Behringer«, sagte die neue Stimme.

Dr. Blatt versperrte ihr jedoch die Sicht, sodass sie nur zwei Beine in blauen Jeans auf sich zukommen sah. Ungeduldig bewegte sie den Kopf, um an dem Arzt vorbeizusehen. Dann wurde sie jäh enttäuscht. »Schön, dass sie wieder bei uns sind.«

»Aber«, widersprach sie. »Wo ist der Mann von der Uni?«

Die beiden Ärzte sahen sich an. Dann wandte sich der Neuankömmling an die Patientin: »Er ist leider verschwunden.«

***

Erschöpft ließ sich Markus in den Sessel seines Hotelzimmers fallen. Das Polster begrüßte ihn mit einem Aufseufzen. Der Geruch eines fremden Parfüms stieg ihm in die Nase, sodass er den Wunsch verspürte, zu Hause zu sein.

Er schloss die Augen. Das Bewerbungsgespräch hatte er gemeistert. Irgendwie. Er machte den Adrenalinstoß dafür verantwortlich, dass er überhaupt noch dazu fähig gewesen war. Dass er zu spät erschienen war, hatte einem Mann des Personalrats ein Nasenrümpfen entlockt. Er hatte es zu verstecken versucht, indem er dabei auf die Bewerbungsunterlagen vor sich herabgeschaut hatte. Aber es war unverkennbar gewesen.

Und da Markus keine Lust verspürt hatte, dem Ausschuss eine Geschichte von einem verspäteten Zug und einer Lebensrettung zu erzählen, hatte er es schlichtweg hinnehmen müssen. Ebenso die Kommentare, dass für ihn Pünktlichkeit hoffentlich ein unabdingbarer Wert wäre. Trotzdem glaubte er, dass er mit dem Beantworten der Fragen hatte punkten können. Er hatte konzentriert und kompetent alles beantworten können. Auch sein Ziel in Hinblick auf die Forschung hatte er so zusammenfassen können, dass es dem ein oder anderen ein Staunen entlockt hatte. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten.

Markus stand vom Sessel auf und verspürte den Drang zu duschen. Irgendwie hatte er das Gefühl, den Staub des Polsters an seinem Hintern kleben zu haben, weshalb er das Bad ansteuerte und die Tür hinter sich verschloss. Der kleine Raum war von einer Lampe erleuchtet, die alles in ein gelbliches Licht tauchte. Mit beiden Armen stützte er sich am Waschbecken ab und schaute in den Spiegel. Was er sah, enttäuschte ihn. Seine dunklen Haare waren von Grau durchzogen, obwohl er nicht mal die fünfzig erreicht hatte. Unter seinen braunen Augen lagen Schatten, da der Tag ihm mehr abverlangt hatte, als er gewohnt war.

Resigniert öffnete Markus die Knöpfe seines karierten Hemdes. Auch ein Aspekt, der ihm die Professorenstelle kosten könnte. Er hatte nach der Verspätung des Zuges nicht mal Zeit gehabt, sich umzuziehen. Lediglich seinen Koffer hatte er in der Lobby abgeben können. Also war er in Jeans und Karohemd zum Bewerbungsgespräch erschienen, während die Konkurrenz in einem dunklen Anzug im Flur gesessen hatte.

Nachdem Markus das Hemd abgestreift hatte, öffnete er seine Jeans und zog an den Hosenbeinen. Bevor er die winzige Dusche betrat, vergewisserte er sich ihrer Sauberkeit. Dann schaltete er das Wasser ein.