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So sehr Jesus als Heiliger verehrt wird – für viele Menschen hat er heute wenig Bedeutung. Dabei gäbe es in ihm eine große spirituelle Kraft zu entdecken, die unser aller Leben von Grund auf verändern kann – die Liebe. Jenseits aller religiösen Dogmen entwirft Marianne Williamson ein vollkommen neues Bild des Messias, basierend auf dessen Darstellung im spirituellen Klassiker
Ein Kurs in Wundern. Die berühmte Lebenslehrerin zeigt Jesus als den Geist allumfassender, bedingungsloser Liebe, die in jedem Menschen lebendig ist. Indem wir diese Kraft in uns wachrufen, öffnet sich die Tür zu einem völlig neuen Bewusstsein und in ein angstbefreites, wahrhaft erfülltes Leben.
Wie in ihrem Weltbestseller
Rückkehr zur Liebe vermittelt Marianne Williamson auf unvergleichlich klare Weise die Lehren von
Ein Kurs in Wundern – ein echter Augenöffner und eine überaus wertvolle Bereicherung für das eigene Leben!
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Seitenzahl: 298
Sosehr Jesus als Heiliger verehrt wird – für viele Menschen hat er heute wenig Bedeutung. Dabei gäbe es in ihm eine große spirituelle Kraft zu entdecken, die unser aller Leben von Grund auf verändern kann – die Liebe. Jenseits aller religiösen Dogmen entwirft Marianne Williamson ein vollkommen neues Bild des Messias, basierend auf dessen Darstellung im spirituellen Klassiker Ein Kurs in Wundern. Die berühmte Lebenslehrerin zeigt Jesus als den Geist allumfassender, bedingungsloser Liebe, die in jedem Menschen lebendig ist. Indem wir diese Kraft in uns wachrufen, öffnet sich die Tür zu einem völlig neuen Bewusstsein und in ein angstbefreites, wahrhaft erfülltes Leben. Wie in ihrem Weltbestseller Rückkehr zur Liebe vermittelt Marianne Williamson auf unvergleichlich klare Weise die Lehren von Ein Kurs in Wundern – ein echter Augenöffner und eine überaus wertvolle Bereicherung für das eigene Leben!
Marianne Williamson, geboren 1952, macht es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe, den Kurs in Wundern zu verbreiten und in die Praxis umzusetzen. Sie ist eine der bekanntesten spirituellen Lehrerinnen, hält Vorträge in der ganzen Welt und ist regelmäßig in TV-Sendungen zu Gast. Ihr Buch Rückkehr zur Liebe wurde weltweit zum Bestseller.
MARIANNE WILLIAMSON
Die grenzenlose Kraft der Liebe erfahren
Aus dem Englischen von Sabine Zürn
Ansata
Die amerikanische Ausgabe erschien 2024 unter dem Titel The Mystic Jesus. The Mind of Love im Verlag HarperOne.
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Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Copyright © 2024 by Marianne Williamson
Published by arrangement with HarperOne, an imprint of HarperCollins Publishers LLC.
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2024 by Ansata Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte sind vorbehalten.
Redaktion: Ralf Lay
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München, unter Verwendung eines Motivs von © whilerests/iStock/Getty Images Plus
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-32388-2V001
www.ansata-integral-lotos.de
In der deutschen Übersetzung wurden Zitate und sinngemäße Wiedergaben entnommen aus den im Greuthof Verlag erschienenen Werken:
Ein Kurs in Wundern®, © 1994, 2008 und Die Ergänzungen zu Ein Kurs in Wundern®, © 1995, 2001.
Nähere Informationen unter www.greuthof.de.
Originalausgabe A Course in Miracles®: Foundation for Inner Peace, www.acim.org.
Ein Kurs in Wundern®, EKIW®, A Course in Miracles® und ACIM® sind als Marken eingetragen.
Die in diesem Buch vorgestellten Gedanken stellen die persönliche Meinung und Interpretation sowie das persönliche Verständnis der Autorin dar und nicht die der Rechteinhaber von Ein Kurs in Wundern®.
Für die Schreibweise der Zitate und für die verwendeten Schlüsselbegriffe sind die deutschen Ausgaben maßgeblich.
Die Zitate sind durch einen Stern (*) gekennzeichnet und kursiv gesetzt. Die hochgestellten Ziffern kennzeichnen die Nummern der Sätze in den einzelnen Absätzen. Die Nummerierung beginnt mit »2«. Auszugsweise Zitate sind nicht nummeriert.
Alle Quellenangaben aus Ein Kurs in Wundern® und den Ergänzungen sind im Anschluss an die Zitate aufgeführt. Dabei werden folgende Abkürzungen verwendet:
Textbuch: (T)
Übungsbuch: (Ü)
Handbuch für Lehrer: (H)
Psychotherapie (Ergänzungen): (P)
Die Quellenangabe folgt der Struktur des Kurs und der Ergänzungen, zum Beispiel:
Buch.Kapitel/Teil.Abschnitt/Lektion/Frage/Begriff.Absatz:Satz
(Beispiel: T – 1.II.3:3–12)
Die Bibelverse sind folgender Ausgabe entnommen: Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Gesamtausgabe, im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, der Österreichischen Bischofskonferenz, der Schweizer Bischofskonferenz u. a., vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe, Katholische Bibelanstalt, Stuttgart 2016.
Für Mickey Maudlin als Dank für seinen besonnenen Rat und die Chance meines Lebens
3Du bist eine vollkommene Schöpfung und solltest Ehrfurcht nur in GEGENWART des SCHÖPFERS der Vollkommenheit empfinden. 4Das Wunder ist daher ein Zeichen der Liebe zwischen Ebenbürtigen. 5Ebenbürtige sollten keine Ehrfurcht voreinander haben, weil Ehrfurcht Ungleichheit impliziert. 6Sie ist daher eine unangemessene Reaktion mir gegenüber. 7Ein älterer Bruder hat Anspruch auf Achtung um seiner größeren Erfahrung und auf Gehorsam um seiner größeren Weisheit willen. 8Er hat auch Anspruch auf Liebe, weil er ein Bruder ist, und auf Hingabe, wenn er hingebungsvoll ist. 9Nur meine Hingabe gibt mir ein Anrecht auf die deine. 10Ich habe nichts an mir, was du nicht erreichen kannst. 11Ich habe nichts, was nicht von GOTT kommt. 12Der jetzige Unterschied zwischen uns ist, dass ich nichts anderes habe. 13Dadurch bin ich in einem Zustand, der in dir nur potenziell vorhanden ist* (T – 1.II.3:3–12)
Vorwort
Einleitung
Kapitel 1: Der mystische Jesus
Kapitel 2: Reflexionen des Lichts
Kapitel 3: Die Tempel der Beziehung
Kapitel 4: Er ist nicht gestorben
Kapitel 5: Auferstehung
Danksagung
Über die Autorin
Ich bin keine christliche Theologin und gehöre auch nicht dem Christentum an. Daher halte ich mich nicht für qualifiziert, über den Jesus zu schreiben, wie er von den kirchlichen Traditionen des Christentums gelehrt wird.
Dieses Buch basiert vielmehr auf meiner über vierzigjährigen Erfahrung als Schülerin von Ein Kurs in Wundern. Der Kurs ist ein Programm spiritueller Psychotherapie im Selbststudium, die auf universellen spirituellen Themen beruht und traditionelle christliche Grundprinzipien auf nicht-dogmatische und psychotherapeutische Weise vermittelt. Es handelt sich um einen Kurs in Geistesschulung, um ein angstbasiertes Denksystem zugunsten eines auf Liebe basierenden Denksystems aufzugeben.
Als junge Frau von Mitte zwanzig nahm ich den Kurs in Wundern zum ersten Mal in die Hand, auf der Suche nach dem Sinn und Zweck meines Lebens, nicht anders als viele in diesem Alter – damals wie heute. Die folgenden Sätze in der Einleitung faszinierten mich:
Dieser Kurs kann daher ganz einfach so zusammengefasst werden:
2Nichts Wirkliches kann bedroht werden.
3Nichts Unwirkliches existiert.
4Hierin liegt der Frieden GOTTES* (T – Einl.2:2–4)
Diese Worte fesselten mich, doch ich stellte fest, dass das Buch in einer traditionellen christlichen Sprache geschrieben war. Ich konnte mich mit der Terminologie des Kurses nicht anfreunden und dachte einfach, das Buch sei nichts für mich.
Ein Jahr später war ich emotional so aufgewühlt, dass mir die Terminologie in einem Buch völlig gleichgültig war, und ich nahm den Kurs wieder zur Hand. Ich suchte nach Inhalten, die meine Seele beruhigten, egal, wie sie geschrieben waren. Mir ging es nicht um theologische Fragen, sondern um mein Leben.
Ich merkte schnell, dass der Kurs keine Religion war, sondern eine psychologische Führung auf dem Weg der Vergebung und der Liebe. Ich hatte mich schon immer für universelle spirituelle Konzepte interessiert und gespürt, dass es eine Wahrheit gibt, die in unterschiedlichster Weise formuliert wird. Viele der universellen Themen des Kurses waren mir schon anderswo begegnet, auch in meiner eigenen Religion, dem Judentum. Aber der Kurs bot mir etwas, das ich bisher nirgends gefunden hatte: eine praktische Anleitung, wie ich diese Konzepte auf meinen Alltag übertragen konnte.
Anfangs fand ich es irritierend, dass auf dem Umschlag von Ein Kurs in Wundern kein Autor vermerkt war. Doch je mehr ich in dem Buch las, desto häufiger fielen mir eine ganze Reihe von Aussagen auf, die in der ersten Person geschrieben waren.
»4›Niemand kommt zum VATER denn durch mich‹ bedeutet nicht, dass ich in irgendeiner Weise von dir getrennt oder anders bin außer in der Zeit«* (T – 1.II:4:1). Ich weiß noch, wie ich beim Lesen dachte: Moment mal, was? Als ich dann las: »[…] weil ich die SÜHNE bin«* (T – 1.III:4:1), hatte ich das Gefühl: Okay, jetzt habe ich es verstanden.
Als Kind habe ich nicht viel über Jesus erfahren, in keiner Weise. Mir wurde nur gesagt, dass wir »die andere Bibel« lesen. Es ist überhaupt nicht überraschend, dass Juden sehr klar zwischen Jesus und dem Christentum unterscheiden, denn Jesus war Jude und somit einer von uns. Institutionelle Kräfte innerhalb des Christentums hingegen standen seit Jahrtausenden für gewalttätigen Antisemitismus und mörderische Unterdrückung.
Aber all das hat nichts mit Jesus zu tun. Das Christentum und Jesus sind zwei völlig verschiedene Konzepte. Zu bestimmten Zeiten hat das Christentum die höchsten Ideale Jesu befolgt, zu anderen Zeiten und an anderen Orten hat es das eindeutig nicht getan. Wie im Kurs zu lesen steht: »7Bittere Götzen wurden aus ihm gemacht, der nur ein Bruder für die Welt sein wollte«* (H – Begriffsbest.5.5:7).
Mein Interesse an Jesus war nie mit dem Wunsch verbunden, zum Christentum zu konvertieren. Mir war das natürlich bewusst, aber meinen Eltern musste ich es erklären. Als ich anfing, den Kurs zu studieren, waren sie verständlicherweise ziemlich überrascht. Ich erinnere mich, wie meine Mutter zaghaft fragte: »Bitte erklär mir das. Du wirst in Kalifornien bleiben … und Vorträge halten … über Jesus … vor Nichtjuden!?« Ich nickte langsam. Nach ein paar Sekunden schüttelte sie einfach nur den Kopf, hob eine Augenbraue und fragte mich, was ich denn anziehen würde.
Mein Vater schien sich mehr Gedanken darüber zu machen. Eines Tages nahm er mich zur Seite und fragte sehr eindringlich: »Es ist derselbe Gott, nicht wahr?«
Ich antwortete: »Ja, Daddy! Natürlich ist er das!«
Ich erinnere mich, wie er mit strengem Blick betonte: »Okay, ich will nur nichts über einen anderen Gott hören!«
Nein, es ist ganz bestimmt kein anderer Gott! Genehmigung erteilt!
Ich fand die Konzepte des Kurses so faszinierend, dass ich naiverweise davon ausging, meine christlichen Freunde würden ständig über Themen wie »Christus«, den »Heiligen Geist« und »Jesus« sprechen. Ich dachte, dass ich es einfach nicht wusste, weil sie nie darüber redeten, wenn ich dabei war. Was für ein Irrtum! Mir wurde etwas ganz anderes klar: Viele Christen, die ich kannte, lehnten die christliche Terminologie noch mehr ab als ich. Während ich von bestimmten Konzepten keine Ahnung hatte, standen die anderen ihnen ambivalent gegenüber.
Der Kurs befreit Jesus aus der Umklammerung einer institutionellen Autorität, die versucht, seine Identität zu monopolisieren und letztlich zu beschränken. Für die einen weicht der Kurs von den christlichen Grundsätzen ab, andere finden in ihm zum ersten Mal eine verständliche und sinnvolle Erklärung dafür. Wie es im Kurs heißt, kommen seine Schülerinnen und Schüler »von allen Religionen und von keiner Religion«* (H – 1.2:2). Es sind einfach die Menschen, die den Ruf nach einer höheren, transformativen Liebe vernommen haben.
Ich habe erkannt, dass nicht nur viele Christen, sondern auch Nichtchristen eine Menge Fragen über Jesus haben. Bei meinem Studium des Kurses lernte ich zahlreiche neue Konzepte kennen, während einige meiner Freunde alte Vorstellungen verlernten. Ich konnte im Laufe der Jahre beobachten, wie Tausende von Menschen – Christen wie Nichtchristen – einen tiefen psychologischen und spirituellen Sinn im Kursin Wundern fanden. Der mystische Jesus spiegelt die Themen wider, die allen großen Weltreligionen zugrunde liegen. Er spaltet die Menschen nicht in religiöse Lager, sondern verbindet ihre Herzen.
Ein Kurs in Wundern verlangt nicht von uns, an Gott oder an Jesus zu glauben. Er fordert uns auf, an uns selbst zu glauben. Er betont, dass der Glaube an sich bedeutungslos ist, aber die Erfahrung alles bedeutet. Manche halten den Kurs für das geniale Werk von Helen Schucman, einer Professorin für Klinische Psychologie an der Columbia University, die ihn in den 1960er- und 1970er-Jahren geschaffen hat, während andere glauben, dass er vom Heiligen Geist geschrieben wurde, indem er durch sie sprach. Die Kraft des Kurses zeigt sich nicht in der Identifizierung seiner Urheberschaft, sondern in der Anwendung seiner Prinzipien.
Ich bin dankbar, dass ich dem Kurs begegnet bin, ohne vorher gewusst zu haben, wer Jesus war oder ist. Ich hatte keine vorgefasste Meinung, und zu keinem Zeitpunkt während meiner über vierzigjährigen Beschäftigung mit dem Kurs hatte ich das Gefühl, meine eigene Religion aufgeben zu müssen. Im Gegenteil, mein Studium von Ein Kurs in Wundern hat mich noch tiefer mit den mystischen Wurzeln des Judentums verbunden. Der Kurs fordert uns auf, unsere Herzen zu öffnen, das ist alles.
Dieses Buch handelt von dem Jesus, den ich als Schülerin von EinKurs in Wundern kennengelernt habe. Alle Konzepte, die ich hier vorstelle, basieren auf meinem Verständnis seiner Lehre. Jeder Mensch macht seine ganz persönliche Erfahrung mit dem Kurs und seinem Verfasser. Dies ist einfach meine persönliche Erfahrung.
Vor vielen Jahren musste ich eine schmerzhafte Prüfung bestehen. Es war eine äußerst schwierige Phase meines Lebens.
Damals hatte ich ein seltsames Erlebnis. Als ich Nacht für Nacht wach lag und nicht schlafen konnte, nahm ich eine sonderbare Energie wahr: eine schattenhafte Präsenz – wie ein sehr großer, dünner Mann, der aufrecht am Fußende meines Bettes saß, genau mir gegenüber. Er tat nichts. Er sah mich nicht an. Er war einfach nur da.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Kurs schon eine Weile studiert und kannte das Gefühl, Gottes Gegenwart zu spüren. Aber ich hatte noch keine besondere Beziehung zu Jesus entwickelt. Mit Verwunderung registrierte ich diese Gestalt am Fußende meines Bettes …
Damals befand ich mich in einer psychischen Ausnahmesituation, was ich immer wieder an den Gesichtern meiner Familie und meiner Freunde ablesen konnte, wenn sie mich ansahen. Ich erlebte wohl das, was man als »Nervenzusammenbruch« bezeichnen könnte.
Mir war damals nicht bewusst, dass das, was ich durchmachte, in gewissem Maße die meisten Menschen erleben; viele überspielen diesen Zustand aber geschickt. Der Graben zwischen der Welt, in der wir leben, und der Welt, nach der sich unsere Herzen sehnen, wird immer schwerer zu ertragen. Heute, fast vierzig Jahre später, führen wir ein Leben, das in keiner Weise unserem wahren Wesen entspricht. Es scheint eher die Regel als die Ausnahme zu sein, dass wir unter dieser Last zusammenbrechen. Unsere Gesellschaft bezeichnet das als »psychische Krise«, aber in Wirklichkeit ist es eine spirituelle Krise. Es besteht eine tiefgreifende Diskrepanz zwischen der Liebe in unseren Herzen und der Art und Weise, wie wir unser Leben führen.
Die Welt, wie wir sie sehen, spiegelt nicht unser wahres Selbst wider, sondern steht im Widerspruch dazu, überschattet es und verletzt es sogar. Die Realitäten der modernen Welt tragen mehr dazu bei, die verwundete Seele zu verletzen, als sie zu heilen, und der Sinn unseres Lebens besteht darin, den dadurch entstandenen Schaden zu reparieren.
Meine Mutter wusste nicht, wie sie mit einer Tochter umgehen sollte, die nicht aufhören konnte zu weinen, und erklärte schließlich, sie würde mich zur Therapie schicken. »Mein Freund Buzz meint, dass du Hilfe brauchst«, sagte sie.
»An was denkst du?«, fragte ich sie.
»Nichts von dem verrückten kalifornischen Zeug, das du machst«, sagte sie. (Ich hatte in New York gelebt, aber für meine Mutter war alles, was nicht den Konventionen entsprach, »kalifornisch«.) »Ich möchte, dass du zu einem Spezialisten gehst. Zu einem jüdischen Psychiater.«
Okay, Mama, dachte ich, bitteversuch einfach, mir zu helfen.
Als ich dann die Praxis des Psychiaters in Houston betrat, sagte ich ihm gleich als Erstes: »Hören Sie, ich studiere Bücher mit dem Titel Ein Kurs in Wundern, das müssen Sie wissen. Wenn Sie mir einreden wollen, dass ich verrückt bin und Wahnvorstellungen habe und deshalb professionelle psychiatrische Hilfe brauche, was nicht der Fall ist, dann wird das hier nicht funktionieren.«
Zu meinem Erstaunen und zu meiner ewigen Dankbarkeit beugte er sich vor in seinem Schreibtischstuhl und sagte: »Ich habe gerade das Übungsbuch beendet.« Er war ein Schüler von Ein Kurs in Wundern!
Während dieser Zeit spürte ich die Präsenz am Fußende meines Bettes. Und ich schlug Gott einen Deal vor. In einem Moment der Verzweiflung sagte ich ihm, dass ich ihm den Rest meines Lebens widmen würde, wenn er mir helfe, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Langsam, aber sicher und mit der Hilfe dieses erstaunlichen Psychiaters wurde ich geheilt. Es fühlte sich an, als ob mein Kopf in Tausende von Splittern explodiert und die Bruchstücke in die Weiten des Universums geschleudert worden wären. Es dauerte eine Weile, aber als sich mein Schädel wieder zusammenfügte, hatte ich das Gefühl, als sei da etwas in meinem Gehirn, das vorher nicht da war. Irgendwie hatte sich meine Wahrnehmung neu geordnet.
Die Monate vergingen, und ich vergaß, dass ich Gott einen Deal vorgeschlagen hatte. Ich fühlte mich tatsächlich wieder wie ich selbst. Ich nahm keine Präsenz am Fußende meines Bettes mehr wahr, aber ich spürte immer noch etwas, das ich nicht genau benennen konnte. Mir war, als ob ich in meinem Leiden begleitet worden wäre. Aber was sich vorher so beruhigend angefühlt hatte, erschien mir jetzt befremdlich. Die Präsenz, die zuvor beruhigend auf mich gewirkt hatte, fühlte sich nun wie ein Eindringling in mein Leben an.
Ich versuchte sogar, sie zu vertreiben.
»Schau, ich bin dir sehr dankbar. Aber jetzt geht es mir gut. Es gibt bestimmt noch viele andere Menschen, denen du helfen kannst, und das solltest du auch tun! Ich danke dir von ganzem Herzen. Wirklich. Auf Wiedersehen!«
Ich wollte Jesus fortschicken.
Kurze Zeit später geschah etwas Seltsames auf einer Cocktailparty, die ich in Houston besuchte. Sie fand in einem großen Haus mit vielen kleinen Zimmern statt. Das Fest zog sozusagen von einem Raum in den anderen.
Irgendwann ging ich in ein Zimmer und sah dort drei oder vier Männer im Smoking mit Drinks in der Hand, die sich unterhielten. Und wie in einem Wachtraum – unsere Vorfahren hätten es vielleicht ein »mystisches Erlebnis« genannt – drehte sich einer der Männer um und sah mich an. Ich zuckte zusammen, denn ich wusste, wer er war.
Er sah mich einfach nur an und sagte völlig emotionslos: »Ich dachte, wir hätten eine Abmachung.«
Das war alles.
Im Laufe der Jahre stellte ich fest, dass ich bei Weitem nicht die Einzige war, die Jesus auf ungewöhnliche Weise kennengelernt hat. Die landläufige religiöse Vorstellung von Jesus funktioniert nicht für jeden, nicht einmal für manche Christen. Für viele ist er wie ein Fossil in einer Museumsvitrine, irgendwie ohne spirituelle Kraft.
Die Welt braucht Hilfe, daran besteht kein Zweifel, aber religiöse Dogmen scheinen keine befriedigende Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit zu sein. Die Menschen sehnen sich nach spiritueller Nähe, nicht nach der Verheißung eines fernen, vagen Himmels. Die moderne Seele lehnt alles ab, was eng, starr oder nicht authentisch ist. Wir sind durchaus offen für etwas, das unsere Angst vor dem Schmerz des Lebens anerkennt, das unserer Sehnsucht entspricht, dem Trauma unseres Daseins in dieser Welt zu entkommen, und das uns die realistische Hoffnung gibt, dass sich die Dinge wirklich zum Besseren wenden können. Das schließt allerdings die überkommene Vorstellung eines überirdischen Wohltäters aus, der tatenlos zusieht, wie die Menschheit leidet. Nein, dafür ist es zu spät. Millionen von Menschen spüren, dass dieses Konzept vielleicht in der Vergangenheit funktioniert haben mag, heute tut es dies aber gewiss nicht mehr.
Die Abkehr vom Dogma der institutionalisierten Religion bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sich die Menschen von Gott abwenden. Viele suchen heute nach neuen, lebendigeren spirituellen Erfahrungen, einschließlich einer Offenbarung Jesu, die einen direkten Bezug zu ihrem Leben hat. Sie finden diese Offenbarung innerhalb der christlichen Religion, aber auch außerhalb davon. Es gibt sicher mehr Möglichkeiten als nur die begrenzte Wahl zwischen einer verkrusteten Vorstellung vom »Sohn Gottes« und der modernen, nüchternen Sicht von Jesus als »großem Lehrer«. Wir suchen einen Erlöser von unseren Sünden und vom Wahnsinn dieser Welt – um nichts Geringeres geht es.
Wir begreifen, dass die Probleme unserer Welt nach etwas Höherem schreien als nach der Oberflächlichkeit der institutionellen Religion oder den Binsenweisheiten der Popkultur. Bei jeder kollektiven Herausforderung, der wir heute gegenüberstehen, suchen wir nach etwas Übergeordnetem, und die Menschen wissen das. In diesem Buch geht es um die Frage, wie Jesus uns bei unserer Suche helfen kann.
So wie Jesus vor zweitausend Jahren nicht nur zu den Juden sprach, wendet sich der heutige Jesus nicht lediglich an die Christen. Die Vorstellung, er »gehöre« allein ihnen oder einzig den Anhängern irgendeiner anderen Religion – die folglich genau bestimmen könne, wer er sei und was er für uns zu bedeuten habe –, ist nicht mehr zeitgemäß. Während das Christentum eine Art Monopol auf Jesus zu beanspruchen scheint, wächst die Überzeugung, dass er niemandem »gehört« und doch für alle da ist.
Der mystische Jesus ist ein universaler Jesus, ein Teil der Natur. Ich erlebe die Sonne, aber niemand besitzt sie. Ich erlebe den Wind, aber niemand besitzt ihn. Ich erlebe die Liebe, aber niemand besitzt sie. Die Kräfte der Natur können weder beherrscht noch in Besitz genommen werden, und Jesus ist eine Naturkraft.
Der mystische Jesus ist ein Weg des Bewusstseins, der uns zu verstehen ermöglicht, wie das Universum funktioniert und wie wir uns mit seinen Absichten in Einklang bringen können. Moderne Mystiker werden von einem inneren Radar geleitet, das in jedem von uns vorhanden ist, im wahrsten Sinne des Wortes ein Geschenk Gottes. Ob wir diese Führung nun »Gewissen«, »Ethik«, »unseren Bund mit Gott«, »die Stimme des Heiligen Geistes« oder »Jesus« nennen – ihre Weisheit und Erleuchtung ist das Heil der Welt.
Als Jesus sagte: »Mein Königtum ist nicht von dieser Welt« (Johannes 18, 36), meinte er damit, dass sein Reich nicht ein äußerer, sondern ein innerer Bereich der Existenz ist, den wir heute als Psyche verstehen. Sein Denksystem ist das der Liebe, die er mit uns teilt, wenn wir ihn darum bitten. Das Einzige, wovor wir gerettet werden müssen, ist unser eigener Irrglaube, dass wir in einem zufälligen und bedeutungslosen Universum getrennt und allein sind – denn das ist die Ursache all unserer Ängste. Jesus kann »Erlöser der Welt« genannt werden, weil er uns von unserem kranken Denken über die Welt erlöst. Jesus ist der Wegbereiter eines anderen Denkens – und damit der Erbauer einer anderen Welt.
Die Welt ist ein Spiegelbild unserer Gedanken, weshalb wir als Erstes von unserem eigenen fehlgeleiteten Denken erlöst werden müssen. Die Welt wird erlöst, wenn wir das Denken verändern, das sie beherrscht – eine Denkweise, die auf Angst gründet und unweigerlich furchtbare Konsequenzen nach sich zieht. Die globalen Probleme, wie wir sie kennen, sind nur die Symptome eines tiefgreifenderen Problems: nämlich wir selbst und die Denkmuster, die uns in der Hölle gefangen halten, die wir selbst geschaffen haben. Dieses Denken ist angstbasiert und betrachtet uns als getrennt von allem – von etwas, das größer ist als wir, voneinander und von der Welt als Ganzem. Dieses Denken ist zutiefst unwahr und der reinste Wahnsinn. Es verwundet die Welt, weil es das Herz bricht. Es verursacht zwangsläufig Leid, weil es so sehr im Widerspruch zu unserem wahren Selbst steht. Wir müssen dieses Denken verändern, dann werden wir auch die Welt verändern. Erst wenn wir unsere verwundeten Seelen heilen, werden wir die Welt heilen können.
Wir müssen unbedingt aufhören, uns so gewalttätig gegenüber uns selbst, anderen und dem Planeten, auf dem wir leben, zu verhalten, sonst wird die Menschheit nicht überleben. Dieses zerstörerische Verhalten ist die Folge unseres destruktiven Denkens; es ist also unser »Mindset«, das uns vernichtet. Aber was können wir dagegen tun? Glaubt ernsthaft jemand, dass klassische Psychotherapie, Psychopharmakologie oder Theologie uns retten werden? Wie im Kurs zu lesen steht: »5Eine universelle Theologie ist unmöglich, aber eine universelle Erfahrung ist nicht nur möglich, sondern nötig«* (H – Begriffsbest.Einl.2:5).
Und welche Erfahrung ist das? Welche Veränderung im Denken verändert unser Verhalten, damit die Welt in eine andere Richtung gelenkt wird? Der spirituelle Weg ist nichts anderes als die Reise des Herzens; und wenn sich alle auf diese Reise begeben, wird sich unsere Welt verändern.
Es gibt viele Führer auf dieser Reise, und Jesus ist einer von ihnen. Der mystische Jesus ist kein theologisches Konstrukt, sondern eine spirituelle Kraft. Er ist eine Präsenz in uns, durch die wir eine innige Beziehung zu Gott, zu uns selbst und zueinander aufbauen können. Er wird zu einer gelebten Erfahrung, wenn wir nach den Prinzipien leben, die den Kern seiner Botschaft an die Welt ausmachen. Er ist der Vermittler eines Denksystems, das unseres übersteigt, der größte Heiler der Menschheit.
Jesus ist die Verbindung zu einem anderen Denken, ein lebendiger innerer Guide und kein buntes Glasbild. Er erinnert uns daran, wer und was wir wirklich sind.
Er steht zwischen dem neurotischen, schwachen, ängstlichen, urteilenden und dem starken, mächtigen, vergebenden, wunderbaren Ich. Er kann uns von dem einen zum anderen führen. Sein Geist, vereint mit dem unseren, kann durch sein Licht das von Angst bestimmte Selbstgefühl vertreiben, das uns quält.
Dies ist die Offenbarung des mystischen Jesus. Er wird uns durch die Dunkelheit unseres Geistes zu dem Licht führen, das Gott dorthin gestellt hat und das nicht ausgelöscht werden kann. Der mystische Jesus ist kein Idol. Er ist unser älterer Bruder auf dem Weg unserer persönlichen Entwicklung. Er drängt sich niemandem auf, ist aber für jeden da. Dieses Buch geht der Frage nach, wer er ist und wer wir selbst werden, wenn wir unser Denken auf ihn ausrichten.
Im Jahr 1992 veröffentlichte ich mein Buch A Return to Love.1 Im Kapitel »Vergebung praktizieren« (VI.14) erkläre ich, ich könne gut verstehen, dass Vergebung schwer sein kann. Und warum? Weil mich einmal jemand bei den Olympischen Spielen versetzt hat!
Kein Witz – das war das drastischste Beispiel, das mir damals einfiel, um zu zeigen, wie schwer es sein kann zu vergeben. Und ich erinnere mich sogar daran, dass manche sagten, das sei ihre Lieblingsstelle!
Ach, waren das unbeschwerte Zeiten! Ich war noch nie ernstlich hintergangen worden und hatte mich auch selbst noch nie wirklich betrogen. Ich lobte mich dafür, dass ich jemandem verzeihen konnte, der mich einfach nur versetzt hatte. Doch ich hatte keine Ahnung – noch nicht –, wie schwer Vergebung wirklich sein kann.
Im Laufe der Zeit hat das Leben getan, was es mit jedem Menschen macht, der lange genug auf diesem Planeten weilt: Es hat sich mir gezeigt. So habe ich Dinge gelernt, die ich nie erfahren hätte, wenn ich nicht die Härte der Welt erlebt hätte. Ich habe gelernt, dass hinter meinen und den Fehlern anderer ein korrigierendes System steht, das manche als »Gnade« bezeichnen.
Je härter das Leben wurde, desto mehr erkannte ich, dass das Klischee zutrifft: Entweder man verbittert, oder man wird ein besserer Mensch. Wenn wir auf die Lieblosigkeit der Welt immer nur mit Verhärtung und Abschottung reagieren, dann wird der Schmerz nur noch größer. Denn wir produzieren genau das, wovor wir uns schützen wollen, und ziehen in unser Leben, wovor wir uns am meisten fürchten. Aber wir haben die Möglichkeit, einen anderen Weg einzuschlagen, indem wir unsere Ängste durch Liebe ersetzen. Nicht in der Abwehr, sondern in der Wehrlosigkeit liegt unsere Sicherheit. Vollkommene Liebe ist unangreifbar: Wir wurden nicht erschaffen, um durch die Lieblosigkeit in uns selbst oder in anderen verwundet zu werden. Nicht Kampf, sondern Vergebung schützt uns vor den Stürmen des Lebens. Seien wir uns gewahr, dass der Sieg bereits errungen ist, statt gegen die Welt anzukämpfen und mit den Jahren immer mehr zu verkümmern und zu ermüden. Wenn wir die Sühne akzeptieren und erkennen, dass nur die Liebe wirklich ist, dann verstehen wir, dass wir genauso gut ruhig werden können. Wir können jederzeit akzeptieren, was wahr ist. Und schon sind wir befreit.
Dies ist die Denkweise der Erleuchtung, das Geschenk des mystischen Christus.
1 Die deutsche Ausgabe erschien 1993 unter dem Titel Rückkehr zur Liebe (Anm. d. Ü.).
Was vor zweitausend Jahren geschah, hat die Welt verändert, letztlich ein Zeitalter der menschlichen Zivilisationsgeschichte beendet und ein neues eingeleitet. Die Geburt, Lehren, Kreuzigung und Auferstehung eines Mannes, eines Juden namens Jesus, haben den Lauf der Geschichte entscheidend geprägt. In seinem Namen sind einige der größten Errungenschaften der Zivilisation entstanden, aber gleichzeitig auch einige der schrecklichsten. Er strebte nicht danach, eine institutionelle Kirche zu gründen, und doch ist eine Kirche entstanden, die seit zwei Millennien ein Monopol darauf beansprucht, wer er ist.
Doch heute, in einer Zeit des historischen Wandels, muss die Menschheit alle bisherigen Entwicklungen infrage stellen, um einen gangbaren Weg in die Zukunft zu finden. Dabei werden überkommene Deutungen, Philosophien, Gesetze, Konzepte, Meinungen und ganze Lebensweisen auf den Prüfstand gestellt, verändert und erneuert. Das ist auch notwendig, denn die Menschheit ist an einem Punkt angelangt, an dem der Weg des geringsten Widerstandes in die globale Zerstörung führt. Wir sind gefangen in Denk- und Verhaltensweisen, die ihren Ursprung im Krieg haben – im Krieg gegen uns selbst, gegeneinander, ja sogar gegen die Erde. Doch das bringt uns nicht weiter. Wir müssen neue Wege beschreiten.
Da Jesus für die Weltanschauung von Milliarden von Menschen auf der Erde von grundlegender Bedeutung ist, spielt die Auseinandersetzung mit seiner Identität und Macht eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Welt neu zu denken. Während der Jesus des traditionellen Christentums für viele etwas Angestaubtes hat, besitzt der mystische Jesus eine frische, transformierende und äußerst moderne Kraft. Der mystische Weg ist ein Weg des Geistes, und genau dort liegen unsere größten Fesseln. Es sind keine realen Fesseln, sondern unsere spirituelle Unwissenheit und das grundlegende Missverständnis darüber, wer wir sind und warum wir hier sind. Jesus ist der Schlüssel, um uns aus unserer inneren Gefangenschaft zu befreien. Der mystische Jesus entfaltet seine Bedeutung für unser Leben, indem er unsere quälende Illusion von unserer Bedeutungslosigkeit zerstört. Ohne den Filter jahrhundertealter Interpretationen verblasst er nicht in Bedeutungslosigkeit, sondern erscheint in einem beinah überraschend modernen Licht. Jesus ist heute genauso wichtig wie zur Zeit seiner Geburt. In den Worten des heiligen Augustinus ist er »immer alt und immer neu«.
Er wurde vor zweitausend Jahren geboren, doch wir lernen gerade erst, ihn wirklich zu verstehen.
Während das 21. Jahrhundert mit Macht voranschreitet, wächst die kollektive Verzweiflung von Tag zu Tag. Vom Klimawandel über Kriege bis hin zu Revolten autoritärer Banden – das vor uns liegende Zeitalter erscheint weniger als Verheißung einer strahlenden Zukunft, sondern eher als Aufforderung, für die Fehler der Vergangenheit zu bezahlen. Angefangen vom rücksichtslosen Umgang mit der Umwelt über militärischen und wirtschaftlichen Imperialismus bis hin zu Amokläufen – die Sünden der Vergangenheit lasten wie plötzlich fällig gewordene Schuldscheine auf uns. Die Menschheit wird von ihren karmischen Verbindlichkeiten überwältigt, als seien diese viel zu hoch, um beglichen zu werden, weshalb Vergeltung nun unausweichlich erscheint.
Natürlich kann man das so sehen.
Aber in Wirklichkeit liegt es an uns selbst, wie es weitergeht. Wir haben die Wahl zwischen zwei Varianten der Zukunft: dem unermesslichen Leid einer untergehenden Zivilisation oder dem Beginn einer neuen Welt, die gerade darum kämpft, entstehen zu können. Eine Welt der globalen Zerstörung oder eine Welt der globalen Wiedergeburt. Beides ist möglich, und beides geschieht bereits.
Der globale Untergang ist die Folge unserer geballten Gier und Lieblosigkeit, weil wir einfach immer so weitermachen wie bisher. Die Möglichkeit der Wiedergeburt entspringt unserer ewigen Sehnsucht nach dem Guten und Wahren sowie unserer Bereitschaft zu radikaler Veränderung. Das Gleichgewicht des Lebens wird durch die eine Lebensweise zerstört und durch die andere gestärkt und unterstützt. Vom Klimawandel bis zu den wachsenden nuklearen und militärischen Bedrohungen: Die Welt im Niedergang geht immer schneller unter, während die sich entwickelnde neue Welt etwas zu langsam aufsteigt. Wir befinden uns in einem verzweifelten Wettlauf gegen die Zeit.
In diesem Buch geht es um das Wunder der transformativen Veränderung, der Befreiung von unserer Neigung zu selbstzerstörerischem Denken und Handeln. Ein solcher Wandel ist nicht nur etwas zutiefst Religiöses, sondern er betrifft gleichermaßen auch die Psyche. Der Kurs in Wundern sagt, dass Religion und Psychotherapie auf ihrem Gipfelpunkt eins werden. Beide heilen den Geist bestmöglich, verbinden Geist und Herz auf eine Weise, die das seelische Gleichgewicht wiederherstellt und so das ganze Leben eines Menschen heilt. Der mystische Jesus steht im Zentrum dieser Veränderung. Er setzt einen himmlischen Beschleunigungsprozess in Gang, durch den wir über die Grenzen unserer gegenwärtigen Evolutionsstufe hinauswachsen und zu den Menschen werden, die wir sein müssen, um die Welt rechtzeitig zu retten.
Vor Jahrzehnten spazierte ich zusammen mit meinem Freund an einem schönen sonnigen Tag durch den New Yorker Central Park, als wir von einem der sogenannten »Jesus-Freaks« angesprochen wurden.
»Schwester«, sagte der ernste Fremde eindringlich, »bist du gerettet worden?«
Zu diesem Zeitpunkt war ich schon eine Weile Schülerin von Ein Kurs in Wundern. »Na ja …«, sagte ich langsam. »Kommt drauf an, was du damit meinst. Wenn du wissen willst, ob ich von einer höheren Macht vor diesen verrückten neurotischen Gedanken gerettet wurde, die wie toxische Kräfte meinen Seelenfrieden zerstört haben, dann würde ich wohl sagen: Ja, das ist so!« Ich nickte bekräftigend. »Psychologisch natürlich.«
»Aber bist du von Jesus gerettet worden?!«
»Das ist eine sehr gute Frage«, sagte ich. »Wenn man in Jesus die wahre Verkörperung der Liebe sieht, eine Bewusstseinskraft, die die absolute Wahrheit in mir und in allen Menschen ist, ja, dann bin ich von Jesus gerettet worden. Er hat mein Leben völlig verändert! Aber wenn du ein doktrinäres dogmatisches Prinzip der institutionalisierten Religion meinst, dann würde ich sagen, nein, nicht wirklich, denn …«
Unser neuer Freund sah mich verwirrt an, als hätte er ein Gespenst gesehen. Ich erinnere mich, wie mein Partner mich fest am Arm nahm und sagte: »Marianne, lass uns einfach weitergehen.«
Der junge Mann, den wir an diesem Tag trafen, sprach von etwas ganz anderem als ich. Er hatte sein Verständnis von Jesus in einem institutionalisierten Umfeld gefunden, und sein Jesus war streng definiert durch eine bestimmte dogmatische Lesart.
Ich jedoch fand das meine im Kurs in Wundern.
Und bei Christie’s …
Im Jahr 2017 lebte ich in New York und erhielt einen Anruf von meiner Freundin Maria. Sie erzählte mir, dass ein Freund von ihr im Auktionshaus Christie’s arbeitete, wo Leonardo da Vincis Gemälde »Salvator Mundi« ausgestellt war, und sie fragte mich, ob ich es sehen wolle. An diesem Morgen hatte auch ich gelesen, dass ein Christusbild, das Experten Leonardo zuschreiben, von einem unbekannten Käufer ersteigert worden war und dass das Gemälde zwar bei Christie’s ausgestellt war, aber am Nachmittag abgeholt werden sollte.
Ich wollte es unbedingt sehen und war Maria für ihren Anruf sehr dankbar. Wir verabredeten uns im Auktionshaus, wo ihr Freund uns zu der kleinen Gruppe führte, die am Ende der Besichtigungszeit noch wartete. Wir unterhielten uns angeregt, als wäre es ein ganz normaler Museums- oder Galeriebesuch – bis ich vor dem Gemälde stand.
Mir stockte der Atem.
Das Bild zeigte Jesus in einem blauen Renaissancegewand. Mit der rechten Hand machte er das Kreuzzeichen, in der linken hielt er eine glasklare Kristallkugel, die die himmlischen Sphären symbolisiert. Ich betrachtete das Bild, das natürlich wunderschön war. Aber als ich es länger ansah, geschah etwas Seltsames: Es offenbarte mir seine tiefere Bedeutung.
So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich hatte schon Leonardos »Mona Lisa« gesehen, Michelangelos »Pietà« und den »David« sowie viele andere bedeutende Kunstwerke. Ich war in einigen der berühmtesten Museen der Welt gewesen. Aber ein Bild wie dieses hatte ich noch nie gesehen. Ich empfand eine Art Befreiung, die über das Gemälde hinausging. »Salvator Mundi« öffnete sich mir wie ein Portal zu dem, was dahinterliegt, zu dem, was Jesus ist, auf einer Ebene, die sich mir noch nie zuvor offenbart hatte. Ich sah etwas, von dem ich nicht einmal gewusst hatte, dass es existiert.
Es mag unglaublich klingen, aber ich habe Worte erlebt. Ich hatte das Gefühl, in zwei Begriffe hineingezogen zu werden, die nicht nur Worte waren, sondern so etwas wie Erfahrungsreiche. Die Worte selbst waren ganz einfach: »Zärtlichkeit« und »Kraft«.
Ich erkannte, dass Jesus beides in unendlicher Weise verkörpert. Er ist eine Zärtlichkeit, zarter als die Küsse von Milliarden Babys, und gleichzeitig eine Kraft, so machtvoll, dass sie Universen erschafft und regiert. Ich weiß nicht, ob es so etwas gibt, aber ich habe es gesehen, als ich »Salvator Mundi« betrachtete.
Ganz allein stand ich da und starrte das Gemälde an. Ich war die letzte Person, die es sehen konnte, bevor es verpackt und abtransportiert wurde.
Maria und ich verließen Christie’s, aber ich war in Gedanken immer noch bei dem Gemälde und meinem Erlebnis. Ich war neugierig, wer der mysteriöse Käufer war, und suchte im Internet nach Informationen darüber. Ich fragte mich immer wieder: Wer ist der Mensch, dem dieser Schatz jetzt gehört?
Ein paar Stunden später wurde der Name des Käufers bekannt gegeben. Ich war schockiert, denn es handelte sich um Mohammed bin Salman (MbS), seit 2017 Kronprinz, seit 2022 Premierminister und De-facto-Herrscher des autoritären Königreichs Saudi-Arabien. MbS hatte das Gemälde für 450 Millionen US