Dr. Stefan Frank 2790 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2790 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Zugegeben - das Modell Co-Parenting für eine Elternschaft zweier Menschen, die kein Liebespaar sind, sich aber trotzdem ein Kind wünschen, ist Dr. Frank in seiner Praxis noch nicht begegnet. Trotzdem hegt der erfahrene Mediziner keine Vorurteile, als seine Patientin Mia Hart ihm eröffnet, genau diesen Weg gehen zu wollen, weil sie nach einer großen Enttäuschung ihr Herz nie mehr an einen Mann verschenken, sich aber ihren Kinderwunsch erfüllen will. Zusammen mit Elia, den sie über eine Co-Parenting-Vermittlung kennenlernt, will sich Mia Erziehung, Fürsorge und natürlich auch Kosten für ihr Kind nach genau festgelegten Regeln teilen. Als sie nach einer künstlichen Befruchtung schwanger wird, beginnt eine aufregende Reise, die Dr. Frank medizinisch begleitet. Und wenn ihn dabei nicht alles täuscht, entwickelt das so sachlich fokussierte Paar doch tatsächlich echte Gefühle füreinander. Aber genau das soll noch zum großen Problem werden, das den perfekten Plan ins Wanken bringt ...

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Inhalt

Cover

Unser Eltern-Abenteuer

Vorschau

Impressum

Unser Eltern-Abenteuer

Wenn Gefühle plötzlich alles kompliziert machen

Zugegeben – das Modell Co-Parenting für eine Elternschaft zweier Menschen, die kein Liebespaar sind, sich aber trotzdem ein Kind wünschen, ist Dr. Frank in seiner Praxis noch nicht begegnet. Trotzdem hegt der erfahrene Mediziner keine Vorurteile, als seine Patientin Mia Hart ihm eröffnet, genau diesen Weg gehen zu wollen, weil sie nach einer großen Enttäuschung ihr Herz nie mehr an einen Mann verschenken, sich aber ihren Kinderwunsch erfüllen will. Zusammen mit Elia, den sie über eine Co-Parenting-Vermittlung kennenlernt, will sich Mia Erziehung, Fürsorge und natürlich auch Kosten für ihr Kind nach genau festgelegten Regeln teilen. Als sie nach einer künstlichen Befruchtung schwanger wird, beginnt eine aufregende Reise, die Dr. Frank medizinisch begleitet. Und wenn ihn dabei nicht alles täuscht, entwickelt das so sachlich fokussierte Paar doch tatsächlich echte Gefühle füreinander. Aber genau das soll noch zum großen Problem werden, das den perfekten Plan ins Wanken bringt ...

Mia rutschte auf der Kante des Sofas nach vorne, um einen besseren Blick auf das Baby erhaschen zu können. Die Atmosphäre in dem hellen Wohnzimmer hatte sich plötzlich verändert. Alles wirkte friedlicher. Die Welt um sie herum war egal geworden. Das einzig Wichtige war nun das kleine Wesen, welches noch zu schwach war, sein Köpfchen allein aufrechtzuhalten.

»Hallo, meine Süße«, flüsterte Theresa, die Mutter des Kindes.

Theresa sah noch schöner aus als sonst. Ihre Wangen waren voll und rosig. Obwohl ihr Bauch noch immer von der Schwangerschaft zeugte, wirkte die junge Frau so gesund wie nie zuvor.

»Sie ist wunderschön«, hauchte Mia verzückt.

Sie konnte ihre Augen gar nicht von dem kleinen Mädchen abwenden, das unter Mühe seine Lider öffnete. Dunkelblaue Augen kamen zum Vorschein, der Blick noch zu verschlafen, um etwas erkennen zu können.

»Wunderschön«, bestätigte die Mutter des Kindes. »Aber dafür hat sie es schon faustdick hinter den Ohren. Du müsstest sie mal nachts schreien hören.«

Mia lachte, wie es an der Stelle angebracht war. Doch insgeheim dachte sie sich, wie gerne sie mit Theresa tauschen würde. Wie sehr wünschte sie sich eine nächtliche Störung, weil ein Kind nach ihr rief.

Um den Gedanken schnell wieder zu verdrängen, griff sie nach einem der Schokoladen-Éclairs, die sie als kleine Aufmerksamkeit für die frischgebackene Mutter mitgebracht hatte. Die Süße, die sich in ihrem Mund verteilte, ließ sie zwar genüsslich nach mehr lechzen, aber den bitteren Geschmack der Sehnsucht vermochte sie nicht zu vertreiben.

»Wie geht es dir denn so?«, fragte sie, um nicht nur das Baby anzustarren.

Theresa seufzte. »Ich bin froh, dass ich die Geburt hinter mir habe, um ehrlich zu sein. Weißt du, ein Kind zu bekommen, ist gar nicht schön.«

»Ich hörte so was«, scherzte Mia.

Sie warf ihrer Freundin ein Lächeln zu, bevor sie einen Schluck von ihrem Pfefferminztee trank. Zuletzt hatte sie Kräutertee getrunken, als sie mit Bauchschmerzen in ihrem Bett im Kinderzimmer gelegen hatte. Das war nun schon über zwei Jahrzehnte her. Aber da Theresa selbst aufgrund des Stillens keinen Kaffee trank, hatte Mia ihr nicht extra Mühen bereiten wollen. Der Tee schmeckte gar nicht mal so übel.

»Ehrlich! Mit der Geburt deines Kindes verlierst du augenblicklich deine Würde. Und dann die Sorgen darum, was alles schiefgehen könnte.«

Theresa schüttelte den Kopf, als wäre sie in Gedanken immer noch im Kreißsaal.

»Hattest du Angst vor der Geburt?«, wollte Mia wissen.

So sehr sie sich auch ein Kind wünschte, musste sie sich eingestehen, dass ihr die Vorstellung, einen Menschen aus ihrem Körper zu pressen, Angst machte.

»Mal ehrlich: Kennst du eine Frau, die keine Angst davor hätte? Die einzige Wahl, die du hast, ist die, ob du von innen oder von außen aufgerissen wirst«, erklärte Theresa mit großen abgeklärten Augen.

Mia räusperte sich. So, wie ihre Freundin es beschrieb, musste eine Geburt noch schlimmer sein, als sie befürchtet hatte.

»Aber ist es nicht so, dass die Schmerzen sofort vergessen sind, sobald das Kind da ist?«, warf sie ein, vielleicht, um sich selbst ein bisschen Hoffnung zu machen. »Meine Mutter hat das immer gesagt.«

Theresa knöpfte ihre Bluse auf, da das Baby auf ihrem Arm mit seinem winzigen Mund nach etwas Nahrhaftem suchte.

»Mia, egal, was du hörst – die Frauen lügen! Keine vergisst den Schmerz, wenn sie etwas in der Größe einer Melone aus ihrer Vagina drückt. Und von einem Kaiserschnitt wollen wir erst gar nicht reden.«

Mia biss in ihr Éclair. Mit einem Mal war ihr die Süße zuwider. Sie wollte ein Kind. Aber so, wie Theresa von der Geburt sprach, hörte es sich mehr nach einem Horrorfilm an.

»Möchtest du sie mal halten?«, fragte Theresa, deren Gesichtsausdruck nun wieder etwas Verklärtes angenommen hatte.

Mia schluckte und stellte schnell ihren Teller zurück auf den Tisch. Erwartungsvoll streckte sie ihre Arme aus. Ehrfurcht erfüllte sie. Da die Kleine keinen großen Hunger gehabt hatte, schien sie nichts dagegen zu haben, ihren Platz zu wechseln.

»Ganz vorsichtig«, flüsterte Theresa und ließ ihren Blick nicht von dem Kind, das sie sachte in die Arme ihrer Freundin legte.

Lucie, so hieß das kleine Bündel Mensch. Ihr Köpfchen lag schwer auf Mias Arm. Der Flaum darauf fühlte sich weich an. Mia beugte sich zu dem Baby hinunter und roch an den Haaren. Es war der Geruch einer zarten Süße, der sie schmerzlich daran erinnerte, dass sie noch weit von einem Kind entfernt war. Dieser Geruch, der nur Säuglingen zu eigen war. Als sie ihren Zeigefinger in die Hand des Mädchens schob, wurde er fest umklammert. Sofort war der Gedanke an Schmerz und Geburt vergessen.

***

Nachdem die kleine Lucie es geschafft hatte, ihre nachmittägliche Mahlzeit auf Mias Kleid zu verteilen, war die junge Frau sofort unter die Dusche gesprungen, als sie ihre Wohnung in Grünwald erreicht hatte. So sehr sie den Geruch von Säuglingen mochte – Erbrochenes gehörte nicht dazu.

Nur mit Unterwäsche bekleidet ging sie vom Bad in ihr Schlafzimmer und nahm dort einen flauschigen Pulli und eine bequeme Freizeithose aus dem Kleiderschrank. So in ihr abendliches Outfit gehüllt, lief sie die Treppe hinunter, die in einen offenen Ess- und Kochbereich führte. Sie bereitete sich ein schnelles Abendessen vor, da sie keine Lust mehr zum Kochen hatte.

Während zwei Scheiben Brot im Toaster geröstet wurden, dachte sie über den Nachmittag nach. Noch immer konnte sie das Gewicht der kleinen Lucie auf ihren Armen spüren. Die geschlossenen Augen des Babys hatten wie gerade Linien mit feinem Härchenkranz ausgesehen.

Das plötzliche Springen der Brotscheiben aus dem Toaster ließ sie aufschrecken. Sie schüttelte ihren Kopf, um den Gedanken an Kinder zu verdrängen. Zu oft hatte sie schon darüber nachgedacht, immer ohne Ergebnis. Nachdem die Beziehung zu ihrem letzten Freund mit einem fulminanten Betrug in die Brüche gegangen war, glaubte Mia auch nicht mehr daran, den Richtigen zu finden.

Wie sollte also Familienplanung ohne Mann aussehen? Acht Jahre hatte sie an Merlin verloren. Alles, was ihr geblieben war, war ein gebrochenes Herz. Außerdem war sie nun siebenunddreißig. Vielleicht sollte sie sich langsam an den Gedanken gewöhnen, ihr Leben als Single zu meistern. Holten sich Singlefrauen nicht eine Katze ins Haus?

Mit ihrem Abendbrot auf einem Teller machte Mia es sich anschließend im Wohnzimmer gemütlich. Zufrieden ließ sie sich auf die Couch fallen und schaltete den Fernseher ein. Sie liebte diesen Platz. Die Dachschrägen bildeten ein schützendes Zelt über ihrem Kopf. Wenn es regnete, hörte sie das leise Prasseln auf der Scheibe des Dachfensters. Wenn sie Lust hatte, zu lesen, musste sie nur an die hintere Wand gehen, wo ihre Bücher in Regalen lagerten, die über Eck verliefen. Wenn sie träumen wollte, genügte ein Blick schräg nach links, wo eine doppelte Glastür hinaus auf die Loggia führte.

Im Fernsehen lief eine Krimisendung, deren Verbrechen sie bereits verpasst hatte. Also schaltete Mia um und stieß auf eine Kochsendung – schon tausendmal gesehen. Genervt schaltete sie weiter und hielt schließlich bei einer Dokumentation inne. Der Begriff »Co-Parenting« weckte ihre Aufmerksamkeit. Mia hatte ihn noch nie gehört, fand aber, dass er interessant klang – etwas, das privat war, aber einen amtlichen Charakter hatte. Neugierig lehnte sie sich zurück und biss in ihr Brot.

***

Nichts roch am frühen Morgen verführerischer als frisch gebrühter Kaffee. Während vor dem Fenster noch dunkle Nacht herrschte, obwohl der Zeiger bereits die Sieben überschritten hatte, bereitete sich Dr. Stefan Frank auf den kommenden Tag vor und folgte dann dem Geruch in die Küche.

»Wenn ich deinen Blick sehe, könnte ich glauben, du liebst deinen Kaffee mehr als mich«, scherzte seine Lebensgefährtin Alexandra mit einem breiten Grinsen.

Stefan ließ sich nicht beirren und ging zu seiner Freundin, um ihr mit einem Kuss das Gegenteil zu beweisen – und Alexandra war nur allzu gern bereit, sich besänftigen zu lassen.

»Nichts liebe ich mehr als dich, mein Schatz«, flüsterte er ihr dann ins Ohr.

»Nun hör schon auf mit deinen Liebesbekundungen und setz dich«, gab sie kichernd zurück und folgte ihm mit einem gefüllten Brotkorb an den Tisch.

Alexa hatte ganze Arbeit geleistet und vom Markt allerlei gesunde Leckereien sowie die Käsesorte, die Stefan besonders mochte, besorgt. So griff er gleich zu und bereitete sich sein Frühstück, während er Alexa nach ihrer Nacht fragte.

»Erinnere mich nicht daran«, seufzte seine Lebensgefährtin.

Seit Tagen schon litt sie unter Schlafproblemen. Obwohl sie keine Schwierigkeiten beim Einschlafen hatte, wachte sie jede Nacht zwischen zwei und drei Uhr auf und lag länger wach.

»Bist du schon wieder aufgewacht?«, horchte Stefan besorgt nach und vergaß sein Frühstück sofort. Alexa war seine erste Beziehung, nachdem seine langjährige Freundin vor etlichen Jahren unter dramatischen Umständen ums Leben gekommen war. Umso mehr wusste er sein Glück mit dieser bezaubernden Frau zu schätzen. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst mich aufwecken, wenn du nicht schlafen kannst.«

Alexa winkte ab. »Du kannst doch auch nichts daran ändern«, antwortete sie und griff nach einem Joghurt. »Außerdem habe ich im Fernsehen eine Sendung gefunden, die ich richtig spannend fand.«

»Schon wieder so eine alte Krimiserie?«, scherzte Stefan.

Es amüsierte ihn immer noch, wie sie sich einmal über Fernsehserien unterhalten hatten, wobei Alexa zugegeben hatte, dass sie eine Schwäche für Krimiserien vergangener Jahrzehnte hatte.

»Haha«, machte sie, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. »Nein, es war eine Dokumentation über Co-Parenting. Hast du davon schon mal was gehört?«

Stefan runzelte die Stirn. Er kannte den Begriff tatsächlich aus einer Fachzeitschrift.

»Ist das nicht diese Partnerschaft zweier Leute, die gemeinsam ein Kind bekommen möchten?«, warf er ein.

Alexa wog ihren Kopf hin und her und bestätigte: »So ähnlich.« Während sie frische Beeren in ihren Joghurt gab, ergänzte sie: »Es ist vielmehr eine Vereinbarung zweier Menschen, ein Kind zu haben, ungeachtet dessen, ob sie ein Paar sind oder nicht.«

Stefan dachte über ihre Worte nach, um den Unterschied ausfindig zu machen.

»Letztlich geht es also nicht um das Gemeinsame, sondern darum, dass jeder seinen Kinderwunsch erfüllt bekommt, aber das mit der Hilfe des anderen?«, fragte er.

»Ich weiß nicht, ob das zu vereinfacht klingt, aber vielleicht könnte man es so beschreiben, ja«, antwortete Alexa. »Bist du in deiner Praxis noch nicht darauf gestoßen?«

Stefan musste verneinen. Obwohl er neben der Allgemeinmedizin auch als Geburtshelfer tätig war, hatte er noch nie eine Patientin betreut, von der er wusste, dass die Schwangerschaft im Rahmen von Co-Parenting entstanden war.

»Ich hatte zwar schon einige werdende Mütter, die nach der Geburt alleinerziehend waren, aber meistens waren sie mit ihrem Kinderwunsch zur Befruchtung mit einer anonymen Samenspende in eine Klinik gegangen. Wobei ich auch schon erlebt habe, dass jemand während der Schwangerschaft den richtigen Mann gefunden hat.«

Stefan erinnerte sich an eine Patientin, deren Wunsch nach einem Kind so groß gewesen war, dass sie sich dazu entschlossen hatte, allein ein Baby zu bekommen. Ausgerechnet nach dem positiven Test hatte sie den Mann gefunden, mit dem sie nun ihr Leben verbrachte. Vor wenigen Monaten hatten sie geheiratet.

»Und ich glaube, da liegt der Unterschied«, wandte Alexa ein. Sie löffelte etwas von ihrem Joghurt und setzte dann hinzu: »Beim Co-Parenting geht es darum, die Arbeit auf zwei Personen zu verteilen. Wer kann es sich schon erlauben, rund um die Uhr zu Hause zu bleiben? Mit einer Elternpartnerschaft hätte das Kind somit zwei Elternteile, und jeder hätte weiterhin die Möglichkeit, zu arbeiten.«

Stefan nahm einen Schluck seines Kaffees. Die Bitterkeit weckte seine Geschmacksknospen, sodass er einen weiteren Schluck trank. Das verschaffte ihm Zeit zum Nachdenken.

»Glaubst du, dass das funktionieren kann?«, stellte er Alexa die Frage, die ihn am ehesten beschäftigte. »Was ist, wenn die Elternpartner merken, dass sie nicht miteinander harmonieren?«

»Du meinst, wie in einer Ehe oder einer Beziehung?«

Alexa hob spöttisch eine Augenbraue in die Höhe.

Stefan gab sich geschlagen.

»Du hast recht«, gab er zu und zuckte mit den Schultern.

Wie viele Beziehungen hatte er schon in die Brüche gehen sehen? Selbst ein Trauschein gab keine Garantie für eine funktionierende Partnerschaft. Wie konnte man da glauben, dass Co-Parenting zum Scheitern verurteilt war? Vielleicht war eine Elternpartnerschaft sogar aufgrund ihrer sachlichen Grundlage stabiler.

***

Mit einem erleichterten Aufseufzen drückte Mia ihren Rücken durch. Danach schob sie den Stuhl an ihren Arbeitsplatz, legte die Schutzbrille ab und begann damit, ihren weißen Kittel aufzuknöpfen, während sie mit großen Schritten durch das Labor in Richtung Ausgang lief.

Draußen wartete schon ihre Kollegin Berit. Berit war neun Jahre älter als Mia, verhielt sich aber manchmal noch immer so, als hätte sie nie die Zwanziger verlassen. Unter ihrem weißen Kittel trug sie ein auf Taille geschnittenes Kleid, welches andere Frauen lediglich zu besonderen Anlässen gewählt hätten. Auch das grelle Pink stach deutlich aus der sterilen Umgebung heraus. Mia kannte niemanden von ihren Kollegen, der ähnlich auffiel wie Berit. Die Sechsundvierzigjährige verfügte außerdem über ein lockeres Mundwerk, sodass Mia schon in ihren ersten Tagen im Labor der Frau mit den dunkelroten Haaren zugetan gewesen war. Über Kollegialität hinaus hatte sich rasch eine Freundschaft zwischen den beiden entwickelt.

»Zwei Minuten zu spät«, tadelte Berit Mia, als diese die Tür hinter sich zuzog.

Dabei tippte sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk, als hätte sie die Sekunden gezählt.

»Lass mich raten, du stehst schon seit vier Minuten hier, damit du mich wieder auf meine Verspätung hinweisen kannst?«, riet Mia und hakte sich bei ihrer Freundin unter.

Gemeinsam gingen sie über den weiß glänzenden Linoleumboden in Richtung Pausenraum. Berits Schuhe klackten hoheitlich, während sie etliche Türen passierten.

»Ich beginne meine Pausen eben gerne pünktlich«, dementierte Berit und lächelte einem Kollegen zu, der ihnen gerade entgegenkam.

Paul war so befangen, dass er jedes Mal rot anlief, wenn sie das machte. Es war ein wenig gemein, wie Berit sich einen Scherz daraus machte.

»Lass doch endlich mal den armen Mann in Ruhe«, zischte Mia ihr zu, als Paul schon einige Meter hinter ihnen war.

»Wieso? Er ist süß. Schade, dass ihm das noch keiner gesagt hat.«

»Du bist unmöglich«, stöhnte Mia und stieß die Tür zum Pausenraum auf.

Der Raum war leer. Rasch bereitete Berit Kaffee zu. Es dauerte kaum eine Minute, bis Mia, die schon an dem kleinen quadratischen Tisch Platz genommen hatte, eine Tasse des dampfenden Getränks vor sich stehen hatte.

»Gestern habe ich was Interessantes gesehen«, begann sie, da sie schon den ganzen Morgen über an die neue Entdeckung hatte denken müssen.

Stundenlang war sie gestern damit beschäftigt gewesen. Nun hatte sie das dringende Bedürfnis, ihr neu gewonnenes Wissen zu teilen.

»Ich auch«, stieg Berit kaffeeschlürfend auf ihre Anspielung ein. »Ich war in diesem neuen Club. Du weißt schon, den, wo nur die wirklich gut betuchten Leute hingehen.«

»Was hattest du dann da zu suchen?«, warf Mia ironisch ein, die schon zu wissen glaubte, worauf Berit hinauswollte.

»Ach, sei still, du!« Die Freundin bewarf Mia mit einem Zuckerwürfel. »Na ja, zumindest habe ich da einen Mann gesehen, den ich heiraten werde«, beendete Berit ihre Erzählung.

»Aha, und der wievielte Mann wäre das dann?«