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Ein gutes Leben zu haben bedeutet nicht, niemals schwierige Zeiten zu erleben. Es bedeutet, zu lernen, wie wir stärker und gefestigter daraus hervorgehen. Dafür brauchen wir "emotionale Muskeln", die uns befähigen, uns mit Kraft aus der Krise zu erheben. In ihrem neuen Bestseller zeigt Marianne Williamson, wie wir Leiden in persönliches Wachstum verwandeln, gleich, ob es sich um Krankheit, Depression oder einen persönlichen Verlust handelt. Statt unseren Schmerz zu betäuben oder ihn zu verdrängen, wie wir es allzu oft tun, können wir seiner Botschaft lauschen und ihn als Ruf wahrnehmen, etwas in unserem Leben zu verändern, um glücklicher und weiser zu leben. Dann sind wahrhaft Wunder möglich.
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Seitenzahl: 306
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TRINITY
MARIANNE WILLIAMSON
DU BIST
STÄRKER
als dein
SCHMERZ
SEELISCHE WUNDEN HEILEN UNDINNEREN FRIEDEN FINDEN
Aus dem Amerikanischen vonSusanne Kahn-Ackermann
TRINITY
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel »Tears to Triumph« bei HarperOne, einem Imprint von HarperCollins Publishers, New York, USA.
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1. eBook-Ausgabe 2017
© 2017 der deutschsprachigen Ausgabe
Trinity Verlag
in der Scorpio Verlag GmbH & Co. KG, München
© 2016 Marianne Williamson
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Sämtliche, auch auszugsweise Verwertungen bleiben vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München
Satz: BuchHaus Robert Gigler, München
Konvertierung: Brockhaus/Commission
ePub: 978-3-95550-249-2
epdf: 978-3-95550-250-8
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Alle Rechte vorbehalten.
www.trinity-verlag.de
Im Gedenken anRichard
INHALT
VORWORT
1 Leid und Kummer übergeben
2 Durch die Dunkelheit ins Licht
3 Wider die Betäubung
4 Das wundersame Universum
5 Eine Kultur der Depression
6 Vergebung
7 Beziehungshimmel, Beziehungshölle
8 Uns selbst verändern, die Welt verändern
9 Das Licht des Buddha
10 Das Licht des Moses
11 Das Licht Jesu
12 Du bist stärker als dein Schmerz
DANK
Daß ich dereinst, an dem Ausgang der grimmigen Einsicht,
Jubel und Ruhm aufsinge zustimmenden Engeln.
Daß von den klar geschlagenen Hämmern des Herzens
keiner versage an weichen, zweifelnden oder reißenden Saiten.
Daß mich mein strömendes Antlitz glänzender mache;
daß das unscheinbare Weinen blühe.
O wie werdet ihr dann, Nächte, mir lieb sein, gehärmte.
Daß ich euch knieender nicht, untröstliche Schwestern,
hinnahm, nicht in euer gelöstes Haar mich gelöster ergab.
Wir, Vergeuder der Schmerzen.
Wie wir sie absehn voraus, in die traurige Dauer,
ob sie nicht enden vielleicht.
Sie aber sind ja unser winterwähriges Laub,
unser dunkeles Sinngrün, eine der Zeiten des heimlichen Jahres –
nicht nur Zeit –, sind Stelle, Siedelung, Lager, Boden, Wohnort.
AUS: RAINER MARIA RILKE,
DUINESER ELEGIEN, DIEZEHNTE ELEGIE,
INSEL VERLAG, LEIPZIG 1923
VORWORT
Alle sehen wir uns Zeiten im Leben gegenüber, in denen uns Schmerz und Qual des Daseins schier unerträglich erscheinen. Bei manchen kommen solche Erfahrungen selten vor, und der Schmerz ist relativ glimpflich. Andere aber können von der entsetzlichen Qual erdrückt werden und nur schwer zum winzigsten bisschen Trost finden. Immer tiefer und tiefer fallen wir in den Brunnen unserer Tränen, hinab in eine scheinbar bodenlose Finsternis. Wir fragen uns, woher all dieses Leiden kommt. Und wir fragen uns, ob es je ein Ende haben wird.
Wenn Sie selbst eine solche Zeit durchmachen – eine Zeit, in der allein schon der nächste Atemzug oder das Durchstehen eines weiteren Tages kaum vorstellbar scheint – oder ein von Ihnen geliebter Mensch, dann freue ich mich, dass Sie dieses Buch lesen. Es könnte sein, dass Sie hier ein paar Puzzleteile finden, die Sie noch nicht erforscht haben. Auf ein Geheimnis stoßen. Oder vielleicht auf ein Wunder.
Das heißt nicht, dass Sie sich nicht anstrengen müssen. Das heißt nicht, dass Sie keine Arbeit leisten müssen. Wunder sind keine Schnellreparatur odereinfache Lösung. Aber sie aktivieren eine von Gott herrührende spirituelle Kraft und Macht, um Ihnen zu helfen. Gott ist hier, ist da, auch inmitten Ihres Leidens. Und wenn Sie die Hand nach ihm ausstrecken, wird er sie Ihnen reichen.
Ziehen Sie nun die Möglichkeit in Betracht, dass alles geschehen könnte. Ich bitte Sie nicht, dies zu glauben, ich bitte Sie nur, in Betracht zu ziehen, dass dem so sein könnte. Allein der Gedanke, dass Wunder möglich sind, bewirkt mehr, um Ihnen den Weg zur Heilung zu ebnen, als Sie sich vorstellen können. Er öffnet die Pforten zu einem Reich unbegrenzter Möglichkeiten, unabhängig davon, was Sie durchgemacht haben oder gerade durchmachen.
Nicht der Schmerz, den Sie durchleben, bestimmt über Ihre Zukunft; Ihre Zukunft wird bestimmt davon, wer Sie sind, während Sie Ihren Schmerz durchleiden. Das soll die Tiefe Ihres Leidens nicht infrage stellen. Es ist innerhalb der sterblichen Welt ganz gewiss real. Aber weder ist die Realität, in der wir uns verfangen haben, das, was sie zu sein scheint, noch sind Sie selbst ganz das Wesen, das Sie Ihrem gegenwärtigen Gefühl nach sind. Wir können die Definition von unserem wahren Wesen und auch vom Wesen und der Natur der Welt erweitern – und unser Leben wird sich allmählich verändern. Ihr menschliches Ich oder Selbst mag sich momentan in der Hölle befinden, aber Ihr göttliches Selbst ist von Ihrem Leiden buchstäblich unberührt. Und Ihr göttliches Selbst ist Ihr wahres Wesen.
Ihr Unterbewusstsein ist Ihrer umfassenderen Realität gewahr und wird die Rolle übernehmen, sie Ihnen aufzuzeigen, wenn Sie dafür bereit sind. Dieser Prozess wird eine der großen Reisen Ihres Lebens sein, da Sie Dinge sehen werden, die Sie noch nicht gesehen haben, und Dinge erfahren werden, die Sie nicht wussten. Ihre Tränen, Ihr Gefühl von Hoffnungslosigkeit, Ihre Angst, IhreWut, Ihr Schuldgefühl, Ihre Verbitterung, Ihr Reuegefühl, Ihr Schrecken – nichts davon wird übertüncht oder geleugnet. All das werden Sie nicht auflösen, indem Sie es im Dunkeln belassen, sondern indem Sie es dem Licht aussetzen. Und dabei werden Sie jenseits all dessen eine solche Herrlichkeit – in Ihnen selbst und in der Welt – wahrnehmen, dass Sie die Reise Ihres Leidens tatsächlich segnen werden, denn sie hat Sie zu sich selbst und dem Sinn Ihres Lebens geführt. Spirituelle Heilung liegt nicht in der Verleugnung Ihres Schmerzes, sondern darin, dass Sie ihn voll und ganz fühlen und Gott übergeben.
Und dann nehmen die Wunder ihren Anfang …
Dieses Buch ist eine spirituelle Betrachtung über das menschliche Leiden, über seine Ursachen und Transzendierung. Spiritualität bedeutet kein zartrosa gefärbtes, vages, psychologisch schlichtes Weltverständnis. Vielmehr stellt sie die tiefgründigste Erläuterung der Arbeits- und Vorgehensweise unseres Geistes dar und erklärt, wie dieser unsere Erfahrungen filtert. Spiritualität erkennt die außergewöhnliche Tiefe unserer grundlegendsten Sehnsucht – unserer Sehnsucht nach Liebe – und des außerordentlichen Schmerzes, den wir empfinden, wenn wir sie nicht finden.
In unserer Welt gibt es eine Epidemie von Depressionen und unzähligen Optionen, sie zu behandeln. So wie es natürliche Heilmittel für körperliche Krankheiten gibt, gibt es auch natürliche Heilmittel für Krankheiten des Geistes. Und mit einem »natürlichen Heilmittel« für Depression meine ich nicht Kräuter oder homöopathische Arzneien; ich meine die praktische Anwendung von Liebe und Vergebung als Medizin für die Seele.
Als Gesellschaft laden wir die Depression geradezu ein, indem wir die Liebe trivialisieren. Wir haben unsere Seelen für ein Linsengericht verkauft. Die menschliche Existenz ist nicht einfach nur eine zufällige Episode ohne einen höheren Sinn und Zweck als den, dass wir alle bekommen sollten, was wir haben wollen. Schauen wir aus diesem Blickwinkel auf unser Leben, ohne Deckschicht des reinen Geistes*(spirit), scheint es keinen letztendlichen Sinn zu haben. Und die Seele lechzt nach Sinn und Bedeutung, so wie der Körper nach Sauerstoff lechzt. Existiert kein spiritueller Rahmen, sind uns zwar die Mechanismen des Lebens bekannt, doch schrecken wir davor zurück, sie zu verstehen. Da wir es nicht schaffen, das Leben zu verstehen, missbrauchen wir es. Und durch diesen Missbrauch bewirken wir Leiden – für uns selbst und für andere.
Jede große religiöse und spirituelle Philosophie behandelt das Thema des menschlichen Leidens. In diesem Buch werden die tiefen Erkenntnisse und Einsichten, die uns die religiösen und spirituellen Lehren und Unterweisungen dieser Welt zur Verfügung stellen, nur oberflächlich berührt. Doch dringt es hoffentlich bis zu einem Punkt vor, der sich oftmals hinter den Schleiern von Dogma und Missverständnis verbirgt.
Zum Beispiel begann die spirituelle Reise Buddhas, als er zum ersten Mal des Leidens ansichtig wurde; Moses wurde vom Leiden der Israeliten bewegt; Jesus litt am Kreuz. Aber es geht nicht einfach nur darum, dass Buddha das Leiden sah; es geht darum, dass er es durch die Erleuchtung, durch das Erwachen, transzendierte. Es geht nicht einfach nur darum, dass die Israeliten versklavt waren; es geht darum, dass sie gerettet und ins Gelobte Land geführt wurden. Es geht nicht einfach nur darum, dass Jesus gekreuzigt wurde; es geht darum, dass er wiederauferstand. Das menschliche Leiden war nur der erste Teil einer Gleichung. Am meisten zählt das Geschehen, nachdem sich Gott kundtat.
Auch wir leiden und beobachten Leiden rings um uns herum; auch wir sind durch einen inneren Pharao versklavt; auch wir sterben am Kreuz der Grausamkeit und mangelnden Ehrfurcht der Welt. Ob es vor Tausenden von Jahren stattfand oder sich heute abspielt, Leiden ist Leiden, Unterdrückung ist Unterdrückung, und Grausamkeit ist Grausamkeit. Diese Dinge sind keine uralten Realitäten, die nicht mehr existieren. Sie sind nicht verschwunden.
Und auch nicht Gottes Macht und Kraft, sie auszulöschen. Reiner Geist erleuchtete Buddha; reiner Geist erlöste die Israeliten; reiner Geist ließ Jesus wiederauferstehen. Wenn wir wissen, dass unser Leiden das Gleiche ist wie das ihre, dann ergibt es Sinn, ihre Befreiung tiefer verstehen zu wollen, damit wir unsere eigene Befreiung leichter herbeiführen können. Wie blind wir sind, wie arrogant, wenn wir meinen, dass unser Leiden das Gleiche ist, dass wir aber doch irgendwie unseren Umgang damit verbessert haben. Glaubt wirklich irgendjemand, dass Buddha das Leiden dadurch hätte transzendieren können, dass er mehr Geld verdient, sich einen besseren Arbeitsplatz besorgt oder ein besseres Auto gekauft hätte? Oder dass die Israeliten der Sklaverei hätten entkommen können, wenn sie noch mal mit dem Pharao verhandelt oder ein Privatflugzeug gehabt hätten, das sie ins Gelobte Land brachte? Oder dass Jesus von den Toten hätte auferstehen können, wenn es damals schon die Kryokonservierung gegeben hätte?
Während der letzten paar Hundert Jahre hat die Menschheit das Auftreten mancher Leidensformen verringert und das anderer vermehrt. Wir haben die Bedrohung durch Kinderlähmung verringert, aber die Bedrohung durch eine atomare Katastrophe erhöht. Wir haben die Gefahren des Reisens gemindert, aber die Möglichkeit, dass unser ganzes Ökosystem implodiert, vergrößert. Und wenn wir meinen, wir hätten mit dem »Vergewaltigen und Plündern« aufgehört, brauchen wir uns nur das Geschehen überall auf der Welt anzusehen.
Es gibt heute keine weltliche Lösung für das Leiden der Menschheit oder deren Neigung zur Selbstzerstörung, die sich mit den Lösungen vergleichen ließe, die uns die großen Religionen und spirituellen Philosophien anbieten. Und genau darum hat der Ego-Geist sie für seine Zwecke eingespannt. Er hat in unserer Welt und in unseren Herzen die Macht des Friedens in die Macht des Schwertes verwandelt.
Heute beschränkt sich die Suche nach spiritueller Nahrung nicht auf eine bestimmte Lehre. Ob Buddhismus oder Judentum, Christentum oder Islam oder Hinduismus, hier gibt es kein Richtig oder Falsch. Sie alle sind kaleidoskopartige Facetten des einen essenziellen Diamanten. Ob wir uns persönlich auf die Geschichte von Buddha, Moses, Jesus, Mohammed oder Krishna beziehen; ob wir die Wahrheit tiefer gehend verstehen, wenn sie durch C. G. Jung, Joseph Campbell oder Ein Kurs in Wundern zum Ausdruck kommt; die wesentlichen Themen all dieser Lehren sind in ihrem Kern universeller Natur. Sie gelten für alle Menschen und – ganz wichtig – für alle Zeiten.
Die großen religiösen Persönlichkeiten und Unterweisungen der Welt sind Gottes Geschenke, eine göttliche Hand, die hinabreicht, um den Geist und das Gemüt jener zu erreichen, die sich aufgerufen fühlen. Während das Ego die äußerlichen Aspekte dieser Lehren nutzt, um uns voneinander zu trennen – manchmal sogar als Rechtfertigung, um einander zu zerstören –, vereinen uns ihre inneren Wahrheiten, indem sie uns lehren, wie wir miteinander leben sollen. Auf der inneren Ebene haben die großen Religionen der Welt immer zu Wundern geführt. Auf der äußeren Ebene führten sie genauso oft zu Gewalt und Zerstörung. Das muss sich ändern und wird sich ändern, da mehr Menschen dahin kommen, die mystischen Wahrheiten zu erkennen, das innere Gold, das sie alle in sich bergen. Die größte Chance für das Überleben der Menschheit im 21. Jahrhundert liegt nicht in der Erweiterung unseres äußeren Horizonts, sondern in der Vertiefung unseres inneren Horizonts. Das gilt für uns ganz persönlich und ebenso für uns alle gemeinsam.
Und solange wir das nicht tun, werden wir traurig sein. Unser Körper, unsere Beziehungen, unsere Karrieren, unsere Politik werden weiterhin ein Quell des Leidens sein, wo sie doch eigentlich ein Quell der Freude sein sollten. Im Innern aller großen spirituellen Lehren und Unterweisungen verbirgt sich der Schlüssel, um das umzukehren. Wenn wir den Schlüssel erst einmal finden und im Schloss umdrehen, werden wir erstaunt sein über das, was hinter der Tür verborgen liegt. Wir sind nicht ohne Hoffnung; wir haben sie einfach nur nicht gesehen. Wir sind nicht ohne Macht; wir haben sie einfach nur nicht in Anspruch genommen. Wir sind nicht ohne Liebe; wir haben sie einfach nur nicht gelebt.
Wenn wir diese Dinge sehen, beginnt sich unser Leben zu verändern. Unser Geist ist erwacht. Wunder geschehen. Und endlich sind unsere Herzen froh.
* Ausgehend von Ein Kurs in Wundern, wird auch in diesem Buch das englische spirit durchgängig mit »reiner Geist« übersetzt. (A. d. Ü.)
1LEID UND KUMMERÜBERGEBEN
Wir sehnen uns alle nach Glück und Liebe, und manchmal finden wir sie. Die meisten von uns werden jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt auch von Kummer und Leid heimgesucht. Eine Beziehung, ein Arbeitsplatz, bestimmte Umstände machten uns glücklich – doch dann lief irgendetwas schief. Manchmal können wir auch nicht genau sagen, warum, aber wir empfinden kein Glücksgefühl und fühlen keine Liebe.
Das Leben ist tatsächlich nicht immer einfach, und es kann äußerst schwierig sein, in einem Raum von tiefem Kummer und Leid in Würde zu verweilen. Emotionale Torturen, überwältigendes Leid, unerträgliches körperliches Leiden, Schreie aus dem tiefsten Grund unserer Seele – warum ist ein solches Leiden Bestandteil unserer Erfahrungen? Was bedeutet es? Und wie können wir es überleben und sogar transzendieren?
Eine spirituelle Weltsicht weicht solchen Fragen nicht aus; vielmehr gibt sie darauf eine Antwort. Tatsächlich finden sich diese Fragen im Zentrum aller großen religiösen Lehren; angefangen bei Buddhas erster Begegnung mit dem Leiden, nachdem er den königlichen Palast seines Vaters verlassen hatte, über das Leiden der unter dem Pharao versklavten und dann durch die Wüste wandernden Israeliten, bis hin zu Jesus, der am Kreuz litt. Die universellen spirituellen Wahrheiten, die sich in den großen religiösen Lehren finden, sind unmittelbar vom Geist Gottes gesandter Herzensbalsam.
Paradoxerweise verdecken die institutionalisierten Religionen diese Wahrheiten oft mehr, als dass sie sie enthüllen, so bleiben die außerordentlichen Kräfte des Trostes und der Inspiration, die sie verleihen sollen, verborgen. Dieses Buch möchte diese Prinzipien ans Licht bringen, denn es handelt sich hierbei um verschlüsselte Botschaften, die nicht nur auf die Quelle des Leidens, sondern auch auf die Quelle seiner Heilung deuten.
Tatsächlich ist die Heilung des Herzens Gottes Spezialität. Der reine Geist strukturiert unser Denken auf unsere Bitte hin um und bringt damit unserem Herzen Frieden. Innerer Friede entsteht nicht aus einer Veränderung des intellektuellen Denkens, sondern durch einen spirituellen Prozess, der sich auf Körper und Seele auswirkt. Diese Veränderung ergibt sich durch göttliche Vermittlung, die keineswegs metaphorischer Natur ist, da wir unsere Gedanken mit den Gedanken Gottes in Einklang bringen.
Theologie allein bringt keinen Trost. Aber spirituelle Prinzipien sind, wenn sie praktisch angewandt werden, Pforten zum inneren Frieden. In diesem Buch geht es darum, diese Prinzipien in ein alchemistisches Gebräu persönlicher Transformation zu verwandeln, wobei wir die Einsichten und Erkenntnisse großer religiöser Wahrheiten dazu nutzen, den Schmerz zu lindern, der Bestandteil unseres menschlichen Daseins ist.
Einfach nur morgens aufzuwachen und die tägliche Routine einer normalen Existenz zu durchlaufen kann emotional oder auch körperlich belastend und beschwerlich sein. Unerträglicher Schmerz kann monate- oder sogar jahrelang auf dem Herzen lasten, alle Freude vernichten und auch den geringsten Trost unmöglich werden lassen. Traumatische Erinnerungen können die Psyche mit rasiermesserscharfen Schnitten verletzen. Das Leiden kann alles andere überwältigen, und wenn wir an die Existenz Gottes glauben, kann es in solchen Momenten den Anschein haben, dass er sehr weit weg ist.
Aber Gott ist nie weit weg, weil sich Gott in unserem Geist befindet. Wir sind frei zu denken, was immer wir wollen. Die Tür zur emotionalen Befreiung ist primär geistiger Natur. Wenn wir unsere Gedanken mit den Gedanken Gottes in Einklang bringen, können wir inmitten unseres Leidens für ihn erwachen. Wir können ihn inmitten der Finsternis finden. Ähnlich einem Haus, in dem Stromleitungen verlegt sind, ist das Universum für Gottes Licht ausgelegt, und jeder Geist ist wie eine Lampe. Aber die Lampe muss eingestöpselt sein, um Licht verbreiten zu können. Mit jedem Gebet schließen wir uns an das Licht an. Mit jeder Einsicht in unsere Fehler und der Bereitschaft, sie zu berichtigen, schließen wir uns an das Licht an. Mit jeder Handlung der Vergebung schließen wir uns an das Licht an. Mit jeden fünf Minuten Meditation schließen wir uns an das Licht an. Mit jedem barmherzigen Gedanken schließen wir uns an das Licht an. Mit jedem Augenblick des Glaubens schließen wir uns an das Licht an.
Die Suche nach Gott ist eine Suche nach Licht, und außerhalb dieses Lichts sind wir in der Tat beklagenswert. Sind wir im Licht, werden wir geheilt, werden wir ganz.
IN EIN TIEFES, DUNKLES TAL FALLEN
Ich weiß etwas über Leiden, bei mir wurde zweimal eine klinische Depression diagnostiziert. Ich habe persönliche Tragödien und den Tod geliebter Menschen erlebt. Ich habe niederschmetternden Verrat und verheerende Enttäuschungen durchlitten. Mehr als einmal hatte ich das Gefühl, dass mir jedwede Chance auf Glück, die ich je gehabt haben mochte, genommen wurde. Ich habe das Leiden hautnah und an mir selbst erfahren, in meinem eigenen Leben und im Zuge meiner beruflichen Laufbahn auch im Leben vieler anderer. Nichts schärft den Blick für das Leiden anderer mehr als die Erfahrung eigenen Leidens. Ich kenne das Gesicht der Depression, und ich kenne es gut.
Als ein Mensch, der die Dinge schon immer aus mystischer Sicht betrachtet hat – auch bevor ich verstand, was es wirklich bedeutet –, habe ich die Ereignisse meines Lebens stets im Kontext einer spirituellen Reise gesehen. Schmerzliche Zeiten waren für mich Bestandteil einer rätselhaften Entwicklung, dunkle Nächte meiner Seele, für die ich, egal, wie verheerend sie waren, voll und ganz präsent sein musste. So tief mein Leiden auch sein mochte, ich wollte es nicht narkotisiert durchleben. Wie eine Gebärende, die während der Wehen keine Medikamente bekommen möchte, weil sie eine »natürliche Geburt des Kindes« erleben will, wollte ich für die Tiefen meines Schmerzes voll und ganz verfügbar sein. Warum? Weil ich wusste, dass er mich etwas zu lehren hatte. Ich wusste, dass mein Leiden irgendwie, auf irgendeine Art, zu einer neuen, gleißenden Morgendämmerung führen würde – aber nur dann, wenn ich willens war, die tiefe dunkle Nacht, die ihr voranging, zu ertragen.
Damit soll das Leiden keinesfalls romantisiert werden. Schlaflose Nächte, zwanghafte Gedanken, extremer geistiger und emotionaler Schmerz sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber meine Reise durch tiefe Traurigkeit und Schwermut hat mir letztlich so viel über das Licht gezeigt, wie sie mir über die Dunkelheit zeigte – denn indem ich dahin kam, mein Leiden zu verstehen, kam ich auch dahin, mich selbst tiefer zu verstehen.
Am anderen Ufer meines Leidens habe ich Dinge gesehen, die ich ansonsten nicht gesehen hätte. Ich habe gesehen, auf welche Weise ich zu meinen eigenen Katastrophen beigetragen habe. Ich habe gesehen, dass die Liebe kein Spiel ist und ernst genommen werden sollte. Ich habe gesehen, dass die Gefühle anderer Leute ebenso wichtig sind wie die meinen. Ich habe gesehen, dass Äu-ßerlichkeiten nicht das sind, was zählt. Ich habe gesehen, dass ein Leben, das mit allen möglichen Zielen und Zwecken außer der Liebe gelebt wird, zu Kummer und Leid führt. Ich habe gesehen, dass die Liebe mächtiger ist als das Böse. Ich habe gesehen, dass nichts außer der Liebe Gottes garantiert werden kann. Und ich habe gesehen, dass das Leben in der Tat weitergeht.
Bedauern, Gewissensbisse, Demütigung, körperlicher Schmerz, Trauer, Versagen, Verlust – alles das kann qualvoll sein. Aber so schwer diese Dinge auch zu ertragen sein mögen, sie können zuweilen den Weg zur Erhellung ebnen: Gewissen, Vergebung, Demut, Reue, Wertschätzung, Dankbarkeit und vertrauensvoller Glaube. Manchmal erkennen wir im Rückblick Zeiten tiefen emotionalen Schmerzes als jene Feuerproben, aus denen die Wahrheit über unser wahres Wesen hervorging.
Ich habe eine Menge aus diesen Zeiten des Mitternachtsblues gelernt, so qualvoll sie auch sein können. In schlaflosen Nächten sehen wir uns oft Monstern gegenüber, die sich in den Stunden des Tageslichts nur allzu leicht verscheuchen lassen, Monster, die nicht nur Leid, sondern auch Informationen mitbringen. Was schwierig ist, muss nicht immer schlecht sein. Wir erkennen vielleicht etwas, das wir in uns verändern oder für das wir Wiedergutmachung leisten müssen, wir sehen, wo sich ein Charaktermangel zeigt oder wo neurotische Muster unser Leben zerstören, wir erkennen, welche Schuld wir vergeben oder was wir verbessern müssen. Vielleicht kommen wir schließlich mit Gott ins Reine, erbitten seine Hilfe, damit wir uns selbst vergeben können. Vielleicht machen wir die Erfahrung seiner Gnade, wenn wir um eine Chance beten, die Dinge in Ordnung bringen zu können. Wir mögen um geliebte Menschen trauern, die wir verloren haben, und schließlich doch das ewige Band spüren, das uns für immer mit ihnen eins sein lässt. In solchen Nächten weinen wir oft Tränen, die einfach geweint werden müssen.
Manchmal entstammt das Licht den Erkenntnissen, zu denen wir in dieser Dunkelheit gelangen. Nicht immer sind Leidensphasen Umwege auf der Reise zur Erleuchtung, sie können auch als bedeutsame Haltepunkte auf dem Weg dienen. Persönliche Dämonen, die aus der dunklen Höhle tiefer Traurigkeit und Schwermut hervorkommen, lassen sich nicht einfach »behandeln«; sie müssen durch das Licht der Selbsterkenntnis aufgelöst werden. Alles, was angeschaut werden muss, muss angeschaut werden; alles, was verstanden werden muss, muss verstanden werden; jedes Gebet, das gebetet werden muss, muss gebetet werden.
Und das kann dauern. Eine Phase emotionalen Leidens ist oftmals nicht einfach nur ein Symptom unserer Depression, sie ist ebenso sehr ein notwendiger Faktor ihrer Heilung. Eine solche Phase kann das sein, was wir durchlaufen müssen; das, was wir möglichst nicht umgehen sollten auf unserer Reise an den Ort, wo wir nicht mehr leiden.
Deshalb müssen wir manchmal für unseren emotionalen Schmerz Raum schaffen. Es können zuweilen Monate der Trauer und des Kummers sein, die wir durchleben müssen, in denen wir die Mysterien der Liebe und des Verlusts verarbeiten müssen, um schließlich zu erkennen, dass es im reinen Geist keinen Verlust gibt und dass in Gott immer Hoffnung ist. Ein solches Trauern ist eine heilige Reise und kann und sollte nicht übereilt werden. Wenn wir fünfundvierzig Tränen zu weinen haben, sind siebzehn geweinte Tränen nicht genug. Tiefer Kummer ist ein Fieber der Seele, und wie im Körper sinkt auch in der Psyche das Fieber, wenn es eben sinkt. Wie der Körper hat auch der Geist die Tendenz zur Reparatur – verfügt er über ein Immunsystem, das sich immer in Richtung Heilung bewegt. Wir müssen ihm nur Zeit lassen.
Die Möglichkeit eines gebrochenen Herzens ist immer gegeben, das ist Teil unserer menschlichen Erfahrung. Wo Liebe ist, ist Glücksgefühl. Aber wo die Bande der Liebe zerstört sind, ist Schmerz. Wie könnten unsere Herzen angesichts der Tatsache, dass die Welt so sehr von Angst beherrscht und in vielerlei Hinsicht so resistent gegen Liebe ist, zuweilen nicht vom Schmerz zerrissen werden, einfach nur weil wir hier leben?
Und haben wir erst einmal genug gelebt, dann wissen wir das. Schließlich leben wir ja damit, und wir leben damit in Würde. Wir lernen, die Schläge einzustecken im Wissen, dass sie Bestandteil des Lebens sind. »Hello darkness, my old friend; I’ve come to talk with you again« (Hallo Dunkelheit, mein alter Freund; hier bin ich wieder, um mit dir zu reden) ist mehr als nur eine Textzeile in einem Song von Simon and Garfunkel. Dieser Satz beschreibt eine bestimmte Haltung, die Bereitschaft zu akzeptieren, dass diese Woche oder dieser Monat oder auch dieses Jahr hart sein könnte – aber du weißt, dass du es überstehen wirst. Und in gewisser Weise ist die Person, zu der wir werden, weil wir es durchlebt haben, lebendiger – vielleicht sogar schöner – als die, die wir davor waren. Um es mit den Worten von Elisabeth Kübler-Ross auszudrücken: »Würdest du die Canyons vor den Stürmen schützen, würdest du nie die Schönheit ihrer zerklüfteten Felsen sehen.«
Depression bedeutet ein emotionales Fallen, manchmal in ein sehr tiefes, dunkles Tal. Das ist wahr. Doch ein Leben des spirituellen Sieges ist nicht eines, in dem wir nie in dieses Tal fallen; es ist ein Leben, in dem wir gelernt haben, wie wir da wieder herauskommen, falls und wenn wir fallen. Wir brauchen emotionale Muskeln, um uns emotional zu erheben, so wie wir physische Muskeln brauchen, um uns körperlich zu erheben. Diese Muskeln zu entwickeln ist die Arbeit der Seele. Es ist das Suchen nach Gott und das Finden unseres wahren Selbst.
Gott ist nicht außerhalb von uns, sondern in uns – die Liebe, die die Essenz unseres wahren Wesens ist. Wir leben in Gott, und Gott lebt in uns. Der Schmerz der Welt ist das unerträgliche Leiden des Lebens außerhalb unserer Beziehung zu Gott, denn außerhalb dieser Beziehung sind wir von uns selbst getrennt. Was könnte deprimierender sein, als in Trennung von unserem wahren Selbst zu leben? Und was könnte natürlicher sein als die Tatsache, dass wir die Ganzheit an Orten suchen, wo unsere Herzen zerrissen wurden? In Schmerzen auf die Knie fallen – in dieser Weise sind viele von uns zum ersten Mal im Gebet auf die Knie gefallen. In Augenblicken, in denen der Schmerz einfach nicht mehr zu ertragen ist, ist der Körper bereit für Demut vor Gott.
Ganz gleich, was für ein Problem in unser Leben getreten ist, ganz gleich, welcher Schmerz unser Herz versengt hat, die grundlegende Antwort darauf ist, den Frieden Gottes zu erlangen. Ein Kurs in Wundern lehrt, dass wir meinen, viele verschiedene Probleme zu haben, aber in Wirklichkeit haben wir nur eins: unser Getrenntsein von Gott. In diesem Buch geht es darum, unser Leiden zu lindern. Manchmal durch Gebet, manchmal durch Vergebung und immer durch das Aufgeben und Loslassen aller unserer Gedanken, die nicht von Gott sind.
Darin liegt innerer Frieden.
UNSERE GEISTIGEN FILTER AUSWECHSELN
Gedanken aufgeben, die nicht von Gott sind, meint, dass wir Gedanken aufgeben, die nicht von der Liebe kommen. Wir alle besitzen ein spirituelles Immunsystem, das da ist, um die verletzte Psyche zu heilen, so wie das physische Immunsystem den physischen Körper heilt; aber es bedarf der bewussten Anstrengung, um es zu aktivieren. Unsere Lieblosigkeit aufzugeben ist nicht immer leicht, vor allem wenn wir emotionale Schmerzen leiden. Aber wir müssen es tun, um zu heilen. Spirituelle Heilung ist Arbeit in dem Sinn, dass sie nichts Passives, sondern etwas Aktives ist. Es ist eine Medizin, die wir gemeinsam mit Gott erschaffen.
Diese Medizin ist ein Wunder. Sie bedeutet den Wechsel von der Identifizierung mit dem leidenden Ich oder Selbst zur Identifizierung mit dem spirituellen Selbst. Dies entzündet das Feuer Gottes in uns, ein Feuer, das mit der Zeit jeden Gedanken erfasst, der in uns Schmerz verursacht. Es geleitet uns zu einer Neuinterpretation von allem, was sich in unserem Leben ereignet hat, und ersetzt einen geistigen Filter, der unseren Schmerz festigt, durch einen geistigen Filter, der unsere Erlösung vom Schmerz garantiert. Es tut dies, indem es uns in die Radikalität der Vergebung und Liebe hineinführt.
Wunder sind Gedanken, und Gedanken bringen alles hervor. Der Gedanke ist die Ursache; die Welt, wie wir sie kennen, ist die Wirkung. Ein Wunder bedeutet, dass unsere Wahrnehmung sich von der Angst zur Liebe verändert; dass sich in unserem Leben eine Auswirkung verändert, weil wir das Denken verändert haben, das diese Auswirkung verursacht hat.
Der größte Teil unseres Leidens ist weniger auf unsere Umstände als vielmehr auf unsere Gedanken über sie zurückzuführen. Tatsächlich ist die Welt nur eine Projektion unserer Gedanken. Alles, was wir durchmachen, wird entweder durch den Geist der Liebe oder durch den Geist der Angst gefiltert; Liebe erzeugt Frieden, Angst erzeugt Schmerz. Angst existiert nicht in sich und aus sich selbst heraus, vielmehr ist sie die Abwesenheit von Liebe. Das die Welt beherrschende Denksystem lehnt die Liebe ab und verstößt sie, daher ist es ein Gefängnis, in dem wir zwangsläufig leiden. Diesem Leiden können wir nur entfliehen, wenn wir uns über das Denksystem, das es erzeugt, erheben.
Natürlich soll der Schmerz, den wir während unseres Lebens in dieser Welt erfahren, nicht geleugnet werden, doch lässt er sich transzendieren. Denken, das Wunder beachtet, unterdrückt unsere Emotionen nicht, vielmehr bringt es sie nach oben, damit wir sie auf einem Pfad zur wahren Heilung platzieren können.
Heilung findet statt, wenn wir unsere schmerzlichen Gefühle erkennen und bestimmen und dann in Gottes Hände legen und beten, dass die Gedanken, die diese Gefühle erzeugten, in Einklang mit ihm gelangen. Eine Situation Gott zu überantworten bedeutet, unsere Gedanken über sie zu überantworten, damit sie auf kausaler Ebene eine Veränderung erfahren. Was auf den Altar gelegt wird, wird dann verwandelt.
Es würde gegen unseren freien Willen verstoßen, wenn Gott unsere Gedanken umordnen würde, ohne dass wir ihn bewusst darum gebeten hätten. Aber wenn wir darum bitten, werden unsere Gebete beantwortet. Wenn wir unser Leiden übergeben haben, setzt sofort ein alchemistischer Heilungsprozess ein. Mit der gottbegnadeten Veränderung unserer Gedanken werden Situationen wundersam transformiert.
Wo wir an Bitterkeit festhielten, werden wir zu Wegen der Vergebung geführt. Wo wir an der Vergangenheit festhielten, werden uns sanft neue Möglichkeiten in der Gegenwart aufgezeigt. Wo unsere allgemeine Einstellung negativ war, sehen wir Dinge allmählich in positiverem Licht.
Der Kernpunkt ist hier: Sind wir erst einmal willens, die Dinge anders zu sehen – uns mit einem Gott zusammenzutun, der »unseren Selbsthass überlistet«, wie es in Ein Kurs in Wundern heißt –, dann beginnt die Heilung.
Unser Bewusstsein wird erhellt, zunächst vielleicht nur ein ganz klein wenig, aber der winzige Lichtspalt, den wir in unseren Geist eingelassen haben, wird sich zu einem wundervollen Strahlen ausweiten. Eine Beziehung wird unausweichlich entspannter; jedes Buch, das uns helfen kann, landet vor unseren Füßen; eine Freundin, die mit einer hilfreichen Erkenntnis aufwartet, ruft zufällig an. Uns kommen Einsichten darüber, wie wir uns anders hätten verhalten können.
Eine spirituelle Sichtweise verleugnet weder unseren Schmerz noch irgendeinen Aspekt unserer menschlichen Erfahrung. Sie verwahrt sich nur gegen deren Macht über uns. Sie gibt uns die Stärke, durchzuhalten, wenn Tränen fließen, und die Kraft, jenseits dessen Wunder aufzurufen.
VON DEN ILLUSIONEN ZUR WAHRHEIT
Ein Wunder verändert unsere Sicht auf die Welt, durchdringt den Schleier der Illusion, der uns in Schmerzen und Leiden gefangen hält. Ein Bittgebet um ein Wunder ist nicht die Bitte, dass eine Situation anders sein möge, sondern eine Bitte, dass wir sie anders sehen. Nur wenn sich unsere Gedanken verändert haben, werden sich auch die Auswirkungen unserer Gedanken verändern. Nur wenn wir über die Illusionen der Welt hinaussehen, werden wir über den Kummer und das Leid, das sie produzieren, erhoben. Und was sind diese Illusionen? Sie sind die von der Angst erzeugten Manifestationen, die das Antlitz der Liebe verbergen.
Die materielle Welt ist eine riesige Matrix der Illusion, die vom sterblichen Geist erschaffen wurde. Jedoch geht es bei der spirituellen Suche nicht nur darum, zu erkennen, dass die Welt voller Illusionen ist; es gilt auch, die letztendliche Wahrheit zu erkennen, die jenseits davon existiert. Wenn wir sagen, dass die Welt, wie wir sie kennen, nicht die letztendliche Wirklichkeit ist, bedeutet das nicht, dass wir keine letztendliche Wirklichkeit besitzen. Wir haben eine letztendliche Wirklichkeit – die jenseits unseres Körpers, unserer Fehler und überhaupt jenseits dieser Welt existiert.
Wir sind keine winzigen Staubkörnchen – kurzlebige, endliche, unvollkommene sterbliche Wesen mit keinem größeren Ziel als dem, auf mitleiderregende Weise nach einem bisschen Glück zu grabschen, bevor wir unausweichlich leiden und sterben. Solange wir in einer so gestörten Wahrnehmung von der Bedeutung des Menschseins gefangen sind, sind wir zu geistigen und emotionalen Qualen verdammt. Stattdessen können wir uns eine tiefere Wahrheit zu eigen machen: dass wir Geistwesen sind, nicht nur Körper. Wir sind großartige und herrliche Wesen mit großartigen und herrlichen Missionen auf dieser Erde, und da wir dies vergessen haben, sind wir in ein äußeres Reich des Schmerzes und der Verzweiflung geworfen worden. Unsere Aufgabe ist also, einen Weg zurück zu dieser edleren Sicht von unserem wahren Wesen zu finden, damit der Schmerz aufhören möge.
Unser existenzieller Schmerz ist das Ergebnis davon, dass wir in einer halluzinatorischen Erlebniswelt leben und diese für real halten. Für unser sterbliches Ich ist die dreidimensionale Erfahrungsebene sehr real, aber irgendetwas tief in unserem Innern weiß, dass es da noch mehr gibt. Das heißt nicht, dass wir diese oder jene menschliche Erfahrung nicht durchlitten haben. Es bedeutet, dass dieses »Ich«, das sie durchlitten hat, nicht unser wirkliches Selbst ist. Wenn unsere Gedanken über unser wahres Wesen in Bezug zur Erfahrung umstrukturiert werden, transformiert sich unsere Erfahrung der Erfahrung. Das erklärt unser irdisches Leiden nicht für nichtig, sondern bekräftigt unsere Fähigkeit, uns darüber zu erheben. Das wirkliche »Ich« oder »Du« ist Liebe, unbeeinflusst von dem, was nicht Liebe ist. Unser reiner Geist – Gottes Schöpfung, die unsere letztendliche Wirklichkeit ist – ist unveränderlich und unberührt von der Lieblosigkeit der Welt.
Der menschliche Geist ist gespalten. Ein Teil des Geistes weiß, wer wir sind, und sieht über den weltlichen Schleier der Illusion hinaus, der andere Teil des Geistes ist wahnhaft und blind. Der Pfad zur Erleuchtung bedeutet, dass wir lernen, den wahnhaften Geist auseinanderzunehmen, das auf Angst gegründete Ego aufzulösen. So wie die Dunkelheit vom Licht vertrieben wird, wird die Angst von der Liebe vertrieben. Das Ego wird aufgelöst und durch einen Geist des reinen Geistes ersetzt, der Liebe ist.
Liebe ist die Wahrheit, wie Gott uns schuf; wenn unsere Gedanken nicht liebender Natur sind, sind wir buchstäblich nicht wir selbst. Auf psychischer Ebene ist jeder lieblose Gedanke ein Akt der Selbstauslöschung. Eine Welt, die weder den Vorrang der Liebe anerkennt noch sie in ihrem Ausdruck fördert, ist in der Tat eine deprimierende Welt.
Erleuchtung, die unendliches Mitgefühl ist, ist das einzig wahre Gegenmittel für unser Leiden. Diese Heilung tritt nicht unbedingt rasch ein oder ohne intensive und sogar qualvolle Arbeit. Denn die Welt kann hart sein und unser Widerstand gegen die Liebe sehr stark. Doch unsere Bereitschaft ist alles, und Gott reagiert auf die leiseste Einladung, uns zu helfen, die Dinge anders zu sehen. Eine spirituelle Neuinterpretation der Ereignisse verleiht uns eine übernatürliche Macht – den Winden zu befehlen, die Wasser zu teilen und alle Ketten zu zerbrechen, die uns fesseln. Die Macht Gottes wird und kann nicht versagen. Wir fühlen Frieden, wo wir zuvor nur qualvolle Angst kannten; wir spüren Hoffnung, wo wir zuvor keine Möglichkeit zum Durchbruch erkennen konnten; und wir lernen zu vergeben und fühlen, dass uns vergeben ist.
Eine spirituelle Betrachtungsweise unseres Lebens bedeutet keine weniger gebildete Art, unser Erleben zu interpretieren, sondern eine hoch entwickelte und komplexe Art. Die Liebe, die uns rettet, ist keine Abstraktion oder kümmerliche Sentimentalität. Mitgefühl ist die größte Macht im Universum. Der Geist, der die Macht der Liebe, uns aus dem Leiden zu befreien, herabmindert und bagatellisiert, ist der Geist, der überhaupt erst unser Leiden erschafft und es dann aufrechterhält und verficht.
Der lieblose Geist ist die eigentliche Ursache hinter jeder Katastrophe und jeder Träne. Das Einzige, wovor wir wirklich gerettet werden müssen, ist das wahnwitzige Denken, das diesen Planeten beherrscht. Unsere Erlösung liegt daher darin, dass wir uns mit dem göttlichen Selbst in Übereinstimmung bringen. Denn wir leiden in dem Maße, wie wir uns mit der Zerrissenheit und Gebrochenheit der Welt identifizieren, und unsere heilende Kraft liegt im Wissen, dass wir tatsächlich nicht von dieser Welt sind. Wir sind Kinder Gottes, wir müssen den Irrsinn der Welt nicht so erleiden, wie wir es tun.
Wenn wir unser Denken über die Grenzen der dreidimensionalen Realität hinaus ausdehnen, befreien wir uns von diesen Grenzen. Wir bilden neue Pfade in unserem Gehirn, im Bereich unserer Wahrnehmungen und Erfahrungen. Wir nutzen eine Menge Möglichkeiten, die wir sonst nicht sehen würden.
Bei diesem Prozess handelt es sich nicht um einen unmittelbaren »Heureka!«-Moment. Ein Mensch, der an Depression leidet, sagt nicht einfach: »Ah, jetzt kapiere ich!«, und lässt dann alles hinter sich.
Zum Beispiel ist es nicht leicht, jemandem zu vergeben, der uns verraten hat; optimistisch in eine bessere Zukunft zu blicken, wenn die Vergangenheit eine Tragödie war; die Möglichkeit einer ewigen Verbindung mit einem Menschen anzunehmen, der gestorben ist oder uns verlassen hat, weswegen wir am Boden zerstört sind. Aber wenn wir mit der Hilfe Gottes bereit und willens sind zu sehen, was wir jetzt nicht sehen, dann wird unser inneres Auge geöffnet. Wir dehnen unsere Wahrnehmung über den Schleier weltlicher Illusion hinaus aus und werden in eine Welt jenseits davon befördert.