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Nach einem tragischen Autounfall wird David Winter, Sohn eines berühmten Schauspielerpaares, in die Waldner-Klinik eingeliefert. Dort sorgt ein unbedachtes Interview von Assistenzarzt Dr. Matthias Finkenzeller für einen folgenschweren Fehler: Ohne es zu wollen, offenbart er ein tief gehütetes Familiengeheimnis an die Presse. Die Nachricht schlägt wie eine Bombe ein und rückt die Klinik sowie die Familie Winter ins grelle Scheinwerferlicht der Boulevardmedien. Für Matthias beginnt ein Albtraum - von Schuldgefühlen geplagt, erkennt er den gravierenden Vertrauensbruch und die Folgen für die Winters. Doch als David plötzlich spurlos verschwindet, wird die Lage dramatisch: Matthias stürzt in tiefe Verzweiflung und fühlt sich verantwortlich für das Chaos, das sein Fehler angerichtet hat ...
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Seitenzahl: 122
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Verhängnisvolles Interview
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Impressum
Verhängnisvolles Interview
Ein Assistenzarzt gibt aus Versehen ein Geheimnis preis
Nach einem tragischen Autounfall wird David Winter, Sohn eines berühmten Schauspielerpaares, in die Waldner-Klinik eingeliefert. Dort sorgt ein unbedachtes Interview von Assistenzarzt Dr. Matthias Finkenzeller für einen folgenschweren Fehler: Ohne es zu wollen, offenbart er der Presse ein tief gehütetes Familiengeheimnis. Die Nachricht schlägt wie eine Bombe ein und rückt die Klinik sowie die Familie Winter ins grelle Scheinwerferlicht der Boulevardmedien.
Für Matthias beginnt ein Albtraum – von Schuldgefühlen geplagt, erkennt er den gravierenden Vertrauensbruch und die Folgen für die Winters. Doch als David plötzlich spurlos verschwindet, wird die Lage dramatisch: Matthias stürzt in tiefe Verzweiflung und fühlt sich verantwortlich für das Chaos, das sein Fehler angerichtet hat ...
Die Musik verhallte. Die letzten Worte des Abspanns liefen über die Kinoleinwand. Obwohl der Film zu Ende war und die Lichter im Saal angingen, saß das Publikum mucksmäuschenstill und starrte unverwandt auf die Leinwand. Erst nach und nach klappten die ersten Samtsessel nach oben, stand zögernd ein Zuschauer nach dem anderen auf.
»Wow!«, flüsterte Dr. Alexandra Schubert. Sie wollte sich noch immer nicht bewegen, als fiele es ihr schwer, nach den vergangenen zwei Stunden in die Wirklichkeit zurückzufinden. »Ich glaube, das war der beste Film, den ich je gesehen habe.«
Ihre Freundin Ruth Waldner, die neben ihr saß, holte tief Luft.
»Kein Wunder, dass er für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert ist.«
»Esther Winter ist eine Naturgewalt«, stimmte Uli Waldner zu. »Ich habe gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist.«
»Ihr Mann Alexander ist auch nicht zu verachten«, bemerkte Ruth mit einem neckischen Seitenblick auf ihren Gatten.
Stefan Frank beugte sich zu seiner Freundin.
»Geht's dir gut? Ich könnte schwören, dass du am Ende mindestens eine halbe Stunde lang die Luft angehalten hast.«
Alexandra lachte mit ihm. »Gib zu, dass du nur darauf gewartet hast, deine Fähigkeiten in Wiederbelebung unter Beweis zu stellen.«
»Ein durchaus verlockender Gedanke.« Mit funkelnden Augen reichte Stefan seiner Liebsten die Hand. Höchste Zeit, dem Rest des Publikums hinaus zu folgen.
Popcorn knirschte unter ihren Füßen, ein Getränkebecher rollte unter einen Sitz. Gemeinsam verließen die vier Freunde den Saal und traten ins hell erleuchtete Foyer. Die Wirklichkeit hatte sie endgültig wieder. Ruth ließ sich von Uli in den Mantel helfen.
»Habt ihr Durst?«, fragte sie und wickelte sich den Schal um den Hals. »Ganz in der Nähe ist eine schnuckelige, kleine Bar. Dort könnten wir noch etwas trinken.«
»Ich weiß nicht ...« Stefan Frank sah auf die Uhr. Der nächste Morgen war ein Mittwoch, alle mussten wieder früh raus. »Was meinst du?«, wandte er sich an seine Freundin, als Ruth die Hand hob.
»Seht mal, ist das nicht der neue Kollege aus der Klinik?« Sie deutete auf einen Mann mit blonden Locken, der als einer der Letzten aus dem Saal kam. Etwas verloren sah er sich im Foyer um.
»Du hast recht«, bestätigte ihr Mann sofort. »Das ist mein neuer Assistenzarzt.« Er hob die Hand zum Gruß. »Hallo, Kollege Finkenzeller, das ist ja ein Zufall. Manchmal könnte man meinen, dass München ein Dorf ist.«
Dr. Matthias Finkenzeller lächelte schüchtern in die Gruppe.
»Über acht Millionen Einwohner. Und dann laufe ich ausgerechnet meinem neuen Chef über den Weg.«
»Das sollte Ihnen eine Warnung sein.« Gut gelaunt klopfte Uli Waldner seinem Mitarbeiter auf die Schulter. »Sie sind nirgendwo sicher vor mir.«
Auf dem Weg nach draußen lachten alle. Stefan ließ dem Kollegen den Vortritt. Er sah sich suchend um. »Sind Sie allein hier?«
»Ich kenne noch nicht so viele Leute in München.« Es klang wie eine Entschuldigung. »Aber ich wollte unbedingt diesen Film sehen.«
»Oh, das wusste ich nicht.« Uli Waldners Bedauern war echt. »Sonst hätten Sie uns natürlich begleiten können.«
»Das ist wirklich nett von Ihnen.« Dr. Finkenzeller wirkte, als wäre er nicht ganz überzeugt. »Vielleicht beim nächsten Mal.« Er verabschiedete sich, hob die Hand zum Gruß und trat durch die Tür hinaus in die kalte Winternacht.
Stefan Frank sah ihm nach, wie er mit eingezogenem Kopf und den Händen in den Jeanstaschen in der Dunkelheit verschwand.
»Woher kommt Matthias eigentlich?«
»Saarbrücken.« Uli setzte die Mütze auf und schlüpfte in die Handschuhe. »Er hat dort sein Studium abgeschlossen und war danach eine Zeit lang als Assistenzarzt in der Uniklinik gearbeitet. Jetzt will er bei uns seinen Facharzt in Chirurgie machen. Seine Zeugnisse sind wirklich beeindruckend. Ich habe selten so herausragende Beurteilungen zu Gesicht bekommen.«
Hintereinander verließen die vier Freunde das Kino. Wie tausend kleine Nadelstiche biss die Kälte in die Gesichter. Alexandra erschauerte, Ruth klappte den Mantelkragen hoch.
»Trotzdem habe ich das Gefühl, dass du noch nicht ganz überzeugt bist von ihm.« Als Anästhesistin in der Klinik ihres Mannes entging ihr selten etwas.
»Für meinen Geschmack ist er noch sehr zurückhaltend«, bestätigte Uli den Eindruck seiner Frau. »In der Theorie ist er sehr kompetent, das steht außer Frage. Aber in der Praxis muss er sich noch beweisen. Bisher hat er sich eher im Hintergrund gehalten. Schwer zu sagen, wie er sich in kniffligen Situationen schlägt.«
»Er braucht wahrscheinlich einfach noch Zeit, um wirklich anzukommen«, warf Alexa ein und schmiegte sich noch enger in Stefans Arm. Nach der heimeligen Wärme im Kino war die Nacht besonders kalt und unwirtlich. »Wir wissen doch alle aus eigener Erfahrung, wie schwierig so ein Neustart in einer anderen Stadt, an einer neuen Klinik ist. Vor allem, wenn man niemanden kennt.«
»Da hast du recht«, stimmte Uli zu.
Gute Mitarbeiter waren das Kapital des Klinikleiters, neben der guten Versorgung der Patienten hatte ihre Zufriedenheit oberste Priorität. Aus diesem Grund hatte Uli Waldner zahlreiche Mitarbeiterprogramme eingeführt, angefangen von der Mitgliedschaft in einem Netzwerk von Fitnesseinrichtungen über Arbeitszeitmodelle für Familien bis hin zu Abteilungsfeiern oder Ausflügen. Der Erfolg gab ihm recht. Die Möglichkeiten wurden freudig genutzt und hatten den angenehmen Nebeneffekt, dass sich die Mitarbeiter untereinander besser kennenlernten. Kontakte wurden geknüpft und immer wieder wurde aus Freundschaft Liebe.
»Er wird uns schon noch zeigen, was in ihm steckt.«
***
Nach einer Irrfahrt mit U-Bahn und Bus erreichte Matthias Finkenzeller nach einer Dreiviertelstunde endlich sein neues Zuhause. Es handelte sich um einen typischen Bau aus den späten Siebzigerjahren, schmucklos und schlicht. An ein paar Stellen bröckelte die Fassade, die Balkonkästen mit erfrorenen Pflanzen wirkten deprimierend.
Matthias nestelte den Schlüssel aus der Tasche und sperrte die Haustür und kurz darauf die Wohnungstür im ersten Stock auf. Er hatte die Tür kaum hinter sich ins Schloss gezogen, als ihn die bedrückende Stille umfing, die hier immer auf ihn wartete. Kein Lachen, kein vertrauter Geruch, kein Essen auf dem Herd. Nur die kühle, etwas abgestandene Luft und das fahle Licht der Straßenlaterne, das durch die fadenscheinigen Vorhänge der Vormieter fiel.
Das Apartment war nicht groß, aber geräumig. Wohnzimmer, Schlafzimmer mit Doppelbett, eine kleine Küche und ein Bad. Übernachtungsbesuch musste mit dem Schlafsofa Vorlieb nehmen, ein kompliziertes Möbelstück, das sich in eine Doppelliege verwandeln ließ, wenn man die Sache entschlossen genug anging. Aber bis jetzt hatte Matthias es ohnehin noch nicht gebraucht und es stand in den Sternen, ob und wann überhaupt Besuch aus der alten Heimat hereinschneien würde.
Im Schlafzimmer zog sich Matthias aus und ließ die zerknautschten Kleidungsstücke einfach auf den Boden fallen. Im Bad putzte er sich die Zähne und nahm eine heiße Dusche. Im Pyjama verzog er sich ins Bett. Er stopfte sich das Kissen in den Rücken und griff nach seinem Handy. Nach Sekunden meldete sich die vertraute Stimme.
»Hallo, Matze, alles klar in München?«
»Hey, Benni«, begrüßte Matthias seinen allerbesten Freund. Er lehnte sich zurück und versuchte, ein Lächeln in seine Stimme zu legen. In Saarbrücken wären sie an einem Abend wie diesem normalerweise gemeinsam losgezogen. Aber diese Zeiten waren vorerst vorbei. »Es läuft so. Ich war heute im Kino. Der Film hätte dich mit Sicherheit begeistert. Die Story hatte Ähnlichkeit mit einem Fall aus meiner Lieblings-True-Crime-Serie.«
»Was hast du dir angeschaut?«
»Einen deutschen Film mit dem Titel ›Die Farben der Wahrheit‹. Esther und Alexander Winter spielen ein zwielichtiges Ehepaar, das in einen Mordfall verwickelt ist. Die beiden waren wirklich unglaublich. Das ist einer der besten Filme, den ich seit Langem gesehen habe.«
»Den wollte ich mir auch schon anschauen. Aber ich habe niemanden gefunden, der mit mir ins Kino gehen wollte. Und allein macht es keinen Spaß.«
»Stimmt. Das habe ich heute auch herausgefunden.« Matthias konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. »Zu Hause hätten wir und nach diesem Film die Köpfe heiß diskutiert. Aber hier ... Ehrlich gesagt hatte ich es mir nicht so schwer vorgestellt, hier anzukommen.« Matthias' Blick wanderte durch das schmucklose Zimmer. Auf den Nachttischen fehlten noch die Lampen. Der Kleiderschrank war halb leer, als wäre Matthias nur auf der Durchreise.
Am anderen Ende der Leitung lachte Benni leise.
»Komm schon, du bist gerade erst ein paar Tage in München. Gib dir und den Leuten dort eine Chance«, empfahl er. »Erinnerst du dich, wie lange es gedauert hat, bis wir Landeier uns in Saarbrücken eingelebt hatten?«
»Ja, schon. Aber hier ist es anders.« Das Heimweh zog in Matthias' Brust. »Die Kollegen sind alle nett, aber irgendwie fühle ich mich wie ein Außenseiter. Ich vermisse Saarbrücken, unser altes Revier. Freunde und Familie.«
Draußen fuhr ein Wagen vorbei. Das Licht der Scheinwerfer wanderte über die Wände und verschwand wieder. Irgendwo im Haus lief ein Wasserhahn. Die alten Leitungen gurgelten.
»Das ist normal, Mann«, versuchte Benni, seinen besten Freund zu trösten. »Aber du darfst nicht vergessen, warum du unbedingt nach München wolltest. Die Waldner-Klinik bietet eine Facharztausbildung auf höchstem Niveau. Früher oder später wirst du dort deinen Platz finden, da bin ich ganz sicher.«
»Ich weiß nicht.« Matthias machte keinen Hehl daraus, dass er diesen Optimismus nicht teilte.
Benni ermahnte sich, geduldig zu sein und unterdrückte ein Seufzen.
»Hast du schon mal versucht, mit den Kollegen außerhalb der Arbeit etwas zu unternehmen?«
»Nicht wirklich.« Müde rieb sich Matthias über die Stirn. »Ich arbeite viel und wenn ich dann Feierabend habe, will ich so schnell wie möglich nach Hause, um mit euch zu telefonieren.«
Es raschelte im Hörer und Matthias sah seinen Freund vor sich, wie er den Kopf schüttelte.
»Wenn du dich in die Arbeit stürzt und den Rest der Welt ignorierst, wird das natürlich nichts.«
»Du hast recht.«
»Ich weiß.« Benni lachte. »Also zieh mit deinen Kollegen los und such dir eine hübsche Freundin. Und wenn das alles nicht klappt, wartet hier immer ein Teller Bohnensuppe mit Zwetschgenkuchen auf dich.«
Wohl oder übel musste Matthias lachen.
»Ich wüsste nicht, was ich ohne dich und deine weisen Ratschläge tun würde.«
»Keine Sorge, ich bin immer für dich da. Aber jetzt muss ich Schluss machen. Wir sehen uns bald, ja?«
»Mach's gut!« Matthias beendete das Gespräch und legte das Handy auf den Nachttisch.
Er löschte das Licht und schloss die Augen. In der Dunkelheit zog ihm der verlockende Duft seiner saarländischen Leibspeise in die Nase und begleitete ihn ins Reich der Träume.
***
Auf die kalte Winternacht folgte ein frostiger, aber schöner Morgen. Eiskristalle glitzerten im fahlen Licht der ersten Sonnenstrahlen, die über die Hausdächer kletterten. Sie fielen schräg durch eines der Praxisfenster. Die Sprechstundenhilfe Martha Giesecke blinzelte geblendet, ehe sie sich zufrieden umsah. Sie liebte die Ruhe vor dem Sturm, um alles für den Tag und die Patienten vorzubereiten. Deshalb war sie auch an diesem Tag wie an fast jedem anderen Morgen eine Stunde früher da gewesen als ihre Kollegin Marie-Luise Flanitzer und ihr Chef, Dr. Stefan Frank.
Im Geiste ging Schwester Martha ihre Liste durch. Die Blumen waren gegossen. Die kühle Dezemberluft wehte durch die gekippten Fenster. Das Spielzeug in der Kinderecke wartete auf den täglichen Ansturm der jüngsten Patienten. Auf einem Tisch in der Ecke stand eine Karaffe mit Wasser und Gläsern bereit. Und sogar die Patientenkarten der Vormittagstermine lagen schon gestapelt auf dem Tresen. Aus der kleinen Kaffeeküche hinter dem Tresen strömte ein verführerischer Duft.
Schwester Martha sah auf die Uhr und seufzte zufrieden. Jetzt war ihre Zeit gekommen. Die Viertelstunde, bis Leben in die Bude kam, gehörte ihr ganz allein. Schon beim Ordnen der Zeitschriften im Wartezimmer hatte sie sich ihr Lieblingsblatt zur Seite gelegt. Natürlich tat sie das nicht aus Neugier, sondern einzig und allein deshalb, um sich mit Gesprächsstoff zu versorgen. Mit Klatsch aus der Welt der Schönen und Reichen gelang es ihr fast immer, Patientensorgen zu zerstreuen, die Wartezeit auf den Termin zu verkürzen oder von einer unangenehmen Behandlung abzulenken.
Mit einer Tasse Kaffee setzte sich Martha Giesecke an ihren Schreibtisch hinter den Tresen. Die Blätter der Zeitschrift raschelten zwischen ihren Fingern. Das doppelseitige Foto eines Paares stach ihr in die Augen.
»Doppelter Glamour: Esther und Alexander Winter auf dem Höhepunkt ihrer Karriere«, las sie laut vor.
»Wie bitte?«, fragte eine Frauenstimme.
Martha zuckte zusammen und starrte ihre Kollegin Marie-Luise Flanitzer entgeistert an.
»Du kannst doch eine alte Frau nicht so erschrecken.«
»Erstens sehe ich hier keine alte Frau«, erwiderte Marie-Luise lächelnd. »Und zweitens tut es mir leid. Das war keine Absicht.« Auf Zehenspitzen lugte sie über den Tresen. »Was steht denn da so Spannendes in der Zeitschrift, dass Sie die Welt um sich herum vergessen?«
»Keine Ahnung. Den Artikel habe ick noch gar nicht gelesen. Ick weiß nur, dass es um Esther und Alexander Winter geht.«
Marie-Luises Augen leuchteten auf.
»Oh mein Gott, haben Sie den neuesten Film der beiden gesehen? ›Die Farben der Wahrheit‹ ist ein Meisterwerk. Die beiden verstehen es wie sonst niemand, die Zuschauer in die Irre zu führen. Man weiß nie, ob Esther wirklich die unschuldige Schönheit vom Lande ist oder doch der Racheengel, der das Leben anderer zerstört. Und Alexander erst.« Sie seufzte innig. »Ein Glück, dass mein Herz längst vergeben ist. Sonst würde ich vielleicht doch noch schwach werden.« Sie hängte die Winterjacke an die Garderobe und gesellte sich zu ihrer Kollegin hinter den Tresen. Schritte auf der Treppe verrieten, dass Dr. Stefan Frank aus seiner Wohnung im oberen Stockwerk hinunterkam.
»Falls Sie es noch nicht getan haben, sollten Sie diesen Film unbedingt ansehen.« Dr. Frank betrat die Praxis. Er hatte die letzten Worte aufgeschnappt. »Er ist wirklich grandios.« Dankend nahm er die Tasse Kaffee aus Marie-Luises Hand.
Martha Giesecke überflog den Artikel und rümpfte die Nase.
»Ein Psychothriller? Nee, danke. Dazu brauche ick nicht ins Kino gehen. Was glauben Sie, warum ick Sprechstundenhilfe geworden bin? Da bekomme ick die Spannung täglich umsonst.«
Ihre Kollegin und Dr. Frank lachten, als sein Blick aus dem Fenster fiel. Der erste Patient war im Anmarsch. Roman Erlacher war bekannt für seine cholerische Ader. Für Spannung war an diesem Morgen also tatsächlich gesorgt.
***