Dunkelwelt der Anderen 1 - Emily Blake - E-Book

Dunkelwelt der Anderen 1 E-Book

Emily Blake

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Beschreibung

Sie schloss die Türe hinter mir und winkte mir durchs Fenster zu, so lange, bis ich um die Ecke gebogen und aus ihrer Sichtweite war. Die Straßen waren bereits gut gefüllt. Geschäftige Menschen huschten von Ecke zu Ecke und kamen ihren Tätigkeiten nach – sie liefen ins Büro und kamen ihrer Arbeit nach. Regenschirme begleiteten sie durch den diesigen Maimorgen. Die Regentropfen waren fein und liefen in den Kragen meiner Jacke hinein, was mich zum Schaudern brachte. Seichter Nebel lag über den Ampeln und den Wagen, die am Straßenrand Halt gefunden hatten. Die Geschäfte wurden gerade geöffnet. Man hörte das Rattern der Rollläden und das kreischende Seufzen von Schlössern, die aufgeschlossen wurden. Der Asphalt und die ihn umwindenden Wege waren trübselig grau. Alles wirkte leblos, trostlos, müde und unheimlich verloren. Eine Ruine inmitten der Menschenmassen, doch die Menschen hatten dafür wohl kein Auge. Sie waren zu beschäftigt oder wollten aus dem Regen raus, der spürbar stärker wurde. Bereits nach wenigen Metern war ich bis auf die Haut nass und bereute es, keinen Schirm eingepackt zu haben. Den Weg zurück wollte ich nicht gehen – es waren nur wenige hundert Meter bis zum Büro, weswegen ich zügigen Schrittes weitereilte. Dem Café auf der anderen Seite der Straße warf ich keinen Blick zu – Miquel müsste arbeiten, dennoch würde er sich auf einen Plausch einlassen, wenn man ihm die Möglichkeit dafür ließ. In diesem Moment hatte ich keine Zeit dafür. Bei der Rückfahrt, das beschloss ich, würde ich vielleicht einmal vorbeischauen und ihm einen guten Tag wünschen. Vielleicht würde ich ihn auch fragen, wie er dazu kam, den Schrott seines Cousins seinem besten Freund anzupreisen. Ich vergrub die Hände tiefer in den Taschen meines Trenchcoats. Als ich schließlich an dem Eckhaus an der Straße angelangte, atmete ich erleichtert auf.

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Dunkelwelt der Anderen

Die Jäger der Finsternis

Band 1

IM BANNDER VAMPIRE

von

Dunkelwelt der Anderen

Die Jäger der Finsternis

Herausgeber: ROMANTRUHE-Buchversand.

Cover: Romantruhe.

Satz und Konvertierung:

ROMANTRUHE-BUCHVERSAND.

© 2016 Romantruhe.

Alle Rechte vorbehalten.

Die Personen und Begebenheiten der

Romanhandlung sind frei erfunden;

Ähnlichkeiten mit lebenden oder

verstorbenen Personen sowie mit tatsächlichen

Ereignissen sind unbeabsichtigt.

Abdruck, auch auszugsweise,

Vervielfältigung und Reproduktion sowie

Speichern auf digitalen Medien zum

Zwecke der Veräußerung sind untersagt.

Internet: www.romantruhe.de

Kontakt: [email protected]

Produced in Germany.

Man hatte der Welt Stillschweigen aufgetragen. Unter all dem Lärm und dem Rummel der Zeit hatte man die alten Mythen und spirituellen Dinge vergessen oder auch nur tief in seinem Gedächtnis begraben. Die Welt war dunkler geworden als sie es jemals gewesen war, das sahen auch die Kreaturen, die im Dunkeln der Nacht nur darauf warteten, sich aus dem Schatten zu erheben und endlich wieder die alten Zeiten aufleben zu lassen, in denen Adams Söhne und Evas Töchter noch Sklaven waren.

Man sehnte sich nach längst vergangenen Jahrtausenden, die nichts mit dem Glanz dessen zu tun hatten, den die Welt heute simulierte. Der wahre Glanz war bereits erloschen. Doch das Böse hatte noch nicht triumphiert – noch gab es die Anderen, die sich gegen sie auflehnten. Und solange der Satan nicht endlich seinen Leib zur Ruhe gelegt hätte, so lange würden es auch Gottes Diener nicht tun.

Kapitel 1

Drei Wochen zuvor

Das piekfeine Restaurant hatte Fabienne bereits irritiert, als sie eingetreten war. Ich hatte es an ihrem Gesicht gesehen, wie die Nase leicht gezuckt hatte – ein sicheres Indiz der Verwunderung.

Ihr schlanker Körper steckte in ihrem besten Satinkleid – es war schwarz und ging bis zum Boden, der Ausschnitt versprach viel, aber er war nicht zu verräterisch. Die Kette, die sie um den Hals trug, war aus Silber. Das teuerste Geschenk, welches ich ihr jemals gemacht hatte, und sie trug es mit Stolz. Die roten Haare hatte sie zu einem Dutt hochgesteckt, das Gesicht war mit sanften Tönen geschminkt.

Fabienne war eine Frau mit Prinzipien, sodass sie es sich nicht hatte nehmen lassen – trotz empörter Blicke seitens so einiger Mitmenschen und dem verpönten Getuschel – auf die hohen Schuhe zu verzichten und stattdessen dunkle Turnschuhe anzuziehen. Zugegebenermaßen mochte dies subtil erscheinen, doch sie versicherte mir, mit herzlichem Lächeln, dass es auch für meine Wenigkeit von Vorteil wäre, würde sie nach dem Besuch nicht die hohen Schuhe abstreifen und gnadenlos zu jammern beginnen. Und da mir kein Argument dagegen eingefallen war und ich ein Mann ohne jedwede sadistischen Züge war, hatte ich es dabei belassen.

Wir bekamen einen Tisch in der Ecke links, hinter einem Aquarium, welches etwas wie Privatsphäre versprach. Der Tisch war, ebenso wie alle anderen Tische, hübsch anzusehen. Das Weiß der Tischdecke dominierte mit dem Rot der Kerze und dem Braun des Brotkorbes, der schon jetzt mit dicken Scheiben Weißbrot gefüllt war.

»Kann ich Ihnen bereits etwas zu trinken bringen?«

Ich bestellte Rotwein, der Kellner lächelte, dann waren wir alleine. Fabienne strich mit der flachen Hand über das glatte Tischtuch.

»Ziemlich edel«, bemerkte sie mit einem kecken Lächeln auf den Lippen. »Es passt gar nicht zu dir, so ein Lokal auszusuchen. Was hast du angestellt?«

Die blauen Augen erhoben sich und fixierten mich spöttisch, wobei eine ihrer Hände zu der Kette wanderte, um sachte damit zu spielen.

Ich räusperte mich.

»Darf man seine Freundin nicht einmal auf ein romantisches Abendessen ausführen, ohne dass einem gleich etwas vorgeworfen wird?«

Der Blick wurde intensiver. Die Lippen verzogen sich zu einem verschmitzten Lächeln.

»Mein Lieber«, sagte sie, dann griff ihre freie Hand nach der meinen.

»Wenn man fünf Jahre zusammen ist und mehr als die Hälfte davon miteinander gelebt hat, dann kennt man sein Gegenüber durchaus ganz gut und lass mich dir sagen, dass du garantiert nicht zu denen gehörst, die ihre Frau einfach nur so zu einem Abendessen einlädt, nicht in so einen Laden.«

»Ach?« Ich schmunzelte. »Und wieso nicht?«

»Weil du selbst zu unserem fünften Jahrestag einen Kinoabend mit anschließenden Besuch in Miquels Laden vorgeschlagen hast, mit der Begründung, dass Miquels Nudeln doch die besten der Stadt seien.«

»Das sind sie doch auch.«

Das Thema wurde fallen gelassen, stattdessen wurde ich weiterhin angesehen. Fabiennes Blick verriet, dass sie sich nicht einfach durch einen Themenwechsel abschütteln ließe. Sie war zu klug, als dass sie auf diesen Trick hineinfiele. Schließlich seufzte ich und hob die Schultern an.

»Eigentlich wollte ich bis zur Hauptspeise warten, aber ich schätze, das kann ich jetzt vergessen, nicht wahr?«

Fabienne lachte auf. Die kreisende Bewegung der spielenden Hand endete, beide legte sie nunmehr flach vor sich auf den Tisch.

Sie wartete.

»Fabienne…«, begann ich, doch der Kellner unterbrach mich und stellte uns die Weingläser hin.

Sie schimmerten im edlen Kristall und wirkten nahezu als würden sie Blut umfassen.

Doch Fabienne achtete nicht darauf. Weder auf die schöne Farbe, noch auf das im Licht glitzernde Kristall.

»Ja?«, drängte sie mich stattdessen, fortzufahren, doch ich zögerte.

Am besten du tust es schnell, als würdest du ein Pflaster abreißen, hatte Miquel zu mir gesagt. Eigentlich hatte ich auf den hitzköpfigen Spanier hören wollen, doch nun, wo es soweit war, entkamen mir die Worte nur wie klebriger, zähflüssiger Honig.

»Fabienne«, begann ich vom Neuen, wobei ich beinahe hoffte, dass die Bedienung noch einmal zurückkehren und uns erneut stören würde. Doch den Gefallen tat sie mir nicht.

»Du weißt, dass ich dich liebe und unglaublich schätze. Die letzten fünf Jahre mit dir waren die Schönsten, die ich in meinem ganzen Leben hatte haben dürfen und… nun, wie gesagt, ich schätze dich. Nicht nur als Frau, sondern auch als meine beste Freundin. Aber es gibt Dinge, wo ich mir sicher bin, dass du mich einfach nicht verstehst. Das soll kein Vorwurf sein, wirklich nicht. Aber es ist schon lange mein Traum und …«

»Du hast dieses hässliche Büro gekauft«, unterbrach Fabienne mich, wobei ihre Stimme sich nicht die Mühe machte, auch nur ein Stück weit nach oben zu schießen. Nur ihre Augenbrauen zuckten leicht. »Dieses hässliche, alte Gebäude, welches man zum Wucherpreis abstoßen wollte? Oh, Jesper. Dafür, dass du das Böse in den Menschen kennen müsstest, bist du manchmal viel zu naiv und gutgläubig. Vielleicht bist du aber auch nur ein Sturkopf. Die alte Bruchbude ist ihr Geld doch gar nicht wert.«

Ich verzog das Gesicht.

»Es ist ein kleines Projekt, Fabienne«, erwiderte ich bloß, wobei ich zusah, wie sie nach dem Glas griff und einen Schluck nahm. Spuren des Lippenstiftes blieben zurück.

»Und es geht doch gar nicht um das Büro. Aber ich habe so lange geträumt, mich endlich selbstständig zu machen und meine eigene Detektei zu eröffnen. Und ein anderes Büro könnte ich mir derweil nicht leisten.«

Fabienne musterte mich mit kajalumrandeten Augen.

Eine Weile saß sie einfach nur da, dann griff sie nach einer Scheibe Brot und biss davon ab. Erst als sie gekaut und geschluckt hatte, sprach sie weiter.

»Du weißt, dass ich dich bei Allem unterstütze«, sagte sie. »Aber, dass du das Büro einfach hinter meinem Rücken gekauft hast, das gefällt mir nicht, nur damit du es weißt. Es ist alt und ranzig und wird deinem Ruf mehr schaden als alles andere. Es gibt viel zu tun, ehe du damit an die Öffentlichkeit gehen kannst. Immerhin willst du doch deine potentiellen Kunden nicht verschrecken, oder etwa doch?«

Ich musste lachen.

»Nein, natürlich nicht. Ich habe beschlossen, vorher zu renovieren. Und was die Möbel betrifft, wird es gar nicht mal so teuer. Miquel hat einen Bruder, der will sein altes Büro auflösen. Er würde mir das Mobiliar ganz billig überlassen.«

Fabienne trank noch einen Schluck, dann griff sie nach der Speisekarte. Einen Moment verschwand ihr Gesicht hinter dieser, als müsste sie einen Moment nachdenken. Ich ließ ihr den Augenblick. Durch das Aquarium, in dem sich kleine, bunte Fische tummelten, beobachtete ich die anderen Gäste. Einige lachten, die meisten von ihnen redeten mit gesenkter Stimme. Ich hörte nicht, was sie sagten, aber einige verrieten durch ihre Gesten, was sie vielleicht denken mochten.

Die Kellner rannten geschäftig umher und servierten Getränke und Speisen.

»Ich bin deine Freundin, um dich zu unterstützen«, wiederholte sie, ehe sich wieder das altbekannte Lächeln auf ihre Lippen legte. »Du weißt, dass ich dich lieber im Innendienst der Polizei als im Außendienst als Detektiv sehen würde. Und dann auch noch selbstständig. Aber ich weiß auch, dass dir das nicht genügen würde. Ich will doch nur, dass du solche Dinge mit mir absprichst. Und… oh. Ich verlange eine Entschädigung.«

Ein schlechtes Gefühl kam in mir auf. Eine Entschädigung, das klang nicht unbedingt gut. Kritisch beäugte ich sie, in der Hoffnung, die Lösung der unausgesprochenen Frage in ihrem Gesicht zu erblicken, aber ich hatte Pech.

»Ach? Und die wäre?«

Das Lächeln, welches folgte, war alles andere als beruhigend. Sie trank noch einen Schluck, während ihre Augen amüsiert aufblitzten. Mir wurde bewusst, was folgen würde, noch ehe sie es aussprach.

»Oh nein. Nicht diese hässliche Lampe.«

»Oh doch, mein Lieber, genau die hässliche Lampe, die ich mir nicht gekauft habe, weil ich dich vorher gefragt habe und du verneinen musstest. Wenn du dir dieses hässliche Büro kaufen darfst, wenngleich du wusstest, dass ich dagegen war, dann will ich immerhin die Lampe haben dürfen. Ist das ein Deal?«

Ich dachte an diese hässliche, braune Lampe mit dem Mosaikkopf und dem schwachen Licht, welches ihr Dasein nur zusätzlich sinnlos machte. Sie war teuer, klobig, schwer und würde immer im Weg stehen, aber dies war eine Pattsituation und ich hatte keine andere Wahl, als dem zuzustimmen, wenngleich ich dies am Liebsten nicht getan hätte.

»Schön. Meinetwegen. Aber wir stellen sie nicht ins Wohnzimmer. Oder in den Flur.«

»Genau auf die Anrichte neben der Schale mit den Schlüsseln«, entschied sie und sah mich herausfordernd an. Ich hatte keine andere Wahl. Seufzend griff ich nach meinem Weinglas, um es mit schnellen Schlucken zu leeren.

Diesen Kampf hatte ich eindeutig verloren.

*

Als wir am Abend gut gelaunt nach Hause kamen –angetrunken und die Bäuche gefüllt mit überteuertem Essen, welches dennoch unheimlich gut gewesen war, war es bereits recht spät. Dennoch hielt es Miquel nicht davon ab, sich zu der späten Stunde – die Uhr zeigte kurz vor eins – noch Gehör zu verschaffen. Das Telefon begann fast zeitgleich in dem Moment zu klingeln, als ich die Türe aufdrückte. Das leuchtende Display zeigte die Nummer des Mannes in einer ungeheuren Helligkeit, als hätte er selbst sie heller gestellt, um in der Dunkelheit besser aufzufallen.

Ich hätte es ihm zugetraut.

»Lass es klingeln«, meinte Fabienne, während sie ihre Spange aus dem Haar zog. Das lange, glatte Haar fiel ihr sogleich über die schmalen Schultern.

»Es wird nicht wichtig sein. Du kennst ihn doch. Er schafft es, selbst in den frühsten Morgenstunden mit den trivialsten Gründen vor der Türe zu stehen. Weißt du noch, wo er mal geklingelt hat, weil jemand seinen Rosengarten zertrampelt hatte?«

Ich erinnerte mich nur zu gut. Fabienne hatte ihm damals unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie spätestens in dem Moment garantiert dasselbe gemacht hätte, wäre ihr nicht bereits jemand zuvorgekommen.

Seitdem war das Verhältnis der beiden stark angespannt. Ihr missfielen die späten Störungen und ihm ihre Art, mit ihm umzugehen.

Sie verstanden sich keine Spur und gaben sich auch nicht wirklich Mühe, miteinander auszukommen. Meistens war das auch nicht notwendig, denn die beiden liefen sich höchst selten über den Weg. Selbst wenn wir hin und wieder in Miquels kleinem Lokal zusammen aßen, war der Besitzer nur selten anzutreffen. Die meiste Zeit verbrachte der Mann in der Küche oder im Büro.

»Was ist, wenn dieses Mal tatsächlich etwas passiert ist?«, gab ich zu bedenken. »Er ist mein bester Freund, Fabienne. Ich habe ihm gesagt, dass er sich stets bei mir melden kann.«

Sie verdrehte die Augen, warf ihre Schuhe in die Ecke und verschwand dann im Bad. Ich nahm den Hörer ab.

»Gute Nacht, Miquel.«