Du bist, was du isst: Karma à la Carte - Mike Mandl - E-Book

Du bist, was du isst: Karma à la Carte E-Book

Mike Mandl

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Beschreibung

Karma à la carte: Das ist die bewusste Entscheidung, sich in der eigenen Küche genau jene Gerichte zuzubereiten, die nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist und der Seele guttun. Die nicht nur für Gesundheit und Vitalität, sondern auch für ein ausgeglichenes Gemüt, Klarheit und Fokus sorgen. Dazu müssen wir verstehen, welche Ursachen welche Wirkungen haben. Das praxisorientierte Ernährungswissen der Traditionellen Chinesischen Medizin liefert uns genau dieses Verständnis. Und noch nie wurde es so leicht nachvollziehbar, humorvoll und tiefgründig dargestellt wie in diesem Buch von Mike Mandl, inklusive Ernährungsempfehlungen für Deinen Typ, für spezifische Symptome oder für persönliche Zielsetzungen. Denn: Du bist, was Du isst!

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KARMA À LA CARTE

Du bist, was Du isst

Die Ernährungsformel der TCM für Deinen Typ

Mike Mandl

IMPRESSUM

Haftung: Alle Angaben in diesem Buch basieren auf sorgfältiger Auswertung der Recherchen und Erfahrungen der Autoren und Autorinnen. Weder die Verfasser und Verfasserinnen noch der Verlag können für Angaben über Dosis und Wirkung Gewähr übernehmen. Es bleibt in der alleinigen Verantwortung der Leserinnen und Leser, diese Angaben einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen wird ausdrücklich hingewiesen.

Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung, des Vortrags, der Radio-und Fernsehsendung und der Verfilmung sowie jeder Art der fotomechanischen Wiedergabe, der Telefonübertragung und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und Verwendung in Computerprogrammen, auch auszugsweise, sind vorbehalten. Die Nutzung im Rahmen von Lehrveranstaltungen, Vorträgen und Publikationen ist auszugsweise unter Angabe der Quelle (Autoren und Autorinnen, Titel) erlaubt und erwünscht. Jede weitergehende Nutzung, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen bedarf der schriftlichen Genehmigung der Autoren und Autorinnen. (Anfrage unter [email protected])

© Bacopa Verlag

4521 Schiedlberg/Austria

Telefon: +43(0)7251-22235

E-Mail: [email protected], [email protected]

www.bacopa-verlag.at/ www.bacopa.at

Cover: Bia Grabner

E-Book Layout und Satz: Christiana König

ISBN 978-3-99114-080-1

1. Auflage 2024

Inhalt

IMPRESSUM

BESONDERS GERNE KOCHE ICH FÜR …

ZUM MENÜAUFBAU

TEIL I

1. APERITIF

DIESES BUCH IST FÜR …

2. GRUSS AUS DER KÜCHE

ZEIT FÜR EIN UMDENKEN

3. KALTE VORSPEISE

ÜBER KARMA UND WARUM DAS ESSEN SEINE UNSCHULD VERLOREN HAT

4. SUPPE

DIE SICHTWEISE DER TCM

5. WARME VORSPEISE

DIE LEBENSENERGIE QI

TEIL II

6. FISCH

DIE BESONDERHEITEN DER TCM

6.1. ENTREE CHAUDE & ENTREE FROIDE

DAS KARMA DER THERMISCHEN ENERGIE

6.1.1. KALT UND IMMER KÄLTER

6.1.2. KÜHL, ERFRISCHEND, HERRLICH

6.1.3. WARM IST NICHT LAU

6.1.4. HEISS, HEISSER, AM HEISSESTEN

6.1.5. WEIT MEHR ALS NUR NEUTRAL

6.2. SORBET

DAS KARMA DES GESCHMACKS

6.2.1 GIB IHM SAURES

6.2.2. KEIN BITTERER BEIGESCHMACK

6.2.3. DIE SACHE MIT DEM SÜSSEN ZAHN

6.2.4. DER SCHARFMACHER

6.2.5. EINE PRISE SALZ

6.3. FLEISCH & SALAT

DAS KARMA DER ZUBEREITUNG

TEIL III

7. KÄSEPLATTE

KOCHEN FÜR MEIN KARMA

7.1. DAS KARMA DER KALTNASEN

7.2. DAS KARMA DER DÖRRPFLAUMEN

7.3. DAS KARMA DER VAMPIRE

7.4. DAS KARMA DER FEUCHTGEBIETE

7.5. DAS KARMA DER HEISSBLUTE

7.6. DAS KARMA DER GÜRTELTIERE

TEIL IV

8. DESERT

DIE PSYCHOSOMATIK DES VERDAUUNGSTRAKTES

8.1. DAS KARMA DES MAGENS

8.2. DAS KARMA DER MILZ

8.3. DAS KARMA DES DÜNNDARMS

8.4. DAS KARMA DES DICKDARMS

9. SCHNAPS

ZUM VERDAUEN

Über den Autor und Mitwirkende

Weitere Werke von Mike Mandl im Bacopa Verlag

BESONDERS GERNE KOCHE ICH FÜR …

Malia, Phoenix, Ronja, Kirsten – meine Familie

Besonders genährt haben mich …

Linde, Klaus, Andrea – meine Stammfamilie.

Tomas Nelissen – der erst dann wirklich zufrieden war, als ich auch das letzte Reiskorn perfekt nach Yin und Yang gekocht habe.

Ina und Claude Diolosa – die mir die wunderbare Tiefe der TCM nähergebracht haben.

Meine Klientinnen und Klienten – durch deren Feedback ich ständig dazulernen durfte.

Ein Restaurant-Kritiker – der mir in den Hintern getreten hat, dieses Buch zu schreiben. Danke, Michael!

ZUM MENÜAUFBAU

Zuerst einmal vielen herzlichen Dank, dass Du dieses Buch gekauft hast. Das zeigt, dass Du ein Mensch bist, der gerne über den Tellerrand hinausblickt. Der Appetit auf mehr hat. Dieses Buch offeriert Dir ein Menü in zwölf Gängen: Es gibt also viel zu verdauen. Die Speisen sind aufeinander abgestimmt und entfalten ihren gedachten Charakter optimal, wenn ein Gang auf den nächsten folgt. Aber oft gelüstet es uns nach kleineren Häppchen, so zwischendurch. Auch das ist möglich. Denn das Buch ist in vier Teilen aufgebaut …

Teil I dient als Einleitung, um den Magen aufzuwärmen. Du bekommst fünf Gänge serviert, vom Aperitif bis zur warmen Vorspeise. Es geht um die Idee hinter diesem Buch: Warum Ernährung für uns von hoher Wichtigkeit ist. Es geht um eine Einführung in die Traditionelle Chinesische Medizin, um deren Denkweise, um die wichtigsten Grundlagen.

Teil II bringt Dir die Besonderheiten der TCM näher, zeigt, was sie so speziell macht und warum sie uns in Ernährungsfragen so ein wichtiges Werkzeug sein kann. Der Hauptgang, quasi. Der Teil mit dem dichtesten Nährstoffgehalt.

Teil III widmet sich Dir. Deinem Karma. Hier erfährst Du, welche Form der Ernährung Dich dabei unterstützen kann, fruchtbare Ursachen zu säen, die mit der Zeit reifen und ihre Wirkung entfalten können. Wie gut gereifter Käse. Teil III ist die Käseplatte.

Teil IV serviert Dir Dessert, Kaffee und Schnaps. Ein runder Abschluss ist erst dann gegeben, wenn wir uns nicht nur damit auseinandersetzen, wie Ernährung auf uns wirkt, sondern wie wir auf unsere Ernährung wirken. Wie wir verdauen. Es geht um die Psychosomatik der Verdauungsorgane.

TEIL I

1. APERITIF

„Man mag Menschen, die der Seele Nahrung zukommen lassen.“

- Elfriede Hablé

DIESES BUCH IST FÜR …

… alle, die es satthaben: die auf der Stelle treten, obwohl sie alles „richtig“ machen. Die zunehmen, obwohl sie abnehmen wollen. Die abnehmen, obwohl sie zunehmen wollen. Die ständig krank werden, obwohl sie ständig gesund essen. Denen dauernd kalt ist, obwohl sie immer warm essen. Die sich müde und erschöpft fühlen, obwohl sie sich täglich mit einem Sortiment an Vitalstoffen vollpumpen. Die die Nase gestrichen voll davon haben, mit dieser oder jener Diät oder dieser oder jener Empfehlung oder diesem oder jenem Geheimmittel zu scheitern.

… all jene, die Ernährung als kraftvolle und wirksame Möglichkeit sehen, um einen konstruktiven Einfluss auf das eigene Wohlbefinden auszuüben. Die diesen Weg gehen wollen, statt sich im mittlerweile undurchdringlichen Ernährungsdschungel zu verlaufen, bar jeglicher Lust auf neue Richtlinien, mit denen man sich erst recht im Kreis dreht und immer wieder zum selben Punkt zurückkehrt.

Alle diese Empfehlungen, Ratschläge und mitunter missionarisch wirkenden Weisungen haben ein gemeinsames Problem: Sie gehen am Kern der Sache vorbei. Denn zuerst muss man sich selber verstehen. Ja: Du stehst im Mittelpunkt. Aber: Wo stehst Du genau? Was sagt Dir Dein Körper? Was sagt Dir Dein gesundheitlicher Zustand? Was gibt es über Dich zu lernen? Das ist der eine Aspekt. Der andere: Man muss die Prinzipien ganzheitlicher Ernährung verstehen. Die ganzheitliche Ernährung ist keine Stangenware, sondern eine individuelle Herangehensweise. Fügst Du beide Komponenten zusammen, hast Du rasch und unkompliziert genau das Rezept in der Hand, das zu Dir passt.

Findest Du derart Inspiration für Deinen persönlichen Weg, dann brauchst Du nur noch den einen entscheidenden Schritt zu tätigen: den ersten. Diesen kann ich Dir nicht abnehmen. Aber Du wirst sofort spüren, ob es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Durch Dein Gefühl, durch Dein Gemüt, durch Deine Körpererfahrung. Und natürlich durch Deinen Bauch. Eine stimmige Veränderung Deiner Ernährungsweise bringt unmittelbar Leichtigkeit, Lebendigkeit und Freude. Bringt Energie. Bringt Gesundheit. Bringt Klarheit, Motivation und Selbstbewusstsein. Und ein spürbarer Schritt nach vorne macht Lust auf mehr!

… für alle, die Appetit auf mehr haben: Tauche ein in die Welt der TCM! Das Herz dieses faszinierenden Systems: die bildliche und leicht verständliche Darstellung von Zusammenhängen. Diese Zusammenhänge basieren auf natürlichen Prinzipien, die sich weit über den Tellerrand hinaus beobachten lassen. Gesundheit in der TCM bedeutet, in Übereinstimmung mit der eigenen inneren Natur wie auch in Übereinstimmung mit der äußeren Natur zu leben. Sich der eigenen Rhythmen und Zyklen bewusst zu werden. Sich der größeren Rhythmen und Zyklen des Lebens bewusst zu werden. Mit dem Verständnis um diese Dynamiken und die damit einhergehenden Zusammenhänge können wir diese konstruktiv aufeinander abstimmen: Das Resultat ist Harmonie. Und Harmonie ist nichts anderes als Gesundheit auf allen Ebenen. Körperlich, geistig, emotional.

Die Ernährungsprinzipien der TCM sind eigentlich Lebensprinzipien. Wir lernen also nicht nur über Lebensmittel und Kochen. Wir lernen über uns selbst und die wichtigsten Grundregeln des Seins an sich. Derart können wir eine spannende Entdeckungs- und Forschungsreise beginnen, die uns wachsen lässt, wachsen bis über uns selbst hinaus.

… für alle, die den Löffel selber in die Hand nehmen wollen: Einmal abgesehen von dem, was sich bei Dir auf dem Teller befindet: Wie schmeckt Dir Dein Leben? Ist es ein exquisites Fest mit mannigfaltigen Gaumenfreuden? Eine abenteuerliche Reise durch aufregende Geschmackswelten? Wählst Du nach Deinen Vorlieben? Kennst Du Deine Vorlieben? Oder lässt Du Dich vom Dasein lieber bedienen und nimmst das, was aufgetischt wird, auch wenn es ein wenig abwechslungsreicher Einheitsbrei ist, der zwar nährt, aber weder schmeckt noch satt macht? Lässt Du Dich widerstandslos mit dem gängigen Standardmenü abspeisen, weil es wenig Aufwand, Kreativität und Entscheidungsfreudigkeit benötigt? Bist Du auf so schnelle wie direkte Bedürfnisbefriedigung aus? Auf Fast Food? Im Job? In der Freizeit? Im Beziehungsleben? Was auch immer Du serviert bekommst: Herzlich willkommen! Das Restaurant Deiner Existenz hat geöffnet. 24 Stunden am Tag. Ein Leben lang. Was und wie Du isst, liegt allein in Deiner Hand. Was und wie Du lebst, liegt allein in Deiner Hand.

Gesundheit, Vitalität, glückliche Beziehungen sowie eine zufriedenstellende Lebensqualität sind kein Zufall. Sie sind das Resultat unseres eigenen Tuns, unserer Entscheidungen, unserer Ausrichtung. Im asiatischen Raum wird diesbezüglich gerne der Begriff Karma ins Spiel gebracht. Jede Ursache hat eine Wirkung. Jede Wirkung hat eine Ursache. Jede Handlung, so klein und unbedeutend sie erscheinen man, hat entsprechende Folgen in unserem Leben. Wir säen durch unser Tun beständig Samen. Samen beginnen zu keimen, wenn die Umstände passen. Manchmal geschieht dies schnell und direkt. Oft zeigen sich die Auswirkungen der gesäten Ursachen erst nach Jahren. In der Karma-Philosophie geht man davon aus, dass die von uns in Bezug auf überraschende Ereignisse oder unvorhersehbare Lebenswendungen verwendeten Begriffe wie „Glück“, „Zufall“ oder „Pech“ nur Bezeichnungen für Zusammenhangsketten sind, deren Gesetzmäßigkeiten und Verflechtungen wir noch nicht vollständig durchschaut haben.

Unsere Ernährung hat große Auswirkungen auf unseren Organismus, noch viel größere, als gemeinhin angenommen wird. Sie hat einen Einfluss auf unser Denken, auf unser Fühlen, auf unsere Zufriedenheit. Selbstverantwortung ist der Schlüssel zum Erfolg in wohl allen Lebensbereichen. Erfolg im Sinne von: sich selber folgen. Nimm aktiv und bewusst den Kochlöffel für Dein Leben in die Hand! Beginne in der Küche. Tu Dir etwas Gutes. Gehe auf Dich ein, auf Deine Bedürfnisse, auf Deine Ziele. Beobachte die Veränderungen. Genieße den Prozess. Du gestaltest Dein Menü. Du bestimmst den Kurs. Du setzt die Segel auf Deinem Boot und bist zugleich der Wind, der es vorwärtstreibt. Und dann lasse die Kreise größer werden. Immer größer. Bereite Dir nicht nur Deine Mahlzeiten nach dem Karma-Prinzip zu, sondern alle Aspekte Deines Lebens. Bis es Dir letztendlich so gut schmeckt, dass Du zugleich eine wohlige Sattheit und einen neugierigen Appetit verspürst. Ein Zustand, fast ein bisschen wie verliebt zu sein …

2. GRUSS AUS DER KÜCHE

„Weil Speis und Trank in dieser Welt doch Leib und Seel’ zusammenhält.“

- Heinrich Hinsch

ZEIT FÜR EIN UMDENKEN

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite erfreuen wir uns einer Hochleistungsmedizin, die in etlichen Aspekten im Grenzbereich zu Wundern agiert. Zahlreiche Krankheiten, die lange Zeit als unheilbar oder tödlich galten, können heute hervorragend therapiert werden. Komplexe Diagnoseverfahren ermöglichen die Früherkennung und die rechtzeitige Behandlung von vielen Leiden. Ganze Organe oder sogar Körperteile lassen sich mittlerweile hervorragend transplantieren. Gefährliche Seuchen werden schnell und effizient bekämpft. Die globale Kindersterblichkeit hat sich drastisch reduziert. Das sind nur einige wenige Beispiele aus dem breiten Spektrum an bemerkenswerten medizinischen Errungenschaften, für die wir sehr dankbar sein dürfen.

Auf der anderen Seite hat sich der allgemeine Gesundheitszustand der Gesellschaft kaum verbessert. Im Gegenteil: Mit dem Lebensstil in Verbindung stehende Beschwerden nehmen rasant zu. Die Anzahl der übergewichtigen Menschen hat sich in den letzten 40 Jahren beinahe verdoppelt, die der Fettleibigen sogar verdreifacht. Tendenz steigend. Wir sprechen hier von fast einem Viertel der Weltbevölkerung. Dazu zählen auch immer mehr Kinder und Jugendliche. Zu viel Zucker. Zu viel Fett. Zu viele Kalorien. Zu viel Stress. Zu wenig Bewegung. Diese ebenso unglückliche wie weitverbreitete Kombination schlägt sich nicht nur auf das Gewicht, sondern erhöht mit der Zeit das Risiko für schwerwiegende gesundheitliche Beschwerden erheblich. Dazu zählen Abnutzungserscheinungen des Bewegungsapparates, Allergien, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Schlaganfall, aber auch Krebs. Und dann natürlich der Formenkreis der Stoffwechselstörungen, allen voran Diabetes. Jede elfte Person ist bereits davon betroffen. Wir können hier ruhig von einer Pandemie erschreckenden Ausmaßes sprechen. Für viele Menschen bedeutet das eine massive Einbuße an Lebensqualität, wenn nicht sogar ein vorzeitiges Lebensende.

Dazu gesellen sich die durch die zahlreichen globalen wie regionalen Krisen hervorgerufenen Ängste und Depressionen. Die generellen Lebensumstände haben an Sicherheit und Stabilität verloren. Die Zukunft scheint nicht mehr rosig und vielversprechend, sondern komplex und tückisch. Klima. Kriege. Inflation. Das Resultat: Überforderungs- und Burnout-Zustände, Schlafstörungen, Immunitätsschwäche oder Suchtverhalten. Der emotionale und mentale Druck ist so groß geworden, dass er viele Menschen in die Knie zwingt. Abgesehen vom persönlichen Leid ergibt das Gemenge aus physischen und psychischen Problemen in Summe weitreichende Belastungen für das Gesundheitssystem, zeitlich, finanziell und personell. Während die medizinischen Herausforderungen munter steigen, brechen die so dringend benötigten Ressourcen immer mehr zusammen. Der aktuelle Status quo: Hoffnungslos überfüllte Arztpraxen, Engpässe bei diversen Arzneien, ein großer Mangel an Pflegepersonal, oft monatelanges Warten auf einen Operationstermin oder unzureichende Therapieerfolge, ganz einfach, weil suboptimale Arbeitsbedingungen und extrem hohe Belastungsintensitäten nicht immer die Aufmerksamkeit und Sorgfalt ermöglichen, derer individuelle Fragestellungen bedürfen. Und ein immer höherer Anteil der Kosten wird auf die Patientinnen und Patienten abgewälzt.

Dabei wäre die Sache an sich nicht so schwer, sieht man davon ab, dass diese einfachen Maßnahmen vielfach unserem Lebensstil komplett entgegenstehen, was natürlich einen Großteil des Problems ausmacht: Mehr körperliche Aktivität in Verbindung mit bewusster Stressreduktion sowie einer gesunden, ausgewogenen Ernährung und wir haben alle Zutaten beisammen, um einen großen Teil der Zivilisationskrankheiten zu vermeiden, zu lindern oder gar zu heilen. Aber warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht? In vielen Fällen wird mit Minimaldiagnosen und einem Arsenal an Medikamenten versucht, die aus dem Ruder geratenen Zustände des Leibes und der Seele zumindest so weit zu stabilisieren, dass keine Verschlechterung eintritt. Dabei werden primär die Symptome adressiert, die wahren Ursachen jedoch nicht, wie eben der Lebensstil. Für nicht wenige Personen heißt es daher: Willkommen im Club der chronischen Krankheiten! Die Pharmaindustrie freut sich über die steigende Zahl an Dauerkundschaften. Das ist nicht böse gemeint. Das ist die Realität. Es braucht ein Umdenken, einen Paradigmenwechsel.

Gesundheit neu betrachten

Es ist höchste Zeit, das gesamte Thema Gesundheit neu zu betrachten. Es ist höchste Zeit, anderen Medizinsystemen die Chance zu geben, ihren Beitrag zu leisten. Geht es um Prävention, den Erhalt von Gesundheit und nachhaltige Behandlungszugänge, dann bieten gerade die Methoden, die gerne als „alternativ“ oder „komplementär“ bezeichnet werden, einen wunderbaren Wissens- und Erfahrungsschatz, der uns dabei unterstützen kann, mehr Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit in Bezug auf unsere Vitalität, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Lebensfreude zu erlangen. Mit simplen Mitteln, die ihre Effektivität in der Praxis des Alltags bewiesen haben. Mit simplen Maßnahmen, die jede Person umsetzen kann: Warum kompliziert, wenn’s auch einfach gehen kann? In unserer äußert vielschichtig gewordenen Welt haben wir jedoch den Wert und die Kraft der Einfachheit verloren. Das ist schade. Denn mit einem klaren, nachvollziehbaren und natürlichen Zugang zur Gesundheit haben wir den größten Hebel in der Hand, um gesellschaftlich das Gesundheitssystem zu entlasten und individuell eine neue Form von Wohlbefinden zu erlangen. Dieses Buch will Dich dazu animieren, den Kochlöffel für Dein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Ich möchte Dir das Thema Ernährung aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ans Herz legen. Warum? Wir kommen nicht immer dazu, ein ausreichendes Maß an Bewegung zu absolvieren. Oft fehlen Raum und Möglichkeiten, um zu entspannen, um sich zu erholen. Oft machen es die diversen Herausforderungen des Lebens schwer, Leichtigkeit im Tun und Zufriedenheit im Sein zu finden. Aber wie dicht die Lebensumstände auch sein mögen: Wir alle essen täglich, mehrmals täglich: Ernährung ist neben dem Schlaf die größte Konstante in unserem Leben. Und das, was wir zu uns nehmen, hat einen großen Einfluss auf unseren gesamten Organismus. Es macht Sinn, sich fundiert mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Und die TCM hat aufgrund ihrer umfassenden Erfahrung und Expertise in Summe das beste Konzept abgeliefert, was die Zusammenhänge zwischen Ernährung und physischer wie psychischer Gesundheit betrifft. Sie wurde nicht in sterilen Laboren auf Basis von pauschalen Daten konstruiert. Sie basiert nicht auf individuellen Erfolgserlebnissen, die bauschig zur besten Diät aller Zeiten aufgeblasen werden. Die TCM ist kein kurzweiliger Trend, keine Modeerscheinung und auch kein Marketingkonstrukt findiger Großunternehmen. Sie hat etwas, das den meisten modernen Ernährungsempfehlungen fehlt: Sie hat den Test der Zeit bestanden und sie hat sich im klinischen Umfeld bewährt. Kurzum: Sie wirkt! Direkt und aus dem Bauch heraus.

Die Empfehlungen der TCM werden seit vielen hunderten Jahren erfolgreich zur Vorbeugung und zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt, zu Hause, in der kleinen Garküche ums Eck oder in Spitälern mit wahrhaft chinesischen Ausmaßen. Fortdauer und Wirksamkeit sind Faktoren, die als deutlich haltbarer betrachtet werden können als viele Studien, die oft nur eine kurze Halbwertszeit besitzen und rasch von neueren Erkenntnissen abgelöst werden. Zudem gibt es in der TCM weder strikte Verbote noch rigide Empfehlungen. Vielmehr ermöglicht uns der Zugang der TCM einen lehrreichen und tiefen Einblick in die Verflechtungen von Gesundheit, Ernährungsgewohnheiten und Verhaltensweisen. Eine Auseinandersetzung mit der TCM ist daher immer auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst und dem großen Ganzen: eine Auseinandersetzung mit dem Leben. Sie basiert auf universellen, natürlichen und leicht nachvollziehbaren Prinzipien, die sich in allen Phänomenen spiegeln. Verstehen wir diese Prinzipien, können wir sie bewusst für unsere Wünsche und Ziele einsetzen.

Ich möchte Dich einladen: Tauche ein in die faszinierende Welt der TCM! Lass Dich ein, lass Dich überraschen und inspirieren! In dem reichhaltigen Menü-Angebot wirst Du sicher Anregungen finden, die Dir auf den Leib geschneidert sind. Guten Appetit!

Mike Mandl

3. KALTE VORSPEISE

„Sage mir, wie du isst, und ich sage dir, wer du bist.“

- Jean Anthelme Brillat-Savarin

ÜBER KARMA UND WARUM DAS ESSEN SEINE UNSCHULD VERLOREN HAT

Karma: Das ist das Gesetz von Ursache und Wirkung.

À la carte: Das ist die individuelle Zusammenstellung von Speisen aus der Speisekarte.

Karma à la carte: Das ist die bewusste Entscheidung, sich in der eigenen Küche genau jene Gerichte zuzubereiten, die nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist und der Seele guttun. Die nicht nur für Gesundheit, sondern auch für ein ausgeglichenes Gemüt, Klarheit und Fokus sorgen. Die satt machen, auf allen Ebenen des Seins. Die uns helfen, unser individuelles Potenzial zu entfalten und uns immer mehr zu dem Menschen werden lassen, der wir sein könnten. Denn: Du bist, was Du isst. Darum geht es in diesem Buch, das …

… kein klassisches Ernährungsbuch ist, obwohl es um Ernährung geht.

… kein klassisches Kochbuch ist, obwohl das Kochen im Mittelpunkt steht.

… keine neue Wunder-Diät propagiert, obwohl es um kleine wie große Wunder geht.

Dieses Buch ist ein Lebenskochbuch. Oder ein Kochlebensbuch. Auf jeden Fall ist es ein Buch mit einer Geschichte. Mit 17 Jahren habe ich Yoga für mich entdeckt. Unmittelbar darauf Meditation. Mit 20 Jahren organisierte ich meine erste offizielle Fastenwoche, weil der reine Geist ja auch einen reinen Körper als Zuhause haben will und was für mich galt, sicher auch für andere gelten würde. Mein missionarisches Geltungsbedürfnis war damals genauso groß wie meine Selbstüberschätzung, sprich Erleuchtung und Gesundheit nicht nur für mich, sondern gleich für alle. Eine klare Sache. Es gab nur einen winzigen Aspekt, der gegen den vollen Erfolg dieses Vorhabens sprach: Ich selber hatte bis dato keinerlei Fastenerfahrung. Um die Materie trotzdem halbwegs glaubwürdig vor den zahlreichen Teilnehmenden vertreten zu können, gab es für mich nur eine Möglichkeit: Ich musste die Nahrung noch vor Beginn der Fastenwoche einstellen. Ein Erfahrungsvorsprung von gerade mal zwei Wochen erschien meinem damals maßlos übersteigerten Ego mehr als ausreichend, um genügend authentische Fachkompetenz an den Tag zu legen und andere Personen professionell durch den vollen Prozess der Fastenerfahrung zu begleiten.

In Summe aß ich also 21 Tage nichts. Denn meine Interpretation von Fasten war natürlich puristisch angelegt. Eine kleine tägliche Ration an klarer Gemüsebrühe musste reichen, denn Fasten ist Verzicht und wenn schon Verzicht, dann möglichst ohne Kompromisse. Das stärkt den Geist. Dachte ich. Das stärkt die Seele. Dachte ich. Das schwächt den Körper. Fühlte ich. Ich verlor bei diesem Projekt nicht nur etliche Kilos, sondern immer wieder auch die Nerven, weil ich ja schließlich in der letzten dieser drei Wochen eine Gruppe von zwölf Personen zu betreuen hatte, die, so wie ich, noch nie gefastet hatten und mir daher mit vielen Fragen und Anliegen und Befindlichkeiten und Problemen den Bauch löcherten, der so oder so schon so leer war wie ein schwarzes Loch mit Liebeskummer. Ein herausfordernder Lernprozess mit einer klaren Erkenntnis: Ich nahm mir vor, Vorhaben wie dieses in Zukunft einen Hauch professioneller anzugehen.

Es ging um Heilung

Das alles geschah auf unserer Farm, einer Posthippie-Selbstversorgerkommune mitten in den Bergen, die ich mit ein paar Freunden betrieb, weil wir der Meinung waren, dass schließlich nur die Karotte etwas kann, die man mit eigenen Händen weitab böser Umwelteinflüsse groß- und schließlich aus der Erde gezogen hat. Irgendwann – vielleicht auch aufgrund meiner traumatischen Erfahrungen mit der Fastenwoche – hatte ich jedoch genug vom Karotten-aus-der-Erde-Ziehen und ging in die große weite Stadt, um Menschen zu heilen, denn das versprach mehr Karma-Bonuspunkte als das Umarmen von Bäumen oder das Streicheln von Salatblättern, und unterm Strich war ich ein Karma-Junkie. Ich wollte in die Oberliga der Weisen, wollte zum Licht, wollte das ultimative Erwachen, die Einheit mit dem Universum, und gutes Karma, so die Auffassung derer, denen ich damals Glauben schenkte, war der ultimative Turbo auf dem Weg ins Nirwana.

Ich zog von einem der idyllischsten und ruhigsten Flecken Österreichs direkt nach Wien, hatte weder Wohnung noch Arbeit noch Geld, meldete mich aber gleich nach der Ankunft für eine Shiatsu-Ausbildung an, um möglichst bald mit dem Heilen anfangen zu können. Das war meine damalige Interpretation davon, Dinge „professioneller anzugehen“. Natürlich schrieb ich mich in der Schule mit dem strengsten Ruf ein, in der Hara-Shiatsu-Schule von Tomas Nelissen, einem Holländer, der lange in Japan gelebt und nicht nur Shiatsu, den weißen Rettich und die Kunst der Sojaverarbeitung nach Europa gebracht hatte, sondern auch die Nachwehen der Makrobiotik-Bewegung, einer streng exekutierten Ernährungsrichtlinie mit fast schon religiösem Charakter: Der tägliche Vollkornreis war unser Gebet, die tägliche Misosuppe unsere Absolution. Zucker war tabu. Kaffee war tabu. Kaffee mit Zucker war so was von tabu, und ein gezuckerter Milchkaffee ein nicht unwahrscheinlicher Grund, um hochkant aus der Ausbildung zu fliegen. Ich blieb konsequent – auch wenn Wien als Hochburg der Kaffeekultur galt – und Shiatsu wurde schließlich zu meinem Beruf.

Das Reisdiktat in der Kaffeehochburg

Shiatsu ist eine Massageform, die auf dem Meridiansystem der TCM beruht. Es wird mit den Händen am Körper gearbeitet, um ein Gleichgewicht im Energiesystem herzustellen. „Unser“ Shiatsu fand jedoch nicht nur im Behandlungszimmer statt. Es ging erst in der Küche richtig los. Meine Klientinnen und Klienten bekamen ausnahmslos folgende Empfehlung mit: keinen Zucker, keine Milch, keinen Kaffee. Dafür Vollkornreis, den runden natürlich und selbstverständlich richtig gekocht im Druckkochtopf, sonst wird die Sache viel zu Yin, quasi schleichendes Todesurteil. Und dazu Miso. Abwechslung in diese monochrome Ernährungsbasis brachten Algen. Die waren immerhin schwarz, schmeckten nach brackigem Meerwasser und sorgten somit für einen fröhlichen Farbklecks und Geschmacksvielfalt in dem ansonsten wenig aufregenden Standardmenü.

Die Begeisterung war groß. Bei mir. Nicht jedoch bei meinen Klient:innen. Aber es ging ja nicht um Begeisterung. Es ging um Heilung. Es ging um Gesundheit. Das war ein ernst zu nehmendes Geschäft und mit mir war nicht zu spaßen. Weil dauernd Reis und Miso und Algen, das hält dich vielleicht fit und gesund, aber sicher nicht bei Laune.

Nach hunderten, teils sehr frustrierenden Versuchen, das Reisdiktat sowie das Kaffeeverbot in Wien flächendeckend salonfähig zu machen, flüchtete ich gedemütigt von Japan in das Reich der Mitte und suchte Trost im Ernährungskonzept der Traditionellen Chinesischen Medizin. Weil die TCM sah das alles ein bisschen lockerer; da war mehr erlaubt und weniger verboten. Da ging es darum, die Ernährung auf die individuelle Konstitution abzustimmen. Gut, das ist auch die Essenz der Makrobiotik. Aber während sich in der Makrobiotik alles um Yin und Yang dreht, stehen in der TCM die Fünf Elemente im Mittelpunkt. Man kann das auch so sehen: Fernsehen mit zwei Programmen in Schwarz und Weiß. Oder Fernsehen mit fünf Programmen und in Farbe. Es ging nicht mehr nur um Reis und Miso. Hirse, Polenta, Grünkern und Co bekamen ihren Platz auf dem Speiseplan. Dazu mehr Gemüse, mehr Obst, mehr Kräuter, mehr Gewürze. Es wurde bunter. Es wurde vielfältiger.

Die Ernährung nach den Fünf Elementen begleitete mich schließlich etliche Jahre. Dazu absolvierte ich, inspiriert von ihrer Philosophie, neben meiner Arbeit als Shiatsu-Therapeut ein Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin, Aufenthalte in China inklusive. Diese waren eine Herausforderung. Warum? Nun, schon lange, bevor der Begriff vegan salonfähig wurde und sich veganes Wasser neben veganen Nüssen und veganem Gemüse zu weit überteuerten Preisen in den Supermarktregalen einreihte, ernährte ich mich ausschließlich pflanzlich, des Karmas wegen, weil am Töten von Lebewesen auch nur indirekt beteiligt zu sein, knabberte in meiner kleinen Mike-Welt unnötig am Karma-Bonus, den ich immer noch unermüdlich aufzubessern versuchte. Und dann wirst du rund um die Uhr zum Essen eingeladen. Gastfreundschaft. Verbindungen knüpfen. Es wäre sehr unhöflich gewesen, das, was serviert wurde, zu verschmähen. Nur Personen mit einem großen Appetit werden hier wirklich ernst genommen. So ist das nun mal in China. Die Devise lautete daher: lächeln und schlingen. Und in Bezug auf die servierten Speisen nur dann fragen, wenn man die Antworten auch verdauen kann. Denn nicht immer ist es bekömmlich zu wissen, welcher Teil von welchem Tier sich da nun gerade am Teller befindet. Darmzotten vom Hund? Oder doch die Nieren von der Schildkröte?

Um es kurz zu machen: Es waren interessante Erfahrungen, die mich abermals zum Umdenken brachten, denn die TCM ist, was das Karma betrifft, nicht so pragmatisch und Tierprodukte zählen zur Fünf-Elemente-Ernährung, auch wenn ich diesen Aspekt lange Zeit für mich anders interpretiert habe. Plötzlich fanden sich also wieder Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte auf meinem Teller, vor allem Käse. Zugegeben: Den hatte ich schon sehr vermisst. Wobei ich an dieser Stelle einfügen möchte: Tierprodukte als Beilage, kleine Mengen, mit bedachtem Einsatz. Meinem Körper ging es überraschenderweise gut damit. Sehr gut sogar. Nur die Seele litt, denn sie fürchtete, vom Bonus in den Malus zu rutschen, sprich in der nächsten Inkarnation ein Leben als Wurm in einer Betonwüste, die von ausgehungerten Vögeln bevölkert wird. Diese düsteren Zukunftsaussichten nagten in meinem Inneren bis hin zum Magengeschwür, und irgendwann erreichte ich einen für mich entscheidenden Punkt: loslassen. Loslassen und einfach neugierig sein, denn auch ohne Erleuchtung kann man sein Leben spannenden Fragen widmen. Diese wären: Was ist Gesundheit? Was hat es wirklich auf sich mit der Ernährung?

Willkommen im Ernährungsdschungel

Gesundheit ist viel weniger ein Ziel oder eine Gegebenheit als vielmehr ein dynamischer, sich ständig verändernder Zustand auf den Ebenen von Körper, Geist und Seele, den wir tagtäglich beeinflussen und neu zu balancieren haben, damit ein harmonisches Gleichgewicht aufrechterhalten bleibt: Durch das, was wir tun. Durch das, was wir denken. Durch das, was wir fühlen. Durch das, was wir essen. Und nachdem Ernährung eine der ganz großen Konstanten in unserem Leben ist, nachdem wir täglich einmal, zweimal, dreimal oder öfters essen, haben wir hier einen ganz besonderen Hebel zur Hand, um unser Körper-Geist-System nach unseren Vorstellungen zu beeinflussen. Manche sprechen sogar vom Königsweg zur Gesundheit. Und der Mund ist das Tor dazu. Das mag stimmen. Nur: Wie sieht dieser Weg aus?

Denn: Es gibt die Karnivoren-Diät, die ausschließlich tierische Produkte erlaubt. Gegessen wird alles, was irgendwann einmal gelaufen, geflogen oder geschwommen ist. Und natürlich gibt es Studien, die besagen, dass es sich hierbei um die ultimative Ernährungsform handelt, um stark, vital und frei von Krankheiten zu bleiben. Dem gegenüber stehen die Rohkost-Veganen, die auf nicht gekochte und nicht verarbeitete Pflanzenkost setzen und mit ihren Studien ebenfalls den ersten Platz im Ernährungsolymp für sich beanspruchen. Dann gibt es die, die nur eine oder zwei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen, weil der Prozess der mit dem Nobelpreis vernobelten Autophagie umso mehr Fahrt aufnimmt, je länger sich der Zeitraum gestaltet, in dem nichts gegessen wird, mindestens jedoch sechzehn Stunden, besser natürlich achtzehn. Erlaubt ist dafür mehr oder weniger alles. Oder sollten wir doch lieber mehrere kleinere, über den Tag verteilte Mahlzeiten zu uns nehmen? Dazu mindestens zwei Liter Wasser, egal ob man nun durstig ist oder nicht. Und wenn wir schon von Flüssigkeiten sprechen: Auch der grüne Babybrei für Erwachsene – gemeinhin Smoothies genannt – hat sich als wahres Wundermittel etabliert. Und wie ist das eigentlich mit dem Fett? Ist es nun gut oder böse? Das kann man so nicht beantworten. Trotzdem werden wir mit einer Fülle an fettarmen, aber zuckerreichen Lebensmitteln überschwemmt. Gegen die Auswirkungen kämpfen wir wiederum an. Aber wie? Mit einer Ananaskur oder dem Apfelessigfasten? Mit Kartoffeldiät oder Kohlsuppe? Mit der Mayr-Kur oder der Mayo-Diät? Nahrungsreduktion nach Blutgruppen oder nach Sternzeichen? Oder mit den neuerdings so populären Medikamenten, die den Appetit zügeln?

Apropos Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate: Die Trennkost trennt. Die Mischkost mischt. Die Feinkost kostet. Unsere Zahnanordnung muss in Diskussionen als Rechtfertigung für dieses oder jenes herhalten, wie auch unsere Darmlänge. Das Volk der Hunzukuc wird in Bezug auf Ernährungsfragen genauso beschworen wie das sardische Dorf Perdasdefogu, in dem es prozentuell mehr Hundertjährige gibt als irgendwo sonst. Und wer nicht der Tradition glauben will, findet Zuflucht in der Supplementation: Ein Arsenal an Mikronährstoffen für die Knochen, die Nerven, die Immunität, die Leistungsfähigkeit, die Libido, die Konzentration, die Muskeln, die Haut, den Schlaf und die Verdauung wird täglich aufs Milligramm genau abgestimmt eingenommen, und wer nicht mindestens ein Vitalpilzkonzentrat oder ein sonstiges Zaubermittel konsumiert, das irgendwo auf der Welt in einer möglichst abgelegenen Gegend bei einem möglichst unbekannten Stamm möglichst Magisches zu vollbringen vermag, hat so oder so verloren. Und wem das alles noch nicht exotisch genug ist: Es geht auch ganz ohne. Die Lichtnahrung verweigert jegliche Nahrungszufuhr, außer eben Licht. Das soll die Schwingungsfrequenz in kürzester Zeit erhöhen.

Neben der erstaunlichen Vielfalt an unterschiedlichen Zugängen gibt es zahlreiche Mythen, die sich so hartnäckig in unseren Gehirnwindungen festgesetzt haben, dass wir sie wohl nie ganz daraus entfernen werden können. Spinat ist gut für den Eisenhaushalt. Schokolade macht Akne. Nüsse sollte man meiden, wegen des Cholesterins. Milch sollte man trinken, wegen des Kalziums. Nach dem Essen darf man eine Stunde lang nicht schwimmen gehen. Kurz: Der Ernährungsdschungel ist übersättigt mit einander widersprechenden oder skurrilen Empfehlungen, mit längst überholten Legenden und einem wissenschaftlichen Status quo mit geringer Halbwertszeit.

Der Königsweg auf Abwegen